Beautiful Liars von Loomis ([AU: Petyr/Sansa]) ================================================================================ Kapitel 1: Hurricane -------------------- Sansa Die Lunge brannte unangenehm und die Muskeln zogen, drohten zu zerreißen, wenn sie nur noch einen weiteren Schritt machte. Zarter Nebel umhüllte sie und die Sonne zeigte sich langsam im Horizont, färbte den Himmel in angenehm warme Orange- und Rottöne, während sie sich den Weg zurück bahnte. Das Mädchen war viel zu wenig gelaufen und sie wusste, dass sie die Tage zuvor besser gewesen war. Doch die Ereignisse in der vergangenen Zeit hatten sowohl an Nerven, als auch an ihrer Kraft gezogen und das zeigte sich Tag für Tag immer mehr. Schwer atmend verlangsamte sie ihren Schritt und blieb schlussendlich komplett stehen, nur um ihre Hände auf ihre Oberschenkel zu legen, sich vorzubeugen und die Augen zu schließen. Sie spürte, wie das Herz gegen ihre Brust hämmerte, damit drohte ihren Brustkorb zu sprängen. Feine rote Strähnen, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, legten sich über ihr Gesicht und sie versuchte ihren Atem zu kontrollieren, sonst würde sie kotzen. Das wusste sie. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass sie in dieser Zeit, seit dem sich ihr Weg hier her verloren hatte, ihren Mageninhalt von jetzt auf gleich verlor. Noch einmal atmete sie tief durch und richtete sich gequält wieder auf, griff nach ihrem handlichen iPod, um die Musik zu wechseln, die sie ein letztes Mal einspornen sollte und sie rannte weiter. Oft genug hatte sie an Aufgeben gedacht, doch sie würde es nicht zu lassen. Immerwieder rief sie sich in Erinnerung, wer sie war und woher sie kam. In ihrer Familie gab es keine Aufgeber und genau so sollte sie es auch beibehalten. Wenige Minuten verstrichen, als sie das große Haus erkannte. Es war eine Villa, die durch ihre weiße Fassade zwischen dem Grün der Bäume herausstach. Das Dach war dunkel und die Fenster waren groß, ließen viel Licht in das Haus eindringen, welches auch mit der hellen Sonne stets dunkel wirkt. Alles wirkte dunkel, seit dem sich so vieles für sie geändert hatte. Sie erreichte die Einfahrt und ging an die Security vorbei, ohne diesen Männern Beachtung zu schenken, trat an die große Türe und ließ sie sich von einem Angestellten öffnen. „Ich hoffe ihr habt einen angenehmen Lauf gehabt, Miss Stark.“, lächelte sie der Mann mittleren Alters an und trat zur Seite. „So angenehm, wie Sport es nun mal sein kann.“, erwiderte Sansa höflich und trat in das Haus, schaltete dabei ihre Musik aus. Sie war verschwitzt und fühlte sich ekelig und ihr war klar, dass sie unverzüglich unter die Dusche musste, bevor er die Villa betrat und sie so sah. „Liebste!“ Schnelle Schritte waren an den Stufen der Treppen zu hören, wobei Sansa hinauf sah und sofort sanft lächeln musste. Ein brünettes Mädchen, welches gerade einmal zwei Jahre älter als Sansa war, lief die Stufen hinab. Ihre langen braunen Haare waren frisch gekämmt und bewegten sich in der Hektik des Mädchens. „Guten Morgen.“ Unten angekommen umarmte sie Sansa gleich, wobei diese ein wenig unbeholfen lächelte: „Vorsicht, ich bin total verschwitzt.“ Margaery lachte und wenn sie lachte, dann erhellten sich alle Gesichter im Raum. Ihr Lachen klang wie ein schöner Singvogel, der mit seinem Gesang jeden ansteckte. „Das macht doch nichts! Es erinnert mich nur daran, wie fleißig du bist und wie faul ich.“ Sie legte ihre Hände auf die Schultern der Rothaarigen, musterte sie und zog sie anschließend in die Küche. „Wie war es gestern Abend noch?“, fragte Sansa höflich nach, während sie ihre Freundin in die Küche folgte. „Es war ganz in Ordnung.“, erzählte Margaery und drehte sich zu Sansa, um rückwerts zur Küchentheke zu laufen. „Es wäre viel schöner gewesen, wärst du mit gekommen.“ Manchmal fragte sich Sansa, wie jemand wie sie mit jemanden wie Margaery überhaupt befreundet sein konnte. Sie war ein Sonnenschein und immer so locker. Egal, was sie machte, alles schien ihr so einfach aus der Hand zu gehen. Ganz anders, als bei Sansa, die selbst für jeden Schritt, den sie tätigte, große Überwindung aufbringen musste. Sie war der Sonnenschein, der von keiner Regenwolke verdeckt werden konnte. Nicht einmal von einer, wie es Sansa war. „Kaffee?“ Sansa nickte leicht und wickelte die Kopfhörer um ihren iPod: „Ja, bitte.“ Kurz kaute sie auf ihre Unterlippe herum, ehe sie aufblickte. „Clubs und Partys sind irgendwie nicht so meines.“, erklärte sie und sah die Brünette entschuldigend an, die ihr aber einen vielsagenden Blick zu warf. Die Rothaarige hatte wirklich ein schlechtes Gewissen, weil sie ihrer Freundin stets absagte. Doch an Aufgaben dachte Margaery nicht, auch wenn sie mittlerweile aufgehört hatte, jedes Mal zu fragen. Stattdessen fragte sie nur noch provisorisch, als hätte sie einen kleinen Funken Hoffnung, dass Sansa doch noch mal zum Feiern mitkam. Doch seit dem ihr Vater gestorben war, gab es für sie keinen Grund mehr, in solch einen Club zu gehen, vor allem da Sansa genau wusste, dass es ihrem Vater nie wirklich behagt hatte, wenn sie in einen Club ging. Nie hatte er gewollt, dass sich seine Tochter der Masse so derartig beugte, doch Sansa war anderer Meinung gewesen. Sie war jung und musste Menschen kennenlernen und somit hatte sie sich nie für die Meinung ihres Vaters interessiert. Ihr großer Bruder hatte immerhin auch gehen dürfen. Doch durch den Tod ihres Vaters hatte sich so einiges geändert. Margaery kam auf Sansa zu, legte ihre beiden weichen Hände auf die Schultern der Rothaarigen und sah sie eindringlich an, ehe sie sanft und doch bestimmend zu sprechen begann: „Irgendwann musst du aber raus und anfangen zu leben. Sonst vergehst du noch.“ Sie strich ihr eine Strähne hinter, die sich von ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte, bevor sie sich wieder der Kaffeemaschine zu wandte. Sansa hatte ein schlechtes Gewissen. Margaery hatte Recht und doch wusste sie, dass alles nichts bringen würde. Egal was sie tat, sie tat das Falsche. Lieber wechselte sie das Thema, weshalb sie sich leise räusperte. „Wann hast du mal wieder einen Auftrag?“, fragte sie nach und entschied, sich auf den Barhocker zu setzen. Zumindest bis sie den Kaffee getrunken hatte, danach konnte sie sich frisch machen. Sofort begann die Brünette zu strahlen und drehte sich breit grinsend zu Sansa. „Morgen! Ein Fotoshooting und eigentlich habe ich es dir noch nicht sagen wollen oder besser gesagt, es hätte die Joffrey sagen sollen. Du auch.“ Auf Sansas Lippen bildete sich ein schwaches Lächeln. „Das klingt gut, um was geht es denn?“ Margaery zuckte leicht mit ihren Schultern. „Das habe ich nicht gesagt bekommen. Aber es wird toll. Endlich wieder ein Shooting mit dir zusammen!“ Etwas, worauf sich Sansa wirklich freuen konnte. Mit Margaery zusammen, war alles nur halb so schlimm. Man könnte meinen, es wäre erträglich. „Ich bin mal gespannt.“, erwiderte sie und nahm dankend die Tasse entgegen, die sie endlich auf die Theke gestellt bekam. Ohne Milch und ohne Zucker, anders durften sie ihn nicht trinken. Das warme Wasser prasselte über ihre blasse Haut und entspannte ihre Muskeln, die vom Sport noch spürbar waren. Sie fragte sich, wie sie nur so dumm sein konnte, um diesem Praktikum zuzustimmen. Sie hätte auf ihren Vater hören sollen, der zu ihr gesagt hatte, sie solle es sich gut überlegen, doch sie hatte nur die guten Seiten gesehen. Wer würde auch schon das Angebot der Baratheons und Lennisters abschlagen, wenn sie einem ein Praktikum in ihrem Modelabel anboten? Und dann war ihr Vater auch noch im Vorstand, die so gesehene rechte Hand des Inhabers Robert Baratheon. Einst der beste Freund ihres Vaters und nun tot, genau wie ihr Vater. Der Erbe war ein Rotzlöffel, der den perfekterzogenen Sohn mimen konnte, den jeder haben wollte. Sein Aussehen, sein Charme. Er war so galant und perfekt gewesen, doch seit dem sein Vater tot war, zeigte er sein wahres Gesicht. In ihm steckte mehr ein Lennister, als ein Baratheon. Wie konnte sie nur so dumm sein und mit ihn zusammen kommen? Und nun wurde sie regelrecht dazu gezwungen, mit ihm zusammen zu sein. Sanft schäumte sie ihren Körper ein, wobei sie den blauen Fleck auf der Innenseite ihres Oberarmes sehen konnte. Der Abdruck des Daumen ihres Freundes Joffrey Baratheon. Sie war nicht glücklich und musste dennoch so tun, als wäre sie es. Wer wusste, was sonst mit ihr passierte? Sie hatte einen angesehen Posten als Freundin des Erbens und vor allen wurde sie als Teilhaberin gezeigt. Dabei war sie nur ein Model. Eine dumme Marionette, mit der man alles tun konnte und schön genug zum präsentieren war. Sie drehte das Wasser ab und stieg aus der warmen Dusche raus, trocknete sich und cremte ihre Haut ein. Sansa ließ sich Zeit, denn sie befürchtete, dass er bereits auf sie wartete. Sie wusste es nicht, aber die Wahrscheinlichkeit war hoch. Der Föhn sorgte dafür, dass auch ihre glänzend roten Haare wieder trocken waren und zu guter letzte betrachtete sie sich im Spiegel. Obwohl Sansa sich damals für schön gehalten hatte, sah sie nur noch eine widerliche Person im Spiegel. Leichte Augenringe hatten sich unter ihre Augen gebildet, sie war so schrecklich dünn geworden. Wieder hätte sie kotzen können. Die Augenringe überschminkte sie, genauso wie die blauen Flecke an ihrem Körper. Anschließend zog sie sich in ihrem Zimmer um, wobei sie schon Schritte vernehmen konnte, die sich ihrer Zimmertüre näherten. Es waren nicht die eleganten Schritte, die Margaery von sich gab. Es waren bestimmende Schritte. Schritte, die jedes kleine Kind unter die Decke kriechen ließ. „Warum brauchst du so lange?“ Während sie sich im Spiegel betrachtete, konnte sie Joffrey in diesen erkennen. Ein falsches Lächeln zog sich über ihr Gesicht. „Ich will doch hübsch für meinen Freund sein.“, gab sie keck von sich und drehte sich einmal, um sie genau betrachten zu können. Er musterte sie von oben bis unten und trat näher. „Nichts besonderes.“, kommentierte er, was verletzend war, obwohl er recht hatte. Sie trug ein gewöhnliches Top und eine enge dunkelblaue Röhrenjeans. Schon immer hatte sie hübsch für einen Freund sein wollen, doch es sollte keine Rolle spielen, ob sie dabei ein elegantes Kleid oder Joggingshose trug. Sie drehte sich zu Joffrey und musterte ihn. Sie verkniff sich die Frage, was ihn hier her führte. Seiner Familie gehörte diese Villa, worin sie ihre Models unterbrachten und sie hatten das Recht diese zu betreten, wann immer ihnen danach war. „Margaery braucht nie so lange im Bad.“, merkte er mit erhobenen Brauen an und Sansa verkniff sich den verletzten Blick. Sie wollte nicht mit der Brünetten verglichen werden. Sie war doch gänzlich anders als Sansa! „Wie auch immer.“, seufzte er nun und schob seine Hände locker in die Hosentasche. „Heute Abend sind wir zu einem Interview eingeladen worden. Du wirst dabei sein.“ Ein hochnäsiges Lächeln zeigte sich auf sein - seit Wochen schon - hässliches Gesicht. Sie nickte und lächelte. „Worum geht es denn?“, fragte sie und drehte sich zum Spiegel, um nach ihren Haaren zu sehen, doch sie wurde hart gepackt und umgedreht. „Kehr mir nicht den Rücken zu, wenn ich mit dir rede!“ Sansa zuckte zusammen und schluckte hart, nickte aber artig. „Tut... mir leid.“ Er seufzte und rollte mit den Augen, behielt ihren Arm aber immer noch fest im Griff. „Es geht um meinen und deinen Vater.“ Er hob den Blick und sah regelrecht auf sie herab. „Darüber, was für ein fetter fauler Idiot meiner war und was für ein dreckiger Lügner deiner.“ Er grinste gehässig, beinahe, als würde er sich darüber freuen, schlecht über seine und ihre Familie zu reden. Es stimmte sie immerzu traurig, wie sadistisch ihr Freund doch war. Das hatte sie früher nie gesehen. „Ich hoffe du gibst dort keinen Mist von dir, wenn ja dann-“ „Joffrey!“ Der junge Mann verstummte plötzlich und ließ Sansa los, während er sich hinter drehte. Eine wunderschöne Frau stand an der Tür, die nur so vor selbstbewusstsein strotzte. Sie hatte langes goldenes Haar, war groß gewachsen und ein Traum für jedes Männerauge. Es war Cersei Lennister. Die Mutter dieses hirnlosen Jungens. Sie trat in den Raum und musterte ihren Jungen. „Hände aus der Hosentasche, du bist kein Bauer.“, ermahnte sie ihn und musterte ihn. Joffrey seufzte trotzig und holte seine Hände aus den Hosentaschen heraus. „Ich bin mir sicher, dass Sansa genau weiß, was sie zu sagen hat, mein Junge. Wir müssen nun auch los, als wenn ich bitten dürfte...“ Sie deutete mit eine Handbewegung zur Tür und Joffreys Missmut war ihm bis zur Nasenspitze hin anzumerken. Doch er drehte sich ergeben zu Sansa und lächelte sie nun milder an. „Ich bin mir dessen bewusst, nicht war meine Liebste?“ Sansa würde am liebsten würgen, doch sie lächelte und nickte leicht. „Ich würde es nie wagen, dich zu enttäuschen, Liebster.“ Er nickte sachte, beugte sie zu ihr und drückte ihr einen rausanften Kuss auf die Lippen, ehe er sich abwandte und ihr Zimmer verließ. Zurück blieben Cersei und Sansa. Die Rothaarige sah auf die Lennister, doch wagte sie nichts zu sagen. Cersei war eine Person, die Sansa eigentlich vertraute und doch hatte sie gleichzeitig wahnsinnigen Respekt vor ihr. Sie war so autoritär und schien genau zu wissen, was in der Welt vor sich ging. Die Lennister ging auf die Rothaarige zu und legte ihre Hände auf ihre Schultern, strich sanft drüber. „Du wirst das hinkriegen. Ich bin mir sicher.“ Sie beugte sich hinab und hauchte Sansa einen Kuss auf die Stirn, bevor sie sich langsam abwandte. „Wir holen dich heute Abend ab. Deine Kleidung für das Interview lasse ich dir zu kommen.