Crossroads von lunalinn (decisions are never easy) ================================================================================ Kapitel 13: Nachtwanderung -------------------------- „Also…seid ihr soweit?“ „Sind wir.“ „Wo ist Wurmschwanz?“ „In meiner Tasche…hast du die Karte?“ „Als würde ich die Karte vergessen.“ „Ja, ja…Moony, sitzt dein Streber-Abzeichen?“ „Tadellos, Tatze.“ „Gut, dann kann’s ja losgehen!“ Remus schmunzelte, als er zusah, wie seine drei Freunde unter dem Tarnumhang verschwanden. Mittlerweile passten nur noch zwei von ihnen unter James‘ Umhang, doch da Peter in seiner Animagus-Form so klein war, passte er problemlos in die Tasche. Remus war der Einzige von ihnen, der sich nicht verstecken musste, wenn er des Nachts durch die Korridore der Schule schlich. Als Vertrauensschüler war er dazu befugt, auch zu später Stunde Kontrollgänge machen zu dürfen. Natürlich war das in seinem Fall lediglich ein Vorwand und ein bisschen schämte er sich dafür, seine Privilegien auf diese Weise auszunutzen. Andererseits führten sie ja nichts Böses im Schilde, sondern suchten nur nach neuen Geheimgängen, die aus der Schule hinausführten. Gut, ab und an spielten sie Filch einen Streich, aber bei dem schrecklichen Hausmeister fand Remus das vollkommen in Ordnung. Immerhin ließ Filch auch keine Gelegenheit aus, ihnen hinterher zu schleichen und ihnen mit irgendwelchen grausigen Strafen zu drohen. Die Erstklässler konnte er damit vielleicht einschüchtern, aber bei ihnen machte er sich damit nur lächerlich. Niemals würde Dumbledore zulassen, dass Filch Schüler auspeitschte, während sie kopfüber von der Decke hingen. Er wollte gar nicht wissen, was bei dem Kerl schief gelaufen war. „Hey…wisst ihr, was mir gerade einfällt?“ Er blickte seitwärts, als er Sirius‘ Flüstern hörte. Sie hatten soeben den Gemeinschaftsraum verlassen – er hörte die Fette Dame leise hinter ihnen zetern, wie unverschämt es sei, sie zu solch später Stunde zu wecken – und stiegen nun die Treppen runter. „Hm?“, machte er nur abwartend. „Nächsten Monat ist doch Valentinstag…“, erinnerte Sirius sie und Remus stutzte. Sein Freund hatte Recht, denn es war bereits wieder Januar. Die Zeit seit Weihnachten war wirklich wahnsinnig schnell vergangen, nicht mehr lange und sie würden ihr letztes Jahr hier in Hogwarts verbringen. Der Gedanke schmerzte ihn, denn es bedeutete, dass er seine Freunde nicht mehr so häufig sehen würde. Die vergangenen fünf Jahre waren die schönsten seines Lebens gewesen und nun näherte sich diese Zeit dem Ende. Wer würde ihm einmal im Monat beistehen, wenn jeder sein eigenes Leben lebte? Angenommen, James würde mit Lily zusammenkommen, wie er es sich in seinen Träumen bereits ausmalte...und angenommen, er würde sie heiraten und sie hätten Kinder, würden sie dann wollen, dass sie auch weiterhin Kontakt hatten? Sicher, James war sein Freund und auch Lily war nett zu ihm, doch wenn es um den Nachwuchs ging, reagierten viele Menschen verständlicherweise empfindlicher. Außerdem würde James bestimmt zu beschäftigt mit seiner Familie oder auch seiner Quidditch-Karriere sein, als dass er ihm jeden Vollmond als Hirsch beistehen würde. Was Sirius‘ und Peters weiteren Weg anging, war er unsicher, doch auch diese beiden würden möglicherweise eine Familie gründen – wobei sich Sirius noch ein paar Jahre die Hörner abstoßen müsste, ehe er dazu bereit wäre. Und er selbst? Aufgrund seiner Krankheit wäre es viel zu gefährlich, sich auf eine Beziehung einzulassen, was auch der Grund dafür war, dass er bisher jedes Mädchen, das ihm auch nur die kleinsten Avancen machte, ignoriert hatte. Er würde niemals eine Familie gründen können und nur mit viel Glück eine Arbeitsstelle finden – welcher Chef akzeptierte es auch, wenn man einmal im Monat wegen Krankheit ausfiel? Wenn durchsickerte, dass er ein Werwolf war, würde ihm niemand eine Anstellung geben, da machte er sich keine Illusionen. Jahr um Jahr wurden diese Gedanken präsenter, auch wenn er sie zu verdrängen versuchte…und am Ende würde er es akzeptieren müssen. „Und was genau willst du uns damit sagen, Tatze?