Neo Regnum von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 5: Kapitel 5 -------------------- Das Treffen auf taube Ohren 05. September 2087 Sektor 3, New Liverpool Langsam dämmerte es Sherry, wo Aran vor hatte hinzugehen. Es war eindeutig die Gegend, in der er wohnte. Und sie sollte Recht behalten. Das New Millennium Einkaufszentrum, an dem sie vorbeikamen, war nur wenige Straßen seiner Wohnung entfernt. Sie ist dort schon des Öfteren gewesen und hatte geshoppt. Meistens hatte sie hinterher Aran einen Besuch abgestattet oder ist gar davor zu ihm gegangen und hatte ihn einfach mitgenommen. „Jetzt warte doch mal und sag mir zumindest, was du vor hast“, sagte sie laut. Doch Aran reagierte nicht darauf und stürmte weiterhin mit schnellem Schritt voraus. Er schien nicht einmal daran zu denken stehen zu bleiben. Und hatte Sherry Probleme damit, mit ihm mit zu halten. Bald hatten sie das Gebäude, in dem sich seine Wohnung befand auch erreicht. Schlagartig blieb Aran stehen und Sherry stieß fast mit ihm zusammen. Sie stellte sich auf ihre Zehenspitzen, um über seine Schulter zu blicken. Da erkannte sie, dass der Zugang des Hauses bereits abgesperrt war und einige Einsatzwägen der USI davor standen. „Sie wissen also bereits davon“, sagte Aran mit gesenkter Stimme. Er wollte weitergehen, doch Sherry packte ihm am Arm und hinderte ihn daran. „Lass mich verdammt nochmal los“, schnauzte Aran sie aggressiv an. „Jetzt warte doch mal und komm wieder runter. Was gedenkst du hier zu erreichen?“, wollte sie ihm ins Gewissen reden. Doch er blickte sie nur wütend an, befreite sich aus ihrem Griff und ging weiter. Er ging geradewegs auf einstiges Zuhause zu. „Bitte gehen Sie, dies hier ist ein Tatort“, sagte ein USI Ermittler mit kalter Stimme, der hinter der Absperrung stand. „Ich bin Angehöriger“, sagte Aran. „Dann weisen Sie sich bitte aus.“ „Würde ich sehr gerne machen, aber mein Ausweis befindet sich in der Wohnung oben. Außerdem habe ich sehr wichtige Informationen über den Vorfall.“ „Wenn Sie Informationen geben können, wenden Sie sich bitte morgen an der nächsten Außenstelle und geben dabei auch einen Identitätsnachweis ab. „Wie soll ich denn bitte einen Identitätsnachweis abgeben, wenn sich dieser dort befindet, wo Sie mich nicht hinlassen?“, tobte Aran mittlerweile, doch der USI Ermittler verzog dabei keine Mine. „Es tut mir leid, ich habe Anweisungen keine Personen durch zu lassen, die nicht ihre Identität nachweisen können. Sie können im Einwohnermeldeamt einen neuen Ausweis beantragen“, erzählte der Ermittler weiter, als würde er desinteressiert ablesen. „Das dauert Wochen“, wurde Aran immer lauter. „Tut mir leid. Bitte gehen Sie jetzt, ansonsten bin ich dazu befugt Sie aufgrund von Hinderung von Ermittlungsarbeiten zu verhaften.“ „Einen Scheiß sind Sie hier am ermitteln.“ „Dies war meine letzte Warnung“, sagte der Ermittler, dessen Ton langsam strenger wurde und dabei mit der Hand in Richtung seiner Waffe ging, die sich in dem Holster an seinem Gürtel befand. „Gehen wir. Es bringt doch nichts weiter hier zu bleiben. Der wird dich eher noch erschießen, als dass er dich durch lässt“, mischte sich Sherry ein, die Aran wieder am Arm packte und versuchte ihn wieder weg zu zerren. Einen Moment schaute er den Ermittler noch grimmig in die Augen, bis er ihr folgte. „Was sollte das Ganze nun?