Requiem von Phantom (Ganondorf) ================================================================================ Introit of Terror (Ocarina of Time) ----------------------------------- Irrlichter spinnen. Sie taumeln im Atem des Himmels und spinnen die Geschichte. Sie, die sie die Alleinigen sind es zu vermögen, jedwede Ideen und Triebe, Kriege und Pakte, Fehlgeleitete und Helden entstehen und vergehen zu sehen, spinnen aus ihren Erlebnissen den Weisentalar jenen, die bereit sind, ihren stummen Worten Gehör und Glauben zu schenken. Ihre Spindeln überdauern alle Äonen, und kein Ereignis, sei es auch noch so heftig, vermag den feinen Faden zu zerreißen. Niemand weiß ihn ihnen zu entwenden wie ein Despot einem Land den Frieden, niemand versteht seinen Lauf aufzuhalten wie ein Recke die Herrschaft des Tyrannen, denn Recken, Despoten, Herrschaften und Länder sind vergänglich, die Geschichte über sie aber ist es nicht. Allein durch die Finger der Irrlichter streift sie, und die Irrlichter taumeln im Atem des Himmels und spinnen die Geschichte. Jene vom Königreich Hyrule und das Kapitel des Helden der Zeit, von ihm und der diabolischen Macht, welche er zu bekämpfen hat. Es ist dies eine Geschichte wie ein Same, der in warmer Erde sich gegen die kalten Steinplatten darüber stemmt, weil er instinktiv ahnt, dass hinter ihnen das Licht strahlt, welches er wie jedes Leben zum Werden braucht. Die Steinplatten sind resistent, doch der Spross gibt nicht nach; er streckt seine Blätter aus und schiebt sie voneinander, steigt aus diesem Spalt, rüstet sich bald in starke Rinde und wächst Dins feurigem Auge entgegen, hoch und höher, unter seinem weiten Ast- und Blätterdach nachfolgenden Keimen Obhut bietend. Vor solch einem Spross sitzt auch der tapfere Held der Zeit mit seiner Fee und lauscht andächtig dem zuversichtlichen Knistern und Rascheln. "Nun, Du hast es sicher schon geahnt: Du bist kein Kokiri! Du bist ein Hylianer!" Die Worte des Deku-Sprosses vermischen sich mit den beunruhigenden Fragmenten im Gedächtnis des Jünglings. Die lohende Burg, das Trommeln von Pferdehufen, die blitzenthüllte Entschlossenheit in den Augen einer Frau – all dies erscheint ihm nun nicht mehr so fremd. Es macht Sinn. Es beantwortet vergessene Fragen und bringt auch auf neue, die an Vorwürfe grenzen, aber es ist nicht an ihm, sich zu beklagen. "So sei es, Link!", schließt der aufmunternd lächelnde Deku-Baum seine Erklärung ab. "Befreie die Tempel von ihren Flüchen und sorge für Frieden in Hyrule!" Und der Held der Zeit erhebt sich aus dem weichen Gras seiner Kindheit und geht. Seine Fee jedoch verharrt beim Deku-Baum, versieht selbigen mit einem kummervollen Blick. "War es das Richtige, ihm ausgerechnet jetzt davon zu erzählen? Wird es ihn denn nicht zu schwer belasten in der Stunde der entscheidenden Gegenüberstellung?" Weiterhin schmunzelt der Sprössling. "Meinst Du, holde Fee, es wäre richtiger gewesen, dem Ahnungslosen jenen einzigen Entschluss abzunehmen, der nicht dem Schicksal Hyrules, sondern ihm persönlich gilt?" Navi braucht nicht lange zu überlegen, ehe sie ihren winzigen Kopf schüttelt. Sie versteht, dass es wichtig ist, die Wahrheit zu kennen und in die finale Auseinandersetzung mitzunehmen. Und doch: Es bleibt ein tragisches Los. Für das Schicksal scheint der Held der Zeit nur eine Waffe zu sein, die es wider alles Finstere entsendet, woher es auch kreucht. Für sie aber und den Deku-Baum ist er ein Freund, der einen Krieg zu gewinnen hat, für den er nichts kann, eine Entscheidung zu treffen, der seine Gefühle gleichgültig sind. Eine Träne entrinnt ihr, die aufgefangen wird vom Finger des Deku-Baumes: Einem Grashalm, der sie diesen tröstenden Morgen tragen wird wie einen kostbaren Ring. Dann fliegt sie von dannen. Sie weiß, ihre empfindlichen Flügel vermögen nicht einmal einen Teil der Bürde auf seinen Schultern zu tragen. Sie wünscht sich bloß, ihr heller Schein wird ihn noch in schwärzester Nacht den Weg nicht verlieren lassen. Irrlichter verfolgen den jungen Streiter und seine Fee bis hin zu den letzten Fingerkuppen des Waldes, die hinausweisen. Sie wispern ihnen zu, plaudern von unerträglicher Hitze und erbitterten Sandstürmen, doch auch von einem monumentalen Tempel und einem mysteriösen Volk. Sie verraten ihm, die Gespensterwüste werde sein nächstes Ziel sein. Und während er auf dem Rücken seines Pferdes den Wald weit hinter sich lässt, wiederholen sie düsteren Tonfalles nur eines: Prinz der Wüste, Prinz der Wüste, Prinz der Wüste… Ein Prinz, der auszog, seine Loyalität dem König von Hyrule zu schwören. "Ein Herrscher begibt sich nicht unter die Griffel eines anderen!", tadelten ihn die Hexenschwestern Kotake und Koume im Chor. "Noch bin ich Initiand und in meinen Entscheidungen frei", entgegnete der Rotschopf, beherzt seinen Rappen sattelnd. "Welche Gründe mögen einen Gerudo verleiten, einem Hylianer zu dienen?" "Ich diene nicht dem Hylianer, ich diene dem Frieden." "Und was wird aus Naboru?!", krächzten sie entsetzt. "Eine einwandfreie Herrin in meiner Abwesenheit. Es ist nicht mein Verhängnis, gleich meinen Ahnen zu regieren über ein Gebiet, welches sich hochmütig und furchtsam zugleich vor den anderen verschließt." Und tatsächlich verstanden nicht einmal die Worte einer stolzen Gerudo-Kriegerin ihn zurückzuhalten. Aber Naboru vermochte – anders als die mondäugigen Matronen – seine Beweggründe nachzuvollziehen. Hoffnungsschwer verabschiedete sie ihn dort, wo das Land anfing, fruchtbar zu werden. Nur alle 100 Jahre wird dem Geschlecht der Gerudo ein Mann geboren. Fortan sei es sein Geschick, über die Wüste zu walten und zu befehlen das dort lebende Volk der Kriegerinnen. Dem Herren dieses Jahrhunderts, zu reihen in ein Register überschaubarer Vorväter von unvergessenen Taten, hatten sich die Hexen Kotake und Koume angenommen, um durch seinen Arm ihre sinisteren Träume von Macht und Gewalt Wirklichkeit werden zu lassen. Doch aller Härte ihrer Erziehung zum Trotz entwickelte er einen ehernen Willen, geleitet von nichts denn seinem selbstvertrauenden Verstand, der ihre Pläne nun zu durchkreuzen drohte. Noch in der Nacht seines Aufbruches griffen sie ihn an, ergaben sich allerdings als wehrlos gegenüber seinem von den Goronen gefertigten