A ever changing Life von Satomi ================================================================================ Kapitel 35: Ein Dickschädel kommt selten allein ----------------------------------------------- Flackernd öffnet sich ihre Augenlider sieht über sich eine grau gekachelte Decke, eine Neonröhre, die sie blendet, weißgelb gestrichene Wände, irgendein Bild hängt an der gegenüberliegenden Wand. Nein das ist nicht ihr Zimmer, auch nicht die Schule, wo ist sie nur? Als sie immer wieder schluckt fühlt sich ihr Hals trocken und rau an. Sie fühlt sich miserabel. Das stetige Piepen links über ihr, zeigt ihren regelmäßig schlagenden Herzschlag an. Sie versucht sich aufzusetzen, aber ihre Hände stoßen auf Widerstand, so sieht sie erst nach links. Schwach schmunzelt sie, während sie sich wieder hinlegt, ihre linke Hand ist in der ihres Vaters eingeschlossen, während sein Kopf auf seinem linken Arm ruht, seine Augen geschlossen. Den Kopf dreht sie weiter nach rechts, stellt aber fest, dass Niclas dort ähnlich, wie Scott liegt und ihre Hand vorsichtig berührt. Ihr Blick wandert rechts entlang, Infusionsnadeln stecken in ihrer schienenlosen Hand und in ihrer Armbeuge, steckt eine größere, der dortige Schlauch ist rot, sodass sie weiter hinauf sieht, dort hängt ein Blutbeutel, wo sie B- lesen kann. Hingegen ist die durchsichtige Flüssigkeit, in ihren Handrücken eiskalt, widerlich, dabei kann sie spüren, wie die Flüssigkeit vom Handrücken ihren Arm hinauf, irgendwo in ihrem Schulterbereich verschwindet. Noch einmal sieht sie zu den Schlafenden und fragt sich, wieso die beiden schlafen. Es ist Taghell. Doch viel mehr würde sie etwas trinken wollen, ihr Hals und Rachen schmerzen. Sie bewegt ihre linke Hand, versucht dabei ihren Vater nicht zu wecken, sie schafft es mit ihrem Handrücken und Fingern seine Wange entlang zu streichen, sodass sie sieht, wie er wach wird. Verschlafen sieht er sie an, sodass sie versucht ihn anzulächeln. „Hey Dad.“ Ihre Stimme ist ein leises Flüstern, sie beobachtet, wie er sich aufrichtet, sich direkt zu ihr beugt und ihr einen Kuss auf die Wange gibt. „Wie fühlst du dich?“ „Ehrliche Antwort?“ Sie sieht sein ernstes Nicken. „Miserabel. Kann ich etwas zu trinken haben, mir tut der Hals weh.“ Ihre Stimme ist rau, immer wieder versucht sie es mit schlucken zu lindern. „Du darfst noch nichts trinken, sonst würde ich dir gerne etwas geben.“ Seine warme Hand an ihrer Wange lässt sie die Augen schließen. „Was ist überhaupt passiert?“ „Du hast mir eine Heidenangst gemacht, Nicky hat mir grob erzählt, was passiert ist. Erinnerst du dich an irgendwas?“ Sie überlegt, aber viel weiß sie nicht mehr. „Das Letzte woran ich mich erinnere ist Paolos Stimme gehört zu haben.“ An ihrer rechten Hand bewegt sich ihr Cousin, der sie genauso müde ansieht, wie Scott die paar Minuten zuvor. „Sophie, du bist wieder wach, ein Glück.“ „Hey.“ Sie beobachtet, wie sich Nicky müde streckt, als ihr an seinem rechten Arm das Pflaster auffällt, bei ihrem Dad ist ebenfalls so ein Pflaster, ihr Blick wandert erneut den roten Schlauch hinauf. „Habt ihr euch Blut abnehmen lassen?“ „Durch den allergischen Schock hast du innere Blutungen gehabt, als man sie gestoppt hatte, hattest du schon zu viel Blut verloren. Niclas hat sich ganz schön viel abnehmen lassen, um dich zu retten.