“, holte ihn James‘ Stimme in die Gegenwart zurück. Er kam nicht umhin, dankbar dafür zu sein. „Wisst ihr nicht mehr?“, erwiderte Sirius ungeduldig. „Unser Streich im vierten Jahr? Als wir den Kürbissaft verhext haben und alle, die davon getrunken haben, für einen Tag rosa Haare hatten?“ Remus musste gegen seinen Willen schmunzeln, als er daran zurückdachte. Sie waren in die Küche geschlichen und James hatte den Saft heimlich verzaubert, während sie die Hauselfen abgelenkt hatten. Viele hatten sich über den Scherz aufgeregt, doch keiner hatte ihnen diesen nachweisen können – schließlich hatten sie nicht jede Kanne verhext und daher waren auch nicht alle betroffen gewesen. Es wäre sonst auch aufgefallen, wenn sie vier als Einzige keine rosa Haare bekommen hätten. „Sogar Dumbledores Bart war rosa…“, hörte er James mit amüsiertem Unterton sagen. Seltsamerweise hatte sich der Schulleiter kein bisschen aufgeregt, sondern schien eher belustigt gewesen zu sein. Tatsächlich hatte er behauptet, dass er es in Erwägung ziehen würde, sich die Haare dauerhaft rosa färben zu lassen. McGonagall dagegen war fuchsteufelswild gewesen…doch nicht nur sie. „Lily hat uns direkt durchschaut und wäre uns am liebsten an die Gurgel gegangen“, fügte er hinzu und von James kam ein Seufzen. „Daran erinnere ich mich leider auch noch…“ „Jaah, aber eigentlich fand sie es auch witzig“, behauptete Sirius leichthin. „Sie konnte es nur nicht zugeben!“ Remus konnte diese Meinung nicht teilen, doch er sagte nichts dazu. „Ich will damit ja nur sagen…wird es nicht mal Zeit für einen neuen Streich?“, fuhr ihr Freund fort und obwohl er unter dem Umhang verborgen war, konnte er sich das Funkeln in seinen grauen Augen lebhaft vorstellen. „Tatze…“, begann er leise, wurde jedoch unterbrochen. „Wir könnten dieses Mal noch einen draufsetzen…zum Beispiel die Dauer des Tranks verlängern…oder wir lassen es rosa Blütenblätter in der großen Halle regnen…oder wir mischen-“ „Sorry Kumpel, aber daraus wird nichts.“ Remus stutzte merklich, als er James‘ resignierte Stimme hörte; was sollte das denn heißen? „Was?! Warum nicht?!“, entrüstete sich auch Sirius, während von Peter ein Quieken kam. Ein weiteres Seufzen ertönte. „Na, wenn wir das machen, wird Evans sofort wissen, dass wir es waren…Beweise hin oder her. Sie wird mir dann wieder vorhalten, wie unreif und kindisch ich bin…tut mir leid, Leute, aber das ist es mir nicht wert, auch wenn ich mir jetzt wie die größte Spaßbremse vorkomme.“ Stille herrschte auf diese Worte hin und sie alle waren stehen geblieben. Remus traute seinen Ohren kaum; war das wirklich James, der da sprach? „Das liegt daran“, grummelte Sirius. „…dass du die größte Spaßbremse bist, Krone. Ist das wirklich dein Ernst?“ „Leider ja…sieh mal, ich will es mir nicht noch mehr mit ihr versauen…versteh das doch.“ „Ich versuch‘s…aber es fällt mir wirklich schwer. Ich meine…wir sind die Rumtreiber!“ „Ich sag ja nicht, dass ich jetzt für immer einen auf Langweiler machen will…aber solche großen Nummern kann ich mir gerade nicht leisten.