Echoes von Ceydrael (Marco x Ace) ================================================================================ Kapitel 6: Das Echo einer besonderen Begabung --------------------------------------------- Die Moby Dick lag träge an dem teils befestigten Strand der Insel vor Anker, welche die Whitebeardpiraten noch am letzten Tag angelaufen hatten und die Crew war früh auf den Beinen, um geschäftig die Laderäume zu entleeren,- eine nötige Arbeit, die sie gestern auf Grund eines tobenden Sturmes nicht mehr hatten ausführen können. Nun rollten die Piraten routiniert leere Fässer und Behältnisse die Laderampe hinab, um diese später in der belebten, nahen Hafenstadt neu befüllen und ihre Vorräte aufstocken zu können. Der Morgen brach unter letzten, trägen Wolken schnell an,- klar und heiß versprach dieser Tag nach der stürmischen Nacht zu werden und animierte die Crewmitglieder damit, ihre Arbeiten schnell und tadellos zu erledigen, damit sie sich Freizeit für einen ausgedehnten Landgang erarbeiten konnten. Plötzlich hetzte Haruta durch die Menge der arbeitenden Piraten und wirbelte die Arme begeistert durch die Luft, bevor er schlitternd auf dem Holzsteg des Anlegers zu stehen kam und nach dem Schiff am Horizont spähte. »Ace kommt zurück!«, verkündete der Kleine voller Vorfreude, als er die wehende Flagge erkannte. »Sag bloß?! Ehrlich?« »Sieht wirklich aus wie eines unserer Schiffe…« »Tatsächlich! Er hat es also vollbracht! Er hat Domas Bande bezwungen!« »Dieser kleine Teufelskerl! Er hat’s wieder mal geschafft!« Sofort unterbrach die Crew ihre Arbeit für einen Moment, um die Zurückkehrenden willkommen zu heißen,- das sich nähernde Schiff war eines der kleineren ihres Verbandes, mit dem nun die zweite Division unter dem vorübergehenden Kommando von Ace zurückkehrte. Der Feuerteufel hatte willig angeboten, sich um die feindliche Piratenbande zu kümmern, die in Whitebeards Revier immer wieder für Ärger gesorgt und dem Kaiser damit Sorgen bereitet hatte,- und Pops hatte Ace diese Aufgabe auch bewusst übertragen, um zu testen, ob die Feuerfaust mit diesem Maß an Verantwortung wohl zurecht käme und dieser Herausforderung gewachsen wäre. Und dieses Vorhaben war offensichtlich geglückt, wenn man den kleinen Flammenwerfer so betrachtete, der mit breitem Grinsen stolz am Bug des einlaufenden Schiffes stand und seinen jubelnden Nakama fröhlich zuwinkte, bevor er sich mit einem heiteren Satz in die Menge seiner Gefährten beförderte und ordentlich feiern ließ. Marco lehnte an der Reling der Moby, seine gläserne Sehhilfe auf der Nase, über die er zum Strand hinab spähte,- die Feder in seiner Hand war in der Bewegung über dem Pergament erstarrt, während der seichte Seewind an den Aufschlägen seines violetten Hemdes zerrte. Bis eben war er in das Vervollständigen und Kontrollieren einiger Listen vertieft gewesen, um sich einen Überblick über ihre aktuell noch vorhandenen Lagerbestände zu machen, doch nun betrachtete er den Tumult um Ace mit einem verstohlen flüchtigen Lächeln, bevor er sich regelrecht dazu zwingen musste, sich wieder der vor ihm liegenden Arbeit in Form von unzähligen Papieren zu widmen. Ace wäre wohl bald soweit,- das harte Training und seine flinke Auffassungsgabe zahlten sich aus, denn der Junge machte außerordentliche Fortschritte und wuchs immer mehr über sich hinaus. Marco wusste um Whitebeards Intension, die Feuerfaust