Down Hill 2: Efrafa von Sky- ================================================================================ Kapitel 9: Schwarzes Blut ------------------------- Mello war in sein Zimmer zurückgekehrt und so kam Horace über den Lüftungsschacht ins Zimmer, blieb aber sicherheitshalber im Lüftungsschacht für den Fall, dass jemand kommen sollte. Nach kurzem Zögern begann er zu erzählen, was alles passiert war und Horace hörte ihm aufmerksam zu, wobei er aber die ganze Zeit sehr gebannt auf Mellos Gesicht starrte und den Kopf etwas zur Seite und dieser prüfende Blick irritierte den 24-jährigen etwas. Schließlich aber, als er mit seinem Bericht fertig war, blickte Horace ihn immer noch prüfend an, woraufhin Mello fragte „Darf man fragen, wieso du mich so anstarrst?“ „Ich habe eine Technik erlernt, die es mir erlaubt, Mikroexpressionen zu analysieren und auszuwerten“, antwortete der Schauspieler langsam. „Damit ist es mir möglich, die Gefühle anderer deutlich zu erkennen, sogar wann sie lügen. Auf die Weise kann ich mehr über meine Mitmenschen erfahren, als sie jemals preisgeben wollen. Und mir ist aufgefallen, dass sich deine Augen ein kleines Stück weiten und dein Gesicht offener wird, wenn du Matts Namen aussprichst. Außerdem verziehen sich deine Mundwinkel etwas mehr, als wenn du über etwas anderes sprichst. Man könnte fast sagen dass du schon fast lächeln musst, wenn du von ihm redest. Und genau da sind deine Gefühlsregungen am stärksten. Dein Körper hat mir während deines Berichts klar und deutlich gesagt, dass Matt dir alles bedeutet. Du willst ihm wieder nah sein und was du vor allem empfindest, ist Schuld und Reue für deinen Ausraster damals. Und obwohl sich deine Meinung bezüglich deiner Sexualität nicht geändert hat, so sehnst du dich dennoch nach seiner Nähe zurück. Und jetzt in diesem Moment, wo ich von Sexualität spreche, wandern deine Augen leicht zur Seite und du presst die Lippen zusammen. Ich gehe mal davon aus, dass du schon gewisse Sehnsüchte nach ihm hast und sogar schon an die gemeinsamen Stunden mit ihm zurückgedacht hast, die ihr miteinander verbracht habt. Aber es ist dir peinlich und du willst nicht darüber sprechen. Eben weil du es nicht akzeptieren kannst, dass du vielleicht vom anderen Ufer sein könntest.“ Mello sagte nichts, sondern starrte Horace ungläubig an. Er hatte nur die grobe Zusammenfassung über seine Zeit mit Matt erzählt und dieser Kerl hatte sogar schon durchschaut, dass er ab und zu mal gewisse Gedanken hatte und hin und wieder mal über den Sex mit Matt nachdachte. Das war irgendwie ziemlich unheimlich… „Ich weiß, dass das gruselig sein kann“, meinte Horace schließlich. „Aber das erleichtert mir so einiges in der Psychologie und bei mir kannst du sicher sein, dass ich sehr gut Geheimnisse für mich bewahren kann. Betrachte dich einfach mal als Patient und ich bin der Therapeut, der an die Schweigepflicht gebunden ist.“ „Aha…“, murmelte Mello und war etwas skeptisch, denn er traute dem Braten nicht so wirklich. Als er sich dann aber wieder einigermaßen gefangen hatte, kam er auf das eigentliche Thema zu sprechen. „Jedenfalls… Matt ist total verletzt wegen dem Streit vor vier Jahren und ich hab erst heute erfahren, dass er zwölf Jahre schon verliebt in mich war. Und irgendwie verstehe ich nicht, wie ich das all die Jahre nicht merken konnte.“ „Die Menschen sind im ganzen Leben blind und du wärst gewiss nicht der Erste, dem das passiert. Aber was mag bloße unfruchtbare Reue? Dass du deine Taten bereust, ist der Schritt in die richtige Richtung. Aber um diese Sache endgültig zu klären, musst du dir erst mal deiner Gefühle im Klaren werden. Und Fakt ist: du stehst dir momentan selbst im Weg und machst die Sache unnötig kompliziert. Auf der einen Seite bist du verrückt nach Matt und da sind Gefühle dabei, die über eine normale Freundschaft deutlich hinausgehen. Und du würdest auch dazu stehen, wenn du dich nicht von dem Gedanken abschrecken lassen würdest, dass du dann schwul bist.