Of Boots and Heels von Jyll ================================================================================ Kapitel 3: Stapler ------------------ „Eine Bewegung weiter und ich tackere deinen Schwanz an deinen Oberschenkel!“ Ruki lächelte liebevoll und zeigte dabei sogar seine weissen Zähne. Das kühle Metall seines orangefarbenen Tackers drückte an Reitas Schritt, der sich noch immer nicht bewegte. Nicht vor, aber auch nicht zurück. Rukis Augen verengten sich etwas und er drückte das Werkzeug noch fester an den Jeansstoff. Jetzt endlich nahm der Halbblonde seine Hände weg, hob sie abwehrend nach oben und machte einen kleinen Schritt zurück. „Okay, jetzt beruhigen wir uns wieder…das war wohl ein Missverständnis…“ „Ja, aber ein gewaltiges! Du bist ein einziges Missverständnis!“, knurrte Ruki, rutschte von seinem Pult, den Tacker vor sich herhaltend wie eine Pistole, damit der andere nicht nochmals auf so eine dumme Idee kommen konnte. Vom Blonden kam nur ein amüsiertes Schnauben und einen weiteren, kleinen Schritt nach hinten. „Gib mir das, bevor du dich noch verletzt!“, meinte er, doch Ruki lachte nur ungläubig. „Einen Scheiss werde ich tun. Jetzt verlass auf der Stelle mein Studio!“ Darauf erntete er ein Stirnrunzeln. „Das hier? Das nennt sich Büro. Ich bring dir morgen ein Wörterbuch mit, mein Kleiner. Und dann werde ich mich um die nächste Ausgabe kümmern, damit sie nicht so lausig wird wie die Letzte!“ Ruki schnappte empört nach Luft. „Raus! Auf der Stelle!“ Seine Stimme war zu hoch und er schielte zur Vase auf dem Sessel, die er immer noch werfen wollte, diesmal aber nicht an die Wand! „Junge, da braucht aber jemand dringend Abkühlung!“ Der andere schien, als wolle er wieder näher rücken, doch Ruki senkte den akkubetriebenen Handtacker und schoss ihm vor die Füsse. Das Metall blieb im Holzboden stecken, knapp vor der Stiefelspitze des Mannes, der ihn entsetzt anstarrte. „Ey, das sind Sanchos aus ner Sonderkollektion!“ „Ich habe dich gewarnt, beim nächsten Schritt in meine Richtung ziele ich genauer.“, erwiderte Ruki nur kalt. Ruki war klein, aber das war er schon sein Leben lang gewesen und sein Leben lang war er unterschätzt worden und deswegen herum geschubst. Aber das Leben war eine gute Schule. Er hatte schnell gelernt sich zu wehren, auf seine eigene Art. Und deswegen würde er sich hier nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Wenn er aber gedacht hatte, der andere würde jetzt fluchtartig den Raum verlassen, als verrückt und ähnliches betiteln, so hatte er sich schwer geirrt. Die Mundwinkel des Mannes zuckten und schliesslich verzog er sie zu einem breiten Grinsen. „Dich krieg ich schon noch…“, meinte er und schien sich richtiggehend zu freuen, über was, war Ruki nicht so ganz klar. Beschwingten Schrittes drehte er sich um, lief Richtung Tür, hielt aber nochmals inne und schnappte sich die Vase, warf sie in einem sanften Bogen Ruki zu. „Bis morgen!“ Und weg war er. Die Tür fiel langsam ins Schloss und Ruki stand verdutzt da, hatte die Vase gerade noch so gefangen und hielt sie nun im Arm. War das eine Kampfansage gewesen oder wie durfte man das verstehen? Ruki starrte die weisse Vase an und knurrte leise, stellte sie zurück auf die Kommode. Sein Gefühl sagte ihm, dass er diese besser noch aufsparte. Und heute Abend am besten noch ein Dutzend weitere kaufen ging. Tags darauf rief Ruki mit dem Ellbogen den Lift, weil er in seinen Händen einen grossen Karton trug, indem es leise klirrte, wenn er lief. Leider hatten nur sechs Vasen hinein gepasst, den Rest musste er halt morgen bringen. Der