Über Freunde und Helden von GrauW0lf ================================================================================ Kapitel 38: Vergeltung ---------------------- „Bitte Tante Cass, bleib hier!“ Um Ruhe bemüht versuchte Hiro, seine Tante davon zu überzeugen, dass nichts geschehen würde, was ihm offenbar eher schlecht als recht gelang. Nervös kaute Cass auf ihren Nägeln herum, während sie ihn immer und immer wieder darum bat, auf sich Acht zu geben. Gogo und die anderen saßen indes startbereit auf Baymax‘ Rücken und ein jeder von ihnen checkte noch einmal seine Ausrüstung, während Gogo angespannt auf ihrem Kaugummi herumkaute. Sie hatten Tante Cass bis hierhin eskortiert, doch nun mussten sie weiter. Schon seit sie hier waren, hörte man in der Ferne zahlreiche Polizeisirenen und Explosionen. Gogos Nerven waren zum Zerreißen gespannt und sie brannte darauf, diesem Irren endlich in seine hässliche Visage treten zu können. Auch um Freds Willen. „Und bitte, was immer du tust, schalte nicht den Fernseher oder das Radio an!“ beschwörte Hiro Cass und sprang mit diesen Worten zu seinen Freunden auf Baymax. Ohne ein weiteres Wort ließ der Roboter die Düsen an und die Big Hero 6 erhoben sich in den Nachthimmel. „Du weißt, dass sie trotzdem den Fernseher anschalten wird?“ bemerkte Gogo mit einem sarkastischen Unterton und Hiro ließ als Antwort ein Seufzen vernehmen. „Ja, ich weiß.“ Geräuschvoll zischte die Nachtluft an ihrem Helm vorbei und unter ihnen schimmerte das grenzenlose Lichtermeer der Stadt. „Meinst du, es war so eine gute Idee, Sora alleine zu lassen?“ fragte Honey nervös an Hiro gewandt. „Alles gut, Honey. Ihr Bruder wird ihr nichts tun und von dem Neuraltransmitter hat sie noch einen als Ersatz. Sie wird klar kommen.“ Gogo stimmte dem im Stillen zu und versuchte, jeden weiteren Gedanken in diese Richtung zu verdrängen. „Der Kerl wird doch net abwarten un Tee schlürfen. Der wird uch noch kommen.“ fügte Wasabi mit missmutiger Miene hinzu. „Natürlich wird er das. Allerdings mache ich mir mehr Sorgen darum, was sein Onkel vorhat. Um Naoko kümmern wir uns, wenn es so weit ist.“ In den Straßen unter ihnen brausten unter Blaulicht und Sirene zahlreiche Polizeiwagen in Richtung Innenstadt. „Wie sieht der Plan aus?“ fragte Honey in die Runde. „Erst einmal müssen wir rausfinden, was da eigentlich los ist …“ Gerade als Hiro den Satz beendet hatte, erschütterte eine Explosion die Stadt und ein unheilvolles Knistern rauschte an ihnen vorbei. „Mein Display …“ begann Honey mit einem Mal irritiert. Auf die fragenden Blicke ihrer Kameraden erwiderte sie: „Es hat geflackert.“ Hiro sagte dazu nichts, doch sah man dem Hamada deutlich an, dass er nachdachte. „Dort!“ Wasabi hob den Arm und deutete auf die Gruppe Hochhäuser vor ihnen. Die Lichter der Gebäude waren erloschen, gleichsam wie die der unzähligen Autos, die eben noch die Straßen erhellt hatten. „Alles klar!“ rief Hiro aus. „Ich lade euch beide da unten ab!“ Er sah dabei zu Wasabi und Honey. „Honey, du scannst das vorhandene Material, was auch immer dort wartet. Wasabi, du gibst ihr Rückendeckung.“ „Roger!“ riefen beide im Chor. „Was hast du für mich vorgesehen?“ wollte Gogo wissen und legte die Scheiben in ihre Schienen. „Ich werde von oben Aufklärungsarbeit leisten und du wirst von den Polizisten in Erfahrung bringen, was sie schon wissen!“ Gerade als Baymax in den Sinkflug überging, flackerten die Lichter der Stadt wieder auf und enthüllten den Ursprung des Chaos. Etwas Riesiges wirbelte den in der Luft fliegenden Staub auf und offenbarte sein dunkles Antlitz. „Dat is net sein Ernst …“ Schwarze, metallschimmernde Scheren, groß wie Lastwagen, schlugen Autos und Wände ein, als bestünden sie nur aus Papier.  Sechs, ebenfalls aus schwarzem Stahl bestehende Glieder, drei zu jeder Seite, trugen den massigen Körper durch die Straßen. Klackend zog der Körper einen ebenso langen, mit Platten bestückten Schwanz hinter sich her. Der Kopf der Maschine, eckige Formen in schwarzem Metall geformt mit ebenso schwarzem Glas, hob sich und fixierte die ankommenden Freunde. „Echt jetzt?“ Krachend brach die Ecke des Gebäudes zu der Linken der riesigen Maschine und ließ einen Regen aus Beton und Glas auf die Straße niedergehen. Autos barsten unter der Wucht der Fassade und panisch kreischend liefen die Menschen wie aufgeschreckte Hühner den Platz entlang. Die großen Zangen bohrten sich in die Fassaden der Gebäude an den Seiten der Straße und rissen klaffende Löcher in die Wände. „Dat is en verdammter Skorpion!“ sprach Wasabi es schließlich aus, als mit einem Mal sich Baymax mit mahnendem Unterton zu Wort meldete: „Wir wurden erfasst.“ Überrascht sah Hiro zu seinem Roboter herunter. „Erfasst? Wovon?“ Laut klackernd öffneten sich die Panzerplatten am Schwanz des Skorpions. Zischend entwichen den nun frei liegenden Löchern zwei Raketen und rasten, einen weißen Schweif hinter sich herziehend, auf den roten Roboter zu. „Haltet euch fest!