Down Hill 1: Arrival von Sky- (Welcome to Hell) ================================================================================ Kapitel 8: Mellos Flucht ------------------------ Mello hatte es wirklich enorme Kraft gekostet, aufzustehen und sich zur Zelltür zu schleppen. Auch als er es endlich geschafft hatte, sie zu öffnen und wieder auf den Gang zu gelangen, rebellierte sein Körper gegen diese Anstrengung und wirklich alles in ihn schrie danach, einfach liegen zu bleiben und zu warten, bis die Schmerzen weg waren. Aber so schnell wollte er nicht aufgeben. Kaonashi hatte ihm immerhin den Weg beschrieben und er musste unbedingt nach Efrafa, um Matt wiederzusehen. Allein der Gedanke daran half ihm, diese verdammten Schmerzen zu ignorieren und sich selbst weiterzuquälen, um endlich aus diesem Höllenloch rauszukommen. Er konnte später noch herumjammern und sich von seinen Verletzungen erholen. Jetzt erst einmal galt es, schnell hier rauszukommen, bevor dieses Durchgeknallten-Duo zurückkam. Das konnte er jetzt am allerwenigsten gebrauchen und wenn er richtig Pech hatte, dann sperrten sie ihn gleich wieder ein und er kam nie hier raus. Wer weiß, ob er überhaupt wieder eine solche Gelegenheit bekommen würde, von hier abzuhauen, wo Kaonashi doch schon extra hergekommen war, um ihm zu sagen, wie er hier rauskam und ihm den Schlüssel für die Zellentür zu geben. Wahrscheinlich war es die einzige, die er je bekommen würde und aus diesem Grund musste er sich verdammt noch mal zusammenreißen und hier möglichst schnell verschwinden. Also wie war das noch gleich? Wo sollte er zuerst hin? Angestrengt dachte er nach und versuchte sich Kaonashis Worte ins Gedächtnis zu rufen, auch wenn ihm das gerade wirklich mehr als schwer fiel. Zuerst musste er zur Trakttür geradeaus. Ja richtig und danach links abbiegen. Na hoffentlich ging auch alles gut. Mello biss die Zähne zusammen und ging voran und hoffte inständig, dass er sich nicht irrte und schlimmstenfalls in die falsche Richtung lief. Zwar hatte er ein gutes Gedächtnis und konnte sich eigentlich darauf verlassen, aber das nützte ihm auch nichts, wenn Kaonashi ihm falsche Informationen gegeben hatte. Allerdings bezweifelte er, dass dieser tatsächlich gelogen hatte. Sonst hätte er sich doch gar nicht die Mühe gemacht, zu ihm zu kommen, selbst auf die Gefahr hin, ebenfalls von den Cohans gefangen genommen zu werden. Nein, er war sich sicher, dass dieser komische Kerl mit der Maske die Wahrheit gesagt und ihm den richtigen Weg genannt hatte. Aber warum das alles? Wieso half er ihm und gab ihm obendrein noch den Zellenschlüssel und erzählte ihm, wo er Matt finden konnte? Irgendwie kam ihm das alles ziemlich spanisch vor, vor allem weil er diesen Kaonashi doch überhaupt nicht kannte. Oder vielleicht doch? War es vielleicht möglich, dass Kaonashi eventuell eines der Kinder aus Wammys House sein konnte? Das wäre zumindest eine Erklärung, wenn nicht die Tatsache dagegensprechen würde, dass Kaonashi ihn ansonsten direkt mit Namen angesprochen und sich als Wammy-Sprössling zu erkennen gegeben hätte. Oder existierte eine andere Verbindung zwischen ihnen, wenn überhaupt? Es wollte Mello einfach nicht in den Kopf, warum ihm so ein Fremder einfach half, vor allem im Knast, wo man für alles eine Gegenleistung erwartete und man rein gar nichts geschenkt bekam. Hier war sich jeder selbst der nächste und das eigene Überleben hatte oberste Priorität. Freundschaft gab es im Gefängnis nicht, allerhöchstens Zweckgemeinschaften, weil man voneinander profitieren konnte. Entweder