Zum Inhalt der Seite

Über Freunde und Helden

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Sieg und Niederlage

Vorsichtig stellte er die Tasse aus feinem Porzellan auf den kleinen Tisch zu seiner Linken ab,

während er mit der anderen Hand versuchte, sich über den gestutzten Bart zu streicheln. Als er die Tasse abstellte, sprang der Griff auseinander und verteilte sich in viele kleine Stücke auf Tisch und Boden.

Grummelnd sah er sich seine Hand an.

Welch ein seltsames Gefühl

„Dein Neffe hat Monate gebraucht, um das nötige Feingefühl zu entwickeln.“

Oda schnaubte verächtlich, als seine Schwester, die auf dem Stuhl ihm gegenüber saß, den Satz beendete und einen weiteren Schluck dampfenden Tee trank.

„Die Zeit werde ich mir auch schon noch nehmen, keine Sorge.“

Die kleine Frau erwiderte nichts, sondern starrte nur mit leeren Augen in ihre Tasse hinein. Die Küche war klein, doch gemütlich und sauber. Weiter hinten im Raum klangen die lieblichen, leisen Töne aus einem Radio und das Licht der untergehenden Sonne tauchte die weißen Wände in orangefarbenes Licht.

Vorsichtig stellte seine Schwester ihre Tasse auf dem kleinen Tisch ab und ließ ihren Blick schweifen, bis sie an seinen Augen hängen blieb.

„Was wirst du jetzt tun?“

Oda überlegte kurz. Diese Unachtsamkeit gegenüber diesem Wurm hatte seine Pläne etwas

durcheinander geworfen, doch war er zu dem Schluss gekommen, dass dies nur als ein kleiner Rückschlag anzusehen sei. Und wer weiß? Vielleicht bot sich ihm dadurch auch die eine oder andere Gelegenheit.

„Als erstes werde ich diesen wunderbaren Tee austrinken und dann, naja, werde ich mich wohl den Einsatzkräften stellen müssen.“

Seine Schwester hob eine Augenbraue und sah ihn skeptisch an. Allerdings sagte sie dazu nichts und genehmigte sich stattdessen einen weiteren Schluck.

Die Stimmung war angespannt und ungemütlich. Oda hatte seit der letzten Nacht nicht geschlafen, gleichsam wie sein Neffe und dessen Mutter, die ihm seitdem nicht mehr von der Seite gewichen war. Für einen kurzen Augenblick fragte er sich, wie es seinem Neffen wohl gerade erging, doch kam er zu dem Schluss, dass jeder Gedanke daran verschwendet wäre, so lange sein eigenes Schicksal noch nicht geklärt war. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Einsatzkräfte vor seiner Tür stehen würden.

Als sie ihren müden Blick nach einer kurzen Pause erhob und ihn ansah, sagte sie:

„Ich will wissen, was du vorhast.“

Dafür sorgen, dass alles so verläuft, wie ich es will

Oda erkannte den schwachen, aber merkbaren Nachdruck in ihrer Stimme.

„Das weißt du ganz genau.“

lächelte er sie an und genehmigte sich noch einen Zug aus der nun henkellosen Tasse.

„Du denkst immer noch daran? Das ist nun beinahe ...“

„Es spielt keine Rolle, wie lange es nun her ist. Meinen Durst hat die Zeit nicht gestillt. Mein Hass ist noch genauso stark wie an jenem Tag.“

Sie schnaubte und wandte den Blick ab.

„Warum musstest du meinen Sohn da mit hineinziehen?“

Oda gluckste bei dieser Frage.

„Der Junge ist zu mir gekommen und hat mich um Hilfe gebeten, nicht umgekehrt.“

„Hättest du ihn nicht einfach abweisen können?“

Theatralisch griff er an seine Brust.

„Liebste Schwester, hältst du mich für so herzlos?“

Er lächelte verschlagen, als die Bilder vor seinen Augen auf und ab liefen.

„Du hast nicht gesehen, wie verzweifelt der Junge war. Wie er im Regen vor meiner Tür kniete und mich anflehte, ihm zu helfen.“

Vorsichtig stellte er die Tasse wieder auf den Tisch, diesmal ohne sie zu beschädigen, und beugte sich vor.

