Über Freunde und Helden von GrauW0lf ================================================================================ Kapitel 24: Nemesis ------------------- Der Wind außerhalb der Halle tobte einem Orkan gleich durch die Gassen und Straßen und ließ die metallenen Wände der Lagerhalle ächzen. Die Halle war so groß, dass die unterirdische Basis von Freds Vater hier zweimal reingepasst hätte. Genug Platz zum Kämpfen Gogo kaute angespannt auf ihrem Kaugummi herum. Der Ort war weise gewählt worden. Hierhin, an den Rand der Stadt, verirrten sich nur selten Menschen und sie würden sich gefahrlos austoben können. Die Nacht war schon längst hereingebrochen und das weiße Mondlicht schien durch die beiden großen Fenster auf dem Dach in den leeren Raum. Dieser war von mehreren Geländern gesäumt, die wie Ameisenstraßen in der Höhe hingen, dort, wo sich normalerweise der zweite oder dritte Stock eines Gebäudes befand. Gogo ließ den Blick schweifen. Sie selbst saß auf einem der Stahlgerüste und hatte das große Tor im Blick. Honey saß mit geschulterter Bazooka in der anderen Ecke und schien nervös ein Lied zu summen. Gogo wusste zwar nicht, welches, dafür saß sie einfach zu weit weg, doch konnte sie es sich denken. Genervt zog sich ihr Magen zusammen, als sie sich an die letzten Stunden erinnerte, in der Naoko, peinlich berührt und stotternd die Szenerie verlassen hatte und Gogo damit mehr oder weniger stehen ließ. Allerdings machte sie ihm keinen Vorwurf und Honey würde noch ihre „Dankbarkeit“ zu spüren bekommen, genauso wie der Rest der Bande. Angespannt ging sie noch einmal die Positionen ihrer Freunde durch. Wasabi, so wusste sie, befand sich auf dem Dach und Fred irgendwo im Treppenhaus. Callaghan hatte sich ganz am Ende der Halle postiert, seine Microbots im Anschlag. Als sie nach unten sah, konnte sie erkennen, wie Baymax und Hiro im Licht des Mondes mitten im Raum standen, den Blick starr auf das Tor gerichtet. Sie konnte deutlich sehen, wie sich Hiros Schultern hoben und senkten. Er tat ihr leid und nur zu gern hätte sie ihn irgendwie beruhigt. „Hiro, entspann dich. Wir kriegen das hin.“ hörte sie die beruhigende Stimme Honeys durch die Lautsprecher, die offenbar dasselbe gedacht hatte wie Gogo. Hiro legte seine Hand an sein Mikro. „Es ist alles in Ordnung, Honey.“ Er klang latent genervt. „Und jetzt kein Funkkontakt mehr, es sei denn, ihr bemerkt etwas.“ Mit einem Mal knisterte die Stimme Wasabis durch die Lautsprecher. „Jutes Stichwort, Kleener, ick gloob, hier tut sich wat." „Was siehst du?“ wollte Hiro wissen. „Hier kommt een ziemlich großes Jefährt auf de Halle zu.“ „Alles klar. Versteck dich und halt dich vom Geländer fern.“ „Glub mir Hiro, dat tue ick auch.“ erwiderte Wasabi und dann hörte Gogo selbst, wovon er gesprochen hatte. Das donnernde Geräusch eines Motors. Quietschend schien er knapp vor der Halle zum Stehen zu kommen. Kein Licht war zu sehen und es legte sich wieder Stille über die Nacht. Gogo wagte einen Blick zu Hiro, der ihr mit einer Handbewegung anwies, sich zu verstecken. Vorsichtig kroch Gogo tiefer in den Schatten hinein. Sie öffnete ihr Visier, nahm den Kaugummi heraus, steckte ihn sich an den Helm, schloss das Visier wieder und beobachtete angespannt das Tor. Von draußen kam das Geräusch sich öffnender Autotüren, die mit einem Knall wieder geschlossen wurden. Gogo spürte, wie ihre Muskeln sich anspannten und ihr das Adrenalin zunehmend in die Venen rauschte. Ihr Gehör verschärfte sich und sie war sich beinahe sicher, langsame Schritte im Kies vor dem Tor zu hören. Leise und vorsichtig legte sie sich eine ihrer Scheiben auf die Schiene an ihrem Arm. Diesmal würden sie schnell zuschlagen, gezielt und geplant. Sie waren jede erdenkliche Situation durchgegangen und hatten peinlich genau auf jede Kleinigkeit geachtet. Hiro hatte Baymax sogar angewiesen, den Scanner laufen zu lassen, um bei einer etwaigen gebrochenen Stelle in ihrer Panzerung, sie sofort scannen zu können. „Was sagt der Scanner?“ flüsterte Gogo leise. Hiro sah zu ihr hoch und schüttelte langsam den Kopf. Das reichte ihr als Antwort. Es gab nur zwei Personen, die Baymax nicht scannen konnte. Sie ballte die rechte Hand zur Faust, entspannte sie wieder und wiederholte den ersten Schritt. Sie konnte es nicht verleugnen. Sie war nervös. So viel hing davon ab, ob sie nun alles richtig machen würden und Hiro und seine Tante in Zukunft sicher leben konnten. Sie ließ das Tor nicht aus den Augen, doch es geschah nichts. Gerade, als sie Hiro fragen wollte, was los sei, hörte sie etwas. „Is dat ...?“ Gogo hörte rhythmische Schläge einer Gitarre. „Was ist das?