“ Sansa nickte und sah zu, wie die Mutter des Sadistens ebenfalls aus ihrem Zimmer ging. Sansa seufzte und setzte sich auf ihr Bett. Schlecht über ihren Vater zu reden lag ihr absolut nicht und doch musste sie dies tun... Wie immer. Kapitel 2: Wolf in sheep's clothing ----------------------------------- Sansa „Wasser?“ - „Ja, bitte.“ Sansa lächelte die junge Dame an, die sich ruhig an sie gewendet hatte und ihren Job nachging, bevor sie ihren Blick senkte und auf das Kleid sah, das ihr von Cersei geschickt wurde. Es war wunderschön und schlicht. Das Kleid zeigte keinerlei Ausschnitt, war weiß und ging ihr bis zu den Knien. Am Ende war es schwarz und zeigte ebenso schwarze Flecken über den Rand. Dazu hatte sie passende Schuhe bekommen und die Stylistin hatte ihr selbstverständlich Haare und Make-Up gemacht. Als Joffreys feste Freundin musste sie doch perfekt sein. Sie strich ihr Kleid glatt und überschlug ihre Beine, ehe sie hoch sah, als sie bemerkte, wie sich jemand neben sie setzte. Joffrey seufzte hart und strich über sein Kinn. „Wie lange dauert das noch?“, knurrte er genervt und Sansa sah auf ihren Freund. „Hab ein wenig Geduld, sie müssen auch noch alles vorbereiten.“, beruhigte sie ihn, wobei man besser sagen sollte, dass sie es versuchte. Sie erntete einen giftigen Blick und schon biss sie sich auf ihre Zunge. Sie hätte still bleiben sollen, sie war ja so dumm! „Joffrey, benimm dich. Wir haben Gäste.“ Sansa richtete ihren Blick auf Cersei, die sich neben ihren Sohn setzte und ihre Beine überschlug. „Du willst unserer Familie doch keine Schande bereiten.“, fügte eine weitere Person zu, die niemand geringeres als Jaime Lennister war. Der Bruder von Cersei und somit der Onkel von Joffrey. Auch Jamie sah wie ein typischer Lennister aus. Seine Haare waren golden blond und er hatte ein sehr charismatisches Lächeln, welches er gerade eben wieder zeigte. Im Gegensatz zu den anderen seiner Familie, schien er lockerer zu sein, was aber nicht bedeutete, dass er nicht genauso arrogant und überheblich war. So nett dieser Mann auch wirken mochte, Sansa mochte ihn nicht. „Kann es los gehen?“ Sie alle wandten ihre Blicke auf die hübsche Dame, die mit ihrem Kleid von Joffreys Modelabel ‘Stags’ glänzte. Der Mann, ihr Kollege, trug ein Anzug, der von ‘The Stags leos’ erschaffen wurde. Die Tochterfirma und das Unterlabel der Baratheons und doch deutlich mächtiger in ihren Finanzen, als es Stags jemals war. „Natürlich.“, hörte Sansa Joffrey sagen, während sie ihr bezaubernstes Lächeln aufsetzte und aufmerksam auf die junge Frau sah. Es wurden zu erst langweilige Fragen gestellt. Es ging um neue Kollektionen, neue Fotoshootings und Veranstaltungen. Nichts, wobei Sansa großartig zuhören wollte. Es war immer das Gleiche, das erzählt wurde und natürlich wurde auch geprahlt. In dieser Familie gab es so etwas wie Bescheidenheit nicht und das würde es wohl auch nie geben. „Es ist schön zu hören, dass dieses Label trotz dem Tod von Robert Baratheon, gut läuft.“ Sansa verkniff es sich, hart zu schlucken. Sie wusste genau, welches Thema nun angesprochen wurde, immerhin ist es gerade ein Monat her, als ihr Vater getötet wurde und das kurz nach Roberts Unfall. „Natürlich. Es muss weitergehen und es ist mir eine große Ehre, das Werk meines Mannes fortzuführen.“, erklärte Cersei so scheinheilig, dass Sansa am liebsten gewürgt hätte. „Es war ein harter Schlag, dass mein Vater so rechtzeitig von uns gegangen war, aber es kommt, wie es kommen muss. Ich werde mein bestes Geben, das Label zu führen. Ich habe gute Berater an meiner Seite, die mich für solch eine Aufgabe vorbereiten.“ Joffrey sprach äußerst höflich und zeigte sachte auf seine Mutter und seinem Onkel. Niemand wusste, dass dieser Bengel sich von niemanden etwas sagen ließ. „Und ich habe auch eine wundervolle Freundin an meiner Seite, die mir eine gute Stütze ist.“ Er legte seine Hand auf Sansas, welche gezwungen lächelte. Die junge Frau lächelte sanft und musterte das Pärchen, ehe ihr Blick ausschließlich auf Sansa ruhte. „Ihr Verlust war auch ein großer Schock. Ihr Vater, Eddard Stark, war gerade erst im Rat angenommen worden und war die Vertretung von Robert. Unser Beileid, Miss Stark.“ Sansa Lächeln erreichte ihre Augen nicht und dennoch schien es die anderen zu überzeugen. „Vielen Dank. Dass mein Vater von uns gegangen ist, ist wirklich ein Schock.“, stimmte sie nickend ein. Doch mehr wollte sie nicht sagen. Laut den Lennister hatte sich ihr Vater in Dinge eingemischt, die ihn nichts angingen. Er hatte Lügen über die Familie verbreiten wollen, die sich nicht gehörten und auch wenn Sansa nicht wusste, was genau los gewesen war, so war sie sich sicher, dass ihr Vater, der stets auf Gerechtigkeit und Moral gesetzt hatte, niemals so etwas tun würde. Allerdings durfte Sansa kein Wort davon verlieren, sonst würden noch mehr dieser blauen Flecken ihren Körper zieren. „Stimmt es denn, dass Ihr Vater die Lennister aus dem Geschäft drängen wollte, indem er Gerüchte in die Welt gesetzt hatte?“ Die Frage war hart, denn Sansa blieb nichts anderes übrig, als diese Frage mit einer Lüge zu beantworten, die sie dermaßen anwiderte. „Es stimmt.“, sagte sie und nickte leicht. „Ich kann mir zwar nicht erklären, wie mein Vater zu so einen Menschen geworden ist, aber es stimmt. Womöglich hat ihn der Tod seines besten Freundes sehr mitgenommen, wer weiß das schon.“ Das schnaufen ihres Freundes neben ihr war nicht zu überhören. „Eddard Stark war höchstwahrscheinlich selbst darauf aus, so einen Ruhm zu hegen, wie wir es tun.“ Joffrey lächelte und wenn man genauer hinsah, so erkannte man diesen puren Hass in diesem. „Seine gesamte Familie besteht aus gierigen Geier, die Robert nur hatten ausnutzen wollen.“ Es war wie ein Stich in die Brust. Das alles, was dieser blonde Bengel erzählte, stimmte nicht! Die Familie Stark hatte stets ihre Ruhe gewollt und darüberhinaus hatte ihr Vermögen ausgereicht, dass sie von niemanden abhängig waren. Auch nicht von den Baratheons geschweigedenn den Lennister. „Das sind nette Spekulationen...“ - „Keine Spekulationen, es ist die pure Wahrheit.“ Überheblich wie eh und je sah Joffrey auf die Reporterin herab, die nun nach einen Fluchtweg aus diesem Thema suchte. „Die Wahrheit.“, wiederholte sie und sah auf ihre Notizen. „Kommen wir nun zu der neuen Sommerkollektion...“ Sansa schaltete ab, griff nach ihrem Wasserglas, welches auf den Glastisch vor ihr stand. Das wurde zu viel für sie, doch sie dachte nicht an aufgeben. Sie musste es aushalten. Sansa hakte sich in Joffrey ein und sah lächelnd auf die Interviewerin, die sich bei jedem verabschiedete. „Es hat mich wirklich gefreut. Jaime bringt Sie noch zur Tür.“ Genannter nickte und setzte sich in Bewegung, bevor sich Cersei zu Sansa wandte. „Das hast du gut gemacht.“, sagte sie lächelnd und strich ihr über die Wange, ehe sie auf Joffrey sah, der dieser Aktion nur wenig Aufmerksamkeit schenkte. Stattdessen löste er sich lieber von Sansa und ging auf den Tisch zu, worauf Whiskey stand. Sie standen im Büro, das einst Robert gehört hatte und nun Joffrey. „Ist es nicht ein wenig zu früh, zum Trinken?“, fragte Cersei und hob streng ihre Augenbrauen in die Höhe. „Es ist nie zu früh.“, gab ihr Sohn nur dreist zurück und füllte ein Glas mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. „Vielleicht sollten Sie auf ihre Mutter hören, Mister Baratheon. Alkohol vernebelt einem die klare Sicht der Dinge, die man als Oberhaupt einer Firma braucht.“ Plötzlich herrschte Stille unter den Anwesenden und sie alle wandten ihren Blick zu der neuangetroffenen Person, die das Büro soeben betrat. Sansa starrte diesen Mann regelrecht an. Dieses verschmitzte Lächeln, die modern gestylten Haare und der gestutzte Bart, der das kecke Lächeln umrandete. Der Anzug war vom Feinsten, allerdings nicht von The stags leo. „Mister Baelish.“, begrüßte Cersei den Mann überrascht und musterte ihn. „Ich dachte Sie wären noch in London bei meinem Vater.“ Sie zog ihre Brauen in die Höhe und musterte den Mann, der weiter in das Büro einschritt. „Ich bin gestern Abend zurückgekehrt und habe Neuigkeiten für Sie. Aber das hat Zeit.“ Er machte eine Andeutung, dass er wieder gehen würde, sollte er gerade unpassend kommen. Doch statt auf eine Antwort der blonden Frau abzuwarten, fiel sein Blick auf Sansa. Mister Baelish war für die Finanzen bei Stags zuständig. Sowohl für die Hauptfirma, als auch für die Tochtergesellschaften. Er hatte alles im Blick und kannte sich gut damit aus. Als sie noch eine Praktikantin gewesen war, hatte sie auch für ein paar Tage in seiner Abteilung verweilen dürfen, doch hatte sie diesen Mann nur selten zu Gesicht bekommen. Er war ein vielbeschäftigter Mann, der von jedermann gebraucht wurde, so kam es ihr jedenfalls vor. Trotzdem behagte ihr der Mann nicht, der zudem auch in Kontakt zu ihrem Vater stand, bevor jener getötet wurde. Dieser jedoch war sehr vorsichtig und spärlich gewesen, jedenfalls schien ihr Vater Mister Baelish misstraut zu haben. „Miss Stark.“ Er ging langsam auf sie zu, wobei Sansa am liebsten zurück gewichen wäre. Doch es war unhöflich und so lächelte sie sachte und blieb stehen, auch als er direkt vor ihr zum Stehen kam. „Als ich von Ihrem Verlust gehört habe, war ich erschüttert. Mein herzliches Beileid, Miss.“ Er nahm ihr Hand und strich mit dem Daumen darüber. „Solltet Ihr irgendwas benötigen, ich bin für euch da.“ Er lächelte, doch das Lächeln erschien ihr so unglaublich falsch. „Vielen Dank. Ich weiß Ihr Angebot zu schätzen.“, erwiderte sie das, was ihr beigebracht wurde und sah hinauf, versuchte mit Anstrengung seinem Blick stand zu halten. Das Räuspern von Cersei rettete sie aus ihrer misslichen Lage und Mister Baelish ließ die Hand wieder sinken, wandte sich leicht von Sansa ab. „Wir treffen uns in 15 Minuten im Konferenzraum. Ich werde den anderen noch Bescheid geben.“, erklärte sie und sah Mister Baelish dabei streng an, ehe sie sich an Joffrey wandte. „Du bringst Sansa nach Hause.“ Der Blonde ließ das Glas wütend sinken. „Sie kann auch alleine nach Hause, ich will bei der Besprechung dabei sein!“ Seine Augen funkelten wütend, doch Cersei ließ sich davon nur wenig beeindrucken. „Ihre Mutter wird Ihnen die Neuigkeiten persönlich überbringen. Bringen Sie erst Ihre Gefährtin nach Hause.“ Mister Baelish sprach sanft und gleichzeitig mit einen Ausdruck in der Stimme, der zeigte, dass er sich nicht kleinkriegen ließ. „Wenn’s sein muss...“ Geräuschvoll stellte Joffrey das Glas auf den Tisch und ging an die drei Anwesenden vorbei, ohne dabei jemanden eines Blickes zu würdigen. Nicht einmal Sansa. „Es war schön, Sie wieder zu sehen, Miss.“ Sansa blickte von Joffrey ab und sah direkt in das mysteriöse Gesicht des Dunkelhaarigen. „Die Freude ist ganz meinerseits.“ Sie lächelte und ging an Mister Baelish vorbei, als dieser ein Schritt nach hinten machte, damit sie vorbei kam. „Es war die Hölle...“ Sansa sah auf Margaery, die eines von Sansas Kissen fest an ihr Körper gepresst hatte. „Ich werde immer daran erinnert, dass mein Vater gestorben ist. Es hört nie auf.“ Sie seufzte und hatte sich noch gut unter Kontrolle. Normalerweise würden ihre Tränen längst ungehemmt hinunter laufen, doch sie hatte genug geweint. So viel, dass sie eigentlich gar nicht mehr weinen könnte. „Das muss wirklich schlimm sein.“, stellte Margaery fest und sah traurig auf Sansa. Ob man es glauben wollte oder nicht, diese bemitleidenswerte Blicke taten Sansa gut. Bislang hatte sie meistens nur verachtende Blicke zu spüren bekommen. Blicke, die mehr als tausend Worte sprachen. Niemand wollte Sansa zu nahe kommen, denn keiner wollte mit irgendetwas konfrontiert werden oder gar wegen dem Rotschopf den Job verlieren. Alle hatten sie Angst, dass Sansa - wie ihr Vater - Gerüchte verbreiten wollte. Alle hielten an das Sprichwort ‘Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm’ fest, gleichgültig, ob das stimmen mochte oder nicht. Mal davon ganz abgesehen, dass ihr Vater keinerlei Gerüchte verbreitet hatte! Sansa spürte die zarte Hand ihrer Freundin auf ihre Schulter, die sie sanft drückte. „Hat Joffrey sich um dich gekümmert? Weiß er, dass es dir noch schwer fällt, über deinen Vater zu sprechen?“ Sansa schluckte hart. Joffrey war es doch scheißegal, wie es ihr ging, ob sie noch immer trauerte. Wenn es nach ihm ginge, dürfte sie überhaupt nicht trauern, im Gegenteil. Er empfand Neds Tod wohl noch als Erleichterung. Ein glücklicher Schicksalschlag zu seinem Gunsten. Er übersah gänzlich, dass es Menschen gab, die um ihren geliebten Vater und geehrten Ehemann trauerten, die ganze Familie Stark wurde bei den Lennister komplett ausgeblendet. Nur Joffrey dachte an sie und er sprach beinahe täglich seinen Hass aus. Auch gegen Mitglieder, die er noch nicht einmal richtig kannte wie Robb oder gar Bran. „Ich will ihm nicht zur Last fallen. Er hat genug um die Ohren, da soll er sich nicht noch mein Gemecker anhören.“ Vertröstend sah Sansa auf Margaery, die sie unsicher musterte und anschließend ergeben seufzte. „Das musst du wissen.“ Schulternzuckend sah sie sich provisorisch im Zimmer um, bevor sich plötzlich ein breites Grinsen auf ihre Lippen bildete. „Denkst du, er will dich irgendwann heiraten?“, fragte sie nun nach und Sansas Augen weiteten sich. „Maggie!“ Die Brünette lachte und lehnte sich hinter gegen die Wand. „Ja, was denn? Das wäre doch passend. Ihr seid so ein süßes Pärchen!“, schwärmte sie und klatschte in die Hände, wobei Sansa die Tyrell sachte schubste. „Hör auf damit!