Zeit zum Verlieben von Raitoki ================================================================================ Kapitel 1 - Zeit zum Verreisen ------------------------------ Seinen heißen Atem – ich spürte ihn auf meiner Haut und genoss seine Berührungen, welche so sanft waren, dass sie drohten mich um den Verstand zu bringen. Beinahe wäre mir ein leises Stöhnen heraus gerutscht, da besann ich mich jedoch und beschloss, dass ich Conner nicht so einfach die Oberhand überlassen wollte. Ich drängte ihn also zurück, was dazu führte, dass er rückwärts gegen sein Bett stieß und nach hinten umfiel. Bevor er dazu kam wieder auf zu stehen nutzte ich die Gelegenheit und beugte mich über ihn. Ich sah in seine wunderschönen, grünen Augen, die mich schon immer an große, funkelnde Smaragde erinnert hatten. Allerdings konnte ich dem Blick darin entnehmen, dass er vorhatte, sich über seine missliche Lage zu beschweren. Bevor es dazu kommen konnte presste ich meine Lippen auf die seinen und gab ihm einen tiefen und intensiven Zungenkuss. Es gefiel ihm, auch, wenn er das niemals zugegeben hätte und deshalb fing ich an mich abwärts vor zu arbeiten. Ich küsste zuerst zart seinen Hals und umschmeichelte dann mit meiner Zunge seine Brustwarze. Conner versuchte es zwar gekonnt zu überspielen, aber ihm war stark anzumerken, dass er hilflos war und nicht wusste, wie er sich aus dieser Situation retten sollte. Mittlerweile war ich an seinem Bauch angelangt und übersäte auch diesen mit zarten Küssen. Jedoch bin ich noch nie als besonders geduldig bekannt gewesen und so wurden meine Gesten und Berührungen zunehmend wilder. Gerade wollte ich den nächsten Schritt wagen, da… Erwachte ich aus meinem Traum. Ich schreckte in meinem eigenen Bett nach oben und war schweißüberströmt. Es dauerte mehrere Sekunden bis ich realisierte, dass ich geschlafen hatte und was ich da gerade geträumt hatte. Als ich aufschaute sah ich, dass Conner direkt vor meinem Bett stand und reichlich überrascht aussah. Er wollte mich gerade wecken und hatte bestimmt nicht damit gerechnet, dass ich so ruckartig aufwache und ihn völlig verwirrt anstarre. Er sagte etwas gewohnt Sarkastisches zu mir, aber ich konnte ihm gar nicht zuhören. Ich war noch immer so von meinen Vorstellungen gefesselt, die mir der Traum beschert hatte, dass ich keinen anderen Ausweg sah, als ihn stehen zu lassen und ins Bad zu eilen. Ich brauchte eindeutig eine eiskalte Dusche, denn nur die konnte mir helfen, gewisse sichtbare Ergebnisse meines Traumes möglichst schnell zu beseitigen. Nachdem ich diese eiskalte Dusche mehr oder weniger genossen hatte, zog ich mich an und ging wieder zu Conner. Dieser stand zu meiner Überraschung fertig angezogen und mit einer Reisetasche im Raum. Er muss meinen verwirrten Blick bemerkt haben, denn er fragte gleich nach, ob ich denn vergessen hatte, dass heute die Klassenfahrt beginnt. Tatsächlich hatte ich das vollkommen verdrängt, denn dank meines holprigen Starts in den Tag, war ich immer noch nicht voll zurechnungsfähig. Also galt es jetzt innerhalb der nächsten 15 Minuten meine Tasche zu packen - denn das hatte ich bisher versäumt - mich fertig zu stylen und dann schnell zum Bus zu kommen, der vor der Schule bereits wartete. Jetzt könnte man natürlich meinen, das sei kein Problem, aber in meinem Fall schon. Allein um meine Haare zur Perfektion zu stylen benötige ich normalerweise mindestens 20 bis 30 Minuten, ganz zu schweigen von der leidigen Suche nach dem richtigen Outfit. Letzteres entfiel aber zum Glück, da wir sowieso unsere Schuluniformen tragen mussten. Ich riss also den Schrank auf, krallte mir meine Uniform und verschwand ins Bad. Es ist für mich im Nachhinein schleierhaft wie ich das angestellt habe, aber ich schaffte es tatsächlich innerhalb von 15 Minuten mich anzuziehen, meine Haare zu machen und mich frisch zu machen. Conner wartete währenddessen Zähne knirschend und sehr ungeduldig auf mich. Er half mir nicht gerade weiter, indem er alle zwei Minuten nach mir rief und rum meckerte, dass ich mich gefälligst beeilen sollte, ich bräuchte ja länger als seine Freundin. Ich hasste es schon immer, wenn er so etwas sagte, konnte ich doch seine Freundin absolut nicht ausstehen. Aber dessen war er sich nicht bewusst. Als ich es nun endlich nach besagten 15 Minuten geschafft hatte, fertig zu sein rannten wir wie der Wind hinaus und zum Bus. Wir kamen als die letzten gerade so noch rechtzeitig und setzten uns auf unsere Plätze. Ich war zwar aus der Puste und meine Haare waren nicht so perfekt, wie ich es sonst bevorzugte, aber ich freute mich auf eine längere Fahrt neben Conner. Der Tag begann vielversprechend und lustig zu werden, da bemerkte ich mit Schrecken, dass genau hinter uns Conners Freundin Shina saß. Es ist schwer zu beschreiben, wie schnell meine Laune plötzlich im Keller war, aber ich denke dreifache Schallgeschwindigkeit würde es einigermaßen treffen. Die gesamte vierstündige Fahrt über hatte Conner nichts anderes im Kopf, als sich ständig nach hinten um zu drehen und mit Shina zu reden. Ein weiterer Teil meiner Qual war, dass ich auch noch so tun musste, als würde ich sie mögen und ihre Witze lustig finden, die wahrscheinlich nicht mal eine Kindergartengruppe unterhalten hätten. Ich war sogar richtig erleichtert, als ich bemerkte, dass wir fast bei dem Hotel in den Bergen angekommen waren. Wenigstens konnte ich mit Conner in einem Zimmer wohnen, denn es war nicht erlaubt, dass Mädels und Jungs zusammen in einem Zimmer schliefen. Das Hotel, in dem wir unsere Klassenfahrt verbrachten lag in einem Gebiet, das bekannt ist für seine Heilquellen, deshalb verfügte es auch über ein hauseigenes Thermalbad mit Quellen unter freiem Himmel. Nach dem Abendessen bekamen wir die Information, dass es sich hierbei um geteilte Bäder handelte, was meine Laune wieder um Einiges nach oben schnellen ließ. Die Vorstellung mit Conner zusammen in einer heißen Quelle baden zu können, ohne von irgendwem gestört zu werden war für mich wie das Paradies auf Erden. Jetzt musste ich Conner nur noch dazu kriegen, mit mir baden zu gehen, denn er hatte mir eröffnet, dass er lieber mit seiner Liebsten irgendetwas unternehmen wollte. Unser Zimmer war sehr schön und ich fand es dort sogar richtig romantisch. Die beiden Einzelbetten standen nicht besonders weit voneinander entfernt, sodass man hätte Händchen halten können. Der Raum war schön dekoriert mit Bildern der Bergwelt in verschiedenen Jahreszeiten und wir hatten sogar einen kleinen Balkon, von dem aus man auf einen Berg sehen konnte, dem ein Wasserfall entsprang. Conner wollte sich gerade umziehen um für Shina auch gut auszusehen. Meiner Meinung nach hätte er auch in zerfetzten Klamotten und Jesuslatschen herum laufen können und ich hätte ihn immer noch heiß gefunden. Ich musste mir also schnell etwas einfallen lassen um ihn zur heißen Quelle zu kriegen. Zugute kam mir dabei, dass ich beim Essen vorher Shina und ihre Freundinnen belauscht hatte. Die hatten vor auch in die heißen Quellen zu gehen, aber Shina hatte ihnen extra Bescheid gesagt, dass sie keine Zeit hätte wegen Conner. Ich fing an zu beschreiben, wie wohltuend und angenehm es wohl sein würde in einer heißen Quelle zu baden und wie gut das bestimmt auch für die Haut sei, besonders bei Frauen. Dann versuchte ich Conner ein schlechtes Gewissen einzureden, indem ich erwähnte, dass ich gehört hatte, dass alle Freundinnen seiner geliebten Freundin heute baden gingen und sie nur für ihn abgesagt hatte. Die Taktik ging auf, denn Conner begann nachdenklich zu schauen. Ich stichelte noch etwas weiter in seinem Gewissen herum, bis er schließlich sein Handy schnappte und seiner Freundin schrieb, sie könnte beruhigt mit den anderen baden gehen, da er wollte, dass sie sich auch einmal richtig entspannte. Das hieß also für mich Jackpot und deshalb schlug ich gleich völlig unverfänglich vor, dass wir beide auch in die Quellen gehen könnten, jetzt, wo wir sowieso nichts anderes mehr vorhatten. Mein Zimmergenosse stimmte zu und so schnappten wir beide unsere Badeklamotten und gingen in den Thermalbereich. Nur mit Handtüchern bekleidet kamen wir aus den Umkleidekabinen heraus und gingen zu einer der Quellen im Freien. Niemand wird es schaffen zu überschätzen, welche Sprünge mein Herz in diesem Moment machte. Conner ging voraus Richtung Quelle und so konnte ich seinen hübschen und muskulösen Rücken betrachten. Sein schlanker und für einen Jungen sehr eleganter Hals endete in wohl geformten und nicht allzu breiten Schultern, die aber dennoch beachtliche Muskeln aufwiesen. Seinen sehr formschönen und knackigen Hintern konnte ich leider unter seinem Handtuch nur erahnen, aber es war ja nicht so, dass ich ihn nicht schon oft genug betrachten konnte. Conner stieg in die Quelle und war begeistert davon wie heiß das Wasser war. Ich freute mich, dass er es angenehm fand und stieg hinterher. Die Quelle sprudelte förmlich und man fühlte sich sofort viel erholter, sobald man darin saß. Wir beide waren eine ganze Weile still, weil wir es sehr genossen dort zu sein. Der Sternenhimmel war direkt über uns und der Moment war an Perfektion für mich kaum zu überbieten. Ich konnte Conner gut beobachten, da er die meiste Zeit mit geschlossenen Augen da saß und genoss. Ich liebte seine Mimik dabei, denn er hatte ein leichtes, für mich fast engelsgleiches Lächeln auf den Lippen. Seine hellbraunen Haare wogen sich etwas, da er sie nicht nass gemacht hatte und ein leichter Wind wehte. „Wie läuft es denn so mit deiner Freundin?“ fragte ich ihn, vorheuchelnd, dass ich mich wirklich für ihr Wohlbefinden interessieren würde. Er öffnete nun die Augen und schaute zu mir herüber, denn wir saßen etwa zwei oder drei Meter voneinander entfernt. Dann schaute er kurz nach oben um nach einer Antwort zu suchen und sah mich dann wieder an. „Naja gut eigentlich, wie immer. Aber ab nächste Woche sind ja Ferien, da seh‘ ich sie erstmal für zwei Wochen nicht, weil sie zu ihren Eltern fährt.“ antwortete Conner leicht traurig. Ich wusste, dass ich nun bloß nicht zeigen durfte wie sehr mich diese Nachricht erfreute. Ich musste schließlich so tun, als täte es mir wirklich leid, dass sie getrennt sein würden. Also versuchte ich eine möglichst mitfühlende Miene aufzusetzen und sagte: „Oh das tut mir leid, aber die zwei Wochen werden bestimmt schnell vergehen. Außerdem können wir dann wiedermal was zusammen machen, also wird es trotzdem spaßig.“. Ich lächelte ihn nun an um ihn aufzumuntern, denn das klappte immer; so auch dieses Mal. Sein Mund formte sich ebenfalls zu einem leichten Lächeln und er gab zu, dass wir längere Zeit nichts mehr zu zweit unternommen hatten. In Gedanken malte ich mir bereits aus, was wir in der Zeit ohne Shina alles machen könnten, da unterbrach er meine Gedanken. „Morgen ist doch die Wanderung oder?“ fragte er. Ich nickte zustimmend und hoffte insgeheim, dass er das fragte um sich zu erkundigen, ob ich mich darauf auch schon freuen würde. Doch ich wurde leider enttäuscht. „Da steigen wir doch auf einen Berg. Ich freu mich schon voll drauf, mit Shina die Aussicht zu genießen. Sowas finden Weiber doch immer super romantisch.