“ fragte Honey irritiert. Mit einem Mal gesellten sich die dumpfen Schläge eines Schlagzeugs dazu und schließlich auch Gesang. Allerdings klang dieser durch das massive Tor hindurch eher undeutlich. „Hey! Was ist da unten los?“ schallte die Stimme Freds durchs Mikro. Gerade, als der Refrain einzusetzen schien, riss ein ohrenbetäubender Knall Hiro von den Füßen. Selbst Gogo konnte sich nur schwer auf den Beinen halten und Honey war mit ihrer Bazooka nach hinten umgekippt. I`m on a Highway to hell! setzte das Lied ein und die Musik füllte mit einem Schlag die Stille, die die Explosion des Tores hinterlassen hatte. I`m on the Highway to hell! Durch die Rauchwolke hindurch trat der Schatten eines Mannes, auf seinen Schultern ruhte ein Ghettoblaster, dessen Boxen mit jedem Bass gegen das Netz hämmerten. Lautstark fiel die Person in den rockigen Gesang mit ein und sang aus voller Kehle. „Highway to hell! I`m on a Highway to hell!” Als er ins Licht des Mondes trat, erkannte Gogo sofort Gunner. Seine Flinte schimmerte im Licht auf seinem Rücken und der Revolver hing deutlich sichtbar an seinem Gürtel. Doch irgendetwas stimmte nicht. Er sah anders aus, als Hiro ihn beschrieben hatte. Sie sah zu ihrem Freund hinunter und sah diesen auf dem Boden sitzend, zu Baymax‘ Füßen, und Gunner erschrocken beobachtend. Endlich drehte dieser an einem Regler seiner Anlage und die Musik wurde hörbar leiser. „Guten Abend, Kleiner. Lange nicht mehr gesehen.“ Gogo verstand das nicht. Er hatte ihnen ja erzählt, dass Gunner ihn in zivil gesehen hatte, doch hatte er nichts davon erwähnt, dass er auch seine andere Identität kannte. Gunner lachte, als er den perplexen Gesichtsausdruck von Hiro sah. „Sag nicht, das ist der Riesenmarshmallow vom letzten Mal.“ Er richtete seinen Blick auf Baymax, der noch immer regungslos im Raum stand. „Jetzt sieht er auf jeden Fall deutlich gefährlicher aus als vorher. Da bekomme ich ja schon fast Angst.“ kicherte er laut. Der ist vollkommen irre schoss es Gogo durch den Kopf und sie hob vorsichtig den Blick. Hiro hatte sie angehalten, nicht eher einzugreifen, bevor er nicht das Zeichen gab, egal, was passieren würde. „Hier stimmt etwas nicht.“ hörte sie eine nervöse Stimme aus dem Lautsprecher. „Du hast Recht, Honey. Irgendwas ist anders.“ Es war nicht nur der untypische Auftritt, den kein Dieb, der unerkannt bleiben wollte, auf diese Art und Weise abziehen würde. Auch seine Kleidung war völlig anders als sie in Baymax‘ Aufzeichnungen und Hiros Beschreibung nach aussah. Der Mantel war weg und stattdessen prangte eine schwarze, offene Weste auf seinem Oberkörper, deren langer Stoff bis zu den Stiefeln reichte. Darunter und an den Armen war er völlig in Metall gehüllt. Gogo sah die vereinzelten, glatt polierten Platten. Die Schläuche und Drähte. Die Scharniere und Stahlseile. Er glich mehr einem Roboter, als einem Menschen. „Weißt du ...“ fing er wieder an. „... als ich dich damals besucht hatte, hätte ich nie damit gerechnet, dass gerade du kleiner Wurm zu den Leuten gehörst, die uns schon mal bei unserer Tour gestört hatten.“ Er kicherte und Gogo konnte Hiros ungläubigen Gesichtsausdruck sehen. „Aber die Welt ist manchmal recht klein. Naja, was soll‘s?“ Mit einer kurzen Bewegung ließ er die Anlage von seiner Schulter gleiten, die dann mit einem lauten Krachen auf dem Boden aufschlug und ihre Bruchstücke über den steinernen Boden verteilte. Noch während sie fiel, hatte Gunner seine Flinte gegriffen und richtete den Lauf auf Hiro. „Aber ich habe dich gewarnt, mir noch einmal in die Quere zu kommen.“ Hiros Gesichtsausdruck war angespannt und doch erwiderte er in einem ruhigen Tonfall, der einen beinahe glauben ließ, er würde sich mit einem alten Freund unterhalten „Ja, das haben Sie, Herr Yamoro.“ Gunner ließ die Flinte ein wenig herunter und sah den Jungen an. Es war unmöglich, zu erkennen, wie er darauf reagierte, lag sein Gesicht doch unter den Helm verborgen. Er kicherte verhalten, als er fragte: „Was hast du gerade gesagt?“ Hiro sah ihn mit strengem und entschlossenem Blick an. „An dem Abend, als Sie bei mir gewesen sind, hat mein Roboter Sie gescannt.“ Baymax surrte leise und Gunner legte einem Hund gleich den Kopf schief. „Äh ...?“ „Sie können sich nicht mehr verstecken. Wir werden Sie finden.“ Gogo bemerkte das leichte Zittern in Hiros Stimme. Ob er nervös oder einfach nur wütend war, konnte sie allerdings nicht sagen, doch sie musste sich eingestehen, dass er seine Sache großartig machte. „Es ist völlig egal, was Sie tun. Diesen Ort haben wir gewählt!“ Gunner senkte die Flinte und legte den Kopf in den Nacken. „Hahaha!“ Ein leichter Schauer lief Gogo über den Rücken und sie war sich sicher, dass es Hiro nicht anders erging. „Ohje, das ist schlecht.