“, gab sie gequält aber schmunzelnd von sich. Alleine beim Gedanken, den Blonden zu heiraten, wurde ihr schlecht. Doch das musste Margaery nicht wissen. „Übrigens... heute war Mister Baelish anwesend. Ich finde den Kerl echt komisch.“, versuchte sie das Thema zu wechseln, wobei dieses nun auch kein Allzuschönes war. Jedenfalls empfand sie nicht so, dass man großartig über Baelish reden sollte. Maggie zog ihre Brauen in die Höhe, ehe sie amüsiert schnaufte. „Der Kerl ist wirklich komisch. Mir kommt es so vor, als würde er über alles und jeden hier Bescheid wissen. Und dann auch noch sein Schmunzeln, als würde er jeden verspotten.“, erzählte Margaery und strich mit ihren Fingern um ihre Lippen, um einen unsichtbaren Bart darauf zu malen. „Weiß er denn wirklich so viel, wie er tut?“ Das würde Sansa interessieren. Bislang hatte Sansa nun wirklich nicht durchgeblickt. Sie war froh, dass sie überhaupt wusste, wer welchen Stand hatte, wer wo arbeitete und wer welche Aufgabengebiete hatte. Margaery zuckte leicht mit den Schultern. „Man sagt, dass er jemand ist der gerne mit Menschen spielt. Er wettet gerne und zieht anderen das Geld aus der Tasche. Aber wirklich ernst nehmen tu ich ihn nicht.“ Sie zuckte leicht mit ihren Schultern und grinste anschließend. „Er tut doch nur so obergefährlich und in Wahrheit hat er nichts zu melden. Das haben die Lennister.“ Sie zog ihre Brauen in die Höhe und grinste noch breiter. Sansa lächelte. Ja, die Lennister hatten so einiges zu sagen... im Gegensatz zu allen anderen. Kapitel 3: Twisted ------------------ Petyr „Ich hoffe Sie hatten einen angenehmen Flug, Mister Baelish.“ Dieses geheuchelte Lächeln auf den Lippen des Kahlköpfigen erhellte doch jedes Mal die Laune des Dunkelhaarigen. „Natürlich hatte ich einen angenehmen Flug, Varys.“ Er legte seinen Kopf sachte zur Seite und musterte ihn. „Ich hoffe ich habe nicht all zu viel verpasst.“ Eine lockere Anspielung, die mehr als verständlich für Varys war, der leicht mit den Achseln zuckte. Varys war vollkommen für die Presse zuständig und seltsamerweise flüsterten ihm viele Menschen viele Dinge zu. Petyr wünschte sich, er könne jeden einzelnen der kleinen Spinnen - wie sie Varys so gerne nannte - ausfindig machen. Es könnte der Koch sein, die Putzfrau, vielleicht ja sogar der Bäcker von nebenan. Das Räuspern Cerseis ließ die beiden Männer verstummen. „Können wir nun anfangen?“ Sie sah streng auf die beiden, ehe sie auf den Tisch deutete, an den sich nun alle Anwesenden setzten. „Wir sind noch nicht vollzählig.“, stellte Petyr mit einem kurzen Blick über den Tisch fest, bevor er auf die Vorstandsvorsitzende blickte. „Tyrion ist verhindert und Jaime kümmert sich um den Auftrag für unsere Models, der morgen laufen muss.“, erklärte sie knapp und lehnte sich in ihrem Stuhl am Tischende hinter. „Sie wollten uns doch etwas mitteilen, Mister Baelish. Gibt es Neuigkeiten von meinem Vater?“ Sie legte ihre Stirn in Falten und sah auffordernd auf Kleinfinger, welcher sich nun räusperte. „Ihr Vater hat in London alles unter Kontrolle.“, begann er und schmunzelte leicht. Für die Lennister war das sicherlich keine allzugroße Neuigkeit. Wohl eher eine Selbstverständlichkeit. „Allerdings habe ich gehört, dass sowohl Stannis als auch Renly ein gewisses Misstrauen gegen die Familie Lennister hegen und...“ - „Das ist nichts Neues! Renly und Stannis waren schon immer besessen von den Posten ihres Bruders und nun meines Sohnes. Aber sie sind nicht im Testament erwähnt worden, sondern Joffrey.“ Petyr ärgerte es, dass Cersei sich die Freiheit nahm, ihm ins Wort zu fallen, doch er schluckte es runter und lächelte stattdessen höflich. „Natürlich, das wissen wir alle.“ Sein wissender Blick durchbohrte die Mutter des Geschäftsführers, ehe er fortfuhr: „Sie hegen auch ein Misstrauen gegenüber dem Testament.“ Es war eine indirekte Warnung, ein durchbohrender Satz, der dazu gemacht war in die schwarze Seele der Blonden inzudringen. Und auch wenn die Löwenmutter es sich nicht anmerken lassen wollte, so bemerkte Petyr, wie sie leicht unbehaglich hinter wich. „Das sind doch alles nur Gerüchte. Wer schenkt Gerüchte denn schon Glauben? Renly und Stannis können absolut nichts tun, außer sich zum Gespött zu machen.“, mischte sich Varys ein, um die Mutter zu beruhigen, doch sowohl Varys als auch Petyr wussten, dass Stannis und Renly gefährlich werden konnten, als die meisten sie einschätzten. Obwohl sie seit Roberts Heirat mit Cersei kaum etwas mit ihrem Bruder zu tun hatten, so hatten sie ihn gekannt. Und das besser, als wohl jeder anderer zuvor. Nun war es an Petyr, der sich räusperte, um die Aufmerksamkeit beider zu bekommen. „Nun ja, beweisen können sie nichts. Doch es werden wohl oder übel gewisse Herausforderungen auf Joffrey zukommen. Ich hoffe er ist gewachsen genug, diese Herausforderungen zu bewältigen.“ Er runzelte seine Stirn und musterte Cersei, die Petyr nicht aus den Augen ließ. „Natürlich ist er das. Er ist ein Lennister und wir lassen uns nicht von irgendwelchen Schmarotzern irgendetwas anhaben.“ Sie stand auf und trat auf das Fenster zu, um auf die Straßen Manchester hinab zu sehen. „Sollen Renly und Stannis doch vorbei schauen. Finden werden sie nichts. Und sie sollen Joffrey lieber in Ruhe lassen.“ Sie klang bedrohlich und sie wussten, dass Cersei tatsächlich bedrohlich war. Nichts, das sie sagte, hatte etwas mit leeren Versprechungen zu tun und doch war sie zu unvorsichtig. Sie war Mutter und sie ließ sich viel zu sehr von Gefühlen leiten. Das machte sie unberechenbar aber gleichzeitig auch durchschaubar. Petyr schwieg und beobachtete die Löwenmutter, die sich langsam wieder zu Petyr und Varys drehte. „Haltet mich auf den Laufenden. Varys... Sagen Sie ihren Spinnen, die sollen ein Auge auf Renly und Stannis werfen.“, befahl sie schroff und sah Varys vollkommen ernst an. „Die Spinnen tun, was immer sie wollen.“ - „Sie sollen tun, was ich will! Mister Baelish, ich will alles wissen, was sie in Erfahrung bringen. Alles! Und das unverzüglich.“ Petyr nickte, wissend, dass er diesem Befehl sowieso keine Folge leistete. „Das werde ich machen.“, log er ihr vor und lächelte selig. „Sie dürfen jetzt gehen.“, sagte sie wütend und sowohl Varys als auch Petyr standen auf und verließen den Konferenzraum. Nebeneinander schlenderten sie den Flur entlang, der so säuberlich rein zu sein schien, dass man vom Boden essen könnte. Die Gerüchte und Intrigen machten diesen allerdings dreckig und verschmutzten die gesamte Firma. „Sie haben ihr nicht alles erzählt.“, gab Varys von sich und lächelte wissend, wobei Petyr amüsiert schnaufte. „Ich habe alles erzählt, was in ihrem Interesse stehen könnte.“ Sie blieben stehen und Petyr wandte sich Varys zu, der auf den Dunkelhaarigen hinaufsah. „Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sich herausstellt, wann Joffrey nachgeben wird.“, sagte Varys, wobei Petyrs Mundwinkel leicht in die Höhe zuckten. „Joffrey wird zur Gefahr für sich selbst. Er weiß zu wenig und sollte er etwas von dem, was hinter diesen vielen Wänden geschehen ist, in Erfahrung bringen, wird es Krieg geben.“ Obwohl Petyr dies neutral ausgesprochen hatte, so lag eine gewisse Vorfreude in seiner Tonlage, die Varys nur zu gut deuten konnte. „In der Tat.“ Sie wussten beide, dass die Familie Lennister zum Scheitern verurteilt war. Es war nur eine Frage der Zeit und unklar, wer für diesen Sturm sorgen wird. Kapitel 4: Beastly ------------------ Sansa „Ihr seid super gewesen, Mädels! Ich bin begeistert!“ Grinsend hob der Fotograf sein Daumen, ehe er die beiden Freundinnen mit einer Umarmung verabschiedete. Der Kerl war äußerst nett und lieb. Das Fotoshooting hatte sehr viel Spaß gemacht, da er trotz Strenge irgendwie einen gewissen Charme besaß und die Witze, die er in das Shooting warf, hatte beide zum Lachen gebracht. Mit Sicherheit waren die Fotos was geworden und Sansa konnte es kaum erwarten, sie zu Gesicht zu bekommen. „Ich hoffe wir sehen uns bald wieder.“, gab er noch von sich, ehe er sich von den beiden abwandte und in sein Büro ging. Margaery drehte sich mit einem strahlenden Lächeln zu Sansa. Sie beide waren wieder in ihre ursprüngliche Kleidung und waren abgeschminkt. Margaery hatte ihre Frisur behalten wollen, während Sansa ihre Haare, wie so oft, wieder offen trug. „Lass uns noch etwas trinken gehen.“, sagte die Brünette und hakte sich in Sansa ein. Das war ein gutes Angebot, doch Sansa wusste, dass Joffrey auf sie warten würde. Sie wollten sich heute Abend nochmal sehen, dabei würde sie doch viel lieber etwas mit Margaery unternehmen. „Ich weiß nicht. Joffrey und ich wollten heute Abend etwas zusammen machen und ich lasse ihn ungerne warten.“ Margaery rollte mit den Augen, was Sansa ein schlechtes Gewissen einbrachte. „Du hast wirklich nie Zeit.“, merkte die Brünette mit erhobenen Brauen an, ehe sie hinzufügte: „Hast du irgendwann auch mal Spaß?“ Sansa kaute auf ihrer Unterlippe herum, bevor sie ergeben seufzte und lächelte. „Na gut. Aber nicht lange, okay?“ Sofort erhellte sich das Gesicht Margaerys. „Geht doch!“ Zusammen verließen sie das Fotoatelie und gingen auf den Chauffeur zu, der neben den Leibwächter stand. Sansa hatte ihren persönlichen Leibwächter, wobei sie sich stets fragte, ob das wirklich nötig war. Immerhin würde ihr doch niemand etwas antun wollen, so bekannt war sie nun auch wieder nicht. Manchmal hatte sie das Gefühl, dass er nur da war, damit sie nicht plötzlich verschwand und so sehr sie das auch wollte, so sehr wusste sie auch, dass es schier unmöglich war. Die Familie erschien ihr viel zu gefährlich, als das sie es wagen würde, zu gehen. Das hing auch viel damit zusammen, dass ihr Vater anders als sein bester Freund gestorben war. Er wurde erschossen und Sansa war nicht dumm. Auch wenn sie es sich nicht vorstellen konnte, das diese Familie so etwas tat, so war sie von Tag zu Tag noch fester der Überzeugung, dass sie zumindest etwas damit zu tun hatten. „Wir gehen noch etwas zusammen trinken. Können wir euch anrufen?“ Sansa sah auf den Chauffeur, beabsichtigt nicht auf ihren seltsamen Leibwächter. Er hatte den Spitznamen Hund, warum auch immer. Möglicherweise war er genauso gefährlich und unberechenbar, wie es ein Rottweiler war oder er war genauso hässlich wie ein Straßenköter. Seine Narben waren unverkennlich und er schien schier ungepflegt auszusehen, was aber nur auf die verbrannte Hälfte seines Gesichtes zurückzuführen war. „Ich schätze, das ist keine so gute Idee, Mädchen.“, knurrte ihr Leibwächter auch schon, wobei Sansa sich ein Seufzen verkneifen musste. „Joffrey wird es nichts ausmachen, wenn ich mit Margaery etwas trinken gehe und ich werde pünktlich wieder da sein.“, versicherte sie dem Kerl gezwungen, ehe sie wieder auf den Chauffeur sah, der sie aufmunternd anlächelte. „Ruft einfach an, wir holen euch ab.“ Im Gegensatz zu Sansa lächelte Margaery wieder wie ein Sonnenschein und nickte aufrichtig. „Machen wir, danke!“, zwitscherte sie, bevor sie Sansa einfach mit sich zog. „Lass dir doch nicht alles von ihm sagen“, sprach die Brünette, als sie in ausreichender Entfernung liefen. Sansa seufzte. „Der Kerl ist unheimlich. Da bekomme ich grundsätzlich das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen.“ Unbeholfen zuckte sie mit den Schultern, bevor sie wieder sanft lächelte und das Lächeln von Margaery erwidert bekam. „Du siehst immer so traurig aus, Sansa.“, stellte sie plötzlich fest, wobei Sansa beinahe erschrak. „Was meinst du damit?“ Maggie zuckte leicht mit ihren Schultern. „Nun ja, du siehst aus, als... ich weiß nicht. Du verkriechst dich immer irgendwo alleine hin, willst deine Ruhe. Du bist so still, wenn Joffrey da war. Irgendwas stimmt doch nicht.“ Sansa war es absolut nicht klar, wie Margaery ausgerechnet jetzt auf dieses Thema kam. „Wir sind jetzt alleine, Sansa. Du kannst offen mit mir sprechen, ist denn wirklich alles okay zwischen dir und Joffrey?“ Nein, das war es nicht. Doch Sansa nickte. „Ja, alles in Ordnung. Ich weiß nicht, wie du darauf kommst.“ Sie richtete ihren Blick starr nach vorne und bekam trotzdem mit, wie Maggie sie besorgt von der Seite musterte. Sie konnte es ihr nicht einfach auf die Nase binden, was Joffrey mit ihr anstellte. Es war zu schrecklich und wer konnte ihr versichern, dass Margaery ihr das auch wirklich glaubte? „Wie auch immer.“, seufzte Margaery und lief weiter neben Sansa her. Sie waren im Augenblick in Manchester. Eine wunderschöne Stadt, die kaum an Großbritannien erinnerte. Eher an Amerika. Sansa hatte schon damals davon geträumt, in einer großen Stadt zu wohnen, vor allem in Amerika. Manchester kam dem doch ein wenig ähnlich und war doch meilenweit davon entfernt. Ihre Villa stand in Heywood, eine eher ländliche Gegend nahe Manchester, war den perfekten Kontrast bot. Sansa war ländlichere Gegende gewohnt und fühlte sich dort wesentlich heimischer, als in einer Großstadt. Vor allem in Zeiten wie diese. Sie erreichten das Café und setzte sich draußen an einen der Tische. „Mein Bruder meinte neulich, du sollst endlich wieder mitkommen!“, verkündete Margaery nun, um das vorherige Thema gänzlich unter den Teppich zu kehren und es klappte. Sansa lächelte und zog ihre Brauen in die Höhe. „Ach ja?“ Margaerys Bruder war eine Augenweide. Blond, groß und gut gebaut. Er hatte so ein sanftes Gesicht und die Stimme eines Sängers. Jedes Mal, wenn er sie ansah, könnte Sansa dahin schmelzen. In ihren Augen war Loras der perfekte Kanditat für ihre Rettung aus der misslichen Lage. Er war der Erbe eines anderen Modelabels, welches den Tyrells gehört. Es wurde zum Teil aufgekauft von Stags, jedoch waren sie deutlich eigenständiger. „Er soll uns doch mal besuchen kommen.