Der Skorpion von Haruki_ ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 -------------------- Kapitel 1 „Jess! Jess! Wo bleibt die Bestellung für Tisch 12?“, kläffte mich Joe vom Serviceteam an. „Da steht sie, du Idiot!“, fauchte ich zurück. „Gleich neben den Bestellungen für die Tische 3, 7 und 14. Wie wärs wenn du deinen faulen Arsch aus meiner Küche bewegst und endlich mal deinen Job richtig machst!“ Im selben Augenblick rauschte eine weisse Schürze an meiner Nase und ein blonder grossgewachsener Typ im Anzug an mir vorbei, schnappte sich alle vier offenen Bestellungen und war aus der Tür verschwunden ehe ich etwas sagen konnte. Ich hatte kaum den Kopf geschüttelt, da stand er wieder in der Türe, verschränkte die Arme und grinste mich an. „Gibt’s Probleme ma chérie?“ „Ja“, ich nickte in Joes Richtung, welcher die Nachricht verstanden hatte und sich sogleich aus dem Staub machte. Sanji lachte und fing leichtfertig seine Schürze auf, welche ich ihm zuwarf. „Die machen ihren Job nie richtig, wenn du ihnen immer gleich alles abnimmst, bevor ich ihnen den Kopf abreisse“. Sanji lachte: „Komm, wir machen Pause“, sagte er, während er die Schürze auf die Anrichte legte und mich hinter sich her, aus der Hintertür der Küche zog. Draussen an der Reling zündete er sich eine Zigarette an und schwieg eine Weile. Ihm musste etwas auf dem Herzen liegen, das wusste ich. Er war sonst nie so schweigsam. Doch ich wollte ihn nicht drängen es mir zu erzählen. Als die Stille jedoch unerträglich zu werden schien begann ich: „Hast du gehört? Es heisst, dass Whitebeards Schiff gesehen wurde, mit Kurs auf die Baratie. Das wird bestimmt anstrengend einen so hohen Gast zu…“ – „Jess… du solltest die Baratie verlassen“, unterbrach mich Sanji, den Blick immer noch aufs offene Meer gerichtet und langsam den Rauch ausatmend. Ich starrte ihn schockiert an. Die Baratie, mein Zuhause verlassen? „Warum sagst du sowas?“ – „Weil du dich hier nicht weiterentwickeln kannst. Jeden Tag dieselben Gerichte, dieselben Gäste, dieselben Taugenichtse“, er drehte sich zu mir und lehnte sich mit dem rechten Arm auf die Reling „Was willst du noch hier? Geh hinaus und finde den All Blue“. „Als ob ich alleine durchs Meer treiben werde und darauf warte, bis mich irgendeine Bande bei sich aufnimmt. Also wirklich…“. Ich schnaubte, verdrehte die Augen und stapfte beleidigt in die Küche und über die Treppe hinauf in mein Zimmer und schlug hinter mir die Türe zu. Was fiel diesem Kerl eigentlich ein? Er hatte gerade gut reden. Er kam hier auch nicht weiter. Er sollte sich eine Crew suchen und von hier verschwinden. Gerade ich, die ich keine Menschenseele hatte, da draussen. Diese Crew hier, voller Taugenichtse und Halunken, das war meine Familie. So schnell würde ich nicht von hier verschwinden. Ich warf mich vor Wut kochend aufs Bett und starrte an die Decke. Wollte er mich etwa loswerden? Woher kam plötzlich eine solche Aussage? Natürlich wollte ich die Welt sehen und den All Blue finden. Aber dafür meine Familie verlassen? Das kam nicht in Frage. Die wären doch völlig aufgeschmissen ohne mich. Das klopfende Geräusch des Holzbein des Captains holte mich aus meinen Gedanken. Er war gerade aufs Deck hinausgetreten, direkt unter meinem geöffneten Fenster. Nach einer kurzen Stille begann er: „Du kannst sie nicht dazu zwingen die Baratie zu verlassen, Sanji“. Ich schnellte hoch. „Ich weiss… Aber sie ist auch so stur“, antwortete Sanji. Ich lauschte angestrengt. Ob sie wussten, dass mein Fenster gleich über ihnen geöffnet war und ich alles hören konnte? Zeff fuhr fort: „Warum willst du denn, dass Jess geht?“. „Sie will die Welt sehen. Ich habe sie schon öfters nachts in der Küche gesehen, wie sie Karten studiert hat und Rezeptbücher anderer Inseln, an deren Zutaten wir gar nicht kommen können, wenn wir nicht die Meere bereisen. Ich weiss, dass sie weg will. Sie bräuchte sich nur einer Crew anzuschliessen. Jeder würde eine so hervorragende Köchin bei sich aufnehmen“. Sanji zündete sich eine weitere Zigarette an und atmete lange aus „Ich will nur, dass sie glücklich wird“. Ich schloss abrupt das Fenster und lehnte mich dagegen. Ich war doch glücklich. Oder etwa nicht? Nach einer Weile fasste ich mich wieder und ging hinunter in die Küche. „Jess! Wo zu allen Höllen der Meere hast du gesteckt? An die Arbeit!“, brüllten mich mehrere kräftige Männerstimmen an, kaum betrat ich das Heiligtum des Schiffes. „Schnauze! Ich entscheide wann ich arbeite!“, schrie ich zurück, während ich mein Filetiermesser aus dem Messerhalter zog und mich daran machte, den Fisch zuzubereiten. Sanji und ich schwiegen uns den Rest des Tages an, ausser wir brüllten uns gegenseitig Bestellungen zu. „Gute Arbeit ihr Nichtsnutze!“, rief der Captain in die Küche, als der letzte Gast gegangen war. Ich lächelte ein wenig auf den Teller herunter, welchen ich gerade mit einem Schwamm von seinen Essensresten befreite. Mir klopften mehrere Kameraden auf die Schulter im Vorbeigehen und nickten mir anerkennend zu. „Gute Arbeit Jess“ – „Bis morgen Jess“, riefen einige im Hinausgehen. Ich erwiderte ihre Worte und wusch weiter Geschirr ab. Obwohl ich keine Menschenseele mehr hörte, weder in der Küche noch auf dem Gang hinter der Türe, wusste ich genau, dass ich nicht alleine war. Das Geräusch langsamer Schritte, wie von edlen italienischen Lederschuhen, näherte sich mir. „Sanji, was tust du noch hier? Ich hab heute Dienst“, sagte ich weiterhin auf das Geschirr vor mir konzentriert. Ohne mich eines Kommentars zu würdigen, schnappte er sich ein trockenes Handtuch und begann das nasse Geschirr zu trocknen, welches ich ihm reichte. „Weisst du, mir gefällt mein Leben hier recht gut. Wozu soll ich mich einer anderen Bande von Taugenichtsen anschliessen, wenn ich doch hier eine habe?