Über Freunde und Helden von GrauW0lf ================================================================================ Kapitel 18: Upgrade ------------------- Sieben Mal hatte er das Ergebnis von Baymax überprüfen lassen. Sieben Mal dasselbe Ergebnis. Hiro seufzte laut und rieb sich die Stirn. Er wünschte, es wäre anders, doch ließ es sich nicht ändern. Vor wenigen Minuten waren Gogo und Fred mit Professor Callaghan im Schlepptau, den Heathcliff noch abgeholt hatte, während die beiden mit der Suche beschäftigt gewesen waren, auf der Insel angekommen und hatten ihm die Festplatte gebracht. Hiro war heilfroh darüber gewesen, dass die Schäden eher oberflächlich gewesen und die Daten weitestgehend intakt waren. Es gab einige Unterbrechungen in der Konsistenz der Daten, doch waren diese schnell behoben. Die neuen Maschinen und 3D-Drucker, die Mr. Zilla hatte anschaffen lassen, rumorten bereits laut, während sie die Rohfassungen der einzelnen Rüstungen herstellten. Hiro hatte es sich auf einem der Drehstühle bequem gemacht und wartete nun. Tatsächlich machte Hiro sich in diesem Moment mehr Gedanken um Gogo als um die Upgrades und bekam das laute Werkeln gar nicht mehr mit. Er konnte nicht in ihren Kopf sehen und dass sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, machte die Sache nicht unbedingt einfacher. Hiro hoffte, dass sie in Bezug auf Naoko keine Dummheit machen würde und Gunner sogar noch von ihren Plänen erfuhr, doch war dieser Gedanke nur von kurzer Dauer. Energisch schüttelte er den Kopf und beendete seinen Unmut mit der Erkenntnis, dass es unsinnig war, dass ausgerechnet sie sich nicht auf ihre Aufgabe konzentrieren würde. Er würde ihr gerne helfen, doch wusste er nicht, wie, und hoffte inständig, dass zumindest Honey eine Lösung finden würde. Sein innerer Monolog über dieses Problem wurde jäh unterbrochen, als er hörte, wie sich die Tür hinter ihm mit einem leisen Zischen öffnete. Herein trat Mr. Zilla, ernst blickend wie der General, den er mimte. „Hiro, ich denke, du wirst Hilfe bei deiner Arbeit brauchen.“ war alles, was er sagte, und aus seinem Sichtschatten heraus trat. „Callaghan …“ Hiro wusste nicht, was das sollte. Er wusste zwar, dass der alte Mann sich auf der Insel befand und das sogar seiner eigenen Bitte nach, doch hatte Hiro gehofft, dass er ihm nicht allzu oft begegnen musste. Zumindest nicht öfter als notwendig. „Was macht er hier?“ fragte Hiro wütend. „Ich weiß, ihr habt eure Differenzen, doch dies ist eine Situation, in der ihr beide, jeder für sich, nichts ausrichten könnt.“ erklärte Freds Vater mit eingehender Stimme und sah Hiro und Callaghan dabei ernst an, bevor er fortfuhr. „Ihr beide seid eine Referenz auf eurem Gebiet und könnt nur voneinander profitieren.“ Freds Vater trat an Callaghan heran. „Dies ist das Labor. Was immer Sie für Ihre Arbeit brauchen, wird bereitgestellt oder herangeschafft. Lassen Sie es mich wissen, wenn etwas fehlt.“ sagte er noch zu ihm und wandte sich dann wieder Hiro zu. „Gib mir Bescheid, wenn die Upgrades fertig und bereit zum Testen sind. Ich kümmere mich dann mal um deine Freunde. Es wird Zeit fürs Training.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, durchschritt er die Tür, die mit einem weiteren leisen Zischen hinter ihm zufiel. Nun waren die beiden alleine und das Schließen der Tür hinterließ eine unangenehme Stille. Hiro wich Callaghans Blick aus und drehte seinen Stuhl wieder in Richtung des Schreibtisches. „Nun, das ist doch mal ein Labor.