Last Desire: After Story II von Sky- (A Goddamn Chaos) ================================================================================ Kapitel 15: Aller Anfang ist schwer ----------------------------------- Ajin beschlich ein echt mieses Gefühl, als er am nächsten Tag seinen Job an der Fahrschule antrat. Immer noch war es ihm ein totales Rätsel, wie diese Schwachköpfe vom Arbeitsamt auf den Trichter kamen, er würde einen guten Fahrlehrer abgeben. Auch Frederica hatte bei der Liste den Kopf geschüttelt und gemeint „Also ehrlich gesagt kann ich dich in diesen vorgeschlagenen Berufen nicht so wirklich sehen. Zumindest in einigen davon nicht.“ Daraufhin hatte er angeboten gehabt, dass er noch mal auf die Sache mit dem Strippen zurückkommen könnte, doch das hatte seine Freundin gar nicht erst zugelassen und ihm erklärt, dass er gefälligst einen anständigen Job suchen sollte. „Mach es doch einfach so“, hatte sie schließlich zu ihm gesagt. „Du suchst dir erst mal drei aus der Liste aus, die du dir vorstellen könntest und dann versuchst du es einfach.“ Er hatte sich wohl oder übel einverstanden erklärt, aber nicht ganz verstanden, wie man bei der Jobauswahl auf so ein Ergebnis kommen konnte. „Jetzt mal ernsthaft“, hatte er eingewandt. „Dem Fragebogen nach bin ich ein totales Arschloch, das sich nichts sagen lässt und seine Mitmenschen wie den letzten Dreck behandelt. Und da schlagen die mich als Fahrlehrer vor. Entweder hat das Arbeitsamt einen gewissen Hang zu schwarzem Humor, oder aber eure Fahrlehrer sind wirklich allesamt so katastrophal. In dem Fall hab ich fast schon Mitleid mit der Jugend.“ Doch die ganze Diskussion hatte rein gar nichts gebracht und so war er nun hier gelandet. Zum Glück hatte er eine Fahrschülerin, die schon erste Erfahrungen im Autofahren hatte, da er heute erst mal nur Vertretung für einen anderen Fahrlehrer machte. Na hoffentlich ging das gut, denn er bezweifelte, dass er die mentale Stärke besaß, diesen Schwachsinn durchzustehen, ohne gleich auszurasten. Schließlich hörte er ein kurzes Räuspern und da stand auch schon seine Fahrschülerin. Und die sah mit den langen lockigen Haaren und der Jeansjacke aus, als wäre sie einer Epoche entsprungen, in der man über Geschmack nicht streiten konnte, weil es diesen gar nicht gab. Nämlich den 80ern. Sie sah aus wie die amerikanische Version von Nena. „Sind… sind Sie mein Fahrlehrer?“ Oje, eine von der schüchternen Sorte. Im ersten Moment musste er an Frederica denken, aber den Gedanken verwarf er sofort wieder. Nein, Frederica hatte da deutlich mehr Feuer unterm Hintern. Er setzte ein Lächeln auf und nickte. „Ja ganz Recht. Mein Name ist Ajin Gamur. Und du bist?“ „Felicia.“ Warum musste Ajin bei diesem Namen an eine Katze denken? Naja… solange dieses Mädchen nicht Priscilla hieß, ging es ja noch. Sonst wäre er schlimmstenfalls noch in lautes Gelächter ausgebrochen. „Okay Felicia. Dann setz dich rein und wir fangen an.“ So setzte sich Ajin auf dem Beifahrersitz und nun musste Felicia erst mal nachdenken, was zu tun war. Also wie war das noch mal? Unsicher wanderte ihr Blick vom Lenkrad zu den diversen Knöpfen, zum Schaltknüppel und dann wieder zum Lenkrad. „Wie viele Fahrstunden hattest du schon?