Love Story von Bambusbesen (Midorima X Akashi) ================================================================================ Kapitel 6: Ausweichen --------------------- Midorima wendete die Spieße in der Pfanne. Die ordentlich aneinander gereihten Hühnchenstücke sollten von allen Seiten gleichmäßig durchgebraten werden. Während das Fleisch briet, verteilte er die kalten Soba Nudeln in zwei Schalen und stellte sie auf den Esstisch. In kleine Schälchen gab er Tsuyu Soße. Anschließend kontrollierte er die Yakitori Spieße und wendete sie erneut. Die Beschäftigung lenkte ihn von der Hiobsbotschaft ab, die er heute erhalten hatte, und sie half ihm, zu seiner üblichen Ruhe zurück zu finden. Akashi würde bald von der Arbeit Heim kommen. Dann konnten sie gemeinsam zu Abend essen. Darauf freute er sich. Je nach Schicht wechselten sie zwischen gemeinsamem Frühstück oder Abendbrot. Die Reste standen immer im Kühlschrank für Akashi. Sein Liebster war der klassische Sohn aus gutem Hause. Er konnte überhaupt nicht kochen. Es war regelrecht niedlich, wie unbeholfen er sich in der Küche anstellte, wenn er Midorima zur Hand gehen wollte. Ähnlich verhielt es sich mit alltäglichen Haushaltsaufgaben wie Putzen und Waschen. Bei der Erinnerung, wie ratlos Akashi erstmals vor der Waschmaschine mit dem Waschgel in der Hand gestanden hatte, musste er unweigerlich lächeln. Midorima wusste, wie schwer die Umstellung für seinen Freund war, auch wenn er das nicht aussprach. Und er gab sich wirklich Mühe. Akashi wollte in allem, was er machte, tadellos sein. Allerdings war Hausarbeit nicht seine Stärke. Das Geräusch der sich öffnenden und wieder schließenden Tür drang zu Midorima in die Küche. Akashi war von der Arbeit zurück. Der Grünhaarige prüfte die Yakitori und drehte den Herd ab. Schritte näherten sich. Sein Freund trat neben ihn. „Guten Abend, Shintarô.“ Akashi stellte sich auf die Zehenspitzen und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. „Guten Abend, Seijûrô. Setz dich. Das Essen ist fertig.“ Der junge Arzt nahm die Spieße aus der Pfanne und schichtete sie auf einen flachen Teller. Dieser fand seinen Platz in der Mitte des Tisches. Er legte Essstäbchen dazu, dann setzte er sich zu seinem Freund. Nur leises Klacken von Stäbchen, Atmen und gelegentliches Abbeißen waren zu hören. Während des Essens sprachen sie selten. Erst, als Akashi die Stäbchen ordentlich auf dem Stäbchenhalter ablegte und sich zurücklehnte, fragte er Midorima nach seinem Tag. Der junge Arzt legte den letzten abgeknabberten Spieß beiseite. Tief seufzte er. „Mir wurde gekündigt.“ Die Tatsache auszusprechen schmerzte. Er verstand nicht, warum ihm so unerwartet eine Kündigung vorgelegt wurde. Sein Chefarzt war sehr zufrieden mit ihm. Er hatte Midorima als talentierten, gewissenhaften Nachwuchs bezeichnet. Akashi blickte ihn ernst an. „Warum?“ „Der Personalleiter erklärte, das Krankenhaus habe wirtschaftliche Probleme und müsse Personal abbauen.“ Midorima glaubte das nicht. Er hätte bemerkt, würde es dem Krankenhaus nicht gut gehen. Oder? Sie hatten stets ein gut belegtes Bettenhaus, es waren genügend OPs geplant und durchgeführt. Das Krankenhaus besaß einen guten Ruf. Kein Kollege hatte über seine Sorge geklagt, gekündigt zu werden. Aber warum kündigte man ausgerechnet ihm? Sein Freund reagierte nicht sofort, sondern dachte über die Informationen gründlich nach. Aber er ließ ihn nicht an seinen Gedanken teilhaben. „Was hast du jetzt vor?