“ lachte er und griff sich kopfschüttelnd an den Helm. „Mies ist das. Sind wir euch etwa auf den Leim gegangen?" fügte er mit sarkastischem Ton hinzu und richtete seine Flinte wieder auf. „Das ist richtig mies. Nun wird sogar Knight einsehen müssen, dass wir euch besser mundtot machen sollten.“ gluckste er. Gogo ging in Position, bereit zu springen. Gib schon das Signal schrie sie innerlich, als auf einmal Hiro wieder sprach. „Wo wir gerade davon reden. Wo steckt dein Partner?“ Hiros Stimme war angespannt, doch hörte sie keine Furcht darin. Gunner legte den Kopf schief und seine Schultern zitterten leicht, als er lachte. Was soll das? Er zeigte mit dem Finger nach oben. „Auf dem Dach.“ Als wäre es ein Stichwort gewesen, barst die Decke über Hiro. Ohne zu zögern, griff Baymax nach dem Jungen und zog ihn von den Trümmern weg. Mit einem lauten Krachen schlugen die Dachstücke auf dem steinernen Boden ein und hüllten die Szenerie in dichten Staub. Mit einer geschickten Rolle sprang Wasabi aus dieser heraus, die Plasmaklingen aktiviert. „Wasabi!? Was ist mit Fred?“ konnte Hiro noch herausbringen, als der Genannte in einem Affenzahn aus dem Nebel flog, Wasabi direkt in die Arme. Zu Freds Glück fiel Wasabis Reaktion gewohnt schnell aus und gleich einem Wimpernschlag erloschen seine Klingen und er breitete die Arme aus, um seinen Freund zu fangen. „Ich mag deine Auftritte.“ fügte Gunner der Szenerie hinzu. Als der Nebel sich lichtete, erkannte Gogo die Gestalt Knights darin. "Tut mir ... leid, Hiro ..." stammelte der Riese. Gogo war fassungslos. Mit einem metallenen Singen versenkte er sein Schwert wieder in der Scheide auf seinem Rücken und zog das andere daneben. Erst jetzt fiel Gogo auf, dass er nicht nur ein Schwert bei sich trug. Hiro pfiff laut aber kurz und sofort stürmten die Freunde los. Aus dem Schatten heraus schossen Callaghans Microbots in der Gestalt von zwei riesigen Hammern auf die beiden zu. Sekundenbruchteile zuvor hatte Honey ihre Ladung mit einem lauten Knall abgefeuert. Hochkonzentrierter Kleber mit dem Ziel, die Feinde auf der Stelle zu fixieren. Im gleichen Moment schossen auch Hiros Microbots aus seinen Taschen hervor und zogen Wasabi und Fred aus dem Schussfeld. Hinter ihm warf Baymax bereits seine Düsen an und Gogo setzte zum Sprung an. Wenn die beiden der Attacke auswichen, würden sie sie in der Luft abfangen. Doch noch während Gogo und Baymax die Positionen über ihnen einnahmen, erkannten sie, dass die beiden sich keinen Zentimeter wegbewegten, sondern völlig ruhig dort verharrten. Mit übermenschlicher Geschwindigkeit riss Gunner seine Flinte hoch und zerschoss Honeys Projektil, noch ehe es die Hälfte der Strecke hinter sich gebracht hatte. Knight hingegen schwebte wie auf Schwingen durch den Raum und hielt auf die Microbots zu, denen er mit einer grünlich schimmernden Klinge begegnete, welche die Gebilde noch in der Luft in zwei Hälfte schnitt. Mit Schwung flog er über Hiro und Baymax hinweg, drehte sich in der Luft und landete wieder mit den Füßen auf den Boden, als sein Stahlmantel sich mit einem langgezogenen Krachen in den Beton bohrte, während er darauf abbremste. Die Überraschung war den Freunden deutlich ins Gesicht geschrieben, doch blieb ihnen keine Zeit, darüber nachzudenken, wie er das gemacht hat. Initiative! Sofort änderte Gogo in der Luft die Richtung und hielt auf Knight zu. Honey lud ihre Kanone nach und Hiro sprang auf Baymax‘ Rücken, während er inzwischen mit voller Geschwindigkeit auf Gunner zu hielt. Nachdem der erste Angriff gescheitert war, trat sofort Plan B in Kraft, den Hiro ihnen noch am Abend zuvor eingetrichtert hatte. "Die beiden sind Grund auf verschieden. Das müssen wir ausnutzen." Er hatte sich dabei an Wasabi und Fred gewandt. "Ihr zwei, Baymax und ich werden uns Gunner vorknöpfen. Er ist definitiv ein Fernkämpfer, wenn wir uns seine Bewaffnung ansehen. Also werden wir ihm die für ihn vorteilhafte Distanz gar nicht erst ermöglichen." Fred richtete seinen Feuerstrahl mit einem lauten "Feuer!" auf Gunner. Gogo ließ von dem Geschehen ab und richtete ihr Augenmerk nun auf ihren Gegner. Knight hatte sich inzwischen erhoben und begegnete dem Beschuss von Honey mit seinem Schild. Diesmal wird dich das nicht retten (kursiv) knurrte sie innerlich, warf ihre Düsen an und glitt an der Wand zu seiner Linken entlang. Gogo wusste, dass Callaghan von seiner Rechten her angreifen würde. "Findet den toten Winkel in seiner Verteidigung, aber bleibt außerhalb seiner Reichweite." hatte Hiro ihnen befohlen und Gogo sah keinen Grund, sich dem zu widersetzen. In ihr brodelte der Wille nach einer Revanche, doch musste sie sich zurückhalten und ihre Impulse unterdrücken. Während ihr Gegner ihre Bewegungen