Last Desire: After Story II von Sky- (A Goddamn Chaos) ================================================================================ Kapitel 17: Eine gute Nachricht ------------------------------- „Wie… wie meinst du das, Großvater?“ fragte Dathan etwas unsicher, denn irgendwie ahnte er nichts Gutes, wenn Ajin in so einem Tonfall sprach. Meist bedeutete es dann, dass er wegen irgendetwas ziemlich ungehalten war und eine Standpauke halten wollte, die sich gewaschen hatte. Natürlich wusste er, dass dieser nicht sonderlich begeistert reagiert hatte, als er erfahren hatte, dass sein jüngster Enkel in der Menschenwelt bleiben und auch noch eine Menschenfrau heiraten wollte. Doch wenn Dathan ehrlich war, hatte er wirklich gedacht, dieses Thema wäre inzwischen geklärt. Und nun hatte sein Großvater seinen Vater und dessen zwei beste Freunde versammelt. „Was genau willst du mit mir besprechen?“ „Nun“, sagte Ajin und leerte sein Glas Whiskey. „Da deine Entscheidung offenbar endgültig ist, dass du so lange wie möglich in der Menschenwelt verbringen willst, werde ich diese Entscheidung natürlich genauso akzeptieren wie deine Eltern. Nichtsdestotrotz ändert es nichts an der Tatsache, dass du als Entität Pflichten hast, genauso wie deine Geschwister. Deshalb fällt dir auch die Aufgabe zu, die Menschenwelt zu beschützen. Insbesondere deine andere Familie. Samajim bleibt sowieso hier, um im Falle eines Notfalls da zu sein und außerdem wird er dieses Unheiltrio im Auge behalten. Auch auf dich wird er ein Auge haben und auf dich aufpassen. Und auch Hajjim wird zu deiner Unterstützung da sein.“ „Wieso denn ausgerechnet Onkel Hajjim?“ „Weil er es war, der die Menschenwelt oder besser gesagt die Welt der Vergänglichen erschaffen hat. Aus diesem Grund wird er auch als ihr Verwalter zuständig sein und ein Auge auf den weiteren Verlauf haben. Denn so wie es scheint, wird die Menschenwelt immer beliebter für alle Arten von Unvergänglichen, aus welchem Grund auch immer. Und damit du Zeit für deine kleine Menschenfamilie hast, werden dir Samajim und Hajjim helfend zur Seite stehen, was deinen Job als Entität angeht. Wenn ich dich schon nicht dazu kriege, nach Hause zu kommen und ich sowieso erst mal in dieser Welt bleibe, dann will ich wenigstens dafür sorgen, dass hier alles geordnet zugeht und die Sefirot nicht auch noch diese Welt in einen Saustall verwandeln. Also erwarte ich von euch, dass ihr euren Job anständig macht und mir nicht noch mehr Ärger bereitet, als ich eh schon habe.“ „Keine Sorge, ich werde mich gut um Nivkha und vor allem um diese Welt kümmern“, versprach Hajjim und tätschelte Dathan den Kopf. „Wir kriegen das schon geregelt. Aber Mensch Nivkha, ich kann mich nur wiederholen, wie groß du geworden bist. Dabei warst du damals noch so klein gewesen und hast bei mir oder bei Samajim auf dem Schoß gesessen. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass du inzwischen erwachsen bist. Aber da sieht man auch, dass du nach deinem Großvater kommst. Nur scheint es mir, als wärst du immer noch ziemlich schüchtern so wie damals.“ Das konnte Dathan leider nicht abstreiten. Zwar hatte er seine Berührungsängste inzwischen schon ganz gut im Griff, aber leider konnte er an seiner Schüchternheit nicht viel ändern. Selbst nicht, seitdem sein Großvater seine ganze Kraft entfesselt und aus ihm eine vollwertige Entität gemacht hatte. Und wahrscheinlich würde er auch für immer so bleiben und das wusste auch Ajin. Aus diesem Grund hatte er es als das Beste angesehen, wenn er Hajjim mit der Aufgabe betraute, auf diese Welt aufzupassen. Sein jüngster Enkel war vom Wesen her einfach ungeeignet dafür. Etwas schüchtern wich Dathan den Blicken der anderen aus, suchte dann aber den Kontakt zu seinem Großvater. „Danke für alles.