I'm in Love with a Killer von Sakami-Mx (Sie leben unter uns) ================================================================================ Prolog: Anders als die Anderen ------------------------------ Langsam ließ ich meine Lider sinken und döste etwas vor mich hin. Ich saß draußen, an einen großen, alten Baum angelehnt und las ein langweiliges Buch. Naja, ich überflog es wohl eher und sah mir die Überschriften an. Es war so ein schöner Sommertag, eine leichte Brise wehte durch meine langen,  braunen Haare und die Vögel zwitscherten fröhlich über meinem Kopf. Wie gerne würde ich auch so fröhlich sein wie sie und mit ihnen singen, doch ich hatte einfach nur schlechte Laune und diese wuchs von Tag zu Tag. Ich hatte keine Lust mehr, hier zu vergammeln!  Mit hier, meinte ich den Schulkomplex der Privatschule, die ich besuchte. Klar, es war groß hier, schön eingerichtet sowieso und meine Mitschüler waren alle nett zu mir, aber dieses ganze freundliche Getue, das aufgesetzte Lächeln und diese Scheinheiligkeit, welche mir hier tagtäglich begegnete, gingen mir gewaltig auf die Nerven! Ich sollte so etwas gar nicht erst denken, da ich so nicht erzogen wurde. Meine Eltern waren strenge Katholiken und hatten mir von Anfang an eingetrichtert, ich solle nicht so schlecht über meine Mitmenschen denken. Meine Mitschüler waren nett, also sollte ich ihnen auch Nettigkeit entgegenbringen, doch das tat ich nicht. Nicht mehr!  Vor ein paar Jahren war ich genauso wie sie alle. Ich hatte gelächelt, hatte jeden freundlich begrüßt, der mir entgegen kam und hatte meine wirklichen Gefühle dem Ganzen hier für mich behalten, da ich mich nicht getraut hatte, meine Meinung zu äußern. Ich hatte mich von meinen Lehrern und Mitschülern einlullen lassen, hatte nie eine eigene Meinung gehabt und nur das Gesagt, was alle hören wollten. Jetzt war ich in ihren Augen eine Art Rebellin geworden, wenn auch nur eine klitzekleine. Mir war einfach nur klar geworden, dass das hier alles doch reinster Schwachsinn war. Ich hatte früher an so etwas wie einen Gott geglaubt, doch warum sollte ich an eine nicht existierende Persönlichkeit glauben, die auf der ganzen Welt leiden zuließ? Da konnte mir jeder noch so heilige Futzie von Gott und seinen guten Taten erzählen, ich würde nicht mehr daran glauben. Wofür beten, wenn die Gebete eh nicht erhört wurden? Meiner Meinung nach, gab es Gott nicht… Und dass hatte ich nach 16 Jahren endlich begriffen. Wäre meine beste Freundin, Rachel, nicht gewesen, wäre ich nie zu diesem Standpunkt gekommen. Ihre Eltern waren genau wie meine, nur dass Rachel von Anfang an ihre Meinung vertrat. Sie hielt nichts von diesem Gott der Allmächtige und Barmherzige beschützt uns alle Gequatsche, dass wussten auch ihre Eltern. Sie waren jedoch der Meinung gewesen, sie könnten ihre Ansichten vom Glauben ändern, indem sie sie an dieser katholischen Privatschule anmeldeten. Da hatten sie aber falsch gedacht. Rachel schwänzte des Öfteren den Unterricht und wenn sie mal da war, gab sie ständig ihren Senf dazu. Mich wunderte es nur, dass sie nicht schon längst von der Schule geflogen war. Ich denke, ihre Eltern bestachen die Lehrer, damit Rachel hierbleiben durfte. Ich bewunderte sie schon gleich vom ersten Tag an. So wie es aussah, waren alle an dieser Schule so langweilige und steife Christen, die keinen Spaß verstanden und nur nach den Regeln ihres Gottes handelten. Gott stand hier über allem, was auch kein großes Wunder war. Wir mussten jeden Tag vor Schulbeginn in die Kirche und an der Messe teilnehmen. Jeden verdammten Morgen um fünf Uhr aufstehen, damit ich rechtzeitig fertig wurde. Wer die Messe nicht besuchte, wurde zum Rektor geschickt und musste sich erklären, aus welchem Grund man nicht da gewesen war, die Kranken natürlich ausgeschlossen.     