Schwert. Er tötete sie jedoch nicht und ritt weiter in das Reich seiner Erwartungen. "Die Außenwelt wird Dich mit ihren Verführungen verderben!", beschworen sie ihn, doch das Stampfen der Hufe tönte zu laut, als dass er ihre Flüche noch vernehmen konnte. Nach einer Reise von wenigen, aber wundervollen Tagen über endlos anmutende Wiesen erreichte er die Stadt und das Schloss Hyrule. Nichts hinderte ihn, sich vor dem Monarchen auf das Knie zu begeben und ihm sein Schwert darzubieten. "Ihr seid Ganondorf Agahnim Dragmire von dem Geschlecht der Gerudo", erkannte ihn der König mit unverhohlenem Erstaunen. "Verratet mir bitte: Was veranlasst ihr Oberhaupt zu solch selbstloser Tat? Bislang zogen Eure Leute es vor, den Bewohnern dieser Nation wie Unwetter nur ihre schlechten Seiten zu offenbaren." "So lasst es uns ändern", empfahl ihm der Junker aus der Fremde. "Eine neue Zeit soll anbrechen. Es liegt in unseren Händen." Die Züge des Königs wurden ernst; er nickte gravitätisch. "Eine erstrebenswerte Vorstellung. Und ein großer Schritt des okzidentalischen Volkes. Sollte er sich erweisen, sein Schwert ebenso begabt zu führen wie seinen Stamm, möchte ich diesen künftigen König untertänig ersuchen, Lehrmeister unserer Soldaten sowie Revisor meiner Dekrete zu werden." Ganondorf entging nicht die vertrauensprüfende Komponente der Einladung, als Ausbilder früher feindlicher Streitkräfte das Geheimnis der gerudischen Kampfeskunst preisgeben zu müssen, doch überzeugt von einer Zukunft des Zusammenhalts empfand er keinerlei Scheu davor und sagte zu. Mit dem Verstreichen der Zeit erweiterte sich das Arsenal seiner Fertigkeiten, und unter dem König von Hyrule lernte er, wie es sein würde, ein Land verheißungsvoll zu lenken. Im Gegenzug präsentierte er ihm eine Armee, selbstbewusst und pflichtgetreu, und schenkte ihm, wann immer es angemessen erschien, seinen gewitzten Rat. So bestand alsbald nicht nur ein freundschaftliches Verhältnis zwischen ihnen, sondern auch eine gewisse gegenseitige Unverzichtbarkeit. Doch nie ist die Aussicht ganz ohne Sorge, wenn es ein wacher Stratege ist, der sie genießt. Ganondorfs Sorge hatte spitze Ohren, einen Bogen in der Hand und absolut kein Talent dafür, diesen zu benutzen. Es wäre einfacher, gegen einen Sandsturm anzulaufen, dachte Ganondorf verzweifelt, als jenem Mädchen die korrekte Bedienung irgendeiner Waffe beizubringen, und führte ihm doch zum ungezählten Mal geduldig und anschaulich das Einspannen eines Pfeiles vor – ihre Hände in den seinen. Die Irrlichter schwärmen, wenn sie sich der transzendenten Blüte erinnern dürfen, die nun zaghaft ihre Blätter spreizte. Kein Medium für die Zukunft vermag den Anblick, den Duft dieser Blume zu konservieren; Worte, Abbilder können nur skizzieren, was zwischen den beiden Wesen wie zwischen so vielen Geschöpfen gestern, heute und in aller Zeit für ein Zauber tätig ward, während der Wirbelwind mit dem Namen so klar wie behutsam aneinanderstoßendes Glas Ganondorfs Leben innerhalb der Schlossmauern erheblich durcheinanderbrachte. Sein Leben… und seine Gefühlswelt. Mirari. In vollkommener Seligkeit saß Ganondorf Tag um Tag, Woche für Woche, Monat um Monat und Jahr für Jahr auf dem Rücken seines Rosses und überblickte die kraftgrünen, friedlichen Felder Hyrules. Aber wer aufmerksam die Historie studiert, der weiß, dass eine Periode des Friedens irgendwann endet. Ohne Dunkelheit wäre Licht nicht Licht. "Es ist ruhig", bemerkte Ganondorf, und die Kuhle zwischen seinen Augen wurde tiefer. "Viel zu ruhig." "Spürt Ihr Besorgniserregendes?", erkundigte sich ein ehemaliger Lehrling seiner sofort, dessen Miene sich bereits im Wandel zum ungewohnten Ernst befand, als verlangte er nach gar keiner Erläuterung mehr, nur schon eine Bestätigung. "Etwas liegt in der Luft", deutete Ganondorf ihm lediglich an, sich selbst noch nicht sicher. "Es drückt sogar der Vögel Flug in die Tiefe." "Wir werden wachsam sein – wie wir es stets sind", suchte der Soldat seinen Mentor mit vertrauensvollem Blick zu beschwichtigen. Der erwiderte ihn. Wann immer er Linklayne betrachtete, kam er nicht umhin, hier das Werk der Göttinnen Din und Nayru harmonisch vereint zu sehen: Din, die die goldbraune, widerstandsfähige Erde geformt hatte. Nayru, die den klaren, unbegrenzten Himmel darüber ausgespannt hatte. Farores Schaffen schließlich loderte unverkennbar aus diesen Augen. Ganondorf plante, jenem Würdigen zum angebrachten Zeitpunkt seine Stellung als Lehrmeister der königlichen Garde zu überantworten; er bräuchte sich dann nicht mehr um die Nachfolger der gegenwärtigen Soldaten zu sorgen und würde sich für eine Weile in seine Burg zurückziehen können, welche er hatte an behaglichem Ort errichten lassen, wo die Gemahlin seiner harrte. Sie hatte sich überreden lassen, zumindest für die paar Monate Rüstung sowie Bogen an den Nagel zu hängen und sich kraftsparenden Tätigkeiten zuzuwenden. Am Ende des Tages über ihren Bauch zu streichen war ihm, wie die halbe Erdkugel unmittelbar nach ihrer Geburt berühren zu dürfen, die unbefleckte, unverschuldete, als sie noch kein Leid erfahren hatte, arglos gespannt auf das, was kommen wird. "Die Wolken rücken eng zusammen und werden bald weinen", prophezeite Ganondorf dem Vertrauten. "Seht Ihr, wie sie schwer über dem Schloss hängen? Es ist an der Zeit, den Mantel unserer Pflicht über seine Insassen zu breiten. Ein Gewitter ist aufgezogen." Auf ihrem Rückweg streifte es über ihnen hinweg, ließ die stürmenden Pferde unbeeindruckt hinter sich, um bald darauf seine Blitze gnadenlos in die Dächer und Türme der Stadt zu schlagen, die Bewohner mit lautstarkem Donnern und gleißendem Leuchten zu ängstigen. Ob der unerschrockenen, unermüdlichen Eingriffe Ganondorfs, Linklaynes sowie der königlichen Truppen hinterließ es eine entsetzliche Verwüstung. Seist Du auch noch so kräftig: Einen Blitz triffst Du nicht – er trifft Dich. Und da der Meister des hylianischen Heeres einen karneolroten Haarfaden aus der Gefallenen Blut zog, ward er in der Tat tief getroffen. Nicht lange danach standen sie einander gegenüber, die Waffen ins breite Tal zwischen ihnen gestreckt. Keinerlei Anflug der Reue, Trauer, Sehnsucht in den goldgefassten Pupillen der Herrlichen Naboru. Verbarg sie