Pinselstriche der Macht von Kylie ================================================================================ Kapitel 4: Meisterwerk ---------------------- „Warum sollte Johannes die Krone und das ganze Königreich verraten, nachdem er so lange gedient hat?“, fragte Laariel nicht das erste Mal. Seit drei Wochen hielten sie sich versteckt. Dank Geralds Kontakten waren sie bisher nicht gefunden wurden, obwohl er seinen Freunden nicht gesagt hatte, mit wem er sich versteckt hielt. Die dachten wohl eher, dass es eine Frau war, mit der er eine heimliche Affäre hatte. Es wäre nicht das erste Mal... Es zehrte an ihrer beiden Nerven und sie suchten nach Antworten. Das stellte sich bloß als sehr schwierig heraus, wenn man sich versteckt halten und man ansonsten vermummt rumlaufen musste. Überall in der Stadt hangen detaillierte Steckbriefe mit sehr hohen Belohnungen. Den König wollte man natürlich lebend und stellte ihn als Geisel dar, während bei Gerald die Aufschrift „Tod oder lebendig“ fett geschrieben war. Die Meisten würden ihn umbringen, weil es leichter war als einen Mann oder eine Frau gegen ihren Willen zu den gütigen Zahlern zu schleppen. „Ich weiß es nicht, Euer Majestät.“, knurrte der Feurer genervt und das auch nicht zum ersten Mal, „Vielleicht reicht es ihm einfach nicht, nur zu dienen. Eventuell will er einfach nur mehr Macht und größere Verantwortung.“ „Er hätte doch nur fragen müssen!“ „Wahrscheinlich gibt es für Johannes irgendein Ereignis, das für ihn als Begründung für alles dient.“, erklärte er nun ruhiger, „Irgendwas, was ihn traumatisiert hat und was er glaubt so ändern zu können.“ „Zum Beispiel?“ „Der Tod von Jemandem... Der Verlust von etwas, was eine emotionale Bedeutung für ihn hatte. Das kann viele Gründe haben.“ „Oder er mag mich einfach nicht und hält mich für einen schlechten König.“, murmelte Laariel etwas abwesend. „Oder das.“ Der König keuchte entsetzt auf und starrte zu dem Feurer, der vollkommen gelassen blieb: „Hey!“ „Eure Theorie, nicht meine. Ich habe Euch nur darin bestärkt, solchen Gedankenspielen nachzugehen.“ Er ist noch so jung..., dachte Gerald verstört, Noch sehr leicht aus dem Konzept zu bringen. Doch erstaunlicherweise überhaupt nicht leicht zu beeinflussen. Er macht sich seine Gedanken und führt diese so lange fort bis er zu einem Ergebnis kommt, dass ihm logisch erscheint. Egal, was Andere sagen oder denken... Das ist beeindruckend. Noch beeindruckender waren die Forschungen von Cynthra und diesem Wilson und wie sie es geschafft hatte, ihre beiden Theorien zu einer verschmelzen zu lassen. Er hatte genug Zeit gehabt, um sich den Notizen zuzuwenden, statt sich mit dem Sinn des Lebens rumzuplagen. Die Theorien waren so interessant, dass er sich nun sicher war, dass er Cynthra endlich treffen musste! Wenn es stimmte, was da stand, dann würde das Leben aller Lichtheimer für immer verändert werden und die Grundfesten aller würden erschüttert werden. Um sie zu finden, hatte er sich mit dem Untergrund in Verbindung setzen müssen. Das war anfangs sehr holprig gewesen, denn sie hatten die Schöpferin schützen wollen. Das machten sie bei jedem, der sich ihr Vertrauen verdient und ein Mitglied ihrer Organisation war. Das war auch nicht das beunruhigende an der ganzen Geschichte, sondern dass sie irgendwann doch nachgegeben hatten. Entweder hatte sie ihre Gunst verloren oder es war eine Falle... „Ich werde mich nun um eine persönliche Angelegenheit kümmern.“, sagte der Feurer und blickte zum König, „Ihr bleibt hier und verhaltet Euch ruhig. Wenn irgendwas verdächtig scheint, kennt Ihr den Fluchtweg und das nächste Versteck.“ „Und was ist mit Euch?“ „Glaubt mir, dass ich nicht dumm bin und merken werde, wenn Ihr ausgeflogen seid.“ Laariel nickte besorgt: „In Ordnung.“ Er hat Angst, dass ich ihn verraten könnte..., dachte er zähneknirschend, Nach allem, was wir durchgemacht haben! Er ist wirklich klug. Denn wenn eines wichtig war, dann dass man Niemandem blind vertraute. Auch dann nicht, wenn er einem bisher immer geholfen und ihn beschützt hatte. Jüngste Ereignisse zeigten das immerhin auch. Kam es also zu einem Vorfall und Laariel glaubte, er müsse fliehen, dann würde er das tun und sich ein eigenes Versteck organisieren, das nichts mit ihrem zu tun hatte. Doch Gerald würde sein Versprechen wahr machen und ihn finden. Ganz egal, wo er sich auch immer aufhielt. Doch dafür musste er natürlich lebend aus dieser Sache herauskommen und der König musste derweil auch am Leben bleiben. Zwei Punkte, die immer schwieriger zu vereinbaren waren...   „Er kommt...“, murmelte Asran und blickte aus dem glaslosen Fenster, „Bist du sicher, dass du das tun willst?“ „Das Versteckspiel ist vorbei.“, antwortete Cynthra und wusch von ihren Fingern die restlichen Farben, die sehr hartnäckig waren, „Dieser Feurer hat die Spur verfolgt, sonst wäre es nicht so lange ruhig geblieben. Doch entweder glaubt er nicht, was er gefunden hat oder er kann es nicht glauben und hält es für eine Hinhaltetaktik.“ „Das war es ja auch.“ „Vor allem war es die Wahrheit, Asran.“ Die Wahrheit, die du dich weigerst auszusprechen., dachte der Gildenmeister verbittert. „Wie du schon sagtest: Er ist ein Feurer.“, ergänzte er dann, „Er lässt sich weder täuschen noch kennt er Gnade, wenn es um Schöpfer geht.“ „Ich weiß.“ Mehr musste der Dieb und ehemalige Schöpfer nicht hören, weshalb er sich vom Fensterrahmen löste und einen letzten Blick zu Cynthra warf, ehe er ging. Er glaubt nicht an mich..., dachte die Frau und sah ihm nach, Verübeln kann ich es ihm ja nicht.   Es war für Gerald keine Überraschung, dass er die Schöpferin in einem der alten Armenviertel suchen musste, die irgendwann hastig verlassen wurden waren. Er war zu jung, um sich daran zu erinnern. Sein Vater hatte ihm damals gesagt, dass die Götter diesen Menschen für irgendein Verbrechen böse waren und das Land deshalb verflucht wurde. Hier wuchs nichts mehr und die Häuser zerfielen unerwartet früh, obwohl die gleiche Witterung herrschte, wie in den anderen Gebieten und Vierteln dieser Stadt. Bisher hatte der Feurer das für abergläubischen Unsinn gehalten, doch nun, wo er selbst den Grad der Zerstörung sah - die kein Mensch zu verantworten hatte - haderte er langsam mit sich selbst, ob da nicht doch eine höhere Macht hinter steckte. Zu recht waren die betroffenen Familien jedenfalls dankbar für die Hilfe des damaligen Königs - Laariels Vater. Er hatte ihnen neue Unterkünfte gestellt, die anfangs eigentlich nur Zelte gewesen waren, aber derweil hatte er neue Häuser bauen und ein neues Viertel errichten lassen. Die anderen Armenviertel ließ er sanieren. Er hörte sich die Belange der Armen an und kam diesen nach als sei das, was passiert war, keine Strafe für die Bewohner gewesen, sondern