“ „Hmm..“ „Abgesehen davon hat mir bisher keine der Angebote gefallen, welche mir diese sogenannten Captains unterbreitet haben. Du hast ja auch immer noch keines angenommen“. „Hmm..“ Ich schüttelte nach diesen nichts sagenden Antworten nur leicht den Kopf und reichte ihm einen weiteren Teller. In diesem Moment packte er, statt des Tellers, mein Handgelenk und zog mich so abrupt an sich, dass der Teller klirrend zwischen uns zu Boden fiel und in tausend Stücke zerbarst. Völlig perplex, angesichts dieser unerwarteten innigen Umarmung, legte ich nur zögerlich meine Hände an seinen Rücken und wartete ab. Sein Gesicht hatte er in meinen Scharlach roten Haaren verborgen, eine Hand ruhte leicht an meinem Hinterkopf, die andere an meinem unteren Rücken. Er schien ruhig zu atmen und mich einfach nur einen Moment halten zu wollen. Dann löste er sich langsam von mir, fasste mich bei den Schultern und blickte mir tief und ernst in die Augen, als würde er nach etwas suchen. Doch als er offenbar nichts finden konnte, wich sein ernster Blick einem weichen sanften Lächeln und er liess mich los. Immer noch verwirrt von der ganzen Aktion schaute ich ihn unentwegt an, bis er schliesslich doch noch den Mund aufbrachte. „Ich musste es nur sehen“ „Was sehen?“ „Dass du dich nicht zu mir hingezogen fühlst“ „Wie bitte?“ „Ich wollte das als Grund für deine Entscheidung hier festzusitzen ausschliessen“, er grinste. „Ich? Verliebt in dich?“, ich war immer noch perplex angesichts dieser Annahme. „Wäre doch möglich, oder?“, fragte er, an die Anrichte gelehnt und eine Augenbraue hochgezogen. Jetzt konnte ich es nicht mehr zurück halten. Dieser Anblick brachte mich so dermassen zum Lachen, dass ich mir den Bauch halten musste und mir die Augen tränten. Er stimmte ein in mein Gelächter und als wir uns beruhigt hatten, holte er zwei Gläser und schenkte uns Wein ein, den er aus der Vorratskammer holte. „Jess, du bist und warst für mich immer meine Schwester und das wird sich niemals ändern“. Er hob sein Glas und reichte mir meins. Ich wischte mir eine Träne aus dem Gesicht. „Sanji, du bist und warst für mich immer mein Bruder und das wird sich niemals ändern“, wiederholte ich, bemüht genauso zu klingen, wie er es getan hatte. „Auf dass wir uns auf allen Weltmeeren wiederfinden werden!“, toastete er und ich stimmte mit ein. Sanjis Pov An diesem Abend lag Sanji lange wach und starrte an die Decke seines Zimmers. Als er sie umarmt hatte, zeigte sie zwar keinerlei Anzeichen dafür, mehr für ihn zu empfinden, aber als er sie da so in den Armen hielt, und den Geruch ihres Haares einatmete - sie roch so unbeschreiblich gut nach Gewürzen und Blumen zugleich - da hatte er das Gefühl, dass er sie niemals loslassen dürfte. Seine Aufgabe war es schon immer gewesen, sie zu beschützen, auch wenn sie, in kämpferischer Hinsicht, auf einer Stufe standen, aber er konnte es nicht ertragen zu sehen, wie ihr andere Männer hinterhergafften. Sanji seufzte und rieb sich das Gesicht mit beiden Händen. Der Hauptgrund dafür, dass er immer noch auf diesem gottverlassenen Schiff weilte, war hauptsächlich Jess. Würde sie von sich aus das Weite suchen, hätte er kein Problem, aber ginge er zuerst, hätte er das Gefühl sie alleine zurückgelassen zu haben. In seinen Augen war niemand ihrer würdig, weder als Affäre, fester Freund oder ihr Captain. Sie war zu gut für alle Crews auf dieser Welt. Ihre kulinarischen Meisterwerke waren inspiriert von Leuten, die ihr wirklich am Herzen lagen, und fänden in einer anderen Crew gar nicht die Beachtung und Anerkennung, die sie verdienten. Sanji wurde von einem Klopfen an seiner Türe aus seinen Schwärmereien gerissen. „Herein?“ Die Türe öffnete sich und Zeff stand im Türrahmen: „Komm mit, wir müssen reden“, sagte er knapp und führte Sanji hinaus aufs Deck. Nachdem Sanji sich eine Zigarette angezündet hatte begann Zeff: „Sanji, du hast bestimmt schon gehört, dass Whitebeard mit seiner Crew hier vorbeikommen wird. Um ehrlich zu sein, hat er mich darum gebeten, ihn und seine Crew von unserem besten Koch bekochen zu lassen“. Sanji nickte nur und atmete den Rauch langsam aus: „Er ist also auf der Suche nach einem neuen Chefkoch“, stellte er kurzerhand fest. Zeff nickte nur einmal und lehnte sich mit verschränkten Armen gegen die Reling. „Ich will zwischen dir und Jess keinen Streit oder Wettkampf auslösen. Ihr seid sowohl einzeln, als auch als Team phänomenal. Ich wäre also froh, wenn du mit ihr ausmachen könntest, wer derjenige sein wird, der an diesem Tag kocht“. Damit beendete Zeff das Gespräch und ging Richtung Türe. Als er schon die Klinke in der Hand hielt hatte sich Sanji entschieden: „Warte, alter Mann! Lass Jess kochen. Aber sag ihr nichts davon“. Der Captain nickte verständnisvoll und liess Sanji alleine. Er starrte noch lange auf die endlose See hinaus, bis er schliesslich beschloss, dass es sinnvoll wäre, noch einige Stunden zu schlafen. Jess‘ Pov Die Sonne schien mir direkt ins Gesicht und mir war viel zu heiss. Ich stand auf und bemerkte, dass ich gestern mit all meinen Kleidern ins Bett gefallen war. Wie viel hatte ich mit Sanji nur getrunken? Ein stechender