“ sagte er mit einem leicht gehässigen Grinsen auf dem Gesicht. Es war schön für ihn, dass er sich freute, aber mich traf diese Bemerkung mitten ins Herz. Eine Begabung Conners war es sowieso mich unwissend mit Aussagen so zu verletzen, dass es sich anfühlte, als würden mir tausende Nadeln gleichzeitig ins Herz gerammt. Es war ihm also völlig egal, ob ich bei dieser Wanderung dabei sein würde oder nicht. Aber wie immer zeigte ich ihm meinen Frust nicht, denn woher sollte er wissen wie ich fühlte. Er erzählte daraufhin ununterbrochen weiter von seiner Freundin und was er alles noch in den nächsten Tagen mit ihr vor hatte und ich, wie ich es als guter Freund schließlich zu tun hatte, hörte ihm geduldig und aufmerksam zu, eine innere Wunde nach der anderen erleidend. Schließlich waren wir lange genug in der Quelle gewesen und verließen sie wieder. Conner muss gemerkt haben, dass ich ziemlich deprimiert war und wollte mich aufmuntern, indem er noch etwas trinken gehen wollte. Ich hatte für diesen Tag allerdings genug und wollte nur noch meine Ruhe haben. Deshalb lehnte ich ab und schob als Ausrede vor, ich hätte Kopfschmerzen. Ich brachte ihn dazu mit ein paar anderen Kerlen aus unserer Klasse trinken zu gehen, während ich auf unser Zimmer zurückkehrte. Ich nahm eine Dusche und währenddessen fragte ich mich, was eigentlich mein Problem war. Ich war stink wütend auf Conner, aber ich wusste gleichzeitig, dass dies unfair von mir war und deshalb stieg in mir gleichzeitig eine noch viel stärkere Wut auf mich selbst auf. Ich war sehr froh, dass ich allein auf dem Zimmer war, denn ich glaube, wenn mich jemand angesprochen hätte, wäre ich ausgerastet. Deshalb beschloss ich einfach schlafen zu gehen, bevor ich noch irgendetwas Dummes anstellen würde. Jedoch habe ich die blöde Angewohnheit, mir um Leute Sorgen zu machen und so konnte ich nicht einschlafen, bis ich hörte, dass Conner ins Zimmer kam. Ich tat so als würde ich schlafen, lunzte aber kurz auf die Uhr, die 0.30 Uhr anzeigte. Das hieß also, dass ich über 3 Stunden lang wach gelegen und auf ihn gewartet hatte. Ich hörte zu, wie er duschen ging und dabei summte. Ich liebte es dabei dem Klang seiner Stimme zu lauschen, obwohl sein Gesumme wie immer völlig unmelodisch war, da er von Musik so viel verstand, wie ich von Chemie, also gar nichts. Nach ein paar Minuten trat er wieder ins Zimmer, kam zu meinem Bett um zu schauen, ob er mich aus Versehen geweckt hatte, nur um dann beruhigt in sein Bett zu gehen. Am liebsten wäre ich zu ihm hinüber gekrochen, denn ich fühlte mich unglaublich einsam und im Stich gelassen. Doch daran ließ sich nichts ändern und ich konnte es auch niemandem vorwerfen, das wusste ich. Conner schlief innerhalb weniger Minuten ein und ich hörte noch eine Weile seinem ruhigen Atmen zu bis ich davon selbst einschlief. Kapitel 2 - Zeit zum Fiebermessen --------------------------------- Diese Nacht verlief um Einiges ruhiger als die letzte. Ich träumte lediglich davon auf einmal fett und potthässlich zu sein, also von meinen üblichen Alpträumen. Zum Glück wurde ich aber beizeiten von meinem Wecker geweckt. Ich wunderte mich allerdings, dass immer noch alles ruhig war, denn normalerweise ist Conner immer schon wach und im Bad oder zieht sich an, wenn ich aufwache. Dieses Mal aber war kein Geräusch zu hören. Ich setzte mich auf und schaute zu meinem Zimmergenossen hinüber und tatsächlich lag er noch im Bett, auch, wenn ich von ihm nicht mehr sah als seine Haare. Auf Rufen hin antwortete er nicht, also musste er noch schlafen. Ich ging zu seinem Bett und streichelte ihm durchs Haar um ihn zu wecken. Conner gab nur ein murrendes Geräusch von sich und drehte sich langsam um. Als er mich anschaute erschrak ich allerdings, denn er sah aus wie der Tod selbst. Seine Haut war blass, seine Augen glasig und verschwitzt war er auch noch. Zudem schien er nicht sonderlich gut geschlafen zu haben, das sagten mir seine Augenringe. Ich starrte ihn einen Moment lang entsetzt an und fragte dann, ob alles okay sei. Er wollte gerade antworten, da bekam er einen plötzlichen Hustenanfall. Es ging ihm also allem Anschein nach überhaupt nicht gut. „Da wirst du heute wohl im Bett bleiben müssen … Ich sag unserem Lehrer Bescheid okay?“ sagte ich zu Conner und rief dann per Handy unseren Lehrer an. Dieser wollte in ein paar Minuten vorbei kommen um sich die Sache selbst an zu sehen. Ich legte auf und in diesem Moment schoss mir eine Idee durch den Kopf. Ich wollte Conner so krank nicht alleine zurück lassen, also musste ich mir etwas einfallen lassen um bei ihm bleiben zu können. Ich eilte also ins Bad und schmierte mir sehr eilig viel zu helle Schminke ins Gesicht. Außerdem tat ich das erste Mal im Leben alles um möglichst heftige Augenringe zu bekommen. Sogar ein wenig Wasser träufelte ich mir in die Augen, damit sie gläsern wirkten. Dann sorgte ich dafür, dass ich eine Sturmfrisur hatte und legte mich mit einem Sprung wieder ins Bett zurück. Nun kam es auf meine schauspielerischen Fähigkeiten an. Ich musste den Lehrer unbedingt davon überzeugen, dass es mir dreckig ging und ich an jenem Tag auf keinen Fall das Haus verlassen konnte. Schon klopfte es an der Tür und ich hörte die Stimme des Lehrers, der um Einlass bat. Ich verstellte meine Stimme, damit sie möglichst heiser klang und bat ihn herein. So wie Conner mich anschaute musste er mich für völlig bescheuert halten, aber zum Glück ging es ihm zu schlecht, als dass er irgendetwas dazu hätte sagen können. Der Lehrer schaute ziemlich verwirrt, als er uns alle beide in einem solchen Zustand vorfand. Ich richtete mich auf und versuchte dabei so leidend auszusehen wie nur möglich. „Guten Morgen. Tut mir leid, aber ich glaube uns beide hat es ganz schön erwischt… Wir würden ja total gern mit wandern gehen, aber ich fühle mich nicht in der Lage dazu und Conner geht es auch nicht besser.“ sagte ich mit heiser klingender Stimme und so zittrig, dass man denken konnte, ich würde jeden Moment ins Nirwana eingehen. Der Lehrer schaute uns beide nur an, seufzte und sagte: „Gut, dann bleibt heute im Bett. Wenn es zu schlimm wird, sagt aber bitte bei der Hotelrezeption Bescheid, die schicken dann einen Arzt. Ach ja und dort in dem Schrank müsste ein Verbandskasten sein, da ist vielleicht ein Fieberthermometer drin. Ich wünsche euch beiden gute Besserung und seht zu, dass ihr morgen wieder fit seid.“. Dann schaute er mich noch einmal prüfend an, was mir für einen kurzen Augenblick einen echten Schauer über den Rücken jagte. Er nickte mir jedoch nur aufmunternd zu und verließ das Zimmer wieder. Ich konnte erleichtert durchatmen und schaute zu Conner hinüber. Dieser schaute mich mit einem strafenden Blick an, da er ganz genau wusste, dass es mir blendend ging. Ich stand auf und ging zu ihm. „Jetzt guck doch nicht so, du brauchst doch jemanden, der sich um dich kümmert. Wenn ich dieser Jemand bin, wird es dir im Handumdrehen wieder super gehen.“ sagte ich mit einem breiten Grinsen und wuschelte ihm durchs Haar. Er gab nur ein murrendes Geräusch von sich und drehte sich von mir weg. Ich wusste, dass er es hasste, wenn ich ihm durch die Haare wuschelte, aber ich fand seine schmollende Reaktion darauf so niedlich, dass ich es immer wieder machen musste. Für diesen ganzen Tag war ich also für Conners Wohlergehen verantwortlich. Dieser Gedanke machte mich gleichzeitig leicht ängstlich, aber auch stolz. Als erstes wollte ich ein Fieberthermometer aus besagtem Verbandskasten holen, aber dort war keines. Um zu ergründen, ob Conner Fieber hatte, musste ich also improvisieren. Ich ging wieder zu seinem Bett und drehte ihn zu mir um. Er wollte gerade meckern, da hatte ich schon meine Stirn auf seine gelegt um zu testen, ob er sich zu heiß anfühlte. Erst als ich bereits in dieser Position verharrte bemerkte ich die Brisanz dieser Pose. Seine tiefen grünen Augen starrten in die meinen und ich konnte genau sehen, dass er rot geworden war. Es ist sehr schwer zu beschreiben, wie gern ich mir in dieser Situation einen Kuss gewünscht hätte, denn ich war schon so kurz davor. Dennoch schloss ich schnell wieder die Augen um von seinen nicht in Versuchung geführt zu werden. Ich richtete mich wieder auf und er schaute mich immer noch sehr perplex an. „Du scheinst leicht erhöhte Temperatur zu haben, aber zum Glück nicht allzu heftig.“ sagte ich erleichtert. Ich ging zum Telefon und rief bei der Rezeption an um zwei Tee, eine Hühnersuppe und zwei Sandwich zu bestellen. Schließlich wusste ich, dass es für eine Genesung wichtig war zu essen. Conner schaute mich immer noch sehr verwundert an und fragte: „Eine Hühnersuppe? Wieso das?“. Ich lächelte ihn an und setzte mich auf einen Stuhl neben seinem Bett. „Na du hast bestimmt Halsschmerzen, da ist es am besten ein Süppchen zu essen und der Tee wird sein Übriges tun.“ antwortete ich. Erneut wurde er leicht rot und verlegen. Dann murmelte er, dass er noch etwa schlafen wolle, bis die Bestellung ankommen würde und drehte sich wieder von mir weg. Ich deckte ihn richtig zu und blieb neben seinem Bett sitzen, denn ich wollte gut auf ihn aufpassen und ihm nicht von der Seite weichen. Als die Bestellungen gekommen waren weckte der Geruch der Suppe Conner wieder auf. Er drehte sich herum und wollte sich gerade aufsetzen um zu essen. Da drückte ich ihn mit sanfter Gewalt wieder ins Bett zurück und sagte: „Bleib liegen, ich helf‘ dir beim Essen schon.“. Er war davon zwar nicht begeistert, das sah ich an seinem Blick, aber er wehrte sich auch nicht weiter und ließ sich brav füttern. Als ich allerdings anfing „Ein Löffel für Mami und ein Löffel für Papi!“ zu sagen, reichte es ihm wohl. Er setzte sich hin und aß selbst, wobei mein leicht gehässiges Lachen ihn etwas verärgerte. „Hast du denn nichts Besseres zu tun, als mich hier zu nerven? Und überhaupt, wieso bist du nicht mit wandern gegangen?! Dir geht es schließlich super!“ meckerte Conner. Ich war nun leicht verletzt, denn das klang, als würde es ihn stören mit mir Zeit zu verbringen. War es denn für ihn wirklich so leidig, dass ich mich um ihn kümmerte? War ich überfürsorglich? Ich verstand es jedenfalls nicht und deshalb reagierte ich leicht angespannt: „Hättest du jetzt lieber deine geliebte Shina hier oder was?! Als ob die sich richtig um dich kümmern könnte!“. Ich war selbst erschrocken, dass ich dies laut ausgesprochen hatte, gleichzeitig war ich aber auch gespannt, wie Conner jetzt reagieren würde. Er schaute zunehmend verärgert und stellte seine Suppe ab. „Jedenfalls würde sie mich nicht so bemuttern, sondern einfach in Ruhe lassen!“ erwiderte er mit leicht erhobener Stimme, die allerdings dank seiner Halsschmerzen etwas versagte. Ich schaute ihn tief getroffen an und es schien, als würde es ihm augenblicklich leidtun. Ich stand auf und ging zur Balkontür um diese zu öffnen für ein wenig Luft. Conner schwieg nun und sah mir nur nach. Die Stimmung war mit einem Mal eisig geworden und keiner von uns beiden wusste, was er nun sagen sollte. Ich durchbrach dennoch die Stille: „Es tut mir leid, dass ich dir so auf die Nerven gehe … Aber seit wann ist es mir als dein Freund nicht mehr gestattet mich um dich zu kümmern?“. Wieder folgte ein betretenes Schweigen und je länger dieses anhielt, desto schlechter fühlte ich mich. Wenn Conner dazu Nichts zu sagen hatte hieß das für mich, dass unsere Bindung nicht so eng war wie ich sie einschätzte. Dieser Gedanke machte mir wirklich Angst, doch schließlich wurde die Stille durch einen Hustenanfall von Conners Seite unterbrochen. Es dauerte ziemlich lange bis es wieder aufhörte und er musste sich deshalb wieder hinlegen. Ich vergas, dass wir uns gerade noch gestritten hatten, denn sein Zustand machte mir Sorgen. Deshalb beschloss ich ihm ein Bad einzulassen. Als ich aus dem Bad zurück kehrte stand er jedoch auf einmal vor mir, was mich fast zu Tode erschreckte. Er sah mich mit seinen kränklich wirkenden Augen an, der Blick todernst, aber gleichzeitig leidend, da er sich anscheinend das Husten zu verkneifen versuchte. „Es tut mir leid, okay? Ich wollte dich nicht so anschnauzen. Es ist ja nett, dass du versuchst dich um mich zu kümmern.“ sagte er mit fast heiserer und zitternder Stimme. Dann ging er, ohne meine Reaktion abzuwarten ins Bad und schloss die Tür hinter sich. Würde ich Conner nicht so gut kennen, hätte ich wahrscheinlich gedacht: „Was für eine halbherzige Entschuldigung!“, aber ich wusste, wie ich seine Reaktion zu nehmen hatte und dass er es ernst gemeint hatte. Ich freute mich über seine Worte und setzte mich auf mein Bett während er badete. In diesem Moment überkamen mich Erinnerungen und so holte ich mein Portemonnaie heraus und schaute mir das Foto darin an. Auf dem Bild waren Conner und ich noch Grundschüler und bei einem Schulausflug an den Strand hatten wir die größte Sandburg von allen gebaut. An jenen Ausflug hatte ich wunderschöne Erinnerungen, denn gleich am ersten Tag hatten wir beide uns zu weit von der Gruppe entfernt und uns im Wald verlaufen. Das klingt natürlich alles andere als schön, aber wir mussten die Nacht allein im Wald verbringen, weil sie uns erst am nächsten Morgen wieder fanden. Wir versteckten uns in einem ausgehöhlten, großen Baum und erzählten die ganze Nacht, weil wir viel zu große Angst hatten um einschlafen zu können. Dass ich auf die glorreiche Idee kam Gruselgeschichten zu erzählen, machte das Ganze natürlich nicht besser, aber wir hatten trotzdem viel Spaß vermischt mit Todesängsten. Jene Nacht war es, in der mir klar wurde, dass ich Conner niemals mehr von der Seite weichen wollte. Heute weiß ich, dass diese Zuneigung noch viel weiter geht, denn er ist mein Leben und nur ihm möchte ich es widmen. Kapitel 3 - Zeit zum Lachen --------------------------- Es dauerte lange bis Conner wieder aus dem Bad kam und inzwischen hatte es draußen angefangen stark zu regnen. Ich dachte mir, dass es eine wirklich gute Entscheidung war im Hotel geblieben zu sein und konnte mir die Schadenfreude nicht verkneifen, die ich verspürte, wenn ich an die im Regen wandernde Shina dachte. Es muss für Conner leicht geisteskrank angemutet haben, wie ich vor mich hin grinste, als er den Raum wieder betrat. Er sah mich mit hochgezogener Augenbraue an, schüttelte den Kopf und ging an mir vorbei zu seinem Bett. Ich wunderte mich etwas, denn er sah auf einmal um Einiges gesünder aus als zuvor. Er muss meine fragenden Blicke bemerkt haben, denn er machte einen ertappten Eindruck. Ich wollte gerade fragen, ob es ihm besser geht, da kam er mir zuvor: „Okay, ich geb‘ zu, dass ich nicht erkältet bin!