Secrets, Guns and Suits von Sunwings ([Zorro x Nami]) ================================================================================ Kapitel 17: Revenge. -------------------- Revenge.   Nami blickte wie gebannt auf den leblosen Körper, der sich auf dem Boden befand. Es war mucksmäuschenstill, sogar Olvia hatte aufgehört zu zählen. Stattdessen versuchte sie sich nun umzudrehen, doch Nami hielt sie panisch davon ab. Sie durfte das nicht sehen. Das Blut breitete sich um Robins toten Körper aus. Wie in Trance beobachtete Nami einen Rinnsal Blut, das langsam auf sie zulief. Sie konnte sich nicht bewegen. Innerlich fühlte sie sich taub. Bis zuletzt hatte sie gehofft, dass noch ein Wunder geschehen würde. Aber nun wurde ihr bewusst, dass sie sich hier in der grausamen Realität befanden. Es gab keine Wunder. Ihr Blick glitt zu Zorro, der bis vorhin auf Robin gestarrt hatte. Schmerz war in seinem Gesicht zu sehen. Nami wusste, dass er sich freiwillig geopfert hätte. Sie konnte sich nicht entscheiden, wie sie sich fühlen sollte. Die Freude darüber, dass Zorro noch lebte und eine Chance hatte, wurde durch die Trauer und das Entsetzen über Robins Tod verdrängt. Als sie Big Moms lautes Lachen hörte, wurde Nami speiübel. Diese Frau war verabscheuungswürdig. Wie konnte sie lachen, nachdem sie einem kleinen Mädchen die Mutter genommen hatte? Wie mechanisch drückte Nami Olvia fest an sich und strich ihr durch das schwarze Haar. Nach dem lauten Knall, den der Schuss verursacht hatte, hatte Olvia angefangen zu weinen.   „Ich liebe dieses Spiel“, kicherte Big Mom und auch ihre Söhne fingen an zu lachen. Nami wurde so wütend, dass sie einen Schritt nach vorn ging und es ihr egal war, dass sie ihr Leben riskieren würde, wenn sie Big Mom beleidigte. Doch Lysop hielt sie rechtzeitig auf. Er packte sie am Handgelenk und drehte sie zu sich um. Mit einem Blick auf Olvia sagte er: „Sie braucht uns, Nami. Denk nach, bevor du etwas Blödes tust!“ Wie erstarrt hielt sie in ihrer Bewegung inne und sah auf Olvia hinab. Lysop hatte Recht. Sie beide waren ihre einzige Möglichkeit, hier lebend rauszukommen. Nami würde alles dafür tun, um das möglich zu machen. Dankbar nickte sie Lysop zu. „Bringt ihn zurück in seinen Kerker. Wir werden uns später um ihn kümmern“, hörte sie Big Mom plötzlich sagen. Panisch sah sie zu Zorro, der ihren Blick erwiderte, während er von zwei Männern gepackt und auf die Füße gezogen wurde. „Nein...“, wisperte Nami mit Tränen in den Augen. Sie zwang sich dazu, leise zu bleiben, um keine Aufmerksamkeit zu erregen. Sie sah die Angst in seinen Augen. Mittlerweile kannte sie ihn gut genug, um zu sagen, dass er nicht Angst um sein eigenes Leben hatte, sondern um ihres. Er hatte Angst, sie nie wieder zu sehen und Nami wusste nur zu gut, wie sich dieses Gefühl anfühlte. Es war grausam. Die Befürchtung, ihn nie wieder in die Arme schließen zu können war schrecklicher als alles, was sie sich vorstellen konnte. Lysop griff nach ihrer Hand, doch sie konnte nicht wegsehen. Mit zitternden Knien sah sie dabei zu, wie sie ihn wegbrachten. Und auch Robin. Die unverschämte Art, wie sie ihren Körper wegtransportierten, würde sich für immer in ihr Gedächtnis brennen. Sie war so wütend. Doch sie hielt sich zurück. Genau wie Lysop. Nami sah aus den Augenwinkeln, wie sich seine Hände zu Fäuste ballten und er sich auf die Unterlippe biss. „Wo ist meine Mama?