“ „Lass stecken“, meinte Ajin und setzte ein Lächeln auf. „Dafür erwarte ich aber auch, dass du mir das ja nicht vermasselst. Bau dir ein anständiges Leben auf und beschütz deine Familie.“ Dathan versprach es und kam auch gleich auf das nächste Thema zu sprechen. „Sag mal Großvater, wie läuft es denn eigentlich bei der Jobsuche? Hat sich da schon was ergeben?“ „Nein“, grummelte Ajin und schlagartig verfinsterte sich wieder seine Miene. „Irgendwie wird das nichts. Egal was ich auch versuche, es endet in einer Vollkatastrophe und wenn ich Pech habe, hat Frederica endgültig die Schnauze voll. Hätte ich an ihrer Stelle auch.“ „Das glaube ich nicht“, meinte Dathan und schüttelte den Kopf. „Frederica liebt dich und auch wenn das Ganze gerade frustrierend für euch beide ist, sie steht hinter dir und sie weiß ja auch, dass du dich bemühst. Es wird schon werden. Manche brauchen eben halt etwas länger, um den perfekten Job zu finden, aber bei dir wird das schon noch irgendwann mal werden. Da bin ich mir hundertprozentig sicher.“ „Kann mich mal jemand aufklären?“ fragte Hajjim, der ja nicht wirklich auf dem neuesten Stand der Dinge war. „Was hör ich hier von Jobsuche?“ „Großvater hat sich in Frederica verliebt. Ein Seraphmädchen, das von Eva erschaffen worden ist. Also von deiner positiven Hälfte. Naja und sie stellt eben halt die Bedingung, dass er hier in der Menschenwelt bleibt und einen Job annimmt um zu lernen, was es heißt, wirklich hart arbeiten zu müssen.“ Hajjim verschluckte sich fast an seinem Drink und wandte sich an Elohim. „Ihr wollt mich wohl auf den Arm nehmen, oder?“ „Nein, es ist die Wahrheit“, versicherte dieser. „Das Unmögliche ist tatsächlich eingetreten. Ajin ist verliebt und entgegen seiner sonstigen Art hat er sich bereit erklärt, am Leben der Menschen teilzuhaben. Davor hat es allerdings ein wenig gekracht.“ „Wieso? Habt ihr euch gestritten?“ „Nein, er wollte die Welt zerstören und hat sich mit deinen Abkömmlingen und ein paar anderen geprügelt.“ „Was denn?“ gab Ajin in einem etwas respektlosen Ton zurück. „Erstens hatte ich Langeweile, zweitens schlechte Laune und drittens nur Ärger. Da bin ich eben halt etwas direkter geworden. Und außerdem wollte ich mal meinen jüngsten Enkel auf die Probe stellen. Aber da Samajim ja seine ganze Kraft unterdrückt hatte, war ja nicht sonderlich viel zu erwarten gewesen. Also war das auch wieder eine gute Gelegenheit gewesen, um seine wahre Kraft zu entfesseln und ihm auch gleichzeitig das Wissen der Entitäten zu übermitteln. Das wird er irgendwann mal bitter nötig haben und die Zeit des Exils ist ja jetzt auch vorbei.“ Sie bestellten sich noch weitere Drinks und es wurde recht fröhliche Männerrunde. Und dabei kamen sie auf alte Anekdoten zu sprechen. So fragte Samajim Elohim „Weißt du noch, wie Rakshasa seine Narbe im Gesicht gekriegt hat?“ „Oh ja“, meinte dieser und nickte. „Ehrlich gesagt hatte ich fast schon Angst vor dir gekriegt, Hajjim. Das war einer der Momente, wo du mir wirklich unheimlich geworden bist.“ Natürlich war Dathan neugierig und fragte sofort nach. „Was war denn los gewesen?