Schmerz zuckte durch meine linke Hand und als ich genauer hinsah bot sich mir kein schöner Anblick. Ein Fetzen von einem Küchentuch schien darumgebunden zu sein und was so dunkelrot durchzudrücken schien, war ganz zweifelsohne Blut. Ich seufzte und nahm die Pseudobandage ab. Darunter lag ein tiefer Schnitt der quer über die Hand verlief und leicht gelbliche Wundränder gebildet hatte. Verdammt, doch nicht heute. Gerade an einem Tag mit so vielen Reservationen. Ich besah mir die Wunde nochmals genauer und versuchte auszumachen, ob noch irgendwo Scherben oder dergleichen in der Wunde lagen. Doch das gab ich bald genervt auf, verband die Hand dieses Mal mit richtigen Bandagen und ignorierte das pochende Stechen, das von ihr ausging. Nach anschliessender Dusche und Kleiderwechsel, legte ich mir meine Schürze um und ging hinunter in die Küche, wo schon alles in vollem Gange schien. Erst unten wagte ich einen Blick auf die Uhr. Meine Güte, es war schon beinahe zehn Uhr! Sofort stellte ich mich an den Herd, holte meine Messer hervor und begann die Bestellungen zu bearbeiten. Sanji war den ganzen Tag kein einziges Mal hinterm Herd tätig. Er half wohl im Service aus. Am Nachmittag gönnte ich mir eine kurze Verschnaufpause, bevor der Abendservice, losging und lehnte mich draussen an die Reling. Ich zündete mir eine, von Sanji geklaute, Zigarette an und genoss das ungewohnte kribbelnde Gefühl, welches der Rauch in meinem Rachen hinterliess und atmete langsam den Rauch aus. Dann legte ich den Kopf soweit es ging zurück und schloss die Augen, um die Sonne und die salzige vertraute Seeluft aufzunehmen. Bald müsste ich in die heisse stickige Küche zurück. Wie am Abend zuvor näherten sich mir langsame Schritte und als sie knappe zwei Meter neben mir verstummten sprach mich eine mir unbekannte ruhige Stimme an: „Was dagegen wenn ich mich dazugeselle?“ Ich öffnete die Augen und wandte mich um. Neben mir stand ein grossgewachsener schlaksiger Kerl mit gelb-schwarzem Pullover, blauer gefleckter Jeans und einer, für dieses Wetter viel zu heiss aussehenden, flauschigen weissen Fellmütze. Bei sich an die Reling gelehnt hatte er ein langes Schwert in einer schwarzen Scheide mit weissen Kreuzen und roter Kordel verziert. Er grinste mich an und hielt mir eine Hand hin. „Trafalgar Law“, sagte er schlicht. „Jess“, erwiderte ich knapp. Trafalgar Law hob eine Augenbraue, als ob er verwirrt schien, dass ich ihm keinen Nachnamen genannt hatte, doch er sagte nichts. Stattdessen blieb er mir zugewandt, mit der Hüfte leicht an die Reling gelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt stehen, und warf einen Blick auf die langsam abbrennende Zigarette in meiner Hand. „Ich weiss ja, dass dein Job stressig ist, aber damit“, er nickte zur Zigarette, „bringst du dich um“. Ich schnaubte und atmete den Rauch des letzten Zigarettenzugs aus: „Der Tod kann auf vielerlei schnellere und grausamere Arten kommen. Warum mich also sorgen, um eine Zigarette im Monat?“ Law hob eine Augenbraue und grinste verschmitzt: „Wie recht du doch hast“. Ich nahm den letzten Zug der Zigarette und schnippte die Überreste ins Meer. „Woher kommst du?“, fragte ich, um mir meine Pause zur Abwechslung mit ein wenig Small Talk zu vertreiben. „North Blue. Du?“, sagte er knapp. „West Blue“, antwortete ich ebenso knapp. Er nickte und wandte sich dem Meer zu. Ich fummelte etwas gelangweilt, und bald in meinen Gedanken verloren, an der Bandage an meiner linken Hand herum, als plötzlich zwei tätowierte, aber sanfte Hände vorsichtig meine Hand in ihre nahmen. Ich schaute direkt auf in Laws nachdenkliches Gesicht, welches auf meine bandagierte Hand gerichtet war. Er legte kurz die Stirn in Falten, als er die Bandage löste und ich zusammenzuckte. Ein stechender Schmerz durchzuckte mich bis hinauf zur Schulter. „Wie hast du dir diesen Schnitt zugezogen?“, fragte er in einer Ernsthaftigkeit, welche ich nicht von ihm erwartet hätte. Als ich nicht gleich antwortete drängte er: „Wie Rotschopf?“ „Ähm… also... als ich gestern Abend Scherben eines zerbrochenen Tellers aufgehoben hab glaub ich..“, stammelte ich die einzige Erklärung zusammen, die mir einfiel. „Warte genau hier“, wies er mich an und verschwand fast augenblicklich in einer Art blau schimmernder Sphäre. Nicht mal eine Minute später tauchte er wieder vor mir auf, mit einem kleinen orangen Köfferchen. Law wies mich an, mich zu setzen und kramte eine Spritze und, wie es mir schien, ein Skalpell hervor. „Halt still, es wird nicht wehtun“, versicherte er mir „Ich bin übrigens Arzt und du hast einen Splitter in der Hand und eine drohende Blutvergiftung“. Er grinste leicht und sein Griff um mein Handgelenk festigte sich. Ich hielt still, schloss aber die Augen, als er die Nadel an meinem Handgelenk ansetzte. Augenblicklich wurde meine Hand, welche zum Teil auf meinem Knie, zum Teil in seiner Hand ruhte, taub und als er sich dessen vergewissert hatte, setzte er das Skalpell an. „Schau weg, Rotschopf“, sagte Law ruhig. Ich tat wie geheissen und wartete bis ich ihn „Fertig“ sagen hörte und sah, wie er sich neben mir an die Reling hockte. Meine neue Bandage betrachtend versuchte ich das gerade Erlebte noch immer zu verarbeiten. Das war alles viel zu schnell gegangen. „Danke“, murmelte ich verwirrt „Wie hast du das bemerkt?