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Blind Date

von

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Wie alte Freunde

Das Fieber machte ihm zu schaffen, doch Kira ließ sich davon nicht abhalten. Die Silvesterfeier stand kurz bevor und es musste noch einmal alles auf seine Richtigkeit überprüft werden, damit es am Ende keine bösen Überraschungen gab. Den größten Teil hatte er bereits organisiert: Die Bestellungen für das Essen und die Getränke in Auftrag gegeben; seinen Club, der als Lokation diente, entsprechend von einer externen Eventagentur dekorieren lassen. Kira war ein Perfektionist, wenn es um seine Arbeit ging. Seiner Tätigkeit ging er mit größter Sorgfalt und Leidenschaft nach. Wenigstens gab es eine Sache in seinem Leben, die er gut konnte. Blöd nur, dass ihn, seit sie von ihrem Ausflug aus den Bergen zurückgekommen waren, die Erkältung erwischt hatte. Das überraschte ihn doch sehr, denn Itoe ging es blendend, obwohl sie am letzten Tag bis auf die Knochen durchgefroren war.

Bis Silvester waren es nur noch wenige Tage, da konnte er es sich nicht leisten, krank zu sein. Trotz der ständigen Hitzewellen, die ihm zusetzten, machte er sich für die Arbeit fertig, packte seine Unterlagen zusammen und griff nach dem Schlüsselbund. Es musste noch einiges erledigt werden, am besten schon gestern.

Kira war gerade dabei, seine Schuhe anzuziehen, als Itoe plötzlich im Flur auftauchte und die Arme vor der Brust verschränkte. Ihr strenger Blick versetzte ihm einen Schauer über den Rücken. Oder war das nur das Fieber?

„Wo willst du hin?“

„In den Club. Silvesterparty vorbereiten“, erklärte er knapp und zog sich seine Jacke an.

„Du bist krank, Kira. Bleib besser zu Hause.“

„Es geht mir gut“, beharrte er stur und wandte sich von ihr ab. Sie sollte nicht so einen Aufstand machen, nur weil ihn diese mickrige Erkältung erwischt hatte. „Warte nicht auf mich. Kann spät werden.“

Seine Hand lag bereits auf dem Türgriff, als sich Itoe zwischen ihn und die Tür drängte und ihm den Weg versperrte.

„Es geht dir nicht gut!“ Itoe sah entschlossen zu ihm auf. „Du musst dich ausruhen, sonst liegst du an Silvester immer noch krank im Bett und dann waren all deine Vorbereitungen umsonst.“

Kira knirschte mit den Zähnen. Warum musste sie so verdammt stur sein…

„Itoe, geh mir aus dem Weg“, presste er gequält hervor. Sogar das Sprechen fiel ihm schwer. Sein Versuch, warnend zu klingeln, scheiterte kläglich. Das merkte er daran, wie unbeeindruckt sie den Kopf schüttelte.

Kira packte sie sachte an den Schultern, um sie zur Seite zu schieben, da wurde er von einem heftigen Hustenanfall geschüttelt. Kira krümmte sich zusammen und wartete, bis es nachgelassen hatte. Ihr Ich-hab’s-dir-ja-gesagt-Blick konnte ganz schön nerven. Aber sie hatte schließlich gewonnen. Resigniert zog er sich wieder aus.

„Aber nur heute“, sagte er gezwungen.

Itoe nickte zufrieden, nahm seine Jacke ab und hängte sie zurück an den Haken. Sie stellte seine Schuhe ordentlich hin, die er nachlässig stehengelassen hatte, bevor er ins Schlafzimmer schlenderte. Als sie ihm ins Zimmer folgte, lag er bereits auf dem Bett, ohne sich umzuziehen. Itoe lächelte nachsichtig und deckte ihn zu, damit er es warm hatte. Sie strich ihm ein paar Haarsträhnen weg, die auf seiner glühenden Stirn klebten. Obwohl Kiras Erkältung nichts mit Miros Krankheit zu tun hatte und nicht einmal ansatzweise vergleichbar war, fühlte Itoe sich plötzlich an die Stelle ihrer Erinnerung katapultiert, als sie an Miros Bett gesessen und sich um ihn gekümmert hatte. Sie erinnerte sich an das Gefühl von Hilflosigkeit, nichts für ihn tun zu können.