als möglichen Kommandanten für die zweite Division auszubauen und inzwischen befürwortete er Pops‘ Vorschlag auch immer mehr. Anfänglich war er wegen Ace‘ Jugend und seinem Temperament vorsichtig gewesen, doch Whitebeard hatte seine Zweifel nur heiter belacht und gemeint, dass es am Ende doch nur das Feuer der Jugend wäre, was eine Bande gestandener Männer am älter und träge werden hindern würde,- Haruta hatten sie immerhin auch zu einem beachtlichen Kommandanten geformt. »Der Junge hat eine wirklich außerordentliche Begabung, nicht wahr?« Die tiefe Stimme schnitt unvermittelt durch das fröhliche Geplauder der Mannschaft und das Plätschern der Wellen, die sich an den Schiffen brachen und träge gegen den Sand der angelaufenen Insel rollten. »Hm?« Marco sah auf und fixierte Fossa, der neben ihm stehen geblieben war und die Arme vor der breiten Brust verschränkt hatte,- er folgte dem Blick des älteren Kommandanten erneut über die Balustrade hinab zum Strand und zu der Meute seiner Nakama, die Ace begeistert umkreisten und diesen mit Fragen zu seinem Abenteuer löcherten. Der Fokus des Phönix haftete wie selbstverständlich auf dem orangeroten Cowboyhut, der deutlich aus der Menge ihrer Kameraden hervor stach und zu dem sommersprossigen Kerl gehörte, der eben seinen Rucksack öffnete und kleine Mitbringsel für seine Gefährten hervorzauberte. Haruta klebte bereits schon wieder wie eine fröhlich grinsende Klette an dem zurückgekehrten Feuerteufel und war diesem euphorisch auf den Rücken gesprungen, um die für ihn mitgebrachten Süßigkeiten diebisch aus Ace‘ Rucksack zu angeln,- der junge Kommandant hatte einen absoluten Narren an der Feuerfaust gefressen, sah er Ace doch fast schon als eine Art großen Bruder an. Haruta selbst war auch als Waise aufgewachsen, hatte jedoch nicht wie Ace das Glück gehabt, zumindest Brüder an seiner Seite zu wissen,- umso erfreuter war der junge Kommandant nun natürlich darüber, Ace in ihrer Bande zu wissen, mit dem er sich so ausgezeichnet verstand. Doch nicht nur Haruta suchte die Nähe des Jungen, auch Thatch und Izou drängelten sich um den Feuerteufel und schafften es wieder einmal sich in die Haare zu bekommen, nämlich darüber, welches der ihnen mitgebrachten Geschenke wohl den meisten Wert und damit Ace‘ größtmögliche Zuneigung bedeuten würde. »Ich weiß nicht, wovon du sprichst…«, erwiderte der Phönix ein wenig verspätet und angelte sich eine Zigarette aus der Tasche seines offenen Hemdes, um jene zwischen die Lippen zu klemmen, während er nachdenklich die Meute um Ace betrachtete. »Hm, nicht…?« Fossa zog zweifelnd die Brauen zusammen und gestattete sich ein amüsiertes Schmunzeln, wodurch die Zigarre in seinem Mundwinkel hüpfte. Er musterte das ernste Profil des Phönix und folgte dessen Blick heiter und verstehend. »Und ich dachte, du weißt es eigentlich am allerbesten, Marco«, stellte er bestimmt fest und erntete dafür einen irritierten Seitenblick des blonden Kommandanten. »Ich segle nun wirklich schon eine ganze Weile mit dieser Bande hier. Doch seit ich dich kenne, hab ich es noch nie erlebt, dass du dich etwas so intensiv und fast schon mit Hingabe gewidmet hast, wie du es bei deinem Schützling tust. Außerdem lachst du in letzter Zeit ziemlich häufig und dabei hab ich schon befürchtet, dass unser Phönix aus Stein wäre. Vista hat mal die Theorie aufgestellt, dass man dir irgendwann wohl einen Stock in den Arsch…-«. Marco unterbrach Fossa mit einem entrüsteten Schnauben. »Vielleicht können wir uns darauf einigen, meinen Arsch aus diesem Gespräch rauszuhalten?!