“, hörte sie Olvia leise fragen. Nami hatte gar nicht bemerkt, dass sich das Mädchen von ihr gelöst hatte und nun suchend durch die Gitterstäbe blickte. Sie kniete sich zu ihr runter. „Sie wurde zurück in ihr Zimmer gebracht“, versuchte Nami sie zu beruhigen. „Kommt sie denn bald wieder?“ Diese hoffnungsvollen Kinderaugen warfen Nami für einen Moment aus der Bahn. Wie sollte sie Olvia erklären, dass sie ihre Mutter nie wieder sehen würde? Dass sie von nun an ein Waisenkind war? „Wir werden sie bald finden“, antwortete Lysop statt Nami. Er hatte bemerkt, dass Nami den Tränen nahe war. Olvia runzelte kurz ihre Stirn, doch nickte dann langsam.   Bevor Nami sich wieder fassen konnte, brach plötzlich ein ganz anderes Chaos aus. Ein lautes Poltern und das Splittern von Glas erschütterten den düsteren Lagerraum. Ein ohrenbetäubender Knall folgte und die Mauern um sie herum erzitterten. Die Fensterscheiben zerbarsten. Aus den Augenwinkeln konnte Nami entdecken, dass dutzende Rauchbomben durch die zerbrochenen Fenster geworfen wurden. Das alles passierte so schnell, dass weder Big Mom noch ihre Söhne reagieren konnten. Es dauerte nicht lange, bis Nami nicht mal mehr die eigene Hand vor Augen sehen konnte. Hoffnung keimte in ihr auf, doch sie drängte dieses Gefühl zurück. Es gab die Möglichkeit, dass Ruffy und die anderen die Ursache für dieses Chaos waren, aber Nami traute sich nicht, daran zu glauben.   „Was passiert hier?“, hörte Nami die angsteinflößende Stimme von Big Mom, deren Umrisse sie nur schwer in diesem Nebel ausmachen konnte. Ihre Augen tränten und sie drückte die hustende Olvia fester an ihren Körper. „Sie wollen unseren Unterschlupf in Schutt und Asche legen, Mutter!“, rief einer ihrer Söhne, der sich näher an Namis und Lysops Zelle befand. Nami bemerkte, dass er nervös die Waffe gezückt hatte und sich unruhig umblickte, aus Angst, jemand könnte ihn aus dem dichten Nebel überraschen. „Mit einem Teil dürfte ihnen das schon gelungen sein“, war eine weitere Stimme zu hören, aber Nami konnte nicht ausmachen, von wem diese Vermutung kam. „Sie wollen also, dass wir wie Ratten das sinkende Schiff verlassen oder es zumindest versuchen. Es ist eine Falle, und sobald wir draußen sind, werden sie uns abknallen. Was sollen wir tun, Mutter?“ Nami und Lysop drängten sich weiter in ihre Zelle. Panik drohte, die Oberhand zu gewinnen, doch sie durfte sich dadurch nicht handlungsunfähig machen lassen. Beruhigend strich sie durch Olvias Haar. Bis jetzt wussten sie noch nicht, ob es Ruffy und die anderen waren. Sie hoffte es so sehr, aber die Angst davor, dass es irgendjemand anderer war, der ein Problem mit Big Mom hatte, war im Moment größer. Es war beinahe so, als hätte sie ihre Hoffnung verloren. Sie packte Lysops Hand. „Wir müssen was tun. Olvia ... wir müssen sie in Sicherheit bringen.“ Lysop sah auf das Mädchen, das nach wie vor ihr Gesicht in Namis Bauch vergraben hatte. Zweifelnd blickte er Nami ins Gesicht. „Wie sollen wir das anstellen? Wir sind in einer Zelle.“ „Der dichte Nebel. Sie sind abgelenkt und werden uns keine Acht geben, solange wir uns still verhalten. Du bist Lysop das Supergenie. Ich weiß, dass du einen Trick hast, womit wir aus dieser Zelle kommen!