“, schlug Sansa nun vor, als Kompromiss, damit sie nicht in irgendeinen Club gehen musste. Margaery lächelte nun traurig, bevor sie ihre Bestellung aufgab und für Sansa gleich mitbestellte. „Er will nicht in die Villa“ Sansa sah sie verwirrt an: „Warum nicht?“ Die Brünette zuckte mit den Schultern. „Es behagt ihn da drinnen nicht und er will nicht von den ganzen Models umschwirrt werden.“ Sie lachte leise und lehnte sich etwas zurück, überschlug ihre Beine. „Meine Grandma ist übrigens der Meinung, ich solle Renly Baratheon heiraten.“ Erneut lachte Margaery, wobei Sansa ungläubig die Augen weitete, dabei amüsiert grinste. „Nein, echt? Warum das denn?“ Auch wenn sie es sich gut vorstellen könnte, wie Margaery jemanden wie Renly heiratete. Er war gutaussehend, wirklich sehr gutaussehend. Er hatte ein Lächeln, das einem das Herz erwärmte und sehr viel Stil, vor allem für einen Mann. Eigentlich wäre er perfekt für die Brünette, wie Sansa fand. „Ich weiß nicht, wie sie auf die Idee kommt, aber an sich wäre es nicht schlecht.“ Margaery tippte mit dem Finger auf ihren Lippen herum und hatte einen Blick drauf, den Sansa nicht deuten konnte. „Was bedeutet an sich?“, fragte sie nun neugierig nach und beugte sich vor. Margaery verstummte und ihre Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. „Ich glaube er steht nur auf Männer.“ Sie beide begannen zu lachen und Sansa fühlte sich so ausgelassen, wie lange nicht mehr. Es hatte keine Rolle gespielt, wie sehr sie sich beeilt hatte und wie sehr sie Margaery dabei verwirrt hatte. Es spielte alles keine Rolle mehr. Die Hand flog direkt in ihr Gesicht und sie taumelte zwei Schritte hinter. „Wo warst du?“, keifte Joffrey Sansa an und sie schluchzte leise, versuchte verbittert, das Weinen zu verkneifen. „Ich war mit Margaery etwas trinken.“ Der Blonde ging einen weiteren Schritt auf sie zu, packte sie an ihre Oberarme und zwang sie, ihn anzusehen. „Was trinken? Dafür versetzt du mich?“, knurrte er wütend und musterte sie abfällig. „Ich... ich hab dich aber nicht versetzt!“ Hatte sie wirklich nicht. Aber es war so schön mit Margaery ausgelassen zu reden. Sie haben einfach nur einen Sojalatte getrunken und hatten über Jungs gelästert. Margaery hatte ihr gestanden, dass sie sogar Erfahrungen mit Mädchen hatte und das dieses ausgelassene Leben gar nicht mal so schlecht war. Sansa hatte völlig die Zeit vergessen und nun bereute sie es bitter. Obwohl sie es eigentlich nicht bereuen sollte, denn sie war ein Mensch, wie jeder andere auch, und hatte gewisse Bedürfnisse, so wie sich mit einer Freundin zu treffen und mit ihr zu reden! „Doch das hast du!“, er schubste sie hinter, sodass sie mit dem Rücken gegen die Wand aufprallte. „Und jetzt versetze ich dich!“ Er ging auf den Stuhl zu, worauf seine Jacke gehangen war. Sie fühlte den Schmerz, ihre Lippe brannte und sie leckte automatisch drüber. Schon hatte sie den Geschmack von Blut auf ihrer Zunge und sie begann zu zittern. Das war widerlich, aber auch nicht das erste Mal. „Ich wusste, dass du genauso bist wie dein Vater. Du solltest aufpassen, dass dir nicht das Gleiche passiert wie ihm!“ Und schon verließ er das Zimmer, schloss ruhig die Türe hinter sich. Sansa konnte nicht glauben, was eben passiert war und was dieser Teufel zu ihr gesagt hatte. Er hoffte ihr passierte das Gleiche? Sie war doch nur ein wenig zu spät gekommen? Wie konnte so jemand nur so ein Biest sein? Sansa konnte es nicht mehr aufhalten. Die Tränen stiegen in ihren Augen und sie weinte, schluchzte und würde am liebsten noch schreien. Es war nicht mehr auszuhalten, diese Schmerzen brannten in der Seele. Die körperlichen Schmerzen waren noch gar nicht das Schlimme, es tat ihrer Psyche absolut nicht gut. Sansa zog ihre Knie zu sich, schlang ihre Arme darum und bettete ihren Kopf darauf. „Warum... warum ich?“, schluchzte sie und biss auf ihre Unterlippe. Das durfte alles doch nicht wahr sein. Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihre Schulter und sie zuckte heftig zusammen, hob den Blick. Niemand sollte sie so sehen, absolut niemand. Erstrecht nicht Joffrey! Doch es war nicht Joffreys Gesicht, in welches sie sah. Es war Margaery. In ihrem Blick lag deutliches Mitleid, was Sansa nur noch mehr zum schluchzen brachte. Sie bekam noch nicht einmal wirklich Luft mehr. „Sansa...“, hauchte die Brünette und strich durch ihre Haare. „Komm her.“ Sanft zog die Brünette sie in die Arme und wog sie darin. „Es ist gut, er ist weg und ich bin da.“ Sansa schämte sich so unglaublich und doch tat es gut, endlich von jemanden gehalten zu werden. „Es ist nicht alles okay... zwischen uns...“, hauchte Sansa und drückte sich dichter an ihre Freundin. Kapitel 5: Suffer in silence ---------------------------- Sansa Es waren fünf Tage vergangen, als Margaery herausfand, was zwischen Joffrey und Sansa los war. Maggie hatte sich absolut nichts anmerken lassen und darüber war Sansa mehr als froh. Sie konnte es absolut nicht gebrauchen, wenn Joffrey mitbekam, dass jemand Bescheid wusste, wie er mit ihr umging und das sie sich darüber beschwert hatte. Mittlerweile hatte sich das Gefühl, dass sie sich nicht zu beschweren hatte, nicht das Recht dazu hatte. Sansa musste sich dem beugen, was von ihr verlangt wurde, wenn sie nicht erfahren wollte, was dann mit ihr geschah. Wieso hatte sie all das nicht vorher schon gesehen? Warum war sie nur so geblendet von dem Reichtum und der Schönheit dieser Welt? Warum war sie nicht einfach zu Hause bei ihrer Familie geblieben? Es hätte ihr klar sein sollen, als von ihr verlangt wurde, dass sie so wenig Kontakt zu ihrer Familie pflegen durfte, wie es nur ging und seit dem ihr Vater tot war, durfte sie praktisch keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie hegen. Immer wieder hatte sie Ausreden erfinden müssen, dass sie nicht telefonieren konnte oder keine Zeit hatte, nach Inverness zu fahren. Es war traurig, vor allem wenn sie die Enttäuschung in der Stimme ihrer Mutter hörte. Das letzte Mal hatte sie ihre Familie bei der Beerdigung gesehen, bei der auch die Lennister mit ihrer Anwesenheit geglänzt hatte. Sie hatte sich nicht getraut zu weinen, es war schrecklich gewesen. Nun allerdings sollte sie keinen Gedanken mehr an die Sache verschwenden, sondern sollte sich lieber darauf freuen, ihre altbekannte Freundin wieder zu sehen. Jeyne Poole kam nach drei Wochen wieder zurück in die Villa. Sie war eine Freundin von Sansa und das schon seit klein auf. „Denkst du ihr wird die kleine Feier gefallen?“, fragte Margaery nach und begutachtete skeptisch das Banner, welches sie aufgehangen hatten. Sansa zuckte leicht mit den Schultern. „Wem gefällt es nicht, nach Hause zu kommen und zu wissen, man hat an diejenige gedacht?“ Sansa lächelte ehrlich und gesellte sich zu Margaery, sah auf das verzierte Banner, auf welchem ‘Welcome Home, Jeyne!’ stand. Sie war für ein Auftrag im Ausland gewesen und Sansa könnte glatt behaupten, dass sie verdammt neidisch war. Immerhin hatte sie auch etwas anderes als Manchester oder Heyville sehen dürfen, ganz im Gegensatz zu Sansa. Aber die Rothaarige freute sich für ihre langjährige Freundin, sie hatte es immerhin auch verdient, denn sie war wahnsinnig hübsch. Sie hatte dichtes braunes Haar, welches bis zu ihren Schulterblätter gereicht hatte und ein süßes Gesicht. Ihr Lächeln war bezaubernd und sie konnte gute Grimassen schneiden. Jeyne war ganz anders, als ihre Schwester, die es mit Sicherheit niemals zum Modeln gebracht hatte. Aber dafür hatte Arya andere Qualitäten, die Sansa nur noch mehr zu schätzen wusste, was sie einst überhaupt nicht getan hatte. Arya war wenigstens nicht dumm genug gewesen, sich dem hier anzuschließen. Ein Glück aber auch, so hatten die Lennister ein Stark weniger im Visier. „Du hast Recht“, stimmte Margaery schlussendlich zu und legte eine Hand um die Schulter der Stark. „Gibt es auch genug Champagner und so weiter?“, fragte sie grinsend und zwinkerte Sansa zu, wobei sie belustigt aufschnaufte. „Natürlich gibt es genug Alkohol.“, grinste die Rothaarige. Sie waren nicht die einzigen Models, die hier in der Villa wohnten, doch hatten sie sehr wenig Kontakt zu den anderen. Meistens waren sie alle irgendwie beschäftigt gewesen, im Ausland oder in einer anderen Stadt in Großbritannien. Aber das war auch gut so. Sansa hatte nie wirklich Lust auf Zickenkrieg und Neid gehabt. Damals hatte sie sich das alles immer etwas anders vorgestellt, dass sie hier so viele Freundinnen fand, die genauso waren wie sie. Genau das war aber das Problem gewesen. Sansa löste sich von ihrer Freundin und bereitete schon mal ein paar Flaschen und Gläser vor, aber nur so viel, dass der kleine Glastisch nicht zu voll aussieht, ehe sie ein paar Snacks vorbereitete. Plötzlich vernahm sie von hinten eine Stimme, die ihr sofort Gänsehaut bereitete. „Was ist denn hier los?“ Sansa drehte sich um und wich dem Blick ihres Freundes aus. „Ehm...“ Sie wusste nicht, warum sie so nervös war, immerhin war das eine ganz normale kleine Willkommensparty für eine Freundin, die seit Wochen weg war. Aber sie hatte wieder einmal das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen, obwohl das nicht der Fall war. Glücklicherweise mischte sich Margaery gleich an und breitete ihre Arme aus, während sie grinsend verkündete: „Unsere Freundin Jeyne kommt wieder und wir wollten ihr eine Freude bereiten.“ Der Blonde trat in das große Wohnzimmer und sah sich skeptisch um, hob die Brauen, als er die Snacks sah. „Dein Ernst?“ Sansa hob den Blick und sah über ihre Schulter auf den Tisch, seufzte stumm. „Ich wollte davon nichts zu mir nehmen.“, gab sie kleinlaut von sich und sah ihren Freund leicht lächelnd an. „Hoffe ich doch für dich. Ich habe das Gefühl, dass du wieder zu genommen hast.“ Begutachtend musterte er Sansa, während er auf sie zu ging und sie zu sich zog. „Kann gut möglich sein...“, sie lächelte sanft und sah in seine kristallblaue Augen. „Danke für deine Ehrlichkeit.“, murmelte sie und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen, die sie wohl lieber zutackern als küssen würde. Joffrey erwiderte den Kuss und lächelte erhaben, bevor er seine Freundin erneut musterte. „Aber kein Alkohol, denk dran.“, sagte er mahnend, wobei sich Margaery aber einmischte: „Ach komm schon, sei nicht so streng.“ Sie grinste ihn über beide Ohren an und auch wenn Joffrey nun seinen Todesblick aufsetzen würde, würde es ihr Lächeln nicht aussterben lassen. Deshalb schnaufte er nur und wandte sich Sansa wieder zu, drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und lächelte. Wieso konnte er nicht immer so sein? „Übertreibt es nicht.“, verbesserte er sich, ehe er sich von Sansa löste und sich nochmals umsah. Sansa blieb unbeholfen stehen und spielte mit ihren Händen. „Musst du wieder los?“, fragte sie und hoffte, dass die Hoffnung, dass er jetzt tatsächlich verschwand, nicht sichtbar war. Stattdessen setzte sie die enttäuschte Miene auf, dabei war sie es ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Sie genoss jede Sekunde, in der sie nicht mit den blonden Teufel zusammen sein musste. Joffrey wandte sich zu der Rothaarigen und trug einen entschuldigenden Gesichtsausdruck. „Ja, wir müssen noch etwas besprechen. Geschäftskram. Unwichtig für die.“, sagte er und winkte beschwichtigend ab, als wolle er sagen, sie verstünde davon sowieso nichts. Sansa spielte das Spiel mit und nickte leicht, ehe sie lächelte. „Dann wünsche ich dir viel Spaß.“ Joffrey lächelte knapp, nickte und verließ anschließend das Zimmer. Sansa atmete tief durch, ehe sie sich ihrer besten Freundin zuwandte, die mit erhobenen Brauen auf Sansa zu ging und sie musterte. „Alles okay?“ Sansa hätte am liebsten angefangen hysterisch zu lachen. „Natürlich.“ Er hatte sie immerhin nicht geschlagen oder in einer anderen Art misshandelt. Es war nur die perfekte Schauspielkunst zum bösen Spiel. „Lass uns weiter machen, sonst sind wir noch nicht fertig, wenn Jeyne wieder kommt.“ Sie lächelte breiter, sogar deutlich liebevoller. Sansa liebte es, Partys vorzubereiten, zu gestalten und dekorieren. Auf vereinzelte Ballons klebte sie sogar Fotos, die sie mit Jeyne geschossen hatte. Praktisch als kleiner Willkommensgeschenk und als Zeichen, dass sie sie nicht vergessen hatten. Zwar war Jeyne gerade einmal drei Wochen weg und trotzdem sollte sie sich sehr willkommen fühlen. Es waren schließlich drei Wochen gewesen, in denen sie keinen Kontakt mehr hatten. „Ich freue mich schon auf das, was Jeyne alles zu erzählen hat!“, gestand Margaery und Sansa nickte zustimmend. „Oh ja, ich auch!“ Die kleine Limousine fuhr vor und Sansa rieb sich aufgeregt die Hände. Gleich würde Jeyne aus dem Wagen steigen und sie würde sich über diese kleine Überraschungsfreier freuen. Lächelnd wandte sich Sansa vom Fenster ab und sah direkt auf die Brünette die sich hinter Sansa auf die Zehnspitzen gestellt hatte und ihren Kopf in die Höhe reckte, um etwas zu sehen. „Ist sie das?“, fragte die Brünette nach, wobei Sansa freudig nickte und Maggie nach hinten zu den anderen schob. Viele andere Mädchen waren nicht da, aber so eine kleine Feier war deutlich angenehmer, als ein rappelvolles Haus. Danach gab es nur noch mehr Unordnung und keine der Mädchen hatte großartig Lust aufzuräumen. Doch sollten die Lennister sehen, was für eine Unordnung hier herrschte, gab es mächtig Ärger und das wollten alle so gut es ging vermeiden. Als die Türe aufging, biss sich Sansa aufgeregt auf die Unterlippe und warf ein letzten Blick zu Margaery, ehe sie auf die Türe sah und die Brünette langsam reinschlurfen sah. „Willkommen zurück, Jeyne!