“ Midorima könnte die Entscheidung anfechten oder sie akzeptieren. „Ich suche mir eine neue Anstellung.“ Er empfand es als zwecklos, mit aller Macht in dem Krankenhaus bleiben zu wollen, das ihn nicht mehr haben wollte. Vielmehr sollte er seine Kraft auf eine neue Arbeit verwenden. Midorimas Blick fiel auf den kleinen Kaktus, der heute sein Lucky Item war. Es hatte ihm kein Glück gebracht. War der Kaktus zu klein gewesen? Offensichtlich. „Brauchst du Unterstützung?“ Midorima musste lächeln. Sein Freund kümmerte sich stets um die, die ihm wichtig waren. „Danke, aber das schaffe ich.“ Sein Studium hatte er mit Bestnoten abgeschlossen. Er besaß ein hervorragendes Arbeitszeugnis und erledigte seine Arbeit einwandfrei. Ein anderes Krankenhaus würde sich doch sicher über einen jungen Arzt wie ihn freuen. Damals hatte er auch die Wahl gehabt, bei welchem Krankenhaus er anfangen wollte. „Ich übernehme bis dahin alle privaten Ausgaben“, erklärte Akashi. Sein Tonfall verriet, dass er nicht über seine Entscheidung diskutieren wollte. Bisher hatten sie die anfallenden Kosten geteilt. Aber mit dem Managergehalt war die Wohnung samt Nebenkosten für Akashi keine finanzielle Belastung. Und er half Midorima auf diese Weise. Der junge Arzt musste sich keine Sorgen um den Verlust der Wohnung machen und konnte sich ganz auf die Bewerbungen konzentrieren. Der junge Arzt griff über den Tisch und umfasste Akashis Hand. Sanft strich er mit dem Daumen über dessen Handrücken. „Danke.“ Akashi saß auf der hölzernen Parkbank, auf dem Schoß stand die geöffnete Bentôbox. Seit Midorima Zuhause war, gab er ihm jeden Tag ein liebevoll zurechtgemachtes Bentô mit auf Arbeit. Dafür stand er sicher mehrere Stunden täglich in der Küche. Akashi vermutete, dass es eine Art Beschäftigung für seinen Liebsten war, eine Ablenkung von seinen Problemen. Nachdenklich schob er sich ein Stück von dem saftigen Lachs in den Mund. Während er kaute, schweifte sein Blick über den in einem perfekten Kreis angelegten Teich. Kindskopfgroße Steine rahmten ihn ein. Knorrige Sakurabäume umgaben den Teich. Zum Hanami verwandelten die Bäume den kleinen Park in ein Meer aus rosanen Blüten. Jetzt färbte der nahende Herbst die grünen Blätter in die schönsten Gelb- und Rottöne. Auf der ruhigen Wasseroberfläche spiegelten sich die Baumkronen, verschmolzen darin zu einem flammenden Teppich. Es sah aus, als sei im Wasser ein Feuer gefangen, das nicht ausbrechen konnte. Akashi aß etwas vom Reis. In der Oberschule waren Midorimas Kochkünste fraglich gewesen. Niemand wollte essen, was der Grünhaarige zubereitet hatte. Wie lange hatte Midorima wohl geübt, um ein solch leckeres Bentô herstellen zu können? Akashi kannte die Stärken seines Freundes. Eine war sein Durchhaltevermögen. Er blieb solange an einer Sache dran, von der er wusste, dass sie ihn voran brachte, bis er es perfekt beherrschte. Zweifellos war sein Liebster ein guter Arzt. Warum also fand er seit einem halben Jahr keine neue Anstellung? Midorima war auf jedes Krankenhaus in Tôkyô zugegangen und hatte sich beworben. Die meisten suchten Ärzte, doch es war nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch gekommen. Akashi glaubte nicht an eine Pechsträhne. Sein Freund versteckte sich hinter seinem Aberglauben. Aber Akashi konnte riechen, dass etwas faul war. In dem letzten dreiviertel Jahr hatte sein Vater alle Hände voll zu tun, seine Firma durch die