“ „Nun“, begann Samajim und räusperte sich. „Du hast mit deinem Bruder Jamin draußen gespielt und da kam Rakshasa an und wollte euch beide töten. Dein Vater war gerade dabei, deiner Schwester Rea zu helfen, die sich schlimm verletzt hatte und zu der Zeit war Hajjim bei ihm. Tja und als Rakshasa euch angreifen wollte, ging er dazwischen und verpasste ihm eine Nabe quer über das Gesicht. Hey Hajjim, zeig ihm doch mal, wie du Rakshasa eingeschüchtert hast.“ Doch dieser lachte nur kurz und winkte ab. „Nein, ich glaub das will er lieber nicht sehen.“ „Ach komm schon, jetzt sei mal nicht so. Na komm, zeig ihm mal deine dunkle Seite.“ Hajjim haderte noch kurz mit sich, aber dann gab er schließlich nach. Er packte Dathan am Kragen, hielt ihm ein Messer vors Gesicht und plötzlich war dieser freundliche und etwas verträumte Blick gänzlich verschwunden. In seinen Augen war pure Mordlust zu sehen und allein schon diese Augen zu sehen, machte Dathan Angst. „Ich warne dich“, zischte der Unvergängliche und sah Dathan mit einem beinahe manischen Blick an. „Solltest du es auch nur ein Mal wagen, dich an meinen Freunden zu vergreifen, dann schwöre ich dir: ich werde dich töten. Ich schlitz dich auf und werfe deine Überreste den Aasfressern vor. Wag es auch nur ein Mal und ich werde dich bis ans Ende der Welt jagen. Ich werde dich finden und dann wirst du dir wünschen, du wärst mir niemals begegnet. Halte dich von meinen Freunden fern oder es war das Letzte, was du getan hast, bevor ich dich absteche wie ein Schlachtvieh.“ Selten hatte Dathan so viel Angst gehabt wie in diesem Moment. Obwohl er Hajjim als einen sehr herzlichen und neugierigen Gesellen kannte, der zwar nichts von Verpflichtungen hielt, dafür aber für viele Dinge schnell zu begeistern war, hatte dieser offenbar eine ganz andere Seite. Ihm war als würde er eine völlig andere Person sehen. Und diese erinnerte ihn ein wenig an Liam. Nein, nicht ganz. Es war Araphel… Hier sah man deutlich, dass Eva und Liam aus ihm entstanden waren. Samajim klopfte ihm auf den Rücken und lachte. Hajjim fand das weniger lustig. „Ihr findet das witzig, aber ich mag es überhaupt nicht, ihm Angst zu machen. Meine dunkle Seite ist ein sehr guter Schutz für mich selbst und für meine Freunde, aber ich hasse es, sie zu missbrauchen. Dazu ist sie nicht da.“ „Ach so“, meinte Dathan, der sich langsam wieder von dem Schreck erholte. „Dann ist Araphel also nicht als mordendes Monster gedacht gewesen, sondern als Schutz?“ „Ganz genau. Um deine Freunde vor jenen zu beschützen, die kaltblütig und grausam sind, muss man sich selbst eine Seite zulegen, die kaltblütig und grausam ist. Aber letztendlich hat mir das auch nicht viel gebracht. Ich konnte deine Familie nicht beschützen und habe mit dem Leben bezahlen müssen. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass Miswa so etwas getan hat. Genauso wenig wie ich es glauben kann, dass sie den Genozid an den Seraphim durchgeführt hat. Sie war zwar schon immer sehr streng, aber sie stand auch für Ordnung und Gerechtigkeit. Ich verstehe nicht, wie es so weit kommen konnte, dass sie so etwas Grausames getan hat. Ich war zwar nicht mit ihr befreundet, aber sie hatte nichts gegen die Seraphim. Die einzige Erklärung, die ich für ihren Sinneswandel habe, ist die, dass sie von Rakshasa manipuliert wurde.“ „Denke ich auch“, stimmte Samajim kopfnickend zu. „Er hat es schon immer verstanden, im Hintergrund die Fäden zu ziehen und andere wie Puppen tanzen zu lassen. Aber das ändert auch nichts an Miswas Gräueltaten.“ Doch irgendetwas beschäftigte Hajjim. Er wirkte in Gedanken versunken und er reagierte auch erst nicht, als Samajim ihn ansprach. Dann aber hob er den Blick und fragte „Wie bitte?“ „Ich fragte, woran du gerade denkst.