Zeiten des Schreckens von SweeneyLestrange ================================================================================ Kapitel 4: Strategiewechsel --------------------------- Der nächste Morgen nahm keinen guten Anfang. Barty fühlte sich nach der vergangenen Nacht erschöpfter denn je, denn wie zu erwarten gewesen war, hatte er kaum Schlaf bekommen. Müde schlurfte er hinunter ins Esszimmer und wollte gar nicht an den bevorstehenden Tag denken. „Guten Morgen“, murmelte er zu seinen Eltern und nahm auf einem der eleganten Holzstühle Platz. Der verheißungsvolle Duft von einem köstlichen Frühstück stieg in seine Nase und weckte seine Lebensgeister. Während er sich eine großzügige Portion Rührei mit Speck auftischte und nach dem Toast griff, fiel sein Blick zu seinem Vater, der hinter dem aufgeklappten Tagespropheten verschwunden war. Auf dem Titelblatt war von irgendeinem Vorkommen die Rede, das kaum der Aufmerksamkeit wert war, bedachte man all die anderen Ereignisse der letzten Zeit. Dennoch beruhigte es Barty, dass bisher nichts von dem Fall Underwood an die Ohren der neugierigen Reporter oder gar an die Öffentlichkeit gedrungen war. „Habt ihr heute wieder so einen langen Tag?“, fragte Mrs Crouch irgendwann in das unangenehme Schweigen hinein. Barty sah von seinem Darjeeling-Tee auf, an dem er gerade nippte, und spähte hinüber zu seinem Vater, der seufzend den Tagespropheten zusammenfaltete. „Du weißt, dass Arbeitszeiten in diesen schweren Zeiten keine Rolle spielen. Es wird so lange gearbeitet, bis eine Lösung gefunden worden ist oder bis zumindest etwas erreicht wird!“, sagte dieser. Mrs Crouch schwieg bedrückt. Ihre schmalen Hände umklammerten die feine Porzellantasse, als suchte sie Halt. „Überarbeitet euch nicht. Winky hat gesagt, dass ihr heute Nacht wieder sehr spät zu Hause wart.“ Mr Crouch seufzte. Dabei sah er zu einer kleinen Uhr, die auf einer Kommode stand. „Wir müssen los“, sagte er knapp. Barty nickte ergeben, auch wenn er nicht umhin konnte, noch einen bedauernden Blick auf sein halbgegessenes Frühstück zu werfen. Danach verabschiedete er sich mit einer flüchtigen Umarmung von seiner Mutter und folgte seinem Vater ins Kaminzimmer. Es war zu einer alltäglichen Routine geworden; das wortkarge Frühstück, der Weg zum Kaminzimmer, das Aufheben der ledernen Aktentaschen, der Schritt in den Kamin. „Ins Zaubereiministerium!“ Dann folgte das Flohpulver und von einer smaragdgrünen Flamme wurde man verschluckt. In einer geübten Bewegung klopfte Barty sich den Staub von der Robe, während er eilig aus dem Feuerplatz stolperte und seinem Vater den langen Gang entlang folgte, an dessen Seiten sich weitere Kamine befanden. „Du siehst erschöpft aus, ist alles in Ordnung?“, bemerkte sein Vater auf einmal. „Alles in Ordnung“, antwortete Barty und tat sich schwer damit, seine Überraschung über das plötzliche Interesse an seinem Befinden zu verbergen. „Es war ein langer Tag und ich konnte nicht gut schlafen.“ Mr Crouch nickte knapp. „Sieh zu, dass du dich davon nicht einschränken lässt. Ich erwarte höchste Konzentration!“ „Sehr wohl, Sir.“ Teilnahmslos sah Barty in das betriebsame Gewimmel, das bereits im Atrium herrschte. Über ihren Köpfen schwirrte eine Vielzahl an violetten Memos, während das Getrampel eiliger Schritte die große Halle erfüllte. „Der heutige Tag ist von wichtiger Bedeutung“, fuhr Mr Crouch neben ihm fort, was Barty dazu brachte, doch noch zu seinem Vater zu sehen. Zu seiner Enttäuschung gab dieser aber nicht mehr preis. Schweigend gingen sie weiter ihren Weg durch das Zaubereiministerium. Vereinzelt gab es Zauberer, die Mr Crouch höflich, teils auch freundlich grüßten und dann