Itoe schüttelte den Gedanken ab, der ihr Herz nach so langer Zeit immer noch aufwühlte, und konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt. Wenigstens konnte sie etwas für Kira tun. Sie wandte sich ab, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen, als Kira unerwartet ihren Arm ergriff.

„Wohin gehst du?“

In seiner Stimme schwang Unruhe mit, die Itoe überraschte und zugleich etwas erschreckte. Sein Griff war so fest, dass es beinahe wehtat, als hätte er Angst, sie könnte gehen und nie wiederkommen. Itoe beachtete den Druck an ihrem Arm nicht, sondern legte ihre Hand auf die seine, die sie immer noch festhielt.

„Ich hole dir einen kalten Lappen für deinen Kopf und etwas zu essen. Du hast heute doch noch gar nichts gegessen, stimmt’s?“

Kira nickte kaum merklich und schloss langsam seine Augen. Gleich darauf lockerte er seinen Handgriff, sodass Itoe in der Küche verschwinden konnte. Die Misosuppe, die sie bereits vorhin für ihn vorbereitet hatte, köchelte noch auf niedriger Flamme vor sich hin. Sie stellte den Herd ab und füllte ein Schälchen mit der heißen Brühe. Sie holte aus der Schublade ein Handtuch heraus, jenes sie mit kaltem Wasser durchtränkte und auswrang. Itoe hielt nachdenklich in der Bewegung inne, als ihr Blick auf den zierlichen Ring an ihrem Finger fiel.

Seit sie wieder zu Hause waren, hatten sie nicht über die Ereignisse der vergangenen Tage gesprochen. Aber es fühlte sich so an, als wären sie sich seit dem Ausflug wieder nähergekommen. Äußerlich hatte sich kaum etwas verändert, aber die Veränderung war deutlich zu spüren. Sie waren schon einmal an diesem Punkt angelangt, doch ihrer beider Verhalten hatte ihre Bemühungen zur Nicht gemacht. Itoe war zuversichtlich, dass sie aus ihren Fehlern gelernt hatten und diese sich nicht wiederholen würden. Doch jedes Mal, wenn Itoe sich über ihren kleinen Fortschritt freute, legte sich Miros Schatten über sie. Das schlechte Gewissen ließ sie einfach nicht los. Aber was sollte sie dagegen tun? Sie war hin und hergerissen. Da gab es Miro auf der einen Seite und Kira auf der anderen. Wie sollte sie ihre Gefühle für diese beiden Menschen miteinander vereinbaren?

Unerwartet kam ihr Miros Brief in den Sinn, den er ihr hinterlassen hatte. Stand darin nicht geschrieben, dass es in seiner Absicht lag, sie und Kira zusammenzubringen, damit sie glücklich wurden? Miro hatte gewollt, dass sie Kira eine echte Chance gab und sie eine gemeinsame Zukunft hatten. Warum hatte sie nicht schon früher daran gedacht?! Itoe spürte einen Anflug von Erleichterung in sich aufsteigen, doch sie erstickte dieses Gefühl sofort im Keim. So einfach durfte sie es sich nicht machen. Obwohl Miro nur die besten Absichten für die beiden hatte, war das doch nicht in seinem Interesse gewesen, dass sie sich in seinen Zwillingsbruder verliebte!

Itoe schnappte sich die Schüssel und den feuchten Lappen und ging ins Schlafzimmer zurück, wo Kira bereits schlummerte. Sie stellte die Schüssel auf der kleinen Kommode neben dem Bett ab und setzte sich zu ihm auf die Bettkante. Mit dem feuchten Lappen betupfte sie zunächst seine glühende Stirn, bevor sie ihn dann darauflegte.

Itoe war erstaunt darüber, dass sie es geschafft hatte, ihn zum Bleiben zu bewegen. Er war ja auch wirklich ein Sturkopf. Aber irgendwie ein gewissenhafter Sturkopf, der trotz seiner Erkältung arbeiten wollte. Ihre eigene Schicht begann erst heute Abend. Bis dahin hatte sie noch genug Zeit, um aufzuräumen und sich um ihn zu kümmern, wenn er wieder wach war.

Beim Hinausgehen nahm sie die Suppe wieder mit, die sie dann selbst in der Küche verzehrte. Man sollte sich selbst ja nicht loben, aber die Miso war ihr echt gut gelungen. Danach fing sie an, die Wohnung sauber zu machen. Sie versuchte dabei, äußerst leise vorzugehen. Ab und zu sah sie nach ihm, um zur Stelle zu sein, wenn er etwas brauchte. Erst nachmittags wachte Kira auf und kam in die Küche geschlendert, um etwas zu essen.