Seufzend strich ich mir eine lange, braune Strähne aus dem Gesicht, welche sich dahin verirrt hatten. Ich musste meine grünen Augen fester zusammenkneifen, da mir die Sonne direkt ins Gesicht fiel. „Anna? Bist du das?“, rief mich jemand. Diese Stimme würde ich unter tausenden wiedererkennen. „Ja“, lachte ich kurz auf und öffnete meine Augen. Ich sah, wie Rachel auf mich zu kam, ihre schwarzen Locken hatte sie zu einem Dutt zurück gebunden. Sie passten perfekt zu ihrem leicht, braunen Teint. Ihre Augen waren schwarz umrandet und ihre blauen Augen strahlten mir entgegen. „Na, du Schlafmütze. Ich hab dich überall gesucht“, grinste sie und ließ ihre Tasche neben mich auf den Boden fallen. Sie zog sich ihre grau, glänzende Lederjacke aus und warf sie ebenfalls zu mir. „Hast mich ja jetzt gefunden. Was gibt’s denn?“, fragte ich zurück und mustere sie von der Seite. Sie trug ein schwarzes Top; kurze, schwarze Leggins, die knapp bis zur Hälfte ihrer Schienbeine ging; darüber einen rot, schwarz, karierten Rock und schwarze Ballerinas. Ihr Nietengürtel, welchen sie über dem Rock trug, glitzerte im Sonnenlicht. Am Anfang war es noch etwas gewöhnungsbedürftig, sie in diesem Aufzug zu sehen, da es hier eine strickte Kleiderordnung gab, doch ich hatte mich schon längst daran gewöhnt. Ich selbst war eher ein kleiner Angsthase, der sich nicht traute, sich gegen die Regeln zu stellen. Oke, ein bisschen hatte Rachel mich schon dazu bringen können, mich von der grauen Masse abzuheben. Ich trug ebenfalls eine Lederjacke, doch darunter hatte ich, wie alle anderen, eine weiße Bluse und dunkle Jeans. „Ich habe beschlossen, dass wir heute Abend ausgehen werden!“, sagte sie bestimmt, zog eine Sonnenbrille aus ihrer Tasche, setzte sie auf und lehnte sich zurück an den großen, alten Baum. „Aber, wir dürfen doch nach acht Uhr nicht mehr das Gelände verlassen! Außerdem hätte ich eh nichts zum Anziehen“, erinnerte ich sie. „Ach, das ist mir sowas von schnuppe. Es ist Wochenende und wir müssen mal wieder weg von hier. Komm schon, du hast doch eigentlich extrem Lust darauf.“ Sie sah mich leicht auffordernd an und grinste. Ich kämpfte krampfhaft gegen das Lächeln, was sich auf meine Lippen durchkämpfen wollte, an und verlor leider den Kampf. „Hast ja Recht. Ich habe nur Angst, dass wir Ärger bekommen!“ Sie blies sich eine Haarsträhne, die sich aus dem Zopf gelöst hatte, aus dem Gesicht. „Stell dich nicht so an“, meinte sie und griff nach ihrer Tasche. Sie kramte etwas herum, bis sie ihre Papes, Filter und ihren Tabak fand. „Willst du etwa auf dem Schulgelände rauchen? Wir hatten doch ausgemacht, dass du das nicht mehr hier machst, wo uns alle sehen können“, fragte ich leicht erschrocken und legte das Buch, welches bis vor ein paar Sekunden noch auf meinem Schoss geruht hatte, auf die Seite ins weiche Gras. „Jaja, ist doch alles okay. Wir finden was Hübsches für dich zum Anziehen und dann gehen wir weg. Das letzte Mal hast du dich auch nicht so angestellt und du kannst jetzt nicht behaupten, dass der Abend so schrecklich war“, meinte sie beifällig und drehte sich ihre Zigarette. Als sie fertig war, betrachtete sie ihr Werk und lächelte zufrieden. Dann zog sie ein Feuerzeig hervor und zündete sie an. „Hm, ja“, gab ich zu und schloss wieder die Auge, um mich an den Abend zu erinnern. „Hast du noch Kontakt zu Colin?