“ „Mir war, als wäre da etwas Wichtiges gewesen, aber ich kann mich nicht erinnern.“ „Du hast Gedächtnislücken? Sieht dir nicht ähnlich.“ „Naja… ich kann es mir auch nicht erklären. Aber es war sehr wichtig und ich wollte mit Elohim darüber sprechen, kam aber nicht mehr dazu. Vielleicht fällt es mir ja wieder ein.“ Es wurde noch ein recht lustiger Abend, bis Ajin spät nachts wieder nach Hause zurückkehrte. Wieder zurück erwartete ihn die fröhliche Pokerrunde, die ein klein wenig außer Kontrolle geraten war. Grund dafür waren Jeremiel und L, die aufgrund der Tatsache, dass sie keinen Alkohol vertrugen, völlig außer Rand und Band waren. Da er zu betrunken war, um alleine nach Hause zu gehen, hatte Gishi sich bereit erklärt, ihn nach Hause zu bringen. Doch er hielt sich an der Couch fest und rief wie ein bockiges 4-jähriges Kind „Nein, ich will noch nicht gehen. Du bist gemeeeeeein.“ L hingegen kicherte die ganze Zeit, hatte ein schiefes Grinsen im Gesicht und redete irgendwelchen Schwachsinn vor sich hin wie zum Beispiel „Es trinkt der Mensch, es säuft das Pferd, bei uns ist es heute umgekehrt.“ Und gleich darauf folgte der nächste Schwachsinn, der natürlich für genügend Lachstoff bei den anderen sorgte. „Semmelbrösel in den Socken halten den schlimmsten Schweißfuß trocken. Und hast du Lust, nimm einen zur Brust. Und hast du Gelüste, nimm am besten beide Brüste.“ „Und was glaubt ihr wohl, wie viel Löffel Salz man braucht, um das Meer trocken zu legen?“ rief Jeremiel in die Runde. „Ich sag’s euch!“ Doch statt einer Antwort, kam nur ein lautes Rülpsen heraus und Nastasja war immer noch bei ihrem Trinkwettkampf mit Levi. Anne war zwischenzeitlich gegangen, nachdem Kenan eingeschlafen war und sie deshalb für sich keinen Grund mehr sah, weiterhin hier zu bleiben. Kurz darauf kehrte auch Frederica zurück und wunderte sich natürlich erst einmal, was hier vor sich ging. Sie schafften es dann aber doch noch mit vereinten Kräften, Jeremiel in den Wagen zu verfrachten, L ins Bett zu bringen und der Rest verabschiedete sich. „Na wenigstens hatten alle einen lustigen Abend“, meinte das Albinomädchen und wandte sich dann an ihren Freund. „Und wie war deiner?“ „Naja, ganz gut eben. Eine willkommene Abwechslung nach den ganzen Fehlschlägen. Und ich glaube, ich hab El und meinem Enkel eine kleine Freude machen können.“ „Tief in deinem Inneren hast du eben doch ein gutes Herz.“ „Häng mir bloß nicht so etwas an. Ich bin aus Leidenschaft ein Drecksack.“ „Wie du meinst. Ich schon mal ins Bett. Ich bin echt müde…“ „Ich komm gleich nach.“ Ajin ging in die Küche und holte sich aus dem Kühlschrank den Rest vom Erdbeersorbet. Etwas Süßes konnte er ganz gut gebrauchen. Dabei bemerkte er, dass etwas anders auf der Liste war. Anstatt, dass nur dunkle Linien und aufgelistete Berufe zu sehen waren, sah er nun, dass etwas eingekreist worden war. Es war ein Beruf, der schon vom Arbeitsamt vorgeschlagen worden war, den er aber bisher noch nicht in Betracht gezogen hatte: Fleischer. Na ob das vielleicht wirklich so eine gute Idee war nach all den Katastrophen, die er angerichtet hatte? Er war sich da nicht ganz so sicher, aber welche anderen Ideen hatte er denn schon? So langsam gingen ihm diese aus und auch wenn er es bezweifelte, dass es wirklich funktionieren würde, so wollte er es versuchen. Allein schon Frederica zuliebe. Er wollte sie glücklich machen und sie sollte wissen, dass er bereit war, für sie alles zu tun. Na gut, dann wollte er morgen den Versuch starten. Nachdem er das Erdbeersorbet gegessen hatte, ging er in die untere Etage, wo er mit Frederica zusammen wohnte. Diese lag schon im Bett, war aber noch wach und rieb sich müde die Augen. „Alles okay bei dir?