“ „Hm. Ach Mist…“ Remus hörte der Diskussion immer noch mit absolutem Unglauben zu; er träumte das nicht oder? „Krone“, begann er langsam und sah in die Richtung, in der er seine Freunde vermutete. „Ich glaube…du wirst tatsächlich erwachsen. Dabei habe ich die Hoffnung schon aufgeben wollen…“ Abermals Stille. „Ach, halt die Klappe…“, murrte James dann, was ihn zum Schmunzeln brachte. „Der Vertrauensschüler ist stolz auf dich, Krone…fühl dich geehrt“, brummte Sirius sarkastisch, doch Remus fühlte sich nicht angegriffen. Sicher war Sirius nicht glücklich über die Entscheidung seines besten Freundes, doch er würde sie akzeptieren. Die kleine Spitze nahm er ihm daher nicht übel, sondern belächelte die Worte nur – vor allem, als von Sirius ein „Autsch!“ kam, was darauf schließen ließ, dass James ihn geboxt hatte. „Idiot.“ Remus musste ein Lachen unterdrücken, wandte sich dann kopfschüttelnd ab und ging weiter. „Hey…wartet mal…“ Abermals hielt er inne, warf einen Blick hinter sich. „Was ist denn, Krone?“, flüsterte er zurück. „Ich hab gerade auf die Karte geschaut…“ „Und?“ „…was hat Snape um die Uhrzeit in Slughorns Büro zu suchen?“ „Was?“ „Schniefelus ist in Slughorns Büro?“ „Ja…schau doch selbst nach, Tatze…er ist allein da drin.“ „Oh Mann…was glaubt ihr, hat dieser schmierige Sack vor?“ „Keine Ahnung, aber was Gutes kann es nicht sein.“ „Wahrscheinlich klaut er irgendwas…“ Remus war noch immer zu perplex, um etwas darauf zu erwidern. Er wusste, dass Slughorn als Zaubertränkelehrer allerhand Zutaten in seinem Büro aufbewahrte. Von daher konnte man annehmen, dass Sirius mit seiner Vermutung Recht hatte. „Vielleicht hat er was Schwarzmagisches vor…?“, überlegte Sirius. „Wir sollten der Sache auf jeden Fall nachgehen!“ Ein zustimmendes Quieken ertönte von Peter, der sich ebenfalls unter dem Umhang befand. Remus dagegen befand sich im Zwiespalt; eigentlich wollte er keinen weiteren Streit mit Snape provozieren, doch er konnte seinen Freunden nicht widersprechen. Es war nun mal Tatsache, dass sich Snape für die dunklen Künste interessierte. „Komm schon, Moony…das ist praktisch deine Pflicht als Vertrauensschüler!“, bemerkte Sirius und er schnaubte. „Ich weiß, was meine Pflicht ist…also gut. Gehen wir.“ Während sie sich auf den Weg zu Slughorns Büro machten, ging ihm durch den Kopf, dass sie selbst auch schon Zutaten entwendet hatten. Nur für ein paar harmlose Streiche, doch Diebstahl blieb Diebstahl. Sicher, sie konnten nicht wissen, was Snape vorhatte…aber war es nicht auch unfair, ihm direkt etwas Schlechtes zu unterstellen? „Wenigstens ist Filch nicht in der Nähe…“ „Der hätte mir jetzt noch gefehlt“, gab James zurück. „Wobei es witzig wäre, wenn wir dafür sorgen würden, dass er Schniefelus erwischt…meint ihr, er hängt ihn dann an seiner Nase auf?“ „Möglich wäre es bei dem Zinken ja…“ Remus enthielt sich eines Kommentars, auch wenn es ihn nervte. Es war unnötig, so über Snape zu reden…ob er nun anwesend war oder nicht. Bis zu einem gewissen Grad verstand er den Groll gegen den dunkelhaarigen Slytherin ja, aber andererseits war seit Wochen nichts Relevantes passiert. Snape vergrub sich in seinen Büchern, lernte in der Bibliothek…gut, er stellte nach wie vor Lily nach, doch James buhlte doch ebenfalls um ihre Gunst. Zumal er auch noch bessere Chancen hatte, nun, wo Lily nicht mehr mit Snape befreundet war und ihn größtenteils mied. Aber vielleicht verlangte er auch zu viel, wenn er hoffte, dass sich Jahre des gegenseitigen Hasses so einfach überwinden ließen. Tatsächlich griffen sie Snape direkt vor Slughorns Büro auf, als er soeben die Tür wieder magisch verschloss. James und Sirius verloren keine Zeit, indem sie sich den Tarnumhang herunterzogen und ihre Zauberstäbe auf den Slytherin richteten. „Expelliarmus!