« Der Kommandant der Fünfzehnten grollte amüsiert, bevor er sich gelassen auf die Reling neben dem Vize lehnte,- er kannte den Phönix inzwischen recht lange, respektierte und schätzte Marco sehr für seine Zuverlässigkeit und seinen klaren Verstand, sodass er sich auch ohne Bedenken einen Scherz auf dessen Kosten erlauben und offen mit ihm reden konnte. Er hatte Marco als unheimlich strebsamen und bedingungslos loyalen jungen Mann vor vielen Jahren kennengelernt, der seine Pflicht über alles stellte und nur für die Crew zu leben schien, in die er aufgenommen wurden war. Fossa wusste bis heute nicht genau, vor welchem Schicksal Pops den jungen Phönix damals bewahrt hatte, nur dass der Whitebeard seitdem in absoluter Dankbarkeit und Achtung ergeben war. Erst jetzt, Jahre später, schien Marco langsam weicher zu werden, zu leben und Fossa hoffte wirklich, dass Ace‘ besondere Gabe auch den Phönix noch ein wenig mehr erreichen würde... »Gib es doch zu, Marco, der Junge lässt auch dich nicht kalt. Du bist doch längst freiwillig so etwas wie sein Wächter geworden.« »Tz…« Der blonde Kommandant stieß betont gleichmütig einen Schwall Zigarettenrauch aus und verschränkte die Arme auf der hölzernen Reling, während er Fossas allzu wissenden Blick mied. »Ich komme nur Pops' Befehl nach, das ist alles, yoi. Wenn der Bengel Dummheiten macht, werde ich dafür herangezogen«, erklärte er sachlich. »Aha…« Fossa hob skeptisch eine Braue. »…und das war‘s?«, hakte er gedehnt nach, der beinahe lauernde Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören, ebenso wenig wie das belustigte Grinsen, was an seinen Lippen zupfte. Marco blinzelte fast ein wenig genervt gegen die tiefstehende Morgensonne zu seinem Kameraden hinüber. »Was soll da denn noch sein?«, fragte er widerstrebend,- am liebsten hätte er Fossa streng in seine Schranken gewiesen, dass der sich um seine eigenen Angelegenheiten kümmern sollte, aber er respektierte den älteren Nakama einfach viel zu sehr, um diesen so wüst abzufertigen. Natürlich war ihm bewusst, dass er anfing eine Schwäche für seinen Schützling zu entwickeln und das beschäftigte ihn selbst am allermeisten, allein jetzt verspürte er eine warme Woge aus Freude und Erleichterung, den jungen Feuerbändiger wieder so wohlbehalten und erfolgreich heimkehren zu sehen. Allerdings hätte er auch nicht gedacht, dass diese schleichende Schwäche so offensichtlich für alle wäre, denn Marco war eigentlich stets der Meinung, sich und seine Emotionen weitestgehend unter Kontrolle zu haben,- dass Ace diese Regel viel zu leicht und viel zu oft außer Kraft setzte, wusste der Phönix nur zu gut. Fossa deutete mit einem trägen Nicken hinab auf die Feuerfaust. »Ich bitte dich, Marco…er ist doch nicht wirklich nur ein Befehl für dich…!?