Über Freunde und Helden von GrauW0lf ================================================================================ Kapitel 27: Unsere Sünden ------------------------- Die Nacht war bereits hereingebrochen, als Naoko durch das Fenster des Krankenhauses schlich. Die Gänge  waren nur spärlich beleuchtet und die Schwestern liefen nur alle Stunde mal das Stockwerk ab. Bis dahin würde er wahrscheinlich wieder weg sein. Die große Uhr über dem Gang zeigte halb zwölf und ihre Zeiger wanderten langsam über das Nummernfeld. Seine Rüstung klapperte leise bei jedem Schritt den er tat. Er hatte noch immer sein Gesicht unter dem Schatten seiner Kapuze verborgen und näherte sich dem Zimmer seiner Schwester. Ein letzter Blick, ob ihn auch niemand sah und er schob leise die Tür auf. Alles war in Dunkelheit getaucht, nur leicht vom Mond der durch das Fenster schien beleuchtet. Als er die Tür hinter sich schloss, bemerkte er die leise Musik, die beinahe unauffällig im Hintergrund lief. Offensichtlich hatte seine Schwester sich das Radio angemacht. Sie liebte es kurz vor dem Schlafen gehen noch Musik zu hören. Es beruhige sie, wie sie ihm mal erzählt hatte. Während er langsam das Zimmer durchschritt, zog er die Kapuze herunter. Er war noch immer Schweißgebadet und seine Haare klebten an seinem Kopf. Vorsichtig legte er seine Schwerter auf den kleinen Tisch, gleich neben dem alten Sessel, in der er sich immer gerne setzte wenn er sie besuchen kam. Tatsächlich wirkte es beinahe wie ein ganz normaler Besuch, wie er es bereits unzählige Male getan hatte. Und doch war alles anders. Sein Herz schlug gegen seinen Brustkorb und er ließ sich in den Sessel fallen. Seine Rüstung klapperte dabei laut und für einen kurzen Moment erschrak er und betete inständig, seine Schwester möge weiterschlafen. Doch alles was sie tat, war sich leise murmelnd auf die andere Seite zu legen und weiter zu schlafen. Ihm fiel ein Stein vom Herzen und er atmete leise aus. Seine kleine Schwester lag in ihrem Bett und schlief, mit einem seligen Ausdruck in ihrem Gesicht. Warum kann ich nicht auch ein wenig wie du sein? dachte er sich. Tatsächlich liegt sein letzter Schlaf fast drei Wochen zurück. Er hatte in seiner Prothese eine Art Drüse eingebaut, welche mit seiner Schlagader in der Schulter verbunden war. Ein spezielles Enzym, wohldosiert, sorgte dafür, dass er nicht schlafen musste. Und dieser Roboter hatte es nicht bemerkt. Bei dem Gedanken musste er leise lachen. Er hatte es nicht gemerkt. Seine Schultern zuckten und das Lachen ging nahtlos in leises Schluchzen über. Nach und nach kamen die Erinnerungen der Ereignisse wieder hoch, welche sich gerade einmal vor wenige Stunden abgespielt hatten. Die Bilder seiner Freunde, die ihn fassungslos ansahen, wütend und verständnislos zugleich. Das wütende Gesicht Hiros, die mitleidigen Augen Honeys, das fassungslose Gesicht von Wasabi und der irritierte Blick von Fred. Und Gogo... Bei dem Gedanken an ihre Augen, trieb es ihm die Tränen ins Gesicht. Er legte den Kopf in den Nacken und betrachtete die grauweiße Decke über ihn, während ihr Antlitz über diesen zu wandern schien. Enttäuschung und Wut brannten in seiner Seele, schienen zu verzerren und am liebsten hätte Naoko laut auf geschrien. Er hatte in diesem kleinen Moment alles verloren. Dieser eine Moment, an dem er so dumm gewesen war, seinen Partner zur Seite zu stoßen und es diesem Roboter gelang, ihm den Helm vom Kopf zu reißen. Andererseits würde sonst Hiro vielleicht nicht mehr leben. Er wusste nicht, was schlimmer gewesen wäre.   "The secret side of me I never let you see I keep it caged But i can't control it."   Das Lied, dessen Melodie leise und doch bestimmend aus den Boxen des Radios drang, erreichte nur langsam seinen Verstand. Es war ein seltsames Gefühl, dass sich in seiner Brust ausbreitete. Eine Mischung aus Glück, Angst und Scham. Wie Recht du hattest, Fred   "So stay away from me The beast is ugly I feel the rage I just can't hold it."   Beinahe sah er sie vor sich. Wie sie ihn angesehen hatte, als er zu singen begonnen hatte. Nervös und beschämt zugleich, während sie sich immer wieder auf die Lippe biss. Ein leises Klopfen holte ihn aus seinem Traum heraus. Als er die Augen öffnete, sah er jedoch nichts und erkannte, dass er sich noch im Krankenzimmer seiner Schwester befand, die noch immer selig schlummerte. Ein weiteres Klopfen, wie auf Glas und Naoko wandte den Kopf zum Fenster. Auf dem Geländer balancierte sein Partner Gunner und winkte ihm zu. Augenblicklich war jedwedes Gefühl von Trauer und Liebe, Hass und Verachtung gewichen. Mit einem letzten Blick zu seiner Schwester erhob er sich, legte sich mit flinken Fingern dem Gürtel wieder um, zog die Kapuze über den Kopf und trat an ihr Bett. Vorsichtig strich er ihr über die Stirn. Ich finde einen Weg. Das habe ich dir versprochen. Nur widerwillig ließ er von ihr ab und trat durch die Glastür auf den Balkon. Die Hitze des Tages war einem angenehm, kühlen Wind gewichen und die Nacht war ruhig und friedlich. Als Naoko die Tür wieder geschlossen hatte fing sein Partner an: "Dumm gelaufen heute, was?" Naoko antwortete gar nicht erst. Instinktiv zog er sein Schwert und richtete es an dessen Kehle. Gunner reagierte gar nicht und sah ihn nur aus dem Dunkel seines Helms heraus an, dessen Glas den Mond spiegelte. Naoko spürte seinen Herzschlag bis zum Hals. Hämmernd wie seine Kopfschmerzen und der schiere Hass, der mit ihnen einherging. Sein Gegenüber hob den Arm und schob die Klinge beiseite. Er hatte etwas von einem Affen, wie er so auf dem Balken hockte, mit angewinkelten Knien und ihn von oben heraus ansah. Nach einem kurzen Augenblick der Stille fuhr Gunner fort "Nun du hast deinen Teil der Abmachung erfüllt." Naoko hatte diesen Augenblick immer herbei gesehnt, doch nun schmeckte der Sieg fahl und faulig. Er hatte alles gewonnen und alles verloren. "Wir haben nichts." sagte er ruhig, mehr zu sich selbst, als zu ihm. "Hehe, das stimmt. Aber ich habe alle Teile zusammen und daher brauche ich dich nicht mehr." Naoko hob den Kopf und sah ihn an. Er wusste nicht was er darauf antworten sollte. Er hatte ihm nie gesagt, was und wie viel er noch brauchte, sondern ihm immer nur gesagt wann es los ging und wohin. Allerdings sah es ihm nur allzu ähnlich, dass er dieser Versuchung nicht hatte widerstehen können. "Also werde ich nun meinen Teil erfüllen, wie abgemacht. Deine Schwester wird weiter medizinische Hilfe bekommen." Das war das einzig Gute an diesem Packt und letzten Endes auch alles was für Naoko zählte. Allerdings war es keine Erleichterung, die sich in seiner Brust ausbreitete. "Doch was nun? Sie haben unsere