verfolgte, schossen bereits die Microbots von Callaghan aus dem Schatten heraus auf ihn zu. Wie die Tentakel eines Kraken fächerte er diese aus und ließ sie in Form von Speerspitzen auf ihn zu halten. Gogo machte sich zum Richtungswechsel bereit. Wenn er sich umdrehen und den Bots begegnen würde, würde sie das ausnutzen. Doch so weit kam es gar nicht erst. Agil wie eine Gazelle sprang Knight nach hinten und die Bots folgten ihm. Er fuhr sein Schild wieder ein und ließ seine Düsen brüllen. Eine schnelle neunzig Grad Kurve und er war an ihnen vorbei. Sofort hob er noch im Flug sein Schwert und schlug zu. Zwei der Arme brachen zusammen und die Bots verteilten sich auf dem Boden. Doch er hielt nicht, sondern sprang mit einem Satz auf den dicken Stamm der Bots und rannte auf diesem entlang zu Callaghan. Honey hatte inzwischen den Beschuss aufgenommen und Gogo feuerte ihre beiden Scheiben von der Schiene. Auf halbem Weg jedoch zog der alte Mann seine Maske kurz ab und die vorher stabilen Bots verloren ihren Halt und fielen zu Boden. Seines Halts beraubt, trat Knight ins Leere und die schwarz schimmernden Projektile von Honey trafen ihn in die Seite und die Scheiben an den rechten Arm, was ihn zu Boden warf. Gogo verlor keine Zeit und lief zu ihm. Sie wusste, dass Honey ihre Klebemixtur verwendet hatte und Knight nun in seiner Bewegung eingeschränkt war. Callaghan zog rasch seine Maske wieder auf und die Bots begannen, sich wieder zu bewegen. Gogo war nur wenige Meter von Knight entfernt, als dieser mit einem Mal in Flammen aufging. Erschrocken bremste Gogo ab und sah, wie ihr Gegner sich langsam, von tanzenden Flammen umhüllt, wieder erhob. Doch so schnell, wie das Feuer kam, so schnell war es auch schon wieder verschwunden und nur die brennende Weste glitt noch an seiner Rüstung hinunter und landete mit einem Funkenschlag auf dem Boden. Ohne zu zögern hob er sein Schwert wieder und hielt auf Gogo zu. Sofort erkannte Gogo den Sinn hinter dieser Aktion. Die klebrige Masse, die ihn vor kurzem noch aufgehalten hatte, war abgebrannt.  Als er nur wenige Meter von ihr entfernt war, zog sie ebenfalls nach vorne, bereit ihm zu begegnen. Es war Zeit, das Gelernte anzuwenden. Der Schlagabtausch war nur von kurzer Dauer. In atemberaubender Geschwindigkeit drehte Knight die Klinge seines Schwertes und schlug Gogo damit die erhobenen Hände weg, noch ehe sie den ersten Griff anwenden konnte. Eine kurze Drehung von ihm und er hob sie von den Füßen, griff an ihre Kehle und drückte sie auf den Boden. Sie hörte, wie der Stein unter ihr brach, doch seltsamerweise spürte sie dabei keinen Schmerz und das, obwohl sich das Jetpack in ihren Rücken drückte, während es unter lautem Scheppern zerbrach. Noch während sie aufkam, ließ er von ihr ab, klappte seinen Schild aus seinem Arm heraus und drehte sich. Gogo sah im Augenwinkel, wie sich die Microbots in Form einer großen Faust rasant auf ihn zu bewegten und mit lautem Krachen gegen den Schild schlugen. Der Wucht nicht gewachsen riss es ihn von den Füßen und warf ihn gegen die Wand. "Alles in Ordnung?" knackte die besorgte Stimme Honeys durch die Lautsprecher. Gogo stöhnte vor Schmerz und, als sie sich aufrichtete, sah sie Callaghan auf seinen Bots reitend auf Knight zu halten. "Steh auf, Gogo! Wir dürfen nicht nachlassen!" rief er ihr zu und griff an. Dämlicher alter Sack fluchte sie innerlich und stand auf. Ein kurzer, prüfender Griff und es war klar, dass ihre Düsen völlig zerstört waren. Das wirst du mir büßen Sie wagte einen kurzen Blick zu den anderen. Wasabi hielt sein grün leuchtendes Plasmaschild Gunner entgegen, der munter auf ihn feuerte. "Ein kugelsicheres Schild?" Er kicherte leise und drehte an der kleineren Trommel seines Revolvers. "Wie vorhersehbar." Erneut schoss er und diesmal hörte sich jede Kugel an wie ein Kanonenschlag. Zwei, drei Schüsse auf das Schild, die mit einer Explosion auf die Oberfläche schlugen und deren Wucht Wasabi zum Taumeln brachte. Bis schließlich der vierte ihn von den Füßen hob. Gunners Lachen wurde lauter: "Haltet ihr mich für einen verdammten Amateur?!" Von der Seite schoss Baymax‘ Faust auf ihn zu, welcher er nicht mehr ausweichen konnte und bei dem Versuch ihn zu greifen, warf sie ihn schlichtweg über den Haufen, als wäre er nur eine Stoffpuppe. Offenbar waren die anderen auch nicht viel weiter als sie. Immer wieder wiegte der Kampf hin und her, doch gelang es den Freunden weitestgehend die Initiative zu behalten. Gogo wandte sich ab und warf sich nach vorne. Dann musste sie wohl auf die konventionelle Version zurückgreifen. Callaghan verfolgte Knight inzwischen, der seinen Angriffen immer wieder mit Haken und Sprüngen auswich, während Honey ihn von