“ bellte der Hamada seinen Freunden entgegen und Baymax legte sich in eine enge Kurve. Ängstlich klammerte Wasabi sich an die riesigen Arme des Roboters und wimmerte laut, während die Raketen zischend an ihnen vorbei flogen. Ein Knall und die Spitze sprang auf und enthüllte unzählige kleine Kugeln, die sich hinter ihnen auf die Stadt ergossen. „Was ist das?!“ wollte Honey laut rufend wissen, doch bekam sie ihre Antwort prompt. Kaum berührten diese Kugeln den Boden, explodierten diese in laut krachenden Feuerkugeln und legten einen Teppich aus Feuer unter ihnen aus. Ein erneutes Klacken und zwei weitere Raketen entwichen der Maschine, begleitet von einem tiefen Brummen. „Achtung!“ rief Hiro und leitete das nächste Ausweichmanöver ein. Ein Raunen ging durch die Straßen, untermalt von einem leisen Knistern und in Gogo breitete sich ein mulmiges Gefühl in der Magengegend aus. Dasselbe Knistern wie Sekunden zuvor und die Lichter um sie herum erloschen. Gogo spürte, wie eine Last von ihrem Rücken fiel, und erschrocken drehte sie sich um. Sie sah gerade noch, wie ihre Scheiben laut scheppernd auf Baymax‘ Rücken aufkamen und dann in die Tiefe rutschten. „Was …?!“ Ihre Stimme zitterte erstaunt, doch hatte sie keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, als sie das unheilvolle Zischen der Raketen vernahm. „Baymax! Hochziehen!“ bellte der Hamada dem Roboter entgegen. Doch dieser reagierte nicht. Stattdessen sank er immer weiter. Ein kurzer Blick und Gogo erkannte panisch, dass seine Düsen deaktiviert waren. „Wir stürzen ab!“ hörte sie die hysterische Stimme Hiros und, als sie den Blick wieder nach vorne richtete, blickte sie ihr eigenes Spiegelbild an, während hinter ihnen die Welt in Flammen aufging. Laut krachend durchschlugen die Freunde die im Feuer und Licht schimmernden Fenster des Towers. Abrupt kam Baymax zum Stehen und Gogo riss es von seinem Rücken. In der Luft versuchte sie sich noch zu stabilisieren, als sie mit ganzer Wucht auf einem der Schreibtische landete und mitsamt des Computers, der Tastatur und Maus, Drucker und allerlei Equipment scheppernd auf dem Boden aufkam und schließlich rutschend an der Wand zum Stehen kam. „Ah …!“ stöhnte sie leise auf. Schmerzvoll meldete sich ihr Körper zu Wort. Einige Stellen ihres Anzugs waren aufgerissen und so manches Rinnsal an Blut benetzte den schwarzen  Stoff. Panik hatte sie gelähmt und auch jetzt noch hämmerte ihr Herz gegen die Brust, als würde es jeden Moment bersten.   Neben ihr lag Wasabi kopfüber an die Wand gelehnt. „Gott … dat wird der mir büßen …“ knurrte der Riese leise, doch hörbar erleichtert. Vor ihr lag der leblose Körper Baymax‘, dessen Aufprall ihn tief in den Boden getrieben hatte. Zu ihrem Glück, wie Gogo erschrocken erkennen musste. Sein Gewicht hätte die Freunde locker zerquetschen können. „Statusbericht …“ hörte sie den Hamada am anderen Ende des Büros sagen. „Lebe!“ Honey war die erste, die ihren Arm erhob und so taten Wasabi und Gogo es ihr gleich, bevor sie sich vorsichtig erhoben. „Was war das?“ warf Wasabi in die Runde und sah Gogo fragend an. Sie wollte gerade den Mund öffnen, als Hiro geräuschvoll die Taschen seines Anzugs aufriss und die Microbots leblos zu Boden rieselten. „Meine Tasche ist auch aus.“ fügte Honey hinzu und Wasabi versuchte, seine Handschuhe zu aktivieren. Nach ein paar Versuchen verkündete er gereizt: „Tot.“ Hiro sah zu Gogo auf und sie erkannte in seinem Blick, dass er dasselbe dachte. „EMP …“ sprachen beide im Chor und die anderen hoben irritiert die Augenbrauen. „Ein elektromagnetischer Puls. Ein Starker Mikrowellenimpuls aus einem mit Kondensatoren gespeisten relativistischen Magnetron , der sämtliche Elektronik sofort beschädigt oder lahmlegt!“ erklärte Gogo tonlos, während Hiro sich an Baymax‘ Hinterkopf zu schaffen machte. „Das wird das Knistern gewesen sein.“ fügte Wasabi hinzu und verschränkte die Arme vor seiner Brust. Honey war indes mit Gogo an das Fenster getreten und blickte mit sorgenvoller Miene hinaus. Alles um sie herum stand in Flammen, während die Männer und Frauen der Polizei und deren Spezialkräfte alles Feuer auf den Skorpion konzentrierten. Es war eine unglaubliche Hitze zu spüren und Gogo beschlich ein Gefühl der Machtlosigkeit. „Ohne panzerbrechende Munition haben die keine Chance.“ hauchte Honey ihr entgegen und Gogo lenkte den Blick wieder zu Hiro. „Wie sieht es aus?“ „Der Puls war in einem niedrigen Frequenzbereich! Seine Elektronik ist nur gestört. Wenn ich ihn reboote, sollte er wieder laufen.“ erwiderte der Hamada. Wasabi trat neben ihn. „Und unsere Ausrüstung?“ „Moment.“ Eifrig zimmerte Hiro an Baymax herum und gab der Truppe damit die Möglichkeit, nach dieser Aktion erst einmal durchzuatmen. Gogo wusste, dass dieser Absturz auch ganz anders hätte ablaufen können, und doch verdrängte sie diesen Gedanken schnell wieder. Mit einem Surren begannen sich Baymax‘ Extremitäten wieder zu bewegen. Ein kurzer Griff und auch die Microbots meldeten sich zurück, indem sie sofort eifrig ans Werk gingen. Geräuschvoll ließ Hiro die kleinen Roboter über Wasabis Handschuhe fließen, gleich wie Wasser, ehe sie dasselbe bei Gogo und Honey taten. Honeys Brille hatte es beim Aufprall zerrissen, aber die Tasche schien intakt, und auch Gogos Jetpack arbeitete wieder. „Jetzt muss ich mir nur noch meine Scheiben holen.