“ „Die dunkle Linie auf deinem Unterarm und die Schwellung der Hand. Klare Blutvergiftung. Zum Glück war ich ja da und habe dir einen schmerzvollen Tod erspart“, prahlte er und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Danke“, sagte ich noch einmal, diesmal aber bestimmter. „Schon ok. Das ist nun mal meine Bestimmung als Arzt“, grinste er „So wie es die Bestimmung eines Kochs ist, die Crew zu ernähren“. Da fiel mir ein, dass meine Pause schon viel zu lange dauerte. Das Taubheitsgefühl in der Hand nahm auch schon ab, und ich konnte mich wieder problemlos hinter die Töpfe stellen. Ich erhob mich dankte Law noch einmal für seine Hilfe, versprach ihm ein Essen umsonst und ging zur Tür. „Die Bandagen dreimal täglich wechseln, bei deinem Job“, ich nickte lachend und wandte mich ihm nochmals kurz zu, um auf Wiedersehen zu sagen, „Und wenn du Interesse hast, würde ich dich gerne zum Schiffskoch meiner Crew machen, Rotschopf!“, rief er mir hinter her und grinste sein wohl breitestes Grinsen. Ich war so perplex, angesichts dieses abrupten Themenwechsels, dass mir kurz der Atem stockte. Er war also Captain und Schiffsarzt zugleich. „Ich überlege es mir. Versuch erst mal mein Essen und frag mich dann nochmal, wenn es dir überhaupt schmeckt“, lachte ich und verschwand in der Türe. Law’s Pov Kaum hatte Jess die Türe hinter sich ins Schloss gezogen seufzte Law. Er legte den Kopf in den Nacken und genoss die warme Sommerluft auf seinem Gesicht. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Wer war dieser aussergewöhnliche Rotschopf? Sie hatte so etwas an sich, das ihn faszinierte. Nicht nur deswegen, sondern auch aufgrund ihres fantastischen Essens, welches er vorhin schon genossen hatte, brauchte er sie einfach als Schiffskoch. Nicht umsonst hatte er die Bedienung gefragt, wer sein Essen zubereitet hatte. Nicht umsonst hatte er hier hinten gewartet bis dieser „Rothaarige Koch“, wie sie ihm simpel beschrieben worden war, aus der Küchentür trat. Nie im Leben hätte er eine Frau erwartet. Nicht bei dieser berüchtigten Piratenbande, die dieses Restaurant betrieb. Sie musste eine starke Frau sein, um es mit dieser Bande auszuhalten. Auf jeden Fall zeigte sie niemandem, wenn sie Schmerzen hatte, was zwar von Standhaftigkeit zeugte, jedoch in seinen Augen dumm war. Bei diesem Schnitt und dem Grad, sowohl der Vergiftung, als auch der Schwellung nach zu urteilen, musste sie schon den ganzen Tag über enorme Schmerzen erduldet haben. Er grinste bei dem Gedanken, ihr gerade das Leben gerettet zu haben. Hätte er nichts unternommen, wäre sie heute Nacht hohem Fieber und spätestens in zwei Tagen der Blutvergiftung selbst erlegen. „Sie muss einfach in meine Crew“, sagte Law bestimmt und stand abrupt auf. Er schulterte sein Schwert und gesellte sich wieder zu seiner, bisher drei Mann starken Crew, an den Tisch. Jess‘ Pov Ich kehrte in die heisse, stickige Küche zurück und nahm meine Arbeit wieder auf. Ich bat Joe, herauszufinden an welchem Tisch Law sass und die Bestellung nicht zu verrechnen. Immer, wenn ich an diesem Abend für eine kurze Pause hinaus aufs Deck ging, wartete dort Law und bat mich seiner Crew bei zu treten. Jedes Mal winkte ich ab und lenkte die Konversation auf etwas anderes, doch seine Frage blieb auch zum Abschied immer dieselbe. Als es kurz nach elf Uhr hiess, dass der letzte Gast gegangen sei und ich mich auf den Weg in mein Zimmer begab, rannte mir Thomas, einer unserer kleinen Küchenjungen hinterher. Er war kaum acht Jahre alt und war ein fleissiger kleiner Bursche. „Jessica! Warte! Ich habe hier einen Brief für dich!“, rief er hastig und drückte mir einen einfach gefalteten Zettel in die Hand. „Ich schwöre ich habe ihn nicht gelesen“, fügte er atemlos hinzu und hob seine beiden kleinen Hände in Unschuld. Ich lächelte, wuschelte ihm durch sein zerzaustes haselnussbraunes Haar und sagte ihm, er dürfe sich, zur Belohnung, etwas Kleines zu Essen aus der Vorratskammer holen. Freude breitete sich über sein kindliches Gesicht aus, als er sich hastig bedankte und davonrannte. Ich faltete den Zettel auseinander und las: „Komm in meine Crew, Rotschopf. T. Law.“, worauf hin ich den Zettel zerknüllte, ihn über Bord warf und gerade die Treppe hoch zu den Quartieren gehen wollte, als mir Sanji über den Weg lief. Ich hielt kurz inne und fragte ihn: „Du Sanji, haben alle Schiffe heute Abend abgelegt?“. Sanji nickte kurz, als er sich gerade eine Zigarette anzündete und antwortete danach: „Jup. Alle abgelegt. Warum fragst du?“ „Ach nur so. Gute Nacht“, sagte ich grinsend und boxte ihn leicht in die Schulter, was er mit einem Lachen erwiderte. Ich ging hoch in mein Zimmer und liess mich aufs Bett fallen. Hatte ich einen Fehler gemacht? Hätte ich annehmen sollen? Einerseits war es die erste Aufforderung, die wirklich mein Interesse geweckt hatte, andererseits war ich doch noch immer zu verunsichert. Was würden die Jungs hier ohne mich machen? Die wären doch völlig aufgeschmissen. Ich versuchte mich noch lange in die Nacht hinein selbst davon zu überzeugen, dass es kein Fehler gewesen war, und dennoch wurde ich das Gefühl nicht los, als hätte ich mir eine echte Chance durch die Lappen gehen lassen. Am nächsten Tag kam als erstes Sanji in der Küche auf mich zu: „Jess, hör zu. Der Captain hat gesagt wir erwarten heute durchgehend ein volles Haus. Alles reserviert bis wir schliessen. Ich werde im Service aushelfen müssen“, er legte mir eine Liste auf die Anrichte, „Zeff hat die Arbeit aufgeteilt. Du wirst also nur für die Bestellungen dieser fünf Tische verantwortlich sein. Ebenso wie ich“. Er wirkte ausgesprochen ernst