Über Freunde und Helden von GrauW0lf ================================================================================ Kapitel 7: Hausbesuch --------------------- Der Tag war lang und anstrengend gewesen und Robert war einfach froh, endlich in seinem Sessel sitzen zu können. Einen heißen Tee, der dampfend auf dem kleinen Tisch neben ihm stand und ein gutes Buch. So würde es ein schöner Abend werden. Er musste zugeben, dass ein solcher Ruhestand auch etwas für sich hatte, auch wenn er lieber wieder arbeiten würde. Draußen war bereits die Nacht hereingebrochen und hüllte das Zimmer um ihn und die kleine Stehlampe herum in tiefe Dunkelheit. Als er gerade die Seite aufgeschlagen hatte, an der er zuletzt geendet hatte, fiel ihm auf, dass er seine Lesebrille vergessen hatte. Sofort griff er in die Brusttasche seines Hemdes, wo er sie immer verstaute, wenn er sie gerade nicht benötigte. Als er nach dem kalten Metall griff, fühlten seine Finger jedoch noch etwas anderes, kleineres. Vorsichtig zog er ein kleines Gebilde heraus, geformt wie zwei aufeinander gestellte Kegel. Es war der letzte Microbot, den er noch besaß, als er vor fast einem Jahr von seinen Schülern besiegt worden war. Lange war es her, als er diesen das letzte Mal in der Hand hielt. Das Metall war inzwischen glatt geschliffen und der ein oder andere Kratzer war darauf zu sehen. Robert konnte sich noch genau an das Geräusch erinnern, das jedes einzelne dieser Dinger immer gemacht hatte, wenn sie sich in Bewegung gesetzt hatten. Er seufzte und legte den kleinen Bot auf den Tisch, setzte seine Brille auf und widmete sich wieder dem Buch. Die Minuten vergingen, in denen er sich in den Worten verlor und alles um sich herum vergaß, bis ein dumpfes Klopfen ihn aus diesem Traum jagte. Irritiert sah er zur Uhr, es war bereits elf. Wer sollte zu so später Stunde noch etwas von ihm wollen? Abigail war nicht in der Stadt, das wusste er. Nach den Ereignissen bei Krei Tech hatte sie sich eine lange Auszeit genommen und war fortgegangen. Sie hatte einiges nachzuholen und regelmäßig schrieb sie ihm auch. Robert entschied sich, das Klopfen zu ignorieren. Sie würden schon wieder gehen, wenn ihnen keiner öffnen würde. Er kam nicht einmal bis zum Ende des ersten Satzes, als es wieder klopfte, diesmal jedoch bedeutend stärker. Beim dritten Mal noch mehr. Was in aller Welt? dachte er sich, als er sich vom Sessel erhob und zur Tür schritt. "Professor Robert Callaghan, nehme ich an?" begrüßte ihn ein Mantelträger mit strubbeligem Bart und tiefschwarzer Brille. Hinter diesem stand mit etwas Abstand eine weitere Person mit gleicher Kleidung, allerdings ohne Bart. Das Wetter hatte bereits umgeschlagen und leichter Nieselregen hatte eingesetzt, was den Asphalt und die Kleidung der Männer im schwachen Licht der Straßenlaternen gelb schimmern ließ. "Ich bin kein Professor mehr und wer sind sie überhaupt?" erwiderte Robert mit leicht zitterndem Unterton. "Sie müssen nicht nervös sein, Professor. Wir wollen Ihnen nur ein paar Fragen stellen. Dürfen wir eintreten?" Seine Stimme war geschmeidig, als wolle er ihn in Sicherheit wiegen. Robert beschloss, besser kein Risiko einzugehen. "Ich habe Ihnen nichts zu sagen. Sie sollten jetzt besser gehen." Als er gerade die Tür schließen wollte, blickte er in den kalten Lauf eines Revolvers. "Doch, ich denke schon, dass Sie uns einiges zu erzählen haben. Wenn ich bitten dürfte." Robert