“, riefen alle im Chor und die Brünette weitete leicht ihre Augen. Doch die Reaktion war enttäuschen, denn es hoben sich lediglich ihre Mundwinkel und sie legte ihre Tasche seelenruhig auf einen der Barhocker. „Ist das für mich?“, fragte sie nach und legte eine Hand auf ihren Brustkorb. „Nein, für die Jeyne hinter dir!“ Margaery antwortete sarkastisch wie eh und je und rollte mit den Augen, bevor Sansa ihre Arme ausbreitete. „Komm her!“ Sie ging ein paar Schritt auf Jeyne zu, die ihr zögernd entgegen kam. Was war denn nur mit Jeyne los? Sansa verkniff sie die Frage und umarmte ihre Freundin, auch wenn es nicht die Umarmungen von damals glich. Jeyne war vorsichtig, als wolle sie eigentlich nicht, dass man sie berührte. Total komisch, wie Sansa empfand. Sansa zog ihre Freundin zur Couch, worauf sich die beiden mit Margaery hinsetzten. „Erzähl, wie war es?“, fragte sie gleich nach und lächelte breit. Vielleicht würde das Jeyne ein wenig aufmuntern. Doch das Mädchen kaute lediglich auf ihre Unterlippe herum und sah in die Richtung, aus der sie gekommen war. „Jeyne?“ Besorgt legte Sansa die Stirn in Falten und musterte Jeyne von oben bis unten. Jetzt erst bemerkte sie, dass Jeyne um einiges dünner geworden war. Zwar war ihre Freundin schon immer ziemlich zierlich gewesen, doch hatte sie ihre Knochen gut verstecken können. Jetzt erkannte man sogar ihre Wangenknochen und der Kiefer ragte heraus. „Es... es war ganz gut.“, sagte Jeyne und räusperte sich, wich Sansas Blick immer wieder aus. Unbeholfen warf Sansa einen Blick auf Margaery, die sich diese Sache wohl selbst nicht erklären konnte, bevor sie beide wieder auf Jeyne blickten. „Jeyne, was ist los?“, hakte Margaery nun nach und legte eine Hand auf die Schulter des Mädchens. Plötzlich zuckte Jeyne zusamen und schlug die Hand weg, ehe sie bemerkte, was sie gerade getan hatte und beschämt nach unten sah. „Ich... es... es tut mir leid. Ich bin müde.“ Jeyne stand auf. „Ich... ich geh mich hinlegen.“ Schon ließ sie die beiden Mädchen hinter sich und rannte regelrecht aus dem großen Wohnzimmer heraus. „Was war das denn?“, fragte Margaery rhetorisch nach, doch Sansa kümmerte sich nicht um die Brünette. Stattdessen stand sie selbst auf und rannte ihrer langjährigen Freundin hinterher. „Jeyne, warte mal!“ Sie rannte die Treppen hoch, den langen hellen Gang entlang, als sie Jeyne endlich zu fassen bekam und sie umdrehte, sodass das Mädchen sie anschauen musste. „Jeyne, was ist los?“, fragte Sansa mit Nachdruck nach und sah ihre Freundin eindringlich an. Doch sie erschrak bei dem Anblick der Tränen. Sie schluchzte und als sie hinauf in Sansas Augen sah, wurde ihr Ausdruck eiskalt. Als hätte sie einen altbekannten Feind vor Augen. „Sansa... Solltest du jemals einen Auftrag bekommen, der längere Zeit andauert. Geh nicht hin!“ Jeyne löste sich aus dem Griff und rannte in ihr Zimmer, ließ Sansa fassungslos stehen. „Jeyne...“, hauchte sie und folgte der Brünetten, griff nach der Türklinke, nur um dann festzustellen, dass Jeyne die Tür verschlossen hatte. Sie klopfte. „Jeyne? Was meinst du damit?“ Sie bekam keine Antwort und klopfte abermals. Doch wie zuvor auch, bekam sie auch dieses Mal keine Antwort. Sansa fühlte sich komisch und sie begriff einfach nicht, was sie da eben zu hören bekommen hatte. Es war so verdammt seltsam, einfach sureal. Jeyne war zwar schon immer relativ zurückhaltend gewesen, aber es war noch nie so extrem gewesen, falls man dieses Verhalten überhaupt als zurückhaltend betiteln konnte. Seufzend lehnte sich Sansa gegen die Küchentheke und beobachtete die restlichen Mädchen, die sich nur wenig darum scherten, dass Jeyne gerade nicht hier war. „Ich habe ihnen gesagt, dass Jeyne duschen gegangen ist und ein wenig Ruhe von der langen Reise braucht.“, erklärte ihr Margaery, während sie Sansa ein Glas Champagner reichte. Sansa sah auf die Dunkelhaarige und lächelte trocken, ehe sie dankend das Glas entgegennahm und gleich ein Schluck daraus nahm. Sie konnte es sich absolut nicht erklären, was mit Jeyne los war und warum sagte sie ihr, dass sie niemals so einem Auftrag zustimmen sollte? „Hast du etwas rausgefunden?“, fragte Margaery sie anschließend, wobei Sansa lediglich den Kopf schütteln konnte. „Sie hat angefangen zu weinen und ist in ihr Zimmer.“ Beabsichtigt sagte sie nicht davon, was Jeyne ihr mitgeteilt hatte. Auch wenn Margaery zu ihren besten Freundinnen zählte, so wusste Sansa absolut nicht, wie Margaery zu den Lennister stand. Selbst nachdem sie Sansa nach Joffreys Besuch gesehen hatte, hatte sie kein Wort darüber verloren. Es stand alles in der Luft und keiner der beiden nahm es sich vor, dieses Thema zu ergreifen. Jeynes Warnung war nur ein weitere Ansporn für ihr Misstrauen gegenüber der Familie, in der sie hineingeraten war und wenn es nach ihr ginge, würde sie sofort ihre Sachen packen und abhauen. Vielleicht sollte sie dies auch endlich zu Hand nehmen. Vielleicht sollte sie endlich den einen Moment ergreifen, in dem sie von hier verschwinden sollte. Doch die Angst, dass ihr oder anderen ihrer Familie, der gleiche Schicksalschlag überholte, der ihr Vater erwischt hatte, war viel zu groß. Sie wollte nicht noch mehr Blutvergießen und Leid sehen. Margaery seufzte. „Vielleicht sollten wir zusammen noch mal nach ihr sehen?“ Die Brünette sah Sansa fragend an, ehe sie ihr Glas zu ihren Lippen führte und leicht daran nippte. Sansa drehte ihr Glas währenddessen in den Händen und zuckte leicht mit ihren Schultern. „Vielleicht sollten wir das.“ Die Rothaarige stieß sich von der Wand ab und nahm noch einen Schluck aus ihrem Glas, wobei die prickelnde Flüssigkeit sofort ihren Körper erwärmte. Sansa vertrug so schon nicht sehr viel und dieser Champagner ging direkt ins Blut. Sie sollte es definitiv bei einem Glas belassen, wenn sie nicht wollte, dass Joffrey sie im angetrunkenen Zustand antraf. Die Türe stand offen, als sie den Eingangsbereich erreichten, wobei beide Mädchen einen neugierigen Blick hinaus warfen. Mister Hollard schleppte schwer atmend das Gepäck zur Türe, wobei Sansa wirklich Mitleid verspürte, auch wenn er wohl für seine geringe Ausdauer selbst verantwortlich war. Oft konnte man aus seinem Mund eine strenge Alkoholfahne vernehmen, meist war es Bier - etwas, das Sansa generell widerlich fand. Aber auch seine Körperhygiene ließ meistens zu wünschen übrig, auch wenn es schien, als würde er es tatsächlich noch schaffen, jeden Tag unter die Dusche zu steigen. Doch unter seiner Chauffeurenmütze hatte er immer struppige Haare, die er nicht gerne pflegte. Dabei war es doch nicht so schwer, hin und wieder mal mit einem Kamm durch zu kämmen. Doch er war sehr nett und auch sehr lieb, vor allem an zu Sansa, ganz gleich warum. „Miss Stark.“, begrüßte er die Rothaarige lächelnd und mit hochrotem Kopf,der zu explodieren drohte, müsste er noch ein Kilo mehr schleppen. „Guten Tag Mister Hollard.“, erwiderte Sansa höflich, gleichzeitig ein wenig peinlichberührt. Sie konnte das Grinsen auf Margaerys Gesicht, das sie aus dem Augenwinkel heraus vernahm, nicht ignorieren. Im Haus angekommen stellte Dontos die Koffer endlich ab und setzte den Hut ab, um sich mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn zu wischen. „Für Sie Dontos, Miss Stark.“, erinnerte er sie, wobei Margaery zu kichern begann. „Ich dachte Jeyne wäre bei Ihnen.“ Sansa sah sich provisorisch um und schüttelte anschließend den Kopf. „Sie ist von der Reise ziemlich mitgenommen und braucht wohl ein wenig Zeit für sich.“, erklärte sie ihm förmlich und lächelte knapp, war im Inbegriff ihren Weg fortzuführen, als sie plötzlich die Hand des Älteren auf ihren Oberarm spürte. „Miss Stark.“, begann er und Sansa sah verwirrt auf den Mann, der sich erlaubte, sie anzufassen. „Sagen Sie Miss Poole, dass ihr Gepäck angekommen ist, ja? Es war mir eine Freude, Sie wiederzusehen.“ Der Chauffeur nahm ihr Hand und drückte sie leicht zu, wobei Sansa verwirrt feststellte, dass diese Gestik eine andere Bedeutung hatte, denn als der Chauffeur seine Hand zurückzog, blieb ein Zettel in ihrer Handfläche zurück. Starr sah sie den Mann an, ehe sie zögernd nickte. „Die Freude ist ganz meinerseits.“ Sie wandte sich von Dontos ab und holte Margaery auf, die sie verwirrt musterte. „Was läuft bei dem schief?“, fragte sie amüsiert nach und schüttelte ihren Kopf. Sansa lächelte leicht: „Alkoholiker halt.“ Den Zettel schob sie in ihre Hosentasche und ging neben Margaery den Gang entlang. Nachdem sie zwei Mal vergeblich versucht hatte, Jeyne aus ihrem Zimmer zu locken, beschloss Sansa ihr Zimmer aufzufinden. Es machte sowieso kein Sinn und sie war sich sicher, dass Jeyne nicht aus dem Zimmer kommen würde, egal wie oft Maggie und sie doch versuchten, sie herauszu holen. So, wie Jeyne reagiert hatte, würde sie da auch wohl eine ganze Weile verweilen, weshalb Sansa lieber morgen nochmal bei ihr vorbeischauen wird. Zunächst interessierte sie sowieso, was in diesen Zettel geschrieben stand, welchen ihr Dontos in die Hand gedrückt hatte. Es musste etwas sein, dass nur für ihre Augen bestimmt war, sonst hätte es Margaery sicherlich auch sehen dürfen. Sansa holte den Zettel aus ihrer Hosentasche heraus, während sie die Türe ihres Zimmers hinter sich schloss und sich anschließend aufs Bett setzte. Es war ein kleiner weißer Zettel, zwei Mal zusammen gefaltet. Es glich eher einem Briefchen, welches sie so oft in der Schule zugesteckt bekommen hatte, indem manchmal schmutzige, wie auch süße Sachen drinnen standen. Sie faltete den Zettel auf und musterte die Schrift. Sie war fein säuberlich und sie hatte das Gefühl, dass niemals jemand wie Mister Hollard so eine Schrift hatte. »Bald öffnet sich der goldene Käfig, aus dem der Vogel ausbrechen kann. Solange muss er singen, wie ihm befohlen wird.« Sansa starrte auf den Zettel und las die Zeile immer und immer wieder, las es sich sogar leise vor. In ihren Augen ergab diese Nachricht absolut keinen Sinn und sie wusste absolut nicht, was sie von dem hier halten sollte. Sie drehte den Zettel in ihren Händen, hielt ihn ins Licht, doch es stand nichts weiter, als diese zwei kleine Sätze, die ihr Herz zum Schlagen brachte. Wer würde ihr so einen Brief schreiben? Mit Sicherheit nicht Joffrey. Mal davon abgesehen, dass er absolut nichts Philosophisches an sich hatte, war er derjenige, der sie in ein Käfig hielt. Allmählich schien sie es zu verstehen. Vielleicht wurde genau dieser Käfig für sie geöffnet? Vielleicht war diese Brief von einem heimlichen Verehrer, der sie aus dieser misslichen Lage befreien wollte? Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen und sie faltete den Brief erneut zusammen. In ihrem Inneren hoffte sie, dass dieser Brief von Loras kam und Margaery oder jemand anderes genau deshalb nichts davon mitbekommen sollte. Mit diesem Gedanken im Kopf machte sie sich allmählich fertig für das Schlafengehen und schlief auch mit diesem wohligen Gedanken ein. Stunde für Stunde verging, in der Sansa zusammen mit Margaery das Haus aufräumte. Es waren zwar nicht viele auf dieser kleinen Feier gewesen, dennoch hatten einige Dreck hinterlassen. „Manchmal hat man echt das Gefühl, dass hier statt Frauen Männer wohnen!“, schimpfte Margaery gequält, als sie zerbrochene Chips auf dem Boden vor der Couch zusammekehrte. Sansa lachte leise und zuckte etwas mit den Schultern. „In Wahrheit tun wir doch alle nur so wohlerzogen.“, gab sie von sich, wobei sie einen vielsagenden Blick von Margaery erntete. „Sagt gerade das bravste Mädchen, das mir vor die Augen getreten ist.“ Sansas Grinsen verstummte ein wenig und sie sah beschämt auf den Boden. Ja, manchmal fühlte sie sich anders, eben weil sie so gut erzogen war. Sie trank nie viel Alkohol, ging nicht oft auf Partys und schleppte nicht einen Typen nach den Anderen ab. Sansa war eben das komplette Gegenteil vor Margaery. „Zieh nicht so ein Gesicht. Wir kriegen dich schon lockerer.“, grinste die Brünette zwinkernd und kümmerte sich weiter um die Chips auf dem Boden. Sansa stellte den Müllsack zur Seite. „Wie auch immer. Ich geh jetzt nach Jeyne schauen, vielleicht kommt sie ja jetzt aus ihrer Höhle heraus.“ - „Ja, mach das.“ Sansa strich sich durch die Haare und sah Margaery für einen Moment an, ehe sie das Wohnzimmer verließ. Ihr war nicht ganz wohl zumute, obwohl sie sich ausgerechnet jetzt wohl fühlen sollte, immerhin gab es da jemand, der offensichtlich an sie dachte - und sie hoffte inständig, dass es sich dabei nicht um Dontos handelte. Aber sie machte sich gleichzeitig Sorgen um Jeyne, die sich nicht einmal zum Frühstück blicken hat lassen und das, obwohl sie früher oft zu Dritt gefrühstückt hatte. Fühlte sie sich der Gruppe nun nicht mehr zugehörig? Das würde sich wohl bald rausstellen. Abermals lief Sansa den Gang, wie am Vorabend auch, entlang und blieb vor der Tür ihrer langjährigen Freundin stehen. Für einen Moment horchte sie, ob sie aus Jeynes Zimmer irgendetwas vernehmen konnte, ehe sie anklopfte und nochmals horchte. Es bewegte sich nichts, es gab nichts zu hören. „Jeyne? Ich bin es, Sansa.“ Sie klopfte noch mal. „Mach doch bitte die Türe auf!“ Doch es regte sich nichts und langsam wurden die Sorgen noch größer. Zögernd griff Sansa nach der Türklinke, die sich bewegen ließ und die Türe war dieses Mal nicht abgeschlossen! Sansa hielt inne. „Jeyne? Darf ich rein kommen?