Freund gesucht! MxM von NicoRomeo ================================================================================ Kapitel 4: ----------- Nach einer weiteren Stunde Essen und Reden hatten es Nick und Casey - fürs erste - geschafft. Sie hatten sich bereits von allen verabschiedet, außer von Emma-Marie. Sogar John hatte beiden die Hand gereicht, doch ein paar nette Worte hatten sie von ihm nicht erhalten. Em stand mit den beiden „Turteltäubchen“ noch lange an der Tür. „Wir müssen uns unbedingt mal zu viert treffen“, schlug die noch 27-jährige lächelnd vor. „Dann sind wir in einer anderen Umgebung und es ist nicht so angespannt. Jem findet meine Idee sicher auch klasse. Und ich freue mich sehr, dass Case bei der Hochzeit dabei ist.“ „Ich denke zwar nicht, dass Jeremy so von uns begeistert ist, dass er etwas zu viert unternehmen will, aber wieso nicht.“ Nick warf Casey einen Blick zu, ergriff seine Hand und schaute dann wieder zu seiner Schwester. „Aber wir müssen jetzt wirklich los, Süße. Case muss noch ein bisschen für seine Uni ackern…“ Als sie endlich im schicken Cabrio von Nick saßen, sah dieser Casey lange an. „Wir waren doch gut oder?“, fragte Nick mit einem schiefen Lächeln. „Wir waren klasse, ja. Aber dein Stiefvater wird wohl nicht bei unserer Hochzeit dabei sein“, scherzte Case und lachte. „Ich hätte nicht gedacht, dass John so hart reagiert. Ich weiß auch nicht. Ich habe angenommen, dass sie beide kurz schräg geguckt hätten und der Verkupplungs-Scheiß dann vorbei wäre.“ Case musste lächeln. Nick war schon ein wenig naiv. „Weißt du, nicht jeder kann so etwas gleich akzeptieren. Du musst ihm schon etwas Zeit geben.“ Der 20-jährige musste aber bald lachen. „Oh man Nick, das ist so verrückt. Eigentlich musst du ihm auch keine Zeit geben. Schließlich ist das alles nur eine große Farce. Ich kenne echt niemanden, der so etwas Durchgeknalltes machen würde, sorry!“ „Aber ich war sehr überzeugend! Vielleicht sollte ich aus der Automobilbranche aussteigen und Schauspieler werden. Du kannst mein Assistent sein, wenn du willst.“ „Du bist echt ein Spinner!“ „Tja, so wie es aussieht, bin ich aber noch eine Weile dein Spinner, Schatz.“ Nick grinste und warf Casey einen charmanten Blick zu, während er nach seiner Sonnenbrille griff und diese lässig aufsetzte. Zum Glück sah der 26-jährige auch bald wieder auf die Straße, denn Caseys „professionelle“ Fassade bröckelte. Er wurde leicht rot. Ihm gefiel Nick. „Du benimmst dich wie ein dummes, verknalltes Gör. Er ist hetero, und wird es wegen dir sicher nicht ändern!“, flüsterte eine hässliche Stimme in Caseys Kopf. Am Montag hatte Nick, wie versprochen, gleich mit dem Verkäufer Matthew Grant und auch Mandy, der Aushilfe, gesprochen. Grant hatte er in sein Büro zitiert und die Serviceassistentin hatte er persönlich angerufen. Er erklärte ihnen, dass er zwar tatsächlich mit Casey in einer Beziehung wäre, sie das aber unter keinen Umständen weitertratschen sollten. Mandy hatte auch mehrmals erklärt, dass sie nur Emma-Marie von dem Vorfall am Samstag erzählt hatte. Grant gab ebenfalls sein Wort, den Mund zu halten. Damit war für den Juniorchef die Sache erstmal abgehakt. Er hatte seine Pflicht nun erfüllt oder? -- Dienstag, 15:20 Uhr -- Es war bis jetzt ein harter, unnachgiebiger Tag gewesen. Nicholas hatte kaum die Möglichkeit zu einer Verschnaufpause gehabt. Dabei war Dienstag eigentlich der Tag, an dem die Menschen am faulsten waren. Auf den Juniorchef traf dies allerdings keinesfalls zu. Fast jede zwanzig Minuten wurde er zusätzlich mit Telefonaten genervt. Er sehnte sich jetzt schon nach dem erlösenden Wochenende… John hatte bis jetzt nur notgedrungene Gespräche mit ihm geführt. Gestern war seine erste Frage gewesen, ob er denn in Bezug auf die unschöne Sache, zumindest alles geklärt hätte. „Nick!