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Blind Date

von

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Bitteres Ende

Dass Ren aufgetaucht war, hatte sie ungemein erleichtert. Sie wusste nicht, wie lange sie Katsuyas Verhör noch durchstehen würde. Er hätte die Wahrheit ganz sicher aus ihr herausbekommen, egal wie. Itoe fuhr ein Schauer über den Rücken, als sie daran dachte, wie es war, mit ihm allein zu sein. Aber heute würde das sicher nicht mehr passieren. Sie würde sich einfach an Ren halten, denn Itoe glaubte nicht, dass Katsuya vor seinem Freund das Thema noch einmal anschneiden würde.

Das Grüppchen wartete bereits draußen auf sie. Die kühle Luft fühlte sich nach der Hektik, die im Restaurant zuging, richtig wohltuend an, erfrischend und beruhigend.

„Na, wer ist denn da doch mitgekommen!“ Das war wieder dieser eine schmierige Kerl, der sie schon den ganzen Abend im Visier hatte. Den hatte sie beinahe vergessen. Jetzt bereute sie es wieder, mitgekommen zu sein. Itoe spürte außerdem einen weiteren Blick auf sich haften, der sie durchbohrte und ein Unwohlsein in ihr auslöste.

Unerwartet trat Ren an ihre Seite, nahm ihren Arm und legte ihn um den seinen.

„Lass die Finger von ihr, Yagami. Sie ist bereits vergeben. Kümmere dich lieber um deine Begleitung“, konterte Ren und wies auf Yagamis Freundin, die schon die ganze Zeit missmutig drein schaute. Ren lächelte zufrieden, als Yagami seinen Tadel stillschweigen hinnahm, und zog Itoe die Straße entlang, gefolgt von seinen Freunden.

„Nimm's ihm bitte nicht übel. Er kann ziemlich aufdringlich sein, ist aber ganz harmlos.“

Itoe fühlte sich an Rens Seite wohl und vor allem sicher. Genauso fühlte sie sich auch bei Kira. Der Gedanke an ihn stimmte sie augenblicklich traurig, weswegen sie ihre Aufmerksam lieber ihrem Begleiter widmete.

„Ist schon okay. - Wie hast du das eigentlich mit meinem Chef geregelt?“ Itoe wechselte das Thema. „Ich hoffe, er kündigt mich nicht!“

Ren gab ein leises Lachen von sich. „Nein, mach dir keine Sorgen. Ich hab ihm für heute zwei Mädchen zur Verfügung gestellt. Die beiden schuldeten mir eh noch einen Gefallen.“

Itoe sah ihn überrascht an und lachte dann.

„Du bist unglaublich. Jetzt bin ich dir aber was schuldig.“

„Unsinn. Sieh es als eine Freundschaftsgeste an.“ Ren machte eine kleine Pause, bevor er ein neues Thema ansetzte. „Was war eigentlich vorhin zwischen dir und Katsuya los? Irgendwie hast du auf mich angespannt gewirkt.“

Sie befanden sich in einem guten Abstand zu Katsuya und den anderen, sodass niemand von ihrem Gespräch mitbekommen konnte. Trotzdem verkrampfte sie sich. Warum musste er das unbedingt ansprechen? Es war schon eine heikle Situation gewesen, dass Katsuya sie überhaupt auf ihre Beziehung zu Kira ansprach. Wenn jetzt auch noch Ren damit anfing... Die einzigen, die von der Sache halbwegs wussten, waren Mitglieder aus Kiras Familie. Itoe erinnerte sich an ihre Reaktion, als sie ihnen das erste Mal gegenüber stand. Auch sie stellten wilde Vermutungen an, ob Itoe nicht hinter Miros oder Kiras Geld her war. Warum dachte das bloß jeder? Machte sie wirklich solchen Eindruck? Oder war das die typische Einstellung der Reichen gegenüber der armen Bevölkerung?

Itoe hatte einen Job, sie stand auf eigenen Beinen und trotzdem wurde sie misstrauisch von der Seite beäugt. Itoe überkamen erneute Zweifel, ob das überhaupt das Richtige war, Miros letzten Wunsch um jeden Preis erfüllen zu wollen. Sie hatte es wirklich versucht. Auch wenn sie sich gestehen musste, dass ihre Absichten zum Teil nicht edel waren. Sie hatte Angst allein zu sein, sodass sie Kira zunächst als einen Ersatz, einen Platzhalter für ihren geliebten Miro eingetauscht hatte. So hatte es jedenfalls angefangen. Aber je mehr sie Kira kennenlernte, desto mehr löste sich das Bild von Miro auf und sie sah Kira als eine eigenständige Persönlichkeit an, die sie langsam aber sicher in ihr Herz geschlossen hatte. Aber nun war all die Mühe umsonst, dachte Itoe betrübt. Das Spiel von Mann und Frau war gar nicht so einfach zu spielen, wenn noch eine dritte Person in das Spiel integriert war. Itoes Gedankengang wurde abrupt unterbrochen, als Ren einen leichten Druck auf ihren Arm ausübte.