für ihn. Doch irgendwann hatte das nachgelassen... Der König hörte immer mehr auf seinen Rat und irgendwann hatte er diesen alles entscheiden lassen. Etwa ein Jahr lang hatten diese alten Männer und Frauen die vollkommene Kontrolle über das Reich gehabt und alles entschieden, während der König sich verkrochen hatte. Das Volk war aber genau deshalb unzufrieden geworden. Obwohl er sich zurückgezogen hatte, liebten sie ihren König und wollte seine Entscheidungen und nicht die eines Rates. Anfangs hatte der Rat noch versucht, Angst zu verbreiten, indem sie jene bestraften, die sich kritisch zu der neuen politischen Lage äußerten. Es hatte an sich auch funktioniert, aber nicht so, wie sie es sich erhofft hatten. Den König liebte das Volk, aber den Rat hatten sie gefürchtet! Sie folgten ihren Instruktionen, aber nicht, weil sie daran glaubten oder sie dem Rat vertrauten, sondern aus Furcht vor den Konsequenzen. Genau das hatte noch größeren Unmut hervorgerufen. Damals hatte Gerald auch darüber nachgedacht zu rebellieren... Daran erinnerte er sich als wäre es gestern gewesen und noch mehr, wie sein Vater durchgedreht war. Ein paar Tage später hatte sein Vater dann einen Herzinfarkt bekommen und ihn auf dem Totenbett angefleht, die Krone niemals zu verraten. Er war an gebrochenen Herzen gestorben und Gerald war der Grund gewesen. Aber das Leben wäre ja eintönig, wenn es nicht neue Überraschungen für einen gut hätte. Bald wurde eine Nachricht verbreitet. Sie war erschütternd und hatte viele Tränen hervorgerufen. „Der König wurde ermordet!“ Zwar war das Volk schon immer unzufrieden mit der Politik gewesen und sie hatten sich mehr Gerechtigkeit gewünscht und alle mehr Wohlstand, doch gleichzeitig hatten sie nie geglaubt, dass der König etwas dafür konnte. Er hatte es eine lange Zeit lang ändern wollen... Vierzehn Tage und vierzehn Nächte hatte das Volk geweint und getrauert um ihren gutherzigen König, der irgendwann den Weg verloren hatte. Auch Gerald damals... Einige der Trauernden waren auch hier in diesem Armenviertel gewesen, um an den Lagerfeuern zu berichten, wie schlimm es aussah und dass der König sie alle gerettet hatte. Der Feurer hatte all diesen Geschichten zugehört und sein Herz war ihm schrecklich schwer geworden. Er fragte sich, was aus ihren Reich denn werden sollte, jetzt da der König ihrer Herzen gegangen war und ihnen nur dieser eiskalte Rat blieb. Am vierzehnten Tag wurde dann eine Versammlung zusammengerufen. Das ganze Volk wurde um ihre Anwesenheit gebeten über Plakate, Rufer und Waisenkinder, die die Nachricht verbreiteten. Alle waren sich sicher gewesen, dass der Rat nun verkünden würde, dass sie die Führung übernahmen, weil sie als einzige qualifiziert waren. Deshalb hatten sie alle sehr geknickt zu Boden geschaut als sie sich auf dem Platz versammelten - auch Gerald. Er hatte sich an die Geschichten von dem Lagerfeuer erinnerte und an dieses Viertel, in dem sich nun Cynthra verbarg, die Antworten für ihn hatte. Er hatte sich erinnert, wie der damalige König den Armen versucht hatte zu helfen bis er dann einfach nicht mehr konnte oder wollte... Dann betrat Laariel das Podest. Zu der Zeit hatte er noch kürzere Haare gehabt und war ein bisschen weniger eindrucksvoll, aber majestätisch gewesen. Die edlen Gewänder hatten ihm gut gestanden und die Art und Weise, wie er sein Volk mit Liebe, Verständnis, aber auch der Strenge eines Vaters angesehen hatte, hatte sich in die Herzen vieler Leute eingebrannt. Auch in seines... Er hatte die Augen, die Haare und die Haut seines Vaters gehabt, aber irgendwie wirkte er besser, stärker als dieser. Anmutiger und aufrechter. Als wusste er, was er zu tun hatte noch bevor er es tun konnte. Man stellte ihn als den einzigen Sohn und Erben des damaligen Königs vor und dann wurde er unter Jubel und Freudentränen gekrönt. Plötzlich hatte das Reich wieder eine Existenzbegründung. Es wurden vierzehn Tage und vierzehn Nächte gefeiert und der Name des neuen Königs geschrieen. Die gleiche Anzahl der Tage diente dazu, um die alte Trauer wieder abschwellen zu lassen und den Tod dennoch zu ehren, damit der Sohn den Platz einnehmen konnte. Laariel hatte genauso wie sein Vater erstmal alles selbst gemacht und sich um das gemeine Volk gekümmert, doch irgendwann hatte er sich dann auch zurückgezogen und der Rat hatte wieder eine gewisse Kontrolle übernommen. Dennoch liebte das Volk ihn, denn er zog sich nicht komplett zurück, sondern setzte lediglich Prioritäten. Irgendwann erkennt ein Idealist in seiner Position, dass man nicht alles ändern konnte und schon gar nicht auf einen Schlag. Nun, wo Gerald den König besser kennen gelernt hatte als er es je für möglich gehalten hätte, glaubte er sogar, dass Laariel seinen Rat so manipuliert hatte, dass sie stets getan hatten, was er wollte ohne es zu merken. Sie glaubten ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und die Krone dabei zu unterwandern, aber in Wirklichkeit dienten sie als Marionetten. Denn seit der neuen Herrschaft ging es nicht nur Lichtstein, sondern ganz Lichtheim wesentlich besser. Das bedeutete, dass sich etwas geändert hatte in der Struktur und die einzige Komponente, die sich seit der Herrschaft des Rates geändert hatte, war der König. Und genau deshalb muss ich es nun wissen., dachte Gerald ernst und verzog das Gesicht, Genau deshalb muss ich mich nun Cynthra stellen und herausfinden, ob ich richtig liege.   Als der Feurer das Gebäude betrat, sah er sie sofort. Es gab keine Verwechslungsmöglichkeiten... Ihr braunes Haar war wild und teilweise etwas verklebt und ihre gebräunte Haut schmutzig und rissig. Sie war trotzdem eine sehr schöne, junge Frau. Die zerrissene Kleidung sprach für das harte Leben auf der Straße. Auch wenn Gerald selbst kein leichtes Leben gehabt hatte, konnte er sich nicht vorstellen, wie es war, heimatlos auf den Straßen Lichtsteins zu verrotten. Ein Zuhause hatte er immer gehabt... Doch vermutlich sähe er Dank seiner Ausbildung nun besser aus als sie es tat. „Ich will nur reden.“, sagte er beruhigend und hob seine Hände, damit sie sah, dass er keine Waffen in den Händen hielt. Cynthra wirkte nicht begeistert als sie einen schlecht hergestellten Bogen zog und einen Pfeil darauf spannte: „Ich aber nicht.“ „Das kann nicht Euer ernst sein!“, empörte sich der Dunkelhaarige, „Ich will Euch wirklich nichts tun, Lady Cynthra! Feuer und Asche! Ich will nur reden!