heute. Was wohl in ihn gefahren war? Ich nahm die Liste und sah sie mir durch. Natürlich, die fünf Haupttische, welche meist für grössere Anlässe gemeinsam gebucht wurden. Ich zuckte die Schultern und stellte mich auf einen arbeitsintensiven Tag ein. Da die Reservation erst ab zwölf Uhr zu sein schien, vertrieb ich mir die Zeit mit dem Vorbereiten der Zutaten des vorbestellten Menus. Tage wie dieser waren nicht selten, und normalerweise fragte ich mich nicht einmal, wer der Gast war, der diese Tische reserviert hatte. Doch Sanji nervös zu erleben machte mich doch etwas stutzig. Bestimmt ein hohes Tier der Marine. Mir allerlei Gedanken dazu machend, vertrieb ich mir problemlos die Zeit bis Sanji mit der ersten Bestellung eintrudelte. Ich machte mich an die Arbeit und merkte gar nicht wie die Zeit verflog. Inzwischen war mir klar, dass es sich um eine Piratencrew handeln musste, da es bereits fünf Uhr war und sie immer noch assen, als hätten sie seit Wochen kein Essen gesehen. Sanji scheuchte seine beiden Lakaien herum, die ihm mit den Bestellungen helfen sollten und wirkte, sobald er in die Küche trat, sichtlich entnervt. Er setzte sich einen Moment zu mir an die Anrichte und trank etwas Wasser, als Joe, offenbar einen Lachanfall zurückhaltend, in die Küche stolperte und losprustete: „Da ist gerade einer in seinem Essen einge-pennt!“, lachte er schallend und wischte sich Tränen aus dem Gesicht. Mein Blick verfinsterte sich schlagartig und ich ging zur Türe, mein Fleischmesser immer noch in der Hand, und warf einen Blick durch die Runde, in die Türe eingelassene Scheibe. Ich sah den Übeltäter auf den ersten Blick. Er trug einen orangefarbenen Cowboyhut, schwarze Shorts und klobige schwarze Stiefel. Ansonsten war nichts an Kleidung zu erkennen. Wie konnte er es wagen? Mit einem Schlag schwang ich die beiden Flügeltüren auf, die von der Küche in den Speisesaal führten und stapfte auf den grössten der fünf Tische zu. Er schien wirklich weggepennt zu sein. Und das in meinem Essen! Die Wut kochte in mir hoch, als ich hinter ihm am Tisch ankam. „Regel Nr.1: In einem Restaurant erscheinst du gefälligst angezogen!“, fauchte ich durch meine gefletschten Zähne hindurch und beförderte ihn mit einem starken Kick, samt Stuhl, in die Luft. Während er in der Luft war, sprang ich hinterher auf seine Höhe. „Regel Nr.2: Wage es niemals mein Essen zu verschmähen und darin einzupennen!“, indem ich ihm das zu fauchte, bescherte ich ihm mit einem Kick in die Magengrube einen harten Rückflug zu Boden, wo er perplex liegenblieb. Ich landete direkt neben ihm, den Griff meines Messers fest umklammert. „Und Regel Nr. 3: Wenn du es wagen solltest mich noch einmal zu provozieren, schneide ich dich in Stücke und serviere dich den Haien“, sagte ich nun ruhig aber mit klarem Nachdruck, während ich verächtlich auf ihn herunterblickte, das Messer auf sein Gesicht gerichtet. So grosse Verwirrung hatte ich noch nie im Gesicht eines Menschen gesehen. Offenbar hatte er die halbe Attacke verpennt. Seine Kumpels würden es ihn schon spüren lassen, dass er von einer Frau verdroschen worden war; so war es immer. Ich drehte mich auf dem Absatz um und noch bevor ich einen Schritt vorwärts machen konnte, umgab mich eine merkwürdige blaue Sphäre und ich befand mich auf der anderen Seite des Raumes neben einem anderen Tisch. „Hätte nicht gedacht, dass du kämpfen kannst, Rotschopf“, gluckste eine ruhige männliche Stimme hinter mir. „Hast du eine Ahnung, wen du da vermöbelt hast?“. Erschrocken und erfreut zugleich, schnellte ich herum, und da sass tatsächlich Trafalgar Law. Mit den Ellenbogen auf seine Knie gestützt, die Finger ineinander verschränkt und mich darüber hinweg grinsend musternd. „Einen Typen ohne jeglichen Tischmanieren, warum?“, antwortete ich trotzig. Law lachte laut auf, nahm meine bandagierte Hand in seine und begann den Verband zu lösen und die Naht zu untersuchen, während er weiterredete. „Dieser ungehobelte Kerl da drüben“, er sprach dies übertrieben förmlich aus „Ist kein geringerer als Portgas D. Ace“, einer seiner Crewmitglieder reichte ihm Desinfektionsmittel, welches er sofort auftrug –War das etwa ein Eisbär?- „Ich habe dir doch gesagt, dreimal täglich wechseln, Rotschopf“, fügte er kopfschüttelnd hinzu und legte mir einen neuen Verband an. Ich wandte den Kopf und besah mir den Tisch, an dem ich jetzt erst Whitebeard erkannte. Und dort hockte er verdutzt auf dem Boden. Portgas D. Ace. Seine Tischnachbarn schienen ihm gerade zu erzählen, was vorgefallen war, denn der Typ neben ihm, ein grosser schlanker Mann mit blonder Rastafrisur, zeigte mit dem Daumen über seine Schulter hinweg, direkt zu mir, worauf Ace den Kopf drehte und mich einen Moment lang verwirrt ansah. Sofort wandte ich mich mit hochrotem Kopf Law zu, und peinlich wie mir die Situation war, barst mir beinahe der Kopf mit möglichen Szenarien. Law schien überaus amüsiert und fuhr fort, als wäre nichts geschehen: „Also das hier sind Beppo, Penguin und Shachi. Jungs das ist Jess, unser baldiges neues Crewmitglied, seid also nett zu ihr“. „Law… ich werde deiner Crew nicht beitreten“, antwortete ich knapp, wandte mich ab und verschwand so schnell ich konnte in der Küche. Jetzt war mir alles klar... Sanjis Pov Dieser Tag würde die Hölle werden. Er musste es irgendwie schaffen mit zwei Vollpfosten zusammen die fünf grossen Tische zu bedienen. Alleine wäre er deutlich schneller, aber mehr Personal machte einen besseren