„Itoe, du kannst es mir sagen. War er fies zu dir? Seine Art kann einem ganz schön zusetzen. Manchmal hab ich selbst Angst vor ihm“, meinte Ren grinsend und versuchte ihr damit eine Antwort zu entlocken, doch Itoe wurde das Gefühl nicht los, dass er das ernst meinte.

Itoe versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Sie war abgeschweift.

„Mach dir keine Sorgen, Ren. Katsuya hat nichts Falsches gemacht. Er ist zwar in seiner Art wirklich beängstigend, aber ich glaube, er macht sich Sorgen um Kira.“

Nun sah Ren neugierig drein. „In wie fern?“

Itoe wählte ihre Worte mit Bedacht. „Katsuya denkt, ich würde Kira irgendwie dazu zwingen, mit mir zusammen zu sein. Er denkt, ich könnte ihn ausnutzen. Aber so ist das nicht.“ Zumindest hatte sie ihn nie materiell ausgenutzt, was ja Katsuyas Annahme war. Sie hatte ihn nur für ihren seelischen Frieden missbraucht. Aber sie glaubte, es beruhte auch irgendwo auf Gegenseitigkeit. Beide hatten sie einen geliebten Menschen verloren und mussten irgendwie damit klar kommen, ihre innere Leere füllen. Da kam eine tröstende Schulter nur gelegen.

Ren dachte einen Augenblick über ihre Worte nach. „Katsuya fällt gerne mit der Tür ins Haus. - Aber... darf ich ehrlich sein? Es kam für uns alle sehr überraschend, als Kira uns von dir erzählte. Wo kamst du plötzlich her, wer warst du überhaupt, haben wir uns gefragt. Und dass ihr beiden verheiratet seid, war die größte Überraschung schlecht hin. Okay, es geht uns einerseits nichts an, mit wem er zusammen ist, aber wir waren oder sind zum Teil noch skeptisch, was wir von der Hochzeit halten sollen. Für uns kam das alles sehr überstürzt rüber. Du kannst es doch verstehen, dass wir uns als seine Freunde Sorgen machen, oder?“

Itoe war ihm dankbar für seine Ehrlichkeit und jetzt konnte sie auch Katsuyas Beweggründe besser verstehen. Er wollte scheinbar nur seinen Freund beschützen.

„Na ja, ihr müsst wissen, was ihr tut, richtig?“, fuhr Ren fort und zuckte gelassen mit den Schulter, „aber eins steht auf jeden Fall fest: Du tust Kira richtig gut. Ich habe ihn schon lange nicht mehr so gut gelaunt gesehen. Ich glaube, er ist wirklich glücklich.“

Itoe bekam starkes Herzklopfen. War Kira wirklich glücklich? Fast wäre ihr die Frage über die Lippen gerutscht. Ob Ren diese Frau aus Kiras Wohnung kannte? Itoe hatte so viele Fragen, doch ihr Mund blieb verschlossen. Sie entschied für sich, dass Kira sie nicht zu seinem Glück brauchte. Diese Beziehung, diese Gefühle, all das baute auf einer Lüge auf. Es war nicht echt.

Zu Fuß erreichten sie in wenigen Minuten den angestrebten Club, der den Zwillingen gehörte. Vor dem Eingang hielt Itoe kurz inne und machte keine Anstalten reinzugehen. Das war ihre letzte Chance umzukehren, nach Hause zu fahren, sich unter der Decke zu verkriechen, denn sie wollte auf keinen Fall auf Kira treffen und schon gar nicht auf seine Freundin, oder wer auch immer diese Frau von heute Morgen war. Aber andererseits... was sollte sie zu Hause? In ihrer leeren Wohnung warteten nur Einsamkeit und deprimierende Gedanken auf sie... und die Torte, die sie alleine essen würde. Sie war extra aus ihrer Wohnung geflohen, um möglichst weit weg von ihm zu sein. Aber wenn er doch hier war... Ein ewig währender Teufelskreis.