ihre Empfindungen wie einen mit den Augen nicht zu messenden Schatz der Geistertempel oder war er es, der dies lediglich hoffte? Was mochte geschehen sein? Jäh wurde er sich der Jahreszahl seiner langen Abwesenheit bewusst, und die Erinnerungen an die Zeit davor erwachten aus ihrem totenstillen Schlummer, als ihre Klingen aufeinanderprallten, hell wie kein Blitz, in einem Duell, spannender und geladener als jedwedes Gewitter, wenn man den betrübten Worten der Irrlichter glauben kann, was man mit großer Gewissheit darf. Sie berichten von einem Sieg seitens des Prinzen, der jedoch nicht willig war, seine früher Verbündete zu töten, und sie stattdessen fliehen lassen wollte. "Sorge für ein Ende jener sinnlosen Gewalt, die von eurem Land ausgeht", lautete die Botschaft, wie er sie ihr mitzugeben gedachte. "Ich kenne euer Ungemach und euren Stolz, aber was hat denn der Krieg schon Erstrebenswertes?" "Es ist auch Dein Land", warf die schöne Kriegerin ein. "Und was glaubst Du von uns zu wissen? Deine den Gerudo geltenden Gedanken sind so der Zeit gemäß wie die Zeilen auf den Sandtafeln im Tempel. Und ebenso selten gelesen, ruhen sie in gleicher staubiger Dunkelheit." "Das ist wahr", gab er unverschämt zu. "Und bewusst sprach mein Mund die Formel, um sie dorthinein zu versiegeln." "Verleugner Deines Ursprungs!", spie sie aus. "Damit kränkst Du mich nicht. Verleugnen kann ich, jedoch nicht wider mein Gefühl handeln." "Dann verrate mir: Für wen schlägt nun Dein Herz?" Er schwieg. Naboru nutzte den Moment zur gewünschten Flucht. Da sie fort war, setzte er sich in Bewegung über das nasse Gestein. Der ihnen nachgemunkelten Grausamkeit wahre Ehre bereitend, hatten die Gerudo-Kriegerinnen ein Blutfest zelebriert. Steif ließ er sich auf die Knie fallen und hob einen der hauchlosen Körper mit reliquienwürdiger Behutsamkeit auf. Des Todes nüchterne Kälte krabbelte in seine Finger, wo diese den Leichnam berührten, kroch die Arme hinauf bis in seinen Verstand. Nichts fühlte der General des Königs von Hyrule, während er Linklayne, seinen Schüler und Kameraden, in den Armen hielt. Jene Nacht stieß die Identität, in welche er sich über Jahre gehüllt hatte, aus ihrem selbstsicheren Gleichgewicht. Ganondorf musste einsehen, dass, wenn er entschlossen in die Zukunft schaute, sich die Augen seiner Vergangenheit immer irgendwann öffnen und ihm von dort entgegenblicken würden. Nicht der oberste Berater stand seinem Namen vorweg, sondern fürderhin die Würde des Königs der Gerudo. Damit stände er auf derselben Stufe wie sein langjähriger Freund, Hyrules Herrscher. Stimmen in seinem Kopf begannen ihn zu belästigen, und er betete, dass die künftige Zeit, Mirari und seine Obliegenheiten sie beruhigen würden. Die exotischen Angreifer waren brutal, aber unorganisiert. Wie Raubtiere vermochte man sie in ihren ariden Käfig zu jagen, und so kehrte nach dem tragischen Vorfall ein oberflächlicher Frieden zurück. Strahlend kam der König eines Tages auf ihn zu und schloss ihn in seine Arme. "Vertrauter! Hat die frohe Nachricht bereits Euer Gehör erreicht? Meine Gattin befindet sich nicht mehr lange vor der Niederkunft!" Die Stadt um das Schloss traf wochenlang Vorbereitungen für das große Fest, zu dem jeder Bewohner des Reiches, gleich welcher Abstammung, eingeladen war. Doch als der Thronfolger dann das Licht über Hyrule erblickte, feierte kein einziger, blieben die Versammelten stumm. Denn die Königin überlebte die Strapazen nicht. Ganondorf sollte erst später von dem Unglück erfahren, denn am selben Tag hatte seine Frau ihm in der fernen Burg eine kleine Kerze angezündet, ein notwendiges Flämmchen gegen die Finsternis. "Danke", atmete er demütig aus. "Du hast lange gelitten, und ich war zu sehr mit mir selbst beschäftigt, um für Dich da zu sein." "Da irrst Du. Sieh doch! Aus diesem Antlitz lächeln Deine Augen mir entgegen. Er wird ein großartiger Mann mit einer bedeutsamen Zukunft werden, genau wie Du." Ja – vielleicht sollte ihr Sohn eine Bitte um Vergebung des Schicksals sein, ein gewagter Ausgleich für den Verlust seines verdienstvollen Lehrlings. "Gan", hielt Mirari ihn noch einmal auf. "Es ist kein Widerspruch, Gerudo zu sein und Hyrule zu schätzen. Was hättest Du besser gemacht, wenn Du damals geblieben wärst, als jetzt und hier auf dem fortschrittlichen Pfad des Botschafters? Du hast ihn der Schneise des Kriegers vorgezogen, und ich bin zuversichtlich, dass Deine die richtige Entscheidung war: Erkenne nur in diesem Geschöpf aus Liebe den Beweis, dass einander suspekte Völker sich sehr wohl annähern können." Nachdem Mutter und Kind dem verdienten Schlaf übergeben waren, galoppierte der Rappe Richtung Schloss, wo sein Reiter die bittere Kunde vom Geschick der Königin erhielt. Der einsame Vater hatte sich in seinen Gemächern verbarrikadiert und wies auch seinen räsonierenden Berater tränenerstickender Stimme ab. Gedankenvoll streifte derselbe zwischen den massiven Mauern entlang und geriet dabei zufällig in einen von ihnen schützend umschlossenen Garten. Er war überrascht, im Herzen dieses Steinen entwachsenen Gebäudes eine Wiese grünend vorzufinden. Nur eines gereichte ihm zu noch staunenderer Aufmerksamkeit: Ihm gegenüber, inmitten winziger bunter Blüten sowie entspannt wippender Halme, ragte unverwechselbar ein Schwert aus dem Grund, vom Knauf bis zur Blutrinne schwarz wie Obsidian. Wenngleich wohl kaum ein Schmied jemals ein vollkommeneres Schwert zu Gesicht bekommen haben dürfte, erhitzte der Anblick Ganondorfs Blut. Jener eiskalte, scharfe Stahl gehörte nicht in die kindliche Szenerie des Gartens. Gleich einem lichtschlotzenden Fremdkörper hatte er sich in den empfindlichen Organismus genistet. Entschlossen, ihn zu entfernen, streckte Ganondorf die Hand aus… Die sonderbar lebendige Aura begrüßte sie geradezu… Seine Finger wanden sich, die günstige Einladung erfassend, um den Schaft… Doch nein, sie berührten ihn nicht, denn die letzten Töne einer Weise versetzten sie in Stillstand. Ihr Gebieter erspähte die Amme Impa. Unter der Erscheinung der ruhenden Prinzessin in ihren Armen verlor das Elysium um sie her an Auffälligkeit, und ihn beschlich dieselbe Beklemmung, welche er zuvor bei der Ansicht des Jungen wahrgenommen hatte. Irrlichter wurden Zeugen