“ gab sie seufzend zu, doch das würde in diesem Chaos keine leichte Aufgabe werden. „Wenn das hier vorbei ist, werde ich ein paar Peilsender einbauen. Jetzt haben wir andere Sorgen!“ Baymax hatte sich wieder erhoben und war bereits dabei, sich für das Verletzen seines Sicherheitsprotokolls zu entschuldigen, als Wasabi dazwischen platzte: „Wir brauchen nen neuen Plan.“ Der Riese war zu den beiden Frauen ans Fenster getreten und betrachtete nun ebenfalls den in den Straßen wütenden Skorpion, während ihm der Schweiß die Stirn hinunter ran. Hiros Stirn war in Falten gelegt und genervt rieb er sich das Kinn. „Wir sollten erst einmal rausfinden, was er vorhat.“ schlug Gogo nach einer kurzen Pause vor und erntete ein verhaltenes Nicken seitens ihres jungen Anführers. „Ja …“ Er dachte kurz nach. „Wir sollten damit anfangen, die Menschen aus dem Gebiet zu evakuieren.“ „Sollte dat die Polizei net tun?“ „Ja und dafür werden wir sorgen.“ Mit dem letzten Wort sah er zu Gogo, die nur zustimmend nickte. „Wasabi und Gogo werden die Evakuierung unterstützen, während Honey und ich dieses Ding von der Luft aus bekämpfen werden.“ Er wandte sich der Blondine zu: „Funktioniert deine Kanone noch?“ Ein kurzes Klicken und die Tasche fuhr den Lauf aus, den Honey sofort schulterte. „Ich werde ihm ein paar Ladungen in seinen Allerwertesten ballern.“ Honey grinste zuversichtlich in die Runde, auch wenn Gogo nicht wirklich davon überzeugt war. In solchen Momenten fehlte ihr Fred. „Gut, dann hat jeder seine Aufgabe. Jede Auffälligkeit wird mir sofort gemeldet.“ instruierte Hiro seine Freunde noch einmal, ehe er sich erhob. „Treten wir ihm in den Arsch.“ Wenige Sekunden später saßen sie auch schon auf Baymax‘ Rücken und starteten mir fauchenden Düsen in den Himmel. Der Skorpion hielt zielstrebig auf den Fransokyo Tower zu, an dessen Fuß die Einsatzkräfte eine Wagenburg errichtet hatten. Und auch Gogos Scheiben lagen dort auf der Straße. Die Freunde überflogen den Skorpion und hielten direkt auf die Wagenburg zu. Baymax flog tief über sie hinweg und Gogo sprang mit brennenden Düsen ab. Geräuschvoll landete sie direkt auf einem der Autos vor den verdutzt dreinblickenden Beamten. „Es müssen Männer in die Gebäude, da sind Menschen drin. Die würden genau in die Schusslinie laufen!“ erklärte sie lautstark den Polizisten, die sie fragend anstarrten. „Führen Sie sie am besten durch Keller oder die U-Bahn raus, Hauptsache weg von der Straße! Und sperren sie alles ab, bis hinten zur 39.!“ Der Truppführer schien nicht zu glauben, was er da hörte, und er raunzte sie an: „Seit wann nehme ich von Ihnen Befehle entgegen?!“ Sein Protest wurde jäh unterbrochen, als Baymax neben ihm auf einem der Autos landete. Das Blech riss und die Scheiben barsten dabei und verteilten sich auf der ganzen Straße. Erschrocken blickte der Beamte den Roboter an, dann rief er seinen Kollegen zu: „Rein in die Gebäude! Bringt die Leute nach unten, möglichst weg von der Straße!“ „Alles klar!“ erwiderte einer der Männer und rannte los, während der Officer an sein Mikro griff: „Wir errichten eine Absperrung bis runter zur 39.!“ Ein Lächeln stahl sich auf Gogos Lippen und sie wandte ihren Blick Hiro neben ihr zu. „Weiter geht’s.“ Ein kurzes Surren und die magnetischen Scheiben rasten wieder an ihren Arm. Wasabi sprang nun auch ab und gemeinsam rannten sie dem Tower entgegen, als der Riese seinen Arm hob und seine Stimme aufgeregt durch ihre Lautsprecher hallte: „Er hat uns bemerkt!“ rief er panisch und Gogo sah, wie die riesigen Zangen sich erhoben und die versammelten Einsatzwagen mit einem lauten Grollen durch die Luft warfen. Erschrocken warf sie sich zur Seite, während eines der Autos in ihre Richtung segelteund scheppernd auf dem Asphalt neben ihr aufkam. Sofort schoss Baymax über den Skorpion hinweg und Honey feuerte aus allen Rohren. „Ziel auf die verdammte Kanzel!“ fluchte Gogo ins Mikro hinein und erhob sich mit zitternden Knien wieder. Dem Befehl gehorchend konzentrierte die Blondine ihre Feuer auf den Kopf des Ungeheuers. Dampfender Glibber überzog das Glas und raubte ihm, nach Gogos Hoffnung, die Sicht. Diese Gelegenheit nutzend sprintete die kleine Frau auf den Eingang des Gebäudes zu, das nur noch wenige Meter von ihnen entfernt war. Zu dessen Toren hatten sich einige Polizisten verschanzt, während ihre Kollegen bereits das Gebäude stürmten. „Was auch immer er vorhat, er darf das Gebäude nicht erreichen!“ diktierte Hiro angespannt und zog mit Baymax eine enge Kurve um den Körper des Skorpions, während Honey dazu überging, ihre Geschosse auf die mechanischen Glieder der Maschine zu verteilen. „Er wird langsamer!