schloss man sich zu Banden zusammen und regierte den Knast, oder aber man verkaufte sich an jemanden, um vor anderen Häftlingen beschützt zu werden. Alles war möglich und deshalb sah er keine wirkliche Logik darin, was Kaonashi sich mit dieser Aktion versprach. Jedenfalls schien dieser Kerl zwar in vielerlei Hinsicht abgestumpft zu sein, was diese Brutalität anging, die in Down Hill offenbar vorherrschte und er griff vermutlich niemals aktiv ein, um jemandem zu helfen. Oder zumindest ließ er nicht den Anschein erwecken. Jedenfalls war er kein barmherziger Samariter, sonst hätte er nicht zugelassen, dass Mello in die Gewalt dieser Psychopathen geriet und stundenlang von Jackson vergewaltigt wurde. Da hatte er ihm nicht geholfen. Wohl vielleicht, um ihm eine Lektion zu erteilen? Ja, irgendwie erschien es ihm tatsächlich so, als habe Kaonashi ihm eine Lektion erteilen wollen, indem er ihn einfach in die Falle tappen und leiden ließ. Denn wie sagte man so schön? Verbrannte Finger sind die besten Lehrmeister. Und vermutlich sollte dies eine ernst gemeinte Warnung an ihn sein, dass er nicht so blindlings nach vorne stürmen, sondern lieber Vorsicht walten lassen sollte. Er durfte niemandem leichtfertig vertrauen und vor allem durfte er keine Schwäche zeigen. Down Hill… das war ein Gefängnis der anderen Art. Wer hierher kam, der würde nie wieder das Tageslicht sehen. Dies war nicht bloß ein Gefängnis, nein es war ein Grab. Hier wurde man hinabgeworfen und lebendig begraben, unterhalb der Erdoberfläche. Und in dieser gesetzlosen Hölle regierten die Starken über die Schwachen. Wer nicht die Nerven dafür hatte und sich nicht zur Wehr setzen konnte, der war verloren. Wer überleben wollte, musste kaltblütig und fest entschlossen sein. Man musste seine Menschlichkeit über Bord werfen und grausam sein. Und vor allem musste man bereit sein, Dinge zu tun, für die man seine Prinzipien und auch seinen Stolz ablegen musste. Mello erkannte so langsam, dass er viel zu blauäugig vorgegangen war und die Sache eindeutig unterschätzt hatte. Er war sich sicher gewesen, dass er es ganz alleine schaffte und nicht auf Hilfe angewiesen war. Und was hatte ihm das alles gebracht? Er war von einem sadistischen Psychopathen vergewaltigt worden, nachdem er nur knapp dem Schicksal als Blinder entkommen war, weil Sigma keinerlei Interesse an seinen Augen geäußert hatte. Was wohl Matt durch den Kopf gegangen war, als er von hier geflohen war und in Efrafa Schutz gefunden hatte? Womöglich dasselbe, worüber Mello gerade nachdachte, während er immer weiter geradeaus ging. Und wenn er daran dachte, wie lange Matt schon hier war, fragte er sich, was sein bester Freund bis jetzt alles erlebt haben mochte. Die Hölle auf Erden? Hatte er vielleicht Verbündete gefunden, bei denen er zumindest halbwegs sicher war? Nun, wenn Mello sich einer Sache wirklich sicher war, dann einer: Matt kam sicherlich gut zurecht. Schon immer hatte er sich perfekt an alle Arten von Situationen anpassen können. Egal wie schwierig sie auch waren. Er hatte sich recht schnell mit seinem Leben im Waisenhaus abgefunden, genauso wie danach, als es geschlossen wurde und sein Zuhause weg war. Selbst als sie nach Amerika ausgewandert waren und sich in Los Angeles niedergelassen hatten, hatte Matt nicht lange gebraucht, um sich zurechtzufinden. Da würde er in den letzten vier Jahren auch sicher einen Weg gefunden haben, um im Knast überleben zu können. Matt brachte so schnell nichts aus der Ruhe und der Tag, an dem er mal in Panik geriet, war wahrscheinlich