« Der Phönix erwiderte nichts darauf, aber Fossa machte auch nicht den Eindruck, als hätte er eine Antwort erwartet. Natürlich war Ace schon lange nicht mehr nur der leidige Befehl seines Vaters, das war Marco selbst klar, denn dafür mochte er den Jungen inzwischen auch viel zu gern, doch genau darin lag auch sein Problem,- er war Kommandant der ersten Division und nun mehr denn je auch Vizekapitän, seit Pops‘ Gesundheitszustand von Monat zu Monat zusehends schlechter wurde. Er sollte sich im Umgang mit anderen eigentlich seine Professionalität bewahren und niemanden bevorzugen, doch er genoss die Gesellschaft des jungen Feuerbändigers wie alle anderen, sodass er sich manches Mal bewusst Zeit freischaufelte, um diese dann seinem Schützling zu widmen,- und alles davon konnte er definitiv nicht mehr nur auf Pops‘ Befehl schieben, auch wenn er das manches Mal gern tat. Wahrscheinlich würde ihn nicht einer ihrer Nakama dafür verurteilen und niemand würde deswegen einen Aufstand planen, doch Marco selbst war es, der sich diese strengen Regeln auf erstellte, um die Kontrolle über alles zu behalten und seine eigene Ordnung zu wahren. Er blickte nun wieder hinunter zu der fröhlichen Meute, wo ein amüsierter Vista den eben eingeschlafenen, selig schnarchenden Ace schüttelte,- der Junge schreckte verwirrt wieder auf und rieb sich die Augenwinkel schmatzend, was ihm ein entzücktes Quietschen seitens Izou einbrachte, der Ace angetan in die Wange kniff. Der Junge verzog daraufhin unwillig das Gesicht und drohte dem Kommandanten mit seiner Feuerfaust. Fossas dunkler Bariton riss Marco wieder aus seinen Gedanken. »Er hat sich unheimlich verändert, seitdem er sich entschlossen hat mit uns zu segeln, nicht wahr? Er ist viel fröhlicher und gelöster geworden. Seine lebendige Art überträgt sich auch auf die Crew. Du weißt, ich bin niemand, der sofort sonderlich vertrauensselig ist, aber Ace besitzt dieses einzigartige Wesen, alle um sich herum allein mit einem Lächeln in seinen Bann zu ziehen.« Der Kommandant der Fünfzehnten hielt kurz inne und zwirbelte die dicke Zigarre gedankenverloren zwischen den Lippen, an der er abwesend paffte, bevor er mehr für sich murmelte: »Und doch hab ich manchmal den Eindruck, als würde ein Schatten über seinem Lächeln liegen. Als wäre seine unbeschwerte Art eine Fassade, die etwas zurückhält…« Er stoppte, als er sich Marcos intensiv forschendem Blick bewusst wurde und stemmte sich schnaufend in die Höhe. »Na wie auch immer, ich zumindest mag den Bengel wirklich«, erklärte Fossa abschließend mit einem herzlichen Schmunzeln. Er klopfte als Verabschiedung flüchtig auf die Reling und wandte sich nun ab, um ebenfalls beim Entladen zu helfen. »Der Junge scheint mir unter einem guten Stern geboren worden zu sein.« Ace hatte es sich in den Kopf gesetzt, einen Hut aus Bambus für den Kapitän der Oz‘ Piratenbande zu flechten,- ein Vorhaben, was sich als gar nicht so leicht erwies, denn schon mehrere Male war ihm seine Arbeit unter den Händen weggebrutzelt, was die Feuerfaust zu wilden, frustrierten Flüchen und Marco zum Kopfschütteln animiert hatte, der unweit von Ace auf der Reling saß, einen Arm locker auf dem angewinkelten Knie abgestützt und gelassen an seiner Zigarette zog. Leise Schritte näherten sich; ungefragt schwang sich Haruta neben dem Phönix auf die Reling und ließ seine Beine vom Geländer baumeln. »Was macht Ace denn da?