Über Freunde und Helden von GrauW0lf ================================================================================ Kapitel 4: Kollision -------------------- Fast hätte es ihn beim Start vom Rücken gerissen, hätte er nicht daran gedacht, auch die Magnethandschuhe vorher zu verbessern. "Und was sagst du, Großer?" fragte der Junge begeistert. "Ich registriere einen deutlichen Anstieg deiner Neurotransmitterwerte." antwortete die mechanische Stimme des Roboters. "Nicht ich, deine neuen Schubdüsen!" Hiro war guter Laune. Auf Baymax Rücken zu fliegen war eines der schönsten Dinge, die er abseits der Uni tat. Hier oben waren sie frei, zu fliegen, wo es sie, oder vielmehr Hiro, hinzog. "Na dann. Lass uns mal deine neue Maximalhöhe testen." Hiros Helm surrte und verschiedene Werte erschienen auf dem Helmdisplay vor seinen Augen. Gleichsam veränderte sich sein Anzug. Kleine Platten aus glänzendem Metall breiteten sich auf seinem Körper aus wie ein Schuppengeflecht. "Und los geht's. Lebenserhaltungssysteme sind online und startklar!" rief er ins Mikro und Baymax ließ die Düsen zünden. Wie von einem Hammer geschlagen drückte es Hiro nach unten. Er liebte dieses Beschleunigungsgefühl. Er konnte Gogo in diesem Punkt sehr gut verstehen. "6000, 7000, 8000..." Sie stiegen höher und höher. Die Werte auf seinem Display schlugen immer wieder aus, doch blieben sie alle im annehmbaren Rahmen. "Höher, Baymax!" Es war wie ein Rausch und mit der Welt unter sich kam er sich groß vor. Größer als alles andere. Dies war seine Welt. "11.000, 12.000, 13.000..." Die Düsen rumorten, taten jedoch weiter ihren Dienst. "Der Sauerstoffgehalt und die Temperaturen sind weit unter dem für Menschen sicheren Bereich." mahnte der Roboter. "Mach dir keine Gedanken darüber. Ich habe vorgesorgt." lachte Hiro. Das hatte er tatsächlich und das sogar mehrmals. Er hatte alles getan, um einen solchen Flug zu ermöglichen. Verbesserte Sauerstoffzufuhr, verstärkte Panzerung mit Wärmeisolierung und eine mit Nanofasern verbesserte Oberflächenstruktur für Baymax‘ und seine Rüstung, um Vereisung zu verhindern. Er wollte nichts dem Zufall überlassen. Es gab nur ein einziges Problem. "Der Treibstoff scheint zu neige zu gehen." stellte Baymax fest und wie aufs Stichwort begannen die Düsen zu stottern. "Wir sind bei fast 19.000 Metern! Ein Stück nur noch!" Er wollte zumindest die 20.000 knacken. Nur dies noch, dann würden sie zurück fliegen. Ein heftiger Ruck und die Düsen fielen stotternd aus. "Oh nein." sagte Baymax teilnahmslos und, ehe sie sich versahen, stoppten sie in der Luft. "19.564 Meter. Verdammt!" Hiro schlug voller Wut auf die Panzerung von Baymax und langsam begann der Fall. "Nun gut, mal sehen, was der Hitzeschild aushält." Sie wurden wieder schneller und schneller. Er hatte den Schild eigentlich mehr für den Kampf konzipiert, doch warum sollte dieser nicht auch die Reibungshitze der Atmosphäre aushalten können. Der Temperaturwert seines Displays schlug aus und schoss in den roten Bereich. "13.000, 12.000, 11.000..." Der Fall war nicht so schnell wie ihr Aufstieg, doch beunruhigte ihn der Anblick des immer näher kommenden Bodens doch ein wenig. "Ich schalte den Nottank jetzt frei, mach dich bereit." In Erwartung, dass ihnen der Sprit ausgehen