rutschte das Herz in die Hose und widerwillig öffnete er die Tür wieder und trat beiseite. Während die Person, die bisher geschwiegen hatte, als erstes eintrat, bemerkte Robert das Schwert, das in der Scheide an ihrem Rücken hängend baumelte. "Entspannen Sie sich. Der Kerl ist harmlos." sagte der andere, als er seinen Blick bemerkte. Als dieser an ihn herantrat, flüsterte er ihm ins Ohr "Naja, meistens zumindest." und kicherte leise. Mit einem Wink des Revolvers gebot er Robert vorzugehen. Dieser wusste nicht, was er tun sollte. Für die Polizei war es nun zu spät und alleine hatte er wahrscheinlich keine Chance. Er musste geduldig sein und eine Gelegenheit zur Flucht abwarten. "Haben Sie nicht eine bequeme Sitzgelegenheit für uns, damit wir uns in Ruhe unterhalten können?" fragte ihn der Mann mit dem Revolver, den er wie ein Stück Kreide durch die Finger gleiten ließ, während er sprach. Mit einer Armbewegung wies Robert in die kleine Küche, in der ein Tisch mit Stühlen unter dem Fenster zur Straße hin stand. Als sie sich hingesetzt hatten, legte der Mann seinen Revolver in Reichweite auf den Tisch, während sein Kollege am Fenster stand und den Blick nach draußen gerichtet zu haben schien. "Wer sind Sie und was wollen Sie von mir?" knurrte Robert beinahe und wechselte den Blick abwechselnd zu seinem Gegenüber und der Person hinter ihm. "Wer wir sind? Nun, darüber haben wir uns ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht." Sein Gesicht zierte ein fratzenhaftes Grinsen und seine perlweißen Zähne funkelten regelrecht im Licht der Küchenlampe. "Nun gut. Ich habe eine Kanone. Wie wäre es mit dem englischen Gunner? Was meinen Sie?" Robert erwiderte nichts. Angestrengt versuchte er, sich seine Nervosität nicht ansehen zu lassen, doch da er die Augen seines Gegenübers durch die Sonnenbrille nicht erkennen konnte, wusste er nicht, wie gut ihm das gelang. "Was meinst du?" richtete sich Gunner an seinen Kollegen. Dieser erwiderte nichts, würdigte die beiden keines Blickes. "Sie müssen meinen Freund entschuldigen, er spricht nicht viel manchmal. Nennen wir ihn einfach mal Knight, wegen des scharfen Stück Stahls auf seinem Rücken. Ich finde, das klingt gut." "Was wollen Sie von mir?" fragte Robert erneut, nachdem die Frage nach den Namen nichts Nennenswertes gebracht hatte. "Ach ja, stimmt. Der Grund für unseren Besuch. Warum waren wir nochmal hier?" Er begann zu grübeln und strich sich durch seinen strubbeligen, schwarzen Bart. Robert traute seinen Ohren nicht. War das ein Scherz? "Ich weiß nicht, was..." "Psst!" fiel ihm Gunner ins Wort. "Ich hab‘s gleich wieder." Es folgte eine kurze Pause, als er auf einmal nach seiner Waffe griff und Robert an die Stirn hielt. "Stimmt. Wir sind wegen dem, was sich in Ihrem Kopf verbirgt hier." Robert entglitten sämtliche Gesichtszüge. "Was soll das? Ich weiß nicht, wovon Sie reden!" fuhr er sie an. Kichernd nahm Gunner die Waffe runter. "Naja, nicht direkt in Ihrem Kopf, vielmehr, was Sie damit gemacht haben. Erinnern Sie sich?" Nein. Er wusste nicht, wovon dieser Typ sprach. Vorsichtig schüttelte Robert den Kopf. "Dann sind Sie nutzlos." erwiderte Gunner, richtete seinen Revolver wieder auf ihn und zog den Hahn. Noch bevor Robert auch nur verstehen konnte, was gerade geschah, sah er ein Blitzen von Metall an seiner rechten Seite vorbeigleiten und eine rot glänzende Klinge war auf den Lauf des Revolvers gedrückt und