Warum erwachsen werden von Amunet ================================================================================ Kapitel 34: Kapitel 34 ---------------------- Zorn loderte heiß in Peter. Seine Arme schmerzten, denn man hatte sie ihm auf den Rücken gefesselt. Alles war so schnell gegangen, dass er noch nicht einmal wegfliegen gekonnt hatte. Er wünschte sich innig seinen Dolch, damit er die Piraten, einem nach dem anderen, aufschlitzen konnte. Aber mehr noch als seine Rachegelüste, war da die Unsicherheit wegen James. Sie hatten den Mann, in dem sie ihren Kapitän sahen, von ihm getrennt. Peter war dank des Knebels in seinem Mund unfähig, James etwas zuzurufen. Zwar hatte James versucht, die Piraten davon abzuhalten, Peter gefangen zu nehmen, doch James war zu verblüfft gewesen, um energischer dabei vorzugehen. Das offenkundig vertraute Verhalten von Smee und den Piraten, hatte James augenscheinlich verunsichert. Peter konnte in seiner jetzigen Situation nichts anderes machen, als abwarten. Nur, dass Warten eben keine seine Stärken war. Er suchte mit den Augen nach einem Weg, sich von den Stricken zu befreien. Aber kein spitzer Stein lag in seiner Reichweite, kein Pirat stand bei ihm, dem er geschickt und heimlich den Säbel oder Dolch entwenden konnte. Seine Handgelenke ohne Hilfe freizubekommen war unmöglich, die Fesseln saßen so fest, dass seine Hände allmählich taub wurden. Peter, dessen Füße ebenfalls gefesselt waren, versuchte zu fliegen. Ihm fiel nur gerade kein schöner Gedanke ein. Die Furcht, was geschehen würde, wenn die Piraten entdecken, dass Hook sein Gedächtnis verloren hatte, lähmte ihn. „Kapitän, wo waren Sie so lange? Wir haben Sie gesucht?“ „Nun, ich war bei dem Jungen“, sagte James und Peter zuckte angesichts des verwirrten Tonfalls zusammen, doch noch schienen die Piraten keineswegs zu bemerken, dass an ihrem Kapitän etwas anders war. „Wir dachten schon, die Indianer hätten Sie erwischt.“ „Indianer?“ James runzelte irritiert die Stirn. Peter wurde ganz bleich vor Angst sein Lügengespinst würde nun zusammenbrechen. „Na ja, Sie wissen schon, die uns mit Pan gefangen genommen haben.“ „Ja… Ja, natürlich.“ „Sind Sie auf den Kopf gefallen, Kapitän?“, rief der bärtige Wulf aus der zweiten Reihe und erntete böse Blicke seiner Kameraden. Sie alle fürchteten Hoocks spitzen Haken. „In der Tat“, antworte James, der unwillkürlich wieder in seine anerzogene, gehobene Sprechweise verfiel, „habe ich mir den Schädel gestoßen.“ „Oh“, raunten die Männer im Chor, unwissend darüber, wie sie nun reagieren sollten. „Mir ist, als wäre noch nicht wieder alles an seinem Platz“, sagte James und hielt sich den Kopf, als würde er schmerzen. Peter musste schlucken. „Brauchen Sie was, Kapitän?“, fragte Smee sofort. „Kriecher, bring den Rum!“, befahl er und sprach zu James weiter: „Ein guter Schluck feinster Rum hat schon so manch einem Mann den Kopf zurecht gerüttelt.“ Skeptisch blickte James drein, doch die besorgten Blicke der Männer, drängten ihn, tatsächlich einen tiefen Schluck aus der Flasche zu nehmen, welche man ihm mittlerweile vor die Nase hielt. Fast wiederwillig führte er die Flasche an den Mund und nahm zwei große Schlucke. Ein Husten erschütterte seinen Körper und Tränen sammelten sich in seinen Augen. „Was für ein scheußliches Gebräu!“, fluchte er. Die Piraten lachten erleichtert. „Wenn Sie das noch erkennen“, klopfte ihm Smee breit grinsend auf die Schulter, „dann sind Sie noch ganz der Alte.