“ Entweder glaubte sie ihm nicht oder das Leben auf der Straße war einfach zu lange und zu hart gewesen. Was es auch immer war, es sorgte dafür, dass sie zu keinen Verhandlungen bereit war. Sie schoss und Gerald musste zur Seite springen, doch er spürte dennoch, wie knapp der Pfeil an ihm vorbeirauschte. Als er sich abrollte, zog er seine beiden Sicheln und schlug den nächsten Pfeil beiseite. Der Feurer musste sich eingestehen, dass sie wirklich sehr gut schießen konnte und gleichzeitig fragte er sich, wo und wann sie das gelernt hatte. Schöpfer waren sonst der Kriegskunst abgeneigt und die Krone gestattete es ihnen eh nicht, den Waffenumgang zu lernen. Ihre Magie war schon machtvoll und gefährlich genug ohne dass man ihnen noch mehr Möglichkeiten in die Hände gab. Also hatte sie es entweder heimlich gelernt oder auf der Straße. Doch eigentlich war Gerald das egal, denn sie spannte schon den nächsten Pfeil auf: „Ich will wirklich nur reden!“ Das blieb offenbar egal. Die Schöpferin zielte nicht großartig, sondern schoss und das erschreckend zielgenau. Wäre er nicht zur Seite gehechtet, dann wäre es dieses Mal ein Treffer gewesen. Sie ist vollkommen versteift und unansprechbar., dachte er knurrend, Offenbar habe ich keine Wahl. Sie lässt mir ja keine Optionen! Ärgerlich, da er wirklich vorgehabt hatte mit ihr zu sprechen. Der Feurer lief los und stürmte auf sie zu. Cynthra kreischte auf und warf den Bogen beiseite, um stattdessen zwei Dolche zu zücken. Nun war er sich sicher, dass sie das auf der Straße gelernt hatte. Im letzten Moment hob sie die Klingen und blockierte seine Sichel. Als er mit der anderen zuschlagen wollte riss sie einen Dolch beiseite und schlug die Waffe weg. Gerald schnaubte auf und ließ seine Klinge fallen, um stattdessen nach dem Handgelenk der Schöpferin zu greifen. Er riss sie herum, aber sie ließ die Dolche nicht fallen als seien ihre Hände daran festgeklebt. In ihren Augen brannte Leidenschaft. Er musste zugeben, dass sie einen wirklich starken Überlebenswillen hatte, also musste der Feurer sie schließlich doch wegstoßen. Die Langhaarige stolperte und fiel rücklings zu Boden. Endlich verlor sie ihre Waffen! Gerald machte einen Hechtsprung voran und wollte seine Sichel niedersausen lassen, aber Cynthra bekam rechtzeitig ihren Dolch gegriffen und lenkte die Attacke gerade so noch ab. Dadurch vertiefte er sich in dem alten Holzboden. Er ruckte, bekam die Waffe aber nicht heraus. Das ist doch absolut lächerlich!, fluchte er gedanklich. Dann spürte er einen stechenden, brennenden Schmerz in seiner Seite und musste einfach aufkeuchen. Als er den Ursprung suchte, sah er, dass die Schöpferin ihren Dolch dort reingerammt hatte und mit aller Kraft versuchte, die Klinge noch tiefer zu bohren. Gerald packte ihre Hand, drehte das Gelenk um, sodass sie loslassen musste und sprang dann von ihr. Instinktiv griff er zu der Verletzung und schnitt sich dabei in den Zwischenraum von Daumen und Zeigefinger. Das erinnerte ihn daran, dass sie noch im Kampf waren und diese Frau bereit war alles zu tun, um als Siegerin hervorzugehen. Cynthra bewaffnete sich also wieder mit dem einen Dolch als sie auf die Füße kam, während er den aus seinen Körper riss und mit seiner blutigen Hand den Griff willensstark umfasste. Cynthra holte ein paar Mal Luft, dann preschte sie voran mit einem Schrei auf den Lippen. Der Kampf laugte an ihr, wie an ihm, doch er war ein ausgebildeter Krieger, der mit dieser Belastung großgezogen wurde. Deshalb wusste er, dass er nur abwarten brauchte. Sie schlug nicht mehr sehr zielsicher zu, dafür wich er umso bewusster aus und ließ sie ihre Kraft sinnlos verschleudern. Als Gerald eine günstige Lücke entdeckte, schlug er zu. Erst gegen ihre Klinge und das so heftig, dass sie sogar in ihrer Hand vibrierte. Die Schöpferin schrie auf und musste die Waffe fallen lassen. Nichts, was ihren Kampfesgeist schwächte, denn sie wollte sich auf ihn stürzen. Mit Bedauern duckte sich der Feurer und schlug dann erst zu, damit er ihre Kehle der Länge nach aufschlitzen konnte. Das Blut spritzte und erwischte den Feurer. Nicht das erste Mal und sicherlich nicht das letzte Mal. Das war zu einfach..., dachte er als er sich über die Leiche beugte, die einfach zur Seite gekippt war, Das war viel zu einfach. Sie hat sich so lange gewunden! Ein Jahr der Jagd... Und Niemand war hier, um ihr zu helfen. Mit ehrlichem Bedauern untersuchte er den leblosen Körper, der irgendwann aufhörte zu bluten. Ihr Herz schlug nicht mehr und alles, was Gerald in den letzten Monaten durchgemacht und was er erfahren hatte, erschien ihm plötzlich so sinnlos und albern. Er schloss die Augen dieser schönen Frau und dann erhob er sich mit festen Blick. Seine Schritte waren sicher als er die brüchige Treppe hinaufhechtete, die unter ihm bedrohlich knarrte und sicherlich nicht mehr lange halten würde, ehe sie einstürzte. Nichts, was ihn interessierte. Unten hatte er keine Malsachen ausmachen können und auch sonst wirkte der Raum eher so als habe er ursprünglich nur als Durchgang gedient. Entschieden riss der Feurer die baufällige Tür auf und da sah er sie...   Cynthra hatte sich das erste Mal seit einer gefühlten Ewigkeit richtig gewaschen. Dabei hatte sie versucht, keine Körperstelle auszulassen und die Haare so gut, wie möglich von den Kletten zu befreien. Als sie das alles hinter sich gebracht hatte, nahm die Schöpferin ein Messer und schnitt die lange Mähne ab und kürzte sich ebenso den Pony. Kein besonders sauberer Schnitt, doch das spielte vorerst keine Rolle. Als sie sicher war, dass sie auch von den Haaren befreit war, schlüpfte sie in eine edle Robe, die recht schlicht gehalten war, aber von einem gewissen Wohlstand sprach. Es gab ein paar Bänder, die an den Ärmeln für Verzierung sorgten und einen Schmuckgürtel, der unterhalb ihres Busens für eine ansehnliche Form sorgte. Die eleganten Schuhe dazu waren unbequem, aber das war nicht ungewöhnlich in der gehobenen Gesellschaft. All diese Dinge hatte Asran ihr besorgt. Duftwasser, Kleidung und mittelständische Schmuckstücke. Sogar ein bisschen Schminke! Das reichte aus, damit sie wie ein völlig anderer Mensch aussah. Aber offenbar nicht genug..., dachte sie verbittert als sie sich zur Tür drehte und Gerald darin sah. Dies war ihre erste, richtige Begegnung. Ein paar Mal hatte die Schöpferin ihn aus der Ferne beobachtet, doch vom nahen musste sie zugeben, dass er ein gutaussehender, junger Mann war. Wahrscheinlich hätte er mehr aus sich machen können, wenn man ihn gelassen hätte, denn seine Augen waren klug und listig. Eine tiefe Wunde klaffte an seiner Seite und sorgte dafür, dass das Blut sich in Leder und Lein sog. Teilweise tropfte es auch auf den alten, morschen Holzboden. Dennoch blieb er aufrecht und er schien nicht mal wirklich blass zu werden. Sein Blick huschte von ihr auf das Gemälde, das quer hinter ihr Stand. Ihr Meisterwerk! Ein Selbstbildnis, das so detailliert und aufwändig war, dass es beinahe lachhaft war, nun eine so veränderte Frau daneben zu sehen. Sie war dieses Straßenkind nicht mehr, das man auf diesem Gemälde sah, aber vielleicht hatte sie sich geirrt. Dieser Feurer war nicht so dumm, wie sie gedacht und gehofft hatte. Obwohl das an sich auch nicht stimmte. Eigentlich hatte sie gehofft, dass er so klug war, damit er der Spur folgte. „Also ist es wahr...