“ Emma-Marie kam plötzlich in das Büro ihres jüngeren Bruders gestürmt. Von Anklopfen keine Spur. In ihren Filialen gab es meist nur Glastüren. So hatte sie sehen können, dass niemand bei ihm war und er fleißig an seinem Schreibtisch saß, der direkt gegenüber der Tür stand. „Em? Was machst du hier?“, fragte der 26-jährige Juniorchef verwundert. Er sah von seinem silbernen Laptop auf. Er erstellte gerade eine Präsentation für ein Meeting, das Morgen anstand. „Ich wollte dich überraschen, kleiner Bruder!“ Em lächelte und stellte ihm einen Starbucks-Becher vor die Nase. „Und dir was Leckeres bringen.“ „Schade, über etwas Essbares hätte ich mich mehr gefreut, ich habe seit heute Morgen nichts mehr zu beißen gekriegt.“ Nick seufzte, griff aber dankbar nach dem Becher und nahm einen Schluck. „Oh, das tut mir leid, das konnte ich nicht ahnen…“, murmelte sie. „Aber ich habe noch eine Kleinigkeit für dich. Das kann man zwar nicht essen… oder… naja… äh… Moment!“ Sie lief schnell aus dem Büro und kam mit einer Person an der Hand wieder. „Tada!“, rief Emma wie eine Präsentatorin aus einem Zirkus oder einer Show. Vor Nick stand nun Casey, der ihm einen entschuldigenden Blick zuwarf. „W-was machst du denn hier… Schatz?“, kam es etwas verspätet von dem 26-jährigen. Automatisch erhob sich Nick von seinem Chefsessel. Er sah mit einem großen Fragezeichen zu seinem Schein-Freund und hatte nicht die leiseste Ahnung was er tun sollte. Umarmen? Küssen? Gar nichts? Ein One-Way Ticket zu den Balearen kaufen? „Begrüßt man so seinen Freund?“ Em hob fragend eine ihrer fein geschwungenen Augenbrauen. Sie hatte wohl einen halben Porno erwartet: Sollte er sich Casey etwa greifen, auf seinen Tisch setzen und hemmungslos küssen oder wie durfte er das verstehen? „Bleib‘ sitzen, Schatz“, kam es helfend von Casey. Er machte entsprechende Handbewegungen. „W-wir haben uns unerwartet in der Stadt getroffen und da hat deine Schwester mich freundlicherweise zu dir mitgenommen“, erklärte der 20-jährige und sein Blick verriet mehr als tausend Worte. Er hatte keine Chance gehabt, sich davor zu drücken. „Jetzt fange ich auch schon an zu stottern!“, dachte er sich derweil nach seiner grandiosen Aussage. Emma-Marie hatte Case regelrecht überfallen. Er hatte lediglich für seine immer noch kranke Mutter zur Apotheke gehen wollen, doch direkt gegenüber beim Starbucks hatte Em ihn entdeckt und ihm gleich hektisch zugewinkt. Allerdings hatte er den Satz von Nicks Schwester vernommen. Er trat auf seinen Klienten zu, beugte sich zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Mensch, ihr könnt euch doch ruhig richtig küssen vor mir!“ Em stemmte die Hände in die Hüften. Sie erwartete tatsächlich eine dramatische Begrüßungsszene. Nick sah fragend zu Casey und dann wieder zu Em. Dem Juniorchef fiel auf, dass Case heute leicht wuschelige Haare hatte, was echt süß aussah. „Was denke ich hier eigentlich für einen gequirlten Mist? Ich muss mir schnell wieder eine Frau für eine schnelle und unverbindliche Nummer suchen.“ „Du bist jetzt nicht ernsthaft zu mir gekommen, um Casey vom Lernen für seine Uni abzuhalten und mich von der Arbeit oder?“ Sein Kopf hatte allerdings schon wieder eine leichte Röte angenommen, bei den Wahrscheinlich-Wunschgedanken von Emma. Wieso konnte er das nicht abstellen? Er war erwachsen, verdammt! „Natürlich nicht. Ich bringe den GT-R* für einen Kunden und tausche ihn mit einem anderen. Einer der Verkäufer hier hat eine Probefahrt damit und du hast ja den Azubis und Praktikanten verboten, so einen schnellen Wagen allein zu fahren... Die anderen Kollegen hatten keine Zeit, da musste ich herhalten. Und ja, ich habe Casey zufällig getroffen, als ich mir einen Kaffee holen wollte. Ich habe ihn hier her gezerrt. Er war so schüchtern und wollte dich nicht bei der Arbeit stören, total süß. Ich musste ihn fast zwingen. Ach, er ist so ein Lieber… Und du bist heute scheinbar echt gereizt…“ Em verdrehte die Augen. „Wo steht der GT-R?