oben ins Visier nahm. Das wusste wohl auch er, denn immer wieder versuchte er, den Kampf in Richtung Honey zu verlagern, was Callaghan jedoch vereitelte. Er hat nicht viele Optionen schoss es ihr durch den Kopf. Sie nahm eine scharfe Rechtskurve und hielt auf Knight zu. Ein Klacken und ihre Scheiben waren in der Schiene verankert. Kurz blickte er sie an, als er die Richtung abrupt änderte und auf Gogo zu lief. Diesmal nicht Mitten in der Fahrt hielt sie, kniete sich hin und zielte. Ein weiteres Klacken und die Scheiben sausten in Richtung ihres Gegners. Ohne ihren Aufschlag abzuwarten, aktivierte sie ihre Magneten, nahm sich unter Surren zwei weitere Scheiben von ihren Rädern und warf diese jeweils nach links und rechts von sich. Danach hechtete sie nach vorne und fuhr auf Knight zu, der inzwischen sein Schwert gehoben hatte und die beiden ersten Projektile von Gogo abwehrte, während hinter ihm die Bots in einer riesigen Welle immer näher kamen. In voller Fahrt aktivierte Gogo ihre Magnete in den Handschuhen und am Pfeifen in der Luft konnte sie erkennen, dass ihre Scheiben nun die Richtung gewechselt hatten. Es waren nur noch wenige Meter, die sie von Knight trennten. Er wird mich nicht töten redete sie sich ein und hoffte, dass Fred recht behalten sollte. Er wird mich nicht töten Wenige Zentimeter lagen jetzt noch zwischen ihnen und sie konnte schwören, dass sie ihn atmen hören konnte. Er hatte die Spitze seiner Klinge auf sie gerichtet. Alles um sie herum geschah wie in Zeitlupe. Gogo hob die Arme, um dem Schlag zu begegnen. Doch kam dieser nie. Im Augenwinkel sah sie, wie zwei kleine Bälle mit einem leuchtenden roten Punkt genau auf Knight zuflogen. Auch er hatte diese bemerkt, denn er senkte in Sekundenbruchteilen sein Schwert, ließ es fallen, packte Gogo am Arm und zog sie beiseite. Eine ohrenbetäubende Explosion folgte und warf die beiden zusammen mit einem Schwarm Microbots durch die Halle. Noch in der Luft nahm Knight sie, hielt sie in den Armen. Mit einem heftigen Ruck kamen die Beiden auf dem Boden auf und seine gepanzerten Stiefel zogen eine tiefe Schneise nach sich, als er auf dem Boden bremste. Gogo war in diesem Moment unfähig zu denken, hoffte sie doch nur, das hier alles heil zu überstehen. Als sie schließlich zum Stillstand kamen, hob er sie ohne weiteres Zögern wieder auf die Beine und rannte zu seinem inzwischen mit erhobenem Revolver mitten im Raum stehenden Kollegen. Sofort zog er sein anderes Schwert aus der Scheide und stellte sich mit dem Rücken zu Gunner. "Also eigentlich habe ich dich nur wegen deinem Schwert Knight genannt, nicht weil du Jungfrauen in Nöten zu Hilfe eilst, weißt du?" witzelte dieser. Knight erwiderte kein Wort und Gunner fuhr wissend fort: "Schon klar, niemanden töten. Ich hab‘s verstanden." Gogo stand noch immer am selben Ort, an dem er sie abgesetzt hatte, und konnte es noch immer nicht fassen. "Gogo! Ist alles gut bei dir?" Die besorgte Stimme Honeys holte sie aus ihrer Trance zurück und sofort schloss sie zu ihren Freunden auf, die dabei waren, die beiden zu umzingeln. Inzwischen redete Gunner weiter mit seinem Kollegen, nicht ohne jede Bewegung mit seinen Revolvern zu verfolgen: "Das ist jetzt schon ´ne blöde Situation." Knight richtete einen kurzen Seitenblick zu Gunner und der lachte. "Ja, ich weiß, es ist meine Schuld." Seine Schultern bebten und er kicherte laut. "Aber weißt du? Der Bengel da kennt meine Identität, der Roboter hat mich offenbar neulich gescannt, als ich mal kurz bei ihm reingeschneit bin." Knight sagte kein Wort, richtete sein Schwert nur auf den näher kommenden Callaghan. "Außerdem glauben sie, dass ich mit Nachname Yamoro heißen soll. Verrückt, nicht wahr?" Er hob seine Revolver und richtete sie auf Hiro und Baymax. Sofort baute der Roboter sein Schild auf und duckte sich mit Hiro schützend dahinter. "Sie waren nah dran." Im Bruchteil von Sekunden, drehte Gunner sich an Knight vorbei. So schnell, dass niemand damit gerechnet hatte. Er hob seinen rechten Revolver erneut und feuerte. Ein Knall und ein erstickter Schrei durchbrachen die Stille, die seine letzten Worte hinterlassen hatten. Im Augenwinkel sah Gogo noch den Schwall Blut, der weit durch den Raum getragen wurde und sofort erkannte sie, wen er getroffen hatte. "Ich habe dich gewarnt, alter Mann." Ungläubig und beinahe wie in Trance führte Callaghan seine rechte Hand an seinen Hals, während das Blut zwischen seine Finger glitt. Ein Husten und ein weiter Schwall ergoss sich über den Boden. Es war wie in einem Traum, so fern und surreal erschien Gogo diese Szene. So sehr wollte sie es nicht wahr haben. "Nein!" Der erstickte Schrei von Hiro schallte durch den Raum, noch während der alte Mann rücklings fiel. Ohne zu zögern warf der Roboter die Düsen an und schoss mit Hiro auf dem Rücken nach vorne. Von dem lauten Donnern gewarnt, drehte Gunner sich um zielte mit lautem Lachen und bebenden Schultern auf Hiro. „Stirb du Knirps!