“ Er musste es einfach schaffen und sie glaubte fest an Lysops Fähigkeiten. Sie umschloss seine Hand mit ihren Fingern. „Ich weiß, dass du das kannst, Lysop“, flüsterte sie und bemerkte im gleichen Moment, dass sie schon wieder den Tränen nahe war. Bedenken standen ihm ins Gesicht, als er sich durch seine Haare fuhr und seufzte. Er blickte sich in dem kleinen Raum um, sah unter dem Bett nach. Doch er fand nichts, was ihm dabei helfen konnte, aus dieser Zelle auszubrechen. Dann fiel sein Blick auf Nami und sein Gesicht hellte sich auf. Nami zog abwartend die Augenbrauen nach oben. „Deine Haare“, murmelte er und betrachtete die kunstvoll hochgesteckte Frisur. „Bitte sag mir, dass du ein paar Haarnadeln da drin versteckt hast.“ Haarnadeln? Gott, natürlich! Warum war sie nicht schon selber darauf gekommen? Für einen kurzen Augenblick ließ sie Olvias Hand los, damit sie die Nadeln aus ihren Haaren ziehen konnte und überreichte sie Lysop, der ihr ein sanftes Lächeln schenkte. „Wir schaffen das“, versicherte er ihr und sah sich das Schloss genauer an. Es dauerte nicht lange, bis er mit den Nadeln vorsichtig im Schloss herumstocherte. Er schreckte ein paar Mal zurück, als jemand vor der Zelle an ihm vorbeilief. Doch bei dem Geschrei und dem Poltern, das zu hören war, fiel Lysop nicht weiter auf. Niemand achtete auf die Gefangenen in der Zelle und das war ihre Chance. Vielleicht sogar ihre letzte. Nami hoffte inständig, dass sie, sobald sie hier raus waren, Zorro schnell finden würden. Sie mussten ihn finden! Koste es, was es wolle. Ihr Atem ging schwer, während sie Lysop dabei beobachtete, wie er versuchte das Schloss zu knacken. Warum dauerte das so lange? Zum Glück ließ er sich von dem Chaos um sie herum nicht aus der Ruhe bringen. Immer wieder waren Schreie und Schüsse zu hören. Olvia schluchzte laut in ihren Armen. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit, bis Lysop sich mit einem Strahlen zu ihr umdrehte und auf das geöffnete Schloss zeigte. Am liebsten wollte sie laut jubeln, doch zwang sie sich erneut dazu, leise zu sein.   Vorsichtig öffnete Lysop die Gittertür, versuchte dabei keinen Lärm zu machen. Als sie weit genug offen war, damit sie hindurch gehen konnten, winkte er sie und Olvia heran. „Wir machen uns auf die Suche nach deiner Mama, okay? Aber du musst uns versprechen, leise zu sein“, sagte Lysop zu Olvia, die artig nickte. Schon wieder eine Lüge, aber es war ihre einzige Möglichkeit, Olvia anzutreiben. Sie folgten Lysop aus der Zelle und Nami hielt die Luft an. Es war ihnen bewusst, dass jeden Moment einer von Big Moms Söhnen hier aus dem Nebel auftauchen könnte, weswegen sie sich so schnell und still wie möglich bewegten. Einmal konnte sie spüren, wie eine Kugel an ihr vorbeipfiff und sich in die Wand hinter ihr bohrte. Doch Nami und Lysop gingen stur weiter. Sie ließen sich nicht davon abbringen, Olvia in Sicherheit zu bringen. Dicht an die Wand gedrückt, schlichen sie durch den Flur. Nami hatte die Hand von Olvia so fest umklammert, dass sie schon fürchtete, der Kleinen weh zu tun. Das Blut rauschte in ihren Ohren und ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie mussten es einfach hier raus schaffen. Für Olvia. Für Robin. Bei dem Gedanken an die kühle Frau, deren Kind sie hier mit aller Kraft retten wollte, fing Namis Kinn an zu zittern. Wie würde Olvia das alles verkraften?   