„Alles in Ordnung?“, fragte Ren nach und berührte Itoe leicht an der Schulter. Diese nickte entschieden. Sie wollte kein Spielverderber sein, schließlich hatte Ren extra zwei Freundinnen für sie einspringen lassen. „Dann komm. Ich hab mir schon die Hände abgefroren.“

Ren zog Itoe hinter sich her, gab ihre Jacken an der Garderobe ab und führte sie ins Herz des Clubs, wo die Party bereits im vollen Gange war.

Itoe fühlte sich sofort unpassend gekleidet. Sie hatte eine verwaschene, alte Jeans und ein einfaches, kariertes blaues Hemd an. Schließlich hatte sie nicht damit gerechnet, heute Abend noch auszugehen.

Für ihre Gruppe war ein Platz in der Lounge reserviert. Itoe setzte sich zu Ren, da er der einzige war, mit dem sie sich verstand, und beugte sich sogleich zu ihm vor.

„Ich bleibe aber nicht lange, okay?“

Ren sah sie einen Augenblick lang an und seufzte. „Ich war nicht ganz ehrlich zu dir“, meinte er schuldbewusst, „der Grund, warum ich dich mitgenommen habe ist, weil Kira mich vorhin angerufen hatte. Er klang ein wenig aufgeregt und besorgt und meinte, ich soll nach dir Ausschau halten. Und da ich mit Katsuya und den anderen sowieso in dem Restaurant verabredet war, wo du arbeitest, dachte ich, dass du vielleicht dort sein könntest.“

Itoe hatte damit nicht gerechnet. Hätte sie das gewusst, wäre sie ganz sicher nicht mitgekommen. „Also weiß Kira, dass ich hier bin?“, fragte sie ihn in der Hoffnung, dass es nicht so war. Sie wollte ihn nicht sehen und schon gar nicht mit ihm reden. Noch nicht.

Ren legte den Kopf etwas schief und schien seine nächsten Worte abzuwägen. „Nein. Noch nicht. - Soll er es denn nicht erfahren?“

Itoe wich Rens fragendem Blick aus. Es wäre nicht fair, wenn sie Kiras Freund ihre Gedanken, die sie nicht einmal Kira selbst anvertraute, mitteilte. Obwohl Kira für sein Verhalten selbst verantwortlich war, mochte sie nicht schlecht über ihn reden.

„Entschuldige mich kurz“, meinte Itoe, ohne ihm zu antworten, und stand auf. Sie konnte Ren nicht vorschreiben, was er zu tun hatte. Wenn er Kira anrufen wollte bzw. musste, dann sollte er das tun. Außerdem konnte sie ihre Enttäuschung nicht verbergen. Ren hatte sie im indirekten Sinne angelogen, er hatte sie unter einem Vorwand hierher gelockt. Dabei hatte Itoe angenommen, er hätte sie als Freund eingeladen, weil sie dazugehörte. Aber letztendlich war und blieb er Kiras Freund, nicht ihrer.

Da Ren sie nicht aufhielt, wofür sie ihm dankbar war, steuerte sie direkt die Bar an. Zuerst wollte sie den Club verlassen, aber dann hatte sie es sich anders überlegt.

Itoe setzte sich an die Bar und bestellte sich eine Cola. Ehrlich gesagt hatte sie Lust auf etwas Härteres, aber seit dem letzten Mal, als sie sich maßlos betrunken hatte, wollte sie keinen Alkohol mehr anrühren. Bis jetzt hatte es ganz gut funktioniert.

„Zwei Tequila“, hörte sie von der Seite jemanden bestellen und sah in seine Richtung. Yagami stand in unmittelbarer Nähe. Bevor Itoe ihren Blick abwenden konnte, hatte er sie entdeckt. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus und er bahnte sich direkt einen Weg zu ihr, mit den zwei Kurzen in der Hand.

„Na Hübsche, warum bist du denn abgehauen?“ Er stellte das eine Glas vor ihr auf dem Tresen ab, den anderen immer noch haltend. „Ich dachte, wir trinken einen zusammen.“

Itoe schüttelte den Kopf. „Ich trinke nicht.“

Yagami lachte leise. „Das sagen sie alle. Aber nach zwei, drei Kurzen ändern sie ihre Meinung.“

Itoe warf einen Blick auf das Glas, das vor ihr stand. Innerlich kämpfte sie mit sich. Alkohol war keine Lösung, das wusste sie, aber sie wollte ihren Schmerz betäuben, wenigstens für einige Stunden. Sie wollte Kira und diese Frau vergessen, sie wollte nicht daran denken, was sie miteinander getrieben hatten, wer sie für ihn war. Ebenso wollte sie die Enttäuschung über Rens Verhalten verdrängen. Sie wusste, er meinte es nur gut, aber er hatte ihr dennoch nicht die Wahrheit gesagt, den Grund, weshalb sie mitkommen sollte.