“, wollte sie von Aran wissen, als wieder weggingen. „Im Treppenhaus sind Kameras installiert. Dieser Typ ist da sicher drauf zu sehen“, gab er als Antwort. „Aber die USI kümmert sich doch nun darum. Wir gehen morgen einfach noch einmal in die Außenstelle und vielleicht werden sie dann anhören, was du zu sagen hast, wenn sie erstmal wissen, was passiert ist“ „Wirklich? Denen interessiert der Fall doch einen Scheiß! In deiner Außenstelle kümmert es doch niemanden. Warum sollte es morgen anders sein als heute? Jetzt nichtmal hier, wo sie doch direkt sehen, was passiert ist, war es denen doch egal, dass ich Infos hab. Sie denken doch das Gleiche wie alle anderen und das obwohl sie unsere tollen Ordnungshüter sind. Nämlich dass ich doch nur ein Mensch zweiter oder dritter Wahl bin, bei dem man doch darauf scheißen kann, was er zu sagen hat“, regte er sich weiter auf. Doch Sherry stellte sich ihn in den Weg. „Aran, jetzt beruhig dich doch endlich mal. Klar, du bist total aufgewühlt wegen dem was da heute früh passiert ist. Aber bleib doch jetzt vernünftig. Was willst du denn schon tun?“, versuchte sie ihm ins Gewissen zu reden. „Ich werde dieses Arschloch selber finden und ihn mit meinen eigenen Händen umbringen“, sagte Aran, während er mit finsterem Blick Sherry zur Seite schob. Erneut packte sie ihn am Arm. Sie wusste, dass es keinen Sinn mehr machte, ihm zu widersprechen. Wenn er etwas wollte, ließ er sich auch nicht davon abbringen. Und besonders jetzt schien er so ernst wie noch nie zuvor zu sein. Außerdem war ich dann doch klar, dass er recht hatte. Niemand würde sich darum kümmern, was er zu sagen hatte. Menschen, die aufgrund der Strahlung einen Gendefekt hatten, wurden in New Liverpool als minderwertig angesehen. Es war ja schon generell eine ungewöhnliche Sache, dass solche Leute in einem der Wohlhabeneren Sektoren der Stadt leben. Die meisten mussten irgendwo in den ärmeren Bereichen sehen, wie sie zurechtkommen. Aber wie unwichtiger Dreck behandelt zu werden, musste Aran schon sein ganzes Leben ertragen, auch wenn bei ihm dieser Gendefekt nur so minimal war, dass seine Haare keine Farbpigmente produzierten. Die Leute sahen ihn trotzdem als einen durch Strahlung verseuchten Mutanten an, der doch besser in irgendeiner Grotte verrotten sollte. Ein Grund mehr, warum sich Sherry so sehr um ihn kümmerte. „Nagut, aber ich werde dir dabei helfen. Damit du nicht gleich in dein eigenes Verderben gerätst, wirst du meine Vorschläge auch annehmen, ist das klar?“, sagte Sherry. Aran nickte nur zustimmend. Er hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass sie ihn dabei unterstützen würde. Vielmehr habe er erwartet, dass sie es ihm wieder ausreden wolle. So war er jedenfalls wirklich zufrieden, nicht auf sich allein gestellt zu sein. „Was machen wir hier?“, wollte Aran wissen. Seine Stimmlage klang immernoch wütend. Sherry vermutete, dass sich seine Trauer nun in immer größeren Zorn verwandelte, je mehr der Schock nachließ. Sie wusste genau, dass solch eine Gefühlslage nach Rache dürstete. Immerhin musste sie sowas schon einmal miterleben. „Da wir ja wohl leider nicht an deine Aufnahmen der Überwachungskameras kommen, brauchen wir ja wohl auf eine andere Art und Weise ein Bild von dem Angreifer“, versuchte sie zu erklären. „Ja, und?