Über Freunde und Helden von GrauW0lf ================================================================================ Kapitel 3: Basketball und Kugellager ------------------------------------ Ein scharfer Griff an die Bremse und das Hinterrad erhob sich in die Luft. Eine kurze Drehung auf dem Vorderen und das Hintere nach unten gedrückt. Schon stand sie wieder. Die neuen Bremsen waren großartig befand Gogo und trat wieder in die Pedale. Es war früh am Morgen und das Gras war noch vom nächtlichen Tau durchzogen, doch hatte es die Schwarzhaarige schon auf ihr Bike gezogen. Es waren die letzten Tage der Semesterferien und bald würden die Vorlesungen wieder beginnen. Sie war fest entschlossen diese Zeit zu nutzen um noch ein paar Tests durchzuführen und vielleicht die eine oder andere Idee zu finden. Sie liebte es, wenn die Luft kalt durch ihr Gesicht und Haar zog, scharfe Kurven zu ziehen und das Quietschen ihrer Reifen dabei. Wenn sie so durch die hügeligen Straßen der Stadt fuhr, konnte sie alles um sich herum vergessen und es gab nichts, was sie hätte aufhalten können. Außer einem… Rote Ampeln. Gogo trat hart in die Eisen, kam zum Stehen und stöhnte genervt in ihren Helm hinein. Sie mochte sie schon so nicht, doch seit der Verfolgungsjagd mit Wasabi am Steuer hatte sie einen regelrechten Hass gegen diese Dinger entwickelt und das nervöse und genervte Hupen der Autofahrer machten die Sache nicht besser. Während sie sich umsah, blieb ihr Blick bei einem umzäunten Basketballplatz am Ende der Straße hängen. Er war schäbig und etwas heruntergekommen, doch war es mehr die Person, die an diesem spielte, die ihre Aufmerksamkeit erregte. Diese leichtfüßige Spielweise hatte sie schon einmal gesehen. Beinahe wie ferngelenkt schwang sie sich wieder auf das Fahrrad und fuhr die Straße herunter. Es war, wie sie es sich gedacht hatte. Auf dem sonnenbeschienenen Platz spielte Naoko mit seinem alten Basketball. Aus dem Schatten der Bäume am anderen Ende der Straße heraus beobachtete Gogo interessiert, wie er schnelle Finten und Richtungswechsel gegen imaginäre Gegner schlug, den Ball mal aus weiter Entfernung, mal direkt unter dem Korb warf. Der Morgen war schon ungewöhnlich heiß gewesen, doch schien der Asphalt unter ihm gleichsam wie seine Haut zu dampfen. Irgendetwas in ihr wollte sich wieder aufs Fahrrad schwingen und weiterfahren, doch aus irgendeinen Grund tat sie es nicht. Stattdessen überquerte sie die Straße mit ihrem Bike an der Seite. Naoko lag inzwischen heftig atmend auf dem Boden, die Hände vor die Augen haltend, um nicht von der Sonne geblendet zu werde. Gogo wusste nicht ganz, was sie hier tat, doch, ehe sie sich bewusst wurde, sprach sie ihn auch schon an. "Hey." Überrascht sah Naoko zu ihr auf. "Hi." Begrüßte er sie überrascht und setzte sich aufrecht hin. "Testest du deine Erfindung?" Fragte sie und richtete ihren Blick auf seinen rechten Arm. Er lachte nervös und strich sich durchs Haar, während er die mechanischen Gelenke knacken ließ. "Ja, ich probiere ein neues, leichteres Kugellager aus." Er blickte an ihr vorbei auf das Fahrrad. "Und das ist dein Projekt?" Gogo lächelte leicht, blies ihre Kaugummiblase auf und ließ sie zwischen ihren Zähnen wieder platzen. "Darf ich es mir mal ansehen?" Fragte er. Gogo nickte und sagte "Wenn ich mir deinen Arm mal ansehen darf." Was zur Hölle redete sie hier? Sie musste völlig verrückt sein schoss es ihr durch den Kopf und sie spürte die Hitze in ihrem Gesicht aufsteigen. Naoko schien davon nichts mitbekommen zu haben und war bereits an ihr vorbeigegangen um stattdessen ihr Werk mit bewundernden Blicken zu studieren. "Elektromagnetische Aufhängung. Die Berechnungen für das exakte Gewichts- und Stromverhältnis muss echt schwer gewesen sein." Das war es nicht wirklich, wie sich Gogo erinnerte, sagte jedoch nichts dazu. "Wie schnell wirst du damit?" Fragte er sie schließlich. "Schnell." War ihre Antwort. "Aber wohl nicht schnell genug." Zwinkerte er ihr zu. Er hatte es erkannt, befand sie. Sie schritt ohne eine Antwort langsam in Richtung des Balls und hob ihn auf. "Lust auf ne Runde?" Naoko schien überrascht. "Spielst du etwa?" "Nein." Antwortete Gogo und warf ihm den Ball zu. "Aber ich lerne schnell." Dir Grundzüge waren schnell erklärt für ein Spiel bis zwölf Punkte. Das Spiel war kurz, doch intensiv und Gogo hielt, was sie versprach. Gleich begann sie ihm mit aller Härte Paroli zu bieten, schlug Finten, wie er es nur wenige Minuten zuvor noch selbst getan hatte. Selbst das Werfen schien ihr leichtzufallen. Aus einem Spiel wurden schnell zwei, dann drei. Das siebte schließlich, welches mit einem knappen Sieg für Naoko endete, nötigte die beiden zu einer Pause. „Du spielst also nicht? Soso.