gab es welche, die ihn mit offenkundigem Missfallen begegneten. Barty hingegen wurde kaum Beachtung geschenkt. Er war der einfache Sohn des Leiters der Magischen Strafabteilung. Fleißig — wie man sich sagte — aber nicht der Rede wert. Er stand im Schatten seines Vaters und wurde von diesem verschluckt. Barty hätte es gehasst, wenn ihm diese Position nicht unsagbar wertvolle Vorteile einbrachte. Vor ihnen öffnete sich ratternd das goldene Gitter des Fahrstuhls und ein Strom von geschäftigen Zauberern ergoss sich auf den langen Gang, der an der Aurorenzentrale vorbei zu den Büros der Magischen Strafverfolgung führte. Nachdenklich schritt Barty den Weg entlang, während er zu den großen Fenstern sah. Wie so oft in letzter Zeit zeigten sie strahlenden Sonnenschein, der nicht nur für diese späte Jahreszeit unüblich war, sondern kaum zur derzeitigen Situation passte. Es hätten dunkle Sturmwolken sein müssen, ein Gewitter mit kräftigen Blitzen. Aber den Ministern war nicht daran gelegen, die Stimmung noch schlechter zu machen, als sie ohnehin schon war. Dafür gab es schließlich Vorgesetzte wie Barty Crouch Senior. Verächtlich sah Barty zu seinem Vater. Sie hatten die Abteilung erreicht; Barty wollte sich soeben an seinen Schreibtisch setzen und seine Arbeit vom Vortag wieder aufnehmen, da bedeutete Crouch ihm zu folgen. „Mitkommen“, brummte er. Etwas erstaunt lief Barty ihm zum angrenzenden Büroraum hinterher. Bevor er jedoch die Frage stellen konnte, was sein Vater wollte, sah er weitere Zauberer hereinkommen. Bei den meisten handelte es sich um Auroren, darunter auch Moody und Longbottom. „Ich möchte, dass so etwas wie diese Nacht nicht noch einmal vorkommt“, donnerte Crouch, kaum dass alle anwesend waren. Mit irgendwelchen Floskeln der Begrüßung hielt er sich gar nicht erst auf. Stattdessen starrte er auf die kleine Runde von Zauberern und schien vor unbändiger Wut über ihren Misserfolg zu kochen. „Wir hatten fast einen Zeugen, fast! Vielleicht hätten wir sogar Namen bekommen können“, rief er, während er aufgebracht vor seinem Schreibtisch auf und ablief. „Wir müssen unsere Anstrengungen verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen. Wir sind ganz nah dran gewesen, diesen Abschaum zu fassen.“ „Barty“, knurrte Moody. „Das ist nicht deine Aufgabe. Warum sind wir hier?“ Barty konnte sehen, wie sein Vater zu einer heftigen Erwiderung ansetzte, sich dann aber in den Griff bekam. „Wir können niemandem mehr trauen“, sagte er leise. „Das hat der gestrige Tag gezeigt, wie Sie vielleicht wissen. Nachdem Underwood gestanden hat, mit Wilf Stroud in Kontakt zu stehen und in seinem Laden Todesser getroffen zu haben, wurde eine kleine Gruppe von Auroren losgeschickt, um den Ladeninhaber festzunehmen und Beweise zu sammeln, mit denen wir weitere Todesser nach Askaban hätten schicken können. Stattdessen haben unsere Auroren das Dunkle Mal am Himmel gefunden, als sie in der Nokturngasse ankamen. Wilf Stroud ist tot und sein Laden fast komplett in einem Feuer vernichtet worden.“ Bitteres Schweigen füllte das Büro. Jedem stand das Grauen und der Misserfolg vor Augen, von dem Mr Crouch berichtete. „Ich möchte deshalb, dass Sie versuchen, gefangene Täter noch vor der Anhörung zu befragen. Wir brauchen Informationen, bevor sie in die falschen Hände geraten können.“ „Ich weiß nicht, ob das so einfach ist. Bagnold möchte über alles informiert sein, wenn herauskommt, dass-“ „Was ist Ihnen wohl lieber, Mr Featherstone: Dass sie das Land vor dieser Bedrohung bewahren oder dass Sie Gefahr laufen, wichtige Informationen an den Feind zu verlieren?