“ brüllte er ihm entgegen und drückte ab. „Hiro! Verschwinde da!“ gleich mit dem Krachen des Revolvers peitschte die Stimme durch den Raum und noch ehe Gogo diese zuordnen konnte stieß Knight seinen Verbündeten mit all seiner Kraft beiseite. Als die Kugel den Lauf verließ, zischte sie nur Millimeter an Hiros Helm vorbei. Den Roboter stoppte das nicht. Ein lautes Bersten und das Glas von Knights Helm zersprang an der linken Seite, wo ihn die Faust gestreift hatte. Für einen kurzen Moment machte Gogos Herz einen Hüpfer. Eine Lücke, Baymax würde ihn scannen können. Hiro dachte offenbar dasselbe, denn noch im Vorbeiflug kreischte er beinahe zu dem Roboter: "Scan ihn!" Eine scharfe Kurve und Hiro sprang von Baymax‘ Rücken herunter. Noch während sich Hiro zu Callaghan kniete, antwortete der Roboter: "Ja." Sofort begann er zu surren und Sekunden später sagte er: "Scan abge ..." Doch weiter kam er nicht. Gogo sah an seinem Hinterkopf eine feine, glühende Linie, die sich quer über den Kopf bis zur linken Schulter zog und im nächsten Moment splitterte der Stahl an dieser Naht. Gogo hörte, wie Hiro erschrocken den Blick zu ihm richtete, mit bebender Lippe und der Stimme beraubt, als dieser erkannte, was geschehen war. Jetzt erst erkannte sie, dass Knight seinen Nachbrenner, der an seinen Waden angebracht worden war, angeworfen hatte und mit seinem grünen Schwert Baymax‘ Rüstung wie ein heißes Messer Butter zerschnitten hatte. Noch im selben Zug zog er sein Schwert wieder hoch und spaltete den Roboter in der Mitte, ehe ein gezielter Schuss von Gunner hinter ihm diesen nun vollständig zerstörte und dessen Bruchstücke über den Boden verteilte. "Schluss mit der Scannerei." kommentierte er trocken. Gogo sah nicht zu Hiro, sondern rannte sofort nach vorne und Wasabi und Fred taten es ihr gleich. Honey indes sprang sofort von ihrem Posten, drückte auf ihren inzwischen wieder zur Handtasche gewordenen Chemiebaukasten und holte eine gelbe Kugel heraus, die sie sofort aufriss. Gunner hatte inzwischen wieder seinen Revolver erhoben und richtete diesen auf die drei am Boden Sitzenden. Doch bevor er seinen Schuss abgeben konnte, schnitt die Klinge seines Partners durch den Stahl der Waffe. Ohne Gunner darauf reagieren zu lassen, packte Knight ihn an der Kehle und warf ihn zu Boden. Mit bedrohlicher und verzerrter Stimme brüllte er seinem Partner zu: "Verschwinde von hier!" Es war ein Tonfall, der keinen Widerstand duldete, und doch widersprach Gunner ihm: "Wie kannst du es ...?" Doch weiter kam er nicht. Sofort zog Knight seinen Stiefel mit ganzer Kraft durch sein Gesicht. "Verschwinde endlich oder du bist der nächste!" Diesmal erwiderte er nichts, sondern erhob sich nur und rannte Richtung Ausgang. Gogo zog an ihren Freunden vorbei ihm hinterher. Oh nein, daraus wird nichts Doch bemerkte sie in ihrer Rage nicht, wie Knight zu ihr aufgeschlossen hatte, sie an ihrem Arm packte und sie mit kraftvollem Griff wieder zurückwarf. Sie landete in den Armen von Fred, der sie auffing. Hinter Knight flüchtete sein Partner in den immer heller werdenden Morgen. Als Fred sie absetzte, bemerkte sie, dass Knight heftig atmete und sich seine Schultern auf und ab hoben. Er kann nicht mehr, das ist unsere Chance In der noch dunklen Halle konnte sie die inzwischen freie Stelle in seinem Visier nicht erkennen, doch hoffte sie inständig, dass Baymax‘ Chip den Angriff überlebt hatte und er ihnen damit nicht mehr entkommen konnte. Wasabi schien dasselbe zu denken. "Ihr habt versagt. Auch wenn de et jeschafft hast, Baymax zu erledigen, de Scan Werte ham wa so oder so. Wir werden bald wissen, wer ihr seid." Knight erwiderte nichts, doch hoffte sie, dass Wasabis Bluff funktionieren würde. Knight wandte einen letzten Blick zu dem am Boden liegenden Professor, auf dessen Wunde Honey inzwischen ein weißes Pulver gestreut hatte und fieberhaft versuchte, mit zitternden Händen einen Verband um seine Wunde zu legen. Knight zog das Schwert und rannte auf die drei zu, die aufgehende Sonne in seinem Rücken. Wasabi warf seine Klingen an, Fred machte sich zum Sprung bereit und Gogo nahm eine ihrer Scheiben in die Hand, bereit dem Angriff zu begegnen. Du kommst hier nicht vorbei Doch mitten im Lauf stoppte er und sah an sich herunter. Anfangs verstand Gogo nicht, doch dann sah sie es. Kleine, rote Punkte auf seinem Körper verteilt, die zitterten und tanzten, doch nie von ihm abließen. Erst jetzt bemerkte die Gruppe die Männer hinter ihnen. Schwarze Kevlarwesten und Panzerung. Vermummte Gesichter, verdeckt von Sonnenbrille und schwarzen Masken. Sie hielten ihre Waffen ruhig, aber aufmerksam. "Wir haben ihn festgesetzt. Es gibt einen Verletzten, wir brauchen sofort einen Arzt!" rief einer von ihnen in sein Mikro. Gogo hatte gar nicht bemerkt, wie sie sich in der ganzen Halle verteilt hatten und sogar durch das zerstörte Tor traten. „Schießt endlich.