“ Auch wenn es Mello nur ungern zugab, Horace hatte genau ins Schwarze getroffen. Es war zwecklos zu leugnen, dass sein Interesse an Matt über eine einfache Freundschaft deutlich hinausging und auch sein Problem damit, dass er nie und nimmer die Tatsache akzeptieren könnte, dass er eventuell schwul war, stand ihm eindeutig im Weg. Und genau das war das Schwierige. „Hast du schon mal Gefühle für Mädchen gehabt?“ „Ich war jetzt nicht verliebt wie ein Schuljunge“, gab Mello zu und wandte den Blick ab. „Aber ich fand sie schon verdammt heiß. Und der Sex mit ihnen hat sich auch ganz normal angefühlt und es war auch nicht so, dass ich rein gar nichts dabei gefühlt habe. Deshalb glaube ich auch nicht, dass ich schwul bin. Vor allem weil ich es mir nie und nimmer vorstellen könnte, was mit einem Mann zu haben. Und genau das kapier ich nicht.“ Horace nickte und lächelte wissend, so als hätte er bereits die Antwort. „Weißt du, Mello… ich glaube dir wirklich, dass du nicht schwul bist. Es kann gut möglich sein, dass du eine bisexuelle Veranlagung hast, das wäre eine Möglichkeit. Die andere Alternative hingegen wäre, dass du ein Hetero bist, der auf einen ganz bestimmten Mann steht.“ Sofort schüttelte der 24-jährige den Kopf, denn das klang in seinen Ohren ja doch wirklich mehr als absurd. „Das ist doch Quatsch. Wie soll sich denn ein Hetero in jemanden verlieben, der dasselbe Geschlecht hat?“ „Ganz einfach: man liebt die Person an sich und dabei ist das Geschlecht zweitrangig. Und ich glaube der Fall liegt bei dir vor. Du stehst für gewöhnlich auf Frauen, aber du hast Gefühle für deinen Freund Matt, weil du ihn für seinen Charakter liebst und nicht für sein Aussehen oder sein Geschlecht. Für die Leute gibt es da kaum Differenzierungen. Wenn du dich zu deiner Liebe zu Matt bekennst, stempeln sie dich schnell als schwul ab. Die Frage ist dann, ob du dann in der Lage sein wirst, dennoch zu deinen Gefühlen zu stehen und Matt zu beweisen, dass du zu ihm hältst. Und selbst wenn du schwul wärst, sähe ich da nichts Schlimmes dabei. An sich gibt es weder Gut noch Böse. Erst das Denken macht es dazu. Und ich glaube, dass du an deiner Denkweise mal etwas ändern musst. In deiner Welt gibt es nur Schwarz und Weiß. Aber es gibt auch Grautöne. Und ich glaube, das musst du erst mal lernen. Wenn du wirklich willst, dass Matt dir eines Tages verzeihen soll, dann solltest du zuallererst ehrlich zu dir selbst sein. Wie willst du es denn sonst bei anderen sein?“ „Hattest du denn kein Problem damit, Gefühle für einen Mann zu haben?“ „Nein“, sagte Horace ganz klar. „Ich wusste ganz genau, dass ich für meine Gefühle nichts kann und sie zu verleugnen hätte mich selbst nur unglücklich gemacht. Und ich bin stolz darauf, jemanden zu lieben und dass ich zu meinen Gefühlen stehe. Denn dazu gehört vor allem Mut und Selbstbewusstsein. Aber ich glaube bei dir liegt da das Problem, weil du mit einem Minderwertigkeitskomplex zu kämpfen hast. Du musst immer besser sein als andere, du darfst dir keinerlei Schwächen erlauben und du bekämpfst alles, was dich schwach macht. Deshalb hast du auch Matt vor vier Jahren verprügelt. Weil er die Verkörperung deiner Schwäche ist. Nämlich die Liebe zu einem anderen Menschen. Aber letzten Endes hast du nur deine eigenen Gefühle verleugnet und dich selbst unglücklich gemacht. Und jetzt stehst du vor dem riesigen Scherbenhaufen. Deshalb kann ich dir nur empfehlen: komm zuallererst mit dir selbst ins Reine. Wie willst