“ hörte er den alten Mann hinter sich sagen, der offenbar bemüht war, irgendwie ein Gespräch aufzubauen. Doch war Hiro daran absolut nicht interessiert und schwieg stattdessen. Er hörte, wie Callaghan sich in Bewegung setzte, sich einen der Stühle nahm und sich neben Hiro setzte. „Und hier entwickelst entstehen deine neuen Ideen? Du hast es wirklich weit gebracht, Hiro.“ sagte er und versuchte es erneut. Als Hiro darauf ebenfalls nicht einging, seufzte er laut und legte den Kopf in den Nacken. „Mr. Zilla hat mir von eurem Café erzählt ...“ Er sah Hiro mitleidig von der Seite an. „Es tut mir wirklich leid. Es ist meine Schuld. Ich hätte sie nicht zu dir führen sollen. Ich dachte nur ..., ich dachte, dass ihr ...“ „Dass wir die beiden aufhalten könnten.“ beendete Hiro den Satz. Callaghan erwiderte nichts dazu und nickte nur verhalten. Tatsächlich machte Hiro ihm keine Vorwürfe und er wusste selbst nicht, wieso. Er wollte, es wäre anders. Lieber hätte er ihn angeschrien, ihm Leid zugefügt, doch war ihm klar, dass seinen ehemaligen Professor keine wirkliche Schuld traf. Er hatte sich immer wieder gefragt, was er an seiner Stelle getan hätte. Wenn es um Tante Cass oder sogar Tadashi gegangen wäre. Diese Gedanken endeten immer mit der Hoffnung, niemals in eine solche Situation zu geraten. „Aber was du geschaffen hast, ist beispiellos.“ fuhr der alte Mann fort. „Ich bin mir sicher, Tadashi wäre stolz auf dich.“ Hiro sprang von seinem Stuhl auf und sah ihm in die Augen „Seien Sie ruhig! Sie wissen gar nichts!“ fuhr er ihn wütend an. Callaghan erwiderte seinen Blick mit mitleidiger Miene und Hiro ging an die Decke. „Es ist Ihre Schuld, dass er tot ist, also wagen Sie es nicht, seinen Namen in den Mund zu nehmen!“ Callaghan blieb unbeeindruckt und wartete den Moment ab, dass sich Hiro wieder hinsetzte. „Hiro … Ich wollte nicht, dass ihm etwas passiert. Ich … ich habe nicht geplant, dass er mir ins Gebäude folgen würde.“ Hiro wusste, dass er Recht hatte und doch wollte er ihm nicht zustimmen. Nicht so, nicht hier und nicht jetzt. Er biss sich auf die Lippe und schrie dann kurz auf. „Das ist jetzt egal.“ sagte er schließlich, als er langsam wieder runter kam und Callaghan sah ihn fragend an. „Wir sollen zusammenarbeiten? Gut!“ Er zeigte mit dem Finger auf ihn. „Aber dann machen wir es auf meine Art, haben wir uns verstanden? Ich will keine Ratschläge, Tipps oder sonstigen Mist von Ihnen hören und Sie werden Tadashi in meiner Gegenwart nicht mehr erwähnen!“ Hiro setzte sich wieder auf den Stuhl und atmete langsam aus. Er hoffte, dass das Ganze gut gehen würde, denn es stand mehr auf dem Spiel, als ihm lieb war. „Einverstanden.“ stimmte Callaghan seinen Forderungen zu. Hiro beruhigte das ein wenig, wenn auch nicht viel. Wenn es notwendig war, mit ihm zu arbeiten, dann musste er eben in diesen sauren Apfel beißen, so lange es ihm helfen würde, Cass außer Gefahr zu bringen. „Gut!“ erwiderte Hiro ein wenig angespannter, als er eigentlich klingen wollte. Er stand auf und wies Callaghan, ihm zu folgen. „Dann zeige ich Ihnen mal das Labor.“ Einige Stunden später, der Abend hatte bereits begonnen, ließen Hiro und Callaghan die Anderen in die Halle rufen. Hiro stellte sie alle in einer Reihe vor sich auf und präsentierte ihnen einen großen Tisch, auf dem fünf verschiedene Kisten standen, alle mit dem jeweiligen Namen versehen. Callaghan hatte sich etwas abseits des Tisches gestellt und beobachtete wie Mr. Zilla die Szenerie mit Neugier. Hiro beschloss, wie bei seiner ersten Präsentation ihres Equipments, mit Honey anzufangen. „Fangen wir mit deinem Helm an.