«, fragte der junge Kommandant neugierig, während ein fröhliches Grinsen auf seinem Gesicht lag. »Ich hab keine Ahnung…«, erwiderte der Phönix betont gelangweilt,- es war ja wirklich nicht so, als würde er sonderliches Interesse an den Tätigkeiten der Feuerfaust hegen. »Wahrscheinlich wieder mal Unsinn, dessen Folgen ich dann bereinigen muss…«, meinte er trocken und versuchte sich wieder seinem Buch zuzuwenden, das er in diesem selten ruhigen Augenblick eigentlich hatte lesen wollen. »Ach, nun sei nicht so griesgrämig…« Haruta knuffte Marco heiter in die Seite und stützte die Arme dann auf die Knie, um das Kinn in den Handflächen zu betten und den Feuerteufel angetan zu beobachten. »Ace ist doch soooo ein lieber Kerl. Ich mag ihn wirklich gern. Zumindest seitdem er aufgehört hat, Pops hinterhältig um die Ecke bringen zu wollen…«, kicherte er bei der Erinnerung an Ace‘ ständig scheiternde Mordversuche. Der Phönix schielte ein wenig befremdet über die aufgeschlagenen Seiten zu dem jüngeren Kommandanten hinüber, enthielt sich aber jeglichen Kommentares. Haruta war normalerweise Fremden gegenüber recht zurückhaltend, doch Ace hatte er komischerweise sofort ins Herz geschlossen. »Irgendwie mag ihn wirklich jeder«, fuhr Haruta ungerührt fort, während er weiterhin mit den Beinen baumelte und Ace mit fast kindlicher Begeisterung fixierte. »Sieh doch…« Um Ace hatte sich inzwischen wirklich eine Traube aus Nakama versammelt, die allesamt interessiert und neugierig auf seine Arbeit waren, welche die Feuerfaust nun mit stolz in die Hüften gestemmten Händen begutachtete und präsentierte. Schlussendlich überreichte er den mühsam angefertigten Hut Little Oz jr., der so überglücklich auf Grund seiner neuen Kopfbedeckung war, dass er diese gar nicht mehr absetzen wollte,- der riesenhafte Kapitän wirkte regelrecht gerührt über die freundliche Geste und konnte sich gar nicht genug bei dem Feuerbändiger bedanken. Ace strahlte über beide Ohren und schien einfach glücklich darüber, seinem neuen Freund ein nützliches Geschenk hatte machen zu können,- sein offenes, herzliches Lachen war äußerst ansteckend und mehr als anziehend. Selbst Marco kam nicht umhin zu bemerken, dass sein Blick einmal mehr wie festgewachsen an dem Feuerjungen klebte…und das seine eigenen Lippen ein weiches, zaghaftes Lächeln kitzelte, das unkontrolliert hervorbrach. »Man wird nie müde ihn zu beobachten, nicht wahr?«, meinte Haruta wissend,- auch die Augen des anderen weilten auf der Feuerfaust, während der junge Kommandant selbst angetan schmunzelte. »Ace ist wie das Feuer in ihm. Ungebremst, impulsiv, stürmisch, rein. Alles an ihm ist echt und nichts gekünstelt und das macht ihn so unglaublich sympathisch. Er ist eine wirkliche Bereicherung für unsere Familie, findest du nicht auch, Marco?« Marcos wache, blaue Augen folgten Fossas breiter Gestalt für einen Moment nach, in welchem er nachdenklich die Stirn kräuselte, dessen Worte Revue passieren ließ und tief an seiner Zigarette zog. Dann schnappte er sich die kürzlich eingetroffene Morgenzeitung und faltete diese geschäftig auf, um die Artikel zu überfliegen und zu überprüfen, ob womöglich schon von Ace‘ Sieg berichtet wurde. Doch ein eben erspähter Zeitungsausschnitt schwärzte sich vor seinen Augen rasend schnell ein, bevor gierige Flammen die Buchstaben verzehrten und ein kreisrundes Loch in das Papier brannten, durch das sich eine nur allzu bekannte, heiß lodernde Faust bohrte. »Da ist ja mein Lieblingstruthahn!