“. Jetzt machte ich ein noch verwirrteres Gesicht, schließlich hatte ich ihn nur kurz vorher wie halb tot und leidend im Bett liegen sehen. Er fuhr fort: „Es ist nur ´ne Allergie gegen Stearinsäure. Ich hab mich gestern rasiert und hab wohl nicht drauf geachtet, dass in dem Rasierschaum welche drin war…“. Er konnte mich nicht einmal ansehen, als er das sagte. Sein Gesicht war zur Seite geneigt, sein Blick zum Fenster hinaus gerichtet und seine Wangen knallrot angelaufen. Anscheinend war die Situation an Peinlichkeit für ihn kaum zu überbieten. Jedoch stellte ich mir nur eine einzige Frage: „Wie konnte ich all die Jahre nicht bemerken, dass er eine Allergie hatte?“. Das fragte ich ihn auch und er erwiderte darauf nur, dass er darüber nicht gern spricht und er normalerweise immer sehr darauf achtet, dass keine Stearinsäure in Lebensmitteln oder anderen Produkten ist, die er verwendet. Plötzlich huschte er ganz aufgeregt ans Fenster und schaute hinaus. Ich folgte seinen Blicken und sah unsere Schulkameraden und den Lehrer, wie sie völlig durchnässt zum Hotel zurückkamen. Anscheinend war der Regen zu stark geworden und sie hatten beschlossen die Wanderung sicherheitshalber abzubrechen. Ich verfluchte in diesem Moment das Wetter, denn so hatte ich mir diesen Tag nicht vorgestellt. Conner zog sich etwas über und war bereits im Begriff abzuhauen um zu seiner Freundin zu eilen. Er machte sich dabei nur Gedanken darüber, was er dem Lehrer sagen sollte: „Wenn ich dem Lehrer klar mache, dass es nur eine allergische Reaktion war, wird er das schon einsehen oder?“. Das fragte er mich mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht und ich konnte mir in diesem Moment nicht einmal ein klitzekleines Schmunzeln abringen. Jedoch antwortete ich ihm: „Ja ich denke schon…“. Ich hatte meine Antwort kaum beendet, da war Conner bereits aus dem Zimmer gestürzt. Wahrscheinlich dachte er nicht mit einer Silbe daran, dass die Rückkehr des Lehrers für mich bedeutete, dass ich entweder den ganzen Tag im Zimmer bleiben musste um meine Glaubwürdigkeit zu wahren oder ihm die Wahrheit sagen musste. Die zweite Möglichkeit würde für mich einen ellenlangen Vortrag des Lehrers bedeuten. Ich entschied mich trotzdem dafür zu den anderen Schülern zu gehen. Die Vorstellung ganz allein den Tag im Zimmer zu verbringen fand ich einfach zu deprimierend. Natürlich schaute mich der Lehrer sofort strafend an, nachdem Conner ihm von seiner Allergie erzählt hatte, denn es war ihm klar, dass ich gelogen hatte. Er hielt mir also seinen Vortrag, der geschlagene 30 Minuten dauerte und aus mehreren Wiederholungen ein und derselben Sätze und Phrasen bestand. Ich hörte ihm aber ohnehin nicht richtig zu, da ich aus den Augenwinkeln alle anderen beobachten konnte, inklusive Conner und Shina. Die beiden saßen flirtend an der Bar und gönnten sich einige Snacks., während ich nur noch auf den Mund des Lehrers achten konnte und schon langsam die Vorstellung in mir hoch kam ihm einfach meine Faust ins Gesicht zu drücken, immer und immer wieder. Zum Glück bin ich aber kein Psychopath und so blieb es bei Gedanken, die mich immer wieder etwas zum Grinsen brachten. Für den Lehrer war das natürlich reine Provokation und ich glaube ohne meine Mimik hätte dieser Vortrag höchstens halb so lang gedauert. Als ich mich endlich von dem Lehrer losreißen konnte ging ich ebenfalls an die Bar, hielt aber Abstand zu gewissen flirtenden Personen. Ich bestellte mir einen unalkoholischen Cocktail, denn solange der Lehrer anwesend war galt Alkoholverbot. Ich konnte meinen Ärger also nicht einmal in Alkohol baden, welch eine Schande! Conner war mittlerweile umringt von mehreren Mädels, denn Shinas Freundinnen hatten sich zu den beiden gesellt. Schließlich musste er auf die Toilette und die Weiber fingen in seiner Abwesenheit auf einmal an über die seltsamsten Dinge zu reden. Sie hatten natürlich nicht die leiseste Ahnung, dass ich alles hören konnte. Am interessantesten fand ich aber die Informationen von Shina, denn sie prahlte vor ihren Freundinnen mit dem tollen Petting-Erlebnis, dass sie nachts zuvor mit Conner hatte. Natürlich wurde mir zuerst kotzübel, als ich das hörte und es mir bildhaft vorstellen musste, aber dann fiel mir eine Unstimmigkeit auf. Conner hatte erzählt, er hätte sich rasiert und dann heute früh die Allergiesymptome bekommen. Allerdings hatte er am Abend zuvor gar keine Zeit gehabt sich zu rasieren, das hätte ich mitbekommen. Bei Shinas ausschweifenden Erzählungen über Conners Zungentechnik kam mir dann ein Verdacht, dem ich sofort nachgehen musste. Ich setzte mich an einen der hoteleigenen Computer und googelte nach Stearinsäure um herauszufinden, wo sie überall vorkommt. Als ich mich ein wenig durch die Suchergebnisse gelesen hatte wurde mir alles klar: „Unter anderem kommt Stearinsäure in Rasierschaum, aber auch im weiblichen Zervixschleim vor.“. Ich schaute auf einmal geschockt zu Shina und ihren Freundinnen hinüber und sah, dass Conner gerade zu ihnen zurückkam. Erst nach einigen Minuten des Vor-Mich-Hinstarrens wurde mir bewusst, was die Information zu bedeuten hatte, die ich gerade herausgefunden hatte: Conner reagierte allergisch auf einen Bestandteil des weiblichen Zervixschleims! Wenn das mal kein Grund für mich war zu feiern, wusste ich auch nichts Anderes. Gleichzeitig wurde mir zwar auch wieder übel, weil ich daran denken musste, was Conner nachts zuvor mit Shina getrieben hatte, aber das Siegesgefühl überwog. Jetzt war mir auch vollkommen klar, warum diese Allergie ihm so dermaßen peinlich war, dass er darüber niemals sprechen wollte. Als ich vor mich hinstarrte gerieten meine Gedanken plötzlich in eine ganz andere Welt, man konnte es schon Tagtraum nennen. Ich sah die heiße Quelle vom Vorabend vor meinem geistigen Auge und Conner, wie er gerade aus ihr herausstieg, nur bekleidet mit einem Handtuch. Er kam auf mich zu, sagte etwas, das ich allerdings nicht hören konnte und schaute mich dabei mit einem gleichgültigen Blick an. Als er schon fast an mir vorbei gegangen war, drehte ich mich jedoch nach ihm um, nahm mein Handtuch ab und warf es über ihn, sodass ich ihn zu mir zurückziehen konnte. Ich zog ihn so an mich heran, dass er mit dem Rücken zu mir stand und ich ihn von hinten umarmen konnte. Ich umfasste mit meinen Händen seine Hüfte, sodass Fluchtversuche seinerseits gleich im Keim erstickt wurden. Conner wehrte sich natürlich und versuchte sich zu befreien, schließlich stand ich nackt hinter ihm und ihm war das sichtlich peinlich. Um endgültig dafür zu sorgen, dass er aufhörte herum zu zappeln drehte ich ihn zu mir herum und gab ihm einen tiefen, innigen Zungenkuss. Für mich fühlte es sich an, als würde er ewig dauern und auch Conner konnte sich seinen Gefühlen in diesem Moment nicht mehr widersetzen. Er gab schließlich nach und versuchte nur noch ab und zu mich mit eher halbherzigen Gesten von sich weg zu drücken. Ich umfasste nun seine Schultern und griff dann nach seinen Händen. Nach dem Kuss schaute ich tief in seine Augen, weshalb er hilflos zur Seite blickte. Dabei konnte ich einen Blick auf seinen Hals werfen, von dem noch das Wasser aus der heißen Quelle herab perlte. Dieser Anblick war einfach zu verlockend, ich musste ihm unbedingt einen Knutschfleck verpassen und zwar genau auf diese Stelle. Ich wusste, dass Conner am Hals empfindlich und kitzlig war, aber das erhöhte für mich nur den Spaß. Wieder fing er etwas an zu zappeln und wollte mir sogar eine wischen, jedoch hielt ich seine Hände weiterhin fest. Es ist schon sehr von Vorteil, wenn man ab und zu das Fitnessstudio besucht und deshalb der stärkere ist. Mein Knutschfleck war ein wahres Meisterwerk und Conners Blicke danach, so strafend sie auch anmuteten, waren es einfach wert gewesen. Sein Kopf glich mittlerweile einer Tomate und am liebsten hätte er mir glauben gemacht, dass die Hitze der Quelle dafür verantwortlich gewesen war. Natürlich wusste ich, dass diese Art von Röte einen gänzlich anderen Grund hatte. Ich ließ nun seine Hände los und tat so, als wollte ich wieder seine Hüfte umfassen. Der wahre Grund für diese Geste war allerdings, dass ich für Gleichberechtigung war. Wenn ich kein Handtuch mehr trug, sollte er es mir gefälligst gleich tun. Also zog ich ihm mit einem Ruck sein Handtuch weg und hielt es hoch. Er gab einen hohen Ton von sich, der ein bisschen an ein Mädchen erinnerte. Dann versuchte er durch hüpfende Bewegungen mir das Handtuch wieder abzunehmen, allerdings ist Conner ein Stück kleiner als ich, weshalb diese Versuche vergeblich waren. Ich lachte ausgelassen, denn der Anblick des nackt herum springenden Conners war gleichsam erregend und zum Brüllen komisch. Schließlich warf ich das Handtuch in hohem Bogen weg, was Conner endgültig zur Weißglut brachte. Er fixierte mich mit seinen smaragdenen Augen, als wollte er mich gleich anspringen und ich war reichlich irritiert, weil ich mich fragte, was er wohl plante. Dann kam er näher an mich heran, sodass sich unsere Lippen beinahe berührten. Mein Herz fing unheimlich laut an zu klopfen und ich wähnte mich schon im Paradies, da schleckte er mir doch tatsächlich quer über das gesamte Gesicht und nahm dann wieder Abstand. Jetzt war er es, der lauthals lachte und sich dabei langsam verdrücken wollte. Er dachte wohl, ich wäre so abgelenkt davon, mir seine Spucke aus dem Gesicht zu wischen, dass ich ihn fliehen ließe. Nun, dass dies ein Irrtum war bemerkte er gleich darauf, als ich ihm die Beine wegzog und ihn, bevor er zu Boden fallen konnte auffing. Dann hielt ich ihn in einem Arm und küsste ihn erneut mit der gleichen Innigkeit wie zuvor. Wieder war er in der Zwickmühle und konnte nicht entkommen. Nur dieses Mal kannte ich kein Erbarmen. Ich küsste seinen Hals abwärts und legte ihn dabei vorsichtig auf das Gras des Außenbereiches der Quelle. Dann ergriff ich seine Hände und legte sie nach oben, damit er sich gar nicht erst großartig wehren konnte. Mein Knie platzierte ich zwischen seinen Beinen um ihn ein wenig zu ärgern. Er wusste gar nicht, wie er so schnell darauf reagieren sollte und konnte deshalb nur stöhnen. Leise Hilferufe oder Aufforderungen zum Aufhören unterdrückte ich sofort mit Küssen. Er konnte vergessen, dass ich jetzt noch einmal von ihm ablassen würde und das wusste er, denn die wehrhaften Gesten und Worte wurden immer weniger und das Stöhnen nahm zu und wurde lauter. Ich fing an seinen Oberkörper mit Streicheleinheiten und Küssen zu verwöhnen und arbeitete mich dabei bereits bis zur Leistengegend vor. Conner war mittlerweile völlig dazu übergegangen sich zu ergeben und streichelte mir durch das Haar. Es fühlte sich so angenehm, erregend und wunderschön an und ich konnte es kaum erwarten ihn richtig spüren zu können. Jedoch war mir dies wieder einmal nicht vergönnt. Eine schrille und unangenehme Stimme riss mich aus meinem Tagtraum, wie ein lautstarkes Monster, das mitten in der Nacht herum schreit und die Menschen in ihren Häusern aus dem wohlverdienten Schlaf reißt. Es war Jill, ein anderes Mädchen aus meiner Klasse. Sie und eine Schar von anderen Weibern standen vor mir und wie es schien hatten sie schon länger versucht mich anzusprechen, nur hatte ich nicht reagiert. „Erde an Chris! Hörst du uns jetzt endlich?“ fragte sie mich mit ihrer viel zu hohen und grauenvollen Stimme, die ich schon immer verabscheut hatte. Ich nickte nur völlig verstört, da ich gerade noch in einer so wundervollen Welt war und mich jetzt das Grauen der Realität anstarrte. „Wir wollten dich fragen, ob du mit uns bowlen willst! Der Lehrer sagte, wir könnten machen was wir wollen, da man bei dem Wetter eh nichts Anderes machen kann.“ fuhr sie fort. Dabei versuchte sie möglichst auffällig vor mir auf und ab zu hüpfen, damit ich auch ja ihre Brüste bemerkte. Als ob mich diese Mückenstiche auch nur im Geringsten interessiert hätten. Das Lustige war, dass die anderen Weiber gleichsam versuchten vor mir aufzufallen und so zupften alle auf einmal an ihren Tops und Shirts herum. Ich glaube Frauen werde ich wohl nie verstehen, aber um ehrlich zu sein möchte ich das auch gar nicht. Ich schaute zur Bar hinüber um Conner zu sehen, aber er war gar nicht mehr dort. Anscheinend war er mit Shina und deren Freundinnen irgendwohin gegangen. Die Weiber starrten mich hoffnungsvoll an, darauf wartend, dass ich zustimmte. „Na gut, aber nur, wenn noch paar Kerle mitgehen.