Daten und werden uns irgendwann finden." Sein Gegenüber lachte leise. "Das stimmt." Naoko spürte den Zorn, der seinen  Verstand zu vernebeln versuchte. Wie konnte man nur so sorgenlos sein? "Und wenn ich den Roboter einfach vernichte?" Er wusste, dass diese Frage im Grunde sinnlos war, doch versuchte er nach jedem nur erdenklichen Strohhalm zu suchen. "Nein." erwiderte sein Onkel seufzend. "Er hat ein Backup auf seinem Rechner und wahrscheinlich nicht nur auf diesen." In Naoko brodelte blanke Wut. "Du hast auf alle seine Ressourcen Zugriff und trotzdem hast du diese Falle nicht erkannt?" fuhr er ihn wütend an. Sein Onkel legte den Kopf in dem Nacken und begann leise zu lachen. "Es ist ja nicht so ..." Er musste sich sichtlich beherrschen leise zu bleiben. "... Das der Junge ne Textdatei auf seinem Rechner gespeichert hatte. Mit dem Inhalt: Achtung! Bösen Buben Falle in dem Lager stellen!" Naoko wäre am liebsten aufgestanden und hätte ihn totgeprügelt, doch schluckte er lieber seinen Ärger herunter. Er brauchte ihn. "Ich habe dir gesagt, dass das eine Falle ist ..." fuhr er zähneknirschend fort. Sein Onkel griff sich an den Helm. "Natürlich war das eine Falle!" erwiderte er lachend. "Aber glaubst du ich würde mir die Gelegenheit entgehen lassen diesen Rotzgören, die du deine Freunde schimpfst, eins auszuweichen?" "Hat ja wunderbar funktioniert!" Oda schüttelte den Kopf. "Allerdings muss ich dich loben. Du hast die Anpassungen wirklich schnell hinbekommen um ihren Upgrades zu begegnen. Hast du überhaupt geschlafen?" Nein knurrte er innerlich. Er hatte jede freie Minute mit dem Bau der neuen Anzüge verbracht, um der Gruppe um Hiro irgendwie entgegentreten zu können. Doch gebracht hatte es nichts. Naoko atmete hörbar aus und schluckte seinen Zorn hinunter, ehe er sich wieder zu seinem Onkel wandte: "Was nun?" Dieser sagte zuerst nichts, sondern zog stattdessen seinen Helm aus. Seine müden, aber aufmerksamen Augen tanzten regelrecht hin und her und sein strubbiger Bart war von Schweiß durchtränkt. "Nun Neffe." Er machte eine dramaturgische Pause und lächelte ihn verschlagen an. "Wir machen gar nichts." Das war Naoko zu hoch. Was sollte dieser Schwachsinn auf einmal? All diese Mühen umsonst? "Hast du nicht verstanden? Sie haben unsere Daten!" Sein Onkel lachte nur. "Ja und dein Gesicht dazu. Es wird nicht lange dauern, bis die ganze Stadt hinter uns her sein wird. Bei dem Schaden, den wir diesem Krei angetan haben, wird er nicht eher ruhen, bis wir im der dunkelsten Zelle hocken." Seine Schultern bebten und er musste sich sichtlich zurückhalte, nicht laut los zu prusten. Naokos Griff um sein Schwert wurde so fest, dass seine Knöchel schmerzten. Es kostete ihm alle Überwindung, seinen Onkel nicht am Ort und Stelle zu Köpfen. "Außerdem hatte ich nicht wirklich vor, für den Rest meines Lebens in diesem Anzug zu stecken. Ein Bad zum Beispiel würde meinem gequälten Gemüt bestimmt gut tun." "Ich brauche sowieso noch einmal deine Hilfe." "Und was?" "Ich möchte, dass du mir etwas baust." Stutzig "Und was genau?" "Zwei Arme und zwei Beine" "Aber du hast doch... was hast du vor?" "Ich habe die Steuerung etwas optimiert und sag brauche ich ein paar Upgrades." "Aber wer wird...?" "Meine Schwester natürlich, genauso wie bei dir." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)