“ rief Wasabi freudig aus. Ein lärmendes Rattern und die Platten an der Seite der Kanzel öffneten sich. Eine kleine Welle aus wuselnden Microbots ergoss sich daraus, die schnurstracks auf die Kanzel und die Glieder zuhielten. „Ne, oder?“ Stichflammen und Fetzen von Glibber flogen durch die Luft und nach wenigen Sekunden lagen die Gelenke wieder frei. „Wir bekommen Besuch!“ rief Honey durch das Mikro und hastig blickte Gogo zur Seite. Sie erkannte unter dem Skorpion die Silhouette eines Motorrads, das mit hoher Geschwindigkeit auf sie zuhielt. Fauchend und krachend durchbrach die Maschine die Wagenburg und das Motorrad raste zwischen seinen Beinen hindurch. Mit einem Mal erhob sich der Fahrer, sprang ab und das Vehikel schoss donnernd auf Wasabi zu. Mit einem Zischen durchschnitt das Plasma den Stahl und ließ das Motorrad in zwei glühenden Stahlklumpen an Wasabi vorbeifliegen. Ein siegessicheres Lächeln stahl sich auf seine Lippen und beinahe hätte er auch noch motiviert aufgeschrien, als die Silhouette Naokos durch den Rauch brach und mit den Füßen voran auf Wasabis Brust landete. Die Luft aus dessen Lungen gepresst, landeten beide auf dem Boden. Wütend und schnaubend erhob sich Wasabi, während der Yamoro sich geschickt abrollte, sein Schwert zog und sofort zum Angriff überging. Plasma krachte zischend auf Plasma und erfüllte die Luft mit dem Geruch verbrannten Eisens. Die Freunde verloren keine Sekunde und stürzten sich ebenfalls in den Kampf. Baymax landete donnernd hinter Wasabi und feuerte seine Fäuste in Naokos Richtung, während Honey den Boden unter seinen Füßen in Eis verwandelte. Hinter dem Yamoro öffnete der Skorpion laut fauchend sein metallenes Maul und enthüllte etwas, das verdächtig aussah nach einer … „Bitte sag mir, dass das ein Witz ist ...“ flehte Hiro. Laut surrend begannen sich die Rohre zu drehen. „In Deckung!“ rief Gogo. „Hiahahahahaha!“ Das Gelächter Gunners schallte laut durch die Straßen, untermalt von dem Surren und Klicken der Gatlinkanone, die laut kreischend ihren todbringenden Regen über die Straße verteilte, mittendrin Naoko mit gesenktem Blick stehend. Wie Feuerstrahlen gingen die Schüsse auf die Gruppe nieder, die hinter Baymax‘ Rücken und Wasabis Plasmaschild Schutz gesucht hatte. Alle, bis auf Gogo, die den Abstand zum Feind nicht mehr hatte verringern können und nun auf offener Straße hinter einem steinernen Vorsprung kauerte, die Arme über ihre Köpfe haltend. Der Asphalt splitterte um sie herum und sie wagte es nicht, ihren Kopf zu heben. „Du hast dir aber viel Zeit gelassen!“ schrie die hysterisch lachende Stimme Odas und leise surrend endete das Feuer. Der junge Yamoro ließ den Spruch unkommentiert und zog stattdessen sein zweites Schwert, die rote Klinge, nicht ohne dabei Hiro aus den Augen zu lassen. „Ihr Kinderlein kommet.“ verkündete die blecherne Stimme Odas und knackend öffnete er die Kanzel. Gogo stockte der Atem, als sie den Wahnsinnigen darin sitzen sah. Seine Arme und Beine waren völlig verdrahtet und verkabelt, gleichsam wie sein Kopf. Den Bart hatte er sich abrasiert, zusammen mit den Haaren auf seinem Kopf. Vorsichtig senkte er den Kopf der Maschine und erhob sich aus seinem Sitz. „Ihr steht mir im Weg, wisst ihr das?“ Langsam und gespielt anmutig trat er aus der Kanzel heraus, die unzähligen Kabel und Drähte hinter sich herziehend und gesellte sich zu seinem Neffen. „Du bist völlig gestört!“ hielt Hiro ihm entgegen und Oda kicherte nur. „Nein, Kleiner, nur wahnsinnig. Und Wahnsinn …“ Er legte seine Hand auf Naokos Schulter. „… liegt bei uns in der Familie.“ Als er wieder von seinem Neffen abließ, zeigte er mit zitterndem Zeigefinger abwechselnd auf die Big Hero 6. „Ein weiser Mann hat einmal gesagt …“ Er stockte und rieb sich nachdenklich den nicht mehr vorhandenen Bart. „Nein, das muss ich anders erklären.“ Gogo indes kochte vor Wut über diesen Verrückten. Die Stadt um sie herum versank in Rauch und Feuer und der Kerl stand dort vor seiner Maschine und schwang seine Rede. Ihren Freunden erging es nicht anders, doch wagte es keiner, nach vorne zu stürmen. Nicht, solange Naoko mit griffbereiten Schwertern neben ihm stand. „Hab ich euch schon mal erklärt, was Wahnsinn ist?“ Oda lächelte kurz, dann biss er sich auf die Unterlippe. „Ich bekomme seinen Wortlaut einfach nicht hin.“ Gogo spannte jeden Muskel an und war entschlossen loszuschlagen, wenn sich eine Gelegenheit ergeben sollte. „Ach, wisst ihr was? Das ist eigentlich auch egal. Ich habe einen Zeitplan einzuhalten. Entschuldigt mich also bitte.” Ohne ein weiteres Wort drehte er um und stieg gerade wieder in die Maschine, als die angespannte Stimme eines Beamten durch ein Megafon peitschte: „Oda Nobusake!“ Mit einem genervten Gesichtsausdruck wandte er sich den Einsatzkräften zu, die an den Flanken des Skorpions Stellung bezogen hatten und ihre Waffen auf ihn gerichtet hatten. „Nehmen Sie die Hände hoch und ergeben Sie sich! In wenigen Minuten wird die Nationalgarde hier sein!