“ Er hob diesen aus ihrem Karton und aktivierte ihn. „Ich habe den Scanner für Baymax etwas umfunktioniert und ihn auf chemische Zusammenhänge eingestellt. Wenn du damit jemanden anvisierst, siehst du oben rechts auf dem Display die verschiedenen Materialien, die das Ziel bei sich trägt. Damit kannst du mit deinen Chemiebällen besser auf den Gegner reagieren und den Inhalt anpassen.“ Honey biss sich aufgeregt auf die Lippe, ein deutliches Zeichen für Hiro, dass er auf dem richtigen Weg war. Er legte den Helm wieder beiseite und nahm ihre Tasche in die Hand. „Und wenn du die hier so auf die Schulter nimmst und diesen Knopf betätigst ..." Ein kurzes Surren folgte, als Hiro die Tasche auf die Schulter nahm und ein Rohr kam zu beiden Seiten der Tasche heraus. Mit einem kurzen Klicken änderte sich das Display und das Periodensystem wurde etwas kleiner und machte einer weiteren Anzeige Platz. „... hast du eine Kanone mit verschiedenen Modi.“ Kurz drückte er einige der Knöpfe und mit einem lauten Donnern schoss eine riesige blaue Kugel heraus, die mit einem Krachen in der gegenüberliegenden Wand einschlug und alles mit einer glänzenden Eisschicht überzog. Honeys Augen leuchteten wie kleine Diamanten und sie tanzte aufgeregt auf der Stelle. Hiro grinste vor Stolz. „Außer der großen kannst du auch viele kleine Kugeln oder sogar welche mit verschiedenem Inhalt verschießen. Auch eine Art Strahlenfunktion ist eingebaut. Das funktioniert dann in etwa wie ein Flammenwerfer.“ erklärte er mit stolz geschwellter Brust weiter und Honey konnte kaum an sich halten. Ihre Augen schienen die neue Waffe gierig aufzusaugen. Als Hiro sie ihr überreichte, fackelte sie auch nicht lange und schoss ihre erste Ladung in einem Bruchteil der Zeit ab, die Hiro benötigt hatte, sodass man meinen konnte, sie hätte die Kanone entwickelt und nicht Hiro. Als aus der Wand, die als Ziel herhalten musste, unter großem Getöse Risse und ganze Felsbrocken herausbrachen, tanzte die Blondine wie wild auf ihren hohen Schuhen und umarmte stürmisch ihren kleinen Freund. Voller Überschwang bedeckte sie seine Wangen mit dankbaren Küssen. „Das Ding ist genial!“ kreischte sie und reihte sich wieder bei den anderen ein, nicht ohne das glänzende Rohr beinahe fürsorglich zu streicheln. Hiro konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen und nahm sich die nächste Kiste vor. „Wasabi, das sind deine Upgrades.“ Der Riese blickte Hiro und den Karton nervös an. „Als erstes …“ Hiro griff vorsichtig hinein und zog zwei grüne Handschuhe heraus. Schnell erkannte Wasabi, dass es dieselben wie vorher auch waren, und sah Hiro fragend an. Dieser ließ sich indes Zeit beim Anziehen, allerdings auch eher, um zu verschleiern, dass er bei der Größe von Wasabis Händen schlichtweg Schwierigkeiten hatte. „Die normalen Plasmaklingen kennst du ja bereits.“ fing Hiro an und aktivierte die Handschuhe. Sofort wurde die Szenerie in das charakteristische blaue Licht der Klingen getaucht. Mit ratloser Miene nickte Wasabi. „Aber nun ...“ Hiro ließ seine Finger fächerförmig nach außen spreizen und das Plasma begann, seine Form zu ändern. Die Klingen wurden breiter, gleichsam wie die Spitze. An der linken spreizte er ebenfalls die Finger, ließ diese jedoch langsam wieder zusammenführen und die Klinge folgte der Form seiner Finger. Sie wurde schmaler und spitzer, bis sie zuletzt die Form einer Schwertklinge angenommen hatte. Wasabi faltete die Hände vor dem Gesicht vor Aufregung und Hiro fuhr fort. „Außerdem, kannst du sie nun auch ... “ Hiro klatschte seine Hände zusammen und sofort verbanden sich die Klingen mit einem lauten Zischen und breiteten sich zur Seite und nach oben aus, bis sie eine nach vorne gerichtete Kuppel gebildet hatten. „... zu einem Schild formen, der dich vor allem möglichen Projektilen schützen wird. Professor?