“ Wieder hörte sie keinen Ton, weshalb sie die Türe langsam aufschob. „Jeyne, ich will doch nur wissen, was-“ Ungläubig weiteten sich ihre Augen, während ihr Herz aufhörte zu schlagen. Die Worte blieben ihr im Halse stecken, bildeten einen großen Kloß während sie auf die baumelnde Beine Jeynes starrte, die am Stick hinab hing. Der Kloß löste sich und statt Worte verließ ein lauter Schrei ihre Kehle. Kapitel 6: Where secrets are kept --------------------------------- Petyr Stumm betrachtete Petyr die Leiche, die nach wie vor von der Decke herab am Seil taumelte, wie ein trauernder Engel, der verlernt hatte, empor zu fliegen. Das Mädchen war kreidebleich und auch leblos war sie wunderschön. Langsam ging Petyr auf die Leiche zu und sah in das stumme Gesicht hinein, das dazu verdammt war, für immer zu schweigen. Fast hätte Petyr Mitleid mit dem Mädchen. Er war einer der wenigen, die wussten, was mit ihr geschehen war und es blieb in ihm verschlossen, wie er zu all dem Stand. Dementsprechend konnte man aus seinem Gesicht keinerlei Regung herauslesen, nur das gespielte Mitleid mit der armen geschundenen Seele. Das hätte nicht sein müssen. „Wie tief muss man sinken?“ Petyr musste gar nicht erst nach hinten sehen, um zu wissen, wer im Türrahmen stand. Cersei schien nicht begeistert von dieser Tat zu sein, was mehr als verständlich war. Diese Tag löste Fragen aus. Fragen, die man nur mit Lügen beantworten konnte. „Sie war schwach.“ , erwiderte Petyr mit aller Ruhe und wandte sich von der Leiche ab, drehte sich zu die Lennister um. „Hoffentlich wird sie bald weggeschafft.“ Angewidert zog sie die Nase hoch und wandte sich vom Raum ab, um wieder zu gehen. Petyr bevorzugte es, alleine zu sein, um sich selbst im Raum ein wenig umzusehen. Er war um einiges gewitzter, als die anderen. Ein Selbstmord wurde schließlich nicht einfach so begannen. Es gab immer Spuren dafür, warum das passiert ist und diesen würde man nachgehen. Petyr ging auf das Bett zu, welches fein säuberlich hergerichtet war. Das Kissen sah aus, als hätte man ihr es gerade eben erst gekauft und es wäre nie berührt worden, genau wie die perfekt zusammengelegte Decke. Die Bettwäsche war unschuldig weiß und mit schwarzen Federn bestickt. Vorsichtig strich Petyr über die dünne Decke, hatte beinahe Angst, dieses Werk zu zerstören, ließ seine Hand auch unter das Kissen gleiten. Er fühlte nichts Außergewöhnliches, weshalb er sich langsam vor dem Bett niederkniete und unter diesem nachsah. Bis auf ein Paar Schuhe und einer Münze fand er dort jedoch nichts. Er hob die Münze auf und drehte sie in ihren Fingern. Es war ein Pound, wirkte nagelneu. Schweigend steckte er die Münze ein und richtete sich wieder auf. Lange würde es nicht dauern, bis der Leichenwagen und die Polizei vorfuhr, bis dahin musste er sämtliche Spuren finden. Gemächlich ging er auf den Schreibtisch der Brünetten zu und musterte die Gegenstände, die darauf lagen. Sie war ein sehr ordentliches Mädchen, das sah man ihr gleich an. Es stand eine halbvolle Wasserflasche und daneben das dazugehörige Glas. Nebendran das iPad, welches die Lennister ihr zur Verfügung gestellt hatte. In der Mitte des Tisches befand sie ein Bild, welches Petyr nun zur Hand nahm. Es war ein schönes Bild, welches drei Freundinnen zeigte. Sansa, Jeyne und Margaery. Jeyne stand in der Mitte und wurde von den beiden anderen umarmt. Sein Blick hing nun auf die linke Seite, an welcher Sansa in die Kamera gelächelte. Es war unfassbar, wie ähnlich sie ihrer Mutter doch aussah und wie bezaubernd ihr Lächeln war. Die roten Haare lagen ordentlich an ihrer Schulter herab und ihre Augen strahlte eine gewisse Freude aus. Die Freude, die man von der Rothaarigen nur noch selten sah. Er stellte das Bild wieder an Ort und Stelle zurück, strich sich anschließend nachdenklich über sein Kinn. Die Psyche eines Menschen hatte Petyr schon immer für interessant empfunden. Es war so einfach, Menschen allein durch ihr Verhalten und ihrer Körpersprache zu deuten. Bei einem war es einfacher, bei anderen schier unmöglich. Dieses Mädchen, das hinter ihm an Strick hing, war äußerst Schwach gewesen und erfüllte sein Inneres mit einer Befürchtung. Sein Blick glitt zu einer Schublade, die einen Zentrimeter weit geöffnet war und in seinen Augen sehr einladend aussah. Er zog sie leise auf und entdeckte darin ein kleines Heft, welches er behutsam herausholte und es aufklappte. Die erste Seite zeigte lediglich Notizen und beim Durchblättern entdeckte er, dass eine Seite heraus gerissen wurde. Er klappte das Heft zu und schüttelte es über den Tisch aus, wobei eine lose Seite herausflog. Er ergriff genau diese und las sich die ersten Zeilen durch, nur um das Blatt anschließend zufrieden lächelnd zusammen zu falten und es in seine hinteren Hosentasche zu schieben. Das Heft packte er ebenfalls ein und machte Anstalten, das Zimmer der Toten zu verlassen. Bevor er die Türe hinter sich aber zuzog, warf er noch einen kurzen Blick auf das tote Mädchen und ehrte sie ein letztes Mal, ehe er die Türe hinter sich schloss, damit dieser Raum nicht wie ein Schaufenster für jeden ersichtlich war. An der Einfahrt tummelten sich bereits einige Leute, die vor wenigen Minuten noch nicht anwesend waren. Noch während Petyr seine Zigarettenschachtel aus der Hosentasche herausholte, ließ er einen Blick über die Masse schweifen und entdeckte dabei eine Person, die ihn im Normalfall die Nase rümpfen ließ. Er ging auf ihn zu und steckte sich dabei eine Zigarette an. „Egal, was passiert. Immer sind Sie anwesend.“, stellte er lächelnd fest, während er sein original Zipo aufklappte und damit die Zigarette anzündete. “Mister Baelish, Sie wissen doch, dass ich mir nichts entgehen lasse.“ Das Lächeln des Kahlköpfigen gefiel Petyr absolut nicht und doch behielt er seines aufrecht. “Sie wissen doch, dass Rauchen ungesund ist.“, fügte Varys hinzu und legte seine Stirn in Falten, als würde er damit andeuten wollen, besorgt um Petyrs Gesundheit zu sein. Doch der Dunkelhaarige wusste genau so gut wie Varys selbst, das dem nicht so war. “Sterben müssen wir alle mal, nicht wahr?“ - „Eine schwarze Bemerkung zu solch einem schwarzen Tag, Mister Baelish.“ Auch wenn Varys fassungslos tat, so konnte man allein durch das kleine Zucken der Mundwinkel erkennen, dass er sich darüber amüsiert hatte. Petyr ließ sein Feuerzeug zurück in die Hosentasche gleiten, während er einen Zug seiner Zigarette nahm und nochmals auf die Anwesenden sah. Die gesamte Familie Lennister anwesend und einige der Mädchen aus der Villa standen draußen. Seine Augen suchten unbemerkt nach Sansa, die er abseits der anderen bei Joffrey fand. Das Mädchen war komplett durch den Wind und suchte Halt, den Joffrey ihr nicht bot. Er wüsste genau, bei wem sie diesen finden konnte und irgendwann, das wusste er, wird sie es erkennen. Petyr nahm seinen Blick nicht von ihr, auch nicht, als sich ihre Blicke für einen Moment kreuzten. Jedoch war ihm durchaus bewusst, neben wem er gerade stand, weshalb er seinen Blick letztendlich doch von ihr abwandte und auf die Wägen sah, die die Einfahrt hoch fuhren. Der Leichenwagen, gefolgt von der Polizei und nicht zu vergessen, die Presse, die wenige Sekunden danach folgte. “Ich schätze mal, die kommen nicht zufällig vorbei?“ Petyr zog die Brauen in die Höhe und sah amüsiert auf Varys, welcher Petyr unschuldig ansah. „Wer weiß das schon?“ Er lächelte knapp und setzte sich anschließend in Bewegung, ließ Petyr hinter sich. Petyr konnte sich ein amüsiertes Schnaufen nicht verkneifen und während er seine Zigarette zu seinen Lippen führte, sah er erneut rüber auf die Rothaarige. Sie wurde von den Lennistersprössling zur Polizei begleitet und man konnte ihr ansehen, dass sie Angst hatte, obwohl jedem klar war, dass sie mit den Selbstmord Jeynes absolut nichts zu tun hatte. Sie war lediglich die Unglückliche, die sie gefunden hatte. Für einen Moment beobachtete er die Rothaarige dabei, wie sie mit der Polizei redete und eine Aussage machte. Währenddessen gingen drei Männer in die Villa, um Jeyne aus ihrer eigenen Todesfalle zu befreien. Dabei konnte man Joffrey deutlich ansehen, dass dieser sich mehr für dieses Treiben interessierte, als für das, was seine Freundin der Polizei berichtete. Schon als sein Vater gestorben war, hatte er gebeten, die Leiche sehen zu dürfen. Gleiches galt auch bei Ned und er schien daraus kein Geheimnis mehr zu machen, wie sadistisch er doch war. Eine unbedeutende Spielfigur, die man schnell ausschalten könnte, wenn man nur wollte. Ein Model nach dem Anderen wurde von der Polizei verhört, doch Petyr behielt nur eines im Augenwinkel: Sansa Stark. Sie stand gemeinsam mit Joffrey wieder abseits und war nach wie vor völlig aufgelöst, erst Recht, als die Männer Jeynes Leiche aus dem Haus transportierten. Sie war abgedeckt und doch hegte Joffrey große Augen, als er sie entdeckte. Er zeigte auf sie und befahl Sansa, hinzusehen, doch sie wandte ihren Blick abermals weg. Schrecklich. Auch wenn Petyr selbst eine gewisse schadenfrohe Ader hegte, so würde er einem Mädchen so etwas niemals antun. Joffrey ging auf die Männer zu, ließ Sansa stehen, die sich von den ganzen Tumult abwandte und sich bei Cersei entschuldigen ging, bevor sie schlussendlich hinter dem Haus verschwand. Petyr beobachtete sie nun direkter und zog ein letztes Mal an seiner mittlerweile zweiten Zigarette, ehe er den Stummel weg schnippte und in die andere Richtung um das Haus ging. Tatsächlich traf er Sansa hinten auf der großen Veranda an und er beobachtete sie, wie sie sich gegen das Geländer lehnte und leise schluchzte. Er empfand tatsächlich Mitleid mit dem Mädchen, welches er sich beim besten Willen nicht anmerken ließ. Und so ging er mit neutralem Gesichtsaufdruck und erhobenem Hauptes auf die Rothaarige zu. „Manchmal geschehen unerklärliche Dinge.“, begann er leise zu sprechen, wobei das Mädchen zusammenzuckte. Da sie mit dem Rücken zu ihm stand, hatte sie ihn nicht kommen sehen, wischte sich aber sofort die Tränen aus dem Gesicht und stellte sich aufrecht hin. “Mister Baelish.“, stellte sie überrascht fest, als er neben ihr zustehen kam und auf sie herab sah. Ohne hohe Schuhe war sie gerade einmal ein paar Zentimeter kleiner als er, weshalb sie nur beinahe auf gleicher Augenhöhe miteinander sprechen konnten. “Sie war noch jung, aber es war ihre Entscheidung.“, fügte er hinzu und sah sie tröstend an, doch wirklich trösten ließ sie sich nicht. Sie holte lediglich tief Luft und sah nach vorne, in den großen auffälligen Garten. “Ich hätte nie gedacht, dass sie so etwas jemals machen wird.“, sagte Sansa kleinlaut. Dass sie in dieser Situation so gesprächig war, überraschte ihn nicht. Es war die perfekte Situation, um endlich mit ihr ins Gespräch zu kommen, da Sansa seine Anwesenheit meist lieber gemieden hatte. “Sie war dem Druck höchstwahrscheinlich nicht gewachsen.“, sagte er ruhig und drehte sich ebenfalls in Richtung Garten, sah hinaus. Die Sonne schien vom Himmel herab, dennoch war heute wahrlich kein Tag für Sonnenschein. “Ich verstehe aber nicht, warum sie kein Wort gesagt hat. Oder wenigstens einen Brief hinterlassen hat.“ Sansa klang offensichtlich enttäuscht und für einen Moment fiel Petyr ein Stein vom Herzen. Entweder Sansa hatte bereits selbst nach einem Brief gesucht oder die Polizei war nicht fündig geworden, weil Petyr den Brief bereits bei sich trug. “Manche Dinge bleiben lieber unausgesprochen, Miss Stark.“, gab er ihr zu bedenken und drehte seinen Kopf wieder zu der Rothaarigen, musterte sie dabei von der Seite. Sie war wunderschön, wie es einst Cat war, als sie jünger war. Jedoch fiel ihm gleich auf, dass Sansa sogar schöner war. Ihre roten Haare leuchteten angenehm und ihr Gesicht war so zart und weich. Die roten Augen unterstrichen ihre Hilflosigkeit, von der sich Petyr insgeheim ungemein angezogen fühlte. Er bekam das Bedürfnis, auf sie aufpassen zu müssen, wie auf die Tochter, die er niemals hatte. Doch selbst dieser Gedanke fühlte sich nicht gänzlich richtig an. Miss Stark. , begann er und drehte sich zu ihr, wobei ihre Höflichkeit von ihr verlangte, Selbiges zu tun. Und genau das tat sie auch, wie erwartet. “In dieser Welt passieren manchmal schlimme Dinge, die man nicht aufhalten kann.“, begann er abermals und legte seine Finger behutsam auf ihr Kinn, welches er sanft hochschob. “Das wichtige dabei ist, den Kopf niemals hängen zu lassen, sondern mit erhobenem Haupt weiter zu gehen.“ Sie schien nicht direkt zu verstehen, warum er ihr das sagte, doch er ließ sich davon nicht beirren. “Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem Sie an meine Worte denken werden. Und glauben Sie mir, dass ihr Vater genauso war. Er hat den Kopf nie hängen gelassen.“ Petyr sprach sehr vorsichtig und wählte seine Worte mit Bedacht. Er wollte nicht, dass Sansa wütend wurde und ihn anschrie, alles kaputt machte, was er versuchte aufzubauen. Doch sie blieb still und er konnte ihr aus den Augen heraus ansehen, wie gerührt sie von diesen Worten war. Er durchwühlte gerade bewusst ihr Inneres, denn es wurde Zeit, für mehr Vertrauen zwischen ihnen zu sorgen. “Ob Sie es glauben oder nicht, ich kenne Ihre Familie gut. Vor allem Ihre Mutter. Und ich meine es absolut ernst, wenn ich Ihnen sage, dass Sie zu mir kommen können, egal was ist und egal wann. Sehen Sie mich als guten Familienfreund.“ Ein leichtes Lächeln bildete sich auf seine Lippen, während er seine Hand langsam wieder zurück zog und sie Sansa hinhielt. Zögernd nahm Sansa die Hand entgegen und Petyr drückte sie sachte. „Ich muss mich jetzt leider um das Geschäftliche kümmern, so schrecklich der Zeitpunkt dafür auch ist, aber mir bleibt nichts anderes übrig.“ Bedauern lag in seinem Blick, welches teils nur gespielt war. “Das verstehe ich.“, erwiderte Sansa leise und Petyr lächelte leicht, ehe er sich etwas vorbeugte und Sansas Hand hob, um auf dem Handrücken einen kleinen Kuss zu drücken. “Vergessen Sie bitte nicht, dass Vögelchen selbst dann zwitschern, wenn Beerdigungen stattfinden.