“ „Ähm… sechs…“ „Und da weißt du immer noch nicht, wie man einen Wagen startet? Was hast du mit deinem Fahrlehrer denn bitteschön im Auto getrieben? Aber ich kann auch gerne die Version für Dumme erklären: Kupplung durchtreten und den verdammten Schlüssel umdrehen!“ Die Schwarzhaarige folgte seinen Anweisungen und startete den Wagen. Nun aber war sie gänzlich überfordert mit der Situation, denn nun lief der Wagen. Jetzt stellte sich die große Frage, was nun zu tun war. Wieder wanderte Felicias Blick unsicher durch das Innere des Wagens und es tat sich rein gar nichts. Es sah verdächtig danach aus, als hätte sie überhaupt keinen Plan und Ajin bezweifelte so langsam, dass das Mädchen wirklich schon sechs Fahrstunden hatte. Allein schon während der ersten Fahrstunde muss man doch wenigstens das Gangschalten und Lenken hinbekommen. Genauso wie die Bremsfunktion, aber diese Tussnelda war komplett ahnungslos! Als hätte sie wirklich nur im Auto gesessen, um mit jemandem rumzumachen. „Kupplung durchtreten, ersten Gang rein und vor allem: die scheiß Handbremse lösen…“ Wieder tat Felicia alles, was er sagte und so rollte der Wagen nach vorne. „So und jetzt fahr aus der Parklücke raus. Das wirst du ja wohl hoffentlich hinkriegen, oder soll ich dir eine Anleitung dazu schreiben?“ „Ich krieg das hin! Ich krieg das hin.“ Wer’s glaubt, wird selig, Schätzchen. „Na dann zeig mal, was du drauf hast.“ Vorsichtig begann sie nun damit, aus der Parklücke herauszufahren und sie wollte schon auf die Straße raus ohne überhaupt nach links oder rechts zu sehen, da schrie Ajin laut „HAAAAAALT!!!“ woraufhin sie erschrocken aufschrie und das Gaspedal durchdrückte. Zitternd hielt sie das Lenkrad fest umklammert und sah aus, als hätte sie den Schock ihres Lebens gehabt. Geschah ihr ganz recht. „Also Fel, wenn du nicht gerade vorhast, dich ins Jenseits zu befördern und mich zu verarschen, dann solltest du vielleicht und eventuell in Betracht ziehen, dass es VERFICKT NOCH MAL ANDERE AUTOS AUF DER STRASSE GIBT!!! Also sperr die Glotzer auf und sieh gefälligst nach links und rechts, bevor du uns in den sicheren Tod manövrierst.“ „Entschuldigung!“ Oh Mann, die ist ja noch schlimmer als gedacht. Na, dann wollen wir mal für ein wenig Stimmung sorgen, wenn sie uns gleich sowieso umbringen wird. Also schaltete Ajin das Radio an mit der Erklärung „Vielleicht bist du ja etwas entspannter, wenn nebenbei etwas Musik läuft.“ „D-danke“, stammelte Felicia, die nun einen erneuten Versuch wagte, dieses Mal aber aufpasste. Schließlich, als die Musik nun richtig gut wurde, ließ es sich Ajin nicht nehmen, lauthals mitzusingen. „No stop signs, speed limit Nobody’s gonna slow me down Like a wheel, gonna spin it Nobody’s gonna mess me around. Hey, Satan paid my dues Playin’ in a rockin’ band Hey momma, look at me I’m on my way to the Promised Land, wooh I’m on a highway to Hell On the highway to hell Highway to hell I’m on the highway to Hell.” Ajin liebe diesen Song. Rocksongs waren etwas, das die Menschen verdammt gut beherrschten. Dass dieser Song aber nicht wirklich half, Felicia Mut zu machen, interessierte ihn in diesem Moment wenig. „Links…“ Die Schwarzhaarige ordnete sich nun ein und wartete an der Ampel. „Sagen Sie, Mr. Gamur… wie lange sind Sie schon Fahrlehrer?“ „Das ist mein erster Tag heute, Schätzchen.“ „Was?