“ Keiner hatte mitbekommen, wie Callaghan eine kleine Apparatur aus dem Labor geholt und diese mit weitem Abstand zu Hiro aufgestellt hatte. Er zog die dreckige Plane herunter und enthüllte eine seltsame Maschine mit vier Rohren und vielen Rädern und Schaltern. Ohne ein weiteres Wort richtete Hiro den Schild in Richtung der Maschine, die mit einem lauten Rumoren zum Leben erwachte. Ein peitschender Donner erfüllte die Halle und in gleißenden Blitzen rasten die Projektile auf Hiro zu und zerschmetterten an seinem Schild. Völlig überrumpelt und mit panischem Gesichtsausdruck sahen seine Freunde ihn an und hielten sich die Ohren zu. Zu allen Seiten flogen die Kugeln und nicht ein Kratzer schien am Schild zurückzubleiben. Stattdessen verbrannten die Patronen regelrecht in der Luft und ließen einen beißenden Geruch glühenden Bleis und Eisens zurück. Schließlich endete der Kugelhagel und die Kanone kam langsam wieder zur Ruhe. Die Rohre glühten gleißend rot und überall lagen Patronenhülsen herum. Hiro nahm die Hände wieder auseinander und der Schild bildete sich wieder zu den beiden Klingen zurück. „Der Schild hält sogar Raketenbeschuss aus.“ Der Junge grinste über beide Ohren und überreichte dem mit offenem Mund dastehenden Wasabi die Handschuhe. Natürlich probierte er sie sofort aus und war drauf und dran, Hiro einen leichten Schlag gegen die Schulter zu verpassen, nicht ohne erschrocken zu bemerken, dass er das Plasma noch an hatte. Nach dem er dies mit einer simplen Handbewegung behoben hatte, tat er das dann auch. Doch waren die Handschuhe noch lange nicht alles. „Ich habe außerdem deinen Körperschutz optimiert nach den Daten, die Mr. Zilla all die Jahre im Kampf gegen Knight gesammelt hatte.“ Mit einem kurzen Ruck zog er den Brustpanzer von Wasabis Rüstung aus der Kiste. „Ich habe seine Faserstruktur und Dichte etwas erhöht, was ihn nun praktische jeden Beschuss, kleinkalibriger Waffen aushalten lässt. Sie funktioniert wie eine normale schusssichere Weste und sollte auch die meisten Hieb und Stiche aufhalten können. Egal, ob von einem Holzknüppel oder einem Samurai Schwert.“ Hiro reichte ihm die Panzerung und holte zuletzt die Kiste, in der sich noch passender Bein- und Armschutz befand. „Und als nächstes hätten wir da ...“ doch weiter kam er nicht, weil Fred bereits mit wedelndem Arm und kurzen „Hier! Nimm mich!“ Rufen auf sich aufmerksam machte. „Bitte! Ich halt das nicht mehr aus!“ winselte er und tanzte nervös auf der Stelle. Es kam eher der Bitte nach einer Toilette gleich als nach dem Upgrade, fand Hiro, doch ging er seiner Bitte nach. „Nun gut.“ antwortete er und schritt an die Kiste, auf der sein Name prangte. Darin befand sich, wie zu erwarten, ein Anzug. Doch unterschied er sich deutlich von seinem alten. Das Kostüm war ein wenig schmaler und die Extremitäten wirkten menschlicher als zuvor, wenngleich die Krallen geblieben waren. Als Hiro zu erklären anfangen wollte, stand Fred schon mit Schnappatmung und sich auf die Lippe beißend vor ihm und meinte „Lass es mich ausprobieren! Sag nichts!“ „Fred ...