“ „Hier wohnt Johanna. Weißt schon, die aus unserer Klasse. Sie…“, wollte Sherry sagen, doch Aran unterbrach sie dabei. „Vergiss es. Sie ist doch eine derjenigen, die mich am wenigsten leiden können. Warum soll sie helfen? Was hat das generell damit zu tun, dass wir ein Bild von diesem Arsch brauchen?“ „Sie wird uns helfen. Glaub mir, ich hab gute, sagen wir mal…Argumente. Die Sache ist, dass sie ziemlich gut in digitaler Gestaltung ist. Soll heißen du sagst hier wie der Typ aussah, sie kann auf dem PC ihn rekonstruieren.“ „Ich mag dieses Weib nicht“, meckerte Aran, worauf Sherry nur mit den Augen rollte. Sie klingelte an der Tür beim Namen Brown. Nach einigen Momenten sprach eine männliche Stimme durch den Lautsprecher. „Ja?“, sagte diese. „Hallo Mr. Brown. Hier ist Sherry. Ich würde gerne zu Johanna.“ Ein kurzen piepen ertönte und die Tür öffnete sich. „Hat Vorteile, wenn man öfter mit ihr an einem Schulprojekt arbeiten musste“, prahlte Sherry, während sie die Treppe nach oben in den zehnten Stock gingen. An der Wohnungstür wartete schon Johanna, ein großes, schlanken Mädchen, mit langen blonden Haaren und mehr Make-up als nötig. „Ich hab ja nichts dagegen, dass du am Freitagabend so spät kommst. Aber was macht der hier?“, schnauzte Johanna mit leicht überhobener Art und zeigte auf Aran. „Wir brauchen deine Hilfe, es ist ziemlich ernst“, wollte Sherry erklären. „Warum sollte ich dem denn bitteschön helfen?“ „Nun, du weißt ich bin wichtiges Mitglied des Schülerrats. Und ich sage mal so: wäre doch echt schade, wenn dein Antrag auf einen zusätzlichen Schulausflug abgelehnt werden würde. Findest du nicht auch?“, versuchte Sherry unterschwellig zu drohen. Aran war fast schon erstaunt wie gemein sie sein konnte. „Dein ernst? Du erpresst mich jetzt wirklich mit meinem Antrag, nur damit ich diesem Freak helfe? Kannst vergessen dass wir danach noch Freunde sind, wenn du das tust“, zickte Johanna weiter herum. Sherry trat näher an sie heran, zerrte sie in ihre Wohnung und schloss die Tür bis auf einen kleinen Spalt. „Hör zu, das ist wirklich eine ernste Sache. Sein Vater und sein Bruder wurden heute vor seinen Augen von irgendjemand umgebracht. Es würde dich wirklich nicht umbringen, wenn du zumindest heute ein einziges Mal nett zu ihm bist“, murmelte Sherry leise. Sie wollte wohl, dass Aran dies nicht mitbekam. Jedoch hörte er dennoch jedes Wort deutlich. „Oh…tut mir leid. Wusste ich nicht. Ich hab ja nichts direkt gegen ihn. Wenn er zumindest eine normale Haarfarbe hätte, fände ich ihn ja sogar ganz süß. Aber du weißt doch“, sagte Johanna, die nun ganz kleinlaut klang. „Klar, Gruppenzwang, Ruf und so weiter. Lass diesen Scheiß einfach. Also, hilfst du uns jetzt oder nicht?“ „Ja, okay. Was braucht ihr?“ „Die USI lässt Aran nicht mehr in seine Wohnung. Er bräuchte aber die Aufnahmen der Überwachungskameras, auf denen man den Angreifer sehen sollte. Aber so kommt er klar nicht ran. Also war meine Idee, du hilfst ihm das Gesicht von dem Typen am PC zu rekonstruieren.