“, fragte Nick, ignorierte die letzten Sätze und das Augenrollen, und stand von seinem Platz auf. Er sah aus dem Fenster. „Ah, schönes Ding. Der mit dem Sonderlack.“ Er besah sich mit einem kennenden Blick das Auto, worauf er von oben einen guten Blick aus werfen konnte. „Habt ihr etwa doch Stress? Vielleicht wegen Sonntag? Ich wollte euch nicht mehr hineinziehen… Nur… Dad hat nicht aufgehört zu lachen. Jem auch nicht, naja…“, versuchte sie leicht hilflos zu erklären. Sie strich sich eine dunkle Haarsträhne zurück. „Und ich freue mich doch so für euch, Nick.“ „Es ist alles in Ordnung, Emma-Marie. Wirklich.“ Casey übernahm für seinen Auftraggeber das Antworten und zeigte Em sein schönstes Lächeln. „Na gut. Case, ich nehme dich ja gleich wieder mit. Ich sage nur schnell den anderen ‚Hallo‘ und dann können wir auch schon wieder los. Vielleicht könnt ihr euch ja jetzt richtig begrüßen, wenn ich weg bin.“ Nicks Kopf glich schon wieder einer überreifen Tomate. Emma ging nach diesen Worten kichernd zu ihrem Bruder, drückte ihm, wie Casey gerade, einen Bussi auf die Wange und war dann auch schon verschwunden. Zum Glück schloss sie die Tür hinter sich. Sie arbeitete mit ihrem Bald-Ehemann meist in einer etwas kleineren Filiale von ihnen und sah die Kollegen deshalb nicht ganz so oft. „Sie hat dich also gezwungen mit zu mir zu kommen? Das tut mir leid, ich bezahle dir natürlich die Zeit“, faselte Nick und schien nach seiner Geldbörse zu suchen. „Nick, es ist wirklich in Ordnung. Es ist nicht so, dass sie mir jetzt fünf Stunden geraubt hat. Aber ich muss dir eines sagen, versuche deine Gesichtsfarbe ein wenig besser zu kontrollieren. Es könnte sonst peinlich werden auf der Hochzeit.“ Auch Casey wandte seinem Blick nun dem Fenster zu und betrachtete die schöne Aussicht. Man sah den ganzen Parkplatz, was für ein Chefbüro wohl mehr als praktisch war. Nick fing an zu lachen, war aber erst leicht baff gewesen. „Sorry, mit euch beiden habe ich nur heute gar nicht gerechnet. War den ganzen Tag in die Zahlen vertieft und mit so einer verflixten Präsentation für Morgen.“ Nick seufzte schon wieder. Casey sah ihm an, dass er müde war. „Hey, es war mir auch sehr unangenehm hier mitzukommen, aber ich konnte sie nicht abschütteln. Und vermutlich läuft dein Stiefvater hier rum und wird mich gleich eigenhändig rausbefördern. Oder den Sicherheitsdienst rufen, falls ihr einen haben solltet.“ Nick musste über die Aussage etwas lachen und betrachtete Case währenddessen erneut: Seine zerzausten Haare, seine leicht gebräunte Haut, seine schönen mandelförmigen Augen... Casey war echt ein Hübscher und hatte vermutlich Besseres zu tun als seine leicht schlechte Laune zu ertragen. „WTF? ‚Schöne mandelförmige Augen‘? Wenn das jetzt mal nicht ein schwuler Gedanke war…“ Nick kratzte sich am Kopf. Er rauchte eigentlich nicht, aber in diesem Moment wünschte er sich eine Zigarette. „Alles in Ordnung. Ich hätte sowieso eine kleine Pause gebraucht.