“, fuhr Crouch dazwischen. Mr Featherstone verstummte sichtlich eingeschüchtert und scharrte stattdessen unwohl mit seiner Stiefelspitze über den blanken Boden. Niemand bemerkte, wie Barty aufmerksam zu ihm hinübersah. Im Vergleich zu den anderen Anwesenden, die alle einen mehr oder minder entschlossenen Gesichtsausdruck trugen, wirkte Featherstone am unsichersten. Selbst Frank, dem seine Skepsis anzusehen war, zeigte wie die übrigen vier Auroren die grimmige Entschlossenheit, alles Notwendige zu tun, um die Pläne des Dunklen Lords zu vereiteln. „Ich habe Sie heute hier einberufen, weil ich von Ihnen glaube, dass Sie nicht mit irgendwelchen Machenschaften von Du-weißt-schon-wem in Kontakt stehen. Im Ernstfall haben wir Bagnold auf unserer Seite, doch je weniger Informationen nach außen und zu ihr dringen, desto sicherer werden wir sein“, erklärte Mr Crouch schließlich. „Was ist mit dem Widerstand?“, wagte es Frank einzuwenden. Tiefe Verachtung grub sich in Mr Crouchs Gesicht. „Wir müssen Du-weißt-schon-wen mit der Kraft der Regierung zu Fall bringen, wenn wir unser Ansehen in der Zaubererwelt wahren wollen. Ich erwarte, dass Sie alle dem Ministerium treu bleiben.“ Moody brummte etwas Unverständliches, schien aber keine konkreten Einwände zu haben. „Du weißt, dass ich das tue, was ich für angemessen halte, Barty“, knurrte er. Crouch nickte. „Gut“, sagte er dann, als sich niemand sonst noch zu Wort meldete, „wichtige Dokumente werden ausschließlich an meinen Sekretär oder direkt an mich weitergegeben — so gehen wir sicher, dass kein Außenstehender an diese Informationen kommt.“ Somit wusste auch Barty, was er mit der Sache zu tun hatte. Er war der Sekretär, der seinem Vater den Hintern hinterher tragen durfte. Er war jedoch auch einer der wenigen, die — wie es aussah — äußerst vertrauliche Informationen bekommen sollten. Barty verkniff sich ein triumphierendes Lächeln und verfolgte stattdessen, wie sich die kleine Versammlung aufzulösen begann, nachdem alles Wichtige besprochen worden war. „Bartemius“, sagte sein Vater schließlich, als alle anderen gegangen waren. „Ich möchte alles, was man über Wilf Stroud weiß, zusammengetragen haben. Und dann setz einen Termin für Underwoods Verurteilung an. Der Fall hat eine deutlich höhere Priorität bekommen, weshalb ich mich darum kümmern werde.“ „Verstanden, Sir“, entgegnete Barty steif. „Und gib Acht“, fügte Crouch auf einmal hinzu, kurz bevor Barty sein Büro verlassen hatte, „du bist in einer sehr wichtigen Position. Solltest du in irgendwelche Schwierigkeiten geraten, gefährdet das alles, wofür wir arbeiten.“ Barty drehte sich nicht mehr zu seinem Vater um. Er blieb einfach stehen, den Rücken zu ihm gewandt, und nickte schweigend. Er wollte nicht, dass er das verräterische Zucken in seinen Mundwinkeln bemerkte. Wenn ihm das denn tatsächlich aufgefallen wäre. So aber murmelte er nur ein demütiges „Sehr wohl, Sir“, und machte sich an die Arbeit. Das Gerichtsverfahren für Underwood war schnell in die Wege geleitet. Das Ministerium war froh, der Öffentlichkeit Ergebnisse präsentieren zu können und so wurde Peter Underwood im Beisein des Zaubergamots, der Zaubereiministerin, Millicent Bagnold, sowie dem Vorsteher, Bartemius Crouch Senior, auf lebenslänglich nach Askaban verurteilt. Seinem Wimmern und Klagen, dass er keine Wahl hatte, dass er unter dem Imperius gestanden habe, hatte man keine Beachtung geschenkt. Das Veritaserum hatte genug aus ihm hervorgelockt, um ihn verurteilen zu können. Tatsächlich hatte er gestanden, seine Funktion als Vergiss-Mich missbraucht zu haben und in vielen Fällen den Muggeln nicht nur das Gedächtnis gelöscht, sondern, wenn es sich angeboten hatte, sie mit einem Unverzeihlichen umgebracht zu