eines Versuchs, den uralten Teufelskreis aufzubrechen und ihn in eine gerade Bahn zu lenken. "Ein bedauernswertes Gefilde", sprach die rotäugige Shiekah in das abendliche Idyll. Erklärung heischend hob Ganondorf den Blick. "Jener Ort, welchem Ihr entstammt. Unerbittliche Hitze am Tag, erbarmungslose Kälte in der Nacht. Euer Volk leidet Dürre und Unverständnis; den meisten von uns ist es lediglich als eine Sippe von Räubern bekannt." "Vertretet auch Ihr die Meinung, dass es unsere Strafe dafür sei, nicht an das göttliche Triummaterat der Hylianer zu glauben und unsere religiöse Treue stattdessen einer einzigen Gottheit zu erweisen?", ließ sich der Mann aus dem Westen auf eine sonst strikt gemiedene Konversation ein. Sein Gegenüber schwenkte ihr Haupt von einer Seite zur anderen. "Euer Volk lebt schlichtweg in nicht zu beneidenden Verhältnissen. Dennoch sind die Gerudo zu stolz, die angrenzenden Areale um Unterstützung zu ersuchen. Allein Ihr entwickeltet das Bewusstsein und die Opferbereitschaft, jene unzumutbare Situation zu verändern. So begabt Ihr Euch auf die Reise in dieses Land, das Euch befremdlich reich anmutet, um sein Geheimnis zu ergründen und es mit nach Hause zu nehmen wie ein dort unvorstellbares Souvenir. Ein laudables Vorhaben." Ihn wurmte die Präzision der Shiekah, mit welcher sie seinen nobel klingenden Optimismus zurückliegender Jahre rezitierte, als hätte er ein Tagebuch darüber geführt und sie es heimlich gelesen. Aber der Ausdruck seiner Miene schien nicht bei ihr anzukommen. Fortwährend ließ sie ihre langen Finger um das schimmernde Antlitz der Thronerbin fahren, als würde jene Geste allein den Schlummer des Kindes sichern. "Ich habe viel Leid erschauen müssen, Ganondorf. Aus diesem Grund öffnete sich das Dorf der Shiekah vom Weg abgekommenen Wanderern. Wir alle streben doch danach, Wohltaten zu vollbringen, wenn auch der eine dabei bloß sein eigenes Wohl im Sinn hat, der andere jenes der Allgemeinheit. In Euren Augen lese ich den majestätischen Edelmut des Anderen – sowie den inbrünstigen Wunsch, jenen Stamm, dem Ihr Euch als König verpflichtet fühlt, aus seinem ihm auferlegten Elend zu erretten. Aber wie selbst Wolken, die nur aus Dampf bestehen, so wirft auch dieses Begehr Schatten, deren sich auf Eurer lauteren Seele deutlich abzeichnende Intensität mir zur Sorge gereicht." Er wandte seine Front dem Schwert zu, welchem die Betreuerin keinerlei Achtung schenkte, und bemerkte, dass es verschwunden war. "Jetzt lecken sie ihre Wunden; bald werden sie erneut über Hyrule herfallen. Die Souveränität seines Regenten ist geschwächt und dessen Erbin ein unwiderstehlicher Schatz, der die Moral einer ganzen Nation in sich trägt. Sie werden Mirari und das Kind bedrängen. Womöglich muss ich zurück wie das irrende Kalb, das allein seine kummervolle Mutter besänftigt." "Nicht das Junge kümmert diese Mütter", entgegnete sie freiheraus. "Sie sind Usurpatoren, denen bloß der Handlanger fehlt. Wollt Ihr aus dem Sanktuarium Eurer Familie und Eures hart erarbeiteten Ruhmes wirklich in das Miasma kranker Ambitionen der Twinrova hinabsteigen? Ich spüre die Zweifel an Eurem instabilen Geist nagen. Schwingt nicht für Eure hehren Ziele ein Schwert, dessen obskuren Vorbesitzer Ihr nicht kennt, und fallt nicht ab von der Überzeugung Eures fürstlichen Verstandes. Nur so vermögt Ihr Eurem ungerechten Los zu entkommen." Unter dem Umhang glitt der waffenführende Arm hervor, und der Gerudo betrachtete seine olivgrüne Faust. "Sollte es mein Schicksal sein, die Brände des Terrors in Hyrule zu entfachen und nach der Herrschaft zu greifen, so will ich nicht vor ihm fliehen." Der Blick aus den roten Iriden wurde scharf. "Euch reizt die Vorstellung?" "Jetzt noch nicht. Doch Helden werden durch die Widersacher gemacht, die sie bezwingen, und Wohltaten nur erkannt, wenn es an etwas mangelt. Die Einsicht, verwundbar zu sein, bewahrt vor leidenschaftlichem Hochmut – eine Erkenntnis, die die Gerudo lange nicht teilten. Falls ich der Erkorene bin, diese ewigen Zahnräder in Gang zu setzen, werde ich es tun; dann haben alle anderen Gelegenheit, Helden zu sein." Nicht viele können sich rühmen, das Antlitz Impas in Verwunderung aufgehen gesehen zu haben. "Ganondorf! Kein Gesetz schreibt Königen vor, einander anzufeinden! Lasst uns einen Kompromiss für Eure zwiegespaltene Sehnsucht finden. Lasst die Dunkelheit nicht Herr über Euer Herz werden." Er stand schon unter dem Torbogen, der den Schlossgarten nach außen öffnete. "Niemals sei ein vergleichbar bestialischer Akt bezeugt worden wie jener, da Dragmire, der vormalige König, zuletzt über meine Mutter herfiel wie von einem Dämonen besessen. Wenn es auch gelänge, diesem auszuweichen: Bald wird ein anderer Anstoß den Stein, der Hyrule bedroht, ins Rollen bringen und mein Gewissen in das Giftbecken stürzen." Vom unerklärlichen Bedürfnis nach einem Sturm erfasst, schwang Ganondorf sich auf sein Pferd und ließ es über die in der Nacht ertrunkene Steppe preschen. Aerische Verirrungen stachen in seine Augen, doch er hielt sie rücksichtslos auf den Weg gerichtet, welcher in der Finsternis schwierig auszumachen war. Wie naiv er entschieden hatte, wie inkonsequent gehandelt! Kühn hatte er das Gerudo-Tal verlassen und die Hexenschwestern hintergangen, selbstgefällig die Invasion der Gerudo-Kriegerinnen zerschlagen und Naboru enttäuscht, gefügig das Haupt dieses Raub- und Mordzuges entrinnen lassen und Linklayne verraten; und wenn er nun zurückkehrte dorthin, wo die Nacht den letzten Tagesstreifen vertilgt, würden ihn die traditionellen Pflichten des gerudischen Herrschers als einziger männlicher Vertreter jene Frau, die er liebte, auf ungeheure Weise betrügen lassen. Verzweifelt warf er sich auf dem höchsten Hügel nieder und streckte die Arme gen Himmel. "Höre meine Worte, gnädige Göttin des Sandes! Ich habe Fehler begangen, unverzeihlich viele Fehler, doch jetzt bitte ich Dich: Lass mich sie sühnen! Niemals wieder will ich fortlaufen wie ein feiges Kind; ich kenne meine Bestimmung und bin bereit, mein Dasein fortan ihrer Erfüllung zu widmen, wenn Du mich nur auf den Wüstenkoloss hebst, den weit und breit nichts überragt, auf dass ich endlich klar sehen kann! Erhöre mein Flehen, Herrin, und ich werde