Plötzlich blieb Lysop stehen. Fragend sah sie zu ihm und er deutete auf mehrere Gestalten, die sie ein paar Meter vor ihnen im Nebel ausmachen konnten. Besorgt blickte Lysop zu Olvia und dann auf die Treppe, die sich links von ihnen befand. Er deutete auf diese. „Versteckt euch oben irgendwo. Ich werde euch finden und holen, sobald die Luft rein ist.“ Nami hielt ihn auf, bevor er gehen konnte. „Bist du verrückt? Du wirst sterben!“ Lysop zwang sich zu einem Lächeln. „Das ist mein Moment, Nami. Ich bin an der Reihe, der Held zu sein“, zwinkerte er ihr spielerisch zu. Mit Tränen in den Augen schüttelte sie den Kopf. „Nein... Ich schaffe das nicht ohne dich.“ Beruhigend legte er eine Hand an ihre Wange. „Du wirst es schaffen. Für sie.“ Er deutete auf Olvia, die sich ängstlich umsah. Nami nickte und drückte Lysop für einen kurzen Moment an sich. „Versprich mir, dass du überlebst.“ Statt zu antworten, lachte er leise und war im nächsten Moment im Nebel verschwunden. Von weitem konnte Nami noch jemanden laut brüllen hören: „Hey! Ist das nicht einer unserer Gefangenen?!“ Das war ihr Stichwort um zu verschwinden. Im oberen Stock war der Nebel nicht mehr so dicht und sie stellte erstaunt fest, dass es hier schon fast heimisch wirkte. Hier musste Big Mom mit ihren Söhnen leben. Am ersten Zimmer angekommen, warf sie vorsichtig einen Blick hinein. Sie konnte niemanden sehen. Erleichtert ging sie mit Olvia hinein und zeigte auf den Wandschrank. „Du musst dich verstecken“, bat sie die Kleine. Falls sie hier irgendjemand finden sollte, wollte sie unbedingt, dass sie Olvia nicht bemerkten. „Ich will nicht“, erwiderte Olvia trotzig. „Lysop wird dich suchen kommen und ist sicher enttäuscht, wenn du dich nicht richtig versteckt hast.“ Es dauerte einen Moment, bis Olvia schließlich zögerlich nickte und sich im Wandschrank verkroch. Nami nahm die Tür in die Hand. „Du musst ganz leise sein, egal was passiert. Versprichst du mir das?“, fragte sie Olvia. Wieder nickte sie. Nami schenkte ihr ein letztes Lächeln, bevor sie die Tür zum Schrank schloss und sich danach panisch auf die Suche nach einer Waffe machte. Es sah so aus, als würde sie sich im Schlafzimmer von einem der Söhne befinden. Es dauerte nicht lange, bis sie eine Waffe, ähnlich wie Zorros, im Nachtschrank fand. Mit zitternden Händen nahm sie diese in die Hände und prüfte, ob die Waffe auch geladen war. Sie hoffte zwar nicht, dass sie die Pistole verwenden musste, aber Nami hatte bestimmt nicht vor, kampflos zu sterben. Sie wusste, wie man eine Waffe abfeuerte. Zorro hatte es ihr gezeigt, mehrere Male. Entsichern, mit festem Griff auf das Ziel richten, abdrücken.   Plötzlich hörte sie Schritte, die die Stufen hinaufkamen. „Ich weiß, dass du hier oben bist“, hörte sie eine allzu bekannte Stimme sagen.   Arlong.   