“ Oda kicherte verhalten. „Panzer und Kampfhubschrauber. Ich denke, das wird interessant.“ „Das ist unsere letzte Warnung!“ brüllte der Polizist noch einmal, doch Oda drehte sich bereits wieder um. Flink sprang er in die Kapsel und schloss diese, noch ehe die ersten Kugeln ihn erreichten. „I don’t want to set the World on Fire.“ trällerte er aus voller Kehle. „I just want to start A flame in you’re heart.“ Unter Dröhnen und dem anhaltenden Gesang erhob sich der Skorpion. „Kommst du mit, Neffe?“ rief er zu Naoko hinunter und dieser richtete seine Prothese auf den Kopf, surrend schoss seine Hand davon, verhakte sich und zog ihren Meister am Stahlseil nach oben, während die mächtigen Beine damit anfingen, den wuchtigen Metallkörper die Fassade des Towers emporzuhieven. „Wir müssen die Menschen dort raus holen!“ Wie auf Befehl stürmten einige der Polzisten in das Gebäude und auch Gogo und Wasabi schlossen sich denen wortlos an. Das erste, was ihr in die Augen fiel, war die große Ankündigung einer Feier zur Einweihung des Towers und sofort richtete sie sich an die Beamten: „Sie werden das Gebäude von unten räumen, wir fangen oben an!“ Ohne eine Antwort abzuwarten, drückte sie Wasabi in Richtung der Treppe. „Bist du wahnsinnig?! Dat sin jut un gern hundert Stockwerke!“ Gogo seufzte. „Dann eben in die Aufzüge!“ bellte sie ihn an und schob ihn in Richtung der genannten Transportboxen. Innen drin hämmerte sie auf den obersten Knopf und rumpelnd kam der Stahlkasten in Fahrt. Begleitet von nerviger, monotoner Musik begann der Riese murmelnd zu fragen: „Weeßte, wat jetzt praktisch wäre?“ „Was …?“ erwiderte Gogo genervt und blies ihre Kaugummiblase auf. „Warum haben wir egentlich keene Flugpeds oder so wat in der Art?“ Mit zuckenden Augenlidern und platzender Kaugummiblase fragte die kleine Frau: „Was?“ „Na so kleene fliegende Transportdinger … Motorräder oder so wat … Damit wa nich immer uf Baymax fliegen müssen …“ Verlegen kratzte Wasabi sich am Kinn. „Ich frag enfach Hiro, wenn dat hier vorbei ist …“ murmelte er leise zu sich selbst. Dann blieb er still und die langweiligen Klänge der Musik übernahmen wieder die Geräuschkulisse. Mit dem erlösenden Klingeln öffnete sich die Fahrstuhltür und sie stürmten hinaus in einen Gang, an dessen Ende bereits der Eingang des Festsaales prangte. „Dort!“ wies Gogo und rannte mit Wasabi im Schlepptau los. Mit einem lauten Krachen riss dieser die Tür auf und blickte sofort in zahlreiche verdutzte Gesichter. Ratlos sahen die hohen Herren und Damen die beiden Gestalten an der Tür an. Es war eine kleine Feier. Ein Büfett und Kellner, die mit Wein und Sekt beladene Tabletts voller Gläser durch die Reihen flanierten. Ein eben solcher stellte sich nun vor die beiden Eindringlinge, während die Gäste mit zunehmender Lautstärke ihre Gespräche wieder aufnahmen. „Haben Sie eine Einladung Mr. und Mrs. …?“ Gogo und Wasabi drückten sich an dem Butler vorbei durch die aufgeschreckte Menschenmenge. „Sie müssen hier raus und zwar sofort!“ rief Gogo den Gästen entgegen. Die meisten schnaubten nur verächtlich und vereinzelt hörte sie schnippische Kommentare wie: „Der Sicherheitsdienst ist auch nicht mehr das, was er mal war.“ „So jagt doch endlich dieses Kind raus.“ „Die sind doch garantiert für den ganzen Lärm verantwortlich.“ Da platzte Gogo der Kragen und auch Wasabi schien ihr Vorhaben verstanden zu haben. Er aktivierte seine Klingen und spaltete den Büfetttisch mitsamt dem mit Essen beladenen Geschirr darauf, welches laut splitternd auf den Boden niederregnete. Gogo indes nahm ihre Scheiben und zerschmetterte die riesigen Fenster, deren Glas sich über die naheliegenden Gäste verteilte. Panik brach aus und endlich setzten die Menschen sich in Bewegung. Doch der Fluss stoppte abrupt an der Tür. Gogo konnte nicht sehen, was dort vor sich ging, Wasabi mit seiner Größe jedoch schon und seine aufgerissenen Augen verrieten ihr, wer dort stand. Panisch liefen die Gäste an ihm vorbei, während der Schwarzhaarige den Raum betrat, das glühende Schwert in seiner Rechten, das rotschimmernde in seiner linken. Noch ehe sie reagieren konnte, drang ein ohrenbetäubender Lärm durch den kleinen Saal und hinter ihnen erblickten sie die schwarzen Glieder des Skorpions. Draußen konnten sie die vereinzelten und offenbar wirkungslosen Angriffe ihrer Freunde sehen. Links und rechts der Fenster trieb Oda die Zangen seiner Maschine in die Außenmauer und drückte den Kopf des Skorpions in das Gebäude. „So langsam …“ begann er knurrend und leise zischend öffnete sich die Kuppel des Skorpions. Langsam und gespielt anmutig trat er aus der Kanzel heraus, seine Arme und Beine mit verschiedenen Drähten und Kabeln verbunden. „… geht ihr mir richtig auf die Nerven.“ Er raufte sich mit beiden Händen durch die Haare. „Ich wollte diese Party sprengen, wisst ihr?“ Er seufzte hörbar, als sich Wasabi und Gogo kampfbereit aufstellten. Außerhalb der Maschine war er verwundbar, hoffte Gogo, und war bereit seine Hybris noch etwas auszureizen. „Hättest früher kommen sollen.