haben. Genauso schnell waren Informationen über Wilf Stroud eingeholt worden, die zum großen Unmut Crouchs keinerlei Spuren enthielten, mit denen weitere Todesser hätten gefasst werden können. In Barty wuchs indessen der Frust über die geringe Informationsfülle, die es über die Norrell-Tragödie zu geben schien. Wie Rodolphus bereits vermutet hatte, hatten die meisten ihr Bestes getan, den Fall unter den Teppich zu kehren. Selbst während Underwoods Verurteilung hatte man ihm kaum Relevanz beigemessen und sich stattdessen auf andere Beweise berufen. Und so erarbeitete sich Barty mit quälender Langsamkeit Stück für Stück ein weiteres Teil des großen Puzzles. ~*~ Es war später Abend. Die kalte Winterluft schnitt Barty ins Gesicht, während er schnellen Schrittes durch die kleine, dunkle Gasse lief. Niemand wusste, dass er hier war. Zusammen mit seinem Vater war er von einem anstrengenden Tag nach Hause gekehrt, nur um kurz darauf wieder aus dem Haus zu schleichen. In weiter Ferne konnte Barty das Bellen eines Hundes vernehmen. Ein schwacher Lichtstrahl durchbrach die Düsternis, als in einem Fenster der Vorhang beiseite gezogen wurde. Hastig drückte sich Barty in die Schatten und wartete, bis der schwache Lichtschimmer wieder verschwunden war. Er war froh, dass noch kein Schnee gefallen war, in dem er verräterische Spuren hinterlassen hätte. Schließlich erreichte er eine kleine schiefe Holztür. Neben ihr waren vier alte, verrostete Platten angebracht, auf denen in unleserlicher Schrift die Namen der Bewohner standen. Doch Barty scherte sich darum nicht. Vorsichtig zog er seinen Zauberstab hervor, öffnete die alte Haustür und betrat das muffige Treppenhaus. Das bläuliche Licht eines abgeschwächten Lumos’ fiel auf die versifften Wände. Barty zog unwillkürlich die Nase kraus bei dem Anblick dieses erbärmlichen Zustands und machte sich dann auf in den zweiten Stock. Leise murmelte er mehrere Zauber, mit denen er ein starkes System an Sicherungsvorrichtungen entdecken konnte. Für einen Augenblick überlegte er, ob es nicht einfacher sein würde, anzuklopfen und sich zu erkennen zu geben, doch war sein Ehrgeiz geweckt. Voller Konzentration schloss er die Augen und begann, Zauber zu weben, mit denen er eine Lücke in dem Schutz schaffen konnte. Als er fertig war, öffnete Barty vorsichtig die Tür und zuckte bei dem plötzlichen Quietschen, das ertönte, erschrocken zusammen. Verdammt! Daran hatte er nicht gedacht. Eilig murmelte er einen Spruch, der die Geräusche dämpfte und betrat die staubige Wohnung. Sie war klein und leer und eigentlich nicht mehr als ein weiterer Treffpunkt für Kontaktaufnahmen. Langsam ging er tiefer hinein. Doch auch so wusste er bereits, dass niemand hier war. Verärgert erlaubte er sich ein lautes Stöhnen und machte sich daran, die Schutzvorrichtung wieder herzustellen. Er war sich sicher gewesen, dass er ihn heute hier antreffen würde — dafür hatte er sich zu sehr in bestimmte Alltagsroutinen fallen lassen. Aber was schadete es schon, wenn Barty ein bisschen warten würde? Mit einem Grinsen machte er es sich in einem der Sessel bequem, wobei er sich die Überraschung ausmalte, die ihm ins Gesicht geschrieben stehen würde, wenn… „Bei Slytherin!“ Müde blinzelte Barty und versuchte zu erfassen, was geschah. Wo er sich befand. „Was machst du denn hier?“ Langsam krochen seine Gedanken zurück und schoben sich wieder an die richtige Position. Er war zu dem Treffpunkt gegangen, um Rabastan zu Rede und Antwort zu stellen, doch es war niemand da gewesen und dann… Erschrocken fuhr Barty hoch. Er war eingeschlafen! Wie hatte er so dumm sein können? „Tut mir ja leid, ich wollte dich wirklich nicht wecken“, erklang es nun spöttisch und Barty spürte einen groben Stoß gegen sein Bein. „Lass das“, brummelte Barty. „Wer hat mir denn aufgelauert?