Nur dieser eine Kurze.

Innerlich gab sie sich ein Versprechen, nahm die Zitrone, die auf dem Glas lag, und hob den Kurzen.

„Na dann! Kanpai!“ Itoe prostete Yagami zu, kippte die Flüssigkeit in einem Zug runter und biss in die Zitrone hinein. Der saure Geschmack trieb ihr Tränen in die Augen, ihre Kehle brannte. Itoe verzog kurz das Gesicht und schüttelte sich. Ätzendes Zeug. Aber nach drei weiteren Kurzen, die sie alle von Yagami spendiert bekam, tat der Tequila seine Wirkung und schmeckte auch gar nicht mal übel. Sie fühlte sich leicht angetrunken und das tat wirklich gut. Ihre Laune stieg langsam an und sie musste plötzlich ohne jeden Grund lachen. Ihren Vorsatz nicht zu trinken, hatte sie kurzerhand verworfen.

„Hab' ich was verpasst?“, meinte ihr Trinkkumpane und Itoe schüttelte den Kopf, lachte weiter, bis ihr der Bauch weh tat.

„Noch einen!“, meinte sie dann und schlug mit der Handfläche auf den Tresen. „Barkeeper! Hierher.“

Sie tranken zwei weitere.

„Hab' ich's nich' gesagt? Zuerst ziert ihr euch und dann könnt ihr nich' aufhören“, lallte Yagami grinsend und zeigte mit dem Finger auf sie.

„Frauen, was“, erwiderte Itoe und stützte sich etwas auf dem Tresen ab. „Hab' heute Geburtstag, weißt du“, erzählte sie ihm wie aus dem Nichts. Sie hatte nun das Bedürfnis sich jemandem mitzuteilen.

Yagami sah sie überrascht an. „Na dann herzlichen Glückwunsch! - Darauf trinken wir!“ Er bestellte ihnen noch je zwei Kurze, die sie ohne Umschweife hinter die Binde kippten. Mittlerweile brannte die Flüssigkeit nicht mehr in ihrer Kehle, sondern ging weich und angenehm runter. Itoe fühlte sich pudelwohl, auch wenn sie sich eine bessere Gesellschaft als Yagami vorstellen konnte. Aber das dachte sie im nüchternen Zustand. Jetzt war sie betrunken und die Gesellschaft spielte keine Rolle.

„Muss mal für kleine Mädchen“, meinte Itoe kichernd und glitt schwankend vom Barhocker. Dabei verlor sie das Gleichgewicht, doch Yagami packte sie noch rechtzeitig am Arm und bewahrte sie von einem schmerzvollen Sturz.

„Hoppla“, meinte er grinsend und hielt sie fest.

„Wo is' eigentlich deine Freundin?“, fragte Itoe unvermittelt und sah sich um. Sie erinnerte sich plötzlich an das Mädchen, das heute Abend seine Begleitung war.

„Wer? Meinst du Hitomi? - Ah, keine Ahnung. Sie sucht mich vielleicht. Aber sie is' nich' meine Freundin. Nur... ein Zeitvertreib.“

Itoe hatte sich so etwas Ähnliches schon gedacht. Sie nahm seine Worte halbwegs zur Kenntnis, denn der Alkohol verlangsamte ihre Informationsaufnahme und -verarbeitung.

„Lässt du mich jetzt los? Ich muss ma'.“

„Schaffst du's denn allein? Du kannst ja kaum stehen.“

Itoe stützte sich tatsächlich schon die ganze Zeit an seinem Oberkörper ab, ohne es zu bemerken. Sie sah zu ihm auf und begriff viel zu spät, dass er sie küssen wollte. Im nächsten Augenblick presste er auch schon seine Lippen auf ihre. Trotz des Alkohols, der in ihrem Körper gerade noch tausende von Glückshormonen auslöste, schlugen auf einmal alle Alarmglocken. Itoe vernahm seinen intensiven Geruch nach After Shave und Tequila. Kira hatte ganz anders gerochen. Überhaupt nicht aufdringlich, sondern angenehm, vertraut. Widerwillig öffnete sie ihre Lippen und ließ diesen Kuss über sich ergehen. Yagami vergrub seine Hand in ihren Haar und küsste sie fordernd, hier vor all den Leuten. Aber keiner schien ihnen Beachtung zu schenken.