der, an dem die Apokalypse über sie hereinbrach. Und dass er sich zu helfen wusste, bewies doch allein die Tatsache, dass ihm die Flucht aus dem Westblock gelungen war. Wie wohl ihr Wiedersehen nach all der Zeit sein würde? Ob sich Matt freuen würde, dass sie sich nach vier Jahren endlich wiedersehen würden? Na auf jeden Fall würde er recht sprachlos sein, das mit Sicherheit. Aber Mello war sich sicher, dass alles gut werden würde, wenn sie wieder das alte Team wären. Gemeinsam würden sie alles schaffen und deshalb sollte er endlich mal einen Zahn zulegen und zusehen, dass er hier rauskam. Nachdem er endlich die Trakttür erreicht hatte, rief er sich noch mal Kaonashis Worte ins Gedächtnis und ging nach links. Nun musste er nur noch nach diesem Büro Ausschau halten, welches vermutlich auch dasselbe war, in welchem er die Akten zu Sigma und Scarecrow Jack gefunden hatte. Na da hatte er wenigstens einen Orientierungspunkt. Während er weiterging, fragte er sich, wie Matt wohl der Ausbruch gelungen war. Irgendwie hatte er im Hinterkopf, dass Kaonashi erzählt hatte, dass er Hilfe von einem anderen Insassen bekommen hatte. Tja, da hatte er wohl echtes Glück gehabt. Er wusste selbst, dass Matt nicht gerade körperlich sonderlich stark war. Den Sportunterricht im Waisenhaus hatte er meistens geschwänzt gehabt und anstatt draußen Fußball mit den anderen zu spielen, hatte er lieber drinnen gesessen und seine Videospiele gespielt. Mit 14 Jahren hatte er bereits angefangen zu rauchen und eine Schelte nach der anderen von Roger kassiert. Aber in der Hinsicht war er eben komplett schmerzfrei und machte einfach weiter. Auf alles reagierte er nur mit einem gleichgültigen Achselzucken, so als würde alles, was man ihm sagte, zum einen Ohr rein und zum anderen Ohr wieder rausgehen. Ob er immer noch derselbe Matt war, den er in Erinnerungen hatte? Oder hatte Down Hill schon erste Spuren hinterlassen und ihn verändert? Nein, das glaubte er eigentlich nicht so wirklich. Matt hatte schon immer so eine Charakterfestigkeit und diese innere Ruhe besessen, mit der er wirklich in jeder Situation gelassen sagen konnte „Dann ist das halt eben so“. Aber war er denn tatsächlich schon immer so gewesen? Mello erinnerte sich an die Anfangszeit in Wammys House, als Matt zu ihnen bekommen war und was für eine Heulsuse er gewesen war. Nächtelang hatte er Alpträume gehabt und teilweise auch laut schreiend aus dem Schlaf aufgewacht. Mello wusste es am allerbesten, immerhin hatte er sich mit Matt damals ein Zimmer geteilt. In den ersten Tagen war Matt ziemlich verstört gewesen und da wollte er sich lieber nicht vorstellen, was dieser erlebt haben musste. Nun, wenn seine Familie tatsächlich von der Regierung oder besser gesagt von der KEE ermordet wurde, dann war das auch kein Wunder. Die meisten Kinder taten sich erst mal ziemlich schwer mit dem Verlust ihrer Familie und hatten eine schwere Anfangszeit. Trotzdem hätte Mello ihm manchmal gerne eine reingehauen, weil er wegen ihm schlaflose Nächte gehabt hatte. Dann aber hatte er sich anders entschieden und mit Matt gesprochen, als dieser wieder mal Tränen in den Augen hatte. Dieser hatte natürlich sofort alles abgestritten und erklärt, dass er nur was im Auge habe. Schon damals hatte er echt miese Ausreden. Doch anstatt gleich einen Streit vom Zaun zu brechen, was ja bekanntlich Mellos Art war, hatte er ihm die Fliegerbrille geschenkt. Matt hatte ihm irgendwie leid getan und aus irgendeinem Grund hatte er ihn aufmuntern wollen. Er hatte sie ihm einfach in die Hand gedrückt und ihm gesagt „So, damit kriegst du nichts mehr in die Augen!