“ Amüsiert schüttelte James den Kopf und nahm weitere Schlucke des Rums. Peter war für den Moment erleichtert. Auch mit Gedächtnisverlust hatte James sich wieder in sein Gefolge eingefügt. Die Frage war nur, wann würden sie es bemerken und was würden sie dann mit Peter machen? „Gehen wir heute noch in die Höhle?“, fragte Smee, welcher besorgt auf den Himmel blickte, der dunkler wurde. „Haben wir Fackeln?“, kam die Gegenfrage. Ein Kopfnicken von Smee folgte und die Männer bildeten eine schmale Gasse, an deren Ende man geschätzte 20 Fackeln sah. Das waren mehr, als es Piraten gab. „Dann gehen wir.“ „Aber was“, flüsterte Smee so leise, dass Peter es kaum verstand, „ist mit den Geistern?“ „Geistern?“ „Na ja, die in der Höhle. Ihr sagtet, dass die Höhle von den Geistern der verstorbenen Piraten bewacht wird.“ „Ist das so? Wovor fürchtet ihr euch? Die Geister waren unsere Brüder, unsere Kameraden. Für uns werden Sie sicheres Geleit sein.“ „Und der Junge?“, fragte Smee und sein und Hooks Gesicht wanden sich Peter zu. Peter blickte in James‘ Veilchenblaue Augen und war der Einzige, welcher darin die vielen Fragen sah. Doch unter der wissbegierigen Oberfläche konnte er das Aufflackern von Ärgernis erkennen. James war nicht dumm. Er wusste, dass Peter ihm vieles verheimlicht hatte und jetzt bekam er diese Geheimnisse auf einem Silbertablett serviert. Spielte er deshalb mit? Hatte er deshalb bisher verschwiegen, dass er sich an sein Leben auf Nimmerland nicht erinnerte? Peter hatte keine Ahnung. Es verunsicherte ihn und als Hook seinen Blick von ihm abwandte und Smee mit grimmiger Entschlossenheit anlächelte, lief Peter ein kalter Schauer über den Rücken. „Wir nehmen ihn mit. Sollen die Geister sich an ihm austoben.“ Die Piraten lachten und johlten. So kannten sie ihren Kapitän. Enttäuscht blickte Peter zu Boden. Er ertrug es keine Sekunde länger, James anzusehen. Es war erstaunlich, wie schnell die Grenzen zwischen James und Hook verschmolzen. Wie der Mann, mit dem er intim geworden war, wieder der Kapitän der Jolly Roger sein konnte. Wie er sein Feind sein konnte. Die Verwirrung in Peter wurde größer, im Augenblick wusste er weder, was er denken, noch was er fühlen sollte. In die Piraten kam Bewegung. Peter brauchte ihrem Treiben nicht zuzusehen, um zu wissen, dass sie ihre Sachen zusammenpackten und alles für den Marsch in die Höhle bereit machten. Ein großer Schatten tauchte neben ihm auf, griff nach seinen Fesseln und zog ihn daran hoch. Schmerz durchflutete ihn jäh. Seine Schultern waren beinahe ausgekugelt worden, bei dieser brutalen Aktion. Ein schmieriger Pirat sah ihn aus boshaften Augen an, während Peter der Gestank verfaulter Zähne, die ihn anlächelten, fast zum Erbrechen brachte. „Weiß nicht, weshalb der Kapitän dich am Leben gelassen hat. Aber eines sag ich dir, die Geister werden dich aufknöpfen. Hast zu viele von denen auf dem Gewissen, Pan.“ „Vielleicht werden es noch ein paar mehr sein, ehe der Tag vorbei ist“, entgegnete Peter kämpferisch. „Vielleicht…“, sagte der Pirat. „Aber vielleicht auch nicht. Mein Messer würde sich freuen, dir die Kehle aufzuschlitzen. So einen jungen zarten Hals hatte es schon lange nicht mehr.“ Und dann etwas Zeit versetzt: „Wobei, so jung bist du auch nicht mehr. Hast in den letzten Tagen ordentlich an Alter zugelegt, was?“ Peter schwieg beharrlich. Was sollte der darauf auch sagen? Er hatte dieses Thema satt. Wobei er sich verstärkt fragte, ob möglicherweise nicht doch etwas daran war, wenn es schon dem gemeinen Gefolge von Hook in den Sinn kam, derartiges zu behaupten. Das stinkende Gesicht kam immer näher, so als würde er ihn genauer betrachten wollen. Er schnüffelte an Peters Haut, dessen Magen sich gefährlich drehte, doch noch konnte er ein Erbrechen unterdrücken. „Du riechst anders. Du siehst anders aus und du bist gewachsen. Werden wir dein Geheimnis erfahren, wenn wir in die Höhle gehen und das Gift deine Kehle hinunter ätzt?