du dein Problem mit Matt denn bitteschön lösen, wenn du nicht einmal weißt, wie es mit deinen Gefühlen wirklich aussieht und ob du dich auf diese einlassen kannst, ohne gleich wieder in dein Gedankenmuster zu verfallen, du müsstest besser sein als alle anderen? Keiner erwartet das von dir und der einzige Mensch, der dir im Weg steht, bist allein du. Denk mal in aller Ruhe darüber nach und wenn du dir zu hundert Prozent über deine Gefühle im Klaren bist, solltest du mit Matt das Gespräch suchen und um euer gemeinsames Glück kämpfen. Vor allem aber musst du ihm auch beweisen, dass du es ehrlich mit ihm meinst und ihn nicht bloß als ein kleines Sexabenteuer siehst.“ „Ja…“, murmelte Mello nachdenklich und nickte. „Ich glaube du hast Recht. Glaubst du, es gibt überhaupt noch eine Chance mit uns beiden?“ „Nun, einfach wird es garantiert nicht. Dieses Mal wirst du kämpfen müssen, etwas anderes bleibt dir da nicht übrig. Aber wenn du es richtig angehst und aufrichtig zu ihm und vor allem zu dir selbst bist, könnte es klappen. Aber ich bin kein Hellseher, ich bin nur Psychologe und Schauspieler. So, jetzt lass dir mal Zeit, um in Ruhe darüber nachzudenken. Ich bin dann mal wieder weg. War nett mit dir zu plaudern. Also dann… bis zum nächsten Mal. Schau mal in Core City vorbei, wenn du Zeit hast. Dann siehst du auch mal die Hauptstadt von Down Hill.“ Damit verschwand Horace wieder durch die Luftschächte und Mello dachte nach. Konnte es wirklich sein und er liebte Matt trotz der Tatsache, dass er nicht auf Männer stand? Ach Mann, irgendwie war das mehr als verwirrend und er war sich auch nicht so wirklich sicher, was er tun sollte. Das Beste war vielleicht erst mal, wenn er sich die Beine vertrat, oder? Er warf einen Blick auf die Uhr neben seinem Bett. Es war fast 18 Uhr. Gleich würde es Abendessen geben. Nun… eigentlich hatte er nicht sonderlich Hunger, aber vielleicht konnte er ja ein wenig Ablenkung finden. Mit Rhyme konnte er ja wunderbar reden und er verstand sich auch gut mit ihm. Also stand Mello auf und verließ sein Zimmer, dann machte er sich in Richtung Speisesaal auf. Dort hatte sich bereits eine Warteschlange gebildet, aber diese war glücklicherweise nicht allzu lang. „Hey Mello!“ Er drehte sich um und sah Birdie, die übers ganze Gesicht strahlte und wie immer Handschuhe trug. „Alles in Ordnung bei dir? Den Schreck einigermaßen verdaut?“ „Ja… alles in Ordnung. Wie geht es den Verletzten?“ „Dr. Helmstedter ist mit der Operation fertig, aber leider hat es Sancho nicht geschafft. Der Blutverlust war einfach zu groß. Und Zain und Fowler schweben noch in Lebensgefahr. Aber zumindest schafft es Sniper und das ist schon mal eine gute Nachricht.“ Na wenigstens etwas. Aber eines verwunderte ihn schon. „Wieso stellst du dich hier an? Ich dachte, hier gibt es Leute mit Privilegien.“ „Das schon, aber ich mag es nicht, mich vorzudrängeln. Das ist irgendwie unhöflich und so wichtig bin ich ja nun auch wieder nicht. Ich bin leider kein ärztliches Genie wie Dr. Helmstedter und bin im Grunde nur seine Assistentin.“ „Wo steckt der Doktor eigentlich?“ „Er lässt sich das Essen in sein Zimmer bringen, da er es vermeiden will, mit den anderen zu essen. Naja… jeder hat eben so seine kleinen Eigenheiten. Außerdem ist er noch mit Rhyme in einem Gespräch und das wird wahrscheinlich noch etwas dauern. Ach nein… da kommt er ja schon.