Echoes von Ceydrael (Marco x Ace) ================================================================================ Kapitel 2: Das Echo eines Irrtums --------------------------------- »Nun komm schon her, du blauer Truthahn…!« Ace balancierte schwankend über das kaum handbreite Holz der Takelage und wich bedacht den dicken Tauen aus, die sich unversehens in gefährliche Stolperfallen verwandeln konnten. Auf seinem Rücken baumelte der heißgeliebte Hut, welchem ihm der forsche Seewind hier oben auf dem höchsten Mast der Moby bereits von den dunklen Haaren gerissen hatte, die nun ungestüm durch die Luft flatterten und ihm in das sommersprossige Gesicht wehten. Doch der junge Mann war weit davon entfernt Angst zu haben, obwohl er nur einen falschen Schritt davon entfernt schien, sich den Hals zu brechen,- seine Gedanken waren nämlich von etwas gänzlich anderem als Gefahr eingenommen, wenn man seine hungrig glimmenden Augen und das erwartungsfrohe Schmatzen richtig deutete. Voller Vorfreude näherte sich Ace langsam dem Objekt seiner Begierde, welches sich nach zwei Tagen endlich einmal wieder zeigte,- ein lautes Magengrummeln bestärkte die Feuerfaust noch in ihrem Vorhaben, sich eine ganz besondere Mahlzeit zu ergattern. »Heute bist du fällig, Piepmatz!«, behauptete er siegessicher mit breitem Grinsen in Richtung seiner Beute. Schon öfters hatte Ace den exotisch blauen Vogel in den letzten Tagen an Bord herumflattern sehen und anstatt sich die Frage zu stellen, wo dieser so plötzlich hergekommen war - immerhin befanden sie sich seit einer Woche draußen auf weiter See und meilenweit entfernt von der nächsten Insel - erwuchs in der Feuerfaust nur das Verlangen, sich diese einzigartige Köstlichkeit als Mittagessen zu sichern. So wie dieses Geflügel aussieht, muss es einfach hervorragend schmecken! Leider schien das Tier da ganz anderer Meinung zu sein, denn bisher hatte es sich weder essen, noch brav fangen lassen,- eher war es so gewesen, dass die goldenen Krallen und der spitze Schnabel Ace‘ Eifer immer vorzeitig gebremst hatten. Der auffällige, blau leuchtende Vogel hatte sich heute wieder auf dem höchsten Mast der Moby niedergelassen und sah dem jungen Mann nun ungerührt entgegen, der sich ihm abermals vorsichtig näherte, während er selbst gar keine Anstalten machte, sich bedroht zu fühlen oder sein Heil in der Flucht zu suchen. Fast abwartend legte er den schlanken Kopf schief und betrachtete Ace aus viel zu klugen, klaren Augen, die den Jungen eigentlich hätten stutzig machen sollen,- vor allem auch, da man ein amüsiertes Funkeln in den goldenen Iriden des Tieres erahnen mochte. Doch das fiel Ace gar nicht auf, ebenso wenig wie die Tatsache, dass der Vogel inzwischen seine kräftigen Krallen spannte und die Flügel lockerte,- die Feuerfaust war viel zu sehr von seinem Hunger und dem Gedanken an Triumph eingenommen. »Der lernt es wirklich nie…« Einige Meter tiefer auf Deck legte Jozu den Kopf in den Nacken und kniff die Augen gegen die im Zenit stehende Sonne zusammen, während er mit einem kritischen Gesichtsausdruck in die Höhe spähte. Ein ergebenes Seufzen verließ seine Lippen. »Ob wir Ace nicht langsam mal sagen sollten, dass der Vogel kein Mittagessen ist, sondern eigentlich-…« »Ach Unsinn!«, unterbrach ihn Thatch heiter und ließ sich unweit hinter seinem Crewmitglied auf einen Seesack fallen, um sich das Schauspiel aus gemütlicher Position anschauen zu können. Gelassen kramte er eine Packung Kekse aus seiner Jacke. »Wo bleibt denn da der Spaß?! Ich freue mich immerhin jedes Mal aufs Neue auf diese unvergleichliche Vorstellung«, meinte er mit einem schadenfrohen Schmunzeln, bevor er sich eines der hellen Gebäckstücke fröhlich in den Mund schob. Haruta stürmte unter Deck hervor, spähte ebenfalls kurz in die Höhe, bevor er sich mit einem eiligen Satz zu Thatch und auf dessen Schoß beförderte, wodurch der Ältere ein erschrockenes Ächzen ausstieß, als das Knie des Kleineren dabei haarscharf an äußerst empfindlichen Teilen vorbeischrammte. »Oi, pass doch auf!« »Geht’s schon los?!«, fragte Haruta außer Atem und riss dem Kommandant der Vierten die Kekspackung aus der Hand, nur um ihm diese zurechtweisend ins Gesicht zu klatschen. »Au, verdammt nochmal, Haru!«, jammerte Thatch getroffen und rieb sich die Wange. »Wofür war das denn jetzt bitte?!« »Weil du nicht Bescheid gesagt hast!«, entrüstete sich der kleine Kommandant mit gehobenem Zeigefinger und stopfte sich dann selbst einen der ergatterten Kekse mit einem zufriedenen Grinsen zwischen die Lippen. Jozu hatte die Zwei mit hochgezogener Braue beobachtet und schüttelte nun ungläubig den Kopf. »Na ihr seid ja wirklich ganz tolle Nakama…«, klagte er resigniert an, konnte sich ein winziges Schmunzeln dann aber doch nicht verkneifen. »Oooohhhhh… verdammte Scheiße!!! Lass das, du blödes Vieh! Lass los, eeeyyy!« Von oben waren plötzlich melodisches Krächzen, aufgeregte Flügelschläge und das frustrierte Geschrei der Feuerfaust zu hören, bevor Ace auch schon kopfüber an seinen Gefährten vorbeisegelte. Mit einem lauten Platschen landete der Junge im Meer,- der Phönix auf dem Mast faltete inzwischen gelassen seine Flügel und ließ sich wieder auf seinem Platz nieder. Während Jozu sich am Bart kratzend über die Reling spähte und die aufsteigenden Luftblasen besorgt beobachtete, legte Thatch eine Hand an den Mund und rief lautstark über Deck: »Hey, Mann über Bord! Wer ist heute dran, den Feuerlümmel zu retten?« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)