„Du hättest im Bett bleiben und nach mir rufen sollen. Ich hätte dir dann etwas gebracht“, tadelte Itoe ihn sanft, während sie ihm einen großen Teller Misosuppe auffüllte. „Geh zurück ins Bett. Ich bringe dir gleich das Essen.“

Da Kira sich nicht rührte, sah sie fragend zu ihm. Er sah sie aus seinen glasigen, unergründlichen Augen schweigend an. Sein Gesicht war ganz blass und er atmete schwer. Er schien wirklich in keiner guten Verfassung zu sein.

„Kira, geh bitte ins Bett.“

Doch Kira machte keine Anstalten, ihrer Bitte nachzugehen. Er fuhr sich durchs Haar, um seine wirren Strähnen aus den Augen zu streichen. Eine Bewegung, die bei ihm immer lässig aussah, schien ihn jetzt alle Kraft zu kosten.

„Es hat sich noch nie jemand so um mich gekümmert“, murmelte er. In diesem Augenblick kam unerwartet Kiras verletzliche Seite zum Vorschein. Er musste starkes Fieber haben, denn generell hielt er seine Gefühle sorgfältig unter Verschluss.

Itoe sah bekümmert drein. Gab es denn wirklich niemanden, der sich je um ihn gekümmert hatte? Wenn sie an seine Eltern dachte, dann erschien ihr diese Tatsache gar nicht mal abwegig. Sie hatte Kiras und Miros Eltern kennengelernt und glaubte zu wissen, was dies für Menschen waren. Bei ihrer ersten Begegnung hatte seine Familie sie als eine Betrügerin, die hinter ihrem Geld her wäre, bezeichnet. Selbst Kira pflegte keinen regelmäßigen Kontakt zu seinen Eltern. Nicht jeder schien das Glück mit seinen Eltern zu haben.

Itoe trat zu Kira und umfasste sein blasses Gesicht. Schwermütig richtete er seinen Blick auf sie.

„Jetzt hast du jemanden, der sich um dich kümmert.“

Seine Stimmung schien sich ein wenig aufzuhellen, denn ein leichtes Lächeln stahl sich auf seine Lippen. Kira legte eine Hand auf die ihre, die an seiner Wange lag, und drehte seinen Kopf, sodass seine Lippen ihre Handfläche berührten.

„Aber du musst mich auch lassen“, fügte sie hinzu und vernahm ein leises Seufzen seinerseits. Sein heißer Atem verursachte ein angenehmes Kribbeln.

„Ich werde mir Mühe geben“, versprach er und erhob sich schließlich vom Stuhl. „Wirst du mir jetzt immer Essen ins Bett bringen?“

Itoe grinste. „Nur wenn du krank bist.“

„Wie schade.“

 

Ohne Itoes Fürsorge hätte er sich sicher nicht so schnell erholt. Bettruhe und leckere, heiße Suppen waren wohl doch die beste Medizin. Kira blieb gerade noch genug Zeit, um die Vorbereitung für die Silvesterparty abzuschließen und die letzten Schliffe vorzunehmen.

Kira hatte gemischte Gefühle im Hinblick auf den morgigen Abend. Abgesehen vom letzten Jahr, hatte er bis jetzt immer mit seinem Bruder gefeiert. Miro wusste einfach, wie man Party machte und die Leute in Stimmung brachte. Ungeachtet ihrer Differenzen begrüßten sie das neue Jahr immer gemeinsam. Letztes Jahr im Frühling war Miro jedoch spurlos verschwunden, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, und so mussten sie zwangsläufig mit der Tradition brechen. Kira hatte zwar gespürt, dass in den Tagen vor Miros Verschwinden etwas in seinem Bruder vorging, dass er ruhiger und grüblerischer wurde, aber dass er sich ohne ein Wort zu sagen, ohne eine Nachricht zu hinterlassen aus dem Staub machen würde, damit hätte er nie gerechnet. Ohne ihn würde sich der Start ins neue Jahr wahrscheinlich wieder komisch anfühlen. Trotz allem würde diese Silvesterfeier auch etwas Besonderes sein, denn diesmal wäre Itoe dabei. Apropos wo steckte sie gerade?