“ „Ja …!“ unterstützte Wasabi sie, wenn auch mit einer deutlichen Unsicherheit in der Stimme. „Dann muss ich eben umdisponieren.“ Resigniert begann er wieder in die Maschine zu steigen. „Tut mir leid, aber ich habe keine Zeit, mich mit euch Kindern zu befassen.“ Sie schnaubte, öffnete ihr Visier und steckte sich den Kaugummi an den Helm. Oh nein, das wirst du nicht! Sie warf sich nach vorne und legte im vollen Lauf ihre Scheiben in die Schiene. Oda dreht sich noch nicht einmal um, doch das brauchte er auch nicht. Eine feste Hand hatte Gogos Bein Sekunden nach ihrem Start ergriffen und zog sie mit aller Macht wieder zurück. Erst im Fall erkannte sie die Prothese Naokos an einem Stahlkabel, ehe sie mit lautem Donnern auf einem der Tische aufschlug. „Wie ich sehe, habt ihr hier mehr als genug zu tun.“ Mit metallischem Klicken warf er die Maschine wieder an und unter dumpfem Dröhnen entledigte er sich seines Halts, nicht ohne vorher sein Maul unter der Kanzel zu öffnen und ein in Stahl gehülltes Projektil in den Raum zu feuern, welches mit einem lauten Donnern durch die Wand brach. Sie sah noch, wie der Skorpion nach unten verschwand, nicht ohne vorher noch den Boden des Saals dabei aufzureißen. Krachend gab dieser nach und zog Wasabi und Gogo mit sich in das darunter liegende Stockwerk. Ihr stockte der Atem und hinter sich konnte sie Naoko sehen, der ihnen folgte und den geneigten Boden hinabrutschte. Als sie auf dem Teppich des darunterliegenden Stockwerks aufkam, rollte sie sich ab und kam abrupt an einem der zahlreichen Schränke zum Stehen. Sie waren in einem der vielen Büros gelandet, in dessen Mitte sich gerade das darüber liegende Stockwerk mit Beton, Glas und Stahl niederlegte. Staub wurde aufgewirbelt und die getrennten Leitungen in Decke und Wänden tauchten den Raum in einen Funkenregen. Die schattenhafte Gestalt Naokos hielt direkt auf Wasabi zu und sein grünschimmerndes Plasmaschwert zog sich einer Feuerwelle gleich durch den Raum. Stühle und Tische flogen durch die Luft und wurden mit brennendem Plasma entzwei geschlagen. Gogo und Wasabi koordinierten ihre Angriffe und wechselten fließend vom Angriff in die Verteidigung und zurück. Zischend krachte das Plasma aufeinander und beinahe augenblicklich sprang Gogo über Wasabis Rücken auf Naoko zu. Das Schwert durch Wasabi blockiert klemmte die kleine Frau seinen Kopf zwischen ihre Beine und riss ihn mit einer schwungvollen Drehung zu Boden. Das Metall seiner Rüstung schepperte laut und Putz rieselte von der Decke. Doch nutzte ihr Gegner den unerwarteten Schwung, rollte sich mitsamt Gogo auf dem Boden und rammte ihr seine Linke in die Seite. Schmerzvoll keuchte sie auf, ehe er sie am Arm packte und nach vorne riss. Augenblicklich war Wasabi da, um die Lücke zu schließen, und stürzte sich seinerseits wieder auf den Gegner. Die ersten Angriffe des Riesen abwehrend wich der Yamoro zurück, die Schwerter auf die beiden gerichtet. Er atmete schwer und der Schweiß rann seine Stirn hinab. Teile seiner Rüstung waren angesengt und an manchen Stellen seiner Prothese war die metallene Oberfläche abgerissen worden. Du bist nicht bei der Sache Auf ihrer Seite sah es nicht viel besser aus. Wasabi war völlig außer Puste und auch ihre Lungen brannten wie Feuer. „Gib es uf, klener Mann!“ hielt Wasabi ihm entgegen. Naoko erwiderte nichts, sondern sah sie nur aus leeren, blauen Augen heraus an. Gogo spürte den Stich in ihrem Herzen, doch kam ihr ein kühner Gedanke. „Wasabi?“ Sie sah fragend zu dem Riesen hinauf. „Bitte lass mich das regeln. Kümmere du dich um die restlichen Menschen.“ Wasabi entglitten die Gesichtszüge und er sah abwechselnd zu ihr und Naoko. „Aber …“ begann er unsicher, doch Gogo unterbrach ihn augenblicklich. „Bitte!“ Geh einfach fügte sie in Gedanken hinzu und nur widerwillig deaktivierte er seine Klingen. „Einverstanden …“ Er ließ Naoko nicht aus den Augen, als er seine Schritte in Richtung der Tür lenkte und schließlich hinter dieser verschwand. Seufzend nahm Gogo ihre Scheiben von der Schiene und hing sie zusammen mit der großen  auf ihren Rücken. „Ich …“ wollte sie anfangen, doch wie zuvor bei Wasabi, so ließ auch Naoko sie nicht aussprechen: „Versuch erst gar nicht, mich weichzukochen!“ Zischend deaktivierte er sein Schwert und ließ es surrend in die Scheide gleiten. Doch sie erkannte sofort, dass er nicht daran interessiert war, den Kampf abzubrechen. Laut ließ er seine Gelenke knacken und stürmte auf sie zu. Dem ersten Schlag ausweichend sprang sie über einen der Schreibtische und brachten diesen zwischen sich und ihn. „Bitte hör mir zu …“ Mit einem kraftvollen Tritt spaltete Naoko den Tisch von unten und griff erneut an. Seine Angriffe waren unkoordiniert, aber kraftvoll. Laut scheppernd versenkte er seine eiserne Faust in den Schrank hinter ihr, als sie auswich. „Wir sind nicht deine Feinde!