“ antwortete ich missmutig. Die Mädels kreischten laut los, sodass meine Ohren fast abzufallen drohten und meinten dann, dass sie die anderen Kerle bestimmt auch zum Bowlen kriegen würden. Da es sich um Sport handelte dachte ich, dass es nicht so schlimm werden konnte, schließlich bowlte ich für mein Leben gern. So kam es dann, dass ich den Großteil des Nachmittags mit all den kreischenden Fangirlies und einigen Jungs auf der Bowlingbahn verbrachte. Es machte Spaß, aber mir blutete immer noch das Herz, da Conner nicht bei mir war und ich mir gar nicht vorstellen wollte, was er vielleicht grade mit seiner Freundin machte. Kapitel 4 - Zeit zum Streiten ----------------------------- Ich sah Conner den ganzen Rest des Tages nicht mehr und selbst als ich ins Bett gegangen war, kam er nicht zurück. Deshalb schlief ich diese Nacht auch so gut wie gar nicht, denn ich machte mir Sorgen. Ich wusste, dass er mit seiner Freundin und den anderen Mädels weg gegangen war, aber ich malte mir gleichzeitig auch ganz andere Szenarien aus. Waren sie vielleicht feiern und er lag jetzt betrunken irgendwo herum? Ich wusste schließlich, dass er nicht besonders standfest war, wenn es im den Verzehr von Alkohol ging. Waren sie hinausgegangen um spazieren zu gehen und hatten sich verlaufen? Die Berge sollten nachts alles andere als sicher sein, das hatte mir eine Hotelangestellte erzählt, die mich nach dem Bowlen in der Lobby anzuflirten versucht hatte. Als ich die halbe Nacht nachdenklich im Bett lag gab es mehrere Momente, in denen ich daran dachte zum Lehrer zu gehen und Conner als vermisst zu melden. Der vernünftigere Teil meines Hirns aber sagte mir dann jedes Mal, dass sie wahrscheinlich sowieso nur irgendwo abhingen und ich sie nur blamieren würde, wenn ich Bescheid gäbe. Irgendwann gelang es mir dennoch einzuschlafen und als ich wieder aufwachte, strahlte mir die Sonne ins Gesicht. Anscheinend war das Wetter wesentlich besser als die Tage zuvor. In diesem Moment dachte ich wieder daran, mit welchen sorgenvollen Gedanken ich eingeschlafen war. Ich schreckte hoch und schaute sofort zu Conners Bett, welches immer noch leer war. Sofort schossen mir wieder die gleichen Gedanken durch den Kopf, wie nachts zuvor. Der einzige Unterschied war, dass jetzt noch Schuldgefühle dazu kamen, denn es war überhaupt nicht Conners Art über Nacht weg zu bleiben. Vielleicht war ihm doch etwas zugestoßen und ihm konnte nur nicht geholfen werden, weil ich Idiot nicht zum Lehrer gehen und ihn suchen lassen wollte. Ich wollte gerade eben das nachholen, als die Tür aufging, und Conner herein geschlichen kam. Er sah aus, als hätte er die Nacht durchgemacht, also sehr fertig und schläfrig. Er tappte in den Raum und setzt sich erstmal auf sein Bett ohne ein Wort zu sagen. Ich war gerade auf dem Sprung und wollte mich anziehen, setzte mich jetzt aber ebenfalls wieder auf mein Bett mit fragendem Blick in Richtung Conner. Dieser hielt sich den Kopf und kniff die Augen zusammen, was mir zeigte, dass er einen Brummschädel haben musste. Da er anscheinend nicht sprechen wollte, ergriff ich das Wort: „Wo zum Henker warst du die ganze Nacht?!“. Ich gebe zu, dass ich sofort sehr aufgebracht reagierte und meine Stimme dementsprechend aggressiv klang, aber ich war es schließlich, der sich fast die ganze Nacht um die Ohren geschlagen hatte und das nur wegen meines Freundes, der offensichtlich gefeiert hatte. „Jetzt schrei mich nicht gleich so an, mein Kopf platzt gleich… Du siehst doch, dass es mir nicht so toll geht und wo ich war, geht dich gar nichts an!“ Dies kam als Antwort von ihm zurück. Seine Stimme klang genervt und rau. Er zeigte also wieder Erkältungssymptome, was mich zur Annahme brachte, dass er letzte Nacht wiedermal Spaß mit seiner Freundin gehabt haben musste. Diese Antwort und meine damit verknüpften Gedanken brachten das Fass nun zum Überlaufen. Ich konnte es mir nicht mehr verkneifen: „Ach sind wir wieder gaaaanz plötzlich erkältet? Hm schon komisch, wenn so ´ne Allergie gegen etwas, das in Rasierschaum vorkommt einfach so kommt und wieder geht.“. Ich schlug absichtlich einen sehr sarkastischen Ton an und fing an durch das Zimmer zu laufen beim Erzählen. Ich fuhr fort: „Es sei denn…“. Ich betonte diese kurze Phrase extra stark und schaute dann Conner an, der noch nichts mit meinem Gemeckere anfangen konnte. „Ja es sei denn, das Zeug kommt gar nicht nur im Rasierschaum vor, sondern in irgendetwas anderem, dass du ständig „benutzt“ … Ja das könnte natürlich auch sein, aaaaber dann hättest du mich ja belogen!“ Bei meiner letzten Aussage schaute ich Conner mit Absicht genau ins Gesicht und hatte mich dazu zu ihm hinunter gebeugt, da er immer noch auf dem Bett saß. Er zog eine Augenbraue nach oben, da es anscheinend immer noch nicht „Klick“ gemacht hatte. Dann fragte er mich: „Auf was willst du hinaus, Mann?“ und das mit gewohnt genervter Stimme. Ich stellte mich wieder richtig hin, da ich so besser triumphieren konnte und sagte schließlich: „Naja deine Freundin oder eher ihr Zervixschleim ist nicht sonderlich gut für den kleinen Conner, kann das sein?“. Nun grinste ich ihn schelmisch an und sein Gesicht entgleiste förmlich. Er riss die Augen auf, als ob sie ihm gleich raus zu fallen drohten und wurde mit einem Schlag knallrot im Gesicht. Dann sprang er auf und baute sich vor mir auf, jedoch beeindruckte mich das kein bisschen. Schließlich holte er zum Gegenschlag aus. „Was redest du da für einen Scheiß und was geht dich eigentlich an, was ich mit Shina mache oder nicht mache?!“. Ich sah also, dass dem Herrn der Kragen platzte, weil ich ihn bloß gestellt und ihn mit der Wahrheit konfrontiert hatte. Zu allem Überfluss schien er es nicht einmal vor mir zugeben zu wollen, was mich noch weit über die 180 hinaus brachte. Ich schaute kurz nach unten um nach den passenden Worten zu suchen. Dann blickte ich ihm wieder verärgert ins Gesicht und erhob erneut meine Stimme: „Glaubst du ich bin bescheuert?! Wie man eine Suchmaschine einsetzt weiß ich sehr wohl, also hab ich das gemacht. Du hast dich nicht rasiert, jedenfalls nicht letzte Nacht oder willst du mir das jetzt allen Ernstes weiß machen?! Wenn du mich als deinen Freund auch nur ein bisschen respektierst, dann rückst du jetzt gefälligst mit der Sprache raus!“. Conner schienen diese Worte getroffen zu haben, denn jetzt starrte er beschämt zu Boden. Dann knirschelte er: „Ja du hast Recht, ich bin allergisch auf Zervixschleim…“ dann schaute er mich wieder an, der Scham stand ihm förmlich ins Gesicht geschrieben und ich wusste, dass ich jetzt eigentlich verständnisvoll reagieren sollte. Aber ich war einfach immer noch zu geladen und gekränkt von seinem Verhalten am Vortag um jetzt den verständnisvollen Freund zu spielen, wie ich es sonst immer tat. Er verletzte mich am laufenden Band, hatte ich also nicht auch mal das Recht ihn zu verletzen? So dachte ich in jenem Moment und deshalb reagierte ich auf recht kindische Art und Weise. Ich sah sein beschämtes Gesicht und lachte laut los. Ich konnte mir meine Gedanken nicht verkneifen: „Tja dann kannst du entweder dein Leben lang Frauen in den Arsch ficken oder du wirst gleich schwul!“. Meine Worte waren gewollt gehässig und verletzend und entsprechend klappte Conner auch fast die Kinnlade herunter. Normalerweise würde er jetzt aggressiv reagieren und sich mit mir prügeln, aber die Situation und dass ich all das wusste war ihm wohl so unangenehm, dass er lieber die Flucht antrat. Noch während ich lauthals lachte stürmte er aus dem Zimmer. Den ganzen Tag über ging Conner mir aus dem Weg. Wir schauten uns mit der Klasse ein Museum an und abends grillten wir, bevor später noch eine Nachtwanderung anstehen sollte. Conner blieb die ganze Zeit über an der Seite seiner geliebten Freundin oder hing mit anderen Klassenkameraden herum. Aber mir war das auch ganz recht, denn ich hatte nicht vor mich zu entschuldigen. Ich wollte ihm eine Lehre erteilen und diesmal nicht reumütig angekrochen kommen, denn das tat er auch nie. Ich genoss also den Tag und ignorierte meinen Freund möglichst auffällig, damit er es auch bloß mitbekam. Als schließlich die Gruppen für die Nachtwanderung zusammen gestellt wurden und ich sah, dass ich mit Conners Gruppe gehen sollte, hätte ich am liebsten gekotzt. Ich hätte nicht nur ihn, sondern auch seine Freundin ertragen müssen, denn sie war in derselben Gruppe, welch Zufall… Ich hatte keine Lust mitzukommen und so beschloss ich den Lehrer zu verärgern, denn dann dürfte ich garantiert im Hotel bleiben. Das war nicht sehr schwer, denn er konnte mich sowieso nicht gut leiden. Immer, wenn er eine Ansprache hielt oder sich mit jemandem unterhielt kam ich einfach dazwischen und rief lauthals „GAAAAAY!“ rein. Der Lehrer machte das geraume Zeit mit und versuchte mich zu Recht zu weisen. Weil ich aber nicht aufhörte und einfach immer weiter nervte, hatte er irgendwann genug und verbot mir mit zur Nachtwanderung zu gehen. Conner bekam das mit und ich zeigte ihm noch ein breites Grinsen, bevor ich in die Hotellobby zurückging um dort die Zeit tot zu schlagen, während die anderen weg waren. Es vergingen einige Stunden, sodass es schon sehr spät abends war, da bemerkte ich, dass es draußen regnete. Sofort wollte mein Kopf sich wieder Sorgen um Conner machen, doch diesmal erlaubte ich es ihm einfach nicht. Ich lenkte mich ab, indem ich etwas am Flipperautomaten zockte, da kam plötzlich Shina völlig wutentbrannt in die Lobby gestampft. Vor ihr waren schon mehrere Schüler zurückgekommen, weil sie mit den Aufgaben der Nachtwanderung fertig waren, aber diese kamen immer in ganzen Gruppen herein. Shina aber kam allein zurück. Ich ging zu ihr, denn jetzt machte ich mir doch wieder Sorgen, vor allem, weil sie so wütend aussah. Ich stellte mich vor sie um ihren wütenden Gang aufzuhalten und sie fuhr mich nur an: „Was willst du denn, Schwachmat?! Geh mir aus dem Weg!“. Ich erschrak leicht, denn so furienhaft hatte ich sie noch nicht gesehen und fragte etwas verstört: „Wo ist denn Conner? Ist etwas passiert?“. Dabei hatte ich etwas Sicherheitsabstand genommen, denn ich hatte Angst, dass sie unverhofft rumlangen könnte. Sie schaute gekränkt zur Seite und dann wieder zu mir. „Du willst es wissen, ja?! Ganz einfach, ich wollte mit ihm nur etwas Zweisamkeit im Wald haben, aber er laberte nur irgendwelche beleidigenden Sachen und wollte anscheinend nicht…!“. Jetzt war sie etwas rot geworden und ich konnte mir sofort denken um was es bei dem Streit der beiden ging. „Ach wollte er vielleicht dein Schmuckdöschen nicht öffnen?“ fragte ich grinsend und mit sarkastischem Ton. Tatsächlich versuchte sie im nächsten Augenblick mir eine zu knallen, aber dank des Sicherheitsabstandes und meines katzenartigen Reflexes erwischte sie mich nicht. Ich hielt ihren Arm fest, damit sie es nicht noch einmal versuchte. „Warum bist du so ein Arsch?! Ich vertrau mich dir hier an und…“ Sie wollte mich wohl dazu bringen Mitleid zu haben, aber da war sie an den Falschen geraten. Ich unterbrach sie: „Erstens: Ich kann dich nicht ausstehen, konnte ich auch noch nie, denn - und da kommen wir zu zweitens - du verstehst Conner kein Bisschen und du bist bei Weitem nicht gut genug für ihn! Selbst ein Affe hätte mehr Feingefühl als du!“. Nun starrte sie mich entsetzt an und sie hätte sicher noch etwas entgegnet, denn Frauen sind niemals einfach still, wenn man sich mit ihnen streitet. Mir war jedenfalls egal, was sie zu sagen hatte. Ich musste nur daran denken, dass sie Conner im Wald allein gelassen hatte und das bei seinem Orientierungssinn, der quasi nur rudimentär vorhanden ist. Das Einzige, was ich in diesem Moment wollte war, Conner zu finden und sicher zu gehen, dass es ihm gut ging und so warf ich mir meine Jacke über und rannte hinaus. Shina blieb völlig perplex in der Lobby stehen, das konnte ich sehen, als ich einen Blick zurück warf. Kapitel 5 - Zeit zum Versöhnen ------------------------------ Viele Gedanken schossen mir durch den Kopf, als ich durch den Wald rannte und Conner suchte. Es regnete in Strömen und er hatte keine Jacke dabei. Er könnte sich den Tod holen, wenn er keinen Unterschlupf findet. Außerdem kann es bei so einem Wetter zu gefährlichen Erdrutschen kommen und der stürmische Wind könnte Bäume umreißen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was Conner alles hätte passieren können, denn ich war ja so schon besorgt genug. Dabei wusste ich selbst nicht einmal, wo ich hinrannte, aber das sollte ich erst später mitbekommen. Jetzt galt meine ganze Aufmerksamkeit der Suchaktion. Ich blieb nach gefühlten Stunden auf einer Lichtung stehen um mich in Ruhe umsehen und kurz etwas ausruhen zu können. Doch in diesem Moment machte ein greller Blitz die Nacht zum Tag und im gleichen Moment gab es ein Donnergrollen, das durch die Berge in der Umgebung noch lange und laut nachhallte. Dadurch zu Tode erschrocken rannte ich los wie ein panisches Pferd. Ich rannte durch hohe Büsche und stieß plötzlich mit Conner zusammen, der dort gestanden und sich umgeschaut hatte. Durch den Aufprall stürzten wir beide einen Abhang hinab. Unten angekommen musste ich erstmal wieder zu mir finden. Mein Bein tat weh, schien aber nicht gebrochen zu sein, da ich es noch normal bewegen konnte und mein ganzer Körper schmerzte. Das würde ordentlich viele blaue Flecken geben. Dann schaute ich zu Conner, der reglos neben mir lag. Ich versuchte ihn anzusprechen und wach zu rütteln, aber er kam nicht zu sich, was mich halb verzweifeln ließ. Ich nahm ihn auf meinen Rücken und sah dabei, dass er eine fette Beule am Kopf hatte. Ich hätte ihn am liebsten sofort zurück zum Hotel gebracht, aber nun bemerkte ich, dass ich keinen blassen Schimmer hatte, wo ich eigentlich war. Der vorangegangene Sturz hatte meine Orientierung endgültig ausgeschaltet. Also was nun? Ich musste irgendetwas finden, das uns wenigstens vor dem Regen Schutz bot. Ich lief mit Conner huckepack noch eine Weile weiter, da entdeckte ich einen großen Baum, mit einem Stamm, der unten hohl war. Genau nach so etwas hatte ich gesucht, also brachte ich Conner zu dem Baum und legte ihn vorsichtig ab. Im Baum wuchs eine Menge Moos, so war es dort drin sogar richtig weich und bequem. Conners Zustand aber machte mir weiterhin große Sorgen, denn er regte sich immer noch nicht. Deshalb nahm ich mein Stirnband ab und hielt es ein Stück in den Regen. Dann wrang ich es kurz aus und legte es ihm auf die Beule zum Kühlen. Nun hieß es abwarten und hoffen, dass er aufwachte. Es vergingen bestimmt zwei Stunden, in denen ich um Conner bangte und hoffte es würde aufhören zu regnen. Aber der Regen war unerbittlich und das Gewitter schien über uns still zu stehen. Es blitzte und krachte ordentlich und ich hatte einen Panikanfall nach dem anderen. Gewitter konnte ich noch nie leiden, erst recht nicht, wenn ich gezwungen war, sie im Freien zu durchleben. Ich hatte mich an den Baumstamm gelehnt und Conner auf meinem Schoß platziert, damit sein Kopf etwas höher lag als sein Körper. Ich schaute dem Regen zu und streichelte ihm über die Wangen und die Stirn und jedes Mal, wenn es blitzte und donnerte schreckte ich zusammen und schaute nach oben, weil ich Angst hatte, dass es in jenen Baum eingeschlagen hatte, in dem wir saßen. Glücklicherweise passierte das aber nicht. Nach besagten zwei Stunden wachte Conner endlich langsam auf. Er war sehr verwirrt und es dauerte Minuten bis er verstand, wo er überhaupt war. Ich erzählte ihm kurz, was passiert war, da schreckte er hoch um mich anzumeckern, sank aber sofort auf meinen Schoß zurück, weil seine Kopfschmerzen ihn dazu zwangen. „Bleib besser noch liegen, die Beule sieht echt böse aus…“ sagte ich zu ihm, machte mein Stirnband erneut nass und legte es ihm wieder auf den Kopf. „Was rennst du mich auch einfach um?! Bescheuert oder so?!