Krise zu steuern, die er heraufbeschworen hatte. Akashi verfolgte jeden Schritt aufmerksam und schleuderte seinem Vater hin und wieder einen besonders schmerzhaften Stein in den Weg. Erhielt er über seine Informanten Kenntnis von einem lohnenden Neukunden, erstellte er ein Gegenangebot und warb den Kunden ab. Konnte sein Vater wirklich genug Zeit erübrigen, seinen Freund in den Ruin zu treiben? Je länger Akashi darüber nachdachte, desto mehr Sinn ergab dieser Schachzug. Sein Vater hatte keinen weiteren Versuch unternommen, ihn zur Rückkehr oder Trennung von Midorima zu bewegen. Er hatte sich für einen anderen Weg entschieden. Der Rotschopf konnte sich denken, wie sein Vater vorging. Sein alter Herr hatte jemandem den Auftrag gegeben, Midorimas Ruf in der Tôktyôter Ärzte-Szene zu ruinieren. Schlechte Nachrichten und Gerüchte verbreiteten sich bekanntlich schneller als positive. Gerüchte an den richtigen Stellen gestreut, erreichten ein zerstörerisches Ausmaß. Erst sollte Midorima seinen Job verlieren und anschließend wollte sein Vater ihn in den Ruin treiben, indem er keine neue Anstellung fand. Midorima sollte abrutschen, damit Akashi sich von ihm abwandte und einsah, dass er einen Fehler gemacht hatte. Sein Vater bedachte ein wichtiges Detail nicht. Akashi tat alles für seinen Freund. Er liebte ihn und würde ihre Beziehung mit jedem Mittel schützen. Allmählich machte der Rotschopf sich ernsthaft Sorgen um seinen Liebsten. Je länger er seinen Beruf nicht ausüben konnte, desto ruheloser schien Midorima zu werden. Ihm fehlte die Praxis, die er dringend benötigte, um auf dem Laufenden zu bleiben. Theoretische Abhandlungen und Fachbücher konnten keine praktischen Erfahrungen ersetzen. Der Weg, den sein Vater eingeschlagen hatte, konnte er nicht einfach durchbrechen. Akashi könnte den Ruf seines Vaters völlig zerstören, aber das rettete Midorima nicht mehr. Es war Zeitverschwendung. Vielmehr mussten sie einen Weg finden, wie Midorima seinen Beruf ohne Einmischung ausüben konnte. Midorima saß an seinem PC. Konzentriert las er einen Bericht. Er bemerkte gar nicht, was Akashi tat. Der Rotschopf nutzte dies, um in dem kleinen Wohnzimmer ein paar Kerzen aufzustellen und zu entzünden. Auf einen hellgrünen Teller setzte er kleine Pralinen. Zusammen mit zwei Weingläsern platzierte er den Teller auf dem flachen Wohnzimmertisch. In der Küche entkorkte der Rotschopf die Flasche. Er roch an dem Wein. Zufrieden lächelte er. Der Inhalt hielt, was das Etikett versprach. Akashi kehrte ins Wohnzimmer zurück und füllte die beiden Gläser mit der roten Flüssigkeit. Sein Blick fiel auf Midorimas starken Rücken. Er bekam wirklich nichts mit. Akashi löschte das Deckenlicht. Der sanfte Kerzenschein tauchte das Wohnzimmer in orangenes Zwielicht. Midorima reagierte nicht. Er nahm die Fernbedienung zur Hand und startete den CD-Player. Klassische Musik erfüllte angenehm umschmeichelnd den Raum. Akashi trat hinter ihn. Zielsicher streckte er seine Hand aus und drückte den Schalter am Bildschirm. Das Bild verlosch. Midorima zuckte. Verstimmt blickte er zu ihm auf. „Ich wollte das lesen.“ Ein sanfter Kuss als Entschuldigung musste reichen. „Du kannst morgen weiterlesen. Heute Abend möchte ich dich ganz für mich haben.“ Seine Worte waren nur ein zarter Hauch gegen Midorimas Lippen. Seinem Freund fiel die Veränderung erst jetzt auf. Er blickte sich überrascht um. „Gibt es etwas zu feiern?