«, begrüßte Marco ein freches, breites Grinsen durch das entstandene Loch,- Ace hatte sich auf die Reling der Moby befördert, hockte nun dort mit dem Hut auf dem Kopf und dem Rucksack auf dem nackten Rücken, während er das Feuer seiner Hand ganz unschuldig und beiläufig löschte. Marco schürzte die Lippen pikiert über diesen Spitznamen, wohl auch um das aufkeimende, absolut unpassende Schmunzeln zu unterdrücken und ließ die nunmehr rauchende und verkohlte Zeitung sinken, nicht jedoch, ohne anklagend eine Braue zu heben. »Oi, die wollte ich eigentlich noch lesen…«, brummte er empört. »Ach, was brauchst du diesen Fetzen, wenn ich doch hier in voller Lebensgröße vor dir sitze?!«, erwiderte Ace keck und lächelte seinen Mentor selbstbewusst an. »Ich kann dir alles, was du über mich wissen willst, auch einfach erzählen. Da musst du nicht dieses Wurstblatt lesen!«, erklärte er mit einem spitzbübischen Zwinkern. »Wie bitte kommst du zu der abwegigen Vermutung, dass ich etwas über dich und dein sicher verursachtes Chaos würde lesen wollen?«, neckte der Phönix seinen Schützling mit übertriebenem Ernst und faltete den gebliebenen Rest der Zeitung umständlich zusammen. Ace riss ihm das verkohlte Papier dreist aus der Hand und warf es ungeduldig einfach über die Reling ins Meer,- der Phönix sah der davon flatternden Zeitung fassungslos nach. »Na, weil ich immerhin dein Lieblingsschüler bin und du sicher vor Stolz bald platzt, weil ich so erfolgreich war!«, grinste ihn der Lümmel gewinnend an. »Komm, gib schon zu, dass du mich vermisst hast!« Ace zumindest hatten seine Nakama wirklich gefehlt und gerade die Abwesenheit seines Mentors war ihm auf dieser Reise mehr als einmal recht nachdrücklich bewusst geworden,- er mochte Marcos ruhige, kontrollierte und äußerst angenehme Gegenwart inzwischen wirklich gern, die seinen eigenen Übereifer so manches Mal angebracht zu dämpfen wusste, ebenso wie er die lehrreichen Ratschläge des Kommandanten wertschätzte, die Ace förmlich aufsog und begierig von der Erfahrung des Älteren zehrte. Und er liebte diese kleinen Sticheleien zwischen ihnen, die sich schleichend eingespielt hatten und ihr zaghaftes Vertrauensverhältnis ganz unbewusst vertieften,- nie gab der Phönix Ace das Gefühl, dass er über ihm stand, behandelte ihn stets wie einen Gleichgestellten und sah nicht auf ihn herab, obwohl er das in seiner Stellung als Vize sicher durchaus gekonnt hätte. Nicht zuletzt natürlich hatten ihm die gemeinsamen Abende mit Marco, Thatch, Izou, Haru und all den anderen gefehlt,- es war ein unglaublich schönes Gefühl, an einen Ort heimkehren zu dürfen, an dem er sich wohl fühlte und zu wissen, dass dort Menschen auf ihn warten würden, die über seine Rückkehr erfreut wären. Marco schnaubte spöttisch und zwang seine Mundwinkel zurück in eine stoische Linie. »Vergiss es! Ich war eher froh, dass ich mein Essen mal für mich alleine habe, yoi…« Der Feuerbengel hatte nämlich die unliebsame Angewohnheit entwickelt, den Teller des Älteren ungeniert zu plündern, wenn dieser mal nur für einen Augenblick nicht auf der Hut war, was Ace schon einige Kopfnüsse und Marco ab und an einen leeren Magen eingebracht hatte. »Ach komm, als ob du nicht gern mit mir teilen würdest«, widersprach Ace frech und sprang mit einem geschmeidigen Satz von der Reling. »Und außerdem…ohne mich würdest du doch vor Langeweile in deinem ganzen Papierkram sterben!