würde, hatte Hiro einen zweiten, kleineren Nottank installiert, um noch Treibstoff für eine Landung zu haben. "6.000, 5.500, 5.000. Du kannst mit dem Abbremsen beginnen, Baymax." Der Roboter tat, wie ihm geheißen, und er brachte sich in eine aufrechte Position, die Düsen nach unten gerichtet. Seine Flügel drehten sich mit der flachen Seite nach unten und sofort durchfuhr ein heftiger Ruck die beiden und der Fall bremste etwas ab. "Ich zünde jetzt die Düsen." warnte Baymax Hiro. "Ich bin bereit. Langsam zünden!" Ein weiterer, wenngleich schwächerer Ruck als bei den Flügeln schoss durch Hiros Knochen. Hätte Baymax die Düsen sofort mit aller Kraft gezündet, wären wohl sämtliche Knochen in Hiros Körper pulverisiert. "Wir sind auf 1.000 Meter. Volle Kraft voraus!" Wieder im waagerechten Flug beruhigte sich Hiro. "Du weist keine körperlichen Schäden auf." erklärte der Roboter. "Nein mein Großer, es ist alles in Ordnung." Auch wenn er die Marke, die er sich gesetzt hatte, nicht knacken konnte, so waren sie doch weit über die letzte hinausgeschossen. Das Problem jedoch blieb weiterhin der Treibstoff. Die Menge, die sie transportieren konnten und gleichzeitig noch so fliegen zu können, wie es ihr Heldenalltag verlangte, war ein schwieriger Balanceakt. Die Stadt lag ruhig unter ihnen und bildete ein Meer aus Licht, Glas und Beton. "Wir sollten langsam mal zurückfliegen und deine Düsen überprüfen." wandte sich Hiro an den Roboter. Seit dem Fall stotterten diese unaufhörlich, wenn auch nur schwach. Der Roboter zog eine sanfte Kurve und sie flogen in Richtung des Cafés von Tante Cass. "Hiro. Ich registriere einen Alarm in der südlichen Forschungsstation." "Wie meinst du das?" fragte Hiro den Roboter. "Offenbar hat sich jemand gewaltsam Zugriff verschafft und dabei den Alarm ausgelöst." Hiro überlegte kurz. "Du hast sie bereits gescannt, oder? Wenn sie aus der Stadt sind, sollten wir sie ja wieder finden können." "Das habe ich versucht, doch irgendetwas stört das Signal um sie herum. Wir sollten deine Freunde kontaktieren." Hiro schüttelte den Kopf. "Das dauert zu lange. Wir werden uns das mal ansehen." Gesagt getan und so warf Baymax seinen Nachbrenner an und flog in Richtung des Forschungslabor im Süden der Stadt. In der Ferne hörte Hiro bereits den lauten, schrillen Ton der Polizeisirenen. "Beeil dich, Baymax." mahnte Hiro den Roboter, als das Gebäude in Sichtweite kam. In die Außenwand war ein riesiges Loch geschlagen worden, vor dem eine einzelne Person stand. "Da ist es, Baymax!" "Ich rate dazu, auf die Ankunft deiner Freunde zu warten, wir wissen nicht, auf was wir uns einlassen." versuchte Baymax Hiro ins Gedächtnis zu rufen, doch stand diesem nicht der Sinn nach Vorsicht. "Den schaffen wir auch alleine. Wir müssen ihn ja nur so lange beschäftigen, bis die anderen kommen. Auf geht's! Noch haben wir den Überraschungsmoment auf unserer Seite!" "Nein." erwiderte der Roboter "Er hat uns bereits bemerkt." Baymax hatte Recht. Der Blick, sofern Hiro das unter dem Helm vermuten konnte, war starr auf die beiden gerichtet. Auf dem schwarzen Visier des Helms war ein weißer Totenkopf aufgezeichnet. Der ebenso schwarze Umhang flatterte leicht im Wind und offenbarte die in dunklen, rot gehaltenen Panzerplatten, die