“ „Ja, alles bestens. Morgen werde ich gleich den nächsten Versuch starten.“ „Und was hast du dir ausgesucht?“ „Fleischer. Mal sehen, wie lange das hält.“ Am nächsten Morgen war Ajin recht früh auf den Beinen. Er brauchte ja keinen Schlaf und tat es nur, um die Zeit totzuschlagen, wo nichts Interessantes passierte. Es war auch schon alles arrangiert worden. Zeugnisse, eine abgeschlossene Ausbildung und so weiter. Er musste nur noch heute zur Arbeit und dann sehen, ob es klappte. Seinen Betrieb hatte er auch schon. Bevor er aber ging, wollte er noch etwas erledigen. Also ging er nach oben zu Beyond und L, betrat das Schlafzimmer. Er sah die beiden friedlich schlafen und konnte sich diese eine Gemeinheit nicht verkneifen. „AUFSTEHEN, IHR ROSETTENRAMMLER!!!“ Vor Schreck fiel Beyond aus dem Bett, L hingegen stöhnte gequält auf, da ihm der Kater erheblich zu schaffen machte. „Was zum…“ Beyond rieb sich müde die Augen und war mehr als sauer. „Was brüllst du so früh schon wieder so rum?“ „Ich habe mir was überlegt“, erklärte Ajin und räusperte sich. „Zwar hast du nicht wirklich viel Geistreiches dazu beigesteuert, mich mit Frederica zu verkuppeln, aber letzten Endes bin ich ja irgendwie doch zu der Ansicht gekommen, dass ihr mir doch einen recht guten Dienst erwiesen habt. Und das vergesse ich nie. Also werde ich euch das hier geben.“ Er ergriff Beyonds linkes Handgelenk und in diesem Moment durchfuhr ein stechender Schmerz Beyonds Hand und er schrie laut auf, dann zog er seine Hand zurück. Er sah eine weiße Schlange auf Ajins Arm, eine Tätowierung. Und sie bewegte sich. Ja, sie besaß ein Eigenleben und als er auf seine Hand sah, erkannte er zwei kleine Bissspuren, die sofort wieder verheilten. „Was sollte das? Hat dein… hat dein Tattoo mich gerade gebissen?“ „Du siehst darin nur ein Tattoo, aber die Schlange verkörpert mehr. Sie ist das Symbol für das Leben, für die Ewigkeit und die Zeit. Und sie wird euch eines Tages einen guten Dienst erweisen, so wie ihr mir. Wenn die Zeit gekommen ist, werdet ihr es schon sehen.“ „Und dafür musstest du uns extra aufwecken?“ „Lasst mir doch den Spaß. Ich bin jetzt eh weg und versuch mich mit dem nächsten Job. Also dann bis später, ihr Flachzangen.“ Damit verabschiedete sich Ajin und ließ die beiden zurück. Seine Adresse war ein Fleischerbetrieb knapp zwanzig Minuten Fußmarsch entfernt. Normalerweise hätte er seine übliche Abkürzung genommen, aber er ließ es sein, da er Frederica ja versprochen hatte, seine Kraft nicht zu benutzen. Außer vielleicht, es lag ein Notfall vor oder er musste irgendetwas rückgängig machen, was er verbockt hatte. Na hoffentlich funktionierte es dieses Mal. Denn so langsam aber sicher hatte er wirklich keine Lust mehr auf diese ganzen Fehlschläge. Ajin lief die Straße entlang und summte dabei ein kleines Liedchen vor sich hin, um sich in Stimmung zu bringen. Schließlich erreichte er die Fleischerei und meldete sich sogleich auch beim Meister, der ihn mit einem kräftigen Händedruck grüßte und ihm zuallererst seine Arbeitskleidung in die Hand drückte. Naja, die waren zwar nicht gerade Ajins erste Wahl, aber sonderlich anspruchsvoll war er in der Hinsicht ja auch nicht. Von menschlicher Mode konnte man ohnehin nicht viel erwarten. Nachdem Ajin seine Arbeitskleidung angezogen hatte, führte ihn der Meister zu seinem Arbeitsplatz, gab ihm Kettenhandschuhe und verschiedene Messer, eine kleine elektrische Säge und ein frisch geschlachtetes Rind mit der Erklärung „Das zerlegst du erst mal. Pass mir ja auf, dass du das Filet nicht zerschnibbelst und dass die Sehnen abgelöst werden. Die Abfälle packst du mir hier in die Kiste. Ich schau gleich noch mal vorbei.