“ Mello drehte sich zur Tür um und sah tatsächlich Rhyme hereinkommen. Doch er machte nicht gerade den Eindruck, als würde es ihm gut gehen. Er wirkte ziemlich neben der Spur und wankte vielmehr, als dass er lief. An seinen Handgelenken zeichneten sich Spuren von Fesseln ab und er sah auch sonst recht blass aus. Eine böse Vorahnung beschlich Mello. Dieser Anblick erinnerte ihn fast an sich selbst, als er in dieser dreckigen Zelle gelegen hatte, nachdem Scarecrow Jack ihn vergewaltigt hatte. Offenbar gab es auch Übergriffe hier in Efrafa… Vielleicht sollte er besser mal mit Rhyme reden. Mit ihm verstand er sich ja recht gut und er hatte auch den Eindruck, dass man vernünftig mit ihm reden konnte. „Sag mal Birdie, was ist da eigentlich zwischen Rhyme und Dr. Helmstedter?“ „Keine Ahnung, das geht schon seit Rhyme hier in Down Hill ist. Offenbar kennen sie sich noch von früher und soweit ich weiß, war Rhyme mal sein Patient. Der Doktor erzählt aber sowieso nicht viel über sein Leben.“ Schließlich kamen sie mit den Tabletts zu ihrem Platz und Mello wartete schon auf Rhyme, da sah er, wie diesem ein Bein gestellt wurde und er stürzte. Der Verursacher dieses Zwischenfalls war ein tätowierter Mann, von dem Mello sicher war, dass er höchstwahrscheinlich Puertoricaner war. Seine Sitznachbarn lachten bei dem Anblick und sofort rief der Puertoricaner „Hey Rhyme, wie ist es denn so, Helmstedters kleine Schlampe zu sein? Stehst wohl auf alte Säcke, was?“ Rhyme sagte nichts, sondern wollte offenbar eine Konfrontation vermeiden. Doch da trat der Puertoricaner ihn und spuckte aus. „Verpiss dich hier und hör auf damit, meine Luft zu atmen, klar?“ Das reichte Mello endgültig. Dieser Blödmann wollte also Streit? Den konnte er gerne haben. Er stand auf und ging direkt zu dem Tätowierten hin. Dieser war zu sehr auf Rhyme fixiert, um zu merken, wer da auf ihn zukam. Erst als Mello schon fast bei ihm war und er dessen Verärgerung sah, lachte er höhnisch und fragte „Was denn? Bist du auch ein Verehrer dieser kleinen…“ Das letzte Wort konnte er nicht mehr aussprechen, als Mello ihm einen Schlag ins Gesicht verpasste, der sich gewaschen hatte. Der Puertoricaner taumelte nach hinten und schien erst nicht ganz zu verstehen, was das sollte. Dann aber rief er wütend „Was mischst du dich denn ein, Blondie? Suchst du Streit?“ „Du gehst mir auf die Nerven“, erklärte Mello und rieb sich seine Fingerknöchel, die durch den heftigen Schlag etwas schmerzten. „Also halt den Rand, bevor ich ihn dir stopfe, du Penner.“ Das ließ sich der Puertoricaner nicht bieten. Er sah endgültig rot und hasserfüllt funkelte er Mello an. „Du willst es also nicht anders.“ „Los, Rico!“ feuerten ihn seine Kollegen an. „Verpass ihm ein paar!“ Zusätzlich durch die Anfeuerungsrufe der anderen angestachelt, schlug Rico zu, doch Mello bekam sein Handgelenk zu fassen und verpasste ihm noch einen Schlag ins Gesicht, bevor er ihm seinen Fuß auf die Zehen stieß und ihm dann seinen Ellebogen in die Rippen rammte. Ein heftiger Kampf entstand und schließlich konnten auch Ricos Freunde sich nicht mehr zurückhalten. Nun stürzten sich zwei weitere auf Mello und eine Weile lang konnte der 24-jährige sie noch abwehren, doch da kassierte er einen Faustschlag gegen die Schläfe und dann wurde er von hinten gepackt und festgehalten. Und das nutzte Rico natürlich aus, um ihm einen Schlag in den Brustkorb und in die Magengrube zu verpassen. Schlag auf Schlag folgte, aber seltsamerweise tat es nicht ganz so sehr weh, wie Mello eigentlich erwartet hätte. Nun gut, er nahm den Schmerz noch wahr, aber er fühlte sich irgendwie dumpf an. So als würde ein gewisses Taubheitsgefühl von seinem Körper Besitz ergreifen. Aber er spürte noch etwas anderes… Eine seltsame Kälte, die sich in seinem Inneren ausbreitete. Sie fühlte sich so an, als würden seine Adern gefrieren und als würde diese Kälte aus seinem Innersten strömen und sich wie ein schleichendes Gift in seinem gesamten Körper ausbreiten. Er hatte dieses Gefühl schon einmal gehabt, nämlich im Hell’s Gate, bevor er das Bewusstsein verloren hatte. Nur