“, murmelte Gerald. „Ja, ist es.“ „Du hast eine Schöpfung erschaffen, die nicht mal ein Feurer als solche erkennen kann...“ „Ja.“, antwortete Cynthra als sei es nichts Besonderes. „Das heißt, dass er... Er ist...“ „Ja, ist er.“ „Aber ich habe ihn angefasst!“, empörte sich der Dunkelhaarige, „Ich habe auch deine Schöpfung eben berührt! Sie haben nicht gebrannt... Sie haben nicht gebrannt!“ Dass er bei dieser Erkenntnis etwas hysterisch wurde, das wunderte die Schöpferin nicht. Gerade wurde seine ganze Welt auf den Kopf gestellt und alles, woran er jemals geglaubt hatte, stellte sich als eine Lüge heraus. Alles, was man ihm erzählt hatte, war nun bedeutungslos, denn sie hatte das Unmögliche einfach möglich gemacht. Damit wurden alle geltenden Gesetze außer Kraft gesetzt. „Wenn ein Gemälde so detailliert und lebensecht ist, dann wird die Schöpfung daraus auch leben.“, begann Cynthra mit ruhiger Stimme, „Es bedarf dafür vieler teurer Zutaten und... Blut. Natürlich muss man auch entsprechend viel magisches Potenzial haben, sonst hätte das ja schon jeder Schöpfer hinbekommen. Doch wenn alles stimmt, dann erschafft man eine Schöpfung, die keine Schöpfung mehr ist. Diese Schöpfungen bluten, fühlen, entwickeln sich... Sie wachsen. Man muss ihnen nichts mehr beibringen, denn sie sind bereits Menschen und unterscheiden sich nicht im Geringsten von den anderen.“ „Aber... Ich habe das Gemälde verbrannt! Es geschah nichts!“ „Ein Mensch braucht kein Gemälde, um zu sein.“ Der Feurer musste mehrmals durchatmen, damit er nicht noch einfach umkippte. Er hechelte und sah wirklich nicht gesund aus, aber er schien allmählich zu verstehen, wenn auch jede Faser in seinem Körper sich genau gegen das sträubte. Gerald wollte es nicht verstehen! Doch es ging manchmal nicht darum, was wir wollen... „Er wurde nie geboren...“, murmelte er und ließ sich langsam auf den Boden plumpsen, „Das ist nicht natürlich.“ „Warum?“ „Weil Menschen geboren werden! Sie wachsen als Babys auf zu Erwachsenen!“ „Wo steht das geschrieben?“ Gerald schnappte nach Luft und er wollte ihr wirklich gerne eine gepfefferte Antwort auf diese Frage geben, aber ihm fiel keine ein. Dafür war er viel zu verwirrt. Cynthra wirkte dagegen vollkommen gelassen als sie fortfuhr: „Kennt Ihr die Entstehungsgeschichten, die strenge Gläubiger von Valira verfolgen?“ „Nein...“ „Laut dieser entstanden die ersten Menschen Gemälden. Ein Schöpfer war alleine auf der Welt und fühlte sich einsam, deshalb forschte er... Er suchte eine Methode, Gleichgesinnte zu schaffen.“, erklärte die Dunkelhaarige und betrachtete ihr Selbstportrait, „Er malte und probierte herum. Jede Schöpfung hielt nur für ein paar Stunden oder wenige Jahre. Aus seinem eigenen Blut schuf er dann endlich selbstständige und langlebige Schöpfungen, die waren, wie er.“ „Das könnt Ihr doch nicht glauben!“ „Bis vor einigen Jahren habe ich nicht daran geglaubt... Dann erschuf ich das erste Wesen, das kein Gemälde mehr brauchte. Aus meinem eigenen Blut.“ Da musste er dann doch schwer schlucken. Das bedeutete, dass dieser Mythos beim Wort genommen werden musste, damit eine Schöpfung wie ein echter Mensch wurde. Ihr eigenes Blut... Der Feurer hob seinen Blick nochmals ganz genau auf das Bild und nun meinte er es erkennen zu können. Nicht nur Plättchen und Staub von Metallen, sondern auch Spuren von Blut und vielleicht auch anderen organischen Beilagen. Etwas gedankenverloren strich er über die raue Oberfläche, die nur an manchen Stellen glatt war, doch überall anschmiegsam. Dieses Gemälde würde sie vielleicht alle überleben und er hatte das, was daraus geschaffen wurden war, eben erst getötet. Eine perfekte Kopie dieser Frau! „Die Formel ist sehr wichtig...“, erklärte die Schöpferin, „Es muss alles genau stimmen, sonst stirbt die Schöpfung genauso, wie alle anderen es auch tun. Etwas zu viel oder zu wenig einer Zutat in nur einer Farbe ruiniert das ganze Endprodukt. Zu wenig der Magie des Schöpfens und es läuft auf das Gleiche hinaus... Nur sehr mächtige Schöpfer können tun, was ich vollbrachte und die müssen dazu konzentriert und motiviert sein.“ „Weiß er es...?“, fragte Gerald bleiern. „Wer weiß was?“ Unwohlsein ergriff seinen Magen als er sich von dem Bildnis löste und zu der Kurzhaarigen sah: „Weiß Laariel, dass er eine Schöpfung war, ist und immer sein wird? Dass sein Vater nie sein Vater war?“ „Nein.“ „Weiß es überhaupt irgendwer?“ „Ja.“ „Wer weiß es?“ Cynthra räusperte sich etwas und raffte dann ihre Schultern etwas straffer: „Johannes weiß es. Er hat mich damals erwischt als ich an dem neuen König gearbeitet hatte und er verstand sehr schnell, worum es ging.“ Das überrascht mich nicht. Deshalb will er uns auch loswerden... Eine Schöpfung auf dem Thron ist für ihn nicht vorstellbar., überlegte Gerald ernst, Und damit Niemand erfährt, dass das möglich ist, muss auch Cynthra sterben, die das als einzige umsetzen kann. Es wurde still in dem Raum. Alle Fragen waren auf einen Schlag beantwortet wurden und das auf Kosten von Jemanden, der solch ein guter Mensch und König war. Vielleicht der beste, der jemals gelebt hatte! Es wäre sogar möglich, dass er sich noch mehr steigerte, wenn man ihm nur die Chance dazu ließe. Doch das änderte nicht, dass alles eine große Lüge war und nichts so war, wie es schien. „Er wollte, dass ich es beende.“ „Was?“, fragte der Feurer erstaunt und blickte zu ihr auf, „Er wollte, dass du Laariel erschaffst?“ „Ja.“ „Aber... Wieso?“ „Das Königreich hatte sich gespalten, nachdem der König verstorben und der Rat die Macht an sich gerissen hatte. Es gab nur noch Unmut und Unzufriedenheit und alles zerfiel so rasend schnell, dass man darin zu ertrinken drohte...“, berichtete Cynthra, „Als ich beschloss, einen vermeidlichen Sohn zu schaffen, stand ich noch alleine da. Ich wollte das Reich so retten. Das hatte Johannes durchaus verstanden... Er besorgte mir etwas von dem Blut des früheren Königs und auch alle anderen Zutaten, die notwendig waren. Wir beratschlagten uns, wie die Vergangenheit und der Charakter von Laariel sein sollte. Nach und nach formte sich ein König, der seines Volkes würdig war...“ Auch wenn sie es gewollt hätte, konnte sie nicht anders als herzlich zu lächeln. Es wirkte warm und berührt, wie das Lächeln einer jungen Mutter, die über ihr Baby sprach. Das war Laariel wohl auch für sie... Dann fuhr die Dunkelhaarige fort: „Wir schmiedeten einen Plan: Ich schuf den neuen König und er würde ihn bei allem unterstützen, ihn beschützen und das Geheimnis versuchen zu bewahren. Dafür musste ich die vermeidliche Attentäterin sein, fliehen und selber sehen, wie ich klar komme. Er würde die Schuld auf mich lenken und damit auch die Aufmerksamkeit aller, damit Niemandem auffiel, was los war. Dabei erfand Johannes auch Geschichten, wie er bei Laariels Erziehung geholfen habe und gab ihm nach und nach ein Leben. So war ich zwar der Sündenbock, doch es gab genug Zeit, um den neuen König einzubinden.