“ begann Hiro, doch ließ sich der Comicfanatiker nicht umstimmen, und so gab er schließlich nach. Begeistert warf Fred sich in den Anzug und begann sofort die altbekannte Funktion, den Sprung, zu testen. Als er keine signifikante Veränderung feststellen konnte, wollte er offenbar zum Feuer übergehen. Sofort erkannte Hiro den Fehler, den Fred dabei begehen würde, und erhob mahnend die Hand. Doch war es zu spät und der Feuerstrahl, gleich dem einer Rakete, schoss aus seinem Maul und dessen Rückstoß pfefferte Fred ohne Umschweifen gegen die Wand und hinterließ eine Rauchwolke. Hiro zuckte bei dem krachenden Geräusch nervös zusammen und senkte den Blick. „Fred? Geht es dir gut?“ erkundigte sich schließlich Honey mit sorgenvollem Ton in der Stimme. „Alles klar!“ hielt Fred enthusiastisch dagegen und hob den Arm aus der Wolke. Hiro seufzte lautstark und schüttelte mit dem Kopf. „Deshalb wollte ich es dir erklären.“ Sich den Kopf reibend erhob sich Fred aus den Trümmern. „Gut, hast mich überzeugt. Ich bin ganz Ohr.“ Hiro nickte und trat an ihn heran. „Als erstes: Du hast nun zwei Feuerfunktionen. Den alten Feuerstoß und den Strahl. Das Zweite hast du gerade eingesetzt. Du brauchst für den unbedingt einen sicheren Halt.“ Mit einem kurzen Seitenhieb blickte Hiro zu der Stelle, an der Fred den Strahl ausprobiert hatte. Der Rückstoß ist wohl größer als geplant oder er wiegt einfach weniger, als ich gedacht hatte. „Wenn du dir dein Display ansiehst, wirst du sehen, dass du ihn umstellen kannst. Du brauchst es dafür dem Computer nur zu befehlen.“ Unter der Maske war es unmöglich für Hiro, zu erkennen, was Fred von all dem hielt oder ob er ihn überhaupt verstanden hatte. Fred stand nur bewegungslos da, als er auf einmal rief „Feuer!“ Sofort schoss der bekannte Feueratem aus dem Maul und Fred hob sichtlich zufrieden den Daumen. Hiro nickte und fuhr fort „Zusätzlich hast du nun einen Enterhaken. Du kannst deine Arme bis zu zehn Meter ausfahren.“ „Zum Klettern oder Fangen?“ fragte Fred mit zittriger Stimme. „Sowohl als auch.“ erwiderte Hiro. „Und zu guter Letzt, könntest du mal die beiden Knöpfe in deinen Handschuhen drücken?“ Fred tat wie befohlen und sofort hob sich die hintere Haut der Arme und des Rückens und bildeten, begleitet von einem Surren, zwei Schilder in seinen Händen. Im Innern hörte Hiro, wie sein Freund den Atem anhielt. „Als du mir erzählt hattest, wie du gegen Callaghan mithilfe von zwei ausgerissenen Bodenplatten gekämpft hattest, dachte ich mir, dass dir dieser Kampfstil vielleicht näher liegt.“ Fred Stimme überschlug sich, als er nach kurzer Pause bemerkte, dass man diese Schilde sogar in Brand setzen konnte. „Brennende Schilde! Machen Fred so glücklich!“ Fred gesellte sich wieder zu seinen Freunden und konnte den Blick nicht von seinem neuen Anzug lassen. „Dann fehlst jetzt nur noch du, Gogo.“ Die Angesprochene hob kritisch den Blick und blies ihren Kaugummi auf. Hiro hob ihren lila Anzug aus der Kiste und warf ihn ihr zu. „Zuallererst hab ich den Anzug modifiziert. Er ist nun noch reiß- und feuerfester als zuvor und schützt dich ebenso vor Schwert und Kugel. Allerdings nicht ganz so effektiv wie Wasabis. Werde also bitte nicht übermütig.“ grinste Hiro sie an und erntete dafür ein leicht säuerliches Schnauben von ihr. Ohne darauf einzugehen nahm er schließlich ihre Körperpanzerung heraus, deren Oberfläche regelrecht schimmerte. Er drehte den Brustpanzer um und enthüllte „Ein Jetpack, um deine Geschwindigkeit noch etwas zu erhöhen.