“ „Lass mich los!“, knurrte Peter. Seine Augen verzogen sich zu Schlitzen. Mochte er auch gefesselt und unbewaffnet sein, doch er würde sich diesem Piratenpack niemals geschlagen geben. Eine dreckige Hand legte sich um seinen Hals. Peter spürte, wie der Druck ihm die Kehle zuschnürte. „Für dich brauche ich nur eine Hand“, spottete der Pirat. „Und ich nur einen Hieb meines Hakens!“ James war aufgetaucht. Wie ein bedrohlicher Schatten ragte er hinter dem Piraten auf. Seine Stimme war Warnung und Drohung zugleich. Der Griff um Peters Hals löste sich und Peter sank ein Stück hinab. „Kein Grund zur Sorge“, murmelte der Pirat kleinlaut. „Ich hätte Ihrem Schätzchen schon kein Haar gekrümmt.“ „Das will ich dir auch geraten haben. Pan gehört mir!“ James‘ Gesicht wirkte so gefährlich, dass der Pirat nur noch ein: „Aye, Kapitän“ murmelte und das Weite suchte, ehe sein Kapitän doch noch den Haken zum Einsatz brachte. „Und nun zu dir.“ Peters Körper bebte, doch zu seiner großen Verwunderung war es eine berauschende Mischung aus Furcht und Lust. Die Spannung zwischen ihnen war derart greifbar, dass sein Körper sofort darauf reagierte. James umgriff sein Kinn und kam ihm so gefährlich nahe, dass Peter für einen Herzschlag glaubte, er wolle ihn küssen. Aber James tat nichts dergleichen. Er brachte seine Lippen an Peters Ohr, sodass sein warmer Atem Peter kitzelte. „Ich glaube, mein Freund, du hast mir ein paar gravierende Dinge vorenthalten.“ „Ich-“ „Nein“, unterbrach James ihn. „Ich will deine süßen Lügen nicht hören. Du magst mich zwar für einen Idioten halten, aber ich versichere dir, dass du dich irrst. Wenn die Piraten mich für ihren Kapitän halten, dann werde ich dieses Spiel mitspielen, bis ich herausbekommen habe, was hier genau von statten geht. Und als Erstes werde ich wohl herausfinden, weshalb ich deine herrlichen Lippen mit Gift benetzen wollte.“ „James…“, flehte Peter. „Nein“, schüttelte dieser seinen Kopf und ließ Peter los. „Erklär mir nichts mehr.“ James blickte unnachgiebig. Wut und auch Verletzung standen darin geschrieben. „SMEE!“, rief er, welcher sofort angerannt kam. „Ja, Kapitän?“ „Du nimmst Pan und folgst mir“, kam auch sogleich der Befehl. Die Verwunderung von Smee währte nur kurz, dann griff er nach Peters Stricken und stupste ihn vor sich her. Aus den Augenwinkeln konnte Peter sehen, wie die anderen Piraten sich ihnen anschlossen und die wenigen Meter bis zum Felsen überbrückten. Das faszinierte Geraune verunsicherte Peter, da er noch immer keinen Eingang ausmachen konnte. Wenn die Piraten vorgingen, würde er sich gleich seinen Kopf am Felsen anschlagen? „Seid ihr bereit, Männer?“, brüllte James, das Gesicht dem verlotterten Haufen zugewandt. „Ja, Kapitän“, kam das Echo. „Dann lasst uns zwischen die Schatten der Verstorbenen treten und das Gift holen!“ Jubel brach unter den Piraten aus, während Peter sich schockiert fragte, ob dieser Mann überhaupt noch James war oder Hook bereits zurückgekehrt war. Der Gedanke verging jedoch, als James‘ breiter Rücken im Felsen verschwand. Peter hielt seinen Atem an und dann spürte er auch schon den Stoß von Smee, der ihn vorantrieb. Auf den schmerzhaften Aufprall wartete er jedoch vergebens. Fortsetzung folgt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)