“ meckerte er zurück. Ich konnte ihm seine Stimmung nicht übel nehmen, denn ich hätte ihn nicht umrennen müssen und ich wusste, dass er unleidlich wird, sobald er Schmerzen hat. „Ich war erschrocken, weil…“ Ich stammelte etwas, da es mir peinlich war das zuzugeben. „… Naja es hatte geblitzt und gedonnert … Verstehst du?“ stotterte ich weiter vor mich hin. Da verdrehte Conner die Augen voller Unverständnis und hielt sich die eine Hand an den Kopf. „Du willst mir sagen, mir tut jetzt höllisch der Schädel weh, weil du immer noch Schiss vor Gewitter hast? Komm schon, das ist doch was für Kinder…“. Ich mochte es schon früher nie, wenn er sich über meine Angst vor Gewitter lustig machte. „Tut mir doch leid, ehrlich…“ sagte ich unterwürfig. Er machte nur eine abweisende Geste mit der Hand. „Was machst du überhaupt hier? Ich dachte du wolltest im Hotel bleiben und schmollen.“. Ich war heilfroh, dass Conner das Thema wechselte, aber das nächste Thema war auch nicht gerade angenehmer. „Ich hab gehört, dass du dich mit Shina gezofft hast und hab mir Sorgen um dich gemacht.“ erklärte ich. „Das geht dich gar nichts an, das war kein großer Streit, nur so ein Scharmützel.“ versuchte er sich heraus zu reden. Ich schaute ihn mit ernster Miene an. Ich empfand die Situation als passend mit ihm darüber zu reden, was mich wirklich in letzter Zeit so stark gestört hatte. „Conner, mal ganz ehrlich. Bist du mit Shina überhaupt glücklich? Also so richtig?“ fragte ich ihn. Er sah etwas geschockt aus, denn mit so einem ernsten Gesicht hatte er mich noch nicht oft gesehen. Er schaute betroffen zur Seite und dachte nach. „Natürlich bin ich das… Wieso auch nicht? Sie ist hübsch und nett…“ murmelte er vor sich hin. Ich unterbrach ihn: „Hübsch und nett? Das mag sein… Aber kennt sie dich wirklich? Liebt sie dich wirklich, geschweige denn umgekehrt? Ich meine… Du weißt, ich kann sie nicht wirklich leiden, aber deshalb frage ich das nicht. Ich will wissen, ob mein Freund, der mir der wichtigste auf der Welt ist, glücklich ist. Das ist alles, was mich interessiert.“. Jetzt schaute er mich erst recht geschockt an, denn ich hatte wohl einen Nerv getroffen. Ich konnte ihm förmlich ansehen, wie sein Kopf arbeitete und er nach einer guten Antwort suchte, doch sein Schweigen war mir Antwort genug. „Dass du so lange überlegen musst, zeigt mir, dass sie dich nicht wirklich glücklich macht.“ fügte ich hinzu. Jetzt schaute er etwas wütend aus und schreckte hoch. Dieses Mal blieb er sitzen und riss sich zusammen, damit er bloß nicht wieder auf meinen Schoß zurück sank. Er schaute mich verbissen an und sagte: „Du bist doch lediglich eifersüchtig, weil ich für dich nicht mehr genug Zeit hab. Aber so ist das eben, wenn man eine Freundin hat. Hättest du eine und ich nicht, wäre es das Gleiche und ich würde das auch akzeptieren. Sei also nicht so egoistisch!“. Er sah aus, als würde er erwarten, dass ich ihn jetzt anschreien würde und wir uns erneut streiten würden. Seine Worte taten weh und in einer anderen Situation wäre ich wahrscheinlich wirklich ausgerastet, aber dieses Mal war mir ganz und gar nicht nach schreien zumute. Ich schaute ihn an und seiner Reaktion nach muss ich sehr getroffen ausgesehen haben. Sogar eine Träne wollte sich aus einem meiner Augen kämpfen, aber die hielt ich mit aller Kraft zurück, denn durch Heulen hat noch keiner ein Problem gelöst. Ich schaute kurz nach unten um die Fassung wieder zu erlangen und dann schaute ich ihn wieder an. „Ich weiß, dass ich ein Egoist bin und das ist auch nicht grade meine Lieblingseigenschaft an mir… Dennoch bitte ich dich darum mehr Zeit mit mir zu verbringen, nicht, um dich oder deine Freundin zu ärgern… Sondern weil ich...“ Ich stockte, denn beinahe wären mir ein paar fatale Worte herausgerutscht. Diese konnte ich jedoch gerade so zurück halten und fuhr fort: „Weil ich dein Freund bin und du mir wichtig bist. Ich vermisse dich einfach nur etwas.“. Ich lächelte, auch wenn mir gerade nur nach Weinen zumute war. Conner seufzte, schaute kurz dem Regen zu und sagte dann: „Weißt du noch in der Grundschule? Gleiche Situation, anderer Baum.“. Er schaute mich an und lächelte sanft. Dieses Lächeln hatte ich lange nicht mehr an ihm gesehen, zumindest nicht mir gegenüber. Es wirkte für mich, als würde der Regen aufhören und die Sonne hervorkommen und für ein paar Sekunden bemerkte ich weder Blitz noch Donner oder sonst irgendetwas um mich herum. Er erinnerte sich also genauso wie ich an jenen Tag damals. Ich nickte nur und war von der Situation etwas überfordert und fasziniert gleichzeitig. Er schaute wieder nach draußen und sagte: „Seit damals waren wir Freunde. Schätze das hab ich in letzter Zeit wohl etwas schleifen lassen, da hast du Recht. Aber…“. Ich hörte seinen Worten aufmerksam zu, denn sie waren für mich wie eine schöne Melodie. Er fuhr fort: „Aber ich liebe Shina… Also werde ich versuchen euch beide irgendwie unter einen Hut zu kriegen, okay?“. Es war als würden diese Worte mich wieder in die Realität zurückholen. Ja, er sah mich als einen Freund, aber auch nicht mehr. Ich wusste das schon immer und trotzdem nagte dieser Fakt noch nie zuvor mehr an mir als in diesem Moment. Ich schaute von ihm weg, damit er nicht sehen konnte, dass mein Gesicht mehr Enttäuschung als Glück widerspiegelte und sagte: „Danke…Das bedeutet mir wirklich viel. Ich werde auch versuchen, nicht mehr so eifersüchtig zu sein und dich nicht zu nerven okay?“. Jetzt schaute ich ihn an und zwang mir das breiteste Lächeln heraus, welches ich in diesem Moment hinkriegen konnte. Er lächelte zurück und bemerkte, dass es langsam aufhörte zu regnen. Außerdem wurde es auch schon hell. Wir einigten uns darauf noch ein paar Minuten zu warten bis es richtig hell war und dann weiter zu gehen, denn bestimmt suchten die anderen Schüler und der Lehrer schon nach uns. Wenn wir lang genug umherliefen, würden wir sicher auf irgendwen treffen. Kapitel 6 - Zeit zum Heimkehren ------------------------------- Die Landschaft flog vorbei und die warme Sonne schien mir genau ins Gesicht. Trotz des eher unbequemen Sitzes und der eingeschränkten Beinfreiheit genoss ich die Fahrt. Das Ruckeln und die Lautstärke störten mich überhaupt nicht, denn meine Gedanken waren weit, weit weg. Selbst die schöne Berglandschaft war für mich nur ein vorüber ziehendes Phänomen, das keine große Beachtung wert war, obschon ich sie mochte. Mein Bewusstsein war momentan am vorigen Abend und keinesfalls in jenem Reisebus, in dem wir gerade auf der Fahrt zur Schule zurück saßen. Der vorige Abend, es war der aller erste seit sehr langer Zeit, an dem ich endlich wieder einmal sein Lächeln sehen konnte. Ich hatte es so sehr vermisst, dass mir gar nicht mehr bewusst war, wie viel Wärme es mir immer gespendet hatte und dass ich immer zum Mitlächeln animiert worden war, egal in welcher Situation ich mich befunden hatte. Jener Abend hatte so sorgenvoll angefangen, indem ich Angst hatte, ihm könnte etwas in den Bergen passieren. Dann ging es eher mit wütenden Gefühlen weiter und schließlich hatte es so wunderschön geendet, wie ich es mir nicht erhofft hätte. Als wir nach dem Gewitter durch den Wald liefen dauerte es tatsächlich nicht lang, da liefen wir dem Lehrer mit einem Suchtrupp bestehend aus anderen Schülern über den Weg. Zurück im Hotel bekamen wir natürlich den Anschiss unseres Lebens. Dieses Mal musste ich die Standpauke aber wenigstens nicht allein über mich ergehen lassen, schließlich ist geteiltes Leid halbes Leid. Nachdem wir vom Lehrer also ewig lang fest gequatscht worden waren, durften wir endlich duschen gehen, aber von Ausruhen keine Spur. Es war Rückreisetag und somit durften wir gleich unsere Sachen packen und uns in den Bus setzen. Frühstück gab es nicht, denn der Lehrer hatte uns belabert, während alle anderen am Essen waren. Das war dann wohl seine Art der Bestrafung… Barbarisch!!!! Wir setzten uns also völlig übermüdet und mit knurrenden Mägen wieder in den Bus und wurden dabei von der halben Klasse mit bitterbösen Blicken bombardiert. Conner war das etwas unangenehm, aber mir war es egal. Ich war einfach nur froh, dass der Höllentrip von Klassenfahrt endlich vorüber war. Shina war immer noch stink wütend auf meinen Freund und hatte sich deshalb ans andere Ende des Busses gesetzt. Mich sollte es nicht stören. Conner war deshalb natürlich etwas geknickt, aber gleichzeitig so müde, dass er schon nach wenigen Minuten auf meiner Schulter hing und schlief. Ich hielt extra still um ihn bloß nicht zu wecken und um sein süßes Schlaflächeln weiterhin bewundern zu können. Er hatte nämlich eine ganz besondere Art im Schlaf zu grinsen. Er kniff manchmal die Augen zusammen, als wolle er gleich niesen, fing aber gleichzeitig an die Mundwinkel zu einem Grinsen nach oben zu ziehen. Zuweilen konnte das für lustige Grimassen sorgen, aber meistens fand ich ihn einfach zutiefst süß mit diesem Gesicht. Auch im Bus setzte er jenes Grinsen auf und ich schaute ihm zu gern dabei zu. Weil ich aber wusste, dass er aufwachte, wenn man ihn zu lang anstarrte, schaute ich lieber zum Fenster hinaus. Ich wollte ihm schließlich seinen Schlaf gönnen nach der holprigen Nacht. Meine Gedanken hingen nun nicht mehr an letzter Nacht, sondern viel mehr daran, wie ich mein Problem lösen könnte. Ich liebte Conner mehr denn je, aber er hatte mir klipp und klar gesagt, dass er freundschaftliche Gefühle für mich und Liebesgefühle für seine Schlampe von Freundin, ich meine natürlich für Shina, hatte. Wie sollte ich also dagegen ankämpfen? Konnte ich das überhaupt und wäre es Conner gegenüber nicht unfair? Sollte ich nicht einfach froh sein, dass er jemanden hatte, den er liebte und den beiden meinen Segen geben? So sehr mein Kopf wusste, dass ein wahrer Freund so handeln sollte, so sehr sträubte sich alles in mir dagegen. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er sie lieben konnte und mich nicht. Was hatte sie schon zu bieten und was tat sie schon für ihn? Sie machte sich ja nicht einmal Gedanken über ihn, als er allein im Wald war. Es war ihr nur wichtig, dass er ihre Gefühle verletzt hatte und die Ärmste kam damit nicht klar. Bei ihr hieß es doch immer nur Sie, Sie und nochmal Sie! Diese Gedanken brachten mich augenblicklich wieder auf 180, aber nur im Inneren. Wenn ich mich äußerlich aufgeregt hätte, wäre die Gefahr groß gewesen Conner zu wecken und das wollte ich schließlich verhindern. Was konnte ich nur tun um seine Aufmerksamkeit in Liebesdingen auf mich zu richten? Er war schon immer überzeugter Hetero und ich wusste, dass er von Schwulen eigentlich nicht viel hielt. Wenn er gewusst hätte, was meine wahren Neigungen waren, wäre er niemals eine so enge Freundschaft mit mir eingegangen. Das war auch der Grund, weshalb ich immer alles getan hatte um alles zu verschleiern. Plötzlich fiel mir ein, was Conner bei Antritt der Klassenfahrt gesagt hatte. Shina würde die nächsten zwei Wochen zu ihren Eltern fahren. Natürlich ! Das war doch die Chance für mich ihn wenigstens dazu zu kriegen diese Frau zu vergessen. Ich musste nur so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringen und immer mal ein wenig Kritik an Shina anbringen. Nach dem Streit von gestern könnte es klappen und Conner schlüge sie sich vielleicht aus dem Kopf. Ein schelmisches und breites Grinsen hatte sich auf meinem Gesicht breit gemacht wegen dieser Gedanken, da piekte mich etwas ins Gesicht. Es war Conners Zeigefinger. Er war aufgewacht, hatte meinen Gesichtsausdruck gesehen und mich daraufhin aus meinen Gedanken holen wollen, da er sie wahrscheinlich für sehr gruselig hielt. Ich schaute ihn leicht erschrocken an. Er legte den Kopf schief und zog eine Augenbraue nach oben. Das war sein Skepsis-Blick, den ich übrigens auch abgöttisch liebe. „Auf was für ´ner Wolke warst du denn grad?