“ Ja… seit dem Tag hatte Matt kein einziges Mal mehr geweint. Und seitdem waren sie beide auch ein Team gewesen. Nie hatte sich Matt großartig beschwert und das impulsive und vor allem recht explosive Temperament seines besten Freundes immer mit Gelassenheit hingenommen und ihn zwischendurch wieder auf den Boden der Tatsache zurückgebracht. Obwohl Matt immer so wirkte, als würde ihn rein gar nichts interessieren, war er immer da gewesen. Kein anderer hatte es je so lange an seiner Seite ausgehalten, aber Matt schon. In dem Moment musste sich Mello wieder an den heftigen Streit vor vier Jahren erinnern, kurz bevor Matt spurlos verschwunden war. Er fragte sich wirklich, was Matt damals dazu geritten hatte, plötzlich mit der Idee anzukommen, dass sein bester Freund schwul war. Zugegeben… Mello wusste selbst, dass er ziemlich überreagiert hatte und er hätte Matt auch nicht schlagen dürfen. Er erinnerte sich an die nie endende Suche. Wie er stundenlang die Straßen abgesucht und sämtliche Leute ausgefragt hatte. Wie er seine Selbstvorwürfe in Alkohol ertränkt und sogar geweint hatte, weil er so verdammt einsam war und nicht wusste, was mit Matt passiert war. Erst da war ihm klar geworden, was für eine wichtige Rolle Matt eigentlich in seinem Leben spielte. Er war der beste Freund, den er je gehabt hatte. Der Einzige, der es so lange bei ihm ausgehalten hatte. Matt war der einzige Mensch, den er je wirklich in sein Leben gelassen hatte und der ihm wirklich wichtig war. Und er hatte ihn einfach geschlagen und angebrüllt, nur weil dieser diese eine verdammte Tabufrage stellen musste. Seine größte Angst in dem Moment war, dass Matt sich komplett von ihm abwenden würde. Dass er ihm diesen handfesten Streit einfach nicht verzeihen konnte und sie nie wieder so wie damals Freunde werden würden. Ja, das wäre das Schlimmste für ihn… Nach einer Weile erreichte Mello endlich das Büro und sah sich selbst in der Reflexion des Sicherheitsglases. Er sah wirklich schrecklich aus und erschrak auch im ersten Moment vor sich selbst. Sein Haar war von Blut verklebt und schmutzig, genauso wie sein Gesicht. Auf seinen Armen zeichneten sich erste Spuren von Hämatomen ab und er sah auch jetzt die Wunde an seinem Kopf, die Scarecrow Jack ihm zugefügt hatte. Sie hatte längst aufgehört zu bluten, aber so wie er die Sache einschätzte, musste sie trotzdem behandelt werden, ansonsten würde sie sich noch entzünden. Sein Gesicht wirkte irgendwie eingefallen wie das eines Magersüchtigen, er war kreidebleich wie eine Leiche und seine Augen waren stark gerötet. Er sah wirklich katastrophal aus und dabei verbargen die Klamotten ja noch das Schlimmste. So wie sein Körper wehtat, hatte dieser verdammte Sadist ihn echt übel zugerichtet. Das Schlimmste aber war, dass er unten rum so verdammt schmutzig war. Er versuchte nicht an den Orgasmus zu denken, den er gehabt hatte, als Jackson in ihm abgespritzt hatte. Das war für ihn eigentlich noch schlimmer gewesen als die Tatsache, dass dieses Schwein über ihn hergefallen war. Er fühlte sich selbst so abstoßend und widerlich und in dem Moment, als er sich an die schrecklichen Augenblicke zurückerinnern musste, begann sein Magen heftig zu rebellieren und zu verkrampfen. Er musste sich übergeben, aber da er seit einer gefühlten Ewigkeit nichts mehr gegessen hatte, kam da auch nicht viel raus. Seltsamerweise verspürte er nicht mal Hunger, seit er hier war. Vermutlich, weil solche körperlichen Empfindungen nicht sonderlich vom Gehirn