“ Leise seufzt sie, sieht wieder zu der roten Flüssigkeit, die in ihrer Armbeuge verschwindet. „Nicht nur Nicky hat sich Blut abnehmen lassen, sondern auch du, das Pflaster an deinem rechten Arm verrät es mir.“ Sie schmunzelt darüber, sie haben ihr das Leben gerettet, als sie wieder zu Scott sieht, kann sie diesen ratlosen Ausdruck in seinen Augen sehen. „Ich verstehe nur nicht, wie es sein kann, dass wir dieselbe Blutgruppe haben.“ Ihr Blick schweift zu Nicky, der ihr schlichtweg zunickt. Vielleicht wäre jetzt der Zeitpunkt es ihm zu sagen, was er wirklich ist. Sie holt tief Luft, sieht den nervösen Ausdruck in Scotts Augen, als sie wieder zu ihm sieht. „Wir haben dieselbe Blutgruppe, weil ich deine Tochter bin.“ Sie beißt sich auf die Unterlippe, bevor sie weiter spricht. „Du bist mein leiblicher Vater!“ Kaum sind diese Worte ihr über die Lippen gekommen, laufen ihr Tränen an den Wangenseiten hinab, das Piepen neben über ihr wird unruhiger, bis Scott sich wieder zu ihr runter beugt und ihr die Tränen wegwischt, ihre Wangen entlang streicht, da tropft ihr eine seiner Tränen auf die Wange. „Dad, bitte weine nicht.“ „Wieso? … Wieso ich?“ Sie sieht ihm an, dass es ihn überfordert, fassungslos und glücklich zugleich macht, es zu erfahren. „Ich weiß nur, dass du mein leiblicher Vater bist. Papa war zeugungsunfähig.“ „Wie kann es…?“ Schluckend sieht sie in seine warmen braunen Augen, die ihren so ähnlich sind, wie sie ihm ähnlich ist. „Mama hat mir die Testergebnisse vor der Hochzeit gegeben und als sie so wütend war … wollte ich nicht, dass sie dir wehtut, … deswegen bin ich weggelaufen, ich wollte dich beschützen, so wie du mich immer beschützt hast. Aber, als ich deine Stimme am Flughafen hörte konnte ich nicht gehen. … Ich konnte einfach nicht mehr. Ihr zwei verschwandet und Derek war dabei, er weiß von den Ergebnissen. … aber in meinem Inneren zerbrach, wie zu Papas Tod alles erneut, nur hatte ich so ein komisches Gefühl, also hab ich nach dir gesucht und auch gefunden, du bist nicht wach geworden.“ Sie weiß gar nicht, wieso sie ihm das alles erzählt, aber immer mehr Tränen laufen hinab, in ihre Ohren, während ihre Stimme immer wieder bricht, dabei versucht Scott sie zu beruhigen. „Hey, ganz ruhig. Ich bin doch hier.“ „Ich weiß, aber ich habe selbst Derek eine geknallt, als er mich von dir weggezogen hat. Ich wusste nicht, wie ich es dir sagen soll, … du wusstest es wirklich nicht, das habe ich beim Belauschen zwischen dir und Grandma gemerkt. … Nicht nur ich wurde die ganzen Jahre belogen, auch dir wurden nur Lügen erzählt.“ Sie beißt sich auf die Lippe. „Papa hat gewusst, dass ich nicht seine, sondern deine Tochter bin. Er und Mama haben uns die ganzen Jahre belogen!“ Dieses Wissen, diese Tatsachen machen sie wütend, sodass sie das unruhige Piepen über sich nicht bemerkt, während ihre Atmung durch ihr Schluchzen ruckartiger geworden ist. Sie wird etwas ruhiger, als sie die warmen Lippen ihres Vaters an ihrer Stirn spürt. „Bitte beruhige dich.“ Nur bringen seine Berührungen an ihrer Stirn und Wangen nicht mehr viel, sie kann nicht aufhören zu weinen. Als er das begriffen hat hebt er sie hoch, setzt sich mit ihr auf seinem Schoß auf das Krankenbett, erschöpft von den ganzen Tränen spürt sie nur seine Wärme und Arme um sich, während die Schläuche und das Kabel an ihren Seiten hinab baumeln. Still laufen ihr noch wenige Tränen hinab, während er ihr überm Rücken streicht. „Ich habe dich lieb, Dad.