“ fragte er während er mich so anschaute. Jetzt musste ich mir schnell etwas überlegen, dass solch ein Grinsen wie meines zuvor auslösen konnte. Ich ließ mir Folgendes einfallen: „Ich musste an unseren Herrn Lehrer denken, wie er im Ballettkleidchen durch die Schule hoppst und alle ihn blöd machen. Das wär echt ein Bild für die Götter.“. Ich lachte etwas döflich und bemerkte, dass das Gesagte ja üüüüüüberhaupt nicht schwul klang, ach Quatsch! Aber Conner nahm es zum Glück gut auf und lachte sich erstmal halb tot. Zu meinem Glück hat er eine extrem bildhafte Fantasie. Wenn man sich was Gutes einfallen lässt, kann man ihn in 99% der Fälle super ablenken. Nachdem wir uns beide einige Minuten über dieses Bild amüsiert hatten, wurde Conners Ausdruck wieder ernster. Ich konnte mir gleich denken, was er ansprechen wollte, wenn er schon so schaute. „Sag mal Chris, was meinst du soll ich wegen Shina machen? Sie ist super wütend… Ich hab vor mich wenigstens noch mit ihr zu versöhnen, bevor sie zwei Wochen lang weg ist. Was sagst du dazu?“. Er wollte mich doch jetzt nicht ernsthaft als Beziehungsberater missbrauchen? Anscheinend doch! „Na gut…“ dachte ich mir. „Du hast schließlich versprochen, nicht mehr eifersüchtig zu sein und seine Beziehung nicht mehr zu torpedieren.“. Ich dachte kurz nach und dann holte ich tief Luft. „Duuuuu… solltest dich bei ihr entschuldigen. Weiber wollen immer, dass die Männer sich entschuldigen, egal, wer eigentlich Schuld am Streit hatte. Naja und dann lässt du sie wegfahren und nach den zwei Wochen siehst du dann ja, wie sie sich dir gegenüber verhalten wird.“. Gott, was fiel mir dieser Ratschlag schwer, denn er war auch noch gut und konnte dafür sorgen, dass die beiden sich nie trennen würden. Hätte Conner mich nicht angeschaut, hätte ich mich auch sofort selbst geohrfeigt, aber so konnte ich das nur im Geiste tun. Er überlegte kurz und lächelte dann begeistert. „Das ist eine gute Idee, sobald wir angekommen sind werd ich mich bei ihr entschuldigen…Ich meine, im Grunde war ja wirklich ich Schuld und nicht sie.“ sagte er und schaute verlegen. Zu gern hätte ich ihm in jenem Moment eine Kopfnuss gegeben, denn es war ganz und gar nicht seine Schuld, dass seine Freundin eine unsensible Bitch war, die ständig nur flach gelegt werden wollte. Conner wagte einen Blick zu seiner Angebeteten, aber die beachtete ihn nicht, denn sie war damit beschäftigt mit einer Freundin über die ultimativen Techniken für ein schöneres Gesicht zu fachsimpeln. Ich hätte da ja auch einen beisteuern können, den einzigen, der bei ihr wirklich geholfen hätte: eine komplette Gesichtstransplantation mittels Kettensäge! Wenigstens hatte ich mit meinem Ratschlag Conners Laune gehoben. Den Rest der Fahrt unterhielt er sich ausgelassen mit mir über Gott und die Welt. Ich genoss es seine Aufmerksamkeit zu haben und ihn immer wieder mit blöden Witzen zum Lachen zu bringen, denn diesen Gesichtsausdruck sah ich nun einmal am liebsten an ihm. Nach etwa einer anderthalbstündigen Fahrt machten wir eine Pause an einem Rasthof. Wir hatten eine halbe Stunde um Toilettengänge zu erledigen und etwas zu essen. Nachdem Conner und ich Ersteres in Anspruch genommen hatten und uns einen Burger gönnten, sahen wir am Tisch gegenüber einen unseren Mitschüler, Bryan. Er war ein typischer Streber und mit dieser Berufung gleichzeitig auch das Opfer Numero Uno. Wir hatten ihm schon öfters Streiche gespielt oder ihn bloß gestellt, weil es einfach zu witzig war wie sein Kopf jedes Mal rot anlief wie eine Tomate in der Hochsaison und er anfing seine Wangen aufzuplustern um mit seiner viel zu hohen Stimme anschließend herum zu quietschen und sich aufzuregen. Conner und ich schauten uns an und grinsten. Das nennt man Gedankenübertragung! Wir nickten uns zu und Conner ging schließlich zu Bryan. „Hey Bry, ich hab glaube grade da draußen einen echt seltenen Vogel gesehen. Der war so leuchtend blau. Hab ich echt noch nie gesehen. Der sitzt auf einem Baum gleich neben dem Eingang!“ erzählte Conner dem kleinen Nerd mit aufgeregter Stimme. Hach, er konnte ja so gut schauspielern... Man muss dazu sagen, dass das Hobby des Strebers es war sich mit allen möglichen nicht-menschlichen Kreaturen zu beschäftigen, die es auf unserem Planeten gibt. Bryan starrte Conner mit großen strahlenden Augen an: „Ernsthaft!!!Oh mein Gott!“. Er schnappte sich seinen Rucksack, in dem er immer eine Kamera mitführte und rannte aufgeregt hinaus, irgendeinen lateinischen Tiernamen murmelnd. Conner gab mir ein Zeichen, also ging ich zu dem Burger, den Bryan natürlich liegen gelassen hatte. Ich hatte immer ein paar trickreiche Dinge dabei, so auch Kapseln mit Lebensmittelfarbe darin. Ich steckte sie schnell in Bryans Burger und dann setzten wir beide uns wieder auf unseren Platz und aßen weiter, als wäre nichts gewesen. Kurze Zeit später kam der kleine Nerd mit enttäuschter Miene zurück und setzte sich wieder vor seinen Burger. Vor lauter Frust machte er den Mund weit auf und nahm einen riesigen Bissen. Es geschah, was geschehen musste: Die Kapsel platzte und sorgte dafür, dass sein kompletter Mundraum, inklusive Nase, Brille und Zunge blau war. Nun konnten wir uns nicht mehr zurück halten und feierten lautstark los. Uns schossen förmlich Tränen in die Augen und ich bekam nach kurzer Zeit kaum noch Luft, so sehr musste ich lachen. Bryan war zu unserem Tisch gekommen, baute sich nun vor uns auf, soweit das bei seiner mickrigen Körpergröße überhaupt möglich war und fing an herum zu quietschen: „Ihr verdammten Bastarde! Wie klein muss euer IQ sein, dass ihr euch mit so bescheuerten Sachen die Zeit vertreibt und das auch noch witzig findet! Hört auf intelligenten Menschen das Leben schwer zu machen, nur weil ihr zu beschränkt seid sie zu verstehen! Damit ihr es wisst, ich beschwer mich beim Lehrer!!!!“. Seine Ansprache führte erstmal dazu, dass wir noch mehr lachen mussten, aber dann kriegten wir uns ein und ich stand auf und baute mich ebenfalls vor ihm auf. Das Größenverhältnis muss man sich in etwa so vorstellen, wie bei einem normal großen Erwachsenen und einem zehn- bis 12-jährigen, nur dass wir gleichalt waren. Ich schaute ihn von oben herab an, da es anders gar nicht möglich war und fing ein weiteres Mal an zu lachen, allerdings gehässig. Dann beugte ich mich zu ihm hinunter um ihm direkt in die Augen zu schauen und sagte: „Du gehst zum Lehrer? Dass ich nicht lache! Lerne lieber mal deine Probleme selbst zu lösen und stell vor allem erstmal diese lächerliche Quietschestimme ab, wenn du dich aufregst. Die ist so erbärmlich, da bekommt ja nicht mal ein Zwerghamster Schiss! So… Und wenn du nicht willst, dass ich dich ins Klo sperre und dafür sorge, dass man dich hier zurück lässt, dann bist du jetzt schön brav, gehst dir das Gesicht abwaschen und schweigst danach wie ein Grab, okay?“. Dann wuschelte ich ihm durch seine hässliche Streberfrisur und grinste noch einmal super freundlich. Bryan hatte während meiner Worte angefangen zu zittern, schaute nun geschockt Conner an, der ihm allerdings auch nur ein nettes Grinsen und eine sei-brav-oder-du-bist-tot-Geste zeigte. Dann drehte der Streber sich um und ging lieb und brav in die Männertoilette um sich zu waschen. Ich für meinen Teil setzte mich wieder und aß meinen Burger weiter. Conner grinste immer noch über das gesamte Gesicht und amüsierte sich über Bryan. „Dass der aber auch immer wieder auf sowas rein fällt! Etwas fies sind wir ja schon oder?“. Ich schätze Conner hat wohl eine sehr viel lautere Gewissensstimme als ich… Eigentlich sollte mich das beunruhigen oder? Ich dachte jedenfalls kurz über seine Worte nach und erwiderte: „Ach komm, dafür, dass wir ihn vor allen anderen Schlägern schützen um das Privileg zu haben ihn als einzige ärgern zu dürfen, sollten wir uns auch ab und zu was gönnen.“. Wir hatten nämlich mal so etwas wie einen Pakt mit Bryan geschlossen, dass wir ihn ab und zu ärgern und ihm Streiche spielen dürfen, er dafür aber von niemandem sonst schikaniert wird. Dafür sorgten wir schon. Trotz allem wollte er uns schon oft genug beim Lehrer verpfeifen, aber das traute er sich dann ja doch nie. Schließlich gab es noch genug andere um Weiten fiesere Mitschüler, die nur darauf warteten, dass wir ihn nicht mehr beschützten. Wir amüsierten uns den Rest der Pause noch über unseren kleinen Streich. Bryan kam nach einiger Zeit gesäubert wieder, zeigte uns den Stinkefinger und ging hinaus zum Bus. Ich zwinkerte ihm nur zu und ließ ihn gehen. Wir hatten ihn schließlich genug geärgert und waren ja keine Unmenschen. Kurz darauf war die halbe Stunde um und wir fuhren weiter. Jetzt mit noch überschwänglicherer Laune genossen wir den Rest der Heimfahrt in vollen Zügen und hatten sehr viel Spaß. Ich freute mich außerdem schon auf die Schule, auch wenn das irgendwie gar nicht nach mir klingt. Schließlich erwarteten mich zwei Wochen, in denen ich Conner ganz für mich allein haben würde. Allein bei dem Gedanken daran fing mein Herz an Flügel zu bekommen. Ich war einfach gespannt, was die nächsten Wochen für uns bereithalten würden. Kapitel 7 - Zeit zum Trennen ---------------------------- Die ersten Ferientage gingen ins Land und Shina fuhr, wie angekündigt zu ihren Eltern, allerdings erst nachdem Conner sich – zu meinem Bedauern - wieder mit ihr versöhnt hatte. Gut, dachte ich, endlich kann ich wieder viel Zeit mit ihm verbringen ohne dass seine Freundin dazwischen funken würde. Wir machten uns Pläne, was wir alles unternehmen wollten und das alles klang wirklich vielversprechend. Ich war so überglücklich wie lange nicht mehr. Wie erhofft, verbrachten wir wirklich viel Zeit miteinander, z.B. in einem Wasserpark, im Kino, beim Shopping in der Stadt usw. Klingt erstmal alles sehr spaßig, nicht wahr? Tja das einzige Problem dabei war, dass ich an all diesen Orten zwar mit Conner war, aber dann auch wieder nicht. Die meiste Zeit starrte er nur wie ein Zombie auf sein Handy und schrieb ellenlange Nachrichten an Shina. Wenn er damit fertig war, schaffte er es trotz allem nicht, sich mal längere Zeit auf mich zu konzentrieren, da er ständig nur darüber nachdachte, wann sie endlich antworten würde und was sie wohl grade machte. Ich muss wohl nicht erst erklären, dass mich das so richtig anpisste und so versuchte ich stets ihn mal irgendwie vom Handy weg zu kriegen und seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Es war ätzend, selbst in ihrer Abwesenheit beachtete er diese Schlampe immer noch mehr als mich. Schließlich war die erste Woche der Ferien schon wieder rum und an jenem letzten Tag dieser Woche war geplant, dass wir in einen nahe gelegenen Erlebnispark fahren wollten. Ich wollte endlich die Gelegenheit beim Schopfe packen und den Conner herauslocken, mit dem ich früher immer so unendlich viel Spaß hatte. Im Park angekommen rannte ich gleich ganz euphorisch zur größten und heftigsten Achterbahn, die es dort gab. Ich liebe solche Attraktionen, denn der Adrenalinschub beim Fahren gleicht dem Gefühl des Fliegens und könnte ich mir eine übernatürliche Fähigkeit heraus suchen wäre es hundertprozentig das Fliegen! Ich staunte also über die Achterbahn und rief Conner zu, er sollte sich beeilen, damit wir endlich fahren konnten. Er kam mir hinter her getrottet, den Blick wieder einmal gesenkt auf sein Handy. Ich dachte mir ich erteile ihm eine Lektion, denn wer nicht hören will, der muss fühlen. Also sagte ich: „Hey Conner, fahren wir mit der kleinen Achterbahn da? Ich weiß, du magst zu große nicht so gern, aber die ist nicht schlimm.“. Er brachte nur ein kurzes „Hm.“ heraus, begleitet von einem Nicken und lief mir hinterher, ohne die Achterbahn auch nur einmal richtig betrachtet zu haben. Genau darauf hatte ich gehofft. Wir stiegen also ein und Conner musste tatsächlich sein geliebtes Handy in seinem Rucksack zurück lassen, weshalb er sogar mal richtig ansprechbar war. Ich saß neben ihm und die Gurte gingen zu. Er schien sich allerdings immer noch nichts zu denken, denn mein breites Grinsen führte er auf meine Freude auf die Fahrt zurück. Wie sollte er auch ahnen, dass ich aus einem gänzlich anderen Grund so (schaden)froh war. Die Bahn fuhr los und gleich am Anfang wurde man ganz langsam einen sehr hohen und steilen Berg hinauf gezogen. Schon am Ansatz dieses Berges schaute Conner auf einmal zu mir herüber und sein Gesicht entgleiste ihm förmlich. „Was ist das für ´ne Bahn? Ich denk die soll nicht so groß sein…“ stammelte er. Ich grinste nur und schaute geradeaus. Er stotterte panisch weiter: „Chris?! Fuck ey! Warum grinst du so blöd?!