 

Keiner außer Kira. Ren hatte ihn vor einer halben Stunde angerufen und gemeint, dass Itoe im Club sei. Er war wie ein Irrer hierher gerast, um sich bei ihr zu entschuldigen, um ihr alles zu erklären, aber auf das hier war er nicht vorbereitet. Wut packte ihn. Rasende Wut. Er steuerte die beiden an und zerrte Itoe grob von Yagami weg. Ihr Gesichtsausdruck verriet ihm, dass sie nicht erwartet hatte, von ihm erwischt zu werden. Kira fixierte Yagami mit einem vernichtenden Blick.

„Du küsst meine Frau?“, meinte er drohend. Ohne Yagamis Antwort abzuwarten, landete seine Faust in seinem Gesicht. Yagami schwankte, verlor das Gleichgewicht und stieß gegen einen Typen, der direkt in der Nähe stand. Einige glotzten zu ihnen rüber, doch keiner mischte sich ein. „Wenn du sie noch einmal anfasst, bring ich dich um!“

Kira war voller Zorn. Eifersucht trieb ihn zu solch einem unüberlegten Verhalten. Nun wandte er sich an Itoe, die erschrocken vor ihm zurückwich. Er nahm keine Rücksicht darauf, dass sie offensichtlich schockiert von seinem Kontrollverlust war, sondern packte ihren Arm und zog sie mit sich. Er spürte, wie sie sich in seinem Griff wandte, aber er beachtete es nicht, sondern zog sie unnachgiebig mit sich.

„Kira... du tust mir weh...“, hörte er sie klagen, doch auch das brachte ihn nicht dazu, seine Wut oder seinen Griff zu mildern.

Er ging mit ihr in den zweiten Stock, wo sich sein Büro befand. Hier waren sie vor den Augen der neugierigen Menge geschützt, niemand hatte Zutritt. Erst jetzt ließ er sie los. Dabei stieß er sie leicht von sich, ohne zu ahnen, dass dieser minimale Kraftaufwand ausreichen würde, um sie zu Fall zu bringen. Itoe verlor das Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Kira tat es augenblicklich leid, er hatte noch nicht begriffen, dass sie dermaßen betrunken war, dass sie sogar Schwierigkeiten hatte, sich auf den Beinen zu halten. Er trat zu ihr, um ihr aufzuhelfen, doch sie schlug seine Hand weg.

„Fass mich nicht an...“

Itoes Stimme zitterte und ließ ihn vermuten, dass sie kurz davor war, zu weinen. Er sah ihr dabei zu, wie sie sich an einen Stuhl klammerte und versuchte, sich aufzurichten.

„Wie konntest du mit diesem Schwachkopf Yagami rummachen...“, warf er ihr vor, auch wenn er wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich mit ihr in diesem Zustand zu unterhalten.

Itoe schaffte es, sich auf den Stuhl zu hieven. Sie sah zu ihm, ihre Augen glasig vom Alkohol und von angesammelten Tränen. Doch dann fing sie plötzlich an zu lachen, was Kira noch wütender machte.

„Was ist so verdammt lustig? “

Itoe konnte sich nicht einkriegen. „Das alles... Findest du nich'?“

Kira ballte eine Hand zur Faust, als könnte er so seine Wut festhalten. „Nein“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Schade... denn ich find's überaus amüsant, wenn mein Mann mit einer anderen schläft und dann solches Theater veranstaltet, weil ich einen ander'n geküsst hab'...“

Diese Worte trafen ihn tiefer als erwartet. Er konnte nicht leugnen, dass sie Recht hatte. Zwar hatte er nicht mit Makoto geschlafen, aber er hatte sie geküsst. Er hatte nicht das Recht, ihr ihren Fehltritt vorzuhalten, da er nicht besser war als sie. Aber in dem Moment, als er sie mit Yagami gesehen hatte, waren bei ihm alle Sicherungen durchgebrannt und er konnte sich nicht beherrschen.