Eindruck. Schliesslich musste besonders Jess, mit ihrem fantastischen Essen einen guten Eindruck hinterlassen. Kaum trat Jess in die Küche, instruierte er sie kurz und knapp, sie musste ja nicht zu viel wissen. Um zwölf würde es ohnehin losgehen. Als die Moby Dick an der Baratie anlegte, stand Sanji schon bereit mit einer Flasche Wein, welchen er Whitebeard anbieten würde, sobald er seinen Platz eingenommen hatte. Die Crew verteilte sich auf die fünf Tische und wie erwartet bildete sich am grössten Tisch eine Gruppe, bestehend aus Whitebeard und all seinen Divisionskommandanten. Sofort begannen sie das Essen aufzutragen und Zeff versicherte sich von Zeit zu Zeit, dass alles glatt lief. Fünf Stunden am Stück den gesamten Service zu betreuen, machte sogar Sanji nach und nach fertig. Bevor er noch seine freundliche gelassene Miene verlor, beschloss er eine kurze Pause in der Küche einzulegen. Er schenkte Jess ein müdes Lächeln und hoffte, dass Whitebeard sie als Köchin engagieren wollte. So in seinen Gedanken verloren achtete er zuerst gar nicht auf den sich schlapp lachenden Joe, oder die vor Wut kochende Jess, welche gerade durch die Türe marschiert war. Doch als er realisierte, was soeben passiert war nahm er sofort einen Platz bei der offenen Küchentüre, unter all den anderen neugierigen Gaffern, ein und beobachtete, wie sich Jess mit zwei gezielten Kicks auf den Kommandanten der zweiten Division, Portgas D. Ace, ihre Chance verspielte, jemals Teil dieser Crew zu werden. Er knallte mit dem Kopf gegen den Türrahmen. Warum war sie nur so impulsiv? Dennoch konnte er ein Lachen nicht unterdrücken beim Anblick des absolut verwirrten Divisions-kommandanten. Er kehrte zurück an seinen Platz bei der Anrichte und wartete auf Jess. Sie liess sich reichlich Zeit, dachte er, doch als er gerade aufstehen wollte, um nach dem Rechten zu sehen, stolperte sie beinahe durch die Tür und zurück an ihren Herd. “Oh mein Gott… die Whitebeard Crew… Ich habe mein Leben ruiniert…“, stammelte sie unentwegt vor sich hin. „Wenn die diesen Ace auf mich loslassen bin ich geliefert…“ Sanji drückte Jess kurz, schnappte sich die fertigen Bestellungen und verschwand im Speisesaal. Als er Ace sowohl einen neuen Stuhl, als auch einen neuen Teller mit Essen anmutig vor die Nase stellte, erwähnte er: „Ihren Wutanfall müssen Sie entschuldigen. Sie kann Leute, die das Essen vor sich nicht wertschätzen, einfach nicht ausstehen. Bitte“, fügte er hinzu, nachdem er auch Ace’s Glas aufgefüllt hatte und sich um die anderen Gäste kümmerte. Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie Ace von einem Kerl mit blonden Rastalocken, mit der vorherigen Geschichte aufgezogen wurde und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. „Junge! Komm mal her!“, rief eine amüsierte tiefe Stimme am oberen Ende des Tisches. Sanji machte sich ohne Umschweife auf den Weg und verneigte sich leicht. „Womit kann ich dienen, Whitebeard?“, fragte er höflich. „Gurararararaa. Du amüsierst mich Junge. Und besonders deine rothaarige Freundin. Ihr Temperament ist beinahe so feurig wie das von Ace. Verrätst du mir ihren Namen?“, fragte er immer noch amüsiert. „Ich befürchte, das müssen Sie sie selbst fragen. Sie ist jedoch gerade mit Kochen beschäftigt“, antwortete er höflich. Whitebeard lachte laut und klopfte Sanji auf die Schulter. „Gurararararaa. Das gefällt mir Junge. Anständig und kameradschaftlich. Ace! Von ihm und seiner Freundin kannst du dir eine Menge abschauen! Gurararararaa“. Der ganze Tisch brach bei Whitebeards Kommentar in Gelächter aus und Ace schien seine Scham im Essen zu ertränken, indem er begann alles, was vor ihm lag, wahllos in den Mund zu schaufeln. Sanji empfahl sich und blieb nochmals kurz neben Ace stehen. „Wenn sie sieht, wie du das Essen wahllos runterschlingst, als wäre es deine Henkersmahlzeit, wirft sie dich aus dem Fenster. In kleinen Häppchen“. Augenblicklich richtete sich Ace gerade auf, wischte sich die Essensreste mit der Spitze einer weissen Servierte vom Mund und begann so übertrieben kultiviert zu essen, dass erneut die gesamte Crew in Lachen ausbrach. Zurück in der Küche sah er, nichts. Keine Jess. Nach der ersten kurzen Perplexität, zuckte er mit den Schultern, nahm die bereitgestellten Bestellungen und servierte weiter. Jess‘ Pov Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren. Meine Gedanken kreisten um alles Mögliche, nur nicht ums Essen. Sanji unterbrach ganz kurz mein Durcheinander, indem er mich unerwartet drückte, dann jedoch gleich mit den neuen Tellern verschwand. Ich beschloss die beiden Gerichte, die ich gerade zubereitete noch fertig zu stellen und dann eine kurze Pause einzulegen. Also verdrückte ich mich, kaum landete der letzte Löffel Sauce auf dem letzten Teller. Durch die Hintertür der Küche stahl ich mich an Deck, atmete erst einmal tief durch - war es etwa über Nacht kälter geworden? – und fummelte mit zittrigen Händen eine Zigarette hervor, steckte sie mir in den Mund und zündete sie an. Ich nahm einen Zug und stützte mich mit beiden Händen auf die Reling. Nach einer Weile, legte sich plötzlich eine warme Hand über meine zigarettenlose Hand und ich schaute auf in Laws besorgtes Gesicht. Ich seufzte und wandte mich wieder dem Meer zu. Law schwieg, liess seine Hand auf meiner ruhen und starrte mich unentwegt von der Seite her an. Gerade als ich mich entschloss, etwas zu sagen, unterbrach er mich: „Ich werde dich nicht fragen, ob du in meine Crew willst. Was ich wissen will, ist, warum du dich gerade so fertig machst“, fragte er in der Stimme eines ziemlich besorgt wirkenden Arztes. „Ich weiss es nicht. Niemand greift einen Whitebeard Piraten an, ohne die Rache dafür auf sich zu ziehen?