tun, wofür Du mich in Deiner unergründlichen Weisheit vorgesehen hast." Der Wind blies weiter nach Norden. Sowie er Zeuge ward vom anschwellenden Unglück des Reiches unter einem Regenten, der von Kummer so eingelullt genauso wirksam hätte schon bestattet sein können, gewahrte er, wie eng verbunden das Geschick des Staates mit jenem des Fürsten tatsächlich war: Das Land leidet mit seinem König, aber es lebt auch mit ihm auf. Jahrelang hatte er diesem Prozess beigewohnt. Es erboste ihn, die Erkenntnis seit jeher greifbar geahnt zu haben und doch erst jetzt die Hand um sie zu schließen, wo sich das Grabtuch bereits über Hyrule gesenkt hatte. Wie einfältig von dem König, es in seinem Selbstmitleid dem Verderben an die Hand zu geben! Ganondorf nahm sich vor, verantwortungswürdiger zu sein. Als Anwärter ausgezogen, wollte er als König wiederkehren und überlegen gebieten über die harte Erde seiner Jugend, wollte die Kraft haben, die Macht haben, den Gerudo aufzutischen, was anderen Stücken dieses Weltabschnittes lange selbstverständlich war: Hoffnung. Aussicht. Eine Zukunft. Er wollte Stabilität errichten und sie selbst mit eisernem Griff festigen. Macht. Er wollte herrschen. "Ich wusste, Du würdest zurückkommen, mein lieber Ganondorf!" "Ich wusste, Du würdest zur Vernunft kommen, mein lieber Ganondorf!" Die Geierstimmen seiner Ziehmütter umkreisten ihn, kaum dass er den ersten Schritt ins Tal gesetzt hatte. Nichts hatte er mitgenommen, nichts außer dem neuen Entschluss. "Jetzt wird alles wieder gut…" "Ja, alles wieder gut…" "Ruhe Dich aus, mein lieber Sohn…" "Ja, bette Dich nieder, mein lieber Sohn, und lausche dem süßen Gesang von Kotake und Koume…" "Lass die Zweifel Deinem rechtmäßigen Zorn weichen, lass ihn wachsen…" "Wer ist schuld? Wer ist schuld?" "Ganondorf, das Triforce…" "Das Triforce vermag es, Wünsche zu verwirklichen…" "Jeden Wunsch, jeden Wunsch…" Jenem, der es besitzt. ⁂ Schreie. Purpurner Rauch dringt aus den Wunden einstiger Asyle. Marionetten mit Schwertern, Rechen treten über menschenförmige Säcke hinweg. Eine lohende Burg. Kohlschwarze Wolken, saure Tränen. Das Trommeln von Pferdehufen. Ein Blitz! – im Grauen erstarrte Masken, die trostlosen, entschlossenen Augen einer Frau, welche jüngst ihren Gatten verloren hat, im Arm das von ihm väterlich geliebte Kind. Ungewissheit. Unverständnis. Trauer, Enttäuschung und Wut. Panik. Furor. Schreie und Rauch. Energiespendende Abscheu gegenüber einem Mann, dessen respektvolle Lippen sie noch auf den ihren spüren kann. Donnern, Blitze, ein Tor in den Wald. Feuer, Furor, Gewalt. Angst. Depression. Schreie und Rauch. Krieg. Ein Einziger hob sich aus ihm hervor. Ein Jemand, der den fast fünfjährigen Zustand der Zerrissenheit für seine sinisteren Pläne zu nutzen verstanden hatte. "Eure Majestät, er ist hier…" Noch lauerte der Gast im Schummer des Korridors, am Rand der dem Tageslicht im Thronsaal weichenden Schatten. Die blutleeren Lippen des Monarchen von Hyrule bildeten ein Lächeln; seine Pupillen blieben starr. "Ahhh! König Ganondorf Agahnim Dragmire von dem Geschlecht der Gerudo, tretet vor! Eure furchtlosen Vermittlungen zwischen den unversöhnlichen Parteien während des Bürgerkrieges sind uns mitnichten verborgen geblieben! Niemandem leihe ich mit geringerem Argwohn mein Gehör! Also sprecht: Was dürfen wir für Euch tun?" Ein breites Grinsen verzerrte den Mund des Mannes, dessen Erscheinung nicht alles war, was sich auffällig pervertiert hatte. Doch hohe Mächte hatten bereits sämtliche Vorkehrungen in die Wege geleitet, um das Böse nicht widerstandslos voranschreiten zu lassen. Wenngleich er dies nun wähnte, so ragte Ganondorf keineswegs auf dem kolossalen Felsen seiner Heimat empor, denn in dem Fall hätte er voraussehen können, was ihn am Horizont erwarten und wer es sein würde, der auserkoren war, ihm Einhalt zu gebieten, wenn derjenige auch noch, von Albträumen geplagt, tief im Schutz des Waldes schlummerte, erwartend jenen Tag, da auch ihn eine Fee finden würde, ohne zu ahnen, dass dieselbe ihm den enormen Onus seiner Bestimmung offenbaren würde. Irrlichter – lasst sie spinnen und schaut aufmerksam zu! Niemals werden die zwei Fäden von Gut und Böse aus ihren Handflächen rinnen, die Legende vom Schwert der alten Ritterlinie vergessen werden, das hassverfluchte Ruhe geben und Gras über ihr Schlachtfeld wachsen können. Denn solange Hyrule existiert, wird der Erwählte aus dem Schlaf seines Alltages gerissen, um mit Licht reflektierender Klinge die Finsternis vom Antlitz der Welt zu vertreiben. Das Gute muss sich beweisen, um zu bestehen. Das Böse muss bestehen, damit das Gute sich beweist. Ganondorf erhob sich und kehrte dem König den Rücken unter der Aufsicht einer wissenden Prinzessin. Das Unheil war wiederauferstanden. Und die Irrlichter spinnen, spinnen die Geschichte eines jungen Mannes, gewandet im Grün der Wiesen, der auszieht, sein sagenhaftes Schwert wider die teuflische Macht im Königreich Hyrule zu erheben und es zu stoßen in das Triebwerk des Verderbens, die Quelle größten Übels, in das zur Rache verdammte Herz seines eigenen Vaters. Wind Symphony (The Wind Waker) ------------------------------ Wiesen. Weite Wiesen. Weite, grüne Wiesen und ein Wind, der sacht darüberstreicht. Er bringt die Gräser zum Applaudieren. Myriaden Gräser. Er lässt lose Blätter unverhofft noch einmal Erhöhung empfinden. Die Empfindung zwanglos zu füllender Freiheit. So weit das Sichtfeld reicht. Grün. Grün und blau. Ward jemals so ein Grün gesehen wie jenes der Felder Hyrules? Ward jemals solch ein Blau erspäht wie das des Himmels Hyrules? Ist es wirklich so gewesen oder trügt mein Traum mich, edelt die jede Nacht entjochte Fantasie inzwischen meine verbleichenden Erinnerungen? Meine Erinnerungen an das glänzende Königreich… Hyrule. Schönes Hyrule. Kennst Du dieses archaische Wiegenlied noch, das damals zwischen Deinen Mauern erklang? Sichert es noch heute Deinen Schlummer wie vor fünfhundert Jahren? Jene fünfhundert Jahre, die binnen der nassen Gegenwart und meiner Hand auf Deinen kühlen… glatten… grauen Steinen liegen. Versunkenes Hyrule. Jäh befiehlt mich ein Misston in die Realität, in das Hier und Jetzt zurück. Die außer sich geratene Melodie ist verstorben, und entlang den schachbrettartigen Steg der Klaviatur, die Position des verärgerten Auslösers auf ihr ermittelnd, schaue ich unerwartet auf den grellblonden Schopf meiner noch sehr jungen Gefangenen, ihr Finger weiterhin auf der Taste – bewusst, ostentativ, geradezu herausfordernd. "Das ist ja abartig geworden, was du da veranstaltest. Hast du das gar nicht bemerkt?", erklärt sie sich. Unter meinem Blick schrumpft der Schneid in ihren nachthimmelblauen Augen. Sie ist eine wackere Zelda, fürwahr, ungewohnt verwegen, aber meine Aufmerksamkeit ist das Todesurteil jeden, fast jeden Mutes; kein Grund also, Dich zu schämen, kleine Zelda. "Spielst du dein eigenes Requiem, bevor er kommt? Dann leg besser noch ein Segel zu, denn er wird bestimmt jede Sekunde hier sein!" Über derart festes Vertrauen kann ich bloß müde schmunzeln. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die ehemalige Kapitänin Tetra sich wohl kaum auf einen Kartoffelkopf im rubingrünen Kleid verlassen hätte. Es mutet an, als sei mit ihrer majestätischen Erscheinung ferner die Erinnerung an das (letztlich ja erfolgreiche) Entsenden des Feenjungen zurückgekehrt. Natürlich glaubt sie an ihn. Es ist ihr vorherbestimmt. "Dein despektierliches Gehaben ist verständlich. Ich werde ebenfalls furchtbar nervös beim Gedanken an seine Ankunft." Daraufhin erstarrt sie buchstäblich, steht auf einmal da wie ein Deku-Stab, die Wimpernfächer emporgerissen, die Puderwangen sichtlich entzündet, und ich erfreue mich an dem erwarteten Resultat meiner Wortwahl. Indessen haben meine Hände wie von selbst zurück ins Spiel gefunden. Unter jeder Taste, die sie hinabdrücken, spüre ich die Staubkörner des unvermeidlichen Verfalls dagegen aufbegehren, hie und da wird eine Note versäumt – das Lied ist uralt, meine letzte Inspektion des Notenblattes gleichermaßen – doch der himmelhohe Turm fängt die hohlen Töne und wirbelt sie weit aufwärts, lehrt sie tanzen. Im Glas auf dem Resonanzkasten die opalrote Flüssigkeit bebt vor Erregung; ist es die Musik oder Gohmas Kampfschrei, was sie vibrieren lässt? Dann fährt wieder Leben in die kleine Zelda. Einiges an Leben: "So… so ist es nicht! Er… er ist viel zu jung! Er hält den Palstek für eine Mahlzeit! Und er trägt 'ne Strumpfhose!", verteidigt sie sich, die Finger zu winzigen Fäusten geschlossen, Fäusten in weißer Seide, wie kleine Schneebälle und für mich ebenso gefährlich. "Aber er ist nun mal der Einzige, der dich aufhalten kann…" Diese pathetische Prophezeiung aus dem Mund einer Zwölfjährigen entlockt mir ein wahrhaft königlich amüsiertes Schnauben. "Wie schade, dass Du nicht halb so verständig wie Du hübsch bist, Zelda. Die kostbaren Stoffe und Geschmeide der Prinzessin zieren Dich, doch die wertvollere Neigung zu Deinem Königreich bleibt verschollen. Gleich der prächtigsten Päonie vom göttlichen Wegesrand haben Sie Hyrule aus seiner Blüte gerissen, und Dir ist es schlichtweg egal." "Du Dinosaurier bist es, der nicht versteht!", plärrt sie mich an. "Ich habe mich nie dafür entschieden, die Prinzessin zu sein; ich wurde ja nicht mal gefragt! Was soll ich für ein Land empfinden, von dem ich nicht einmal weiß, wie's aussieht?! Nichts verbindet mich mit Hyrule!" Das Stück beginnt erneut – mit jenen zweimal drei signifikanten, eine weiche Arkade zeichnenden Tönen. "Und dieses Lied? Erkennst Du es nicht?" "Ich glaub' nicht, dass wir den gleichen Musikgeschmack haben…" "Es ist Dein Lied." "Du spinnst!", bricht es aus ihr, aber ihre Augen verraten mir einmal mehr, dass die grobe Diktion keineswegs ihre zweifelbehafteten Gedanken widerspiegelt. Was in mir die staubige Wüste ist – ein Souvenir der Heimat, derart unscheinbar, dass man es nur entdeckt, wenn einen jemand oder etwas darauf aufmerksam macht, dennoch ohne je ganz verloren zu gehen – ist ihr die alte Weise, welche ihr erstmals – zumindest, soweit sich meine Erinnerungen erstrecken – eine geheimnisvolle Shiekah gesummt hat, zuletzt eine ihr heute ebenso unerreichbare, genauso bedeutungsvolle Frau. In jener versöhnlich wiegenden, dämmerigen Kajüte mitten auf dem endlich friedlichen Ozean hatte sie neben dem Bettkasten gesessen und es gesungen. Gerade so, als ahnte sie die Verbindung zwischen ihr und dieser Melodie. Gerade so, als wäre die einst eisern verwahrte Tonfolge wie Treibgut an den Strand ihres Gedächtnisses gespült worden. Gerade so, als wollte sie die Vögel ersetzen, die Hunderte Jahre zuvor in den blinkenden Wipfeln der Bäume Hyrules gezwitschert hatten, ohne sie jemals gehört zu haben. War sie es gewesen oder dieses Lied, was mich…? Carniphora zuckt unter den entschlossenen Schlägen der Hämmer gegen die Saiten. "Wirst Du aus der Welt das Gleiche machen wie mit dieser ehedem wundervollen Weise?", ist die bedauernde Stimme Prinzessin Zeldas zu vernehmen. Die repetitiven Bewegungen, welcher es bedarf, um der kurzen Komposition Klang zu schenken, durchschaut habend wie die Choreografie eines Säbelgefechts, gelingt es der Mini-Kapitänin, an mich zu pirschen, ohne dass ich ihr im Eifer meines Spiels versehentlich eins auswische. "Ganon… Ganondorf…" Unvermittelt schwebt ihre zierliche, seidene Schneeballhand über der Taste, welche ich gerade zu verwenden beabsichtigt hatte. Touché. "Wieso tust du…? Du zitterst." Ich ziehe meine Hände zurück, lege sie auf die Klappe und schlage sie zu. Zeldas Schrei flieht auf dem Donner in die Höhle des Turmes. Zu spät fällt mir heißkalt ein, dass ich nicht weiß, was mit einem Fragment des Triforce geschieht, so seinem Träger die entsprechende Hand – nun – abhanden kommt, ich Tollpatsch, doch aus dem Augenwinkel darf ich erkennen, dass sie sie gerade noch zu retten vermocht hatte. Die Erleichterung ist wie frisches Wasser auf sonnenvergifteter Haut: Meine Rage verdampft so rasch, wie sie aufgebrodelt war. "Möchtest Du etwa, dass ich aufhöre? …Mit dem Spielen, meine ich." Ihr ohnehin fahl getünchtes Antlitz drückt pures Entsetzen aus. Die rechten Finger presst sie weiter an sich, als befürchte sie jetzt überall solcherlei Klavierdeckel-Guillotinen. Sie scheint nicht imstande zu sein, etwas zu erwidern, und falls sie mich eben für einen senilen Wahnsinnigen gehalten hat, dessen Plan man simpel mittels affektierter Annäherung, vorwurfsvollen Worten und vermessenen