“ rief sie schon beinahe entsetzt und hätte fast einen Auffahrunfall riskiert, doch auch das juckte den Unvergänglichen wenig. Er lehnte sich zurück und sang fröhlich „Highway to Hell“ weiter. „Jep und witzigerweise hab ich auch noch nie in einem Auto gesessen. Aber keine Bange, ich hab trotzdem eine Fahrlizenz. Ist nicht meine Schuld, dass ich jetzt hier absitzen muss. Anscheinend wird jeder Fahrlehrer, wenn man in diesem Orientierungsfragebogen reinschreibt, dass man ein totales Arschloch ist.“ Nun stand Felicia fast vor einer Panik. Und das auch nicht ganz unberechtigt. Immerhin erfuhr sie gerade, dass ihr Vertretungsfahrlehrer nie in einem Auto gesessen hatte. Nicht gerade beruhigend für eine Fahrschülerin, die gerade erst mit dem Autofahren angefangen hatte. „Ich muss aber zugeben, dass du dich gar nicht mal so blöd anstellst, wie ich zunächst befürchten musste, Fel. Du könntest zwar mal etwas öfter in die Rückspiegel schauen, aber zumindest fährst du besser als diese Blindschleiche da vor dir. So und jetzt scharf nach links.“ „Aber das ist eine Einbahnstraße!“ „Hey, bist du hier der Fahrlehrer oder ich? Ich sag dir, du sollst nach links einen U-Turn machen.“ „Einen was?“ „Scharf abbiegen und in die andere Richtung!“ Felicia war sich nicht ganz sicher, ob das wirklich so eine gute Idee war, aber sie tat es trotzdem und schließlich sagte Ajin nach einer Weile „Fahr rechts ran“, woraufhin sie vor einem Cafe stehen blieben. Daraufhin öffnete der Unvergängliche die Tür und sagte nur „Ich hol mir eben einen Kaffee. Um das hier durchzustehen brauch ich etwas Starkes. Warte kurz hier.“ Damit stieg er aus und verschwand in das Cafe. Währenddessen fragte sich die Fahrschülerin, ob das hier nicht vielleicht so etwas wie versteckte Kamera sein könnte. Ja genau. Irgendwo lief hier eine versteckte Kamera und das alles war hier Teil einer Sendung. Kein Fahrlehrer der Welt war so! Oder noch besser: das war alles nur ein verrückter Traum. Sie lag noch in ihrem Bett und träumte einen total bizarren Traum, weil sie Schiss vor der nächsten Fahrstunde hatte. Wenig später kam Ajin mit einem Coffee to go zurück und setzte sich wieder in den Wagen. „Also Schnecke, dann drück auf die Tube und zeig mal, wie gut du fahren kannst.“ Damit fuhr Felicia wieder los und Ajin trank derweil genüsslich seinen Kaffee. „Wenn Sie noch nie in einem Auto gefahren sind, wieso machen Sie diesen Job?“ „Meine Freundin hat verlangt, dass ich einen Job annehme. Tja und weil dieser Spast Chapman meinte, ich würde einen guten Fahrlehrer abgeben, hab ich eben heute Morgen angefangen. Gratulation. Du bist die Erste, die in den Genuss kommt, meine Fahrschülerin zu sein.“ Damit klopfte er ihr auf die Schulter und ließ sie in aller Seelenruhe weiterfahren. Schließlich gab er das Kommando „rechts“ und trank dabei genüsslich seinen Kaffee weiter. So ging die Fahrt weiter, bis sie an einer Kreuzung hielten und sie ganz vorne waren. Sie hörten lautes Motorengeheul und sie sahen neben sich ein Cabrio, welches offenbar einer Straßengang gehörte. „M-Mr. Gamur?“ „Okay, der Arsch will es nicht anders.“ Damit wandte er sich an Felicia. „Wenn die Ampel auf grün geht, drückst du das Gaspedal durch.“ „Und wieso?“ „Na weil der Hurensohn uns gerade zu einem Wettrennen herausgefordert hat und ums Verrecken nicht werde ich den gewinnen lassen. Der hat mir doch gerade den Mittelfinger gezeigt. Das wird er mir büßen.