“ Nick legte ihm leicht seine Hand auf den Rücken und ging dann zu dem Kaffeebecher. „Magst du auch etwas trinken, hier gleich gegenüber ist unsere Küche. Es wird um die Zeit keiner Pause machen, also kannst du dir ungestört ein Glas Wasser holen“, bot Nick höflich an. Normalerweise hatte auch er Getränke in seinem Büro, falls er Kunden hier empfing, doch nach dem letzten Meeting hatte er aus Zeitmangel nichts mehr aufgefüllt. Und er war nicht so, dass er solche einfachen Dinge andere Leute für sich machen ließ… Zudem musste nicht jeder Hans und Franz in seinem Raum herumschnüffeln. Casey lächelte. „Nein, danke, deine Schwester hat mir auch einen Becher ausgegeben, auf der Fahrt hierher. Ich gehe dann mal wieder zu ihr. Mach’s gut.“ Der 20-jährige wollte gerade gehen, als er sich noch einmal zu Nick umdrehte. „Ach Nick…“ Casey fuhr sich durch die Haare und schien nach den richtigen Worten zu suchen. „Ich will dir nicht zu nahe treten oder so, aber vielleicht sollten wir ein paar Tage vor der Hochzeit… äh… üben. „Was meinst du mit ‚üben‘? Nick sah Case fragend an. „Naja… nur wie wir uns einen flüchtigen Kuss geben, mehr nicht. Du wirst immer rot, wenn irgendwie darauf angespielt wird, was zwar sicherlich süß ist, aber…“ „Hast du mich gerade süß genannt, Casey Summers?!“ Nick stellte sich mit verschränkten Armen vor seinen Schein-Freund. „Ja, ich glaube, das habe ich“, antwortete dieser und musste nun grinsen. Sie waren hier nicht in der Kirche, also konnte man das „glaube“ auch wieder streichen. Männer wie Nick hassten das Wort „süß“ und brachten wahrscheinlich alles damit in Verbindung… außer sich selbst. „Du weißt genau, was ich meine… Ich habe es Sonntag nicht mehr angesprochen, aber du warst knallrot, weil du aus Versehen meine Lippen berührt hast“, erklärte der Jüngere. „Das… war etwas Anderes! Ich habe nicht damit gerechnet, dass du deinen Kopf drehst“, versuchte sich Nick wieder zu verteidigen. „Aber ich brauche doch kein Küssen üben. Das mit dem Händchen-Halten-Üben war schon… ein wenig… übervorsichtig.“ Nun verschränkte auch Casey die Arme. „Ich will dir nur helfen, Nick. Und du hast an dem Tag selbst zugegeben, dass du leicht nervös warst. Und das ist vollkommen in Ordnung. Schließlich spielst du das Ganze bloß. Und mir liegt viel daran, meine Arbeit möglichst gut zu machen. Ich will dir keinen Zungenkuss aufzwingen, keine Sorge!“ „Ja, aber Küssen! Ich komme mir vor wie ein 12-jähriger, dem man zur ersten Freundin verhelfen will.“ „Vergiss' bitte was ich gesagt habe. Du bist ja der tollste und erfahrenste Schauspieler.“ Casey lachte kurz und wollte sich nun wirklich abwenden, doch da hielt Nick ihn am Arm fest. Überrascht sah Casey erst auf seinen Arm, und dann schließlich Nick an. Das was sein Klient danach tat, überraschte den 20-jährigen noch mehr: Der Ältere beugte sich hinunter zu Case, nahm sein Gesicht in die Hand und drückte ihm einen zaghaften Kuss auf. „Nicholas, ich benötige kurz deine objektive Mein-“ Plötzlich stand John Harford im Büro. In seinen Händen hielt er einige Akten. Nick löste sich abrupt von Casey und diesmal bekamen sie beide einen roten Kopf. „Scheiße!“, dachte sich Case. „Ich bin einfach genial!“, dachte sich Nick. „Ich bin wirklich froh, dass mein Mittagessen bereits einige Stunden zurückliegt. Es würde mir sonst bei diesem Anblick wieder hochkommen“, kam es ziemlich abwertend von John. „Casey, was machen Sie hier, wenn ich fragen darf? Sie können meinen Stiefsohn auch nach seinem Feierabend ablecken.“ Mit dem gleichen strengen Blick, wie auch Sonntag, besah er sich Case. Er schien keinen Narren an ihm gefressen zu haben. Caseys „Schwulenbonus“ galt wohl nur bei den Frauen der Familie Harford. „Das diese Schwuchtel sich hier nochmal rein wagt!“, waren Johns harsche Gedanken. Wenn Nicholas schon angeblich vom anderen Ufer war, sollte er sich wenigstens einen richtigen Mann suchen und nicht so einen abgebrochenen Nuckel-Zwerg! „Oh, sollen wir deinem Mittagessen vielleicht doch noch nach oben verhelfen?