“. Er drehte seinen Kopf und schaute sich um. Wir waren schon mindestens um die 50 m hoch gefahren und seine Gesichtsfarbe wurde immer ungesünder. Schließlich tat er mir doch irgendwie leid und ich versuchte ihn zu beruhigen: „Keine Angst, das wird Spaß machen. Kann doch nichts passieren, ich bin ja da.“. Ich lächelte ihn an, aber es schien ihn ganz und gar nicht zu beruhigen, denn jetzt zeigte seine Gesichtsmimik eine Mischung aus purer Panik und Wut. Ich dagegen genoss die Aussicht, denn wir waren auf dem Berg angekommen, der über 60 m hoch war. Nun lag ein Abgrund vor uns und eine Sekunde lang schwebten wir, bevor der Absturz kam. Die Bahn raste mit einem Affenzahn den steilen Berg hinab und gleich darauf durchfuhr sie einen Looping nach dem anderen bis schließlich einige Schrauben und andere Kurvenelemente kamen. Ich riss die Arme nach oben und lachte nur laut, aber Conner schrie wie am Spieß, sodass seine Stimme sich mehrmals überschlug. Ein wenig Mitleid hatte ich ja schon mit ihm, aber andererseits sollte er wissen, dass er mich lieber nicht nochmal ignorieren und sein Handy mir vorziehen sollte. Die Fahrt dauerte nur etwa ein bis zwei Minuten, dann kamen wir wieder am Ausgangspunkt an und stiegen aus. Conner war etwas wackelig auf den Beinen und ich war froh, dass wir noch nichts gegessen hatten, denn sein Gesicht war nun eher etwas grünlich angelaufen. Nachdem wir einige Meter gelaufen waren, normalisierte sich sein Zustand aber wieder. Ich grinste immer noch breit und fragte nur: „Na? War doch cool oder?“. Er schaute mich stink wütend an, wobei seine Augen fast schon an Feuer erinnerten, obwohl sie doch grün waren. „Du bist ein Arsch! Was sollte das denn?!“ fuhr er mich an. Anscheinend war ihm gar nicht klar, wofür die Abreibung gut gewesen war. Ich fing an zu lachen und entgegnete: „Tja hättest du nicht nur auf dein Handy gestarrt, sondern lieber vorher auf die Achterbahn geachtet, wär dir das auch nicht passiert. Also was sagt uns das? Ignoriere niemals deinen besten Freund.“. Er wusste, dass ich Recht hatte und deshalb konnte er mir nicht einmal widersprechen. „Okay, okay es tut mir ja leid, aber ich vermisse Shina eben.“ versuchte er sich zu entschuldigen. Dabei setzte er seinen mitleiderregenden Dackelblick auf, was mir wirklich zu schaffen machte. Ich seufzte und konnte ihm augenblicklich einfach nicht mehr böse sein. „Das verstehe ich ja… Aber sie kommt doch bald wieder. Bis dahin lass dich doch mal etwas ablenken, hm? Wir sind hier immerhin in einem wahren Ablenkungsparadies!“ sagte ich und deutete auf die anderen Attraktionen um uns herum. Conner lächelte und gelobte Besserung und ich glaubte ihm. Diese Besserung hielt allerdings leider nicht besonders lang an. Immer, wenn wir mit einer Attraktion fuhren musste er natürlich sein Handy im Rucksack lassen, dann hatte ich ihn ganz für mich, wie ich es gerne wollte. Aber sobald wir festen Boden unter den Füßen hatten, tauchte sofort wieder sein Handy auf und zerstörte alles; beim Essen: Handy, beim Ausruhen auf einer Bank: Handy, bei der Rundfahrt mit einer Parkbahn: Handy! Es war also gar nichts anders und meine Geduld wurde auf eine wirklich harte Probe gestellt. Die wenigen Momente, die er sich mir widmete kostete ich dafür umso mehr aus und genoss sie, aber ich fragte mich gleichzeitig, warum nicht einfach der ganze Tag so sein konnte. War es denn wirklich so schwer, mir wenigstens etwas Aufmerksamkeit zu widmen? Nur einen Tag lang? Schließlich war auch dieser Tag viel zu schnell vorbei gegangen und wir verließen den Park, als dieser schloss. Ich wollte allerdings noch nicht nach Hause, immerhin hatte ich wiedermal den ganzen Tag Conners Liebeskummer-Gelaber und sein Desinteresse meiner Wenigkeit gegenüber geduldet. Da wollte ich wenigstens einen schönen Abschluss dieses Tages als Belohnung haben. Wir gingen gerade über einen Parkplatz, da kam mir eine Idee: „Hey Conner!“ rief ich ihn, da er etwas vor mir lief, vertieft in – wie sollte es auch anders sein – sein Handy. Er schaute auf und drehte sich zu mir um. Ich ging zu ihm und schlug vor: „Wir könnten doch noch was essen. Ich für meinen Teil hab einen Bärenhunger und keine Lust zu warten bis wir zu Hause sind. Eine Straße weiter ist ein Fastfood-Restaurant, wie wär’s?“. Ich lächelte und schaute ihn erwartungsvoll an, doch er schaute nur kurz nach unten auf sein Handy und dann wieder zu mir. Dann sagte er mit gleichgültiger Stimme: „Ich will aber endlich mit Shina telefonieren. Ist doch so schon spät genug. Also sorry, aber kein Bedarf.“. Dann drehte er mir wieder den Rücken zu und ging weiter. Hatte ich also den armen Kerl den ganzen Tag davon abgehalten mit seiner angebeteten Prinzessin zu telefonieren? War ich also nur der große Störfaktor, wegen dem er nur umso länger leiden musste und die „liebliche“ Stimme Shinas nicht schon eher hören konnte? Diese Gleichgültigkeit und seine Worte machten mich rasend. Die ganze Zeit hatte ich mich ruhig verhalten, hatte nichts dazu gesagt, dass ich für ihn anscheinend nur sein gelegentlicher Fußabtreter war, war ihm sogar noch nachgelaufen wie ein treudoofer kleiner Straßenköter. Doch jetzt reichte es, ich konnte mich nicht mehr zurück halten. Zu heftig hatte er dieses Mal in dieselbe Wunde getreten, in die er schon seit langer Zeit immer wieder Salz gekippt hatte. Ich lief ihm also mit eiligem Schritt hinterher und packte ihn an der Schulter um ihn zu mir umzudrehen. Er schaute mich verdutzt an, das Handy in seiner rechten Hand haltend. Mein Blick durchdrang den seinen förmlich und für einen Moment hatte ich den Impuls es einfach zu tun, ihn einfach festzuhalten und so zu küssen, wie ich es mir schon seit so langer Zeit gewünscht hatte. Doch selbst in jener Situation hatte ich noch so viel Kontrolle über meine Gefühlswelt, dass ich diesen Impuls unterdrücken konnte, jedenfalls führte ich ihn nicht so aus, wie es mein Körper eigentlich verlangte. Stattdessen ballte ich meine linke Hand zur Faust und versuchte mich zu beruhigen. Wieder wollte er die Stimme erheben und einen ähnlich gleichgültigen Kommentar ablassen wie zuvor, das sah ich an seinem Gesichtsausdruck. Doch ich wollte nichts mehr hören, nicht mehr verletzt werden, einfach keine Schmerzen mehr erleiden müssen. Ich wollte ihm einfach den Mund stopfen und der Impuls von vorher kam wieder in mir hoch. Statt diesen aber einfach auszuführen entschied ich mich im Bruchteil dieser Sekunde Conner meine geballte linke Faust ins Gesicht zu schlagen. Er ließ vor Schreck sein Handy fallen und taumelte etwas zurück, sich das Gesicht haltend. Seine Nase blutete, jedoch hatte ich sie ihm zum Glück nicht gebrochen. Er schaute das Blut in seiner Hand an und dann traf sein Blick mich. „Bist du verrückt?! Was soll denn der Scheiß?!“ keifte er mich an. Bereits in diesem Moment tat mir dieser Schlag so unendlich leid. Ich wollte mich sofort dafür entschuldigen, denn das, was ich niemals wollte war ihm weh zu tun. Doch bevor ich zu Wort kam, spürte ich auch schon einen starken Schmerz in meiner Magengegend. Conner war wütend auf mich zu gegangen und hatte mir einen Hieb in den Bauchraum versetzt. Nun war ich es, der etwas zurück taumelte und ihn fragend anschaute. „Was fällt dir ein, mich einfach so anzugreifen? Hast du nicht mehr alle Latten am Zaun oder was?!“ schrie er mich an. Dann schaute er auf den Boden und erblickte sein kaputtes Handy. „Na toll! Siehst du, was du angerichtet hast? Wie soll ich denn jetzt noch Kontakt zu Shina halten?! Jetzt muss ich mir extra ein neues Handy holen, nur weil du deine Hormone nicht im Griff hast!“ schrie Conner mich erneut an. Das mit der Entschuldigung war nun Vergangenheit, denn das Einzige, was ihn selbst in einer Streitsituation mit mir interessierte war – oh Wunder – seine verdammte Freundin. Jetzt reichte es mir endgültig mit seiner Ignoranz mir gegenüber. Ich richtete mich auf und schaute ihn an, wobei ich versuchte mir bloß nicht anmerken zu lassen, dass ich mich fühlte, als müsste ich gleich kotzen. „Woher willst du denn wissen, dass deine Schnalle nicht längst mit einem anderen Giggolo rummacht, da wo sie jetzt ist? Ich meine mit einem, der beim Sex keine allergischen Reaktionen zeigt und so… Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass sie sich auch nur im Geringsten um dich schert oder? Die sucht doch nur jemanden, der sie ordentlich schaukelt und sobald das nicht möglich ist, zieht sie weiter wie so ´ne verfressene Heuschrecke! Tze, langsam bin ich mir nicht mal mehr sicher, ob du nicht sogar super zu ihr passt. Andere ausnutzen scheint ja ganz euer Ding zu sein oder was meinst du, Kumpel?!“. Als ich das sagte wischte ich mir den Mund ab und lachte gehässig. Ich wusste, dass ich Conner damit wehtat, aber es war mir für kurze Zeit so egal, dass es mir im Nachhinein fast schon Angst macht. Ich hatte genug davon immer den gefühlsbetonten, Beziehungstipps gebenden Freund zu mimen und dafür durch die Bank weg Arschtritte zu kassieren. Egal wie viele Schmerzen jemand aushält, irgendwann kommt der ultimative Schmerz, bei dem jeder einmal aufschreit. Genau dieser Moment war für mich gekommen. Conner war sichtlich geschockt über meine Worte, aber er wollte gar nicht lange darüber nachdenken, sondern schien es lieber mit Fäusten klären zu wollen. Von mir aus konnte er das gern versuchen, schließlich war ich schon immer der körperlich stärkere von uns, jedoch beschützte ich ihn sonst meistens bei Prügeleien. Jetzt gegen ihn zu stehen war ungewohnt und machte mich tief im Inneren ungemein traurig. Lange Zeit zum Nachdenken blieb mir aber nicht, da kam Conner bereits wieder auf mich zu und schlug mir ein blaues Auge. Da hatte ich kurz nicht aufgepasst, sonst hätte ich ja abgeblockt. Er war so wütend, wie ich ihn noch nie erlebt hatte und schrie: „Was hast du bitte für ein Problem?! Wenn du was willst, dann sag´s, aber hör auf Shina zu beleidigen, ich schwör dir, sonst mach ich dich fertig!“. Wieder ging es also nur um sie. Ich musste lachen, auch, wenn ich am liebsten geweint hätte und entgegnete: „Weißt du noch was Freundschaft ist? Das ist dieses Ding, wo zwei Personen, die sich ganz gut leiden können, immer zueinander stehen und füreinander da sind. Na? Klingelt da was? Was ist da wohl der Unterschied zu Shina? Kannst du mir folgen? Sie würde weder das eine, noch das andere für dich tun und sie sollte schließlich mehr als eine Freundin für dich sein, richtig? Jetzt verrate mir mal, was du mit der alten Schabracke willst?! Und ja, ich beleidige das Miststück so viel ich nur will, weil all diese Beleidigungen ihren Charakter bestens treffen!“. Mit diesen Worten schlug ich erneut zu, allerdings blockte er meinen Schlag mit dem Arm ab, was aber trotzdem ordentlich wehgetan haben dürfte seiner Mimik nach zu urteilen. Er verzog kurz das Gesicht um die Schmerzen besser auszuhalten und trat mir dann mit dem Fuß ins Schienbein, sodass ich von ihm ablassen musste. Dann prügelten wir uns eine Weile wortlos herum. Am Ende hatten wir beide überall blaue Flecken, Prellungen, Platzwunden und Ähnliches. Erstaunlicherweise schaffte er es schlussendlich mich auf den Boden zu zwingen, indem er sein ganzes Körpergewicht einsetzte. Ich lag nun also auf dem Rücken und er war über mich gebeugt und hielt mich am Kragen fest. Er schaute mich mit verachtendem Blick an und sagte Folgendes: „Freundschaft, ja? Wenn wir Freunde wären, würdest du mein Glück akzeptieren und es mir gönnen. Shina ist mehr für mich da als du es je warst und ihre Liebe ist echt, was du natürlich niemals verstehen wirst! Allerdings weiß ich auch, warum!“. Er ließ meinen Kragen los und stand auf, schaute allerdings weiter verächtlich zu mir herunter. „Du hast keine Ahnung, wie es ist verliebt zu sein! Schließlich bist du wahrscheinlich unfähig dazu, jemanden wirklich innig und von ganzem Herzen zu lieben. Wenn du das nämlich könntest, dann würdest du mich verstehen! Du würdest verstehen, dass es weh tut, wenn der geliebte Mensch weit weg ist und du ihn nicht sehen kannst… Von mir aus kannst du Shina beleidigen wie du willst, weil du mir ab sofort schlicht egal bist. Ich brauche keinen Freund, der mich am Vorwärtsgehen hindert und ständig versucht mir Steine in den Weg zu legen!