“ „Wieso versucht er uns dann umzubringen?!“ „Ich bezweifle, dass euch Johannes an den Fersen hängt. Eher hat er euch sogar versucht zu beschützen und zu warnen, aber ihr wart Beide vom Offensichtlichen verblendet.“ „Das Offensichtliche?“ „Dass er ein Geheimnis hat...“, antwortete Cynthra. Sie hatte recht! Er hatte gespürt, dass da irgendwas war und dass er ihn von irgendwas ablenken wollte. Johannes hatte gewusst, was Gerald in den Aufzeichnungen finden könnte und er hatte ihn davon abbringen wollen, damit er nicht alles zerstörte. Der Argwohn hatte nicht ihm gegolten und auch nicht Laariel, sondern der Behütung dieses Geheimnisses. Deshalb war er auch so entsetzt gewesen, weil das Gemälde von Laariel verbrannt wurden war... Er war sich sicher gewesen, dass der geschaffene König dennoch mit diesem untergehen würde, doch das war nicht geschehen. Deshalb hat er Laariel nicht das Bild weggenommen..., überlegte der Feurer, Er wusste, dass es bei ihm am sichersten sein würde. Wer wäre dumm genug, dem König ein Gemälde zu stehlen? Am Ende war die Sorge um das Gemälde zwecklos gewesen, denn ein Mensch brauchte keines, um zu sein. Offenbar musste er nicht mal geboren werden... Laariel war ein Mensch, wie er einer war und er entwickelte sich genauso weiter. Sein Haar wuchs, er wurde mit den Jahren reifer und erwachsener. Irgendwann würde er alt sein... Vermutlich konnte der König sogar Kinder zeugen, wie alle anderen! So lange es ihm keiner sagte, würde er wohl niemals wissen als was er eins geboren wurden war und wozu. Wahrscheinlich war es so auch das Beste für alle. Doch das warf dennoch neue Fragen auf. Gerald blickte erneut zu der Schöpferin als wüsste sie alles: „Wer will uns dann ans Leder?“ „Es muss Jemand sein, der viel Einfluss und Macht hat.“, erwiderte die Kurzhaarige gefasst, „Wahrscheinlich ein Ratsmitglied. Sie haben vor Jahren immerhin Blut geleckt und sie sind alle machtbesessene Idioten, die alles geben würden, damit sie wieder herrschen dürfen. Auch wenn sie damit Lichtheim stürzen...“ „Kennt Ihr den Rat? Habt Ihr eine Vermutung?“ „Bis auf mit Johannes hatte ich mit Niemanden von ihnen wirklich zu tun. Ich kann Euch nicht sagen, wer die Streu in diesem Weizen ist.“ „Und es weiß wirklich Niemand, außer uns und Johannes, was Laariel ist?“ „Ein Mensch? Doch, das wissen alle.“, antwortete Cynthra sarkastisch und verzog das Gesicht, „Aber wie er geboren wurde, weiß sonst keiner. Darum wird es nicht gehen, denn die Ratsmitglieder sind zu dumm, um das zu begreifen und ebenfalls, um meine Aufzeichnungen zu studieren. Selbst wenn sie es täten, würden sie nicht begreifen, was ich vor Fortschritte gemacht habe!“ „Vermutlich nicht...“ Egal, wie man es drehte und wendete, sie hatten einfach den Falschen gejagt. Johannes hatte weder die Soldaten noch die Verfolger geschickt, sondern eher noch versucht, das Schlimmste zu verhindern. Die ganze Zeit hatten sie seinen Argwohn falsch gedeutet und nun würden sie die Rechnung dafür wohl bezahlen müssen... Wahrscheinlich war der König seinem Häscher sogar näher gewesen als er es je bedacht hatte! Immerhin schien er nicht wirklich an Johannes’ Verrat geglaubt zu haben, aber er musste nun in Betracht ziehen, dass es dennoch ein Ratsmitglied war, die fast jeden Tag mit ihm verbrachten. Einer von ihnen wünschte ihm den Tod und vermutlich hatte Cynthra recht und das hatte nichts mit dem zu tun, wie er eins geschaffen wurden war. Johannes hatte ihn von der Fährte abbringen wollen, um Laariel zu schützen, aber wer hatte ihn noch abbringen wollen? Wer hatte ihn besucht und ihn dabei als Gefahr empfunden? Irgendwer musste der festen Überzeugung gewesen sein, dass er dem König helfen würde, wenn er erfuhr, dass dieser bedroht wurde und hatte ihn deshalb vorher aus dem Weg haben wollen. Egal, wie angestrengt Gerald überlegte, er wusste nicht, wer das gewesen war. Jeder aus dem Rat hatte in besucht! Wenn nicht persönlich, dann hatten sie einen Boten geschickt, der ihn ausgefragt hatte. Sie waren interessiert daran gewesen, wie weit er wegen Cynthra war und wann er entschied, sie endlich zu beseitigen. Das war nicht ungewöhnlich. Vielleicht sollte ich nach dem Ungewöhnlichen forschen und nicht darüber nachdenken, wie normal sie sich verhielten..., dachte der Feurer, Wer hat Fragen gestellt, die ungewöhnlich sind? Eventuell versteckt und verborgen... Unterschwellig. Es fiel ihm wie Schuppen von den Augen! Innerlich verfluchte er sich für diesen Gedanken und er wollte sich einreden, dass das nicht möglich sei und es nur noch mehr Fragen aufwerfen würde. Er musste dieser Geschichte nachgehen! Er war der Krone loyal ergeben und ihm war dabei egal, ob die Krone vorher einem Gemälde entsprungen war oder ob sie aus einer Frau kam. Laariel war ein guter König, trotz seiner Macken. Wahrscheinlich machte genau das ihn dazu. Gerald mochte ihn aber nicht nur als seinen Herrscher, sondern auch als Menschen, deshalb würde er ihm bis zum Ende treu bleiben. Egal, was das bedeutete... „Was werdet Ihr nun tun?“, fragte er die junge Schöpferin, „Ich scheine Euren Plan ruiniert zu haben und habe Euer Geheimnis gelüftet.“ „Nicht ganz.“ „Wie meint Ihr das?“ „Ihr könnt die Leiche immer noch mitnehmen und diese abliefern.“, sagte Cynthra und lächelte, „Ich würde als tot gelten und könnte ein neues Leben fernab von Lichtheim führen. Das vermeidliche Attentat wäre weiterhin geschehen, Laariel immer noch der Sohn von König Lawren, der seinen Sohn so sehr geliebt hatte, dass er ihn verborgen vor aller Augen aufziehen ließ. Der sich nur für ihn etwas mehr zurückzog und dabei dann immer kranker und labiler wurde...“ „Wie... starb er wirklich...?“, fragte Gerald langsam, „Wie starb der König tatsächlich?“ „Er war sehr krank und irgendwann gewann die Krankheit und er starb. Nur der Rat und die engsten Angehörigen haben es gewusst.“ „Wieso habt Ihr es gewusst?“ Es war fast so als habe er das erste Mal etwas kluges gefragt seit sie sprachen. Zumindest deutete der Feurer das mysteriöse Lächeln der Dunkelhaarigen so. Sie war eine wirklich schöne Frau, wenn sie auch durch die dunkle Haut, die ebenfalls dunklen Haare und Augen auch sehr ungewöhnlich war für einen Lichtheimer. Eigentlich konnte sie auch gut eine Kha’zak sein! Feuer und Asche!, fluchte der Feurer gedanklich und starrte sie nochmals genauer an. Er hatte unrecht: Sie konnte zwar gut eine Kha’zak sein, wenn es um den Teint ging, doch diese weichen, abgerundeten Gesichtszüge, die Form ihrer Augen und der Schwung ihrer Lippen... Die Art und Weise, wie sich sanfte Fältchen bildeten, wenn sie lächelte und wie erhaben sie wirkte. Selbst jetzt noch, wo ihr Haar unsauber geschnitten war und sie zum Aufbruch bereit war. „Du bist... seine Tochter...?