“ Akashi umfasste Midorimas Hand und zog ihn vom Stuhl hoch, hinüber zur Couch. Der Grünhaarige setzte sich zu ihm und ließ sich das Weinglas in die Hand drücken. „Uns.“ Akashi lächelte und hielt ihm sein Glas entgegen. Fürs Erste gab Midorima sich geschlagen, auch wenn er nicht verstand, was Akashi vorhatte. Er konnte es an der Verwirrung erkennen, die in den grünen Augen waberte. Die Gläser stießen leicht gegeneinander. Akashi nahm einen Schluck vom Wein. Das feine Aroma benetzte seine Zunge. Ein wirklich guter Tropfen. Midorima trank nicht, sondern sah ihn fragend an. Es wurde Zeit, ihm von seiner Erkenntnis und seiner Idee zu erzählen. Akashi stellte das Glas beiseite. „Ich denke, mein Vater steckt hinter deinen beruflichen Schwierigkeiten. Er ist für die Kündigung verantwortlich und dafür, dass du keinen Job findest.“ Frustriert zogen sich Midorimas Augenbrauen zusammen. „Das ergibt Sinn.“ Sie wussten beide, dass Akashis Vater gegen ihre Verbindung war. Aufmerksam beobachtete der Rotschopf seinen Freund. Dieser starrte in das Weinglas. Er meinte, Zweifel in seinen Augen zu sehen. Das durfte nicht passieren! Es war völlig gleichgültig, woran Midorima zweifelte, ob an ihrer Beziehung oder an seiner Karriere, Akashi ließ nicht zu, dass sein Vater auf diese Weise einen Keil zwischen sie trieb. Entschlossen nahm er Midorimas Hand und hielt sie fest. „Ich weiß, wie wir seinem Netz entgehen können.“ Sein Liebster blickte auf. „Wir müssen aus seinem Einflussbereich raus, damit du deinen Beruf ohne Einmischung ausüben kannst.“ Der junge Arzt blinzelte überrascht. Nachdenklich schwenkte er das Glas in seiner Hand. Akashi wollte, dass Midorima selbst auf die Lösung kam. Er war intelligent. Mit diesem kleinen Schubs würde er es selbst erkennen. „Du meinst, ich soll mich außerhalb von Tôkyô bewerben. Aber was ist mit dir?“ Über sich selbst machte Akashi sich keine Gedanken. Die Bank von Tôkyô hatte in den verschiedenen Großstädten weitere Filialen, die zwar den Namen der Stadt trugen, jedoch stand dahinter ein einziger Konzern. „Ich kann die Filiale wechseln.“ Erneut huschten Zweifel wie ein Schatten durch Midorimas Augen. „Geben wir damit nicht auf?“ Entschieden schüttelte Akashi den Kopf. „Wir weichen aus, wie ein Fluss.“ Er nahm eine Praline und betrachtete das filigran verzierte Naschwerk. „Mein Vater hat nicht überall die Macht, das Leben eines einzelnen zu zerstören. Solange wir zusammenhalten, wird er sein Ziel nicht erreichen.“ Akashi aß die die Praline. Der zarte Geschmack von Karamell und feiner Schokolade breitete sich in seinem Mund aus. Je verbissener sein Vater versuchte, ihn von Midorima zu trennen, desto weiter trieb er seinen Sohn von sich weg und umso weniger Einfluss konnte er ausüben. Vorerst würden sie seiner Taktik ausweichen, bis sich der richtige Moment für einen Vernichtungsschlag anbot. Ein Lächeln zeigte sich auf Midorimas Lippen. Akashi strich ihm über die Wange. Endlich sah er seinen Freund wieder besser gelaunt. In den letzten Wochen hatten die Belastungen der ständigen Absagen sein Gemüt verdunkelt. Akashi hatte beunruhigt zugesehen, wie er sich an seine Lucky Items klammerte, als könnten diese ihm helfen. Endlich hob Midorima das Glas und trank von dem Wein. Anschließend zog er Akashi zu sich heran und vereinte ihre Lippen zu einem liebevollen Kuss. Der aromatische Geschmack des Weines veredelte die innige Berührung. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)