«, mutmaßte er überzeugt und beäugte die unzähligen Listen, die ausgebreitet vor dem Phönix lagen, abschätzend. Ace empfand wirklich Achtung für Marco, dass der stets den Überblick über diesen ganzen Papierkrieg behielt und sich diesem so pflichtbewusst und sorgsam widmete,- er selbst konnte ganz schwer Begeisterung für all diese organisatorischen Dinge aufbringen. Dafür hatte er einfach zu viel Feuer im Hintern, als die Tage gefesselt an den Schreibtisch verbringen zu können. »Tz, ohne dich hätte ich wahrscheinlich noch ein paar Jahre länger zu leben, du Sargnagel«, erwiderte der Phönix brummend, doch amüsiert und zog sich seine Brille von der Nase,- er blickte zu dem neben der Moby ankernden Schiff, welches die Männer der zweiten Division nun ebenfalls entluden, um die zusammengeplünderte Beute der fremden Piratenbande sicherzustellen und diese später in Whitebeards Einflussgebiet gewinnbringend zu investieren. »Sieht aus, als würde mein Training langsam überflüssig werden, yoi. Du machst dich, Ace«, erklärte der Phönix nicht ohne gewissen Stolz in der rauen Stimme, während er seine Papiere und Listen beiläufig sortierte und zusammen schob. Ace konnte nicht anders als bei dem Lob glückselig zu lächeln, immerhin verteilte Marco dergleichen wirklich nur sporadisch und wenn es absolut angebracht war,- allerdings wurde seine Freude doch merklich durch den Umstand gedämpft, dass sein Mentor offenbar darüber nachdachte, das gemeinsame Training bald einzustellen. Er mochte die zusätzlichen Stunden mit Marco wirklich gern und hatte eigentlich nicht vor, diese so schnell abreißen zu lassen, immerhin würde er bestimmt noch eine Menge von diesem lernen können,- außerdem waren ihre Trainingseinheiten immer persönliche Highlights für ihn, da der kühle Phönix in diesen oftmals auftaute und diese spielerische, inzwischen fast freundschaftliche Verbindung zwischen ihnen dadurch zuließ. Ace war allerdings zu stolz, als das er nun um weiteren Unterricht gebeten hätte, aber er wusste, dass es andere Mittel und Wege gab, um an sein Ziel zu kommen. Selbstsicher grinsend lehnte er sich mit vor der nackten Brust verschränkten Armen neben dem Phönix an die Reling und pustete sich lässig eine dunkle Haarsträhne aus der Stirn. »Ach, gibst du jetzt doch auf, alter Mann? Wird dir das Training etwa zu anstrengend?«, stichelte er frech. »Oi, jetzt werd mal bloß nicht übermütig, Wunderkerze, nur weil du deinen Auftrag erfolgreich zu Ende gebracht hast«, wies ihn der Phönix knurrend zurecht und schenkte ihm einen scharfen Blick aus blauen Augen. »Du scheinst ja geradezu begierig auf eine Tracht Prügel zu sein.« Ace schob eine Braue gespielt überheblich in die Höhe und grinste schief. »Na, wer hier die Tracht Prügel bezieht, dass werden wir ja erst noch sehen, Piepmatz. Wie wäre es mit morgen, gewohnte Zeit, gewohnter Ort?«, setzte er sofort nach. Marco sah die Feuerfaust nachdenklich an und seufzte dann resigniert, bevor er zu Ace‘ Triumph und Freude brummend einlenkte: »Von mir aus.« Er griff sich seine Papiere und wandte sich ab, doch Ace war sofort wieder an seiner Seite und wühlte in den unergründlichen Tiefen seines Rucksackes. »Ich hab übrigens was für dich mitgebracht«, eröffnete der Feuerbändiger und förderte aus seiner Tasche siegessicher grinsend wirklich seltene und aromatische Zigaretten zu Tage. »Ich weiß ja, dass du ohne das Zeug nicht leben kannst…«, bemerkte Ace dezent missbilligend, reichte dem überraschten Phönix die Päckchen aber schmunzelnd. »Oh und hier, eine Flasche von dem Wein, den du so magst…« Auch diese wurde dem überrumpelten Kommandanten in den Arm gedrückt. Der Junge hat sich das wirklich alles gemerkt? »Danke…«, murmelte der Phönix für einen Moment sichtlich überfordert, bevor sich ein wirklich seltenes, warmes Lächeln auf seine Lippen stahl. Ace hatte eine unheimlich gute Auffassungsgabe; eine Fähigkeit, die man aufgrund seines Temperaments manches Mal geneigt war zu vergessen und ihm damit gewiss unrecht tat. »Trinken wir den heute Abend?