“ Sofort sah Hiro das Funkeln in ihren Augen, auch wenn sie ihre Begeisterung gut zu verstecken wusste. Er hatte gewusst, dass ihr das gefallen würde. „Er ist leicht, aber robust und ermöglicht dir sogar kurzweilig zu fliegen. Ich habe ihn mit Absicht etwas schwächer gebaut, da ich finde, dass dich zusätzliches Gewicht am Boden nur stören würde.“ Gogo sagte dazu nichts, sondern blies nur ihren Kaugummi auf und ließ ihn wieder zwischen ihren Zähnen platzen. „Zusätzlich ...“ Er nahm einen der Armschützer. „... kannst du deine magnetischen Scheiben auch abschießen.“ Er wies auf die kleine Schiene an der Oberseite. „Hier habe ich Magneten eingebaut, die dafür sorgen, dass deine Scheiben eine höhere Geschwindigkeit beim Abschuss erreichen. Es ist eigentlich dasselbe Prinzip wie bei einer Magnetschwebebahn, nur eben als kleine Abschussrampe.“ Er nahm sich eine der Scheiben, bugsierte sie auf die Schiene und zielte. Gleich einer Rakete schoss das Projektil in Richtung der Wand und hinterließ mit einem Krachen eine tiefe Kratzspur, bevor die Scheibe mit einem lauten Zischen wieder von den Magneten der Handschuhe angezogen wurde und Hiro sie wieder einfing. „Zusätzlich wurde der Anzug mit einigen kleineren Flügeln und anderen aerodynamische Formen versehen, die mit einem kleinen Computer auf deiner Brust verbunden sind. Dieser misst den Luftwiderstand, der während deiner Fahrt auftritt, und passt die einzelnen Komponenten in Echtzeit an, um dir eine noch höhere Geschwindigkeit zu ermöglichen.“ Gogo hob interessiert die Augenbraue, ihr Blick aber blieb verhalten. Doch Hiro kannte sie inzwischen gut genug, um zu wissen, dass sie bereits darauf brannte, die Grenzen ihres Anzugs auszutesten. Als er ihr den Panzer gab, betrachtete sie diesen mit einer Mischung aus Skepsis und Freude. Sofort, als Hiro sich umdrehte und zurück zu den Kisten ging, zog sie sich auch schon ihr Shirt aus. Irritiert, aber auch interessiert, sahen die Jungs sie an. „Hey!“ fauchte Honey die Drei an und sofort sahen sie wieder weg. „Kein Problem, Honey.“ erwiderte Gogo, die gerade ihre Hose auszog und nur noch in Unterwäsche dort stand. „Die sind alt genug.“ fügte sie noch hinzu und zog sich direkt den hautengen Anzug an. Ein, zwei Griffe und die Panzerung saß ebenfalls. Ohne weitere Erklärungen von Hiro abzuwarten, hatte sie auch schon rausgefunden, wie man die Düsen anwarf, und schoss mit einem Affenzahn an Hiro vorbei. Beinahe mühelos meisterte sie die höhere Geschwindigkeit, als wären die Upgrades schon immer da gewesen. Der Computer schien ebenfalls reibungslos zu funktionieren. Hiro sah die immer wieder wechselnde Struktur der Oberfläche ihrer Rüstung, was aus der Ferne den Eindruck vermittelte, sie bestünde sie aus Wasser. Ein kurzer Schub mit einem beherzter Sprung und Gogo fuhr sogar für ein paar Sekunden an der Wand entlang. Sie machte eine elegante Drehung in der Luft und fuhr in Richtung Hiro. Ohne zu wissen, wie ihm geschah, hob er abwehrend die Arme, als sie kurz vor ihm war. Doch der befürchtete Zusammenstoß blieb aus. Stattdessen hörte er, wie ihre Räder quietschten, und einen Augenblick später stand sie vor ihm. „Und?“ Hiro wagte beinahe nicht zu fragen, doch zu seiner Erleichterung schlug sie ihm nur sanft gegen die Schulter, blies ihren Kaugummi kurz auf, biss drauf und erwiderte „Nicht übel.