Kira sah sich suchend in der Wohnung nach ihr um und folgte den Geräuschen, die aus dem Schlafzimmer kamen. Er lehnte sich mit verschränkten Armen in den Türrahmen des Schlafzimmers und betrachtete Itoe amüsiert dabei, wie sie den Schrank durchforstete. Im Zimmer sah es aus wie auf dem Schlachtfeld.

„Mistest du zum Neujahr aus?“

Itoe warf ihm einen verzweifelten Blick zu.

„Das müsste ich mal tun. Ich habe nichts für morgen zum Anziehen!“

Mit einem resignierten Seufzen ließ sie sich auf das vollbelagerte Bett nieder. Kira unterdrückte sein Grinsen, um sie nicht zu verärgern. Er stieß sich von dem Rahmen ab und setzte sich zu ihr.

„Soll ich dir helfen?“

Sie sah ihn mit vor Erstaunen aufgerissenen Augen an.

„Das würdest du tun?“

Kira zuckte ungerührt mit den Schultern. „Klar.“ Er ließ seinen Blick durch die Unordnung gleiten und fragte sich zugleich, ob er sich nicht ein unmögliches Ziel gesetzt hatte. Es würde nicht einfach sein, etwas in diesem Chaos zu finden.

„Das sieht doch gut aus.“

Er entdeckte einen schönen Stück Stoff, der zum Teil durch andere Sachen begraben war, und griff danach. Doch sobald er es herausgezogen hatte, stellte sich heraus, dass das Kleidungsstück eindeutig nicht zur Abendgarderobe gehörte. Er legte den Kopf schief, während er den bordeauxroten BH betrachtete. Dieser wurde ihm schlagartig aus der Hand gerissen.

„Wie kommt der denn dahin…“, nuschelte Itoe mehr zu sich selbst als zu ihm.

Kira unterdrückte sein Schmunzeln, um sie nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen, und setzte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck auf. Er ließ seine Handflächen geräuschvoll auf seinen Oberschenkeln landen und seufzte.

„So wird das nichts.“

Itoe nickte zustimmend. „Ich hätte mich schon längst um ein Outfit kümmern müssen, aber ich habe es vollkommen vergessen“, rechtfertigte sie sich. „Vielleicht ziehe ich einfach das rote Kleid an, das ich auch schon an Weihnachten anhatte...“

Kira hätte nicken und es dabei belassen können, doch er sah ihr ihre Unzufriedenheit an.

„Wir haben noch reichlich Zeit.“

„Haben wir die?“

„Nun hör auf zu schmollen. Mach dich fertig. Wir gehen dir etwas kaufen.“

Itoe runzelte ungläubig die Stirn, bevor sie ihn neckisch angrinste.

„Du willst mit mir shoppen gehen?“

Wenn sie das so offen aussprach, glaubte er es ja selbst kaum. Kira hob einen Mundwinkel in die Höhe und deutete ein Lächeln an.

„Ja. Und jetzt sei nicht so frech. Sonst überlege ich es mir anders.“

Itoe führte ihre Finger über ihre Lippen, als würde sie einen Reißverschluss zumachen, doch das Grinsen konnte sie sich nicht verkneifen.

Kira schnalzte mit der Zunge und erhob sich. Was sie konnte, konnte er schon lange.

„Vielleicht finden wir ja etwas in bordeauxroter Farbe…“, sagte er und warf ihr einen verschmitzten Blick zu. Sie sah ihn mit hochrotem Kopf an und warf einige Kleidungsstücke nach ihm, als er aus dem Zimmer flüchtete.

 

Das noble Geschäft in Ginza ließ für seine Kunden keine Wünsche offen, solange man das nötige Kleingeld hatte. Am Eingang wurde man von den Mitarbeitern freundlich begrüßt und danach direkt gefragt, ob man etwas Bestimmtes suchte. Nachdem Kira ihr Anliegen geschildert hatte, wurden sie in den Bereich für Abendgarderobe geführt. Itoe staunte nicht schlecht, als sie die wunderschönen Kleider erblickte, doch bei dem ernüchternden Preis verabschiedete sich ihre Freude schnell wieder. Unschlüssig stand sie da und machte den Anschein sich umzusehen, während sie ab und zu einen verstohlenen Blick zu Kira warf, der sich mit einer jungen Angestellten unterhielt. Die Frau lächelte stets und redete mit so viel Enthusiasmus auf ihn ein, dass es an ein Wunder grenzte, dass sie ihm nicht um den Hals fiel.