“ Barty sah finster zu Rabastan und entdeckte erst da die junge Hexe, die dicht an seine Seite geschmiegt war. Unwillkürlich zog er die Augenbrauen hoch und gab Rabastan einen bedeutungsvollen Blick. „Keine Sorge, sie wird schon nicht singen, stimmt’s?“ Mit einem Grinsen wandte der ältere Todesser sich an seine Begleitung, die mit einem leisen Kichern antwortete. Etwas gefiel Barty daran nicht. Ausdruckslos sah er von der Frau zu Rabastan. „Ich muss mit dir reden“, war alles, was er kühl sagte. „Oooh ist ja gut.“ Rabastan warf theatralisch die Arme in die Luft und richtete dann seinen Zauberstab auf die junge Begleiterin. „Obliviate“, murmelte er. „Du gehst wieder zurück und weißt von nichts, ja?“, hörte Barty den Todesser flüstern. Mit einem Nicken befolgte sie den Befehl und verschwand kurz darauf in den smaragdgrünen Flammen des Flohpulvers. „Bist du sicher, dass sie nichts sagt? Man könnte ihren Weg zu diesem Kamin zurückverfolgen“, sagte Barty skeptisch. „Was ist mit dir?“, fuhr Rabastan ihn verärgert an. „Sie weiß doch nicht mal, wer ich bin, wie soll man da Rückschlüsse ziehen können, dass das hier’n Versteck ist?“ Barty zuckte die Achseln und lümmelte sich tiefer in die Polster des Sessels. „Ich finde nur, dass wir vorsichtig sein sollten. Das ist alles.“ „Wahrscheinlich bist du einfach nur neidisch.“ „Neidisch?“ Verwundert sah Barty zu Rabastan. „Klar, schließlich vergnüge ich mich zwischendurch.“ „Das hat damit nichts zu tun!“ „Nicht?“ Grinsend trat Rabastan näher und lehnte sich lässig vor, wobei sein Stiefel auf der Armlehne des Sessels ruhte. „Ich wette, du hast’s noch nie richtig getan, oder?“ „Was soll das?“, fuhr Barty ihn an und spürte, wie ihm heißes Blut ins Gesicht schoss. Unwohl rutschte er vor Rabastan zurück und versuchte dessen triumphierendem Blick standzuhalten. Er erinnerte sich an leise Worte und manchmal hatten sich schüchterne Blicke getroffen, die mehr als tausend Worte gesagt zu haben schienen. Ein Kribbeln regte sich in ihm. „Ich hab recht, oder?“, fragte Rabastan, obwohl es eigentlich keiner Antwort mehr bedurfte. Sein Grinsen war breiter geworden und er hatte sich noch tiefer zu Barty gebeugt, der ihm sichtlich auszuweichen schien. „Du hast keine Ahnung“, antwortete Barty heftig und stand flink auf, um Abstand zu gewinnen. „Wirklich nicht?“ „Ja!“ Dieses Wort klang so kläglich, dass es Rabastan zum Lachen brachte. Und obwohl Barty sich noch immer nicht ganz wohl fühlte, konnte er nicht anders, als einzufallen. „Na ja, musst du wissen“, meinte Rabastan schließlich achselzuckend. „Würd dir aber raten, dass es sich ohne Stock im Arsch leichter leben lässt. Vertrau mir.“ Bartys Augenbrauen wanderten nach oben. Das sagte der, der vor wenigen Wochen nicht nur vom Dunklen Lord sondern auch vom eigenen Bruder für seine Dummheit verprügelt worden war. Dennoch beließ er es dabei. Jetzt war keine Zeit für so etwas. „Warum hast du dich eigentlich nicht mehr gemeldet?“, fragte er stattdessen. „Oh, hattest du Sehnsucht nach mir?“, witzelte Rabastan. Barty schwieg jedoch finster. „Schon gut, schon gut, ich höre auf. Ich hab versucht ’n paar Dinge zu richten. Und auf meinen Bruder konnte ich auch verzichten“, erklärte Rabastan nun wieder ernst, während er es sich in dem Sessel bequem machte, in dem kurz zuvor noch Barty gesessen hatte. „Gibt’s zu“, fügte er dann mit einem spöttischen Lächeln hinzu, „mein Bruder hat dich auf mich angesetzt.