“ Der Zauberstab wurde Snape aus der Hand gerissen, als James ihn entwaffnete. „Auf frischer Tat ertappt, Schniefelus!“, kam es triumphierend von Sirius. Remus missfiel, wie der Slytherin erschrocken zu ihnen herumfuhr, dazu noch unbewaffnet. Er trug wie gewohnt seinen schmuddeligen, schwarzen Umhang und die Haare hingen ihm strähnig in die Stirn. Jedoch wandelte sich der Schock sehr schnell in den gewohnten Hass um. „Ihr…“, grollte er erbost und ballte die Hände zu Fäusten. „Ja, Snape…wir“, entgegnete James und funkelte ihn an. „Was hast du in Slughorns Büro gemacht? Geklaut?“ „Das geht euch überhaupt nichts an!“, zischte der Slytherin zurück und Remus fiel auf, dass die rechte Tasche seines Umhangs ausgebeulter war, als die linke. „Oh doch, Schniefelus…es geht uns sehr wohl was an“, erwiderte Sirius genüsslich. „Leer doch mal deine Taschen, hm?“ „Wollen doch mal sehen, was du gestohlen hast…und für was du es brauchst.“ „Tse…das kann man doch direkt erraten, Krone. Sicher benötigt er es für seine schwarzmagischen Tränke…mit denen kann er uns dann vergiften.“ Snape knirschte mit den Zähnen. „Und du wärst der Erste, Black“, schoss er zurück, woraufhin Sirius einen bedrohlichen Schritt auf ihn zumachte. „Das passt zu dir, du feiger Mistkerl...aber wenn es um einen Kampf Mann gegen Mann geht, dann ziehst du den Kürzeren!“, knurrte er, doch James hielt seinen besten Freund an der Schulter fest. „Lass ihn, Tatze. Wir lösen das hier anders…“ Remus, der bisher nur schweigend zugehört hatte, wurde flau im Magen, als James ihn ansah. „Moony, du solltest am besten einen Lehrer holen…McGonagall vielleicht.“ Aus den Augenwinkeln sah er zu Snape, der merklich blass wurde. Kein Wunder…Diebstahl war ein Vergehen, das in Hogwarts nicht geduldet wurde. Snape würde mehr als eine Verwarnung erhalten und McGonagall würde ihm die Hölle heißmachen. „Die Idee ist super, Krone!“, kam es von Sirius und er sah mit blitzenden Augen zu Snape. Dieser ging direkt wieder auf Abwehr, starrte nun auch ihn mit unverhohlener Abscheu an. „Und du nennst mich feige, Black?“, zischte er zurück, doch James schaltete sich ein. „Ich hab ehrlich gesagt keine Lust, mich schon wieder mit dir zu duellieren, Snape…den Ärger spar ich mir und du kriegst trotzdem, was du verdienst.“ Natürlich wusste jeder, dass er diese Lösung wählte, weil er so keinen Ärger mit Lily bekommen würde. Remus seufzte innerlich, da er soeben in einen inneren Konflikt geriet. Einen Moment blieb er still, dachte daran, dass sie selbst auch schon Dinge gestohlen hatten. Was Snape tat, war nicht richtig…aber sie waren keinen Deut besser. Den Slytherin zu verpetzen, erschien ihm einfach…falsch. Er warf ihm einen Blick zu, fühlte sich unter den schwarzen Augen unwohl. Die Vorwürfe, die Snape ihm mehrmals gemacht hatte, schienen auf ihn einzuprasseln. Wenn er Snape jetzt bei einem Lehrer anschwärzte, wäre alles, was ihm der andere im Bezug darauf an den Kopf geworfen hatte, wahr…und noch dazu würde er sich der Doppelmoral schuldig machen. Sein Gewissen quälte ihn bereits jetzt, doch ebenso wollte er sich seinen Freunden ungern entgegen stellen. Was sollte er also machen? „Komm schon, Moony!“, riss ihn Sirius aus seinen Gedanken. „Wir halten Schniefelus hier fest…wenn du mit McGonagall kommst, sind wir längst weg.“ Er reagierte nicht, stand noch immer unentschlossen an Ort und Stelle, ohne einen von ihnen anzusehen. Dennoch spürte er die Blicke der anderen auf sich, auch den von Snape und er wunderte sich, dass der Slytherin so still war. „Moony?