“, sagte er noch leise, während er seinen Blick hob und sich anschließend aufrecht hinstellte, um sich von Sansa abzuwenden. Die Kerze flackerte ruhig vor sich hin und der Raum hatte sich mit dem Geruch von Menthol gefüllt während Petyr einen Zug der Mentholzigarette nahm und diese anschließend im Aschenbecher ausdrückte. Das Heft des Mädchens war sauber, ihre Schrift wirkte perfekt. Er bemerkte, dass sie die Punkte ihrer i's als Kreis malte und jedes M ein kleinen Haken am Ende hatte. Süße Texte über ihren Job, über charmante Fotografen und hübsche Kleider standen darin und natürlich auch die liebliche Fürsorge der Lennisters. Es amüsierte ihn beinahe, steckte nicht noch ein wenig Mitleid in seinem Inneren. Jede Seite im Heft beinhaltete etwas anderes und von Seite zu Seite bemerkte er den bitteren Schmerz, der sich langsam in die Seele des Mädchens gefressen hatte. Kritik gegenüber Joffrey, Skepsis gegenüber Cersei und Liebe gegenüber Jaime. Das Mädchen hatte sich von Zeit zu Zeit unwohler gefühlt und hatte alles aufgeschrieben, was sie erlebt und gesehen hatte. Ein schlaues Mädchen, wie er fand. Sie trug viele Geheimnisse in sich und er war sich nicht einmal sicher, ob diese ihre Freundinnen erfahren hatten. Langsam klappte er das Heft zu und holte das gefaltete Papier zur Hand, welches er in ihrem Zimmer gefunden hatte. Dieses Mal war die Schrift weniger perfekt. Die Tinte des Kugelschreibers, mit welchem sie ihre letzten Zeilen nieder geschrieben hatte, waren durch Tränen und Berührungen verwischt worden. In ihren letzten Minuten hatte sie durchaus Emotionen verspürt, welche die anderen nicht gesehen haben. Petyr hatte die Aussagen der Mädchen mitverfolgt und sie alle meinten, dass Jeyne nicht die war, die sie einst gewesen war. Petyr griff nach seinem Glas, in welchem teurer Scotch eingeschenkt war, nahm einen Schluck daraus und las die Zeilen der Toten: Jedes Mädchen sollte einen Traum haben. Jedes Mädchen sollte sich diesen Traum erfüllen. Doch um welchen Preis? Mein Traum war es, das schönste Mädchen zu sein. Das Mädchen, welches jeder Junge gerne hätte. Umgeben von interessierten Menschen, beneidet von schönen Frauen. Ich wollte schöner sein, als alle anderen und begehrt von jenen, die es nicht wurden. Sansa und ich hatten diesen Traum geteilt und für mich geht er nach und nach zu ende. Ist das fair? Wieso ausgerechnet ich? Die Reise sollte mir großen Spaß machen und das hatte es auch. Ich war begehrt, die Fotografen liebten es, mich zu fotografieren. Die Helfer liebten es, mich anzukleiden. Cersei liebte es, mir die Haare hinter zu streichen und mir ins Ohr zu flüstern, wie perfekt ich sei. Joffrey liebte es, meine Hand zu halten und Jaime liebt es, sich dicht an mich zu drücken. Und ich liebte es auch. Doch je mehr Shootings ich hinter mich brachte, desto weniger wurde die Kleidung. Sie meinten, dass ich meinen einzigartigen Körper nicht verstecken brauchte. Ich war naiv und hab ihnen geglaubt, aber irgendwann wurde es mir zu viel. Ich sollte mich nackt vor der Kamera präsentieren. Ich sollte ihnen meine wahre Schönheit zeigen und das wollte ich nicht. Als ich mich dagegen sträubte, meinte der Fotograf, dass ihm versprochen wurde, ein junges hübsches Ding so zu fotografieren. Er schrie und drohte und Cersei stand da. Hilflos habe ich zu ihr geschaut, doch ihre Augen waren kühl und glitzerten furchterregend. Sie sagte, dass der Fotograf mich haben dürfte und mit mir tun dürfte, was immer er möchte, das habe sie ihm versprochen. Und das tat er auch. Er nahm sich mich, meinen Stolz, meine Jungfräulichkeit, meinen Traum und mein Leben. Wenn ich je ein Wort darüber verliere, sagten sie, so würde ich alles verlieren. Dabei haben sie bereits alles genommen, was ich je besaß und wofür es sich zu leben lohne. Ich bin kein Leben mehr wert. Ich bin dreckig und für nichts zu gebrauchen. Irgendwann werden es auch meine Freunde und meine Familie verstehen... irgendwann... Petyr presste die Lippen zusammen und hob den Blick. Das Schreiben war traurig, dass sich sogar bei ihm selbst ein Kloß im Halse bildete. Doch er spürte ihn mit einem Schluck Scotch runter, ehe er aufstand und den Mülleimer aus Metall zu sich zog. Es war ein schwarzes wenig schönes Stück. Er warf das Heft hinein und setzte sich auf den Schreibtischstuhl seines Büros in seinem eigenen Heim. „Du armes Ding.“, murmelte er, seine Stimme kühl und bemitleidend. Sie war wirklich dumm, wenn sie geglaubt hatte, sie hätte jeglichen Wert für die Lennisters. Er hielt den Brief unter die Flamme der Kerze, bis das feine Papier Feuer fing. „Aber jetzt bist du wo anders, wo es dir besser gehen wird. Zumindest kann man das hoffen...“ Er ließ das Papier in den Müll fallen und sah zu, wie auch das Heft Feuer fing. „Aber du hast mir nichts Neues gesagt, meine Liebe.“ Kapitel 7: Singing bird ----------------------- Sansa Noch immer war diese schreckliche Leere zu sehen, wenn man an Jeyne's Zimmer vorbei ging. Sie war einst Sansas beste Freundin gewesen, schließlich waren sie zusammen aufgewachsen! Aber solche Gedanken sorgten lediglich dafür, dass sich die Stark noch schlechter fühlte als ohnehin schon. Sie hätte für Jeyne da sein müssen. Freunde hörten einander zu, sie waren für einander da. Stattdessen hatte sich Sansa auf ihr eigenes Leben konzentriert, auf Joffrey, Margaery und auf ihren eigenen Job. Warum war Jeyne dermaßen aus ihrer Sichtweite verschwunden? Wenn sie genauer darüber nachdachte, hatte all das damit begonnen, dass Jeyne einen Job nach den anderen bekommen hatte und dies hauptsächlich in anderen Städten und Länder. Sansa war nie neidisch gewesen, dennoch hatte sie sich durchaus gefragt, ob sie selbst irgendwas falsch machte. Nun waren solche Gedanken allerdings ein Tabu. Jeyne war tot, da war kein Platz für Neid oder eine andere Negativität. Über Tote redete man nicht schlecht und es sorgte umso mehr für ein schlechtes Gewissen gegenüber ihrer besten Freundin. Mittlerweile war eine Woche vergangen, nachdem Sansa ihre Freundin hängend in ihrem Zimmer aufgefunden hatte und sie hatte viel gearbeitet. Es war eine gute Ablenkung, wenn auch nicht wirksam, denn wenn sie nicht gearbeitet hatte, dann hatte sie nachgedacht. An jenen Abend hatte sie von Chauffeur eine Nachricht bekommen und ihr war nicht klar, ob es damit einen Zusammenhang gab. Schließlich hatte Jeyne auch keinen Abschiedsbrief geschrieben. Wie gerne Sansa doch mit jemanden darüber reden würde. Joffrey war für so etwas nicht geboren, stattdessen machte er Witze über das arme Mädchen und Margaery gab ihr bestes, jedoch konnte Sansa ihr bis zur Nasenspitze ansehen, dass sie lieber über etwas anderes sprechen wollte. Natürlich hätte sie auch zu Cersei gehen können, aber sie war ständig unterwegs und dem Rest vertraute sie dazu nicht. Vielleicht Mister Baelish, der sich seit der Beerdigung aber nicht mehr blicken gelassen hat. Sie fragte sich, wo der Mann verblieben war, was er trieb. Er war bei der Beerdigung gewesen, schien da sogar kurz angebunden zu sein, aber sie hatte bereits gehört, dass der Mann viel beschäftigt war. Doch seit her war er ihr weniger sympathischer geworden. Vielleicht war sie viel zu empfindlich und nachtragend, aber es war Jeyne gewesen, die unter der Erde lag. Ein Mädchen, das nicht viel älter gewesen war, als Sansa selbst und nun einfach so tot war. Ein wenig mehr Mitgefühl hätte man durchaus aufbringen können, statt nach einer Stunde wieder zu gehen. Seufzend fuhr sie sich durch ihr rotes Haar, während sie in ihr Spiegel hinein sah. Seit einer Woche hatte sie kaum etwas gegessen und sie selbst empfand das als ungesund, während Cersei begeistert davon war, dass Sansa wieder Kilos abgenommen hatte. Oft genug hatte sie gehört, sie würde zu viel essen und wurde immer zu getadelt, wenn sie sich etwas Süßes nehmen wollte, wie zum Beispiel der Zitronenkuchen, der im Kühlschrank gestanden hatte. Es war so erniedrigend gewesen, als Joffrey ihr den Teller aus der Hand geschlagen und sie angefaucht hatte, sie sei zu fett. Statt dass Cersei ihren Sohn wieder zur Vernunft brachte, hatte sie ihm noch zu gestimmt. Ihr wurde schlecht bei dem Gedanken, dass sie sich das gefallen ließ, doch viel daran ändern konnte sie nicht. Wo sollte sie stattdessen hin? Zu ihrem Bruder, der alle Hände voll zu tun hatte, Vaters Erbe aufrecht zu erhalten? Womöglich waren Arya und Bran samt Rickon selbst schon genervt von der Beschäftigung ihres Bruders. Es wäre allerdings eine Möglichkeit, sie sollte ihn definitiv mal anrufen. Schweigend suchte sie ihr Smartphone in ihrem Zimmer, wobei sie auf ihrem Schreibtisch so einiges umräumen musste, um an das kleine Ding ran zu kommen, wobei sie über den Display wischte, ohne die versäumten Nachrichten zu lesen. Nach ein paar weiteren Wischer hatte sie die Nummer ihres Bruders gefunden, tippte sie an und wartete geduldig. „Sansa.“, begrüßte Robb sie überrascht, was der Rothaarigen Tränen in die Augen trieb. Sie hatte die Stimme ihres Bruders schon so lange nicht mehr gehört, dass es ihr Herz erweichte. „Hallo Robb.“, sagte sie und setzte sich derweil auf ihr Bett, strich sich vereinzelte Strähnen aus dem Gesicht. „Wie läuft es?“, hakte sie sogleich nach, um keine Fragen seitens ihres Bruders ertragen zu müssen, wobei er leise seufzte. „Es ist anstrengender als ich dachte. Die Mandanten haben unserem Vater sehr vertraut, da habe ich es nicht ganz so einfach. Aber es wird schon.“ Er war draußen, sie hörte die vorbeiziehenden Autos. „Störe ich gerade?“ „Nein.“ Sie war ungemein beruhigt. „Robb, ich hab eine Frage.“ Sie holte Luft und verkniff sich ein Schluchzen. „Was ist denn los?“ Die Frage war so sanft gestellt, dass sich Tränen in ihren Augen sammelten und sie presste ihre Hand für einen Moment gegen ihre Lippen, ehe sie sich räusperte. „Ich würde für ein paar Tage nach Hause kommen. Ich brauche... eine Pause.“ Es war kein Wunder, dass Robb nichts von Jeynes Tod erfahren hatte. Er war nicht hier, sondern wohnte in einem anderen Teil von Groß Britannien. „Ist irgendwas passiert?“, hakte er sofort nach und sie konnte förmlich vor dem inneren Auge sehen, wie er seine Brauen besorgt zusammen zog. „Jeyne... sie hat sich selbst umgebracht...“ Der Kloß im Hals tat schon fast weh, weshalb sie schwer schlucken musste. Erst recht, als Robb einen Moment lang nichts sagte. Er wenige Sekunden später antwortete er: „Komm nach Hause, Sansa.“ Sie war so erleichtert, ihn das sagen zu hören. Zu Hause würde sie Ohren finden, die ihr zu hörten. Da würde sie eine Tasse Tee und Zitronenkuchen bekommen, eine Decke und würde zusammen mit ihren Geschwistern trauern können. Es fühlte sich jetzt schon so unglaublich gut an. „Ich... ich werde dich noch einmal anrufen. Und dann sag ich dir, wann ich komme.“, sagte sie leise ins Telefon und ballte die freie Hand zur Faust, presste die Lippen aufeinander. „Am besten jetzt, aber okay. Ich warte auf dein Anruf.“ Sansa schloss langsam die Augen und holte nochmals tief Luft. „Danke, Robb.“ „Kein Problem. Melde dich.“ Sie legte auf und ließ ihren Kopf hängen. Sie wollte gerade so sehr nach Hause, dass sie es gar nicht in Worte fassen konnte. Aber vorher musste sie mit Cersei sprechen. Ohne ihre Einwilligung konnte sie nirgendwo hin, ansonsten würden sie sie aus der Kartei schmeißen. Das war wirklich das letzte, das Sansa wollte nach all dem, was sie für diesen Job durchgemacht hatte. Also stand sie von ihrem Bett auf und schob ihr Handy in die Hosentasche ihrer engen Jeanshose, ging aus dem Zimmer und machte sich auf die Suche nach Cersei. Irgendwo würde sie schon sein und wenn nicht, würde Sansa ihr einen Besuch abstatten. Es musste am besten heute noch geklärt werden. Umso schneller, umso besser. Ihre nackten Füße schlurften über den Parkettboden des Flures, während ihr Blick die gesamte Zeit die Gegend absuchte. Am besten fragte sie Margaery, wo sich Cersei befand und Margaery war nun wirklich weniger schwer zu finden, als die Mutter von Joffrey. Sie kam am Badezimmer vorbei, wo sie Geräusche von drinnen vernahm. Das könnte Magy sein. Normalerweise war es Sansa unangenehm, vor der Badezimmertüre zu stehen, während jemand da drinnen war. Es war unhöflich und könnte zu sehr unangenehmen Situationen führen und doch blieb sie dieses Mal stehen und lehnte sie etwas an die Türe. Gerade als sie die Hand angehoben hatte, um zu klopfen, hielt die Stark inne und kräuselte ihre Stirn. Das Würgen, das aus dem Bad kam, war nun wirklich nicht zu überhören und Sansa machte sich Sorgen. Sie klopfte. Die Geräusche verstummten, eine Klospülung war zu hören und kurz darauf laufendes Wasser. „Alles in Ordnung da drinnen?“, fragte sie nach und presste ihre Lippen abermals zusammen. Plötzlich ging die Türe auf und Sansa machte einen großen Schritt rückwärts, sah direkt in Magys Gesicht. „Ja, was soll den sein?“ Ihre Freundin grinste ihr breit ins Gesicht, wobei Sansa mehr als verwirrt drein sah. „Hast du dich übergeben?“, fragte Sansa nach und deutete mit dem Zeigefinger gen Badezimmer, doch Margaery schüttelte lediglich mit dem Kopf. „Nein, nicht das ich wüsste.“ Die Brünette zuckte mit den Schultern und kam nun ganz aus dem Badezimmer raus, musterte Sansa abschätzend. „Wie geht es dir?“ Am liebsten hätte Sansa geantwortet, dass es Magy doch eigentlich nicht interessierte, aber so unhöflich war die Rothaarige nicht, weshalb sie leicht mit den Schultern zuckte und statt über ihr Wohlergehen zu reden, lieber eine andere Frage stellte: „Hast du Cersei gesehen?