“, fragte er atemlos, „Du bist die Tochter von König Lawren?“ „Eine uneheliche, aber ja.“ „Weil du ein uneheliches Kind bist, stand dir der Thron ohnehin nicht zu, also bist du in den Dienst der Schöpfung getreten als du dieses Talent entdecktest und dadurch konntet ihr einander nah sein...“, murmelte Gerald, „Ohne dass die Gesellschaft es wusste, konntet ihr Vater und Tochter sein. Der Ehebruch kam nie heraus und du hattest alle Mittel, um zu erreichen, was du nun kannst.“ „So sieht es aus.“ „Du bist sozusagen Laariels Halbschwester...“ „Na ja, vielleicht nicht ganz, aber so etwas in der Art wohl schon.“ Der Feurer räusperte sich etwas und raffte sich, damit er endlich angemessen vor der Schöpferin stand. Auch wenn ihr Titel ihr nicht offiziell zustand, so war sie dennoch eine Prinzessin und Hochwohlgeboren. Er aber war ein kleiner Feurer, der ihrer nicht würdig war! Er mochte mit dem König recht ruppig umgesprungen sein, doch es war etwas anderes, wenn man mit einer Dame verkehrte. Auch wenn diese sofort lachte als sie die Veränderung seiner Haltung bemerkte. Spott, der ihn nicht verletzte. Vielleicht hätte man Cynthra den Thron sogar überlassen, wenn sie sich zu erkennen gegeben hätte. Nach der schlechten Herrschaft des Rates, wären die Leute froh gewesen, wenn es ein anderer versuchte. Unabhängig davon, ob er oder sie ein Bastard war oder ein offizielles Kind. Aber statt sich die Macht zu nehmen, hatte sie sich einen Halbbruder erschaffen, der an ihrer Stelle diesen Platz einnahm. Das ganze Erbe, die Macht und die Verantwortung war an Laariel übergegangen, während sie als Mörderin an ihrem eigenen Vater in die Verdammnis verbannt wurden war. Ein Schicksal, das ihm irgendwie nicht gerecht vorkam, auch wenn er verstand, wieso sie das auf sich genommen hatte. „Also hast du das Vermächtnis deiner Familie bewahrt.“ „Letztendlich habe ich das wohl.“, gestand Cynthra. „Wer war deine Mutter?“ „Du weißt vielleicht nicht, wer sie war, aber du kannst dir offenbar denken, was sie war.“ Gerald nickte: „Eine Kha’zak...“ „Ja, eine Kha’zak.“, stimmte die Schöpferin zu, „Eine schöne Kha’zak, die ungewöhnlich weiche Züge für eine eures Volkes hatte. Schön, klug und witzig... Er hatte sich mit einem Schlag verliebt. Ihre Affäre ging recht lange, doch als ich dieser dann entsprang, mussten sie eine Entscheidung treffen.“ „Sie entschieden sich gegen das, was sie wollten und für das, was das Beste war?“ „Genau.“ „Was wurde aus Eurer Mutter?“ „Sie starb einige Jahre, nachdem sich König Lawren abgewandt hatte und nach ihrem Tod wurde ich dann als Schöpferin ausgebildet.“, erklärte sie melancholisch, „Man erkannte schnell, dass ich ein unheimliches Talent besaß und besser war als alle anderen Schöpfer. Auch wenn man meine Herkunft mit Skepsis besah... Einen halben Kha’zak hatte es niemals als Schöpfer gegeben und dann war ich auch noch so begabt. Durch meine Begabung konnten sie mich nicht wegschicken... Und weil mein Vater sich dagegen aussprach.“ „Wussten irgendwer, wer Ihr seid?“, fragte Gerald. „Johannes hat es gewusst.“, erwiderte sie und musste lächeln, „Niemand hatte es ihm gesagt, doch irgendwie wusste er es einfach. Er bewahrte dieses Geheimnis für das Wohl aller und behandelte mich, wie ein Onkel es tun würde. Er half mir durch meine Ausbildung und sorgte dafür, dass ich meinen Vater möglichst oft sehen konnte. Natürlich heimlich und vor Neugierigen verborgen... Er besorgte mir Bücher und Notizen, damit ich meine Fähigkeiten auch trotz des Argwohns erweitern konnte. Irgendwann liebte ich ihn wirklich, wie einen Onkel.“ „Wusste es sonst noch Jemand?“ „Nein, Niemand.“ So war Cynthra zumindest weitgehend sicher. Zumindest hoffte der Feurer das... Die akute Gefahr stellte nun Laariel dar, aber wenn herauskam, dass König Lawren ein Bastardkind gezeugt hatte, das nach Laariel einen greifbaren Anspruch auf die Krone hätte, dann würde man sie bis an das Ende der Welt hetzen. Außer man konnte die Wurzel des Übels herausreißen und ein für alle Mal festlegen, dass es der Königsfamilie gebührte, zu herrschen und der Rat zur Unterstützung diente. Aber dafür musste er zurück in das Schloss... Und Laariel musste ihn begleiten. Ihnen würde Beiden nicht gefallen, was sie finden würden, das war Gerald klar, aber so war die Wahrheit einfach gestrickt: notwendig, doch meistens schwer zu verkraften. Was ihn anbelangte, würde er Laariel nicht über seine Herkunft aufklären und ihm auch nichts von der indirekten Verwandtschaft zu der Schöpferin erzählen. In solche Angelegenheiten mischte man sich nicht ein, außer man wollte Ärger riskieren und das wollte er gewiss nicht. Auch Johannes’ Rolle würde er nicht detaillieren, dafür aber beteuern, dass er mit der Sache nichts zu tun hatte und als Verdächtiger aus dem Raster fiel. Mehr musste der König nicht wissen. „Ich werde Eure Leiche mitnehmen und ich werde allen berichten, dass Ihr tot seid.“, schwor der Feurer ihr loyal, „Niemand wird nach Euch suchen und ich werde auch Niemandem berichten, was Ihr getan habt oder wer Ihr seid. Ihr habt mein Wort... Auch das Attentat lasse ich unaufgeklärt. Es wird bleiben, wie bisher... Nur, dass Ihr frei seid und ein neues Leben beginnen könnt. Vielleicht mit einer kleinen Farm, weit weg von Lichtstein und mit Kindern und einem Ehemann. Die Belange der Krone werden nicht mehr Eure sein. Es wird sein als wäret Ihr niemals an diesem Ort geboren wurden und hättet all das niemals ertragen müssen.“ „Für einen Feurer seid Ihr erstaunlich poetisch...“, sagte die Frau mit einem Lächeln, „Aber ich danke Euch dennoch. Ihr rettet mir nicht nur mein Leben, sondern ermöglicht mir ein neues ohne mein altes zu vernichten oder nutzlos zu machen.“ „Seid vorsichtig, egal, wohin es Euch am Ende treibt und was Ihr auch sein werdet. Diese Welt ist gefährlich, besonders für Frauen...“ „Ich werde auf mich Acht geben, versprochen.