“ „Äh ich glaube nicht, dass…“ „Ich bin der Fahrlehrer und hab hier das Sagen. Und wenn dich jemand zum Wettrennen herausfordert, dann lass ihn gefälligst Asphaltstaub schlucken.“ Und da die Studentin nicht wusste, was sie tun sollte, folgte sie der Anweisung ihres Fahrlehrers und kaum, dass die Ampel auf Grün sprang, trat sie das Gaspedal durch und der Motor heulte laut auf. Sie rasten los und Ajin feuerte sie noch zusätzlich lautstark an. „Gib Gas, Ernie!“ rief er lauthals und Felicia, die völlig überfordert mit der Gesamtsituation war und nicht mehr wusste, was sie tun oder überhaupt denken sollte, tat natürlich alles, was er ihr sagte, wobei sie aber den Tränen nahe stand und sich wahrscheinlich am liebsten wünschte, sie hätte die Fahrstunde abgesagt und wäre im Bett geblieben. Aber gleichzeitig fragte sie sich auch, ob das hier wirklich passierte, oder ob sie nicht vielleicht doch noch träumte und sie tief und fest schlief. So etwas konnte doch nie und nimmer wirklich passieren. Ein solcher Fahrlehrer, der sich genauso wie ein durchgeknallter Arsch benahm wie Jack Nicholson in seinem Film „Die Wutprobe“, konnte doch nur das Produkt eines kranken Traums sein. Ja genau, das war ein Traum… nur ein Traum und gleich wachte sie wieder in ihrem Bett auf und es war alles wieder beim Alten. Zumindest hatte sie noch die leise Hoffnung. Doch als hätte der Kerl neben ihr ihre Gedanken gelesen, lachte er laut und klopfte auf Felicias Schulter. „Du glaubst allen Ernstes, das wäre ein Traum? Nun, bei meinem Aussehen würde mich das auch nicht wundern. Aber ich bin genauso real wie gerade unsere Fahrstunde hier.“ „Oh Gott!“ schrie Felicia und schaffte es im allerletzten Moment, einem Auto auszuweichen. Ajin hingegen lachte, als wäre das der beste Tag in seinem Leben. „Tja Schätzchen, da haut die Realität der Hoffnung mal wieder eine aufs Maul. Also lehn dich zurück und genieß die Show einfach. Was anderes wird dir wohl kaum übrig bleiben. Und… hey!!!“ Im letzten Moment trat er auf die Bremse, als ein Wagen um die Ecke kam und beinahe mit ihnen kollidiert wäre. „Diese verdammte Drecksau hat uns geschnitten. Los, drück auf die Tube und fahr hinten drauf. Den kaufen wir uns.“ „Ich… ich…“ Felicia standen die Tränen in den Augen und sie zitterte am ganzen Körper. In dem Moment ließ sich schwer sagen, was ihr am meisten Angst bereitete. Ihr geistesgestörter Fahrlehrer, die lebensgefährlichen Manöver oder die Tatsache, dass sie dabei war, ein Riesenverfahren wegen unzähliger Verkehrsdelikte angehängt zu bekommen. Dass sie den Führerschein erst mal vergessen konnte, war da noch ihr geringstes Problem. Schlimmstenfalls kam sie noch ins Gefängnis und dann war es aus. Ihre Eltern würden sie umbringen und ihr Leben wäre vorbei. Ich werde hier noch draufgehen, wenn das so weitergeht… „Ach was, jetzt spiel hier nicht mal gleich die Dramaqueen, Puppe. Gib lieber Gas, sonst haut uns der Arsch noch ab. Los, gib mehr Gas und leg den fünften Gang endlich ein, sonst fliegt uns noch der Motor um die Ohren.“ Damit legte Felicia nun den höchsten Gang ein und verfolgte den Fahrer, der sie geschnitten hatte und tatsächlich wurde dieser langsamer. Zuerst wollte sie bremsen, doch das ließ Ajin nicht zu. „Halt drauf und fahr ihm hinten auf die Motorhaube rauf.