“ Danach ging die Tür wieder auf und Johanna machte eine Geste, dass Aran eintreten durfte. Die Wohnung der Familie Brown war zwar kleiner als die von Aran, jedoch protzte nur jedes Detail davon, dass sie viel Geld hatten. Überall standen Statuen, Gemälde, Vasen und andere Gegenstände, die nach nichts weiter aussahen, als dass sie viel Geld gekostet haben müssen. Aran konnte sich alles genauestens anschauen, als er ihnen folgte. Nur zu gerne hätte er diese Sachen kaputtgemacht. Auch Johannas Zimmer sah nicht besser aus, nur mit noch weniger Stil. Sämtliche Möbel sahen danach aus, als hätte irgendein Typ seine Träume die er in einem Drogentrip hatte irgendwohin gekritzelt und dies dann als Blaupausen für Designermöbel verkauft. Selbst das Bett sollte wohl danach aussehen, als wäre es die Schlafstätte einer Prinzessin in irgendeinem Schloss. Der Höhepunkt war ein fast lebensgroßes Plüschpferd, verziert mit Edelsteinen, welches neben einem pinken Sofa stand. Auf einem, wie Aran fand, unnötig hässlichem Schreibtisch stand ein PC. Er erkannte sofort, dass dieses Gerät hoffnungslos veraltet war. Dieser hatte noch nicht einmal rahmenlose Hologrammbildschirme, die seit gut 20 Jahren Standard waren. Aran wunderte sich, wie man mit so einem alten Ding überhaupt noch arbeiten konnte. Jedoch aller Verwunderung nach funktionierte der PC aber noch, als Johanna ihn einschaltete und er hochfuhr. Ohne groß Worte zu verlieren öffnete sie einfach ein Programm, das für Aran erst einmal den Eindruck nach einem einfachen Bildbearbeitungsprogramm für Reiche machte. „Dann beschreib mir deinen Angreifer“, sagte sie. Sie klang immernoch genervt, aber traute sich wohl nicht das nun auch wirklich zu zeigen. Es dauerte weit über einer Stunde, bis sie schließlich fertig waren. Aran war erstaunt, wie gut Johanna das Bild hinbekommen hatte. Ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken, wenn er auf den Bildschirm schaute und dort eins zu eins das Gesicht sah, welches ihn an diesem Morgen angriff. Die kahlrasierte Glatze, der breite, bullige Kiefer, die große Nase und die eiskalten Augen, die seine Familie ermordet hatte. „Irgendwie genau das, wie man sich einen Türsteher einer zwielichtigen Bar vorstellt“, sagte Johanna und druckte das Bild aus, das sie Aran gab. Er starrte es noch einmal hasserfüllt an, ehe er es zusammenfaltete und in seine Hosentasche steckte. „Danke“, sagte Sherry. „Spar dir dein Danke und sag mir lieber was mit meinem Antrag wird“, zickte Johanna wieder wie zu beginn. „Ich werde mich dann nächste Woche in der Schule darum kümmern“, antwortete Sherry. „Gut, dann verschwindet jetzt. Es ist schon spät und ich will ins Bett“, schnatterte Johanna. Dies ließ sich Aran nicht zweimal sagen und er verließ das Zimmer, anschließend die Wohnung. Er begegnete dabei einem kleinen, dickeren Mann mit Brille, der unerträglich nach Parfum stank. „Und du bist?“, fragte dieser unhöflich. Aran erkannte die Stimme als die wieder, die bei der Ankunft durch die Sprechanlage gesprochen hatte. Vermutlich also Johannas Vater. Ohne eine Antwort zu geben verließ Aran die Wohnung. Draußen konnte er hören, wie Sherry mit Mr. Brown sprach und dieser irgendwas über einen respektlosen Jungen redete, der gerade gegangen war. Sie schien sich zu entschuldigen und folgte Aran nach draußen. „Und was hast du jetzt vor?“, fragte Sherry als sie wieder draußen auf der Straße waren. „Diesen Mann finden und töten“, antwortete Aran trocken. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)