“, fragte Nick provozierend in einem gefährlichen Ton und hob eine Augenbraue. „Das kannst du haben!“ Casey riss seine Augen auf, doch es war zu spät. Schon wieder lagen Nicks Lippen auf den seinen und diesmal weitaus fordernder. Nicks Mund animierte ihn dazu, bei diesem kleinen Spielchen mitzumachen. Das Nick sich auch immer so leicht herausfordern ließ… Das war Casey schon am Sonntag aufgefallen. Der Halb-Portugiese wusste nicht genau, was er tun sollte. Nicks Reaktion glich der eines trotzigen Kindes! Aber er musste zugeben, dass ihm der Kuss nicht das Geringste ausmachte… Im Gegenteil, er liebte das Gefühl von Nicks Lippen auf den seinen. Kurzerhand schlang er seine Arme um Nicks Hals und erwiderte den Kuss mit vollem Einsatz. Gerne hätte er den 26-jährigen zwar unter anderen Umständen geküsst, doch auch er war bloß ein Mann und Nick einfach absolut sein Typ. Sein Gehirn hatte sich in den Urlaub verabschiedet. Ebenso wie Johns Kinnlade, die beinahe den Boden zu berühren schien. Sämtliche Zweifel – und Hoffnungen, die er an Nicks Homosexualität noch gehabt hatte, waren wie weg… geküsst. Irgendeine freundliche Seele im Himmel schien sich jedoch für John zu erbarmen und ließ das Telefon des Seniorchefs klingeln. Perplex tastete er seine dunkelblauen Jackettaschen ab, den Blick noch immer auf das sich küssende Pärchen gerichtet. Schließlich ergriff er das nervtötende Mobilteil, nahm den Anruf an und verließ mit schnellen Schritten und einem bellenden „Hier Harford!“ das Büro. Die Tür knallte schwungvoll zu. Caseys Gehirn hatte anscheinend den On-Button wieder gefunden. Er löste sich ruckartig von Nick, drückte ihn leicht mit den Händen von sich und flüsterte: „Na gut, Küssen musst du nicht üben!“ Er wischte sich kurz mit der Hand über den Mund und beobachtete Nicks Reaktion. Der würde jetzt sicher ausflippen oder sofort seinen Mund ausspülen gehen. Vielleicht auch beides. Wer konnte das schon genau vorher wissen? - Es geschah nichts dergleichen… Nick grinste bloß anzüglich. „Habe ich dir doch gesagt, Schatz.“ Er zwinkerte und warf sich dann wieder in seinen Bürostuhl. „Dem haben wir es aber gegeben!“ Er fing an, auf seinem Laptop zu tippen, was diesen aus seinem sich schnell einschaltenden Energiesparmodus holte. „Noch etwas… Lass‘ dich doch nicht immer so leicht provozieren, Hase…“, murmelte Casey. „Ich weiß, ich weiß, ich werde daran arbeiten. Kriegst du jetzt Geld extra weil ich dich… du weißt schon, geküsst habe?“ Nick sah ihn abwartend an und versuchte einen möglichst neutralen Blick aufzusetzen. Diese sachliche Frage war wahrscheinlich gar nicht so unpassend in ihrer Situation und der Jüngere konnte froh sein, dass Nick es nicht als selbstverständlich nahm, ihn ab schlabbern zu dürfen. Trotzdem hätte Casey lieber etwas Anderes von dem 26-jährigen gehört… „Nein, schon gut, wir sehen uns.“ Und dann verschwand auch er aus Nicks Büro. Dieser versuchte sich wieder auf seine Arbeit zu konzentrieren. Doch in seinem Kopf spukte nur eine einzige Frage herum: „Was um Himmels willen tust du da eigentlich, Nicholas Steven Harford?“ Er stand schon wieder von seinem Platz auf und ging im Büro umher. Ehe er allerdings noch lange seinen Gedanken nachhängen konnte, klopfte es an der Tür. Es war jemand aus der Werkstatt und er winkte seinen Mitarbeiter hinein. „Chef, Sie müssten mir bitte helfen…“ -- Freitag, 22:00 Uhr -- „Scheiße, wie machen wir das jetzt?“, Nick sah Casey fragend und auch leicht überfordert an. „Wir machen gar nichts. Du musst nur versuchen, den Frauen in der Disco nicht ganz so auffällig nachzuschauen. Ja, und ein bisschen tanzen, das kriegst du hin oder?“ „Ich kann nicht tanzen und ich werde nicht tanzen, Kleiner.