“ Und so ging kurz darauf ein heftiger Ruck durch den Wagen, es knallte laut und durch die Kraft wurden Felicia und Ajin nach vorn geschleudert. Glücklicherweise hielt der Sicherheitsgurt sie fest und zusätzlich sprang noch der Airbag auf und drückte sie zurück. Der Unvergängliche lachte und ließ den Airbag erst mal platzen und sah zur Windschutzscheibe raus. Es war ein Totalschaden und die hintere Hälfte des anderen Wagens war genauso eingedrückt wie die Motorhaube des Fahrschulautos. Er lachte laut und wandte sich Felicia zu, die völlig am Ende war. „Super gemacht, Mädchen. Dem hast du es echt gezeigt. Also wenn es nach mir ginge, dann hättest du bestanden. Tja, was den Wagen betrifft, da würde ich glatt sagen: er ist tot, Jim.“ Sie sagte nichts und als sie erkannte, was für einen Schaden sie angerichtet hatte, verdrehte sie mit einem leisen Seufzer die Augen und sie wurde ohnmächtig. Sogleich stieg Ajin aus und wurde auch schon von dem wütenden Fahrer des anderen Wagens erwartet. „Hey du Arschloch, was sollte das? Hast du keine Augen im Kopf oder bist du behindert?“ „Selbst Schuld, du Pisskopf“, gab Ajin zurück und baute sich vor ihm auf. „Niemand klaut mir ungestraft die Vorfahrt.“ „Und dafür rammst du meinen Wagen? Du Pisser, ich mach dich kalt!!!“ Damit zog der Mann eine Pistole und schoss Ajin direkt ins Auge. Dieser schrie auf, doch anstatt, dass er tot zu Boden fiel, blieb er einfach stehen und blutete noch nicht mal. „Scheiße Mann, wieso schießt du mir ins Auge? Das tut weh, verdammt!!!“ „W-warum stirbst du nicht?“ Wieder schoss er, doch keine der Kugeln schien Ajin überhaupt etwas anzuhaben. Dieser packte den Arm des Mannes und dann schlug er ihm ins Gesicht und riss ihn von den Füßen. „Na weil ich verdammt noch mal Gott bin. Das ist der Grund. Und jetzt reicht es mir endgültig. Ich reiß dir den Arsch auf und denn mach ich Hackfleisch aus dir!“ Es kam zu einer heftigen Prügelei, bei der schließlich die Polizei anrückte und versuchte, die Streitenden auseinanderzubringen. Doch es half nichts. Einen wütenden Ajin Gamur bekam man selbst mit Panzern nicht wieder runter. Und als auch noch geschossen wurde, half das auch nicht sonderlich viel. Schließlich aber wurde es Ajin nun doch zu blöd. Er setzte die komplette Zeit wieder zurück und stoppte genau an dem Abend, bevor er es sich in den Kopf gesetzt hatte, es mit der Fahrschule zu versuchen. Er war wieder in der Wohnung, die er sich mit Frederica teilte und da diese ja selbst eine Unvergängliche war und die weltliche Zeit beherrschte, hatte sie sofort gemerkt, dass irgendetwas passiert war und fragte „Hast du etwa gerade die Zeit zurückgedreht?“ „Ja hab ich“, sagte er nur und setzte sich auf die Couch und legte die Füße hoch. Frederica reichte ihm ein frisch gekühltes Bier und fragte „Dann ist es in der Fahrschule wohl nicht ganz so gut gelaufen, oder? Erzähl schon, was ist passiert?“ „Nichts Weltbewegendes.“ „Ajin!“ „Es könnte eventuell sein, dass ich eine Fahrschülerin traumatisiert, einen Mann krankenhausreif geprügelt, zwei Wagen zu Schrott gefahren und einen Polizeieinsatz provoziert habe, bei dem es zu einer wilden Schießerei kam.“ „Wie bitte?“ „Aber wenigstens hab ich mir Mühe gegeben. Ist nicht meine Schuld, dass die Baka-Bitch selbst nach sechs Fahrstunden nichts auf die Reihe gekriegt hat und total verkrampft war. Hey, ich hab sogar Musik im Radio gespielt, damit sie locker wird. Aber was kann ich dafür, dass sie „Highway to Hell“ nicht mag?