„Lass uns damit aufhör'n, Kira... mit diesem Spielchen von Mann und Frau... diese Ehe is' ein Witz... nichts davon is' echt... du und ich, wir sind nich' echt... Es war von Anfang an ein Fehler...“

Kira konnte seinen Ohren nicht trauen. Sie hatten es versucht und es hatte doch gut funktioniert, warum war auf einmal alles wieder so kompliziert geworden? Dann kam ihm Makoto in den Sinn, diese Unheilbringerin. Nein. Er konnte ihr nicht die ganze Schuld geben. Er hatte sie schließlich zu sich in die Wohnung gelassen, er hatte sie geküsst, sie hatte sogar bei ihm übernachtet. Er hatte sich in dem Moment gar nicht darüber Gedanken gemacht, dass er Itoe damit verletzen könnte.

„Du willst es beenden?“

Er brachte die Worte kaum über die Lippen. Warum redete er überhaupt mit ihr? Sie war nicht sie selbst, das wusste er. Aber ihre Worte stachelten ihn an, darauf einzugehen.

Wieder lachte sie. Diesmal klang ihr Lachen bitter.

„Was beenden, Kira? Was, hm? Es gibt nichts, was wir beenden könnten...“

Fassungslos starrte er sie an. Das mochte zu Beginn so gewesen sein, aber doch nicht jetzt, wollte er sie anschreien. Doch er presste nur seine Lippen aufeinander und das, was er als nächstes sagte, war alles andere als klug. Als wollte er zur Zerstörung ihrer Beziehung, ja, sogar zur Selbstzerstörung, beitragen.

„Wenn nie etwas zwischen uns war, warum regt es dich dann auf, dass ich was mit Makoto hatte?“

Seine Worte schienen sie nicht kalt zu lassen, denn sie sah zu ihm auf, als wäre sie ein kleiner, geprügelter Welpe, der seinem grausamen Herrchen ausgeliefert war. Sofort hatte er das Verlangen, seine Worte zurückzunehmen. Doch seine Wut auf sie war stärker als die Vernunft.

Itoe schwieg. Anscheinend hatte er mit seinen Worten einen wunden Punkt getroffen. Gleichzeitig hatte er gestanden, dass zwischen ihm und Makoto tatsächlich etwas gelaufen war, nur ließ er sie in Unkenntnis, dass es sich lediglich um einen Kuss handelte.

Er sah ihr dabei zu, wie sie sich etwas unbeholfen die Tränen aus den Augen wischte.

„Verdammt“, fluchte Kira leise und ging einen Schritt auf sie zu. Er war zu weit gegangen, das sah er ein, aber ihr diesen Fehler laut einzugestehen und sich bei ihr zu entschuldigen, konnte er nicht.

„Ich wünschte... Miro wäre noch hier...“, murmelte sie.

Kira war sich erst nicht sicher, ob er sie richtig verstanden hatte, da sie so leise sprach. Die Bedeutung ihrer Worte ließ ihn innehalten. Miro. Es ging immer nur um Miro. Natürlich wünschte er sich auch, dass sein Bruder am Leben war, aber das war nicht der Punkt. Itoe wünschte sich Miro zurück. Ihn, Kira, brauchte und wollte sie nicht. Dieser Gedanke ließ seine Wut neu entfachen. Miro war schon immer der Liebling gewesen. In seiner Familie stand er schon immer an erster Stelle. Er konnte verstehen, dass jeder Miro mit Samthandschuhen anfasste, aufgrund seiner Krankheit. Aber es war trotzdem nicht fair. War er denn nicht liebenswert? Musste er um jedes Stückchen Zuneigung kämpfen?

Innerlich war Kira immer noch dieses kleine Kind, das sich verzweifelt nach Liebe und Glück sehnte. Umso vernichtender fühlten sich diese Worte aus ihrem Mund an. Und nun... sollte sie sich genauso scheiße fühlen.

„Ich habe genug davon... genug von Miro und genug von dir! Lebe ruhig weiter in deiner Erinnerung an den heiligen Miro. - Ein Dreck war er! Hat rumgehurt, sich zugedröhnt, gesoffen. Und so einen liebst du? Du kanntest ihn überhaupt nicht, du dummes Ding! Aber behalte dir bloß deine falschen Erinnerungen! Ich bin fertig mit dir! Mit euch beiden!“

Kira wandte sich von ihr ab und verließ sein Büro mit einem lauten Türknall. Sein Schädel pochte, sein Puls raste. Seine Worte hallten ihm immer noch nach. Er wusste schon jetzt, dass er spätestens morgen alles bereuen würde, was er zu ihr gesagt hatte. Doch leider war das die Wahrheit über seinen Bruder. Es war an der Zeit, dass auch Itoe begriff, wer Miro wirklich war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (9)

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Von:  HazelEyedButterfly
2015-12-11T11:51:04+00:00 11.12.2015 12:51
Hui.
Muss sagen ein sehr gutes Kapitel aber auch heftig.
So viele Gefühle aufeinmal....ich verstehe Itoe natürlich ...aber auch Kiras Sicht ist verständlich.
Hach.
Kompliziert die beiden...die sollen einfach in Ruhe einander zuhören, ohne gleich auszurasten oder das letzte Wort haben zu wollen XD....