Itoe ertappte sich dabei, wie die gehässigen Gedanken ihre Stimmung trübten, und versuchte sich auf das Stöbern der Kleider zu fokussieren. Doch sobald sie das tat, war sie erneut bei ihrem ursprünglichen Problem, dass sie sich keines dieser Kleider leisten konnte. Ihr entwich ein Seufzer, bevor sich ein Arm um ihre Schultern legte. Sie schaute zu Kira auf, der seinen Blick kurz auf die Kleider richtete und dann interessiert zu ihr hinabsah. Itoe schluckte angesichts dieser unerwarteten Nähe.

„Hast du etwas Passendes gefunden?“

„Eh“, brachte sie krächzend hervor und räusperte sich, „nicht wirklich. Wollen wir nicht in einen anderen Laden gehen?“

Kira runzelte überrascht die Stirn, zuckte dann aber mit den Schultern.

„Wenn du willst.“

Erleichtert, dass er keinen Einwand hatte, verließen sie den Laden wieder.

„Wie wär’s denn mit dem dort?“, schlug Kira ein anderes Geschäft vor, nachdem sie ein Stückchen gelaufen waren. Die Boutique sah noch exklusiver aus als die von eben.

„Noch so ein Bonzenladen…“, rutschte Itoe raus. Zum Glück hatte sie es nicht so laut gesagt.

„Was?“

„Ach nichts! – Hach, ich denke, das wird heute nichts.“ Generell machte Itoe eine erfolglose Shoppingtour nichts aus, aber in diesem Fall hatte sie sich sehr auf diese Silvesterparty gefreut und wollte entsprechend schön aussehen. Doch jeder wusste, dass man auf Zwang nie etwas Passendes fand. Außerdem war ihr die Lust auf Shoppen komischerweise vergangen.

Kira, der an ihrer Seite ging, blieb abrupt stehen. Itoe hielt ebenfalls an und sah fragend zu ihm.

„Lass uns etwas essen“, schlug er unerwartet vor.

„Was essen?“

„Ja, essen. Du weißt schon, das tut man, wenn man hungrig ist.“

Die Art, wie er das sagte, und sein Grinsen verrieten ihr, dass er sie veräppelte. Itoe gab ihm einen leichten Klapps gegen den Arm und grinste dann zurück.

„Was willst du denn essen?“, fragte sie ihn und Kira überlegte kurz.

„Was hältst du von Ramen?“

„Wenn das nicht ein 100.000 Yen Ramen ist, gerne!“, sagte sie, doch hoffte zugleich, er verstand ihre Anspielung nicht.

„Doch, und du bezahlst.“

Sie setzten sich wieder in Bewegung und suchten sich ein Nudelrestaurant aus. Sie entschieden sich für ein kleines Lokal in einer Seitengasse, das traditionell eingerichtet war. Das Licht war gedämpft und erschuf eine gemütliche Atmosphäre. Itoe gefiel es hier auf Anhieb und sie war innerlich froh, dass ihr Weg sie ausgerechnet hierhergeführt hatte. Sie setzten sich einander gegenüber und bestellten sich Ramen, Gyoza mit Fleisch und eine Flasche Sake zum Aufwärmen. Itoe hatte sich die Jacke, Mütze und Schal ausgezogen und zur Seite gelegt.

„Ich habe vor, an Neujahr meine Eltern zu besuchen“, erzählte Itoe unvermittelt, nachdem ihnen der Sake serviert wurde und Kira ihnen eingeschenkt hatte.

„So?“, sagte er und blickte interessiert auf.

Itoe nickte und machte eine kleine Pause. „Hättest du nicht Lust mitzukommen?“

Sie dachte nicht, dass er ablehnen würde, trotzdem konnte sie ihre Aufregung nicht unterdrücken. Aber vielleicht hatte sie ihn auch zu spontan gefragt. Nachdem sie von ihrem Ausflug zurückgekommen waren, hatte sie ihre Eltern angerufen und ihren Besuch angekündigt. Ebenso hatte sie angedeutet, dass sie jemanden mitbringen würde. Leider hatte sie das Wichtigste vergessen, und zwar, ihren Begleiter zu fragen.