„Hast du je mitbekommen, dass er sich an illegalen Kämpfen und Spielen versucht hat? In den Gassen der Stadt?“

Noch immer sah sie ihn nicht an und starrte nur auf ihren Tee, dessen Dampf sich um ihr Gesicht schmiegte.

„Ich habe gemerkt, dass er immer wieder spät abends das Haus verlassen hat und erst früh morgens wieder heim kam. Doch immer, wenn ich ihn darauf ansprechen wollte, wich er mir aus und dachte sich Geschichten aus.“

Ja, das glaube ich dir. Doch hast du nicht gesehen, was ich gesehen habe

Oda seufzte und ließ seine Gelenke knacken.

„Das er soweit gehen würde ...“

murmelte seine Schwester leise, wohl mehr zu sich selbst. Neugierig beobachte Oda sie.

„Ihr hättet von Anfang an meine Hilfe haben können. Mehrfach habe ich sie euch angeboten, doch wart ihr beide zu stolz.“

Mit einem Mal blickte sie wieder zu ihm auf und funkelte ihn wütend an.

„Wir kannten deinen Preis.",

zischte sie ihm entgegen.

„Ist es denn so verwerflich auch eine kleine Gegenleistung zu erwarten? Immerhin ist deinem Mann diese Art der Tätigkeit durchaus bekannt."

erklärte Oda und nahm einen weiteren Schluck, während er seinen Blick aus dem Fenster gleiten ließ.

Jetzt schon?

dachte er sich und verengte seine Augen. Was er sah gefiel ihm nicht sonderlich. Er hatte gehofft, dass er mehr Zeit hätte. Seine Tasse war gerade mal zur Hälfte geleert.

„Mir wäre mein Schwager auch lieber gewesen, glaub mir. Dein Sohn war immer etwas schwierig zu handhaben und er hat sich bis zuletzt geweigert, jemanden zu töten."

fügte er feixend hinzu.

„Du hast ihn ins Gefängnis gebracht.“

flüsterte sie mit einem Mal in den Raum. Oda musste sich zurückhalten, nicht laut loszulachen.

„Nein, das habe ich nicht.“

erwiderte er mit amüsiertem Tonfall in der Stimme.

„Hätte er mich den Bengel töten lassen, statt den Helden zu spielen, wäre es nur ich, der nun hinter Gitter käme und nicht er.“

Allerdings hätte ich den Jungen so oder so mitgezogen. Ich werde ihn im Gefägnis brauchen

Er leckte sich genüsslich über die Lippen, als seine Schwester mit gesenktem Blick fragte:

„Und was wirst du tun, wenn du dein Ziel erreicht hast? Glaubst du, dass du einfach wieder so leben kannst wie zuvor?“

Oda lachte leise und seine Schultern zitterten dabei.

„Nein, wahrscheinlich nicht.“

Er rieb sich die Stirn. Das war der Teil seines Planes, der ihm am meisten Sorgen bereitete, doch wollte er sich dessen annehmen, wenn es soweit wäre.

Allerdings wusste er schon, in welche Richtung das gehen würde.

„Das ist jetzt auch nicht mehr von Bedeutung.“

Oda hob die Augenbraue und sah sie irritiert an. Als sie seinen Blick bemerkte, schien sie vorsichtig zu lächeln, nur um ihren Mund sofort wieder hinter dem Porzellan zu verstecken.

„Heute Morgen war ein Arzt bei uns.“

Sie nahm noch einen vorsichtigen Zug aus ihrer Tasse und ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen.

„Er arbeitet in der Universitätsklinik in der Stadt und sagte uns, dass ihr Fall so bizarr sei, dass er sie gerne in seine experimentelle Studie aufnehmen würde.“

Oda lächelte.

„Und im Gegenzug zahlt ihr keinen Cent für ihre Behandlung.“

Sie sah ihn nicht an, doch nickte sie schwach.

Diese Kinder scheinen zu wissen, was sie tun

dachte er.

Oder eher der alte Sack, der hinter ihnen steht. So langsam wird der Kerl mir lästig

„Wir brauchen dein Geld also nicht mehr.“

fuhr seine Schwester leise fort und bemühte sich dabei offensichtlich, so zuversichtlich wie möglich zu klingen.

Oda hätte am liebsten gelacht, doch hielt er sich davon ab.

Aber vielleicht kann ich das für mich nutzen

Er seufzte laut und genehmigte sich einen letzten Schluck, ehe er sich erhob und auf die Uhr an der Wand blickte.