“ rief Knight ihnen mit einem Mal zu, doch diesmal war seine Stimme überhaupt nicht verzerrt. Sie klang beinahe sanft und bebte merklich bei jedem Wort. "Nehmen Sie die Waffe runter!" brüllte einer der Beamten, doch tat er nichts dergleichen. Stattdessen hob er sein Schwert noch und richtete es auf die Männer. "Nehmen Sie sie runter oder wir eröffnen das Feuer!" wiederholten sie. Mit einem Mal griff Knight an seinen Helm und zog ihn mit einer Bewegung von seinem Kopf. Strahlend blaue Augen und pechschwarzes Haar schimmerten im Sonnenlicht. "Schießt endlich ..." Die Stimme war mehr ein Flehen und Gogo stoppte das Herz. Bitte lass das nicht wahr sein flehte sie innerlich, doch selbst im Dunkeln seines Schattens konnte sie seine allzu bekannten Gesichtszüge deutlich erkennen. Bitte tu mir das nicht an Naoko sah sie aus müden Augen heraus an. „Wir müssen ihm helfen!“ flüsterte sie beinahe wie in Trance, mehr zu sich selbst, als zu den anderen. Sie wusste nicht, wie sie auf diesen Gedanken kam und warum überhaupt, doch erschien ihr dies nun, nachdem sie es ausgesprochen hatte, auch nicht mehr allzu wichtig. „Ihm helfen? Spinnste jetzt völlich?“ fuhr Wasabi sie laut an. „Er hat Baymax den Kopf abjeschlagen und Callaghan verletzt!" fügte er hinzu. „Er ist ein Roboter! Wenn der Chip nicht beschädigt wird, geschieht ihm nichts!“ entgegnete Gogo. „Außerdem hat Gunner ihn erschossen, nicht er!“ „Und wenn er sich ergibt wird ihm auch nichts geschehen. Sie werden ihn festnehmen.“ sprach Honey ruhig, die sich zu den anderen gesellt hatte, und legte ihre Hand auf Gogos Schulter. "Er wird nicht aufgeben." Gogos Stimme bebte. Sie wusste, dass ihre Freunde nichts unternehmen würden. "Haltet euch da raus." sprach sie schließlich. Dann würde sie das eben selbst in die Hand nehmen. "Er gehört mir!" Sie warf sich nach vorne und sprintete los. "Gogo?!" brüllten die anderem im Chor und sahen ihr fassungslos hinterher. Honey ließ drei blaue Bälle aus ihrer Tasche ploppen und sah Fred auffordernd an. "Wir müssen ihnen Deckung geben!" Ob Fred verdutzt über diese Aussage war, konnte man nicht sagen, aber er antwortete "Wie du meinst." "Wofür?" wollte Wasabi hysterisch schreiend wissen. "Vielleicht kann sie ihn zum Aufgeben bewegen." meinte sie und stürmte mit Fred nach vorne. Ein schneller Wurf von Honey, ein Feuerstoß von Fred und die ganze Halle wurde in eine blaue, dichte Rauchwolke gehüllt. Gogo indes bekam davon überhaupt nichts mit. Sie spürte die Tränen, die sich in ihren Augen bildeten, doch fachte das ihre Wut nur noch mehr an. Warum ausgerechnet du? Als die Wolken zu ihr aufgeschlossen hatten und sie umfingen, wusste sie, dass ihr nun ein paar wenige Minuten Zeit erkauft worden waren, ehe die Einsatzkräfte ihnen folgen würden. Sie hoffte, dass die anderen sich aus dem Staub machen würden, bevor man ihnen unangenehme Fragen stellen konnte. Wieso tut es mir so weh? Naoko hatte noch immer sein Schwert erhoben und blickte entschlossen in den Nebel hinein. Gogo wusste nicht, ob er sie sehen konnte, doch war ihr das im Moment völlig egal. Sie zog eine scharfe Kurve, versuchte ihn an der Seite zu erwischen. Doch sofort zog er nach und richtete sein Schwert in ihre Richtung. Sie fuhr weiter um ihn herum, weiter und schneller, versuchte eine Lücke zu finden. Und plötzlich war sie da. Kurz richtete er seinen Blick wieder in Richtung ihrer Freunde. Was auch immer ihn gerade abgelenkt hatte, sie würde es nutzen. Ich habe dir vertraut! Gogo warf sich mit aller Kraft nach vorne. Ihre Bewegungen ließen den Nebel um sie herum aufwirbeln, gleichsam wie den Staub der Straße. Erschrocken fuhr Naoko herum, doch war es zu spät. Mit erhobenen Scheiben rammte sie in seine Seite und riss ihn zu Boden. Eine geschickte Rolle und beide standen sich gegenüber. Naoko öffnete den Mund, doch Gogo wollte ihn gar nicht erst reden lassen. Sofort warf sie wieder nach vorne an und ging in den Nahkampf. Ich habe dir verdammt noch mal vertraut! Naoko reagierte schnell und wehrte ihre gezielten Hiebe mit den Scheiben ab. Gogo raste vor Wut, versuchte ihn mit aller Macht zu überwältigen. Doch trotz ihrer Bemühungen schien es beinahe so, als würde er ihre Schläge ohne jede Mühe abwehren können. "Gogo." Dumpf drang seine Stimme in ihren Verstand, doch