Namis Atem ging ganz flach, auch wenn ihr Herz so wild schlug, dass es ihr aus der Brust zu hüpfen schien. Sie hörte, wie er sich dem Zimmer näherte. Dieses höhnische, melodische Pfeifen, das aus seinem Mund kam, erkannte sie sofort. Es war wie damals. Nur, dass dieses Mal nicht sie diejenige war, die sich im Schrank versteckte. Dieses Mal war sie die Person, die jemanden beschützen wollte. Auch wenn sie ihr Leben dafür geben musste. Die Panik in ihr wuchs, denn sie war sich nicht sicher, ob sie bereit war, ihm gegenüberzutreten. Sie hatte so lange darauf gewartet, aber jetzt mit Olvia in der Nähe, hatte sie riesige Angst, dass er dem Mädchen irgendwas antun würde. Hatte sich Bellmere damals gleich gefühlt? Der Geschmack von Eisen in ihrem Mund holte Nami zumindest teilweise aus ihrer Erstarrung. Sie hatte sich so fest auf die Innenseite der Wange gebissen, dass sie blutete. Nicht mehr lange und er würde hier im Türrahmen auftauchen, mit seinem widerlichen Grinsen im Gesicht. Nami warf noch einen letzten Blick zum Wandschrank, in dem sich Olvia versteckt hatte. Sie hoffte, dass sie ruhig bleiben würde. Dann wurde die Tür aufgeworfen und prallte gegen die Wand, an der der Türgriff sicher eine tiefe Kerbe hinterlassen würde. Eine Gänsehaut kroch ihr den Rücken herauf, als sie sein Grinsen sah. Es war wie ein Déjà-Vu. Arlong lachte leise, während er spielerisch die Waffe von einer Hand in die andere warf und Nami von oben bis unten betrachtete. „Na, sieh mal einer an, was ich hier gefunden habe.“ Er blickte auf ihre Waffe, die sie auf ihn gerichtet hatte. „Der Apfel fällt wohl nicht weit vom Stamm, was?“ „Bleib stehen!“, schrie sie, als er einen Schritt auf sie zuging. „Oder was?“, fragte er höhnisch. „Erschießt du mich dann?“ Nami nickte, da sie ihrer Stimme nicht traute. Die Angst um Olvia und sich selbst war so groß, dass sie beinahe keinen klaren Gedanken fassen konnte.   „Jetzt fällt mir wieder ein, woher ich dieses hübsche Gesicht kenne“, grinste er. „Ich habe deine Mami getötet, nicht wahr? Wie war ihr Name noch gleich...“ „Wage es nicht, ihren Namen auszusprechen!“, rief Nami. Arlong kratzte sich grüblerisch am Hinterkopf. „Mir will es einfach nicht einfallen. Hmm...“, überlegte er. Dann hellte sich sein Gesicht auf, was Nami erneut eine Gänsehaut bescherte. „Bellmere, oder nicht?“, raunte er amüsiert. „Sie war eine hübsche Frau...“ Am liebsten würde Nami sich übergeben. Sie konnte es nicht ertragen, wenn ausgerechnet er über Bellmere sprach. Es war nicht richtig. Die Waffe in ihrer Hand fing an zu zittern. Plötzlich war sie viel zu schwer für sie, und sie wollte die Arme sinken lassen. Tränen liefen ihr übers Gesicht. An seinem Gesichtsausdruck und die Art, wie er die Waffe hielt, bemerkte sie, dass er sich sicher fühlte. Er wusste, dass sie nicht abdrücken konnte. Manchen Menschen fiel das Töten eben nicht so leicht wie anderen. Außerdem wollte sie nicht, dass Olvia mit ansehen musste, wie jemand vor ihren Augen starb. Sie fühlte den gleichen Schmerz wie damals, als sie an Olvias Stelle war und sich im Schrank verstecken musste und dabei zusah, wie Arlong ihre alles genommen hatte, was ihr wichtig war. Es fühlte sich an, als müsste sie Bellmeres Tod ein zweites Mal verkraften. Arlong ließ sie nicht aus den Augen und Nami bemerkte ihren Fehler zu spät. Sie wollte sich nur versichern, dass Olvia keinen Lärm machte und da wurden Arlongs Augen plötzlich groß. Nami hatte nur einmal kurz Richtung Wandschrank geblickt und da wusste er es. Er wusste, dass Olvia sich dort drin versteckte. Ein lautes Lachen entglitt ihm. „Es ist wie damals! Die kleine Nami versteckt sich im Schrank, während ihre liebe Ziehmutter von mir getötet wird. Brillant!