“ Sie konnte hinter den großen Fenstern die dunkle Silhouette des Skorpions erkennen, wie er unter lautem Scheppern die Außenwand erkletterte. Die Wände bebten und das Glas knirschte laut, während die mechanischen Gelenke des Insekts klickten und knackten. Kommt schon, Leute „Du hast sie ihm ausgeliefert!“ hielt er ihr knurrend entgegen und griff wieder an. „Und du Hiros Tante entführt!“ Sie ließ seine Faust knapp an ihrem Gesicht vorbeiziehen, hakte sich an seinem Arm ein und zog ihn, nicht ohne zuvor ihre Beine in seinen Bauch zu rammen, nach unten und warf ihn über sich. „Verraten hast du uns auch!“ fügte sie hinzu und ging nun ihrerseits in die Offensive. „Weil ich es musste!“ Ihrem Schlag zuvorkommend, schlug er ihren Arm weg und nahm ihr mit einem gezielten Tritt die Balance, ehe er ihre Kehle packte und sie auf den Boden riss. Keuchend trieb es ihr die Luft aus den Lungen, doch nahm sie den Schwung, hob ihre Beine und rammte ihr Knie gegen seine Schläfe. Überrumpelt rollte er an ihr vorbei, sie packte den Schaft seines Schwertes und zog es mit aktiviertem Plasma heraus. Mit ganzer Kraft rammte sie die Klinge in seinen rechten Arm und trieb sie durch den Boden. Ein kurzer Ruck und das grüne Licht erlosch fauchend und ließ den Stahl des Schwertes rot glühend zurück. „Bitte …“ Sie konnte die anbahnenden Tränen nur sehr schwer unterdrücken und ihre Stimme zitterte unaufhörlich. „Bitte … Ich will nicht, dass es so endet!“ Noch immer hielt sie den Schaft des Schwertes fest in ihren Händen, während ihre Schultern zu beben begannen. Sie sah ihm direkt in seine leeren, eisblauen Augen, die sie so geliebt hatte und es immer noch tat. „Bitte … das ist Wahnsinn.“ Die ersten Tränen liefen ihre Wangen hinab, rötlich schimmernd im Glühen der Klingen. „Gogo?! Du musst da …“ Es war die Stimme Hiros, die durch das Mikrofon peitschte, doch wollte sie gerade nichts außerhalb dieses Raumes wissen und deaktivierte ihr Headset mit einer Handbewegung. „Es ist zu spät um umzukehren.“ Naokos Stimme war leise, mehr ein Hauch, als denn ein Flüstern. „Nein! Nein ist es nicht!“ hielt sie ihm schluchzend entgegen und ließ das Schwert los. „Du solltest jetzt an unserer Seite gegen deinen Onkel kämpfen! An meiner Seite.“ Sie stützte sich vorsichtig an seiner Brust ab und er schien keinen Versuch unternehmen zu wollen, sie von sich runter zu bekommen. Gogo wusste ganz genau, dass er physisch dazu mehr als nur in der Lage gewesen wäre. Er müsste nur nach dem Schwert greifen. Unter ihren Fingerspitzen fühlte sie sein hämmerndes Herz in der Brust und zusammen mit seinem Atmen spielte es eine seltsam schöne Melodie. „Sie wird sterben …“ wisperte er und Gogo nickte schwach. „Ja. Ja das wird sie und du kannst nichts dagegen tun.“ Nur schwer kamen ihr diese Worte über die Lippen, doch er musste es endlich einsehen. „Alles, was du tun kannst, ist ihr ihre restliche Zeit so schön wie nur irgend möglich zu gestalten.“ fügte sie leise hinzu. „Sie darf nicht sterben …“ Vorsichtig legte sie ihre rechte Hand auf seine Wange. Seine Haut war kalt und rau und die schweißnassen Haare wurden nur noch lose vom Band gehalten. „Sie wird.“ Sie war seinem Gesicht so nahe, dass sie seinen Atem auf ihrer Haut spüren konnte. „Lass sie nicht in Trauer gehen. In dem Gedanken, dass ihr Bruder sie im Stich gelassen hat. Lass sie nicht alleine sterben, sondern sei an ihrer Seite …“ Langsam und beinahe anmutig schloss er die Augen. Was denkst du gerade? Könnte sie doch in seine Gedanken hineinsehen. „Dein Onkel benutzt deine Angst, deine Illusion.“ fuhr sie unbeirrt fort, doch wagte sie es noch immer nicht, ihre Stimme zu erheben. „Er nährt sie mit seinen Lügen, damit du auf seiner Seite bist.“ „Er bezahlt ihre …“ Fing er leise an, doch Gogo wollte seinen Widerstand im Keim ersticken. „Sie ist jetzt in der Uniklinik. In den Händen eines sehr fähigen Arztes und es kostet euch nichts.“ Sie schmiegte sich vorsichtig an seine Brust. „Mr. Zilla hat für alles gesorgt, es wird ihr an nichts mangeln.“ Sie fühlte, wie sein Zittern schwächer wurde, seine innere Unruhe verflog. Es wird ihr an nichts mangeln, das schwöre ich Ein tiefes Brummen und Rumpeln ließ sie erschrocken aufhorchen. Der Boden erbebte und die Wände begannen zu wackeln. „Was …?!“ fing sie an und ein weiterer Ruck durchfuhr das Büro. Bildschirme fielen von den Schreibtischen und das Holz der Schränke splitterte. Panisch griff Gogo an ihr Mikro. „ … sofort raus!“ schrie die hysterische Stimme Honeys heraus. „Ick bin uf dem Dach!“ erwiderte Wasabi nervös und man hörte nur allzu deutlich heraus, dass er jetzt lieber woanders wäre. „Du musst hier weg …“ Naoko hatte ihren Arm gepackt und im selben Augenblick gab der Boden unter einem lauten Knirschen nach. Geistesgegenwärtig ergriff sie seine Hand, während sich der Boden in die Tiefe neigte und beide mitriss. Ein Ächzen und beide kamen mit einem Ruck zum Stehen. Ihr schnürte sich die Kehle zu vor Angst und ihr Atem stockte. Seine Prothese hing noch immer am Schwert, das sie in den Boden getrieben hatte, während unter ihnen der Abgrund gähnte und sich in einem Gewirr aus Lichtern und Farben ergoss und das Mobiliar derweilen an ihnen vorbeirauschte. Gogo erkannte den Skorpion Odas, der einer Bestie gleich am Fuße des Towers wild um sich schlug und schoss. Wasabi flog mit Hiro auf Baymax‘ Rücken von oben herab und Honey schoss unablässig ihre Bälle. „Zieh dich hoch!