sie ignorierte ihn. "Gogo!" Für sie wirkte es, als spräche er aus weiter Ferne zu ihr. Seine Worte waren völlig bedeutungslos. Ein Hieb auf sein Gesicht gezielt, Stahl trifft auf Stahl und das Kreischen bescherte ihr eine Gänsehaut. Er machte keinerlei Anstalten anzugreifen, sondern wehrte ihre Schläge nur ab. "Wehr dich gefälligst!" schrie sie ihn verzweifelt an, während ihre Tränen sich mit ihrem Schweiß glitzernd in der Luft verteilten. Warum erlaube ich dir, mir so wehzutun?! Ein geschicktes Kreisen seines Schwertes und Gogo verlor die Scheiben an ihrer linken Hand. Er ließ das Schwert fallen, griff nach ihrem rechten Arm und riss sie mit ganzer Wucht zu Boden. Über sie gebeugt hielt er sie fest und versuchte ihren Tritten auszuweichen. "Gogo!" schrie er sie an, doch hörte sie nur einen dumpfen Laut. Der Kloß in ihrer Kehle schnürte ihr die Luft ab und sie versuchte mit aller Macht der anbahnenden Tränenflut Herr zu werden. Mit einem Mal war der Griff um ihr rechtes Handgelenk locker und Gogo nutzte diese Unachtsamkeit sofort aus. Ohne nachzudenken schlug sie mit ihrer Rechten quer durch sein Gesicht. Erschrocken von dem Schlag und dessen Wucht ließ er von ihr ab. Gogo wartete nicht lange, sprang auf, nahm sich sein Schwert und warf sich auf ihn. Ohne jedweden Widerstand krachte sie mit ihm auf den Boden, er rücklings, sie mit dem Schwert an seiner Kehle auf ihm sitzend. Eine gefühlte Ewigkeit sahen sie sich nur in die Augen und langsam begannen seine eisblauen Augen zu verschwimmen. Ihre Schultern bebten und sie gab den Tränen nun völlig nach. In Rage brüllte sie ihm ins Gesicht: "Wieso?!" Sie warf das Schwert zur Seite, packte ihn am Kragen und zog ihn hoch. Wütend gab sie ihm einen Schlag nach dem anderen und brüllte immer wieder: "Wieso?! Wieso?! Warum ausgerechnet du?!" Als sie die letzten Worte ausgesprochen hatte, gab sie schließlich nach und starrte ihn nur noch an. "Weil ich muss." erwiderte Naoko flüsternd. Schluchzend ließ Gogo ihn los und erhob sich, nur um direkt danach sich wieder unsanft auf den Boden zu setzen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte, was sie sagen sollte. "Gogo ..." fing er an, doch sie ließ ihn gar nicht erst, sondern erwiderte sofort: "Du weißt, dass wir dich jagen werden. Dass wir dich kriegen werden." Ihre Stimme zitterte leicht, doch war ihr das völlig egal. Betreten blickte sie gen Boden. Sie wusste nicht, was sie gerade tat, und es fühlte sich gleichermaßen richtig wie falsch an. Als sie seine Hände an ihren Schultern spürte, blickte sie auf. Er hatte sich vor sie gekniet und sah sie aus seinen schimmernden Augen heraus an. "Irgendwer muss mich ja aufhalten.“ lächelte er sie schüchtern unter schwerem atmen an. „Aber noch nicht.“ Er ließ vorsichtig von ihr ab. Für eine Sekunde hatte Gogo den Eindruck, dass er das gar nicht wollte. "Du solltest jetzt besser gehen." Sie lächelte resigniert, als sie das hörte, und erhob sich mit ihm vorsichtig. Es war ein seltsames Gefühl, das sie umfing, doch wusste sie, dass es jetzt keinen Weg zurück mehr gab. "Du hast fünf Sekunden." antwortete sie ihm und wollte sich gerade umdrehen, als er ihr erneut an die Schulter griff, sie zu sich zog und umarmte. Gogo war wie erstarrt, hatte sie doch damit gar nicht gerechnet, und so dauerte es einen Augenblick, ehe sie die Umarmung erwiderte. Es kam ihr vor wie eine kleine Ewigkeit, bis sie ihn wieder losließ. Er sah ihr in die Augen. "Versprich mir, dass meine Schwester nichts hiervon erfährt. Sie würde nur anfangen, sich selbst die Schuld dafür zu geben." Gogo wusste weder, wie sie das bei all dem Tumult, den sie verursacht hatten, noch bewerkstelligen sollte, noch, wer sie überhaupt war, doch nickte sie. Blitzschnell kam er ihr näher, doch statt einer erneuten, fahrigen Umarmung hauchte er ihr einen flüchtigen Kuss auf die Lippen, ehe er sich vollends von ihr abwandte, seine Kapuze tief ins Gesicht zog und los rannte. Gogo war wie erstarrt und blickte ihm mit einer Mischung aus Wut und Erleichterung hinterher. Wie ein Knoten zog sich ihre Kehle zu und sie vergaß alles um sich herum. Im schnellen Sprint verschwand er in den zahlreichen Gassen der Wolkenkratzer um sie herum. Langsam begann sich auch der Nebel um sie herum zu lichten und erste Schatten und Konturen waren zu erkennen, welche die Zahl der Einsatzkräfte nur erahnen ließ. Noch immer stand sie wie erstarrt, bis sie rüde am Arm gepackt wurde. "Los jetzt!" schallte Wasabis Stimme in ihrem Kopf und nach einem Augenblick begann sie sich in Bewegung zu setzen. Noch ehe der Nebel völlig verschwunden war und das Chaos des Kampfes offenbarte, waren die Freunde verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)