"Nun, ich denke, dass du dich langsam auf den Weg machen solltest. Ich erwarte noch Besuch."

Seine Schwester sah ihn an, erwiderte jedoch nichts dazu. Er wusste nicht, ob sie diese Anmerkung verstanden hatte oder nicht, doch würde das so oder so am weiteren Ablauf dieses Tages nichts mehr ändern. Langsam erhob auch sie sich und gemeinsam durschritten sie die Wohnung in Richtung der Haustür.

"Die Schmerzen werden noch eine Weile so bleiben, bis sich deine Muskeln und Nerven daran gewöhnt haben.", erklärte sie ihm, als sie ihre Schuhe anzog.

"Du solltest dich nicht zu viel bewegen die nächsten Wochen, sonst könnten die Wunden reißen."

Oda knirschte mit den Zähnen.

Wie mühselig

Er griff an den Türknauf und wandte sich wieder zu seinem Gast.

"Wenn du erlaubst, gehe ich vor"

Sie sah ihn an und nickte. Sie hatte verstanden.

Vorsichtig öffnete er die Tür und grelles Licht erhellte den dunklen Flur und die weißen Wände funkelten regelrecht.

"Oda Nobusaka!"

bellte ihm eine durch Megafon verstärkte Stimme entgegen und das mehrfache Klicken von Metall füllte die Szenerie.

"Sie sind hiermit des bewaffneten Raubzugs sowie Geiselnahme und dem Einsatz von Sprengstoff angeklagt und festgenommen!"

fuhr die Stimme fort.

Na, da ist aber jemand angespannt

grinste Oda in sich hinein. So langsam gewöhnten sich seine Augen an das Licht und er erkannte mehrere mit Gewehren bewaffnete Einsatzkräfte, deren Läufe auf ihn gerichtet waren. Sie alle standen gesichert hinter einer Wagenburg aus Polizeiautos und Trucks. Die Gesichter der Beamten waren angespannt und nervös. Das amüsierte ihn. Offenbar hatte er einen gewissen Ruf bei der Justiz erworben.

"Nehmen Sie die Hände hinter den Rücken und gehen Sie auf die Knie. Bei dem geringsten Versuch

... werden wir Gewalt anwenden!"

Der macht sich ja gleich in die Hose

Oda tat, wie ihm geheißen, und, ehe er sich versah, kamen zwei weitere Beamte, die sich wohl an den Seiten versteckt hatten, auf ihn zu, griffen seine Hände und legten sie in schwere Handschellen.

Schlaff ließ er diese nun vor seinem Bauch baumeln, während die beiden Polizisten ihn in Richtung der Wagenburg bugsierten. Gerade an einem der Autos angekommen, fiel sein Blick auf eines der Nachbargebäude und Oda lächelte amüsiert, als er erkannte, wer dort oben stand. Er erhob seine Arme und formte mit seinen Fingern der rechten Hand eine Pistole und drückte in ihre Richtung ab.

"Wir sehen uns noch, Hiro Hamada."



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  jyorie
2016-01-04T05:28:03+00:00 04.01.2016 06:28
⊂(◕‿◕)つ Heyyy,

entweder hat Oda gerade seiner Schwester erzählt was passiert ist, und alle Achtung, das sie so ruhig geblieben ist, oder sie wusste schon die ganze Zeit, was Naokos Onkel für krumme Dinger mit ihm macht. Ich fand es ziemlich krass, wie er sich gerechtfertigt hat, weil Naoko so fertig war, das er ihn dann auf diese Art hat ausnutzen können. Normalerweise sollte man doch denken, dass Erwachsene einem Verwandten, noch dazu einem Kind selbstloser helfen. Zudem wäre ich neugierig, was den vorgefallen ist, das Oda und auch Naoko ein Arm (oder zumindest die Hand fehlen). Das ist ja auch nicht alltäglich und dann ist das auch noch beiden passiert.

ist der „Experimentelle-Status“ in den Naokos Schwester gekommen ist, ein synonym dafür, das Freds Vater ihr weiter hilft?

Ich hoffe das Oda seine Drohung gegen Hiro nie wahr machen kann. Und nach dem man gehört hat, wie Skrupellos er ist, bin ich froh, dass er jetzt in Gewahrsam gekommen ist.

Liebe Grüße, Jyorie



Zurück