Scherbentanz von KleineEidechse ================================================================================ Kapitel 1: Scherbentanz ----------------------- Der Spiegel, alleine in einem leeren Raum. Die Wände, weiß wie frisch gefallener Schnee. Wieder steht sie vor dem Spiegel und wieder starrt sie stundenlang durch sich hindurch. Ihr Spiegelbild tut es ihr gleich. Doch was sie sieht, weiß nur sie selbst. Niemand kann sagen, was in ihr vor sich geht, wenn sie den Blick schweifen lässt. Von ihren ledernen Stiefeln über die schwarze, enge Jeans hoch zu den Hüften, über das ebenso schwarze lederne Korsett und dem zerfetzten, schwarzen Hemd zur Brust. Hinauf zum schlanken Hals, um welchen eine Kette mit blutrotem Kreuz dran baumelt weiter bis er an ihrem Gesicht hängen bleibt. Umrahmt von langem, schwarzem Haar. Die Haut ist blass und das Lachen schon seit Jahren daraus verschwunden. Harte Züge liegen auf Kinn und Mund und schlussendlich bleibt der Blick an den Augen hängen. Diese Augen die sie schon so lange verflucht. Die sie ebenso grün zurückstarren, die sie mit ihrem eigenen Blick fast töten möchte. Die seit Jahren keine Emotion mehr gezeigt haben. Aus denen der Glanz zur Gänze gewichen ist. Sie weicht einen Schritt vom Spiegel zurück. Eine Wut flammt in ihr auf, sie sie seit Jahren tief in sich begraben hat. Zum ersten Mal seit langer Zeit sieht sie es in ihren Augen blitzen und das elende Grün verengt sich für den Bruchteil einer Sekunde zu bedrohlichen Schlitzen. Wie in Trance geht sie in die Knie, öffnet die Stiefel und streift diese schließlich von den Füßen. Barfuss und mit hochgekrempelter Hose erhebt sie sich langsam wieder. Immer noch hängt der Blick wieder an ihren nunmehr erloschenen Augen. Ihre Rechte ballt sich zur Faust. Einen Schritt macht sie auf den Spiegel zu. Dann streift sie die ledernen Handschuhe von den Händen. Wieder ballt sie die Rechte zur Faust. Ein weiterer Schritt auf den Spiegel zu. Sie hebt die Faust. Dann holt sie aus und schlägt zu. Mit einem hässlichen Klirren breiten sich Rissen auf dem Spiegel aus und verzerren ihr Gesicht zu einer unnatürlichen Fratze. Ihre Hand bricht durch das Spiegelglas durch und die scharfen, gläsernen Kanten reißen tiefe Wunden in den ganzen Unterarm. Sie zieht ihren Arm wieder aus dem Loch im Spiegel heraus. Zusammen mit dicken, roten Blutstropfen regnen die Scherben des Spiegels zu Boden. Der Arm ist blutüberströmt, doch den Schmerz spürt sie schon lange nicht mehr. Zu oft wurde sie schon verletzt. Zu oft, hat sie schon für andere geblutet. Ein wenig verwundert betrachtet sie ihre blutrote Hand. Während sie sie immer wieder schließt und wieder öffnet, rinnt ihr das dunkle Blut weiter den Arm herunter und fällt zu Boden. Sie hebt den Blick und sieht sich wieder im Spiegel, zerteilt in die einzelnen Fragmente des kaputten Glases. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen. Ein leichtes und wahnsinniges Lächeln, welches sich in ihren Augen widerspiegelt. Sie geht noch einen kleinen Schritt zurück und zerlegt auch den Rest des Spiegels mit einem derben Fußtritt, wobei das Glas tief in ihren Fuß einschneidet und nur knapp die Sehnen verfehlt. Der Wahnsinn in ihrem Kopf breitet sich immer weiter aus, sie kann kaum noch klar denken, so sehr berauschen sie das Blut und die Scherben auf dem Boden. Da erstarrt sie für einen Moment wieder und sieht erneut in den kaputten Spiegel. Was sie dort sieht vermag keiner zu sagen, aber für den Bruchteil einer Sekunde wird das Lächeln milde und der Ausdruck in ihren Augen traurig. Doch der Wahnsinn schlägt wieder zu und reißt sie mit sich tief in den schwarzen Abgrund. Sie schließt die Augen. Die Melodie eines Liedes summend. Leise singt sie nun den Text und fängt an zu tanzen. Die Scherben auf dem Boden zerschneiden ihr die Füße und überall auf dem schneeweißen Boden und an den schneeweißen Wänden klebt ihr Blut. Aber das stört sie nicht, denn sie spürt den Schmerz nicht mehr. Denn der Wahnsinn hat sie mittlerweile völlig gefangen genommen. Er wird sie auch nie wieder freilassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)