“ Das reichte Hiro als Bestätigung. Gogo reihte sich indes wieder in die Gruppe ein. Als Hiro zu seiner eigenen Kiste schritt, konnte er im Augenwinkel sogar erkennen, wie sie ihre momentane Größe beinahe unauffällig mit ihren Freunden verglich. Offenbar gefiel ihr an ihrer Ausrüstung noch ein weiterer Punkt, als allein die Funktionalität. Gespannt sahen seine Freunde nun zu ihm, als er seine Rüstung aus der Kiste hob und direkt anzog. Hiro war gespannt, was sie dazu sagen würden, und stellte sich mit erwartungsvoller Haltung vor sie. „Hiro? Haste für dich nix jebaut?“ fragte Wasabi ihn auch direkt. Mit einer solchen Reaktion hatte Hiro allerdings auch gerechnet, denn seine Rüstung sah eins zu eins wie das Vorgängermodell aus. „Da bei unserer letzten Auseinandersetzung Baymax so in Mitleidenschaft gezogen wurde und ich nichts tun konnte, habe ich mir Folgendes überlegt.“ Er hob die Arme und enthüllte die einzelnen, kleinen Behälter an Unter- und Oberarm. An Hiros Helm leuchteten zwei grüne Lampen an der Stirn auf und die Behälter begannen, sich zu bewegen. Wie ein Schwarm Insekten krochen einzelne, kleine Zylinder aus diesen heraus. Seine Freunde kniffen die Augen zusammen und anhand ihrer Gesichtsausdrücke konnte Hiro erkennen, dass sie diese kleinen Roboter kannten. „Sind das … Microbots?“ fragte Honey schließlich vorsichtig. Hiro nickte. „Microbots 2.0.“ verkündete er stolz, während die Bots an ihm herumkletterten wie Bienen in ihrem Stock. „Un wat können die?“ Hiro ließ einige in seine rechte Hand krabbeln. „Diese Bots sind Reparaturbots. Ich habe sie so weit modifiziert, dass sie unsere Anzüge und Baymax‘ Körper im Kampf notdürftig reparieren können, so dass wir selbst nach einem heftigen Schlag noch einsatzbereit sind.“ Hiro grinste über beide Ohren, als er die anerkennenden Blicke seiner Freunde sah. „Um genau zu sein …“ fuhr er etwas leiser fort und die folgenden Worte fielen ihm schwerer, als er es sich selbst eingestehen wollte „… war das Professor Callaghans Idee.“ Hiro richtete seinen Blick auf seinen ehemaligen Lehrer, der noch immer an der alten Kanone stand und die Vorführung mit wachsamen Augen beobachtet hatte. Der alte Mann kratzte sich verlegen am Nacken, als ihn seine alten Schüler ansahen, und fügte vorsichtig und bescheiden hinzu „Ich finde, dass die Microbots ein unglaubliches Potenzial haben, vor allem, wenn man sie für bestimmte Aufgaben spezialisiert.“ Tatsächlich hatte er vor wenigen Stunden diese Idee Hiro gegenüber vorsichtig geäußert. Er wollte ihn schon anbrüllen, dass er der Letzte wäre, der irgendetwas zu seiner Erfindung zu sagen hätte, doch erkannte er schnell, dass sein ehemaliger Professor Recht hatte. Zuerst reagierte niemand auf Callaghans Worte, bis Honey ihn schließlich aufmunternd anlächelte und auch Wasabi und Fred diesem Beispiel folgten. Nur Gogo blieb bei ihrer Haltung und wandte den Blick schnell wieder ab. Hiro sah, wie ihm dieser kleine Erfolg Mut zusprach und es erfüllte ihn mit einem Gefühl der Erleichterung, auch wenn er sich nicht genau erklären konnte, wieso ihn das überhaupt interessierte. Schnell verjagte er den Gedanken und fuhr mit der Präsentation fort. „Dann fehlt jetzt nur noch Baymax.“ Sofort richteten seine Freunde ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn. Hiro nahm die Fernbedienung vom Tisch, die schon die ganze Zeit dort gelegen hatte und drückte auf einen der zahlreichen Knöpfe. Mit einem Rumpeln und Quietschen öffnete sich das Schiebetor zum Labor und enthüllte einen riesigen Schatten. Das Licht aus dem Labor, das nun den halbdunklen Raum flutete, blendete die Freunde, doch als sie sich daran gewöhnt hatten, konnten sie die schemenhaften Umrisse des roten Riesen erkennen. „Baymax 2.5.“ flüsterte Hiro leise, mehr zu sich selbst als zu den anderen. „Komm rein, Großer.