Sie tun mir beide Weh...und der Schlag ins Gesicht hat Yagami verdient LOL
Ren hatte ihn doch gewarnt
Bin gespannt wie es weiter geht....

Mach weiter XD
Deine Hazel
Antwort von:  May_Be
12.12.2015 07:15
Hey liebe Hazel,

Vielen Dank dass du wieder einmal vorbei geschaut hast :D

Dieses Kapi hat es echt in sich ^^" geb ich zu. Aber wer hat gesagt, dass eine auferzwungene Ehe einfach sein wird? XD
Das nächste Kapitel dreht sich um Itoe und... nein, nicht Kira ;) jemand anderes wird noch eine Rolle spielen, aber ich verrate an dieser Stelle noch nicht, wer XD
Aber diese Person mögt ihr, glaub ich ♡
Ok, ich hör lieber auf, sonst verrate ich es am Ende doch :D

Küsschen, deine May_Be
Antwort von:  HazelEyedButterfly
12.12.2015 11:19
Oops in meinem Kommi meinte ich natürlich das beide mir Leid tun nicht Weh o.o x)

Bin ja echt gespannt wies weiter geht :3
Von:  Soralai
2015-12-10T16:13:53+00:00 10.12.2015 17:13
Huhu,
Mein Komi zum Kapitel "hmpf..."
Es ist süß das er sich sorgen macht, aber er sollte definitiv einige Leutchen aussortieren! Und überhaupt wieso macht sie mit? (Nein, Alkohol ist keine Ausrede.... so... *grummel*)
Wie soll das denn gekittet werden?
*Seufz!*

Aber! Eins hat sie gelernt, man sollte keinen Tequila trinken! Niemals!

Gruß Sora
Ps.: ich hoffe du weißt ich schau nun täglich rein um zu sehen wie du das retten willst <. <
Antwort von:  May_Be
10.12.2015 21:02
Hey danke für deinen Kommi ^^

Ich weiß nicht, ob mans rauslesen kann, aber zu Kiras engen Freunden gehören eher Ren, Katsuya und Jiro :) Yagami ist eher ein Bekannter, vielleicht ist er eher Rens oder Katsuyas Freund^^" ich werde es vielleicht im laufe der Geschichte noch klarstellen hehe

Kann verstehen, dass dieses Kapitel nicht so toll ist XD
Zu Itoe... vielleicht wars ihr in dem Moment einfach egal, was passiert. Alkohol ist keine Ausrede, ich weiß, aber vielleicht fühlt sie sich von Kira so hintergangen dass sie es mit Absicht tut, auch wenn es ihr in dem Augenblick nicht bewusst ist XD ich weiß, klingt verwirrend hehe

Ich versuche es zu retten XD

Liebe grüße :*
Antwort von:  Soralai
11.12.2015 13:01
Er kennt ihn das reicht mir um zu schimpfen ;)

Ja vermutlich ist ein selbstzerstörerischer Racheakt in einem Moment der völligen Sinnlosigkeit ... folglich nein klingt nicht verwirrend - ich mags trotzdem nicht so ^^``

Und ich hoffe du findest hübschere Lösungen als ich in solchen Fällen. *Unschuldig Pfeif und nen Charakter in ner "hat sich erledigt box" verstau* <. < >.> <.<

Liebe Grüße
Sora :)
Von:  Tasha88
2015-12-08T15:31:09+00:00 08.12.2015 16:31
Hallo meine Liebe,

hab gerade troublemaker auf den Ohren, musste dabei an dich denken und dann ist mir wieder eingefallen, dass ich heute morgen doch ein neues kapi von dir gelesen habe :D

Und da muss ich jetzt natürlich noch meinen Senf dazu geben ;)

Wo fange ich an?