er über Schultern, Beinen und Unterarm trug. Seine Hand ruhte auf dem Heft eines Schwertes zu seiner linken, wie Hiro zu erkennen glaubte. "Dann frontal. Er soll keine Möglichkeit zum Hinhalten erhalten." befahl Hiro. "Ich mahne noch mal, wir sollten auf Hilfe warten." Doch die Warnung stieß auf taube Ohren. Als sie nur noch wenige Meter von der unbekannten Person entfernt waren, rief Hiro "Faust abfeuern!" Mit einem Zischen verließ die Faust den Arm des Roboters und raste Richtung Ziel. Im Bruchteil von Sekunden zog das Ziel jedoch sein Schwert und lenkte die Rakete mit der flachen Seite seiner Klinge ab und sie krachte in die Betonmauer des Gebäudes. Die Straße barst unter dem Gewicht Baymax‘, als dieser landete und die Faust wieder an seinen Arm zurück schoss. Ihr Gegenüber sagte kein Wort, sondern hielt den Beiden seine Klinge nur, mit beiden Händen fest umklammert, ruhig entgegen. Doch, ehe sie sich versahen, machte er einen Schritt zur Seite und sprintete los. "Hinterher!" brüllte Hiro ins Mikro und Baymax schmiss die Düsen an. "Was ist mit dem Labor?" fragte er. Hiro sah sich um. "Soll sich die Polizei darum kümmern. Der darf uns nicht entkommen. Los!" erwiderte Hiro. Geschickt sprang ihr Gegner an Wänden hoch, schlug Haken, sprang über Abgründe. "Schneller!" forderte Hiro Baymax auf. In den Wirren der Stadt war es schwierig, mitzuhalten, da sie keine freie Bahn hatten, um ihre ganze Schubkraft einzusetzen. "Der Treibstoff geht zur Neige." hörte Hiro den Roboter sagen. "Das schaffen wir!" schrie Hiro und tatsächlich, als hätte ihr Gegner das Weglaufen aufgegeben, blieb er stehen. Doch nur für kurz. Sofort sprintete er ihnen mit gezogenem Schwert entgegen. "Baymax! Ausweichen!" brüllte Hiro, doch es war zu spät. Wieder ein metallenes Scheppern und die Düsen zersplitterten in ihre Einzelteile. Ihr Gegner hatte den Stahl sauber durchtrennt und das, ohne Baymax‘ Vinylhülle zu beschädigen. Ob das nur Glück oder von ihm gewollt war, konnte Hiro nicht sagen. Auch deswegen nicht, weil das Wasser des Flusses, zu dem er sie offenbar gelockt hatte, immer näher kam. "Baymax!" Hiro löste seine Magnete. Im Flug drehte Baymax sich zu ihm und umgriff ihn mit einem Arm, während er den anderen in den Boden grub und sie so zum Stehen brachte. Sofort schoss ihnen die Klinge des Gegners entgegen. "Baymax! Pass auf!" Flink warf Baymax Hiro zur Seite und mit einem lauten Kreischen zog die Klinge eine tiefe Kerbe in die Panzerung des Roboters. Hiro verstand nicht ganz, wieso er die Panzerung nicht durchschlagen konnte, wie zuvor bei den Beinen. Doch als er zu seinen Füßen sah, erkannte er, warum. Eine dichte Masse aus orangefarbenem Glibber hatte sich um die Beine des Gegners gebildet, die ihn festhielt. Aus dem Schatten heraus, erkannte Hiro Wasabi, der mit lauten Kampfschrei und aktivierten Klingen auf ihn zu rannte. Sofort schnitt sein Gegner die Glibbermasse unter seinen Füßen auf, machte einen kurzen Satz nach hinten und erhob das Schwert, um Wasabis Angriff zu entgegnen. Wir haben ihn! schoss es Hiro durch den Kopf und es sollte sich als richtig herausstellen. Ein lautes Kreischen und das Schwert zerbrach in tausend kleine Stücke, die sich über den ganzen Platz verteilten. Nichts kann Wasabis Plasmaklingen