Das Rudel des Westens von GwathNaAranThranduil (- Erzählungen von Geistern und anderen Dämonen) ================================================================================ Kapitel 3: 3. Das Blut des großen Fürsten ----------------------------------------- Nach weniger als einer Stunde war im Lager unter ihr vollkommene Stille eingekehrt, Rin schlief zusammengerollt an einer der Flanken des zweiköpfigen Drachens, während Jaken gegen einen Baum gelehnt leise schnarchte. Ein kurzes Lächeln huschte über das Gesicht der Dämonin, dann wandte sie sich wieder dem Wald zu. Diese drei dort unten – so nervig vor allem Jaken auch manchmal sein konnte – waren, zusammen mit Sesshomaru-sama, ihre Familie – ihr Rudel und wie jeder andere Inuyokai auch würde sie sterben um sie zu schützen. Egal ob sie es wollte oder nicht, es lag in der Natur des Hundes, dass diejenigen mit denen er immer zusammen war einen Platz in seinem Herzen bekamen und er für sie sterben würde. Auch wenn Sesshomaru die ersten vierhundert Jahre ihre gemeinsamen Reise der unnahbare Anführer gewesen war, der nicht nur einmal deutlich gezeigt hatte, wie wenig er sie mochte, so war er ihr Anführer, ihr Rudelführer und ihr Herr. Nicht nur einmal wäre sie den Giftklauen des mächtigen Daiyokai beinahe zum Opfer gefallen, nur weil sie eine unpassende Bemerkung gemacht hatte und doch hatte sie ihr Leben am Ende doch immer behalten. Schon damals als sie und der 800 Jahre ältere Dämon noch Kinder gewesen waren – auch wenn er schon beinahe erwachsen war – hatte er sie mehrere Male beinahe getötet. Allerdings war sie damals noch der Meinung gewesen, dass er sie wirklich hassen musste und einzig und allein die Tatsache, dass sein Vater seine schützenden Krallen über sie hielt, sie vor dem Tode bewahrte, heute jedoch war sie sich dessen nicht mehr so sicher. Sesshomaru hatte so viele Gelegenheiten sie zu töten, genauso wie er jedes Recht dazu gehabt hätte und dennoch hatte er es nie getan. Immer wieder war er in den ersten vierhundert Jahren ihrer Reise kurz davor gewesen, einige Male hatte sie ihn – nicht zuletzt dadurch, dass sie ihn niemals vollkommen als ihren Herrn akzeptieren konnte – so weit gereizt, dass sein Biest die Kontrolle übernommen hatte und doch hatte er sich jedes Mal rechtzeitig unter Kontrolle bekommen. Zwar war sie die paar Male in denen sein Biest sie angegriffen hatte schwer verwundet worden, jedoch war es ein Fakt, dass sie noch immer sehr lebendig auf diesem Baum saß und über ihr Rudel wachte. Nein, sie würde nicht nur die Menschen niemals verstehen, auch Sesshomaru-sama gab ihr unlösbare Rätsel auf. Gerade die Tatsache, dass er in den vergangenen zweihundert Jahren reifer geworden war machte ihr manchmal Angst. Er hatte begonnen sich trotz der Tatsache, dass er noch immer rastlos auf Reisen war um die Belange der westlichen Ländereien zu kümmern und er hatte begonnen sie als so etwas wie ein Rudelmitglied zu behandeln. Natürlich bewahrte sie das nicht davor noch immer von Zeit zu Zeit Bekanntschaft mit seinen Klauen zu machen, jedoch hatte die Rate dieser Übergriffe stark abgenommen. Der Herr der Inuyokai schien mehr und mehr an seiner Rolle als Fürst zu wachsen, mehr und mehr zu begreifen, was seine Aufgabe war und außerdem schien er durch das Menschenmädchen, welches er von den Toten zurückgeholt hatte, zumindest ein wenig mehr über seine Gefühle zu lernen – welche er dank seiner eiskalten Mutter doch immer perfekt zu verbergen gewusst hatte. Ja in letzter Zeit schien es manchmal so, als würde er sich wirklich Gedanken um jene machen, die ihm folgten wohin auch immer er ging. Rin stand über allen, Ah-Uhn war ein treuer Weggefährte, dem