Eigentlich fand ich es ganz schön, dass sie Itoe mitgenommen haben... Und dann die Aussage, dass sie das nur gemacht haben, weil Kira wollte, dass sie nach ihr Ausschau halten ... Toll -.- (Ironie kann man sicher auch lesen...)

Und dann dieser Depp... Nein, nicht Kira, zu dem komm ich noch, ich meinte Yagami... Küsst sie einfach... Die Prügel hat er verdient (vllt sollte Kira sich neue Freunde suchen)

Und jetzt zu dem Vollidioten, happy, jetzt meine ich Kira. Eigentlich ja so.. So *-* wie er reagiert, als Itoe geküsst wird...
Und dann kommt der Neandertaler...

Und jetzt bin ich fertig... Arme Itoe und armer Kira...
Ich konnte jetzt so Sprüche wie: du bist gemein, lass sie nicht zu sehr leiden und bitte lass alles bald wieder gut werden... Ich denke, du erkennst die Zitate ;)

Hab mich sehr über das kapi gefreut ^^
Hoffentlich geht es auch bald wieder weiter ;)

Liebe grüße
Tasha
Antwort von:  May_Be
08.12.2015 16:51
Hey Tasha :D

Boah was fürn langer Kommi *-* hab mich riesig gefreut, wie ein Honigkuchenpferd XD

Ich hab ihn grad in der Bahm gelesen und musste mir einen abgrinsen XD "der Neandertaler" haha find ich gut :D

Haha ja ich leide nun mal immer mehr bei den Geschichten von anderen mit als bei meinen eigenen, deswegen wirst du dieses rumgeheule öfters von mir lesen ^^"

Bin schon am nächsten kapitel dran :D ich wäre aber so gern genau so schnell wie du *.*

Liebe grüße :*
Antwort von:  Tasha88
08.12.2015 18:33
hihi ^^
als ich es abgeschickt habe dachte ich auch, wow... o.O hab doch mehr geschrieben, als es auf der kleinen Fläche im Handy aussah ^^

du weißt, dass Grinsen in der Öffentlichkeit auf andere Menschen verstörend wirken kann???
aber vielleicht hast du dann plötzlich ganz viel Platz für dich selber ;)

und ich lese dein Rumgeheule gerne ^^freue mich immer drüber ;p

und ich hab wirklich schon viel fertig geschrieben - schon 58 Kapis.. .und hab erst im Juli damit angefangen o.O ... manchmal läuft es einfach ^^

schreib schneller ^^
aber ganz ohne DRUCK ^^

:*
Antwort von:  May_Be
10.12.2015 09:50
Ohhh du bist so cute XD freut mich, dass du dir mein Gejammer gerne anhörst muhahaha

Ja, ich glaub die Frau mir gegenüber dachte, ich spinne :D aber was solls, seh sie eh nie wieder ^^

Ich mach mir selbst druck -.- will ja nicht zu lange Abstände zwischen Kapiteln haben aber meine anderen Geschichten bleiben grad auf der strecke o.o dabei hab ich noch so viele ideen :D die dich hoffentlich umhauen haha

Du bist halt ein genie! 58 kapis o.o krank XD oder genial ;)

:*
Antwort von:  Tasha88
10.12.2015 11:01
Behaupten wir doch mal, ein bisschen von beidem...

Ich kann dich aber verstehen... Hab meine andere offene ff auch eingeschränkt, da ich erst wetten dass fertig bekommen möchte und mein Kopf so mit dieser Geschichte voll ist, dass nichts anderes mehr Platz hat.

Und ich freue mich auf die Fortsetzung. Aber wehe, kurz oder Itoe fangen was mit jemand anderem an und wehe die kommen innerhalb der nächsten 2 Kapis nicht zusammen XD ich wollte es auch mal ausprobieren... Mal schauen, ob es funktioniert
Antwort von:  May_Be
10.12.2015 16:50
Haha oha wie gemein meine eigene taktik gegen mich zu verwenden XD aber wenns zu schnell zu ende geht, haben wir ja alle nichts von :p *hust*
Antwort von:  Soralai
10.12.2015 17:17
Ich habe eben gegrinst und ne Schnute gezogen... hat mir keinen freien Platz gegenüber verschafft.... was sagt das jetzt über den kerl der mir gegenüber sitzt aus? o.O
Antwort von:  Tasha88
10.12.2015 17:51
XD dass deine schnute nicht furchteinflößend genug ist... Oder dass du ihm trotzdem gefällst oder... Und das würde mir jetzt Angst machen, er hat einen Knacks... Und dann solltest du Rennen XD


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