“ Einen Moment überlegte Margaery, dann schmunzelte sie. „Cersei wollte heute hier vorbei schauen. Ich glaube sie ist noch unten, wenn du Glück hast, erwischt du sie noch.“ Sansa nickte und bedankte sich kurz angebunden, ehe sie die Treppen hinab stieg. Sie hoffte dass sie die Lannister noch erwischte, etwas anderes würde sie nur noch mehr deprimieren. Tatsächlich wollte Cersei gerade aus dem Haus gehen, da hielt sie Sansa sachte am Unterarm fest. „Cersei!“, sagte sie und hielt sie auf. Die Lannister drehte sich zu ihr und sah erst wütend, dann aber sanfter auf die Rothaarige. Sie hatte vergessen, dass die Mutter es nicht bedingt mochte, einfach so angefasst zu werden, deshalb zog Sansa ihre Hand auch schnell wieder zurück. „Kann ich dich bitte etwas fragen?“ Voller Hoffnung sah Sansa auf Cersei auf, spürte kurz darauf die Hand von Cersei auf ihrer Wange. „Was ist denn los, mein Kind?“ Die Rothaarige biss auf ihre Unterlippe und holte Luft. „Kann ich ein paar Tage frei haben?“ Cersei sah verwirrt auf Sansa runter und legte den Kopf sachte schief. „Wo willst du hin?“ Es überraschte Sansa, dass Cersei gleich auf den Trichter kam, sie wolle wo anders hin. Nun blieb ihr allerdings nichts anderes übrig, als es ihr zu beichten. „Ich dachte...“ Sansa kam ins stocken, ihr Blick traurig und sie senkte ihn leicht. „Mein Bruder hat vorgeschlagen, ich solle für eine Weile zurück nach Hause kommen.“ Nun hatte sie den Kopf wieder gehoben und hoffte inständig, Cersei würde dem zustimmen. Jedoch runzelte sie lediglich ihre Stirn und musterte das kleine Schäfchen vor sich wie der Wolf im Schafspelz. „Ich lasse es mir durch den Kopf gehen und dann sehen wir weiter.“ Sie legte ihre Hand auf Sansas Schulter und zog sie sanft zu sich, um sie in eine Umarmung zu schließen. Sansa erwiderte die Umarmung verkrampft und presste ihre Augen zu, da sie diese Antwort nicht erwartet hätte. Sie war enttäuscht und das konnte man ihr nicht einmal übel nehmen. „Ich muss nur leider los, ich werde dir früh genug Bescheid geben, kleines Täubchen.“ Cersei drückte sie noch einmal fest an sich, ehe sie die Rothaarige los ließ und sich zur Türe wandte. Die Türe fiel ins Schloss und Sansa stand alleine auf dem Flur, ohne zu wissen, was nun geschehen sollte. Kapitel 8: Everything for love ------------------------------ Petyr Der Wagen fuhr die unebene Einfahrt hoch und nachdem der Wagen stehen blieb, ging der Motor sachte surrend aus. Auch wenn Petyr in diesem Auto rauchte, so wie er es in diesen Augenblick tat, roch es noch immer nach Neuwagen. Kein Wunder, das Fenster war immer offen, er hasste es, wenn er im Auto rauchte und der ganze Rauch ihm die Sicht nahm und es schlussendlich auch noch nach Kneipe stank. Noch bevor er aus dem Auto stieg, holte er sein iPhone aus der Tasche heraus und checkte seine Nachrichten und anstehende Termine. Alles war gut durch geplant und organisiert. Nichts wurde aus den Augen gelassen und wenn eine Nachricht unbeantwortet war, so war sie seinerseits zumindest gelesen. Es war nichts besonderes und es schien heute durchaus ein Tag zu sein, an dem Ruhe herrschte. Dies war nur selten der Fall, in der Businesswelt war immer etwas los, vor allem an bei den Lennister. Aber nur weil es in dieser Welt ruhig zu ging, hieß es noch lange nicht, dass es bei ihm genauso war. Die Zigarette wurde nach dem Öffnen der Türe weg geschnippt und er selbst hievte sich aus dem Auto heraus, um die Türe anschließend zu zuschlagen. Wirklich motiviert für diesen Besuch war er nicht, aber das war er nie. Wenn es um diese eine Frau ging, musste er sich ganz besonders anstrengen, nicht die Fassung zu verlieren. Doch sobald er sein Ziel vor Augen sah, war es machbar. Und kaum hatte er ihr üppiges und durch und durch gesichertes Gelände betreten, ertönte ihre Stimme durch den Platz. „Petyr! Endlich bist du wieder da.“ Ihre hohen Schuhe klackten über den Asphalt, als sie auf ihn zu trat und er ihr entgegen kam. „Ich habe dich schon erwartet. Ich hoffe das neue Sicherheitssystem hat dir keine Umstände bereitet!“ Sie fiel ihm um den Hals, umarmte ihn fest und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Zögernd erwiderte er die Umarmung und legte seine Hände auf ihre Seiten, über die er sachte aber halbherzig strich. „Ganz im Gegenteil, Teuerste.“ Er lächelte sie sanft an und sie strich ihm mit ihrer Hand über die Wange. „Das mit mein Petyr. So schlau. Ich wusste doch, ich kann dir den Zutritt ohne Bedenken erlauben.“ Lysa war schon immer sehr eigen in Thema Sicherheit. Seit dem ihr Mann verstorben war und dann auch noch der Mann ihrer Schwester, war ihr kein Geld der Welt zu schade, damit sie und ihr Sohn im eigenen kleinen Gefängnis verweilen konnten. Doch es war ihnen nie sicher genug und Petyr würde sofort wetten, dass binnen vier Tage ihr das neue Sicherheitssystem auch nicht genügen würde. Zusätzlich hatte sie überall Kameras installiert. Das Tor wurde durch Fingerabdrücke und Code gesichert und selbst die Haustüre konnte man nur mit einem Code und dem Hausschlüssel öffnen. Wenn man die ganzen Sicherheitsleute, die Streife auf und ab liefen, abzog, wäre es noch einigermaßen in Ordnung und auszuhalten. Aber so könnte man meinen, hier wohne ein gehasster Mafiaboss, der viele Deals und Versprechen gebrochen hatte. „Komm doch rein. Mein Butler hat den Kaffee bereits fertig gemacht.“ Petyr folgte ihr in das Haus hinein und sah sich still um. Hier veränderte sich absolut nichts, doch fiel ihm die Ruhe auf. „Mein Sohn ist auf der Musikschule mit seinem Chauffeur.“, erklärte Lysa, als wäre ihre die Ruhe selbst auch aufgefallen. Bis auf den Pudel, der im Flur in seinem Körbchen lag, war niemand zu sehen. Weiter kam er nicht, denn Lysa griff nach seinem Handgelenk und zog ihn mit sich ins Wohnzimmer, wo sie beide Arme um sein Hals schlang und seine Lippen fest auf seine presste. Der Überraschungsmoment war vor einiger Zeit vollkommen verschwunden. Petyr hatte sich mittlerweile mit der stürmischen Art dieser Frau abgefunden und erwiderte den Kuss, wobei seine Hände auf ihren unteren Rücken platziert waren. „Oh Petyr...“, hauchte sie gegen seine Lippen und krallte sich übertrieben in seinen Nacken fest. „Wie lange muss ich noch warten, bis du zu mir kommst? Bis du mich endlich heiratest?“ Der Finanzmeister wandte seinen Blick von ihr ab und biss sich auf die Unterlippe, bevor er sie wieder ansah. „Das weißt du...“, hauchte er zurück und strich ihr kaltherzig eine Strähne aus dem Gesicht. Er lächelte, doch das Lächeln erreichte seine Augen nicht. Sie seufzte. „Bis der Tag kommt, an dem die Lennister die Abrechnung bekommen, kann es noch Jahre dauern!“ Frustriert hatte sie sich von ihm gelöst und setzte sich nun auf die Couch hin, strich mit ihren Fingern über ihre Schläfen. Er folgte ihr und setzte sich vorsichtig neben sie auf das Polster, legte seine Hand behutsam auf ihre. „Es wird sich lohnen, Lysa. Und das weißt du genauso gut wie ich.“ Sie rollte widerwillig mit den Augen und besah ihn mit einem zweifelnden Blick. „Ich will aber nicht länger warten. Meine Geduld ist sehr strapaziert!“ Leicht neigte Baelish seinen Kopf und strich mit den Fingern über ihre Wange. „Ich weiß, dass du Geduld hast und ich weiß, dass du auf mich wartest. Ich kann es selbst kaum noch erwarten, aber es muss sein.“ Zögernd nickte sie und beobachtete ihren angestellten Butler dabei, wie er den Kaffee auf den Tisch stellte. „Sag mir was ich tun soll, um die Prozedur zu beschleunigen.“ Sie wandte Baelish ihren Blick zu und er lächelte. Auf diese Frage hatte er gewartet. Bedacht lehnte er sich vor und griff nach dem Zucker und der Milch, womit er den Kaffee bearbeitete und rührte mit einem Löffel um. „Tatsächlich könntest du mir einen kleinen Gefallen erweisen.“ Er nahm die Tasse und nahm einen kleinen Schluck aus ihr. Das Gebräu war heiß, deshalb stellte er die Tasse wieder auf den Unterteller und legte seine Hand auf den Oberschenkel von Catelyns Schwester. „Und der wäre?“, fragte sie nach und zog ihre Brauen in die Höhe. Um ehrlich zu sein hatte Petyr manchmal das Gefühl, dass sich Cersei und Lysa gar nicht mal so unähnlich waren, auch wenn keiner der beiden Frauen jemals zustimmen würden. Sowohl Cersei als auch Lysa waren Mütter und wenn es darum geht gleichermaßen wie Tiere. Sie beschützten ihre Kinder bis auf ihr eigenes Blut. Darüber hinaus hatten beide die wahnwitzige Vorstellung, sie hätten Macht, weil sie Macht besäßen. Dabei hatten beide keinerlei Ahnung, wie man mit dieser Macht umzugehen hatte. Lysa war übertrieben, berechenbar. Cersei war es ebenso, auch wenn beide der Meinung waren, sie wären unberechenbar. Und beide Frauen hatten eine verbotene Liebe, die sie nie bekommen würden. Doch Lysa hatte im Vergleich zu Cersei etwas, das Petyr gut gebrauchen konnte. Sie hatte Leute, die ihr alles besorgen konnten, denn sie war stille Inhaberin einer Presseagentur. Und sie hatte den Einfluss, sämtliche Reporter raus zu schicken, um ihr Dinge zu bringen, die sie haben will. „Du weißt, dass die Lennister viel Dreck am Stecken haben.“, begann der Dunkelhaarige, wurde allerdings direkt von der Tully unterbrochen. „Natürlich weiß ich das! Ich bin nicht so geblendet, wie der Rest, Petyr! Du weißt das!“ Er lächelte und ja, es war sehr anstrengend mit ihr in einen Raum zu sein und sich mit ihr zu unterhalten, aber er hielt es aus. Er musste einfach. „Natürlich, meine Teuerste. Aber worauf ich hinaus will...“, er räusperte und lehnte sich hinter, wobei er seine Hand auf ihren Oberschenkel etwas zudrücken ließ. „Ich brauche Informationen über das Erbe der Firma Stags. Ganz dringend.“ Lysa erschien ihm skeptisch, doch sie ließ ihn weiter sprechen. „Laut den Lennister ist Joffrey der Erbe der Firma. Schließlich sei er der angebliche leibliche Sohn von Robert. Das dem nicht so ist, wissen wir beide. Man munkelt aber, dass Robert es ebenfalls wusste.“ Interessiert lehnte sich Lysa nun zu Petyr. „Sprich weiter.“, forderte sie und er nickte sachte. „Das Testament wurde von niemanden zu Gesicht bekommen. Weder die Brüder von Robert, noch Eddard Stark. Das gefällt den Baratheon-Brüder natürlich nicht, deshalb wollen sie nach dem Testament suchen.“ Lysa überlegte einen Moment lang und leckte sich kurz über ihre Lippen. „Du meinst also, dass das Testament gefälscht war?“, hakte sie nach und lächelte, als sie offenbar selbst erkannte, worauf Petyr hinaus wollte. „Wir brauchen das Testament!“ Voller Euphorie und Tatendrang hatte sie ihre Hand auf Petyrs Schulter gelegt. Er allerdings hob seine und beruhigte sie wieder. „Nein. Wir brauchen das Original.“ Lysa kam ins Stocken. „Denkst du Cersei, diese Schlange, hat das Original nicht schon längst vernichtet?“ Petyr allerdings schüttelte den Kopf. „Nein. Cersei würde es im Leben nie weg schmeißen. Sie will jeglichen Beweis für Roberts Unfähigkeit aufbewahren, um ihren Kindern später einmal zu zeigen, was für ein Weichling ihr Mann war.“ Lysa überlegte und dies ließ Petyr ihr gewähren. Statt weiter zu sprechen, lehnte er sich vor und nahm abermals einen Schluck aus seiner Tasse, die er wieder abstellte, als sich Lysa zu Wort wandte: „Und wie glaubst du, soll ich dir dabei helfen?“ Sie war skeptisch, das konnte er ihr deutlich aus der Stimme entnehmen. Deshalb strich er ihr beruhigend über den Oberschenkel. „Entsende ein paar Reporter. Sie sollen schnüffeln. Ich habe eine Vermutung, wo Cersei das Schriftstück aufbewahrt. Sie sollen das Leben der Lennister filmen, wie großartig sie sind und sie sollen uns das Testament bringen.“ Sie sollten es Petyr bringen. „Ich weiß, du und ich wollen nur die Wahrheit herausfinden. Und das werden wir, meine Teuerste. Du und ich, gemeinsam.“ Obwohl Lysa noch mit sich haderte, entfachte seine Zärtlichkeit ein Lächeln in ihrem Gesicht. „Mein Liebster, das hat aber einen Preis...“, summte sie ihm entgegen und grinste vielsagend. Petyr erwiderte es und beugte sie zu ihr. „Alles was du willst...“ Den Preis, den er dafür zahlen musste, war leicht zu vollbringen. Mit dem Können, sein Kopf abzuschalten, an etwas anderes zu denken und somit Lysa glücklich zu machen, war alles andere es schwer. So lang die Brünette außer Atem neben ihm in ihrer Decke gewickelt, während Petyr seinen Arm um sie gelegt hatte. „Du bringst mich wirklich jedes Mal zum Schreien, Petyr. Ich hoffe ich bin wesentlich besser, als deine Huren.“ Der Zahlenjongleur ließ seine Mundwinkel kurz in die Höhe zucken. „Du weißt, dass ich sie nicht selber ausprobiere.“ Seine Brauen wanderten leicht in die Höhe, als er seinen Blick zu ihr wandte. „Aber ein Bordell-Geschäft… Petyr… Eine Frau wie ich wird schnell eifersüchtig. Welche Frau würde nicht jemanden wie dich wollen?“ Er schnaufte amüsiert und strich über ihre nackten Schulter. „Ein Mann wie ich, gibt sich nicht mit allem zufrieden.“, erwiderte er, was sie für kurze Zeit beruhigen zu schien. Das Bordell-Geschäft war ein Muss. Es war ein offenes Geheimnis, dass Petyr so etwas führte. Die offizielle Variante war, dass er mit dem Geld, welches er von den Lennister bekam, nicht zufrieden war. Inoffiziell musste er seine Informationen irgendwo her bekommen. So wie auch jetzt. Sein Handy vibrierte, weshalb er seinen Arm ausstreckte und nach dem kleinen Gerät griff. „Immer wichtig...“, seufzte Lysa verträumt und strich mit der Hand über seine Brust. „Entschuldige...“, sagte er sanft und öffnete die Nachricht die er bekommen hatte. Seine kleine Informantin schrieb ihm das Neuste und der Dunkelhaarige wusste nicht, ob er es für gut heißen sollte. Sansa Stark hatte einen Auftrag und zwar den, dem Jeyne Pool nicht gewachsen war… Hosted by Animexx e.V. 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