Blind Love von Akemi-Homura (Wahre Liebe überwindet alle Hürden) ================================================================================ Kapitel 2: Forgotten -------------------- Zehn Jahre sind vergangen seit dem Cussa und ich zusammengekommen sind. Zehn Jahre voller Glück. Manchmal vergesse ich sogar, dass sie blind ist. Das sind dann die Momente, in denen sie mich sanft darauf hinweist. Und dennoch hat es mich nie gestört. Auch wenn es mir anfangs schwerfiel, richtig damit umzugehen. Heute sind wir ein eingespieltes Team. Ich weiß immer, wann sie meine Hilfe braucht. Es fällt nicht auf, dass Cussa blind ist. Vielleicht weil sie gelernt hat, damit zu leben? Ich weiß es nicht. Gut gelaunt laufe ich nach Hause. Cussa wartet schließlich schon. Keine fünfzehn Minuten später erreiche ich unsere Wohnung. Vor fünf Jahren hatten wir uns entschlossen zusammenzuziehen. Eine Entscheidung, die ich keinen Moment lang bereut habe. Kili gefiel das gar nicht. Doch als Cussa ihm angeboten hat, dass er ja zu uns ziehen könnte, war er sofort wieder glücklich. Typisch mein kleiner Bruder eben. Dennoch freue ich mich sehr, dass wir drei so harmonisch zusammenleben. Außerdem ist Kili oft zu Hause und unterstützt Cussa, die für ihn eine Schwester ist, so gut er kann. Und dafür bin ich ihm sehr dankbar. Ich streife meine Schuhe ab, als mir etwas auffällt. Irgendetwas stimmt hier nicht. Es ist zu ruhig. Normalerweise hört man die Stimmen meines Bruders und meiner Geliebten. Oder das Klappern von Geschirr. Oder aber sonst irgendwelche Geräusche. Heute höre ich nichts. Skeptisch betrete ich die Wohnstube, wo ich meinen jüngeren Bruder vorfinde. Abwesend starrt er in die Flammen, des im Kamin brennenden Feuers. „Hallo Kili“, grüße ich ihn. Er gibt einen undefinierbaren Laut von sich. „Alles in Ordnung?“, frage ich nach. Kili schüttelt resigniert den Kopf, scheint aber immer noch nicht gewillt, mir eine Antwort zu geben. Seufzend setzte ich mich zu ihm auf das Sofa: „Habt ihr euch gestritten?“ „Was? Blödsinn!“, behauptet dieser. „Verrätst du mir dann vielleicht, was mit dir los ist oder aber warum es hier so still ist, als ob jemand gestorben ist?“, hoffentlich gibt er mir jetzt eine Antwort. „Ähm… also, ich habe damit nichts zu tun, falls du das denkst, Fili. Es ist nur… Heute Mittag haben Cussa und ich uns unterhalten. Dabei habe ich erwähnt, dass du dir deinen Bart ja mittlerweile flechtest. Sie hat damit aufgehört, das Geschirr abzutrocknen und zu mir rüber gesehen. Na ja und dann… ist sie ganz plötzlich aus dem Raum geflohen, zur Tür raus und den Gang hinunter. Ich bin ihr nachgelaufen, aber ich habe sie im Getümmel auf dem Marktplatz aus den Augen verloren. Deshalb bin ich zurückgegangen, in der Hoffnung, dass sie vielleicht schon wieder hier ist. Seitdem warte ich“, beendet Kili seine Erzählung. „Und du hast nichts gesagt, was sie hätte verärgern können?“, hacke ich sicherheitshalber nach. „Wirklich nicht, Fili“, versichert er mir. „Na dann, werde ich sie mal suchen gehen. Bis später, kleiner Bruder“, damit erhebe ich mich und gehe zur Tür. Seit geschlagenen zwei Stunden suche ich bereits die Ered Luin verzweifelt nach Cussa ab. Mein erster Gedanke, dass sie vielleicht zu ihren Cousins gegangen ist, erwies sich als eben so falsch, wie die Vermutung, sie könne bei meiner Mutter Dis sein. Danach habe ich damit begonnen sämtliche Plätze nach ihr abzusuchen. Was ebenfalls gescheitert ist. Eigentlich gibt es jetzt nur noch einen Ort, wo sie sein kann, aber… ach was soll's? Ein Versuch ist es wert. Rasch laufe ich durch den Wald zu der Lichtung, wo wir uns damals unsere Liebe gestanden haben. Ich renne so schnell ich kann. Ich kann bereits sehen, wie sich die Bäume und das Dickicht lichten. Schweratmend bleibe ich stehen, blicke mich um. Mitten auf der Wiese sitzt tatsächlich sie. „Cussa!