fühlte es sich nicht mehr so schlimm an wie beim letzten Mal. Und da er den Schmerz nicht so stark wahrnahm, nutzte er das natürlich auch für sich und mobilisierte seine Kraftreserven. Er riss sich los und schlug die beiden Kerle, die ihn festgehalten hatten, zu Boden nahm sich dann Rico vor. Eine heftige Prügelei entbrannte und viele hielten sich raus, aber andere wiederum versuchten verbal den Streit zu beenden. Birdie selbst versuchte dazwischen zu gehen und die beiden voneinander zu trennen, kassierte aber von Rico einen Schlag und dieser bekam dafür die Retourkutsche von Mello. „Kommst dir ja wohl richtig stark vor, wenn du eine Frau schlägst, oder?“ Das war nun endgültig zu viel für den Puertoricaner. Nun rastete er endgültig aus und sogleich zog er ein Springmesser hervor und schlug damit nach Mello, doch dieser riss reflexartig seinen Arm hoch, um sein Gesicht zu schützen, da schnitt ihm die Klinge über den Arm. „Das reicht, du Motherfucker. Jetzt bist du tot!“ „Aufhören, alle beide!!!“ Ehe Rico erneut zustechen konnte, kam Christine herbei und schlug ihm das Messer aus der Hand. Dann packte sie ihn mit einer Hand am Kragen und riss ihn von den Füßen. Mello verschlug es die Sprache, als er sah, wie Christine den Kerl mühelos mit einem Arm hochstemmen konnte, der fast so groß war wie sie und dazu noch mehr wog als sie selbst. Es schien sie nicht einmal sonderlich anzustrengen. „Hier wird sich nicht geprügelt, klar? Rico, das reicht endgültig. Der Boss wird sich persönlich um dich kümmern. Also sieh zu, dass du Land gewinnst.“ Und da sich Rico offenbar nicht mit Christine anlegen wollte, machte er lieber einen Abgang und verließ den Speisesaal. Dann wandte sich die Soldatin Mello und Rhyme zu. „Und ihr erklärt mir jetzt, was das sollte.“ „Der Kerl ist mir auf die Nerven gegangen“, erklärte Mello gereizt. „Der spielt sich hier wie der King auf und meint, andere herumschubsen zu müssen, nur um sich aufzuspielen.“ „Stimmt das?“ fragte Christine und half Rhyme wieder hoch. „Hat Rico Ärger gemacht?“ Zuerst haderte Rhyme mit sich, da er offenbar niemanden verpfeifen wollte, aber da er wohl fürchtete, dass dann wohl Mello Ärger bekommen könnte, entschied er sich dann doch anders. „Ja, er war schon vorher auf Ärger aus und hat diese Prügelei provoziert.“ Das schien Christine zu genügen und so wandte sie sich an Mello. „Dann belasse ich es dieses Mal noch bei einer Verwarnung. Aber bei der nächsten Prügelei wird es Konsequenzen geben. Ich dulde hier keine Prügeleien und andere Übergriffe hier, verstanden? Aber sag schon: bist du schwer verletzt?“ „Ich glaub nicht. Er hat mich mit dem Messer lediglich am Arm verletzt.“ „Zeig mal her“, meldete sich Rhyme und sah sich die Schnittwunde an. Mello ging davon aus, dass es ziemlich bluten würde, immerhin war das kein Kratzer gewesen. Es tat auch weh, aber es war kein brennender Schmerz, wie er erwartet hätte. Nein, es fühlte sich kalt an. So als hätte sein Arm zu lange in kaltem Wasser gelegen, sodass er bis auf die Knochen ausgekühlt war. Doch als er seinen verletzten Arm hob, damit Rhyme ihn sehen konnte, stutzte er. Er sah zwar eine Schnittwunde, aber es floss kaum Blut. Lediglich ein paar kleine dunkelrote Rinnsale tropften runter, aber mehr auch nicht. Es war verrückt… als hätte das Messer ihn kaum getroffen. Doch da war noch etwas anderes, das ihn verwirrte. Das Blut in seiner Wunde begann sich schwarz zu färben. Direkt vor seinen Augen. Rhymes Augen weiteten sich vor Fassungslosigkeit, als er das sah und auch Christine wirkte entsetzt. „Was zum…“ Mello tastete vorsichtig in seiner Wunde und sah dann dass Unfassbare: sein Blut hatte eine fast schon zähflüssige Konsistenz angenommen, so als wäre es dabei, sich