“ Die Pistole in Namis Hand zitterte immer noch, doch sie ließ sie nicht los. Panik stieg wieder in ihr auf. Sie würde nicht zulassen, dass er Olvia wehtat. Wie in Zeitlupe betätigte ihr Finger den Abzug. Es fühlte sich an, als würde ihr jemand die Arme rausreißen, so stark war der Rückschlag, welcher sie beinahe umwarf. Jede Millisekunde brannte sich in ihr Gedächtnis, als würde sich all das über einen langen Zeitraum erstrecken. Es war, als würde sie sich dabei zusehen, wie sie endlich den Menschen, der Bellmere tötete und damit ihr ganzes Leben ruiniert hatte, erschoss. Sie konnte noch den ungläubigen Ausdruck in den Augen Arlongs sehen, die Fassungslosigkeit und dann die Gewissheit, dass er zu hoch gepokert und verloren hatte. Er war einfach davon ausgegangen, dass sie nicht in der Lage sei, das zu tun. „Das ist für meine Mutter“, rief sie, während ihr die Tränen die Sicht nahmen. Als hätte sie sich daran verbrannt, ließ sie die Waffe fallen, nahm sie dann aber wieder hoch und richtete sie erneut auf die Tür. Sicher waren da noch mehr Männer, die nach ihr oder Olvia suchten. Sie wusste nicht, was mit Lysop geschehen war und ob er noch lebte, aber solange noch eine Kugel in der Waffe war, würde sie kämpfen. Die Erinnerung an Zorro schmerzte, und die Angst, ihn verloren zu haben, erfasste ihren ganzen Körper. Jeder Muskel zitterte, doch sie würde nicht aufgeben. Angestrengt hielt sie weiter die Tür im Blick. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie die Schranktür sich öffnete. Panisch sah sie auf Arlongs Leiche und dann zu Olvia, die aus ihrem Versteck kommen wollte. Nami lief auf sie zu und drückte sie sanft wieder zurück in den Schrank. Beruhigend strich sie über ihr schwarzes Haar. „Keine Sorge. Wir schaffen das“, versuchte sie die weinende Olvia zu beruhigen. „Versteck dich noch ein paar Minuten, okay? Lysop wird bald wieder bei uns sein und dann können wir diesen seltsamen Ort endlich verlassen.“ Olvia nickte zögerlich. „Wird denn Mama auch mit uns kommen?“, fragte sie flüsternd. Namis Herz zog sich zusammen, als sie sich auf die Knie fallen ließ, damit sie Olvia in die Augen sehen konnte. Erneut spürte sie Tränen in ihren Augen. „Deine Mama wird immer bei dir sein, okay?“, sagte sie mit zitternder Stimme. „Aber ich werde jetzt eine Zeit lang auf dich Acht geben, bist du damit einverstanden?“ Olvia schüttelte ihren Kopf. „Nein, ich will zu meiner Mama.“ „Das weiß ich, aber es ist nicht möglich, Kleines“, widersprach Nami und spürte die Tränen, die ihr über die Wangen rollten.   Bevor Nami weitersprechen konnte, hörte sie wieder Schritte. Panisch sah sie zur Tür und dann wieder zu Olvia. „Du musst dich verstecken.“ „Ich will nicht!“ „Aber du musst!“, sagte Nami bestimmend und hatte schon Angst, die Kleine würde laut anfangen zu schreien, doch stattdessen verschränkte sie wütend die Arme vor der Brust und setzte sich wieder zurück in den Schrank. Dankbar schloss Nami die Türen und nahm ihre Waffe zurück in die Hand. Als sie den Schatten in der Tür sah, drückte sie den Rücken durch, schloss kurz die Augen und holte tief Luft. Sie würde es wieder schaffen und danach vermutlich noch einmal, bevor ihre Munition zur Neige ging. Doch dann tauchte Law in ihrem Blickfeld auf. Nami blinzelte benommen, glaubte an eine Fata Morgana. Eine Woge der Erleichterung schlug über ihr zusammen, und es war, als würde ein Bann brechen. Die Welt, die soeben noch gestanden hatte, schien sich auf einmal weiterzudrehen. Sie fühlte wieder so etwas wie ... Hoffnung. „Nami! Gott sei Dank!