er den Schutz und den Transport des kleinen Mädchens anvertraute, Jaken war höchst wahrscheinlich genauso nützlich, wie nervig und sie? Ja sie war irgendetwas zwischen einem notwenigen Übel und beinahe schon einer Beraterin. Lange genug hatte sie an der Seite des großen Fürsten gelebt, um die Politik des Westens zum Teil besser zu verstehen, als sein eigener Sohn, der immer mehr darauf versessen gewesen war der stärkste und mächtigste aller Yokai zu werden. Nein, sie würde niemals schlau aus ihm werden, auch wenn sie sich eingestehen musste, dass es sie nicht sonderlich störte – nicht mehr störte zumindest. In letzter Zeit war Sesshomaru erstaunlich gesprächig mit ihr gewesen, hatte ihre Meinung zu politischen Fragen hören wollen, hatte ihr den Schutz des Menschenkindes anvertraut und ihr nicht wie sonst immer zugemutet ihn zu seiner Mutter zu begleiten. Er war beinahe schon sanft und besorgt gewesen, als sie sich vor einigen Wochen bei einem Kampf gegen einen Yokai verletzt hatte, auch wenn er diesen Wesenszug zum größten Teil hatte verbergen können, kannte sie ihn zu lange, als das er ihr vollkommen entgangen wäre. Und doch verstand sie nicht wieso er sich auf einmal so verhielt. Als der Wind plötzlich drehte bekam sie einen Geruch in die Nase, welcher sie dazu brachte beinahe vom Baum zu fallen. Noch einmal witterte sie und begann tief zu knurren. Sie wusste wer da draußen war, obwohl sie immer gedacht hätte diese beiden niemals wieder zu sehen. Wie war es überhaupt möglich, dass sie noch am Leben war? Sie war ein Mensch sie hätte vor hunderten von Jahren sterben sollen, aber dieser Geruch kam eindeutig von ihr, von Izayoi. Der zweite Duft war zur Hälfte der der Sterblichen und zur anderen Hälfte der schmerzhaft vertraute Geruch ihres Herrn. Einen langen Moment saß sie mit geschlossenen Augen da und witterte, zog die Essenz seines Duftes ein, wie sie es auch oft bei Sesshomaru tat, wenn er sie gerade nicht sehen konnte, dann weiteten sich ihre Augen plötzlich, da war noch ein anderer Geruch. Die Witterung des niederen Yokai bewegte sich rasend schnell auf den Ort zu, an dem Izayoi und der Welpe waren und noch bevor Sayumi reagieren konnte hallte der Schrei der Frau durch die Nacht. Mit einem letzten Blick auf ihr schlafendes Rudel sprang sie vom Baum und raste so schnell sie nur konnte in diese Richtung. Sie musste sie einfach rechtzeitig erreichen, sie hatte es ihrem Herren damals versprochen. Hatte ihm versprochen seine Familie zu beschützen und hätte Kimi-sama sie nicht gezwungen Sesshomaru zu dienen hätte sie dieses Versprechen auch halten können, so jedoch blieb ihr nur dieser eine Versuch und die beängstigende Chance dabei zu versagen. Noch einmal beschleunigte sie nun ihr Tempo und erreichte in wenigen Sekunden die Lichtung, auf welcher sich ein riesiger Dämon aufgerichtet hatte und die Klaue zum tödlichen Schlag erhob. Vor ihm kauerte eine verletzte Izayoi, welche sich schützend über ihren Welpen geworfen hatte, auch wenn sie wusste, dass sie ihn damit nicht schützen würde, wenn der Schlag des Dämons sie traf. Gerade als die Klaue des Monsters hinabrauschte nahm sie einen starken Luftzug wahr, dann hörte sie den Dämon schmerzverzerrt aufjaulen. Sayumi hatte ihm mit einem gezielten Hieb die Klaue abgeschlagen und landete nun kurz, um die Menschenfrau und ihr Junges hochzuheben und am Waldrand in Sicherheit zu bringen. In der Ferne konnte sie den Geruch des Fürsten ausmachen und innerlich bereitete sie sich bereits darauf vor den morgigen Tag nicht mehr zu erleben. Sie hatte ihr Rudel allein in der Nacht zurückgelassen um die Frau und das Kind zu retten, denen Sesshomaru die Schuld am