komplett zu verhärten. Und es fühlte sich kalt an. Der Anblick seines Blutes, welches nicht einmal mehr im Ansatz etwas von menschlichem Blut hatte, ließ ihn fast schreien. Was um Gottes Willen passierte da nur mit ihm und wieso färbte sich sein Blut auf einmal schwarz? Mello stand kurz vor einer Panik. Er begriff nicht, was da gerade mit ihm passierte und was mit seinem Körper passierte. Die ganze Zeit war doch alles gut gegangen, aber jetzt… Warum nur begann sich plötzlich sein Blut zu verändern? „Was… was ist…“ Als er aufsah, erstarrte er, denn Christine zielte direkt mit einer Pistole auf ihn und ihr Blick verriet, dass sie bereit war, sofort zu schießen, wenn er sich jetzt falsch bewegen sollte. „Keine falschen Bewegungen und lass die Hände da, wo ich sie sehen kann.“ „Christine!“ rief Birdie, die das mitbekommen hatte und wollte dazwischengehen. „Was soll das? Nimm die Waffe runter, Mello ist doch kein Feind.“ „Er hat schwarzes Blut in sich“, erklärte Christine und ihr Blick verfinsterte sich. „Er trägt das Umbra-Gen mit sich.“ „Wie bitte?“ Mello war selbst ratlos und verstand rein gar nichts mehr. Doch da packte ihn Christine ihn auch schon und zerrte ihn mit sich. Birdie hingegen ging Morph und Matt holen, die weiter abseits saßen und zusammen mit wenigen anderen ihren eigenen Tisch hatten. Ehe Mello sich versah, wurden ihm plötzlich Handschellen angelegt und er wurde zu einer Tür gebracht. Nachdem Christine sie geöffnet hatte, wurde er hineingestoßen. Er stürzte zu Boden und hatte alle Mühe, sich wieder aufzusetzen. Immer noch zielte die Soldatin mit einer Pistole auf ihn, Rhyme versuchte die Sache zu klären. „Christine, das können wir doch nicht tun. Mello ist doch kein Feind und…“ „Ich habe als rechte Hand des Shutcalls Verantwortung zu tragen“, erklärte sie mit Nachdruck in der Stimme und blieb unbarmherzig. „Wir können kein Risiko eingehen und ihn bei den anderen lassen, wenn er tatsächlich mit dem Umbra-Gen infiziert ist und wir nicht abschätzen können, inwieweit es auch sein Verhalten beeinflusst.“ „Er ist doch nicht Umbra!“ rief Rhyme und gestikulierte dabei die ganze Zeit unruhig mit den Händen. „Es gibt sicher eine vernünftige Erklärung. Ich glaube nicht, dass er genauso ein Experiment ist wie Umbra. Er zeigt doch kein abnormales Verhalten.“ „Das habe nicht ich zu entscheiden.“ Es war zwecklos, mit Christine zu diskutieren. Sie blieb bei ihrer Entscheidung und schließlich kamen Matt und Morph herbei, die Birdie in Begleitung dabei hatten. „Was ist hier los?“ fragte Matt etwas ungehalten und ging direkt zu Christine. „Birdie sagte, es gibt ein Problem?“ „Allerdings“, bestätigte die Soldatin, die immer noch ihre Waffe bereithielt. „Mellos Blut färbt sich schwarz. Er ist mit dem Umbra-Gen infiziert.“ Nun bröckelte diese harte und kalte Fassade in Matts Gesicht und auch er konnte nicht fassen, was er da hörte. Einen Moment stand er regungslos da und musste sich erst einmal sammeln, bevor er eine Entscheidung fällte. „Ich werde alleine und unter vier Augen mit ihm reden. Morph und Christine, ihr kümmert euch um die anderen und beruhigt dort die Situation. Birdie, du und Rhyme geht Dr. Helmstedter benachrichtigen.“ „Okay, Boss.“ Damit gingen sie alle und Matt blieb alleine bei Mello. Er betrat mit langsamen Schritten den Raum, dann schloss er die Tür hinter sich und nahm seine Fliegerbrille ab, um ihm direkt in die Augen zu sehen. In seinem Blick war kalter Ernst, aber auch Erschütterung zu sehen. „Ich glaube, du bist mir ein paar Antworten schuldig, Mihael“, sagte er nun. Und sein Ton verriet, dass da wahrscheinlich noch so einiges auf sie zukommen würde, was nicht gerade erfreulich sein durfte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)