“, sagte er und ging schnell auf sie zu. Er umfasste ihre Schultern und musterte sie von oben bis unten, um zu sehen, ob sie verletzt war. „Geht es dir gut?“ Zögerlich nickte sie, drängte die Tränen zurück. „Mir geht es gut“, flüsterte sie. Law zog eine Augenbraue nach oben, als er Arlongs Leiche auf dem Boden sah. „Hast du...?“ Wieder nickte sie zur Antwort. Sie war so erschöpft. Law schien zu bemerken, dass doch nicht alles in Ordnung war und tat etwas, was sie nie von ihm erwartet hätte. Er nahm sie in den Arm. Nami ließ es zu, entspannte sich in seinen Armen und ließ die Waffe auf den Boden fallen. Schluchzend ließ sie ihren Kopf auf seine Schulter fallen. Sie hatte gar nicht gewusst, wie sehr sie diese Umarmung gebraucht hatte. Nach einem kurzen Augenblick löste Law sich von ihr und musterte sie besorgt. „Wir müssen hier raus. Nicht mehr lange und das ganze Gebäude wird einstürzen!“ Er packte sie am Handgelenk und wollte sie mit sich ziehen, doch Nami hielt ihn auf. „Olvia!“, schrie sie und lief zum Wandschrank, in dem das Mädchen sich nach wie vor versteckte. Trotzig und mit verheulten Augen blickte Olvia zu ihr auf. Law trat neben sie und machte große Augen, als er die Kleine bemerkte. „Ist das...?“ Nami nickte traurig. Dann richtete sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Olvia. „Das ist Law. Er ist ein guter Freund und wird uns hier raus bringen.“ Als Olvia nicht antwortete, griff Nami nach ihrer Hand und zog sie sanft aus dem Schrank. Olvia zitterte am ganzen Körper, was Law ebenfalls bemerkte. Kopfschüttelnd sah er zu Nami. „So schaffen wir es niemals“, murmelte er, bevor er sich zu Olvia runterbeugte. „Ich werde dich tragen, okay? Du bist sicher schon müde.“ Ein schwaches Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab als sie nickte. Law erwiderte ihr Lächeln, bevor er sie hochhob, damit sie ihre kleinen Arme um seinen Hals schlingen konnte. Er nickte Nami kurz zu, ehe er aus dem Zimmer lief und Nami sich ihm, mit einem letzten Blick auf Arlong, anschloss.   Sie folgte ihm durch das Chaos, das die Jungs und Shanks hier angerichtet hatten. Löcher waren in die Wände gesprengt, tote Menschen lagen auf dem Boden und dieser Nebel, der sich immer noch hartnäckig hielt, machten ihr und Law das Vorankommen schwer. Besorgt sah sie immer wieder zu Olvia, die aber mittlerweile die Augen geschlossen und ihren Kopf in Laws Halsbeuge vergraben hatte. Wenigstens würde ihr der Anblick weiterer toter Menschen erspart bleiben. Law schien genau zu wissen, wo er langgehen musste, damit sie niemanden begegneten. Aber was war mit Zorro und Lysop? Waren sie ebenso in Sicherheit? Hatten sie es hier rausgeschafft? Sie hoffte es so sehr. Von weitem konnte sie sehen, wie sie sich dem Ausgang näherten. Die Sonne erhellte das Ende des dunklen Ganges, in dem sie sich gerade befanden. Ihre Schritte wurden schneller, umso näher sie dem Licht kam. Die Erleichterung, die sie spürte, raubte ihr beinahe den Atem.   