registriert wurden, wenn man sich in einer solch extremen Stresssituation befand und durchaus andere Sorgen hatte. Ein weiteres Mal musste er sich übergeben und merkte erst jetzt die starke Übelkeit. Außerdem flimmerte es kurzzeitig vor seinen Augen und ihm wurde schwindelig. Na toll, dachte er sich und versuchte, bloß nicht umzukippen. Denn er glaubte nicht, dass er noch die Kraft zum Aufstehen haben würde, wenn es erst mal dazu kommen würde. Ausgerechnet wenn ich abhauen will, muss mein Kreislauf komplett versagen. Entweder kommt es daher, weil ich nichts im Magen habe, oder es ist dieser scheiß „Einstandsparty“ zu verdanken, dass ich mich so beschissen fühle. So ein verdammter Mist. Wenn das so weitergeht, dann holen die mich noch ganz sicher ein und ich kann meine Flucht vergessen. Ein plötzlicher Schuss schreckte ihn auf und er sah sich hastig um. Was war das denn gewesen? Schüsse? Im Gefängnis? Ach du heilige Scheiße! Hatten die Insassen jetzt etwa auch noch Schusswaffen hier in Down Hill? Was kam denn noch alles auf ihn zu? Ich muss echt sehen, dass ich hinne mache, sonst kann ich meine Flucht echt vergessen. Nachdem er tief durchgeatmet hatte, lief er weiter, doch er merkte, dass sein Körper da nicht so wirklich mitmachen wollte. Manchmal fiel es ihm schwer, das Gleichgewicht zu halten, weil alles um ihn herum zu wanken und sich zu drehen begann. Dann wurde ihm einfach schwarz vor Augen und er musste kurz stehen bleiben, um nicht noch umzukippen. Na komm schon, rief er sich selbst in Gedanken zu und kämpfte sich weiter. Du hast es bald geschafft und bist hier raus. Wenn du Efrafa erreichst, kannst du gerne umfallen und ohnmächtig werden. Dann bist du wenigstens in Sicherheit und kannst dich von deinen Verletzungen erholen. Aber jetzt erst mal musst du hier raus, sonst kriegen dich diese zwei Psychopathen noch und dann ist es endgültig vorbei. Dann fallen sie wie die Raubtiere über dich her und du wirst Matt nie wieder sehen. Sein Wille war nach wie vor ungebrochen, aber er merkte selbst, wie schwer es war, seinen Körper „zu überwinden“, wie Kaonashi gesagt hatte. Ihm war so verdammt übel und sein Kreislauf war komplett im Keller. Tief atmete er noch mal durch und mobilisierte erneut seine Kraftreserven und ging nach rechts. Soweit er sich recht erinnerte, sagte Kaonashi, dass er zwei Mal nach rechts gehen sollte, dann bei dem Typen in der Zelle mit den langen schwarzen Haaren noch mal nach links, dann geradeaus und er war raus. Theoretisch. Blieb nur zu hoffen, dass derjenige, der da gerade geschossen hatte, nicht noch zu ihm kam und Ärger machte. Mello kämpfte sich noch ein Stück weiter, bis er dann plötzlich Schritte hinter sich hörte. Abrupt blieb er stehen und drehte sich um. Das Entsetzen überkam ihm, als er sah, dass es Scarecrow Jack war. Scheiße… der hatte ihm gerade noch gefehlt. Mit seinen mörderisch funkelnden Augen starrte der entstellte Killer ihn an und schien offenbar selbst gerade nicht wirklich glauben zu können, was er da sah. Dann aber rief er wütend „Willst du etwa abhauen, kleines Schweinchen?