standhalten, auch gefalteter Stahl nicht. Kurz nach Wasabi folgten auch Honey und Fred ihm aus der Deckung und halfen Hiro auf. Der Augenblick des Triumphes währte allerdings nur kurz, denn ihr Gegner war flinker, als sie glaubten. Geschickt wich dieser den Angriffen Wasabis aus, bis er nahe genug herankam, um Wasabis Angriff zuvorzukommen. Er schlug dessen Arme auseinander, was eine Lücke in Wasabis Verteidigung zeigte, die er auch gnadenlos ausnutzte. Zwei, drei Schläge auf Hals und Niere ließen den Riesen keuchen, ehe ein durchgezogener Tritt ihn auf den Asphalt beförderte. "Wasabi!" brüllte die Stimme Honeys durch seine Lautsprecher und Fred stürzte sich gleich mit seinem Feuer ins Gefecht. Ein Klicken und die Panzerplatte des linken Unterarms fuhr einzelne, flache, lange Scheiben aus, welche sich wie ein Schild zusammen setzten und das Feuer abwehrten. Sofort schoss Gogo auf ihren Rädern an Hiro vorbei, fuhr hinter ihm und feuerte ihre Scheiben in die Richtung des Feindes. Doch der Schild schien federleicht, denn mit unglaublicher Geschwindigkeit riss er ihn herum und die Scheiben schepperten laut dagegen, ohne eine Wirkung zu erzielen. "Der gehört mir." hörte Hiro Honey sagen. Ihre Tasche rumorte kurz und spie zwei blaue Bälle aus. "Überlass das uns, Hiro, hilf Wasabi." sagte sie noch, ehe sie zum Angriff überging. Wasabi lag keuchend am Boden und beobachtete die Szenerie. "Alles in Ordnung bei dir?" rief Hiro ihm zu. Er hob nur die Hand und hustete laut, Luft bekam er zumindest noch. Die Schreie Gogos und Honeys lenkten seine Aufmerksamkeit wieder auf den Kampf. Ihr Gegner hatte sich Platz geschaffen und die beiden Frauen lagen am Boden. Fred indes versuchte es weiterhin mit Feuer von allen Seiten. "Einundzwanzig, zweiundzwanzig..." Hiro glaubte, die Gestalt zählen zu hören, doch verwarf er diesen Gedanken gleich wieder. "Baymax! Feuer deine Faust ab." Der Roboter hatte das Geschehen von weitem verfolgt, war er doch durch die fehlende Panzerung seiner Beine nicht imstande, den Rest der Rüstung zu tragen, und fliegen konnte er auch nicht mehr. Doch schießen konnte er noch. "Ja." antwortete er und richtete seine Faust auf die Gestalt an der Kaiwand, an der er sich seinen Rücken freihielt. Gerade als dieser sein Schild Freds Feuerangriff entgegen hielt, öffnete sich eine Lücke und Baymax hatte freies Schussfeld. Auch der Roboter schien das gemerkt zu haben, denn ehe Hiro sich zu ihm umdrehen konnte, schoss bereits die Rakete in seine Richtung. "Dreißig..." Die Wand zerriss es förmlich und hüllte alles in Schutt und Staub. "Leute?" sprach Hiro durch das Mikro. "Alles in Ordnung. Uns hat es nur von den Beinen gehoben." schallte die Stimme Honeys durch die Lautsprecher und auch Gogos genervtes Stöhnen konnte er hören. "Lebe noch. Sehe aber nichts, könnt ihr was erkennen?" hörte er Fred fragen. "Nein, allet wech." antwortete Wasabi darauf. "Baymax, erkennst du etwas?" fragte Hiro. "Das Ziel ist entkommen." war dessen knappe Antwort. "Wie kann das sein, hattest du ihn nicht getroffen?" erwiderte Gogo genervt. Langsam lichtete sich der Nebel und bewies Baymax‘ Worte. "Was zur Hölle war das?" fragte Fred. "Ich habe keine Ahnung." antwortete Hiro knapp. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)