Schneebällen unterbinden kann, so sieht sie sich endlich Ganon gegenüber, dem Grauen aus der Legende, dem stets wiederkehrenden Joch der Hylianer. Waren mein Fluch über den Ozean, meine völlige Resistenz wider Valoos Flammen sowie das Master-Schwert nicht genug der Beweise? Braucht es meinen spürbaren Zorn, damit Du mich als echt anerkennst? Ich tische Dir ein lukullisches Mahl auf, und Du rührst es nicht an. Ich versuche, Dich zu einem trivialen Gespräch zu animieren, doch Du versiegelst Deine Lippen. Ich will Dir die pittoresken Regionen Hyrules zeigen, aber Du kehrst Dich ab. Allein die immediate Bedrohung durch mich erzwingt Dir unverfälschte Empfindungen mir gegenüber – was, winzige Zelda, erwartest Du von mir dann, zu tun?! "Mit allem. Mit deinen bösen Zaubern. Mit dem Wehtun meiner Freunde. Mit existieren." Wenn ein Grund zu nennen wäre, aus dem ich das trostlose Tal der Gerudo den fruchtbaren Feldern Hyrules vorziehe, dann der, dass es seinen Kindern früh beigebracht hatte, wann man besser den Mund hält. Ihr enervierendes Bedürfnis, widerspenstig zu sein, hat für keinen von uns zweien erstrebenswerte Konsequenzen: So wäre sie um ein Haar von dem just durch den Raum sausenden Chordofon erschlagen worden und ich beinahe um mehr beraubt denn meine unschätzbare Geisel. Minutenlang starren wir beide uns lediglich an, vernehmen unser eigenes Schnaufen, jenes des anderen sowie Jalhalla, der gegen dornige Mauern kracht – und nun, da mein Instrument verstummt ist, auch den Wind, der um das Kastell spukt. Ich will etwas sagen, erringe jedoch kaum Atem. Es ist heiß, es ist schmerzhaft, und als ich desorientiert eine Hand in die Luft strecke, um mich an irgendetwas zu stützen, das nicht vorhanden ist, registriere ich das dreieckige Glühen darauf. Alles, was ich tun kann, ist, mir wie ein verlorener Soldat auf dem Schlachtfeld wiederholt vorzupredigen: … Mir fällt nichts ein. "Hey. Heheeey! Grünes Fossil – hörst du mich?" … "Kannst… kannst du mir nicht noch einmal das eine Lied spielen? Du weißt schon…" … "Mein Lied. Erinnerst du dich?" … Ja… Natürlich. Es ist eindeutig, dass die kleine Zelda mitnichten das Interesse hegt, meinem selbstmitleidigen Geklimper zu lauschen. Sie scheint schlichtweg zu erfassen, dass dies gegenwärtig die ungemein weniger schädliche Option darstellt, als mich nicht dazu aufzufordern. Nichtsdestotrotz hilft mir der Fokus auf die Noten, den morschen Käfig zu verriegeln, welcher mein Skelett ist. Was immer es sein mag, das zwischen meinen Rippen tobt, beruhigt sich allmählich, der trübe Schleier weicht von meinem Augenpaar wie die Dunkelheit vor dem Morgen. Vor mir ragt das rosafarbene Insekt auf, mit angespannter Miene – das Diadem in den Schneebällen, dessen spitzes Herzstück gleich einem Dolch auf meine Nase zielt. "…Das wird nichts." Sie glaubt mir direkt, lässt das Vorhaben samt ihrem Kopfschmuck fallen und rennt davon, in Richtung des Portals am anderen Ende des Raumes. Ich zwinge mich in jene straffe Haltung, welche auf Mensch wie Monster so unantastbar und einschüchternd wirkt. In der Erwartung von Daphnos' verbliebenem Bauern habe ich die Rochade leutselig geöffnet – sie würde die Türen ohne Hemmnisse aufziehen können. Meine Knechte sind unterrichtet, dass der Prinzessin keinerlei Harm zuzufügen ist. Sie würde die Festung hinuntertapsen dürfen, als sei sie hier zuhause, und irgendwo – im feurigen Foyer, im ungastlichen Salon – ihren Retter in Empfang nehmen, der als Einziger ihr ein ehrliches Lächeln abzugewinnen vermag. Diese Kette für mich unglücklicher Ereignisse könnte einsetzen, dennoch haste ich keineswegs, während meine Finger über das Metall des Diadems streifen mit der Intention, es aufzuheben. Zwei Worte werden eine verlässlichere Methode sein als moblinverseuchte Auswege oder gigantische Rubine, Dich an der Flucht zu hindern: "Deine Mutter." Augenblicklich hat die kabbelige Fummelei am Türbeschlag ein Ende, ebenso wie Mantara, dessen letzter Atemzug dazu dient, seinen gebrochenen Stolz in die Höhe zu brüllen. "Wie kannst du… es wagen…?!" Ich wende mich zu ihr. Im finsteren Blau haben sich Verletzung und Abscheu zu einer Allianz wider mich geschlossen. Die Wangen glänzen vor Nässe wie Kakiemon. Da ist es wieder: Das Wasser, welches unaufhörlich aus dem Nachthimmel rinnt. Ich will, dass es einhält, doch das tut es nicht; es stürzt erbarmungslos herab und strömt und strömt und ertränkt Hyrule. Ertränkt die Wiesen, ertränkt die Vögel, ertränkt die Dörfer und die Dämonen, ertränkt die Wüste, ertränkt die Gerudo, ertränkt das Schloss und ertränkt mich. Allein die Gipfel der Berge spart das Monstrum aus, auf welche die den Göttinnen wohl würdigsten Personen zu fliehen vermögen. Jenen Personen entspringen die Orni, die Krogs sowie die Nachfahrin der hylianischen Königsfamilie, welche sich ihrem Schicksal längst nicht mehr bewusst war, als ich dem nassen Grab entstieg. Keine der Wunden, die Ganon in seinen vorherbestimmten Kämpfen gegen das Gute zugefügt wurden, hat so sehr gebrannt wie der Anblick von Meer, Meer, Meer über dem schönen, verheißungsvollen Hyrule. Ich darf es sicher Glück nennen, dass die Überlieferungen vom "Helden der Zeit", tatsächlich Miraris Sohn, Ganon inzwischen derart stilisiert hatten, dass niemand auch nur auf den Gedanken kam, es könnte irgendeine Vergangenheit besitzen, eine Herkunft, gar eine menschliche Erscheinung. Dies gestattete mir, auf den (zugegeben: gewöhnungsbedürftigen) Planken eines Schiffes meine Existenz neu auszufüllen und einen Entschluss zu festigen, der mich bereits in meiner Ohnmacht unter den Fluten geplagt hatte: Ich lasse Hyrule nicht dort unten. Ich lasse ein langweiliges Meer nicht Herr über jenes Reich werden, um das so viele so lange gestritten haben. Ich lasse die Göttinnen nicht Ihren kindischen Willen durchsetzen. In jeder Taverne, über der Kulisse gedämpften Feierabendjubels der Crews, erzählte ich ihr von dem Königreich aus meinen Erinnerungen, und niemals wurde sie müde, mir zu lauschen. Die Tempel und deren Schätze ließen ihr Herz vor Aventurierlust springen, die Sagen und Fakten verschuldeten eine Gänsehaut auf ihrem gesamten Leib. Innerhalb ihrer Augen spiegelte sich dabei ihre Vorstellung von Hyrule, die der Wirklichkeit