Karton war so schon gross genug und seine Handtasche rutschte ihm auch noch die ganze Zeit von der Schulter. Entnervt klopfte er mit seinen Chanelstiefelchen auf den Boden, bis die Tür endlich aufsprang und einige rausliess, die ihn verwundert anstarrten. Ruki achtete einfach nicht darauf und trat ein. Er schüttelte sein gestyltes Haar leicht und wartete, bis sich die Türen wieder schlossen, vor den Gesichter der Mitarbeiter, die gerade angekommen waren, aber nicht wagten, einzusteigen. Kaum glitten die Türen zu, grinste Ruki zufrieden. Ja, genau so mochte er das. Er betrachtete sein Spiegelbild in den silbernen Aufzugstüren und rieb die Lippen aneinander, um den roten Lippenstift noch etwas besser zu verteilen. Niemand würde ihm die Position hier streitig machen. Er war Ruki. Als der Lift sein Stockwerk erreicht hatte, straffe er kampfbereit die Schultern und marschierte geradewegs zu seinem Studio. Mit dem Ellbogen hebelte er die Türfalle runter und mit der Schuhspitze stiess er sie auf, doch kaum war er drin, fiel ihm fast alles aus den Händen. Auf seinem Stuhl sass der Arsch von gestern, wieder mit einem Iro und dem furchtbaren Band, aber anderer Kleidung, die jedoch keinen Deut besser war, als die von gestern. Ruki rutschte die Handtasche erneut von der Schulter. „Was…?!“, spuckte er aus, kam aber nicht weiter, so fassungslos schnappte er nach Luft. Er stellte den Karton mit einem Rest Beherrschung ab und warf seine Handtasche auf den freien Sessel, stampfte zu seinem Pult und hätte ihn am liebsten mit Feuer, das er aus seinem Rachen spie, die Haare vom Kopf versengt. „Das ist mein Stuhl und mein Studio. Das hier alles ist meins, nimm sofort deinen pickeligen Arsch da weg!“, fauchte er stattdessen und klatschte die Hände auf die Arbeitsplatte. „Mach dir besser Sorgen um deinen eigenen Arsch als um meinen…“, raunte der andere nur und grinste ihn gewohnt respektlos an. Sie blickten gleichzeitig zum Handtacker auf dem Tisch, doch Ruki war schneller. „Du willst wirklich, dass ich dich verletze, oder?“, knurrte Ruki und drückte das Metall direkt auf die ringbesetzte Hand. „Das wagst du nicht.“, meinte der andere ruhig. Er schien völlig überzeugt davon, weshalb auch immer. „Hah“ Ruki drückte den Hebel durch und es ertönte ein leises Klicken, aber nichts weiter. Rukis Augen weiteten sich, er drückte immer wieder, doch nichts kam ausser das kleine, metallische Klicken, welches anzeigte, dass der Tacker leer war. „Hah“, wiederholte der Mann gegenüber und grinste ihn überlegen an. Ruki schmiss wütend den Tacker von sich, der scheppernd auf dem Boden landete und einen weiteren Hick verursachte. „Du miese Kröte, vergreifst dich auch noch an meinen Dingen?! Sofort runter von meinem Stuhl oder ich erdolch dich mit dem Brieföffner!“ Unerwarteterweise stand der Grössere tatsächlich auf, so abrupt, dass Ruki fast zurückgestolpert wäre. Er kam um den Tisch herum und baute sich vor ihm auf. „Ich schütze dich nur vor dir selbst, weisst du…“ Der Dunkelhaarige zog die Augenbrauen zusammen. „Ich brauche weder Schutz, noch Hilfe!“ Die kleine Hand mit den roten Nägeln stemmte sich gegen die Brust des anderen und gab ihm einen Schubs, doch der Torso bewegte sich so gut wie gar nicht. Leichte Panik flammte nun doch in Ruki auf, als er merkte, dass der andere noch viel stärker war, als er gedacht hatte und anscheinend richtig Ernst machte. Die dunklen Augen blitzten jedenfalls entschlossen, während er immer näher kam und Ruki zurückweichen musste. „Wehr dich, wenn du kannst.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)