“, erleichtert gehe ich auf sie zu und setze mich neben sie. Ihre Schultern beben. Die Erleichterung weicht schlagartig Sorge. Zaghaft lege ich ihr meinen linken Arm um die Schultern: „Was ist denn los, Cussa?“ Zuerst passiert gar nichts. Dann, völlig unerwartet, dreht sie sich zu mir und umarmt mich. Noch immer zittern ihre Schultern. Leise weint sie in meine Tunika. Besorgt streiche ich ihr über den Rücken. Rede beruhigend auf sie ein. Nach schier endloser Zeit beruhigt sie sich wieder. „Cussa“, spreche ich sie mit gedämpfter Stimme an, „was ist passiert, Liebste?“ „Ich kann mich nicht mehr erinnern“, haucht sie leise. „Woran?“, hat sie etwas vergessen? Den Geburtstag von Ori? „Dein… Gesicht und das von Kili und meinen Cousins. Die Erinnerungen sind fort. Früher habe ich sie oft gesehen, vor meinem inneren Auge. Aber jetzt… jetzt geht es nicht mehr“, schluchzt Cussa leise. Schockiert begreife ich ihre Worte: „Wie meinst du das mit, du kannst dich nicht mehr erinnern?“ „Eure Gesichter sind undeutliche Schemen geworden. Als Kili meinte, du würdest dir deinen Bart schon zu Zöpfen flechten, hatte ich mich gefragt, ob dieser wirklich schon so lang geworden ist und dann… musste ich feststellen, dass mich nicht mehr richtig an dein Gesicht erinnern kann“, erneut fließen Tränen über ihre Wangen. Ich schlucke. Nie hätte ich erwartet, dass das eines Tages passieren könnte. Andererseits ist ihre Welt seit mehr als zehn Jahren nur noch schwarz. Sie ist von einer undurchdringlichen Finsternis umgeben. „Bist du sauer?“, fragt mich meine Liebste. „Nein“, es ist die Wahrheit. Cussa kann nichts dafür, dass sie sich nicht mehr an mein Gesicht erinnert. Oder an das von Kili und ihren Cousins. Das ist nicht ihre Schuld und ich habe kein Recht, sie ihr zu geben. Ich überlege, ob es nicht noch eine Alternative gibt. Etwas, was ihr hilft zu sehen, obwohl sie nicht wirklich sehen kann. Natürlich gibt es sie. Warum ist mir das nicht schon früher eingefallen? Ich nehme ihre linke Hand in meine und führe sie an meine Wange. Verwundert streicht sie über jene. Dann begreift sie, was ich damit bezwecken will. Cussa legt ihre rechte Hand an meine andere Wange. Sanft fährt sie mit ihren Fingern die Züge meines Gesichts nach. Berührt vorsichtig die beiden Zöpfe, zu denen ich meinen Bart immer flechte. Schlussendlich nimmt sie ihre Hände wieder weg und legt sie auf meine Brust. „Hast du alles vergessen?“ ich bin mir nicht sicher, ob ich ihr diese Frage stellen sollte. „Nicht alles. An eine Sache erinnere ich mich noch sehr gut“, verneint sie. „Und das wäre?“, neugierig warte ich ab. „Der sanfte Blick in deinen blauen Augen, den du mir immer zugeworfen hast, wenn du geglaubt hast, dass weder Kili noch ich es bemerken würden“, sie lächelt mich an. Überrascht mustere ich sie. Ausgerechnet daran erinnert sie sich. Ausgerechnet an diesen Ausdruck in meinen Augen. Mit einem sanften Lächeln ziehe ich sie zu mir und küsse sie sanft. Zärtlich erwidert sie meinen Kuss. To be continued… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)