“. Law gluckste, nahm mich bei den Schultern und drehte mich zu sich um, wobei ich die Zigarette ins Meer fallen liess. „Du hast doch nicht den Zorn der Whitebeard Piraten auf dich gezogen! Wohl eher den Respekt der gesamten Crew! Die lieben dich dafür, dass du Portgas D. Ace von seinem hohen Ross geholt hast! Du hättest im Saal sein sollen!“. Tränen der Erleichterung stiegen in meinen Augen auf und ich versuchte verzweifelt sie zu unterdrücken, indem ich zögerlich zu lachen begann. „Meinst du?“, fragte ich und wischte mir mit dem Ärmel meiner Kochjacke übers Gesicht. „Natürlich Rotschopf! Mach dir keine Sorgen“, er zog mich an sich und umarmte mich „Sie werden dich vielleicht sogar bitten ihrer Crew beizutreten“, sagte er nach einer kurzen Pause, in einem sachlicheren Tonfall, doch die Enttäuschung, die in seiner Stimme mitschwang, war nicht zu überhören. Ich nickte nur leicht, wohl wissend, dass ich mich Whitebeard anschliessen würde, würde mir tatsächlich dieses Angebot unterbreitet werden. „Es tut mir leid..“, murmelte ich an seiner Schulter. Law schüttelte nur lächelnd den Kopf: „Das war mir von Anfang an klar, Rotschopf. Was glaubst du, warum ich dich gestern den ganzen Tag lang damit belästigt hab?“. Ich grinste bei dem Gedanken und löste mich von ihm. „Du wärst bestimmt ein super Captain“ Law zog eine Augenbraue hoch: „Wärst? Ich BIN ein super Captain. Also, falls du es dir anders überlegst“, scherzte er und lächelte verschmitzt. Ich schüttelte lachend den Kopf, wandte mich ab und ging zur Tür. Doch bevor ich die Türklinke berühren konnte, wurde sie von Law blockiert. Ohne jeglichen Kommentar hob er die andere Hand sanft an mein Gesicht, zog mich leicht zu sich heran und küsste mich. Sanjis Pov Auch wenn Jess sich eine Pause gönnte, die Bestellungen stapelten sich allmählich wieder und er wunderte sich, wo sie nur blieb. Er drückte seine Zigarette aus und ging zur Hintertür, wo sie immer Pause machte. Kaum hatte er die Türe geöffnet, stockte ihm der Atem. Da, direkt auf der anderen Seite der Tür, kaum einen Meter von ihm entfernt, war Jess. Doch sie war offensichtlich nicht alleine, denn sie schien in inniger Umarmung mit einem ihm, auf den ersten Blick, unbekannten Mann. Irgendwie passte Sanji diese Situation nicht. Er lehnte sich an den Türrahmen, zündete sich eine Zigarette an und räusperte sich. Jess schreckte von dem Kuss auf und warf Sanji einen geschockten Blick zu. Sofort löste sie sich von dem Typen, und ging mit hochrotem Kopf an Sanji vorbei zurück in die Küche. Der Mann hielt ihre Hand so lange es ging, aber er musste sie schweren Herzens gehen lassen. Dann sah er Sanji an. „Sieh mich nicht so an. Sie hat Gäste, und nur sie darf für sie kochen heute“, sagte Sanji kalt, ohne einmal von seiner Zigarette aufzublicken „Ich habe dein Poster gesehen, Trafalgar Law. Du wärst kein guter… Captain… für sie“, fügte er hinzu und betonte dabei das Wort „Captain“ besonders nachdrücklich. Law ballte die Fäuste und seine Augen verengten sich. Sanji drehte sich auf dem Absatz um, verschwand in der Küche und zog die Türe hinter sich zu. In der Küche hatte Jess die Arbeit bereits wieder aufgenommen, dieses Mal jedoch mit einem völlig anderen Schwung, als zuvor. Ohne ein Wort über die vorige Situation zu verlieren, schnappte sich Sanji die fertigen Teller und eilte aus der Küche. Jess‘ Pov Mein Herz raste. Ich konnte noch gar nicht glauben, dass er das getan hatte. Warum nur? Wollte er mich etwa mit einem Kuss davon abhalten meine Chance bei Whitebeards Crew zu nutzen? Er kannte mich doch nicht einmal. Ich kochte plötzlich mit einem solchen Elan, dass es mir vorkam, als hätte ich schon wieder seit fünf Stunden dagestanden, als schliesslich keine Bestellungen mehr eintrafen und sich die Türe zur Küche öffnete. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass einer nach dem anderen, die Küche verlassen hatte und ich nun vollkommen alleine war. Schwere Schritte näherten sich mir, während ich kein einziges Mal von meiner Arbeitsfläche auf-schaute. Ein Stuhl wurde zu der Anrichte gezogen und jemand setzte sich mir gegenüber. „Ich muss sagen, Mädchen, dein Essen ist mitunter das Beste, was ich in meinem Leben gekostet habe“, begann eine starke tiefe Stimme. Ich schaute kurz auf und blickte in das lächelnde Gesicht Edward Newgates, alias Whitebeard. Nun, da er so vor mir sass, war ich gar nicht mehr nervös seinetwegen. Seine Art hatte etwas Beruhigendes, gar Tröstliches. „Wie ist dein Name?“, fragte er und sah mich direkt an. „Jess“, antwortete ich, während ich einen Teller vorbereitete, „Jess…“ ich stockte. „Gurarararaaa. Keine Angst Jess. Der Ruf eines Nachnamens kann einen Menschen verfolgen bis an sein Lebensende. Wenn du dir diese Bürde nicht aufladen willst, dann ist das in Ordnung. Wir alle sind verstrickt in die Vergangenheit anderer“, bemerkte er und lachte. Ich nickte nur dankend und stellte ihm einen Teller mit Dessert hin. Er bedankte sich und ass ein paar Bissen. Ich legte alles zurück in den Kühlraum, zog einen Stuhl heran und setzte mich. Als Whitebeard fertig gegessen hatte schaute er mich an. „Gurarararaaa! Das war wirklich fantastisch! Ich danke dir“, sagte er erfreut und trank von dem Sake, den ich ihm ebenfalls hingestellt hatte. Er setzte die Sakeschale ab und wandte sich wieder mir zu: „Jess, du bist eine wirklich sehr begabte Köchin und eine aussergewöhnlich mutige und standhafte Frau, wie du uns allen an Ace demonstriert hast. Gurarararaaa!