“ Es war alles gesagt und alle Fragen beantwortet, die von Bedeutung waren. Deshalb nahm sich Cynthra nun auch das Portrait von sich entgegen und entzündete es nach wenigen Augenblicken mit etwas Öl im Kamin. Es zischte und qualmte und dann war der Beweis zerstört, dass diese Leiche nur eine Kopie des Originals war. Es würde keine Bilder von dieser Frau mehr existieren und irgendwann wäre es so als habe sie niemals gelebt. Nur die Geschichtsbücher werden von dieser grausamen Attentäterin berichten, die ihren geliebten König umbrachte und dann floh. Vielleicht würde man auch von einem Feurer berichten, der sie dann ihrer gerechten Strafe zugeführt hatte... Aber am Ende würde man nur Cynthras Namen kennen und nicht seinen. Nichts, was Gerald jemals gestört hatte... Es waren meistens die Feurer gewesen, die Könige zum Fall brachten und man erwähnte sie niemals lobend dafür. Das war so selbstverständlich, wie das Atmen! Sie dienten dem Reich, wie es die Soldaten taten und die kämpften ebenso selbstverständlich, wie die Feurer. Man musste sie nicht großartig ehren, nur, weil sie ihren Job taten. Er wusste, was er getan hatte und welchem Verbrechen er sich schuldig machte, doch es war ihm egal. Es war das Richtige! Sollten die Geschichtsbücher es doch anders schreiben, denn die Wahrheit wurde eben von denen geschrieben, die die Macht hatten. Auch dann, wenn sie die Wahrheit nicht kannten und niemals kennen würden...   Laariel war sich irgendwann sicher gewesen, dass der Feurer nicht wiederkehren würde. Er hatte sogar alles schon so weit gepackt, damit er zu dem nächsten Versteck aufbrechen konnte und sich dabei eingeredet, dass alles gut werden würde. Als der König von draußen schwere Schritte hörte, da war er sich sicher gewesen, dass seine Häscher ihn gefunden und er zu lange gewartet hatte! Dann sprang die Tür auf... Sofort zog er seine Sense und wappnete sich für einen schrecklichen Angriff. Die Schritte von Gerald waren deshalb so schwer und laut gewesen, weil er den Leib einer dunkelhaarigen Frau mit sich trug. Ihren Verletzungen zu urteilen, war sie tot. Die eins so gebräunte Haut war nun blass. Ohne einen genauen Blick auf das Gesicht zu werfen, wusste er, wer sie war. Er hatte sie niemals kennen gelernt, aber irgendwie bedauerte der König dennoch, dass sie es nicht geschafft hatte. Es war ihm so als habe man ihm dadurch einen Teil entrissen... Natürlich war das lächerlich, aber es fühlte sich einfach so an! Das Gefühl verstärkte sich sogar als der Feurer sie ablegte und er ihr blasses, lebloses Gesicht sehen konnte, das immer noch erstaunlich schön war. Es wirkte ein bisschen so als würde sie gleich aus einem langen Schlaf erwachen und hier herumlaufen... Das arme Ding..., dachte Laariel bedauernd, Sie war noch so jung. Sie hatte ihr ganzes Leben noch vor sich... Und irgendwie glaube ich nicht, dass sie meinen Vater wirklich getötet hat. Der König hatte sogar von einigen Dienern erfahren, dass Cynthra recht viel Zeit mit diesem verbracht hatte. Einige hatten über eine Affäre zwischen ihnen getuschelt und behauptet, dass der Ehe des Königspaar deshalb niemals ein Kind entsprungen war. Seine Mutter war vor einigen Jahren gestorben - noch bevor er gekrönt wurden war - und hatte wohl niemals etwas gegen diese Gerüchte unternommen. Sie hatte es wohl für sicherer gehalten als wenn man erfuhr, dass er tatsächlich existierte. Wenn diese junge Schöpferin aber nie seine Affäre gewesen war, dann fragte sich Laariel, wie sie dann zu seinem Vater gestanden hatte. Wieso hatte er ihr so viel seiner kostbaren Zeit geopfert? Hatte ihn das am Ende sein Leben gekostet? Diese dunklen Gedanken schüttelte er rasch ab und nährte sich stattdessen dem Feurer. Dieser wies einige Verletzungen auf, die nicht alle ganz ungefährlich waren. Besonders dann, wenn sich eine davon entzünden sollte. Deshalb holte er sich ein paar saubere Verbände, die er auf dem Markt erstanden hatte und zog an dem Leder des überraschten Geralds. Dennoch ließ er es zu, damit der Hellhaarige die Wunden versorgen konnte. Sicherlich nicht so gut, wie es ein gelernter Medikus gekonnt hätte, aber Laariel hatte während seiner Kampfausbildung dennoch Wundversorgung gelernt. So konnte man auf dem Schlachtfeld, verbündete Verletzte versorgen und sich einen Sieg sichern. Zumindest hatte der Krieger Glück, dass keine Muskeln durchtrennt waren und die Wunden auch sonst nicht tief genug gingen, damit man um die Knochen besorgt sein müsste. So lange sich das Ganze nicht infizierte, würde es keine weiteren Komplikationen geben. Höchstens ein paar kleine Narben. Von denen hatte Gerald immerhin mehr als genug und viele davon sprachen von lebensbedrohlichen Verletzungen, die man nur notgedrungen versorgt hatte. Nicht alle waren wohl seinem Beruf, dafür aber seiner Ausbildung zu verdanken. Das vermutete der König jedenfalls, der von der harten Ausbildung des Kha’zak-Stammes gehört hatte. Dagegen waren alle Soldaten der königlichen Armee richtige Weicheier! Von ihm selbst ganz zu schweigen... Wieso man das seinen Kindern antat, verstand Laariel sowieso nicht. „Gab es keinen anderen Ausweg...?“, fragte der Hellhaarige, um das Eis endlich zu brechen. „Leider nicht...“, erwiderte Gerald erschöpft, „Sie wollte sich einfach nicht selbst stellen. Ließ gar nicht mit sich reden und wehrte sich auf schmerzhafte Art und Weise.“ „Konntest du ihr denn einige Informationen entlocken?“ „Nicht besonders viele...“, log er ohne zu fackeln, „Aber ich bin mir nun hundertprozentig sicher, dass Johannes nichts mit den Anschlägen zu tun hat und weder Euch noch mir den Tod wünscht.“ Der Herrscher wirkte richtig erleichtert als er das hörte und seine Schultern erschlafften entspannt, während er laut ausatmete. Das war offenbar die beste Botschaft der letzten Wochen! Aber immerhin hatte er auch viel Zeit mit dem Ratsmitglied verbracht, das seine Identität auf diese Weise geschützt und ebenso den Verstand Laariels bewahrt hatte. Er würde es niemals ertragen, wenn er erfuhr, dass er eins einfach geschaffen wurden war. König Laariel, der Sanftmütige..., dachte Gerald mit einem schiefen Grinsen. „Und sie hat das Attentat gestanden.“, ergänzte er dann noch, „Sie sagte, dass sie das Getuschel um ihre vermeidliche Affäre mit dem König nicht mehr ertragen hat und ebenso seinen schlechten Zustand. Also beseitigte sie beides mit einem Schlag. Niemals hatte sie erwartet, dass man sie erwischen und verfolgen würde... Da es ja einen Erben gab, war sie sich ihrer Sache ziemlich sicher.“ Das wiederum stimmte den König unmutig, der seine Schultern wieder raffte: „Ich... verstehe. Das ist wirklich bedauerlich.“ „Um sie oder um Euren Vater?“ „Um sie beide.