“ „Sag‘ mir jetzt bitte nicht, dass du noch nie in einer Disco getanzt hast, Großer?!“ „Nein, ich stehe nur an der Bar. Ich habe zwei linke Füße. Bis jetzt hat das noch keine Frau abgeschreckt.“ Casey seufzte. Er erinnerte sich an Nicks Worte am letzten Sonntag, was das Tanzen anging. „Wir kriegen das schon irgendwie hin. Ich bin ja da. Oder willst du doch absagen?“ „Nein, ich habe dich extra mit viel Überredungskunst bei Davis, hier her bestellt, damit ich mir Emmas Betteln nicht weiter anhören musste. Wir gehen dahin. Definitiv.“ Casey hatte wohl schon einen Termin für Freitagabend gehabt und die freundliche Dame aus der Agentur hatte einen Ersatz für Casey auftreiben müssen, mit dem auch der andere Klient einverstanden war. Tatsächlich hatte Emma am Mittwoch bei Nick angerufen und darum gebeten, dass sie freitags zu viert ausgingen. In irgendeinen Club. Mit irgendeinem angesagten DJ. Nick hatte natürlich erst „Nein“ gesagt, doch nachdem seine Schwester sich nicht abwimmeln ließ, hatte er ihr versprochen, seinen Freund zumindest zu fragen, ob er denn Zeit und Lust hätte, mit ihnen alten Säcken um die Häuser und Clubs der Stadt zu ziehen. „Emmas hirnrissige Vorschläge kosten mich bei Casey und der Agentur ein Vermögen!“ Und nun standen sie hier zu zweit. Schön herausgeputzt. Case natürlich etwas mehr. Er hatte eine dunkelblaue, leicht durchlöcherte Jeans, ein modisches schwarzes T-Shirt, einen schicken Gürtel und viel Schmuck, bzw. Accessoires als Outfit gewählt. Seine Haare waren ziemlich gestylt, und er sah eher aus wie ein hipper Superstar aus einer Jugendzeitschrift. Nicks Outfit war auch nicht unbedingt schlecht. Wohl einfach nur etwas schlicht. Er trug ein weißes T-Shirt und eine schwarze Lederjacke. Seine Hose war ebenfalls schwarz. Zusätzlich hing eine silberne Kette um seinen Hals, an der er gerade herumspielte. „Können wir jetzt? Und bitte, ich will nicht die ganze Zeit tanzen!“, nörgelte Nick. „Ja, ich mache mir eher Sorgen, dass du mir mit den Frauen dort fremdgehst.“ Casey grinste. „Aber was soll’s, ich werde ihnen die Augen auskratzen.“ In einem von Nicks eleganten Wagen fuhren sie zum Parkplatz des Clubs. Dort warteten schon Jeremy und Emma-Marie. Ersterer schien auch nicht ganz so begeistert zu sein, von der Aussicht, mit seiner Bald-Ehefrau und zwei Schwulen tanzen zu gehen. Doch da musste er wohl durch… Sie gingen zu den beiden und begrüßten sich. Em war natürlich gleich an Case‘ Seite. „Du siehst toll aus!“, rief sie lächelnd. „Danke, du auch, Emma.“ Sie hatte sich in ein glitzerndes, trägerloses Kleid geworfen, das ihr bis über die Knie ging. Ihre Haare waren heute besonders lockig. Auf Em müssten sie wohl heute Abend aufpassen... „Habt ihr es jetzt, Ladies?“, fragte Nick leicht genervt und ging vorweg. „Er hat schlechte Laune, bitte lasst euch nicht die Stimmung verderben“, entschuldigte Casey seinen Schein-Freund. Im Club angekommen war es schon ziemlich voll… und ziemlich laut. „Wollen wir erstmal was trinken?“, kam es von Jeremy, der genau wie beim Familienessen, bis jetzt noch nicht so viel gesprochen hatte. „Ach komm, ich will tanzen, mich bewegen!“ Emma-Marie schwang schon ihre Hüften und wollte dadurch ihre Mitstreiter wohl animieren. „Erst einen Drink, Em“, verlangte Nick. „Du musst doch eh fahren, also wieso bist du so scharf darauf, kleiner Bruder?“ Case seufzte. „Komm, wir gehen alleine tanzen.“ Er warf Nick einen Blick á la „Ich rette dich mal wieder aus der Misere“ zu, und zog die ältere Frau mit zur Tanzfläche. Ein wenig Spaß schadete niemandem oder? *NISSAN GT-R (falls jemand ein Bild sehen möchte) http://i60.tinypic.com/34yzej4.jpg Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)