“, woraufhin er mit der Machete in der Hand losstürmte. Mello seinerseits nahm die Beine in die Hand und ergriff die Flucht. Scheiße verdammt. Es musste aber auch wirklich alles schief gehen, seitdem er hier war. Erst tappte er ausgerechnet in diese Todesfalle, ließ sich von Sigma austricksen und jetzt, wo er endlich aus dieser Zelle entkommen war und drauf und dran war, diese Anstalt zu verlassen, passierte so etwas. Und das Schlimme war, dass er kaum die Energie zum Rennen hatte. Na hoffentlich war sein Körper überhaupt noch in der Lage, genug Adrenalin auszuschütten, damit er einen Zahn zulegen konnte. Ansonsten sah es mehr als düster für ihn aus. Tatsächlich spürte er, wie es durch seine Adern strömte und er deutlich schneller laufen konnte. Der Schmerz war wie ausgeblendet, er nahm ihn überhaupt nicht mehr wahr, ebenso wenig wie die Müdigkeit. Er bog noch einmal nach rechts ab und rannte weiter. Allein der Gedanke, dass er fast draußen war und es dann endlich hinter sich hatte, gab ihm Hoffnung und Kraft, weiterzulaufen und nicht stehen zu bleiben, ganz egal was auch… Mello erstarrte in der Bewegung, als Jackson die blutverschmierte Klinge der Machete in seine Seite schlug und eine tiefe Wunde riss. Der 24-jährige geriet ins Stolpern und spürte das warme Blut über seinen kalten Körper fließen und der stechende Schmerz, der ihn wieder zurückholte. Er presste eine Hand gegen seine Seite und dann packte Jackson ihn an der Schulter, drehte ihn um und rammte ihm die Machete direkt in den Bauch. Mello stöhnte vor Schmerz auf und keuchte. Das war nun endgültig zu viel für ihn. Er rang nach Luft und wankte, sein Körper krümmte sich aufgrund der schweren Verletzung zusammen und er presste seinen Arm gegen die Wunden. Unaufhörlich floss Blut und er spürte nur noch diese fast schon heiße flüssige Wärme seinen Körper hinunterfließen, die gleichzeitig so tückisch gefährlich war, weil er wusste, dass dies seinen bevorstehenden Tod durch Verbluten bedeuten würde. Warum nur, fragte er sich, während er sich mit einer Hand an der Wand abstützte und versuchte, irgendwie auf den Beinen zu bleiben. Warum nur konnte ich nicht schneller sein als er? Ja, das würde er sich noch wahrscheinlich im Augenblick seines Todes fragen. Doch nun war es zu spät. Die Machete hatte ihn schwer verletzt und es würde sich nur noch um eine Frage von wenigen Minuten handeln, bis der Blutverlust so groß war, dass es zu einer Schockreaktion kam und er in absehbarer Zeit verbluten würde. Verzweiflung überkam ihn. Er wollte nicht sterben. Nicht hier in diesem Drecksloch und schon gar nicht durch die Hand eines solchen Psychopathen. Er wollte leben und Matt wiedersehen. Er wollte ihm sagen, wie sehr ihm das alles leid tat und er wollte wieder sein Gesicht sehen und seine Stimme hören. Nur noch ein einziges Mal… mehr wollte er nicht. Mello wankte rückwärts zurück, stützte sich an der Wand ab und sah, wie Jackson erneut die Machete zum Angriff erhob. Dieses Mal würde er ihn töten. Das stand fest. In Mellos Augen sammelten sich kleine Tränen, als er erkannte, dass er nichts dagegen ausrichten konnte und sein ganzer Kampfgeist, seine Sturheit und sein Trotz gegen alle Widrigkeiten ihm rein gar nichts gebracht hatten. Er war vollkommen machtlos und nicht in der Lage, seinem eigenen Schicksal zu entrinnen. Es war seine Entscheidung gewesen, das Asylum zu durchqueren und nun war die Konsequenz dafür sein Tod. Was für ein Alptraum… Langsam wankte er zurück, ertastete dann aber plötzlich eine Leere in der Wand. Eine Art Schacht, den er in seiner Benommenheit gar nicht bemerkt hatte, war da direkt neben ihm, der in die Tiefe führte. Und damit direkt hinunter in die untere Ebene… dem Hell’s Gate. Er verlor den Halt und schaffte es nicht, sich irgendwie zu fangen, oder irgendwo festzuhalten. Er rutschte ab und stürzte den pechschwarzen Schacht hinunter, aus welchem der faulige Geruch des Todes nach oben drang und die Luft des Asylums verpestete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)