“ Darüber musste Gerald lächeln. In Laariel hatte er sich zumindest nicht getäuscht! Er war ein guter, mitfühlender und weitsichtiger Mann, der die Krone mehr verdiente als jeder Andere. Wenn man ihm nur die Chance lassen würde, seine Ideale und Ideen etwas mehr durchzusetzen! Doch das konnte man erst in Angriff nehmen, wenn sie sicher waren und alle Missstände aus der Welt geschaffen waren. Dann konnte der König endlich die Position einnehmen, die seinen Fähigkeiten würdig war und die dem Volk endlich eine gewisse Stabilität versprach. Wenn sie etwas Glück hatten, dann würde man auch endlich von Cynthras angeblichen Attentat ablassen und die damalige Schreckensherrschaft des Rates würde auch in Vergessenheit geraten. Ein Neuanfang, damit Laariel mehr Mut und Kraft fassen konnte ohne negative Beeinflussung. Es musste ja nicht bleiben, wie es immer war. Vielleicht hatten sie alle den gleichen Ursprung und selben Schöpfer... Es konnte sein, dass es keine Rolle spielte, ob man geboren oder gemalt wurde, so lange man sich einfach entwickelte. Zumindest wollte Gerald daran glauben und sich an diesem Gedanken festhalten. Es gab ihm Hoffnung für die Zukunft und Hoffnung für Lichtheim. „Unabhängig davon, müssen wir zum Schloss zurück.“ „Was?“, fragte der König fassungslos, „Aber da will Jemand meinen Tod! Wir würden vielleicht direkt in eine Falle laufen.“ „Das könnte sein.“, gestand der Feurer und nickte, „Aber wir können uns nicht ewig verkriechen. Irgendwann müssen wir handeln, damit wir in Erfahrung bringen können, wer Euch ans Leder möchte und wieso. Diese Sache wird sich nicht einfach von selbst erledigen, Majestät.“ „Ja, ich weiß...“ „Dann ist Schluss mit Gezeter und Bangen!“, warf Gerald motivierter denn je ein, „Es wird Zeit, dass wir uns um das Problem kümmern, damit Ihr wieder Euren Posten als König antreten könnt.“ „Und... wenn es besser wäre, wenn nicht ich herrsche?“, fragte Laariel unsicher, „Wenn es besser wäre, wenn der Rat es an meiner Stelle täte? Ich habe doch seit den letzten Jahren eh kaum noch etwas beigetragen... Und wenn, dann hat man mich meistens nicht besonders ernst genommen.“ „Dann wird es Zeit, dass Ihr Euch Eier wachsen lasst!“ Sofort wurde der König rot um die Nase und wirkte vollkommen verlegen. Die Ehrlichkeit des Feurers schien ihm immer noch nicht so recht zu bekommen und das war ihm auch nur recht. Wenn es ihm half, damit er endlich aus sich herauskam, statt sich in eine sichere Blase zu hüllen. Er fürchtet sich, dass er so endet, wie sein Vater eins und das Volk sich langsam abwendet..., dachte Gerald mitleidig, Letztendlich ist es ja naheliegend, wenn König Lawren wirklich krank gewesen war. Vieles wird vererbt... Sie sind nur über machtvolle Pinselstriche verbunden, doch das weiß er nicht. Er wird es auch niemals erfahren, wenn alles gut geht. Letztendlich konnte der Krieger es darauf schieben, dass sie wohl alle durch Pinselstriche der Macht geschaffen wurden waren. Vielleicht nicht direkt, sondern nur über ihre Vorfahren, aber es liefe auf das Gleiche hinaus. Es spielte ja auch gar keine Rolle, so lange die Herzen am rechten Fleck waren und man nicht auf der Stelle trat. Denn sie waren Menschen und keine Gemälde. Sie würden nicht immer gleich aussehen, denken oder handeln. Es stand ihnen offen zu werden, was sie wollten und sich so zu entwickeln, wie es ihnen beliebte. Egal, ob sie eins nur Farbkleckse auf einer Leinwand gewesen waren oder eine liebende Mutter sie aus sich gepresst hatte. Am Ende war ihr Blut rot, ihre Herzen schlugen an der selben Stelle und sie hatten ihre Träume und Wünsche. Mit dieser Erkenntnis erschien es dem Kha’zak ungerecht, dass man so viele Schöpfungen einfach als Soldaten einsetzte und an die Front stellte. Man opferte sie, weil die geborenen Menschen ihnen kostbarer erschienen als jene, die an ein Bild gebunden waren. Obwohl viele ihrer Mitkameraden sie nicht als solche erkannten und sich mit ihnen sogar richtig anfreundeten, blieben sie nur halbe Menschen, die nur einem Zweck dienten und zu mehr nicht gebraucht wurden... So wie letztendlich auch die Feurer. Sie dienten der Verfolgung von abtrünnigen Schöpfern und vielleicht noch als Söldner, aber ansonsten wollte man mit ihnen und den Kha’zaks so wenig wie möglich zu tun haben. Ob sie lebten oder starben interessierte nur ihresgleichen. Bei den Schöpfungen interessierte es ja teilweise nicht mal ihre Schöpfer, ob sie verstarben... Laariel würde die große Ausnahme sein! Wenn er mal sterben würde, dann würde das Volk um ihn trauern und er wäre ein wahrer Verlust für Lichtheim und seine Verbündeten. Um diese Schöpfung würde man weinen. Ein kostbarer Mensch, der sein Volk liebt und weise versucht, das Richtige zu tun. Und dennoch trachtete man ihm nach seinem Leben, um etwas zu bekommen, was nur der Krone zustand. „Ihr werdet schon zu dem Mann werden, der Ihr sein sollt.“, lenkte Gerald endlich ein, „Vielleicht wird es schwer werden und Ihr werdet um jeden Zentimeter Anerkennung kämpfen müssen. Sowohl beim Rat als auch im Volk. Es wird Tage geben, an denen werdet Ihr Euch wünschen, dass Ihr das niemals angegangen wärt und an manchen Tagen werdet Ihr richtig schwanken. Manchmal schwankt Ihr so sehr, dass Ihr es aufgeben wollt... Doch Ihr werdet erkennen, dass es die Sache wert ist, weiterzumachen. Und irgendwann wird es dann besser werden und Ihr braucht nicht mehr wanken und nicht mehr bedauern. Ihr werdet einfach wissen, was das Richtige ist und es tun. Ihr werdet ein König sein, der seinen Rat nur noch braucht, damit er beratschlagt und unterstützt und nicht mehr ein Hofnarr, der dem Rat als Marionette dient.“ „Wieso... seid Ihr Euch da so sicher?“ „Weil, wenn ich in Eure Augen blicke, ich es sehen kann. Ich sehe den König, der Ihr sein werdet und die Menschen, die Euch zujubeln und vergöttern. Ihr seid dafür geboren wurden, um zu herrschen. Niemand vor Euch hatte dieses Anrecht jemals so inne, wie Ihr...“, sagte der Feurer ehrlich und aufrichtig, „Zum Ratsmitglied kann man ausgebildet werden, ebenso wie zum Soldaten. Als König muss man geboren werden. Ihr seid als König geboren wurden! Unabhängig davon, wer Eure Eltern waren oder nicht waren, ist es Euch einfach bestimmt.“ Es war wie Balsam für seine Seele. Auch wenn Johannes ihn stets irgendwie unterstützt und ihn belehrt hatte, hatte dennoch Niemand je richtig an ihn geglaubt. Jedenfalls nicht so. Man hatte ihn als König toleriert und das Volk hatte Hoffnungen in ihn gesteckt, aber am Ende keine Erwartungen und auch keine Zuversicht. Gerald glaubte an ihn, wie er früher auch an seinen Vater geglaubt hatte und genau das war nicht erschüttert wurden. Das alleine war es wert, dafür zu kämpfen. „Warum reden wir dann noch darüber?“, fragte der hellhaarige König und plusterte sich auf, „Es wird Zeit, dass wir zu meinem Schloss zurückkehren und herausfinden, wer mich in meinen eigenen vier Wänden töten lassen möchte. Und das von meinen eigenen Soldaten! Und wenn wir ihn haben, dann wird er den Preis für diesen Frevel bezahlen.“ „Das klingt doch schon eher nach einem König.“, sagte der Feurer grinsend, „Also locken wir die Ratten aus ihren Löchern, damit wir alle wieder unseren Geschäften nachgehen können. Außerdem sollten wir die Sache mit Cynthra klären, bevor sie anfängt zu stinken.“ „Ja... Das sollten wir wohl.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)