Tod seines Vaters gab. Er würde sie definitiv umbringen. Seufzend wandte sie sich wieder an den Dämon und brachte ihn ohne größere Anstrengung zu Fall, schließlich fehlte ihrer eigenen dämonischen Kraft nicht allzu viel, um zur Daiyokai aufzusteigen. Bevor sie sich allerdings von dem zerstückelten Dämon abwenden konnte packte sie eine klauenbesetzte Hand und presste sie gegen den nächsten Baumstamm. Kalt und dennoch ausgesprochen zornig funkelte Sesshomaru sie an, während sich seine Krallen in ihren Hals bohrten und der geringe Anteil an Gift, welcher sich auch dann in ihnen befand, wenn er sein Youki nicht heraufbeschwor, ließ sie schmerzerfüllt jaulen. „Hatte ich mich nicht klar und deutlich ausgedrückt? Es war deine Aufgabe sie zu beschützen, während ich weg bin und was tust du? Lässt sie allein, um die Hure meines Vaters und ihr wertloses Halbblut zu retten?“ Zwar hatte seine Stimme kaum etwas von ihrer Emotionslosigkeit verloren und dennoch ließ sie Sayumi erzittern. „Bitte myLord, vergebt mir. Aber ich – ich musste ihnen helfen, ich – ich habe es Eurem Vater damals versprochen. Ich habe ihm geschworen sie zu schützen und auch wenn ich es nie konnte, so war ich doch in der Lage ihnen ein einziges Mal das Leben zu retten. Bitte myLord, er ist doch noch ein Welpe, eines Tages wird er keinen Schutz mehr benötigen, aber wenn er stirbt, dann war der Tod des großen Fürsten vollkommen umsonst.“ Beinahe bildete sie sich ein zu sehen, wie die Augen des Yokai sich bei ihren letzten Worten ein wenig weiteten, doch war es – wenn es überhaupt geschehen war – so schnell wieder vorbei, dass sie sich nicht hätte sicher sein können. „Dieses eine Mal schone ich dein Leben, da du im Wunsche meines Vaters gehandelt hast, sollte etwas derartiges allerdings noch einmal geschehen solltest du dir gewiss sein, dass ich dich töten werde.“ Bei seinen letzten Worten hatte er den Druck auf ihre Kehle noch einmal erhöht, sodass sie nun da er sie losließ röchelnd zu Boden fiel und der festen Überzeugung war, dass der Geruch den der Wind ihr zutrug nicht weiter als eine durch den Sauerstoffmangel hervorgerufene Halluzination war. Allerdings war das, was sie sah als sie aufblickte alles andere als beruhigend. Sesshomaru hatte sich knurrend vor ihr aufgebaut und blickte in die Richtung aus der auch diese Witterung kam. Konnte es sein? Nein es war nicht möglich. Es war Einbildung nichts weiter. Am anderen Ende der Lichtung löste sich nun eine Gestalt aus dem Schatten, welche in dem Moment, indem sein Blick auf Sesshomaru und Sayumi fiel wie vom Donner gerührt stehen blieb. Einen langen Augenblick lang schienen alle drei Yokai auf der Lichtung die Luft anzuhalten, Sesshomarus Muskeln waren zum Zerreißen gespannt, seine Augen schreckgeweitet und Sayumi hatte vor lauter Schock vergessen sich aus ihrer knienden Haltung hinter dem Inuyokai zu lösen. Nein, das war nicht möglich, er musste einfach eine Halluzination sein, er konnte nicht real sein. Die totenstille auf der Lichtung wurde von zwei zeitgleich eintretenden Ereignissen unterbrochen, welche es auch schafften die Yokai aus ihrer Starre zu holen. Zum Ersten bahnte sich Ah-Uhn, geführt von einem zeternden Jaken – der sich mal wieder beschwerte zurückgelassen worden zu sein – mit Rin auf dem Rücken einen Weg durch das Dickicht und zum Zweiten begann in diesem Moment der kleine Hanyou zu strahlen und in die Richtung des neu hinzugekommenen Yokai zu rennen, so schnell ihn seine kurzen Beine tragen konnten. Spätestens der erleichterte und von kindlicher Freude geprägte Ausruf brachte dann den Fluss der Zeit wieder in Gange. „Vater!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)