Als ihr die frische Luft entgegenschlug und sie das Gras unter ihren Schuhen spürte, fingen ihre Knie an zu zittern. Sie hatte beinahe keine Kraft mehr um aufrecht zu stehen, doch sie zwang sich, weiterzugehen. Law führte sie in einen Wald, nicht weit von Big Moms Unterschlupf entfernt, dem Nami keinen Blick mehr zuwarf. Sie wollte so weit es ging von diesem Ort weg. Es dauerte nicht lange, bis sie einen kleinen Hügel erklommen hatten, von dem aus man das Gebäude gut im Blick hatte. Mehrere Geländewagen standen auf der kleinen Waldlichtung. Und Lysop, Ruffy und Ace. Erleichterung stieg in ihr auf, als Lysop auf sie zulief und sie schluchzend in die Arme nahm. Er hatte es geschafft! Sie kniff ihm spielerisch in die Seite. „Hey, Superheld“, lächelte sie. „Hallo, Teufelsweib“, begrüßte er sie ebenso lächelnd. Nami blickte über seine Schulter. Wo war Zorro? Besorgt sah sie zu Ace, der nun auf sie zuging. Er legte einen Arm um ihre Schulter und drückte sie an sich. „Wo ist er?“, fragte sie ihn und spürte, wie erneut Panik in ihr hochkam. „Er wird bald kommen. Dein Vater hat sich auf die Suche gemacht und wird ihn bestimmt bald rausboxen.“ Namis Herzschlag beruhigte sich zwar nur ein wenig, aber immerhin wusste sie, dass noch Hoffnung bestand. Die beiden würden es ganz bestimmt schaffen. Sie ging zurück zu Law, der Olvia inzwischen auf den Rücksitz von einem Wagen gelegt hatte. Seufzend sah Nami auf sie herab. Wie sollten sie ihr nur beibringen, dass Robin tot war? Dass sie nun alleine war? Gedankenverloren strich sie durch das schwarze Haar und fasste einen Entschluss. Sie würde sich von nun an um Olvia kümmern. Nami wusste, dass sie niemals ihre Mutter ersetzen konnte, aber sie würde alles dafür geben, um Olvia ein schönes Leben zu bereiten. Genau wie Bellmere es für sie getan hatte.   „Scheiße!“, hörte sie plötzlich Ace laut rufen. Danach war ein ohrenbetäubender Lärm zu vernehmen, der Namis Körper erzittern ließ. Mit klopfendem Herzen drehte sie sich um und sah dabei zu, wie das Gebäude in sich zusammenfiel. „ZORRO!“, schrie sie und lief auf das Gebäude zu, wurde jedoch von Ruffy aufgehalten, der sie bestimmend in seine Arme schloss, damit sie nicht davonrennen konnte. Namis Füße gaben nach und sie sank zusammen mit Ruffy auf den Boden. Das Geschehen vor ihr spielte sich wie in Zeitlupe ab. Sie hoffte, wünschte sich so sehr, dass Zorro und Shanks lächelnd aus dem Wald traten, doch es geschah nichts. Auch nicht nach mehreren Minuten, die sie weinend abwartete. Fassungslos starrte sie auf das eingefallene Gebäude, das von Staubwolken umgeben war. Ruffy hielt sie immer noch fest und im Moment war sie dafür sehr dankbar. Sie spürte die Tränen, die ihr über das Gesicht liefen gar nicht mehr. Irgendwie fühlte sie überhaupt nichts mehr.   Erst als es langsam dunkel wurde, begriff sie, was passiert war. Ace kniete inzwischen neben ihr und Ruffy, hatte sein Gesicht in den Händen vergraben. Lysop hatte sich neben Olvia auf die Rückbank gesetzt und blickte starr geradeaus. Law hatte sich ein Stück von ihnen entfernt und sah in den Wald, in der Hoffnung, doch noch ein Wunder zu erleben. Doch es geschah nichts. Zorro und Shanks hatten es nicht rechtzeitig aus dem Gebäude geschafft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)