“ „Ja, Chef“, antwortete Ajin und so ließ der Meister ihn allein. Nun sah der Unvergängliche seinen „Patienten“ an einem Haken herunterhängen. Kopflos, gehäutet und entdarmt. Für den Einstieg musste er also nur noch die ganzen Fleichstücke herausschneiden. Allein der Gedanke, dass er tatsächlich gegen Geld ein totes Lebewesen zerlegen durfte, klang für ihn zu schön um wahr zu sein. Er musste sich wirklich ein Grinsen verkneifen und suchte sich sogleich ein Messer. Es war eine wunderbare Qualität, verdammt gut geschärft und wartete nur darauf, frisches Fleisch zu zerschneiden. Bevor Ajin aber mit der Arbeit begann, studierte er die Liste und die Abbildung, an dieser er gut erkennen konnte, welches Fleisch er von welchem Körperteil gewinnen konnte. Für ihn sah es wie ein hübsches Puzzlebildchen aus und er dachte sich nur „Na so schwer kann das ja wohl auch nicht sein.“ Also schnappte er sich sein Werkzeug und begann mit der Arbeit. Er stellte schnell fest, dass die Menschen es wirklich gut verstanden, scharfe Messer herzustellen. Das war kein Vergleich zu dem, was sie vor 2000 Jahren noch hatten. Doch während er seine Arbeit verrichtete, wartete irgendetwas in ihm insgeheim darauf, dass gleich der große Knall kam. Irgendetwas würde gleich wieder wahnsinnig schief laufen und dann nahm die Katastrophe ihren Lauf. Aber seltsamerweise kam sie selbst dann nicht, als er das ganze Rind zerlegt hatte und der Meister zurückkam, um nach dem Rechten zu sehen. „Na da bist du aber schnell fertig“, meinte er und begutachtete die Arbeit. „Sieht gut aus“, meinte er schließlich. „Ein paar kleine Fehler sind zwar dabei, aber im Großen und Ganzen eine gute Arbeit. Als nächstes machst du Schwein und Lamm. Und dachte mal besser darauf, etwas glatter und nicht mit der Struktur zu schneiden.“ Wow, dachte Ajin und konnte es irgendwie selbst gerade nicht glauben. Offenbar kann ich doch was richtig machen, was Menschenjobs betrifft. Und wie es scheint, stell ich mich gar nicht mal so blöd an. Zumindest gab es bis jetzt noch keine Schwerverletzten und Toten, geschweige denn dass der Chef komplett ausgerastet ist. Und so schlecht ist die Arbeit auch nicht. Ehrlich gesagt kann ich mich echt daran gewöhnen. Ajin erledigte die Aufgaben und arbeitete alles ab, was ihm aufgetragen wurde. Selbst nach Wochen war es noch ein echt seltsames Gefühl, dass er Anweisungen befolgen musste und am Anfang hatte es ihn noch ziemlich genervt. Aber inzwischen konnte er sich so einigermaßen damit arrangieren. Das Verrückteste aber war, dass er nicht ein einziges Mal ausgerastet war oder anderweitig die Beherrschung verloren hatte. Nein, er konnte hier ganz einfach seine Sachen abarbeiten, er erledigte seine Arbeiten und der einzige Fehler, der ihm an diesem Tag unterlief war, dass er eine Maschine nicht ganz richtig eingestellt hatte, aber ansonsten gab es keine Verletzten, keine Todesopfer, keine Explosionen und keine Sachschäden im fünf- bis sechsstelligen Bereich. Und das erstaunte ihn wirklich. Vor allem, als der Meister zum Feierabend hin zu ihm kam und meinte „Wenn du noch interessiert bist, kriegst du den Job.“ Und natürlich nahm Ajin das Angebot sofort an und konnte es kaum erwarten, Frederica die gute Nachricht mitzuteilen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)