“, fragte nun auch James. Remus haderte mit sich, sah dann zu Snape, der ihn lauernd aus seinen dunklen Augen fixierte. Ihm fiel erneut die angespannte Haltung des Slytherins auf, wie ein in die Enge getriebenes Tier…und es weckte Mitleid in ihm. Nach der Weihnachtsfeier und dem kurzen Gespräch war ihm bewusst geworden, dass seine Frage absolut unpassend gewesen war. Er hatte es nicht böse gemeint, aber dennoch einen empfindlichen Nerv bei Snape getroffen. Es lag nahe, dass der Slytherin aus ähnlichen Gründen wie Sirius in Hogwarts blieb…so gesehen war er nicht weniger unsensibel als Slughorn gewesen. Es erinnerte ihn wieder daran, dass er seine Familie und Freunde hatte…und dass Snape allein war. Niemand sollte allein sein, nicht einmal jemand wie Snape. Noch während er Luft holte, wusste er, dass er seine Entscheidung später bereuen würde. „Dir ist bewusst, dass sich Schüler nachts nicht in den Korridoren aufhalten dürfen, Snape?“, sprach er den Slytherin an. Dieser warf ihm einen so gehässigen Blick zu, dass er fast schon Funken sprühte. „Als Vertrauensschüler kann ich dir dafür Punkte abziehen, dir Strafarbeiten aufgeben oder dich bei einem Lehrer melden.“ Ein verächtliches Schnauben folgte, während Sirius‘ Grinsen immer breiter wurde und James ebenfalls ziemlich zufrieden wirkte. „Also schlage ich vor, du gehst lieber so schnell wie möglich zurück in deinen Schlafsaal…das nächste Mal belasse ich es nicht bei einer Verwarnung.“ „Genau, das nächste Mal – Moment…was?!“ „Spinnst du, Moony?!“ Seine beiden Freunde sahen ihn fassungslos an, doch das war nichts im Vergleich zu Snape, dem alles aus dem Gesicht gefallen war. Er stand nur da und starrte ihn an, dabei immer noch in seiner Abwehrhaltung…vermutlich befürchtete er, er wollte ihn nur in Sicherheit wiegen. „Moony, das kann nicht dein Ernst sein!“ „Genau das – hey Snape! Wag‘ es nicht, dich nach deinem Stab zu bücken, du widerlicher-“ „Er nimmt jetzt seinen Stab und verschwindet“, unterbrach Remus ihn, wobei er versuchte, ruhig zu klingen. Snape starrte ihn immer noch an, als zweifelte er an seinem Verstand. Dann verengte er die Augen, sah kurz zu seinem Zauberstab und wieder zurück zu ihm. „…ist das ein Trick?“, zischte er und bestätigte damit Remus‘ Annahme. Er seufzte leise, schüttelte den Kopf. „Kein Trick, Snape…geh einfach.“ Abermals zögerte der Slytherin, doch dann bückte er sich innerhalb von Sekunden nach seinem Stab und sprang wieder auf. Remus reagierte nicht, als die Zauberstabspitze auf sie drei zeigte, doch James und Sirius hoben ihre eigenen sofort. Keiner tat etwas…sie sahen einander nur an. „Moony…willst du den ernsthaft davonkommen lassen?“, fragte James ungläubig. „Er hat gestohlen, verdammt…das ist die Gelegenheit für uns!“ Remus wandte den Blick nicht von Snape ab, machte aber auch keine Anstalten, seinen Stab zu ziehen. „Wie oft haben wir was geklaut? Und ihr beide dürftet auch nicht hier sein, falls ihr das vergessen habt.“ Ganz zu schweigen von Peter, der sich jedoch still verhielt. „Auf wessen Seite stehst du eigentlich, Moony?“, kam es etwas schroffer von Sirius. Es war genau die Frage, vor der sich Remus gefürchtet hatte. Zumal es der Grund war, aus dem er viele Male nicht eingegriffen hatte, selbst wenn es ihm zu viel wurde. Er wandte sich von Snape ab, der immer noch wie versteinert da stand, sich wohl nicht entscheiden konnte, was er tun sollte. „Ich muss als Vertrauensschüler fair sein“, erwiderte er und versuchte, sich nicht von Sirius kühlem Blick einschüchtern zu lassen. „Ich verpetze euch beide ja schließlich auch nicht.“ „Wir sind auch deine Freunde! Das da ist Schniefelus! Wie kannst du das miteinander vergleichen?!