“ Sie kann sein leises Seufzen hören, als sie ihn etwas umarmt. „Will ich auch hoffen, hab mir wegen dir fast zwei Liter Blut abnehmen lassen.“ Schon entsetzt darüber, wie viel er sich abnehmen ließ, krallt sie sich in seine Seiten, ignoriert dabei, dass sie ihm wehtut und sich beide Infusionsnadeln schmerzhaft tiefer in ihrem Handrücken und Armbeuge bohren. Neben ihr piept es erneut alarmierend, sodass sie den rechten Arm einfach sinken lässt. „Du dickköpfiger Papa.“ „Hast du mich gerade dickköpfig genannt?“ Ihr kommt ein Schmunzeln über die Lippen. „Wir sind uns zu ähnlich, beide dickköpfig und eigensinnig, keiner will nachgeben.“ Sie schmiegt sich an ihren Dad, dessen Berührungen auf ihrem Rücken beruhigend wirken, gar schläfrig machen. „Schläfst du mir etwa ein?“ „Wäre nicht das erste Mal, dass ich in deinen Armen einschlafe.“ Seit sie weiß, dass er ihr Vater ist, hat sie sich viel mehr an die Erlebnisse mit ihm erinnert, wie oft sie sich an ihn gekuschelt, in seinen Armen eingeschlafen und seine Wärme genossen hat. Wenige Minuten später ist sie eingeschlafen, bekommt nicht mehr mit, wie Scott darüber schmunzelt. „Sie ist wirklich eingeschlafen.“ In der Zeit, wo Sophie Scott alles erzählt hat, hat Niclas nur zugehört und versteht nun einiges mehr, aber etwas wundert ihn dennoch. „Du siehst glücklich aus, bist du denn nicht mal wütend, weil du ihr Vater bist?“ Mit einer halben Drehung und skeptischen Blick von Scott wird er angesehen, noch immer sitzt der Junge auf der anderen Seite des Krankenbettes. „Wieso sollte ich wütend sein? Ich bin sogar irgendwie glücklich, darüber es zu wissen. Ich habe mich öfters gefragt, wieso sie mir so ähnlich ist, wieso Hendrik oft meinte, sie sei wie ich. Ich habe einfach die ganzen Andeutungen und Zeichen falsch gedeutet oder nicht verstanden.“ Beide blicken hinab zu dem schlafenden Blondschopf in Scotts Armen, da fällt ihm etwas anderes ein, sodass er sich erhebt. „Ich werde mal Paolo schreiben, dass sie wieder in Ordnung ist.“ „Bevor du das tust, was ist noch passiert?“ Nicky beißt sich auf die Unterlippe, dreht sich zur Wand, in dieser Familie kennt man den anderen einfach. „Nicky, was ist noch passiert?“ Sein Kopf senkt sich und er streicht sich durch Haar. „Sie hatte ungefähr drei Minuten Herzstillstand, Paolo und ich haben uns mit den Maßnahmen abgewechselt, als er nicht mehr konnte, hab ich übernommen. Ich wollte nicht aufhören bis sie endlich wieder atmet und schließlich ist sie zurückgekommen, aber die hier im Krankenhaus haben kaum noch Reserve mit der Blutgruppe gehabt, da habe ich dich angerufen.“ Seine Stimme zittert und bricht an manchen Stellen. „Gibst du dir dafür etwa die Schuld?“ Nicky dreht sich mit Tränen in den Augen um. „Ja, ich habe nicht genug auf sie aufgepasst, zwei Minuten bevor sie zusammen gebrochen ist, war ich bei ihr. … Ich hätte es ihr nicht sagen sollen.“ Diesen skeptischen Blick seines Onkel umgeht er, als er versucht nicht wie ein kleines Kind anzufangen zu weinen und zieht die Nase nach oben, nur um sich über die Augen zu wischen. „Was hast du ihr denn gesagt?“ Nicky gluckst kurz, er ist wohl wirklich ein Idiot. „Wenn ich dir das sage, bringst du mich um.