“ Barty sagte nichts, sondern starrte nur mit ausdrucksloser Miene auf den Todesser vor sich. In seinem Kopf ging er bereits durch, wie er nun am besten vorgehen sollte, um ihn für sich gewinnen zu können. „Hör mal mit dem Scheiß auf“, brummte Rabastan schließlich gereizt. „Wir sind hier nicht im Ministerium, da kannst du ruhig was offener sein. Also: Hat Rodolphus dich auf mich angesetzt?“ Barty zuckte abwägend die Schultern. „Nicht ganz. Er will wissen, wie dir der Fehler passieren konnte. Das war’s auch.“ „Wahrscheinlich hat Vater sich eingemischt“, schnaubte Rabastan verächtlich und legte den Kopf in den Nacken. „Es gilt Familienehre zu wahren. Ich darf keine Schande machen“, imitierte er mit tiefer Stimme Mr Lestrange. „Dabei hab ich nur meinen Job gemacht. Es hätte alles gut laufen können. Ehrlich! Alles war durchgeplant.“ Erwartungsvoll horchte Barty auf. Sein Körper spannte sich unmerklich an bei dem Gedanken, dass Rabastan tatsächlich kurz davor war, aus dem Nähkästchen zu plaudern. Doch der ältere Todesser bemerkte das nicht. „Rosier ist der Kleinen gefolgt. Musste dafür sogar so’n Muggelfahrzeug nehmen. Avery und ich standen auf Position und haben die nette Begrüßung vorbereitet. Niemand hätte eine Möglichkeit gehabt, uns zu verraten!“ „Aber jemand hat geplaudert“, bemerkte Barty ruhig. Rabastan nickte wütend. „Ja, irgendso’n Verräter.“ „Was ist mit Underwood?“ Überrascht sah Rabastan auf. „Underwood stand fest unter unserer Kontrolle. Eher hätte Avery sich verplappert, als dass dieses Halbblut geplaudert hätte.“ Barty schwieg nachdenklich und überlegte, wie er weiter vorgehen sollte. „Hast du mitbekommen, dass Underwood verurteilt worden ist?“, fragte er schließlich vorsichtig. „Ihm wurde Kontakt zu Todessern vorgeworfen und über ihn sind sie an Wilf gekommen.“ „Um Wilf hab ich mich gekümmert“, sagte Rabastan leise und starrte finster ins Leere. „Wir mussten wegen dieser Kacke einen unserer besten Treffpunkte aufgeben. Und seitdem ist ständig irgendwo ’n Spitzel in der Nokturngasse.“ Frustriert strich er sich das Haar aus der Stirn und stand auf. „Du hast also keine Ahnung, was genau schief gelaufen ist?“, hakte Barty nach. „Nein, verdammt!“, fuhr Rabastan ihn an. „Ich weiß, dass wir Underwood unter Kontrolle hatten, ich weiß, dass alle anderen Punkte des Plans perfekt ausgeführt worden sind und ich weiß, dass dieser beschissene Haufen der Magischen Patrouille plötzlich angewackelt kam und alles zunichte gemacht hat!“ „Und danach habt ihr die Norrells getötet und das halbe Dorf in die Luft gejagt, richtig?“ „Kann man so sagen“, stieß Rabastan grimmig hervor. „Und von dieser scheiß Patrouille haben wir ordentlich welche mitnehmen können.“ Das würde erklären, warum sie in der Magischen Strafabteilung mittlerweile unterbesetzt waren. Der Gedanke amüsierte Barty und lockte ein flüchtiges Lächeln hervor. Schnell rief er sich jedoch in Erinnerung, dass es weitere Punkte zu klären galt, denn wenn er Rabastan glauben konnte, lag der Fehler gar nicht bei ihm, sondern war anders entstanden. „Ich versuche noch mehr im Ministerium herauszufinden“, sagte Barty nur. „Heißt, du hast noch keinen Erfolg gehabt?“ „Wenig“, gab Barty missmutig zu und starrte unwillkürlich zum Fenster hinaus. Dann riss er sich zusammen. „Aber ich habe was anderes für dich, was von Interesse sein könnte.“ „Und das wäre?“, fragte Rabastan neugierig. Barty lächelte ein finsteres Lächeln. „Es gibt eine Schwachstelle unter den Angestellten meines Vaters. Ich bin mir sicher, dass wir eine nette Informationsquelle hätten mit den richtigen … Druckmitteln.“ Auch in Rabastans Gesicht erschien ein Grinsen. „Ich verstehe“, sagte er. „Und von wem genau ist die Rede?“ „Mr Featherstone.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)