“ Selbst James, der bisher stirnrunzelnd zugehört hatte, schien aufzufallen, dass Sirius‘ Tonfall langsam an der Grenze angekommen war. Remus ahnte, dass es mit dem Gespräch von zuvor zusammenhing. Erst James, der sich weigerte, bei einem Streich mitzuwirken, und nun er, der Snape decken wollte. „Tatze…“, brummte sein bester Freund und sah ihn an. „…du weißt doch, wie rechtschaffen Moony ist…“ Es war herauszuhören, dass James selbst nicht an seine Worte glaubte, ebenso wie ihm der skeptische Blick nicht entging. Um sich davon abzulenken, sah er wieder zu Snape, der langsam seinen Stab sinken ließ. Ihre Blicke trafen sich und Remus konnte den Ausdruck dieses Mal nicht deuten…jedoch fuhr Snape da auch schon herum und verschwand ohne ein weiteres Wort. „Klasse…jetzt ist er weg!“, grollte Sirius und als er sich zu seinem Freund umdrehte, sah er Peter fiepend auf seiner Schulter sitzen. In den schwarzen Knopfaugen schien ein stummer Vorwurf zu liegen…na toll. Er seufzte entnervt, ehe er versuchte, die Wogen zu glätten – vergeblich. „Hör mal, ich-“ „Nein, spar es dir einfach!“, fuhr Sirius ihm über den Mund. „Dass du…diesen ekelhaften Gnom uns vorziehst, ist einfach…ich meine, was hast du dir dabei gedacht?! Wieso bist du auf seiner Seite?!“ „Das bin ich nicht…“ „Ach nein? Sah aber verdammt danach aus!“ „Tatze…“ „Nein, ernsthaft…lass es einfach gut sein!“ Und mit diesen Worten ließ er sie stehen, verschwand – mit Peter auf der Schulter – Richtung Gemeinschaftsraum. Na hoffentlich griff ihn keiner auf dem Weg auf…sonst würde er ihm dafür sicher die Schuld geben. Er seufzte schwer, hatte jetzt ein schlechtes Gewissen gegenüber seinen Freunden. Genau das hatte er doch immer verhindern wollen. Remus drehte den Kopf, sah zu James, der nur da stand und ihn abwartend ansah. „…bist du auch wütend auf mich?“, fragte er resigniert und sein Freund zog die Brauen zusammen. „Ich bin eher verwirrt. Seit wann setzt du dich für Snape ein?“ „Ich…also…Krone, ich…“ „Schon gut.“ Er sah James verdutzt an, welcher sich seufzend durchs Haar fuhr. „Ist vielleicht besser so“, meinte er langsam. „Nicht, dass ich Snape nicht gerne in Bedrängnis gesehen hätte, aber…er hätte sich rächen wollen. Am Ende liefert er mir wieder einen Grund, ihn zu verhexen, dann kriegt Evans das mit…und ich bin wieder bei Null.“ Er schien seine nächsten Worte kurz zu überdenken, sah ihn aus seinen braunen Augen an. „Und du hast das eben wirklich nur der Fairness halber gemacht?“, fragte er noch mal nach. „Ja…du weißt, dass ich als Vertrauensschüler schon viel zu oft ein Auge zudrücke…“ „Stimmt wohl…aber du bist ja auch ein Rumtreiber.“ Er zwinkerte ihm zu und winkte ihn dann mit sich. „Jetzt komm…und mach dir keine Sorgen, Tatze beruhigt sich schon wieder.“ „Meinst du?“, fragte er zweifelnd nach, doch James nickte bloß. „Na klar! Er war sowieso schon sauer, weil ich nicht bei seinem Vorschlag dabei war…dass du Snape entkommen lässt, hat ihm den Rest gegeben.“ Er klopfte ihm auf die Schulter. „Mach dir keinen Kopf, ich werde mit ihm reden, okay? Er hat die Sache bestimmt bald vergessen.“ Remus nickte dankbar, auch wenn er sich immer noch unwohl fühlte. So eine Situation hatte er bisher jedes Mal vermieden, eben weil er nicht streiten wollte. Die drei waren seine besten Freunde und er wollte sich das nicht kaputtmachen. Trotzdem…war es einfach das Richtige gewesen, Snape davonkommen zu lassen. Er erwartete von diesem natürlich keinen Dank, aber vielleicht begegnete ihm der andere nun ein bisschen weniger feindselig. Wobei…warum kümmerte ihn das? Im Gegensatz zu Snape hatte er Freunde…falls Sirius ihm verzieh. Mit einem unguten Gefühl folgte er James nach oben…für heute war die Nacht jedenfalls gelaufen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)