„Ich komme gern.“

Erleichtert hob Itoe den kleinen Keramikbecher und sie stießen an. Nachdem das Essen serviert wurde, endete ihr Gespräch vorerst und sie schlürften die heiße Nudelsuppe und aßen Gyoza. Es tat gut, etwas im Magen zu haben, vor allem, wenn es so köstlich war. Sofort hellte sich Itoes Laune auf.

„Ich hab's mir doch gedacht“, hörte sie Kira sagen und runzelte daraufhin verblüfft die Stirn.

„Hm?“

Kira legte seine Stäbchen zur Seite und verschränkte die Arme auf dem Tisch.

„Du sahst vorhin so niedergeschlagen aus. Da dachte ich, du hättest vielleicht Hunger.“

Itoe strich sich etwas verlegen eine Strähne hinter das Ohr.

„Mit einem vollen Magen lässt sich leichter denken. Wir sollten uns gleich auf den Weg machen und dir ein Kleid für die Feier aussuchen.“

Itoe hatte mehr und mehr das Gefühl, dass hinter seiner harten Schale ein weicher Kern steckte. Er war so aufmerksam und lieb zu ihr. War er schon immer so gewesen?

„Was ist?“, fragte er sie, als sie ihn verschmitzt anlächelte.

„Ach nichts. Du bist einfach nur süß.“

Sie sah, wie sich sein Gesichtsausdruck schlagartig veränderte und er ein wenig zurückwich, als hätte sie eine ansteckende Krankheit.

„Ich bin nicht süß!“, protestierte er und gab ein verächtliches Schnauben von sich. „Männer sind nicht süß.“

Itoe lachte hinter hervor gehaltener Hand.

Du schon.“

Kira schnalzte genervt mit der Zunge und schenkte mit düsterer Miene den Sake ein.

„Sei einfach still und trink.“

Immer noch mit einem Grinsen im Gesicht trank Itoe den süßen Reiswein. Sie beschlossen, noch ein Weilchen hier zu bleiben und bestellten sich noch eine Flasche. Nach kurzem Schweigen wurde das Gespräch wieder in Gang gesetzt, indem Itoe ihm von ihrem Heimatort erzählte. Je länger sie sich unterhielten, desto mehr unterschiedliche Themen wurden angerissen. Sie hatten beide das Bedürfnis sich mitzuteilen, vielleicht trug auch der Sake zu ihrem regen Wortwechsel bei. Es fühlte sich auf jeden Fall so an, als seien sich zwei alte Freunde nach Jahren wiederbegegnet, um all ihre Erfahrungen, die sie ohne den anderen gemacht haben, miteinander zu teilen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Soralai
2018-10-01T21:03:16+00:00 01.10.2018 23:03
*So noch schnell einen Kommentar verfass*
Ich.Will.Mehr.Davon!

Ich weiß jetzt was kommt... *kicher* da sie ihn zum essen eingeladen hat, lädt er sie zum shoppen ein und kauft ihr ein Kleid *Quietsch* er ist ja so clever

Oh er wird ihre Eltern kennen lernen.... O.O
das ist ja aufregend...
teilen sie sich dort dann auch ein Zimmer? also immerhin sind sie ja verheiratet und wird das dann ihr altes singlebett??
Dann müssen sie sich womöglich noch eine Decke teilen und ein Kissen und *quietsch*
Antwort von:  May_Be
02.10.2018 09:07
Du weißt aber auch alles :D

Jaa das wird toll bei den Eltern XD
aber vorher kommt die Silvesterparty *.*
Antwort von:  Soralai
02.10.2018 10:10
ich bin ja auch klug ;)
und bescheiden XD

Stimmt erst kommt noch der Mitternachtskuss :D

übrigens neige ich in letzter Zeit zum Quietschen <.<"
Antwort von:  May_Be
02.10.2018 10:15
ja das bist du! und wie XD

haha genau! und dann verwandelt sich das schicke auto zurück in den kürbis und der chauffeur in die maus :D

wieso denn? ._.
zu viel dopamin? XD
Antwort von:  Soralai
02.10.2018 10:20
gut das sie weit genug weg wohnen.... Katerchen hat hier ordentlich ausgedünnt und sie würde womöglich keinen Chauffeur hier finden >.<"

Sauerstoffschock? Das Mädchen in mir kommt durch? *fragend da steh*
Antwort von:  May_Be
02.10.2018 15:23
haha dann muss sich eben katerchen ans steuer setzen :P

das Mädchen in dir ist stets willkommen :D
klatsche, juble, quietsche xD


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