“ Fassungslos schüttelte Frederica den Kopf, als sie das hörte. Es war ihr echt ein Rätsel, wie man an einen einzigen Tag innerhalb von 90 Minuten eine Katastrophe von solchen Ausmaßen anrichten konnte. Aber andererseits hatte sie irgendwie schon von Anfang an gewusst, dass das nicht wirklich Ajins Beruf war. Deshalb verwunderte es sie auch nicht, dass er versagt hatte. „Na dein Mangel an Einfühlungsvermögen erstaunt mich immer wieder“, meinte sie schließlich, aber sie nahm es gefasster auf, als er selbst geahnt hätte. „Wenigstens hast du die Zeit zurückgesetzt und den Vorfall ungeschehen gemacht.“ „Ist eh besser. Und morgen versuch ich dann mal was anderes. Aber ehrlich: ich kapier echt nicht, wie dieser Schwachmat vom Arbeitsamt auf den Trichter kam, mich zum Fahrlehrer machen zu wollen. Ich hab dir ja gleich gesagt, dass es eine beschissene Idee ist.“ „Aber du hast es zumindest versucht. Das muss man dir auch zugute kommen lassen. Zwar denke ich, dass es vielleicht nicht so eskaliert wäre, wenn du dich ein bisschen mehr im Griff gehabt hättest, aber… wir wissen beide, dass das nicht wirklich dein Beruf ist. Es war zumindest einen Versuch wert. Also dann… was willst du als Nächstes versuchen?“ Frederica holte die Liste hervor und strich schon mal Fahrlehrer durch und gleich danach auch Busfahrer und Lehrer. Sie waren sich beide einig, dass sich das genauso erledigt hatte nach dem Reinfall mit dem Job als Fahrlehrer. „Warum versuchst du nicht einfach mal etwas in die andere Richtung?“ schlug Frederica schließlich vor. „Wenn du nicht direkt mit Menschen zu tun hast, fällt es dir vielleicht leichter, dich unter Kontrolle zu halten. Warum versuchst du es nicht mal mit Dialogmarketing? Wenn es da auch nicht klappt, könnte man vielleicht besser eine goldene Mitte finden, wenn wir uns vorsichtig vorantasten.“ Ajin schaute sie eine Weile lang an und überlegte. „Ich und Dialogmarketing? Ich sitze acht Stunden am Tag am Telefon, belästige die Leute stets und ständig und treib sie damit in den Wahnsinn, während ich versuche, sie so zu bequatschen, dass sie gar nicht mehr wissen, wo oben und unten ist? Na das hört sich doch nach dem absoluten Traumjob an.“ Am nächsten Tag kehrte Ajin nach einer erneuten Zeitzurücksetzung zurück und setzte sich wieder wortlos aufs Sofa hin. „Was ist denn passiert?“ fragte Frederica, denn sie hatte irgendwie damit gerechnet, dass es vielleicht besser laufen würde. Vor allem, weil Ajin dieses Mal deutlich motivierter gewesen war. Aber anscheinend hatten sie sich beide geirrt. „Ich sag es mal so“, meinte er schließlich und nahm sich ein Bier. „Die haben alle eine Strichliste geführt, wie viele Abschlüsse sie geschafft haben.“ „Ja und weiter?“ „Ich hatte die meisten.“ „Und wieso ist es dann so schlecht gelaufen?“ „Ich hab gedacht, die Liste ist dazu da, um festzuhalten, wie viele Leute man am Telefon in den Selbstmord getrieben hat.“ „Oh…“ Das war das Einzige, was Frederica hervorbrachte und so schnappte sich Ajin wieder die Liste. Nachdem er „Kaufmann für Dialogmarketing“ durchgestrichen hatte, schaute er sich die Liste noch mal genauer an und dachte nach. „Hm… Ich glaube, ich versuch es mal als Zahnarzt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)