hielt diesen unten. “Beruhig dich. Ich mach nur Spaß." Gunner entspannte den Hahn wieder, legte den Revolver wieder auf den Tisch und legte die Hände zusammen. Knight hatte inzwischen das Schwert mit einem metallischen Singen wieder in die Scheide gleiten lassen und seine Position am Fenster wieder eingenommen. "Ach ja, ich liebe den Gesichtsausdruck, den Menschen machen, wenn ich die Kanone auf sie richte. Verzeihen Sie, Professor, ein kleiner Zeitvertreib." Er lachte leise, während er das sagte. "Sagt Ihnen der Name Yokai noch etwas?" fragte er schließlich. Das tat es tatsächlich. Diesen Spitznamen hatte er erhalten, als er mit den Microbots die Teile des Teleporters zusammengesucht hatte. "Das ist lange her und ich bin damit fertig." antwortete er und seine Stimme zittere kaum merklich dabei. Sein Gegenüber grinste ihn an. "Ja, üble Sache, das mit Krei Tech. Wissen Sie, mir hat gefallen, was sie da getan haben. So viel Zerstörung. Zu schade, dass ihnen diese Superhelden in die Quere kamen, was?" Er lächelte. Robert hingegen blieb still. Offensichtlich kannte er die Identität seiner ehemaligen Studenten nicht und das war ihm nur recht. "Knight hier hat auch schon einmal mit ihnen zu tun gehabt. Sie haben ihn sein Lieblingsschwert kaputt gemacht, er musste sich extra ein neues schmieden. Man hatte der eine Laune." Er hob die Waffe auf und zeigte damit auf seinen Partner. Roberts Blick blieb auf sein Gegenüber gerichtet. "Also stecken Sie hinter diesen Überfällen?" fragte er vorsichtig. Gunner lachte. "Vielleicht." "Was wollen Sie dann von mir?" Gunner beugte sich vor. "Wir wollen ihre Erfindung, mit der Sie das alles bewerkstelligt haben." flüsterte er und schien geheimnisvoll wirken zu wollen. Robert war überrascht. Diese Männer glaubten offenbar, dass dies seine Erfindung gewesen war. "Und was wollen Sie damit?" herrschte er sie an. "Sie könnte sich bei unseren Experimenten als sehr nützlich erweisen." zwinkerte Gunner ihm zu. "Was sagen Sie dazu, Professor? So von Wissenschaftler zu Wissenschaftler?" Wieder grinste er ihn an. "Wissenschaftler? Nein. Selbst, wenn ich Ihnen helfen könnte, würde ich Ihnen nichts sagen." Robert versuchte tapferer zu klingen, als er sich fühlte, und er spürte, wie ihm der Schweiß die Stirn hinab lief. Doch die kurze Hitze des Aufruhrs, die durch seinen Körper strömte, wich aus ihm, als er blanken, kalten Stahl in seinem Nacken spürte. Ein leises Rascheln und die Klinge schabte an seiner Haut entlang und ließ ihm die Haare zu Berge stehen. Gunner lachte. "Ich glaube, meinem Partner gefällt Ihre Antwort nicht." Robert versuchte ruhig zu bleiben und sich zu beherrschen. "Trotzdem wird er sich mit der Antwort zufrieden geben müssen. Ich kann Ihnen nicht helfen." stotterte er mehr, als dass er sprach. Gunner musterte ihn eingehend, ehe er sich auf einmal erhob und die Küche in Richtung des Wohnzimmers verließ. Robert war ratlos. Was will er jetzt dort? Dort wird er auch keine Antworten finden. Es sei denn, er... Noch ehe er den Gedanken zu Ende führen konnte, stand Gunner bereits wieder in der Küche und hielt den kleinen Microbot zwischen seinen Fingern. Lächelnd sah er begutachtete er ihn. "Glauben Sie, wir wären direkt an Ihre Tür spaziert, ohne vorher mal durchs Fenster zu schauen, ob die Luft auch rein ist? Und wie es der Zufall wollte, hatten Sie den, glaube ich, sogar noch in der Hand gehabt. Ist es nicht so, Robert?" Den