«, wollte Ace vorfreudig wissen und deutete auf den Wein, während er rückwärts vor Marco herlief, um diesen weiterhin ansehen zu können. Der Kommandant wies mit einem knappen Nicken auf die Listen in seinem Arm. »Also eigentlich hab ich noch eine ganze Menge-….« »Och komm schon, Marco. Lass den blöden Papierkram ausnahmsweise mal sein. Ich will meine Rückkehr feiern und es ist nur halb so lustig, wenn du nicht dabei bist«, erklärte er mit schmollend vorgeschobener Unterlippe. »Außerdem hab ich Thatch und den anderen schon Bescheid gesagt und sie in deine Kajüte eingeladen«, eröffnete der Bengel mit einem völlig schuldlosen Grinsen. Der Phönix schnaubte entrüstet und ungläubig. »Schön, dass du alle zu mir einlädst, ohne mich vorher zu fragen, yoi«, knurrte er mürrisch. »Ich wusste halt, dass du ja sagen würdest.« »Oi, ich hab noch nicht ja gesagt!« »Wirst du aber!« »Werd ich nicht!« »Doch! Und soll ich dir auch sagen warum?« Ace blieb vor ihm stehen, sodass Marco ebenso stoppen musste, um nicht in ihn hineinzurennen. »Weil du nichts mehr liebst, als dich von Izou und mir beim Pokern bis auf den letzten Berry ausnehmen zu lassen!«, stellte der Feuerteufel mit schadenfrohem Grienen fest und stieß dem Phönix einen Zeigefinger auf die kräftige, nackte Brust. Oh, und Ace erinnerte sich sofort, was er noch vermisst hatte,- dieses absolut aufregende, faszinierende Kribbeln ballte sich an seiner Fingerspitze und schickte einen wohligen Schauer über seine Hand den Arm hinauf, sodass er für einen verschwindend kleinen Augenblick wirklich versucht war, seinen Finger neugierig weiter über das ausgeprägte Tattoo von Marcos Brust wandern zu lassen, um herauszufinden, ob sich dieses seltsame Gefühl nicht noch verstärken ließ… Marco schielte hinab zu dem vorwitzigem Finger und grinste den Jungen vor sich schief an. »Falls mich meine Erinnerung nicht täuscht, dann warst du doch neulich derjenige, der nackt am Tisch saß, yoi…«, erwiderte er gelassen und stieß den Rauch der Zigarette aus, die immer noch in seinem Mundwinkel hing. Ace wurde rot und zog seine Hand aus dem Konzept gebracht nun doch zurück. »Da musst du aber eine völlig falsche Erinnerung haben«, nuschelte er und kratzte sich verlegen im Nacken. »Also, was ist… heute Abend bei dir?«, setzte er sofort nach, um dem Phönix gar keine Zeit für eine Erwiderung oder zum Nachdenken zu geben, warum er der geselligen Runde fernbleiben könnte und sollte. »Dafür wirst du aber in die Stadt gehen und ein paar Besorgungen für mich erledigen«, verlangte Marco statt einer direkten Zusage und drückte dem Feuerteufel einige seiner Listen in die Hand. »Aye!«, versprach Ace sofort freudig und drehte sich auf dem Absatz um, damit er möglichst schnell die gestellte Aufgabe erledigen konnte, motiviert schwang er seinen Rucksack auf den Rücken und rückte seinen Hut zurecht. »Ace…«, hielt ihn Marcos Stimme auf halbem Weg noch einmal zurück. »Hm…?« »Schön, dass du wieder da bist.« Ace‘ ehrliches Lächeln war wie eine Offenbarung. »Schön, wieder hier zu sein.« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)