“ lachte er sie an. Sie lächelte ein wenig und ließ ihre Kaugummiblase platzen. Sie hatten sich im Schatten der Bäume etwas abseits des Platzes niedergelassen, da inzwischen die Sonne ihren Versuch begonnen hatte, mit ihren mörderischen Strahlen die Stadt zu grillen. „Ich kenne deinen Namen noch gar nicht.“ Fing Naoko auf einmal an und blickte zu ihr. „Ethel, aber die meisten nennen mich nur Gogo.“ antwortete sie und spielte ein wenig mit dem Ball herum, während sie sich an eine der zahlreichen Eichen lehnte. „Verstehe, also eher Gogo?“ Sie nickte. „Nun gut. Warte mal einen kurzen Moment.“ Er erhob sich und griff nach seiner Tasche, die wenige Meter neben ihm lag und nahm einen kleinen Schraubenschlüssel heraus. Dann begann er, die künstliche Haut auf seinem rechten Arm abzuziehen. Mit flinken Fingern löste er ein paar Halterungen an seiner Schulter und das ganze Gebilde aus Metall löste sich. Er breitete den losen Arm vor sich aus, griff nach einem Schraubenzieher aus der Tasche und begann, einzelne Schrauben zu lösen. Gogo beobachtete ihn dabei eingehend. Ihr lag bereits die Frage auf der Zunge, wie es eigentlich dazu kommen konnte, dass er keinen rechten Arm mehr hatte, doch sie schwieg lieber. Sie kannte ihn nicht genug, um derlei Fragen stellen zu können. Es war ruhig um sie herum geworden und der Wind blies sanft über ihre verschwitzte Haut. Ihre Augen wanderten immer wieder zu dem jungen Mann neben ihr, der die ganze Welt um sich herum vergessen zu haben schien. Konzentriert nahm er seine Arbeit auseinander, begutachtete präzise jede Schraube und jedes Gelenk. Gogo kannte dieses Gefühl, sich in seiner Arbeit zu verlieren. Als hätte er ihre Gedanken gelesen oder ihre Blicke bemerkt, sagte er freundlich „Ich hab dich nicht vergessen, keine Angst. Ich bin gleich fertig.“ Gogo antwortete nicht, musterte stattdessen seine eisblauen Augen und, gerade als sie das Gefühl hatte, dass sie ihn anstarren würde, erhob er den Kopf und lächelte sie an. „Erledigt. Dieses Kugellager ist wohl nicht für intensive Einsätze geeignet. Alles in Ordnung?“ Als Naoko aufgesehen hatte, hatte sie schnell den Kopf gedreht und angestrengt zu ihrem Fahrrad gesehen. „Klar, was soll sein?“ fuhr sie ihn an. Er schien überrascht, lächelte aber schnell wieder. „Nichts, nichts.“ Antwortete er. „Sag mal…“ fing er nach kurzer Zeit an, als eine helle Stimme quer über den Platz Gogos Namen rief. Beide sahen auf und auf der anderen Seite des Platzes stand Honey und winkte ihnen zu. Freudig lächelnd trat sie an die beiden heran. „Guten Morgen Gogo!“ Als Gogo aufstand, umarmte Honey sie überschwänglich und küsste sie auf die Wange. Naoko saß noch immer auf dem Grasboden und brachte ein eher vorsichtiges „Hallo.“ heraus. „Guten Morgen. Naoko war dein Name, richtig?“ Er nickte zustimmend. „Was macht ihr zwei denn hier?“ Fragte sie Gogo neugierig. „Gogo ist nur zufällig hier vorbei gefahren und dachte sich spontan, mir eine Lektion in Basketball geben zu müssen.“ Naoko lächelte die Schwarzhaarige schelmisch an und diese blickte finster zurück. „Nun gut.“ Er erhob sich und mit ebenso präzisen Griffen wie zuvor befestigte er seine Prothese wieder an der Schulter. Mit einem kurzen Surren begann diese sich zu bewegen. „Ich werde mich dann mal aufmachen. Ich muss das Teil austauschen und warten.“ Sein Arm knackte seltsam bei jeder Bewegung. Schwungvoll warf er die Tasche über die Schulter, griff nach dem Ball und verbeugte sich leicht vor den beiden Damen. „Wir sehen uns bestimmt nochmal.“ Gogo nickte zum Abschied und Honey winkte. Als er schließlich den Platz verlassen hatte und außer Hörweite schien, wandte sich Honey an Gogo. „Und wie war es?“ „Wie war was?“ erwiderte die Angesprochene irritiert. „Ach komm schon, jetzt erzähl auch.“ Honey lächelte honigsüß zu ihrer kleinen Freundin. Diese jedoch schien sie mit ihrem Blicken erdolchen zu wollen, blies genervt ihren Kaugummi auf und hob ihr Fahrrad auf. „Wir haben nur Basketball gespielt, Honey.“ Sagte sie noch, als sie an Honey vorbeischritt. „Jetzt komm schon. Ich bin doch nur neugierig.“ Gogo stöhnte genervt, als sie beide den Platz verließen. „Ich weiß.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)