letzten Satz sprach er aus, als würde er mit einem Kind reden. "Hat der kleine Robert etwa gelogen?" Er grinste ihn schelmisch an und streckte ihm die Zunge raus. "Ich denke, den werden wir mitnehmen." "Er wird Ihnen nichts nützen, ohne den entsprechenden Transmitter dafür." entgegnete Robert gespielt ruhig. "Leider." murmelte Gunner und besah sich den winzigen Bot. "Schon ein erstaunliches Ding. Ich habe es im Fernsehen gesehen, wie Sie damit herum gespielt und Krei Techs neuen Campus damit in Schutt und Asche gelegt haben." Scham und Wut stiegen in Robert wieder auf, als ihn die Erinnerung daran wieder einholte. Gunner schien ihn aus den schwarzen Gläsern der Brille heraus genau zu beobachten. "All dieses Chaos. Nun gut." Er schnippte den Bot mit den Fingern in die Luft, fing ihn wieder auf und verstaute ihn in seiner Brusttasche. "Ich hoffe sehr, dass Ihre Tochter Abigail etwas gesprächiger ist als Sie." "Abigail?!" Sein Herz rutschte erneut in die Hose und Panik machte sich in seiner Brust breit. Aber woher sollten sie wissen, wo sie sich momentan... "An der Ostküste scheint sie sich ja momentan recht wohl zu fühlen, in ihrem kleinen Haus in der Greenwich Street." Fuhr Gunner unberührt fort. Erbost stand Robert auf und schrie "Sie weiß überhaupt nichts darüber! Sie war nicht mal bei Bewusstsein, als das alles geschah!" Gunner lachte "Ja, ich weiß. Aber vielleicht hilft sie uns, Sie zu überzeugen. Wir müssen jetzt los, sonst kommen wir vor ihrem Strandausflug dieses Wochenende gar nicht mehr rechtzeitig an, um ein wenig mitzufeiern." Er wollte sich gerade umdrehen, als sich der alte Mann vor ihm auf die Knie warf. "Bitte! Sie ist alles, was mir geblieben ist! Sie hat damit nichts zu tun!" Langsam beugte sich Gunner zu ihm runter. "Dann machen Sie uns ein Gegenangebot, Mr. Callaghan." Alles schrie in ihm und wollte sich weigern, doch der Gedanke daran, dass sie seiner geliebten Tochter etwas antun könnten, ließ alle Stimmen verstummen. Unter Tränen antwortete er "Hiro Hamada hat diese Dinger konstruiert. Er alleine weiß, wie sie zu steuern sind." Bitte dachte er Dieser Riesenroboter und seine Freunde müssen ihn beschützen, diese Wahnsinnigen aufhalten. "Hiro Hamada? Interessant. Ich denke, das werden wir dann mal bei Gelegenheit überprüfen. Wenn wir weitere Fragen haben sollten, kommen wir einfach wieder zu Ihnen." Er wollte sich gerade umdrehen, als er sagte "Ach ja, da fällt mir noch was ein." Er beugte sich noch einmal über den am Boden knienden Robert. "Dieses Gespräch bleibt natürlich unter uns. Wir wollen doch nicht, dass Ihrer Tochter etwas zustößt, oder?" zwinkerte er und klopfte ihm auf die Schulter. Als er sich wieder erhob, blickte er zu der Uhr an der Wand über dem Tisch. "Ach herrje. Jetzt haben wir Ihnen doch tatsächlich Ihre wertvolle Zeit gestohlen. Das tut uns leid." Er wandte sich an Knight, der noch immer am Fenster stand und die Szenerie zu beobachten schien. "Komm, wir wollen den Professor nun den Rest seines Abends noch genießen lassen. Schließlich ist er im Ruhestand." Er winkte ihm noch einmal "Byebye." lächelte er und gefolgt von seinem Kollegen verließ er das Haus. Leise klickend fiel die Tür ins Schloss und es war wieder still im Haus. Lediglich das Ticken der kleinen Uhr und der rasselnde Atem Roberts durchbrachen die Stille. Bald mischte sich unbändiges Schluchzen dazu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)