“ Naokos Ruf holte sie wieder zurück in ihre eigene Situation und sie gehorchte. Er zog sie hoch und sie ergriff mit der anderen Hand seinen Unterarm. Die Prothese, noch immer am Boden mit dem Schwert genagelt, ächzte und knackte unter ihrem Gewicht, doch schien sie zu halten. Mit Naokos Hilfe erreichte sie den Vorsprung und zog nun ihn nach oben. Doch auf halben Weg stoppte er. Irritiert sah sie an ihm herunter, die Prothese hing fest und machte es ihr unmöglich, ihn nach oben zu ziehen. „Geh!“ bellte er sie an, doch weigerte sie sich. „Hör auf, den Helden zu spielen! Ich hol dich da raus.“ Fieberhaft sah sie sich um. Irgendetwas musste doch in Reichweite sein. Irgendetwas, das ihr helfen würde. Ein weiterer Ruck durchzuckte das Gebäude und Naokos Hand rutschte ab. Erschrocken und wie gelähmt sah sie, wie er einen Meter fiel und dann wieder mit dem Arm am Schwert hängen blieb. „Verschwinde!“ brüllte er sie an und griff mit der freien Hand an das Schwert. Gogo sah an ihm vorbei, wie Wasabi und Hiro gegen eine Armee von feindlichen Microbots kämpften, die aus allen Löchern und Schlitzen des Skorpions gekrochen kamen. Der Geruch von geschmolzenem Metall stieg ihr in die Nase und sie erkannte das glühende Plasma des Schwertes, das Naoko wieder aktiviert hatte und mit einem Ruck aus dem Beton zog. „Nein!“ rief sie ihm hinterher, doch er rutschte bereits den schrägen Boden entlang Richtung Abgrund. Ohne zu zögern warf sie ihre Düsen an, sprang hinunter und zog noch im Fall die Scheiben von ihrem Rücken und knallte sie gegen ihre Füße. Am Abgrund angekommen packte Naoko indes den Vorsprung mit der Prothese und kam abrupt zum Stillstand. Gogo versuchte zu bremsen und ließ die Düsen mit allem feuern, was sie hergaben. Doch das reichte nicht. Panisch versuchte sie erneut, seine Hand zu greifen, doch sie war zu schnell. „Baymax!“ brüllte sie ins Mikro und rauschte mit hämmerndem Herzen in die Tiefe. Ein Ruck durchfuhr sie und abrupt bremste sie ab. Sie spürte das Adrenalin in ihren Venen und erschrocken wie erleichtert blickte sie in das Antlitz einer blau-orangenen Kreatur, die sie aus riesigen Augen heraus anstarrte. „Jungfrau in Nöten?“ scherzte eine nur allzu bekannte Stimme. „Ich geb dir gleich Jungfrau in Nöten!“ hielt sie dem Comicnerd entgegen und machte keinen Hehl um ihre Erleichterung. Nach einem kurzen Fall kamen sie bereits wieder zum Stehen und erst jetzt bemerkte sie das leise Klicken und Klacken von: „Microbots!“ Sie standen auf einem kleinen Vorsprung, gebaut aus den kleinen Robotern. „Ich musste noch jemanden abholen.“ Wie aufs Stichwort sanken die Microbots mitsamt den beiden nach unten und sie richtete einen letzten Blick nach oben. Naoko war jedoch verschwunden und nirgends zu sehen. Vorsichtig setzten sie auf der Straße auf. „Wir dachten uns, dass ihr etwas Hilfe nötig haben könntet.“ lächelte sie ihr alter Professor an, ehe er seine Maske wieder aufzog. „Also gut! Was müssen wir wissen?!“ wollte Callaghan wissen und Gogo konnte nicht anders, als zu lächeln. In kurzen, knappen Sätzen erklärte sie ihnen alles, was sie schon wussten. Von der EMP, den Raketen und seiner Panzerung. Seine Bewegungsabläufe und sein offensichtliches Ziel, den Tower niederzureißen. Das besagte Gebäude lag bereits schief und es würde nicht mehr lange dauern, bis Oda dieses niedergerissen hatte. „Habt ihr einen Plan?“ wollte Callaghan wissen und Gogo schüttelte den Kopf. „Es sind noch zu viele ungeklärte Variablen. Momentan müssen wir improvisieren.“ „Ich verstehe. Lass mich mal mit Hiro sprechen.“ Fordernd sah er sie an und, ohne zu zögern, nahm sie den Helm ab. „Hiro, kannst du mich hören?“ Es sah etwas seltsam aus, wie ihr alter Professor in den Helm hinein sprach, doch war für solche Gedanken gerade kein Platz. Während Callaghan dem verdutzten Hiro erklärte, dass er und Fred nun da waren, wanderten ihre Gedanken wieder zu Naoko und sie blickte zum Gebäude hinauf. Wo steckst du? fragte sie sich und suchte die Fenster nach verräterischen Schatten ab. „… Gogo hat uns bereits instruiert. Wenn du Befehle hast, dann gib sie mir jetzt!“ forderte Robert und nach einem kurzen Augenblick waren die Fronten geklärt. „Hier.“ Er warf Gogo den Helm wieder zu. „Zeit für Gravity Crush!“ rief Fred siegessicher aus und erhob sich. Ohne ein weiteres Wort sprang er davon mit dem auf den Microbots reitenden Callaghan im Schlepptau. Gogo kam nicht umhin, Fred für seine Stärke zu bewundern und anerkennend lächelte sie. „Zeit, den Spieß umzudrehen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)