“, wollte Rachel wissen. „Nein, nachdem meine Eltern herausgefunden haben, dass ich mit ihm zusammen bin, haben sie in der Schule angerufen und den Lehrern gesagt, dass er nicht mehr auf das Schulgelände darf. Außerdem haben wir uns nur noch selten gesehen und er meinte dann, dass er keinen Sinn mehr in unserer Beziehung sieht und hat Schluss gemacht“, erzählte ich. Innerlich schüttelte ich immer noch den Kopf über die Tatsache, dass ich wirklich mit Colin zusammen war. Meine Eltern duldeten es keines Wegs, dass ich einen Freund hatte, bevor ich nicht in einem heiratsfähigen Alter war. Für sie, und die ganzen katholischen Gläubiger, war es eine Schande, mit einem Jungen zusammen zu sein, bevor man nicht mit ihm verheiratet war. Was den Sex anging, verhielten sie sich genauso. Keuschheit bis zur Ehe. Das war wirklich das dämlichste, was ich je gehört hatte. Wahrscheinlich würde ich laut den Geistlichen in die Hölle kommen, wenn sie herausfanden, wie oft ich schon gegen ihre Regeln verstoßen hatte. Colin und ich wären wahrscheinlich nie zusammengekommen, hätten wir nicht miteinander geschlafen. Rachel riss mich zurück in die Wirklichkeit, als sie  den weißen Rauch mit einem leicht verwirrten, leicht ungläubigen Ton aus blies. „Ihr ward zusammen? Wie lange das denn? Und warum hast du mir das nicht erzählt?“ Ich presste meine Lippen fest aufeinander. „Nicht so lange. Höchstens zwei Monate, länger hat es nicht gehalten. Und ich habe nichts erzählt, weil du ihn doch nicht so mochtest.“ Sie überlegte kurz. „Ach stimmt ja“, lachte sie auf und nahm einen neuen Zug. Aus den Augenwinkeln sah ich immer wieder ein paar Mitschüler über die Wege laufen. Sie starrten in unsere Richtung, doch sobald sie bemerkten, dass wir zu ihnen sahen, senkten sie ihre Köpfe und gingen weiter. „Also? Heute Abend feiern gehen? Vielleicht treffen wir ja ein paar nette Typen und können bei ihnen schlafen, wenn du verstehst, was ich meine.“ Ich nickte verstehend und lächelte etwas verlegen vor mich hin. „Hast du immer noch Schiss vor Sex?“ Ich sah sie mit großen Augen an, dann hektisch von links nach rechts. „Nicht so laut! Du weißt ganz genau, wenn rauskommt, dass wir schon, du weißt schon… Wir bekommen richtig großen Ärger!“ Sie lachte auf. „Also wirklich, dass kann den ganzen Gottesheuchlern doch scheiß egal sein, was ich in meinem Leben anstelle. Scheiß auf Gott und diese verkackte Kirche. Das sind doch eh alles Lügen, was die hier rumerzählen! Wir gehen Party machen! Und wenn da ein süßer Typ ist, lass ich mich auch gerne von ihm flachlegen!“ Zum Ende hin wurde sie immer lauter. „Rachi, nicht so laut, bitte…“, flehte ich sie an. Sie zog noch ein letztes Mal an ihrer Zigarette, dann drückte sie sie im Gras aus. „Komm, wir gucken jetzt nach Klamotten!“ Ich packte schnell meine Sachen zusammen und folgte ihr in das Mädchenschlafhaus. Ich teilte zwar ihre Meinung, doch ich war zu feige, so wie sie damit umzugehen. Ich traute mich zwar immer mehr, wie zum Beispiel vor der ganzen Klasse zu äußern, dass es Gott nicht gibt und wir hier alle nur verarscht wurden, aber das war bis jetzt auch die größte Leistung, die ich vollbracht hatte und stolz drauf sein konnte.   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)