“ Ich wurde etwas verlegen beim Gedanken diesem Typen jemals wieder über den Weg zu laufen. Whitebeard fuhr fort: „Wie würde es dir gefallen auf meinem Schiff zu kochen? Mit Zutaten aus aller Welt, von denen du noch nicht einmal zu träumen gewagt hast“. Ich zögerte und antwortete nach kurzem Schweigen: „Glauben Sie an den All Blue?“ Whitebeard lachte: „Gurararararaaa! Natürlich! Warum sollte es ihn nicht geben? Irgendwo müssen doch alle Meere zusammenfliessen!“ Meine Miene hellte sich augenblicklich auf. Ausser Sanji hatten bisher alle darüber gelacht. Whitebeard musterte mich einige Sekunden ruhig, bis er eine Antwort verlangte: „Also? Willst du die Meere unter meiner Flagge frei erkunden und meine Tochter werden?“, während er dies sagte streckte er mir eine Hand entgegen. Ich sah unentwegt auf seine Hand. Dieser Mann glaubte an meinen Traum und bot mir an, ihn mir unter seiner Flagge zu erfüllen. In diesem Moment hatte ich mich entschieden. Ich nahm seine Hand und wurde zu einer Whitebeard Piratin. Laws Pov Nachdem Jess hastig in die Küche verschwunden war und dieser blonde Mistkerl ebenso, stolperte Law rückwärts zur Reling, wandte sich zur See, stützte seine Ellenboden auf der Reling ab und raufte sich die Haare. Warum hatte er das getan? War er völlig von Sinnen? Er hatte sich in eine so blöde Lage gebracht. Sich in eine Frau zu verlieben kam für ihn nicht in Frage. Nicht bei den Plänen, die er für die Zukunft hatte. Wenn sie in seiner Crew wäre, würde es die Lage nur noch verschlimmern, das wusste er. Er wäre verwundbar. Es fühlte sich an, als hätte er sich selbst, das Herz herausgeschnitten und würde es in seiner Hand zerquetschen. Waaah! Emotionen waren ja so was von lästig! Er schnappte sein Schwert, schulterte es und ging zurück zur Crew. Er wusste, dass Jess am Ende des Tages zu Whitebeards Crew gehören würde, aber dennoch musste er sie nur noch ein einziges Mal sehen. An ablegen war noch nicht zu denken. Ace’s Pov Das Gelächter seiner Crew ging ihm allmählich auf die Nerven. Draussen an der frischen Luft hatte er wenigstens kurz seine Ruhe. Er beschloss eine Runde auf Deck zu drehen und sich das Schiff anzusehen. Es war schon erstaunlich, ein so grosses Restaurant mitten im Meer zu betreiben. Praktisch natürlich, aber trotzdem, immer noch fantastisch. Genervt zupfte Ace an den Ärmeln des hellgrünen Hemds herum, welches ihm Marco freundlicherweise geliehen hatte, nachdem er von dieser Köchin beinahe in Stücke gerissen worden war. Auf dem Oberdeck angekommen lehnte er sich mit den Unterarmen auf die Reling und schüttelte ungläubig grinsend den Kopf. Diese rothaarige Köchin hatte ihn also so zugerichtet. Er wusste, dass man sich nie mit einem Koch auf See anlegen durfte, aber dieses Mädchen? Sie war knapp so alt wie er selbst. Bestimmt nicht älter als achtzehn. Zum Glück, dachte er, musste er sich nach diesem Tag nie wieder mit ihr herumschlagen. Das Geräusch einer Konversation ganz in der Nähe holte Ace aus seinen Gedanken. Er lauschte kurz und sah dann nach unten. Dort war sie, die rothaarige Köchin. Er sah einen Moment lang nur sie an, dann erst bemerkte er den Mann, der sich zu ihr gesellt hatte und der an der Reling mit ihr redete. Trafalgar Law, wenn er den Steckbrief richtig in Erinnerung hatte. Ein Rookie, der immer noch auf der Suche nach Mitgliedern für seine Crew war. Waren sie etwa befreundet? Kaum hatte er diesen Gedanken formuliert, küssten sie sich auch noch. Was zur Hölle war hier los? Augenblicklich wandte Ace sich ab und entfernte sich vorsichtig und leise einige Schritte von der Reling. Er wollte sie nicht unnötig provozieren und als Haifischfutter enden. Er grinste bei diesem Gedanken – als ob sie eine Chance stünde gegen ihn - und kehrte kopfschüttelnd und grinsend zurück an den Tisch im Speisesaal. Jess‘ Pov „Morgen früh legen wir ab“, sagte Whitebeard lächelnd. „Verstanden. Und ehm.. Captain?“ „Nenn mich doch Vater“, erwiderte er. „Ehm.. Vater? Ist der Typ, den ich vorhin verprügelt habe noch wütend deswegen?“, fragte ich zögerlich und immer noch etwas beschämt. „Ace? Gurararararaaa! Ach was! Der ist wahrscheinlich froh solange er denkt, dass er dich nicht mehr wiedersehen muss! Gurararararaaa! Wenn der erfährt, dass er von nun an nur von dir sein geliebtes Essen bekommt! Gurararararaa!“, lachte Whitebeard laut „Vergiss nicht, Tochter, jeder auf einem Schiff braucht ein gutes Verhältnis zum Schiffskoch. Der Schiffsarzt verarztet dich auch wenn er dich nicht mag, aber vom Koch kriegst du einfach nichts zu essen. Gurararararaaa!“. Ich lächelte und dankte ihm für diese Aufmunterung. Danach verabschiedete er sich für diesen Abend, danke mir nochmals für das Essen und verliess lachend die Küche. Fast augenblicklich trat Sanji durch eben jene Tür und rannte auf mich zu. Ich fand mich sogleich in einer riesigen Umarmung und einem Schwall an Glückwünschen wieder, die offenbar nicht aufhören wollten aus Sanjis Mund zu sprudeln. Nach einer Weile setzte er mich wieder ab und fragte aufgeregt: „Wann werdet ihr ablegen? Morgen früh?“, worauf ich nickte und erst wirklich realisierte, dass dies meine letzte Nacht auf der Baratie sein würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)