“ fuhr er lauter fort und mit donnernden Schritten betrat der Roboter die Halle. Doch erkannten seine Freunde schnell, dass er sich äußerlich ebenfalls nicht verändert hatte. „Hiro …?“ fing Fred an, doch unterbrach dieser ihn. „Er sieht nicht nach viel aus, doch sieht man sich sein Innenleben an …“ Hiro trat an das Vermächtnis seines Bruders heran und stellte sich an dessen Seite. „… wird es gleich sehr viel interessanter. Zeig es ihnen, Baymax, wie wir es geübt haben.“ Als erstes kam die bekannte Raketenfaust, mit dem Unterschied, dass Baymax sie nun mit beiden Armen verschießen konnte. Ein kurzes Klicken später und der Roboter stand mit einem riesigen Schild in der Linken vor der Gruppe, welches sofort wieder in seinem Arm verschwand. Eine Drehung der rechten Hand und sie verschwand im Arm und machte einem großen Lauf Platz, gleich einer Kanone, und feuerte ein Netz in Richtung Fred ab, welches ihn auch sofort von den Füßen hob. Fred kommentierte diese Aktion lediglich mit einem „… macht mich so glücklich.“ als sie ihn wieder befreiten. „Auf diese Idee hat mich übrigens Naoko gebracht, falls ihr euch an seine Präsentation erinnert.“ fügte Hiro mit schelmischen Unterton hinzu. Als Baymax wieder alle Gadgets eingefahren hatte, trat Hiro an ihn heran und öffnete dessen Bauchpanzer. Doch statt der Vinylhülle kam eine Art Lagerschrank hervor, in dessen Raum sich allerlei Päckchen befanden. „Erste Hilfe-Utensilien, falls wir verletzt werden. Werkzeuge, um die Reparaturen zu machen, die die Microbots nicht können, und schlussendlich Ersatzteile. Ein auf Beinen und mit Karate kämpfender Lazarett- und Reparaturpanzer.“ Seine Freunde sahen ihn erstaunt an und Wasabi bekam sogar den Mund nicht mehr zu. „Wo ist Baymax?“ warf schließlich Gogo mit einem scharfen Unterton ein. „Wie meinst du…? Achso!“ erwiderte Honey neugierig und sah mit fragendem Blick zu Hiro. „Das hier …“ Er klopfte auf den Panzer. „… ist Baymax, Einsatzrüstung.“ Er machte eine kurze Pause. Dann griff er zu dem Speichermodul an Baymax Brust und offenbarte die beiden Chips, die der Roboter seit seiner Modifizierung trug, den roten und den grünen. „Ich habe diese Rüstung völlig ohne Baymax in seinem Inneren gebaut. Das macht ihn flexibler und leichter umrüstbar.“ Er drückte die Chips wieder zurück und die Klappe schloss sich wieder. „Ich muss nicht mehr darauf achten, dass Baymax in die Rüstung passt, sondern kann theoretisch jedes Design umsetzen und sein Inneres nutzen um ihm mehr Ausrüstung zu verpassen, wie die, die ihr gerade gesehen habt. Auch stärkere Schubdüsen und ein besseres Batteriemodul sind damit möglich.“ Er sah mit Stolz zu Baymax hinauf. „Und noch viel mehr.“ Auch seine Freunde schienen stolz auf ihn zu sein, ihren Blicken nach zu urteilen, und ein verhaltenes Klatschen durchbrach die kurze Stille. Als Hiro sich umsah, sah er Mr. Zilla und Callaghan als Urheber dieser Respektsbezeugung und das, so musste Hiro zugeben, hatte er nicht erwartet. Mr. Zilla war der Erste, der das Wort ergriff. „So etwas will ich von einem Anführer hören. Du motivierst dein Team und sorgst dafür, dass es ihnen an nichts mangelt an deiner Seite. Beeindruckend.“ Freds Vater stellte sich neben ihn und richtete sein Wort an die Gruppe. „Dann wird es jetzt wohl Zeit für Individualtraining. Zeigt mir, was ihr könnt, und ich helfe euch, euer Potenzial voll auszuschöpfen!“ Dies war ein Befehl, dem die Freunde nur zu gern nachkamen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)