“ „Ich könnte es mir ja überlegen, also was war es, was du ihr gesagt hast?“ Seufzend holt der Jüngere Luft, sieht zu seiner Cousine, er kann es wohl nicht mehr leugnen. „Ich habe mich in Sophie verliebt.“ „Du hast was?“ Nervös sieht Niclas zur Tür, kurz davor vor seinem Onkel wegzurennen. Finster wird er von Scott angesehen, der Sophie noch immer in seinen Armen und Schoß liegen hat. Er hatte mit einem Gefühlsausbruch und mehr gerechnet, aber sein Onkel war noch nie der Typ, der ausrastet, was für ihn dieses Mal vom Vorteil ist. „Du weißt, dass sie mit Paolo zusammen ist?“ Er hat es mehrmals vergeblich versucht seine Cousine anzusprechen, aber Paolo duldet niemanden in Sophies Nähe, außer sich selbst. An dem Montag hat er es mitbekommen, wie Paolo einen Mitschüler gegen die Wand geschubst hat, nur weil dieser den Arm um Sophies Schulter gelegt hat. „Ja, das habe ich bemerkt, die zwei hängen ständig aneinander und Paolo lässt sie nicht aus den Augen, der hängt wie ein Schatten an ihr.“ „Wolltest du ihm nicht schreiben?“ „Ach stimmt ja.“ Schnell entscheidet er sich aber dem Anderen anzurufen statt zu schreiben. Deswegen geht Nicky aus dem Raum, sucht sich einen ruhigen Ort, wählt mit seinem Handy Paolos Nummer. Am anderen Ende meldet sich Paolo in einer Sprache, die er nicht versteht. Er reibt sich über die Stirn. „Hey Paolo, ich bin es Nicky.“ So wie der andere klingt ist dieser nun hellwach. „Was ist mit Sophie?“ „Ganz ruhig, sie ist überm Berg, zwar wird sie ein paar Tage im Krankenhaus bleiben müssen, aber ihr geht es soweit gut.“ Er kann Paolos Erleichterung und schluchzen hören. „Danke, bist wohl doch nicht so ein schlechter Kerl.“ „Ach, hast du mich so mies eingeschätzt?“ Er kann im Hintergrund jemand anderes hören, nur weiß er nicht wer genau das ist. „Was ist mit Sophie und wo ist Papa?“ „Jan, nerv nicht, wenn ich telefoniere.“ Jan? Er überlegt, wo er diesen Namen schon einmal gehört hat, als ihm das Hochzeitsvideo einfällt, der braunhaarige Junge dort hieß auch Jan, Sophies kleiner Bruder, sein Cousin. „Wieso ist denn der Kleine bei dir?“ Seufzend schenkt Paolo ihm die Aufmerksamkeit. „Ich habe ihn eben von der Schule geholt, weil sein Papa doch sicher mit bei Sophie im Krankenhaus ist, nur nervt es ziemlich, er fragt dauernd nach Sophie.“ „Sag ihm doch einfach, dass es Sophie bald besser geht.“ „In welchem Krankenhaus seid ihr denn?“ Er nennt Paolo das Krankenhaus, die Station und die Zimmernummer. So wie er das einschätzt wird Paolo wohl zum Krankenhaus kommen. Nach dem Telefonat geht er zurück ins Zimmer, wo Scott Sophie mittlerweile wieder in die Kissen gelegt hat und neben ihr auf dem Stuhl sitzt und ihre Hand hält. „Wie hat er reagiert?“ „Erleichternd, er hatte ziemliche Angst, dass sie stirbt.“ „Nicht verwunderlich, die zwei kennen sich seit dem Kindergarten.“ „Er hat Jan von der Schule geholt und wird scheinbar hierher kommen.“ „Oh Mist den habe ich ganz vergessen.“ Er beobachtet, wie sich Scott Vorwürfe macht. „Hat er Jan wirklich abgeholt?“ „Ja, es klang als wären sie auf dem Weg nach Hause, nur hat Jan die ganze Zeit gefragt was mit Sophie ist und wo du bist.“ „Es wundert mich nicht, dass sich Jan erkundigt, er hat seine Schwester gern.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)