frappierend ähnlich war: Die stolz gekrönten Bäume, die funkelnden Bäche, die alles umspannenden Höhenzüge, die blauen Turmspitzen… Endlich erblickte ich sie wieder. Ich sah unentwegt in Theklas Augen und versprach ihr das uns faszinierende Land. Vermutlich ist das der Grund, aus dem die winzige Zelda voller Elan über den Ozean schippert, mit dem Augenmerk immer gen Horizont. Wenngleich es nicht ihre Kommandos zum Ankerlichten, nach "Alle Mann an Deck" und mehr Tuch, viel mehr Segeltuch sind, die aktuell erschallen – stattdessen ein enthemmtes, vielleicht dem Loslassen dienliches Schluchzen beim Gedenken an die Mutter. "Bemitleidenswerte Kreatur", entsinne ich mich der Worte Prinzessin Zeldas von vor all diesen verfluchten Jahrhunderten. Wie eine Brise streicht das Echo über mein gleichmütiges Gehör; ich schreite auf sie zu – durch den Pfuhl, der im Zentrum des Gemachs sich immer noch von der Mühe des Flutens erholt. Das Wasser greift nach meinen Schleppen, sucht mir die Weiterkunft zu erschweren, als lasse sein himmlischer Auftrag es bis heute nicht ruhen. Doch vergebens. Gleich einem Fittich senke ich den Ärmel meines Gewandes über ihre fragile Gestalt. In der Schwärze sieht niemand, was wir tun; sie schenkt uns ein Gefühl von Geborgenheit, wenn wir es nur zulassen, und sie lässt es offenbar zu, wie ich an dem schwachen Zug am Stoff zur Kenntnis nehme. Bald wirst Du wieder zur See fahren, Zelda. Ich werde Dich nicht umbringen. Du wirst wieder auf dem Bug Deines Schiffes emporragen und der Kimm entgegenschauen, auf der Suche nach unbetretenen Ufern und der Jagd nach nie gewagten Abenteuern. Undamenhaft wirst Du Deinen stumpfen Säbel schwingen und Wasserbomben auf die Sprücheklopfer feuern. Keine Kompassrichtung wird vor Dir sicher sein, wenn der Wind Dich weit von mir fortträgt. Schlafe, kleine Prinzessin, wie Hyrule schläft. Die Sinfonie nähert sich ihrem Finale, und ich darf meinen Einsatz nicht verpassen. So Du erwachst, wird sie verklungen sein, und wir werden sehen, wer den dirigierenden Stock dann in der Hand hält. Hoffentlich ist Dein Held so hastig wie Dein Vertrauen in ihn. Der alte Trieb lodert in mir. Die Bestie verspürt den Hass auf jenen mit dem legendären Mut und jene mit dem göttlichen Blut. Die Ruhe der Prinzessin meines begnadeten Königreiches angenehm wissend, sinke ich neben dem Bett endlich nieder. Ich kann nicht mehr… Aber es wird heute keinen Auslauf für Dich geben, Ganon. Ich bin nicht das Werkzeug eines testamentarisch ausgesprochenen Fluchs. Meine Vergangenheit trügt mich nicht. Ich bin Ganondorf, König der Gerudo. Und ich werde zeigen, wer hier die Fäden zieht. …Komm, Link. Komm und erlöse mich, auf welchem Weg auch immer. Ich finde meine Seligkeit im Triumph, und ich finde sie im Tod. Mein Los ist gleich mit jenem des Mondes: In Finsternis steigt er auf, doch wenn das Licht erscheint, geht er unter. Ein unabänderlicher Zyklus: Er steigt auf… und er geht unter. Er steigt auf… und er geht unter. Er steigt auf… und er geht unter. Und wenn er untergeht, träumt er verborgen in eurem Meer von einer Welt, die ihr nicht seht. Von Wiesen. Weiten Wiesen. Weiten, grünen Wiesen und einem Wind, der sacht darüberstreicht. …Die Türen öffnen sich. Ganondorf (The Wind Waker) -------------------------- In diesem Land, wo ich daheim, Ein rotes Tal aus Sand und Stein, Ist es bald heiß und bald sehr kalt, Doch wir sind stark seit alter Zeit. Trotz Bodens, der kaum Wasser kennt, Und Luft, in der die Sonne brennt. Von der Natur aus ungerecht, Prüft diese Ödnis mein Geschlecht. Doch hier bin ich gebor'n und streit' Für dieses mein Land in Ewigkeit. …ich spür' den windgetrag'nen Sand, Er sticht mir tief in die Hand. Der Staub trinkt Tränen, die geheim Ich im Traum von Stränden wein'… In jenem Königreich, weit fern, Spricht man sich von Helden gern, Aus Ländern ziehend, welche grün An Ufern reger Flüsse blüh'n. Sie kämpfen für das Recht und stehl'n Rein Herzen schönster Kronjuwel'n. Nichts für uns, solch Edelmut, Denn uns fehlt's am geringsten Gut. Die Wüste ist mein Heim, obschon Ein harscher Ort von kargem Lohn. …und spür' ich windgetrag'nen Sand Rastlos peitschen dieses Land, Schöpft meine Tränen spröder Lehm, Als ich den Blick heb', um zu fleh'n. Ich hoff', der Himmel gibt uns das, Was rein uns wäscht von jenem Hass, Den wir fühl'n, wenn alles glimmt Und Wolken rar dort oben sind. Weht der Wind auch noch so sehr: Nicht Frucht noch Regen trägt er her. Die Not, murrt man, bleibt ohne Acht, Dein Gebet hat gar nichts gebracht. Doch sind die Worte, die ich nehm', Grund genug, sich wegzudreh'n? …schon wieder windgetrag'ner Sand, Der sein Gift sprüht auf mein Land. Heut' teil' ich eine Träne mehr, Bete, fällt es mir auch schwer. Doch der Wind will nicht aufhör'n, Sucht unsre Mühen zu zerstör'n. Sind das Götter, die zu ander'n, Wenn sie schreien, sofort wandern? Wir fleh'n auch, hör'n keinen Ton, Bloß der Geier scharfen Hohn. Ich könnte fern von Wüstenstürmen Residier'n in schwarzen Türmen… Flieh'n an Plätze, welche grün An Ufern reger Flüsse blüh'n… Dann spür' ich windgetrag'nen Sand Den Schrecken jagen durch mein Land. Ich weine zwar, doch bete nicht Und wünsch' die drei vor mein Gericht. Mein Ruf ist laut, Sie bleiben hart, Kein Wort schallt vom Himmelsstaat. Ich weiß nicht, wie man hier gewinnt, Bloß dass mein Aufruhr erst beginnt. Sei's Ihnen fern, sei's Ihn'n egal: Bald pocht der Krieg an Ihr Portal. Ich tüftle klug und intrigier', Mein Volk zu rächen liegt an mir! Nur einmal noch sprech' ich empor, Kommt, führt Eure Huld mir vor… Doch nichts als windgetrag'ner Sand Herrscht in dem verdammten Land. Ich weine, während Götter strahl'n… Gut, dafür lass' ich Sie bezahl'n. Doch falls der Wind, so er vergeht, Pflügten wir dann Feld und Beet? Statt dass die Brise uns entweicht, Die frisch durch tote Äste streicht? Das könnte sein, man wird es seh'n, Wenn wir im Frühjahr erst Samen säen. Verändert ist's, mein Konterfei, Ein schweres Herz fragt, wer ich sei. Ich bin der Fürst vom düster'n Tal, Mit Feuerhaar in schwarzem Stahl. Ich lach' und fluch' dem Wind und Sand, Der mich stach, wo ich einst stand. Am heut'gen Tag, das kann ich schwör'n, Wird jeder unsre Schreie hör'n. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)