“. Nach diesen harten Worten hob er sein kaputtes Handy auf, schaute mich nicht einmal mehr an und wandte mir den Rücken zu um zu gehen. Ich blieb zurück, am Boden liegend und ihm hinterherschauend, unfähig mich aufzurappeln um ihm zu folgen, unfähig ihm etwas hinterher zu rufen, damit er nicht ging. Ich konnte einfach nicht mehr, konnte nichts mehr tun um ihn zurück zu holen, um ihn nicht zu verlieren. Die Welt kam mir auf einmal so viel dunkler vor, als sie es jemals war. Das für mich wichtigste auf der Welt, ich hatte es auf’s Spiel gesetzt und so schändlich verloren, wie es nur ging. Das sollte nun also das Ende unserer Freundschaft sein, das Ende meiner Hoffnung auf ein Happy End. Ich wusste, dass ich nichts, aber auch gar nichts tun konnte um Conners Meinung zu ändern. So lag ich also an jenem Sommerabend auf diesem Parkplatz und wusste, dass der Kampf, den ich so lange geführt hatte, schlussendlich ein Ende genommen hatte. Genau das, was ich niemals gewollt hatte war eingetreten. Wie sollte mein Leben jetzt weiter gehen, einfach so, ohne die wichtigste Quintessenz darin? Kapitel 8 - Zeit zum Reden -------------------------- Es waren nun schon drei Tage vergangen seit der Prügelei zwischen Conner und mir. An jenem Abend war ich nicht zum Internat zurückgekehrt, sondern hatte mich telefonisch dort gemeldet und bescheid gegeben, dass ich bis zum Ende der Ferien bei meinen Eltern sein würde. Natürlich war das eine Lüge, denn das einzige, worauf ich in jenem Moment weniger erpicht war als Conners Gegenwart war die meiner Eltern. Ich hätte es nicht ertragen können in die Schule zurück zu kommen und mit ihm in einem Zimmer schlafen zu müssen, nicht nach all dem, was er gesagt hatte. Deshalb entschied ich mich kurzerhand in das Ferienhaus meiner Eltern zu fahren, denn dort konnte ich allein sein und erst einmal meine Gedanken neu ordnen, so hoffte ich. Ich hatte die letzten drei Tage also hauptsächlich damit zugebracht in der Hängematte auf der Veranda des Hauses zu liegen oder mich im Pool treiben zu lassen. Was ich eigentlich tun wollte war nachdenken, jedoch kam es mir so vor, als wollte mein Kopf alles tun, nur das nicht. Wann immer ich versuchte zu mir zu kommen und einen Gedanken zu fassen, entglitt er mir sogleich wieder. Stets hallten nur Conners Worte in meinem Geiste wider. Erinnerungen, die sich mit der Zeit in scharfe Klingen verwandelten und meine Gedanken schienen Spaß daran zu haben, sie mir immer und immer wieder ins Herz zu jagen. Anscheinend war mein Unterbewusstsein ein wahrer Sadist…oder sollte ich eher Masochist sagen? So gingen die Tage einfach vorbei, ohne dass ich von mir behaupten konnte, dass ich wirklich etwas Sinnvolles während der ganzen Zeit tat. Selbst schlafen erschien mir sinnlos, denn meine Träume machten die Nächte wie auch die Tage eher zur Tortur als zur Erholung. Mir war absolut schleierhaft, wie es jetzt für mich weiter gehen sollte. Ich wusste schließlich, dass ich nur noch einige wenige Wochen hatte, bis die Schule wieder losgehen würde. Spätestens dann würde ich nicht mehr weglaufen können, spätestens dann würde ich ihm wieder unter die Augen treten müssen und ich konnte und wollte mir gar nicht vorstellen, wie diese Begegnung wohl ablaufen würde. Wenn ich nur daran dachte, welch hasserfüllten Blick mir Conner wahrscheinlich zuwerfen würde, zog sich in mir alles zusammen und meine Brust begann zu schmerzen, als würde jemand sie mit einem Messer durchstechen. Eine Lösung kam mir zwar in den Sinn, aber diese verwarf ich immer wieder. Ich hätte das Zimmer wechseln können, falls Conner das nicht sowieso schon selbst vorhatte. Aber so sehr ich mir wünschte, dass es mir egal wäre, wenn er das täte, es ging einfach nicht. Der Gedanke ihn nicht mehr jeden Tag gleich beim Aufstehen sehen zu können, bereitete mir fast noch mehr Schmerzen, als der Hassblick, den ich mir vorgestellt hatte. Was sollte ich nur tun? Mit ihm konnte ich nicht mehr leben, aber ohne ihn auch nicht. Wahre Verzweiflung machte sich in mir breit, gefolgt von Gefühlen der Wut, der Trauer und des Schmerzes. Ich glaube, ein Psychiater hätte in jenen Tagen einen riesen Spaß mit meiner Psyche gehabt. Es war nun schon der Abend des dritten Tages, als ein sehr starkes Gewitter über das kleine Wäldchen hinweg zog, in dem das Ferienhaus stand. Ich lag bereits im Bett und versuchte alles um bloß einschlafen zu können, aber die Donnerschläge des Sturmes draußen machten es mir unmöglich. „Was bin ich doch für ein Schisser!“ dachte ich mir, denn kaum war ich in dieser Situation, sehnte ich mich direkt danach mich an Conner schmiegen zu können. Meine Angst wäre augenblicklich passé gewesen, doch ich versuchte mich zwanghaft daran zu gewöhnen, dass das nun einmal nie wieder gehen würde. So wälzte ich mich also nervös hin und her, zuckte bei jedem Donnergrollen sofort zusammen und versuchte mich zeitweise sogar unter der Bettdecke zu verstecken, was aber nie lange möglich war, da ich darunter schnell zu ersticken drohte. Gerade war ich endlich kurz vor dem Einschlafen, als es auf einmal laut an der Eingangstür klopfte. Ich war sofort hochgeschreckt und stand fast im Bett. Mir schoss die Frage durch den Kopf, wer das sein konnte mitten in der Nacht. Das Ferienhaus stand schließlich weit abseits der Zivilisation und kein normaler Mensch würde um diese Uhrzeit und bei diesem Wetter hier draußen herum laufen, außer vielleicht ein psychopathischer Axtmörder. Bei dem Gedanken gefror mir förmlich das Blut in den Adern und ich hoffte, ich hatte mir das Klopfen nur im Halbschlaf eingebildet. Doch grade als ich mich beruhigt wieder hinlegen wollte klopfte es erneut und noch lauter und im gleichen Moment musste natürlich ein greller Blitz den Raum erleuchten und ein schallend lauter Donner folgte. Diese Szene kam mir so bekannt vor. Ich hatte sie schon in unzähligen billigen Horrorfilmen gesehen und jedes Mal hatte ich mich über die Dummheit der Leute totgelacht, die trotz der augenscheinlichen Gefahr die Tür öffneten um zu schauen, wer geklopft hatte. Ich stieg aus dem Bett und suchte mich im Dunkeln durch den Raum, da ich aus irgendeinem Grund zu große Angst hatte das Licht an zu machen. Total unlogisch eigentlich, denn Menschen fühlen sich in hell erleuchteter Umgebung viel sicherer als in der Dunkelheit der Nacht. Aber egal… Jedenfalls suchte ich mir eine Axt, die eigentlich zur Zierde an einer Wand hing und nahm sie. Dann ging ich zur Eingangstür, betend und schon halb mit der Welt abgeschlossen habend. Es gab keinen Türspion, noch so ein tolles Anzeichen für eine Klischee-Horrorfilm-Situation. „So geht es jetzt also vielleicht mit mir zu Ende…“ dachte ich noch in diesem Moment und schüttelte den Gedanken gleich wieder ab. Schließlich konnte da draußen ja auch irgendjemand Nettes stehen. Vielleicht eine Person, die auf der Landstraße in der Nähe eine Panne hatte oder Gott weiß wer. Es klopfte nochmal und ich nahm all meinen Mut zusammen und biss mir auf die Unterlippe. Ich atmete noch einmal tief durch und öffnete mit einem schnellen Ruck die Holztür, schon etwas mit der Axt ausholend, nur für den Fall. Doch ich ließ die Axt so schnell wieder sinken, wie ich sie gehoben hatte, denn vor mir stand niemand Geringeres als Conner. Er war bis auf die Haut durchnässt und seine Augen verrieten, dass er viel geweint haben musste. Es ist mit Worten schwer auszudrücken, was in mir vorging bei diesem Anblick. Meine Gefühle bestanden aus Verwirrung und Staunen darüber, warum er wohl her gekommen war, Freude darüber ihn zu sehen und Sorge wegen des Zustandes, in dem er sich augenscheinlich befand. Was war nur passiert, dass seine Augen so leer waren und sein Blick so verzweifelt aussah? Für den Augenblick hatte ich alles vergessen, was einige Tage vorher passiert war und was seitdem zwischen uns stand. Die Sorge um Conner war größer als mein Kummer über unsere Auseinandersetzung und seine Worte. Der einzige Satz, den er völlig emotionslos und mit recht leiser Stimme heraus brachte, als er da so verloren vor mir stand war: „Kann ich bitte rein kommen?“. Für einen mir ewig vorkommenden Moment war Totenstille bis schließlich ein greller Blitz mit darauf folgendem Krachen sie durchbrach. Dadurch wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, die mich kurz umfangen hatten und ich realisierte erst jetzt, dass Conner grade wirklich vor mir stand. Ich ging zur Seite und nickte um ihm mitzueilen, dass er eintreten sollte. Wortlos ging er an mir vorbei und zog seine völlig durchnässte Jacke aus. Nachdem ich die Eingangstür wieder geschlossen und das Licht angemacht hatte betrachtete ich ihn erstmal richtig. Er war von oben bis unten völlig nass und stand jetzt da wie bestellt und nicht abgeholt. Keiner von uns beiden schien recht zu wissen, was er sagen sollte, also deutete ich auf eine Tür, die ins Bad führte und sagte ihm, er sollte sich erst einmal warm duschen. Auffällig war, dass er mich weder ansehen konnte, noch irgendein Wort heraus brachte. Er ging einfach schweigend durch jene Tür, auf die ich gedeutet hatte. Spätestens jetzt kam in mir die Frage auf, was mit ihm los war. Wieso verhielt er sich wie ein geschlagener Hund, wenn er es doch war, der mir die Freundschaft gekündigt hatte? Bevor ich das ergründen konnte, suchte ich erst einmal Kleidung von mir, die er anziehen konnte. Seine durchnässten Sachen sollten lieber über Nacht trocknen, sonst würde er sich nur den Tod holen. Ich legte ihm also ein Shirt und eine Boxer von mir bereit und ging dann in die an das Wohnzimmer angrenzende Küche um Tee aufzusetzen. So wie er aussah, konnte er bestimmt etwas Heißes zu Trinken gebrauchen, dachte ich mir. Es dauerte fast eine ganze Stunde bis er wieder aus dem Bad herauskam mit dem Handtuch um die Hüfte gebunden. Ich erwartete ihn bereits auf dem Sofa mit dem Tee, den ich noch einmal neu aufgesetzt hatte, da der vorherige bereits kalt geworden war. Er ging noch einmal kurz ins Bad mit meinen bereit gelegten Klamotten und zog sich um. Dann kam er wieder und setzte sich auf das Sofa, jedoch mit reichlich Abstand zu mir. Immer noch traf kein einziger seiner Blicke auch nur annähernd mein Gesicht. Er starrte stets nach unten oder auf irgendein Objekt im Raum oder aus dem Fenster. Anscheinend wollte oder konnte er kein Gespräch beginnen, deshalb brach ich die Stille, bevor wir noch die ganze Nacht stillschweigend rumgesessen hätten. „Wie kommt es, dass du mitten in der Nacht bei diesem Sauwetter hier her kommst?“ fragte ich erst einmal vorsichtig, da ich nicht abschätzen konnte, wie Conner reagieren würde. Er schaute weiterhin nach unten auf seine Teetasse, die er in den Händen hielt. „Kleiner Nachtspaziergang vielleicht?“ fragte er völlig emotionslos zurück. Ich war es gewohnt, dass er gern sarkastische Kommentare von sich gab, aber nach einem Streit wie wir ihn hatten, hielt ich das doch für ziemlich unangebracht. Deshalb war ich etwas verärgert und seufzte: „Und da kommst du ausgerechnet zu mir?! Ist klar… Also, was ist bitte los?“. Ich legte etwas mehr Energie in meine Stimme um ihm zu symbolisieren, dass ich gerade nicht die Nerven für sarkastische Wortspiele hatte. Anscheinend verstand Conner das, denn er schaute etwas auf, aber bevor sein Blick meinen traf, wanderte er wieder auf seine Tasse zurück. Er nahm einen Schluck von dem Tee und seufzte geradezu schwermütig. Was immer er mir sagen wollte, es fiel ihm sichtlich schwer es auszusprechen. Meine Geduld drohte bereits sich dem Ende zu neigen, da schaffte er es schließlich doch endlich etwas zu sagen: „Ich wusste nicht recht, wo ich hingehen sollte…“. Er sprach mit sehr zittriger und leiser Stimme, was in mir Mitleid aufkommen ließ, aber ich zwang mich selbst nicht in besorgtes Verhalten zu verfallen. Deshalb reagierte ich auch eher harsch. „Was immer du für ein Problem hast, du hast doch eine Freundin, die immer für dich da ist. Hast du doch selbst erst vor ein paar Tagen betont.“. Er zuckte bei dieser Bemerkung zusammen, was mir zeigte, dass ich wohl einen Nerv getroffen hatte. Ich ahnte augenblicklich um was es wohl ging. Er umfasste die Tasse mit stärkerem Griff und biss sich auf die Unterlippe. „Shina hat mich sitzen lassen… Sie hat im Urlaub bei ihren Eltern einen anderen kennen gelernt, mit dem sie jetzt geht…“ stammelte er leise vor sich hin. So gern ich in jenem Augenblick laut los gefeiert hätte, ich konnte es nicht, weil ich mit ansah, wie Conner litt. Außerdem wär das schon ziemlich taktlos gewesen, aber ich muss zugeben, dass mein Innerstes plötzlich eine riesen Erleichterung und Freude empfand. Ich musste irgendetwas darauf sagen und es sollte nicht unbedingt gefühllos klingen. „Das tut mir leid, wirklich… Ich weiß, dass du sie sehr geliebt hast. Immerhin…mehr als deinen besten Freund.“ sagte ich mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen, das er aber sowieso nicht sehen konnte, da er immer noch nach unten schaute. „Und jetzt…weißt du nicht, was du tun sollst, fühlst dich verzweifelt und als würde dir dein Herz heraus gerissen werden, richtig?“ fragte ich weiter. Plötzlich hob er den Kopf und schaute mich überrascht an. „Woher weißt du das?“ fragte er schon fast geschockt. Jetzt musste ich mir aber dringend etwas verkneifen, also antwortete ich: „Ach…war nur geraten. Ich denke mal so fühlt man sich, wenn man verliebt ist und derjenige einem in den Arsch tritt.“. Ich lächelte etwas verlegen und kratzte mich am Hinterkopf, da ich genau wusste, dass dies nur die halbe Wahrheit war. Gott sei Dank nahm er mir diese Ausrede ab. Erneut schaute er betroffen nach unten, anscheinend nach Worten suchend. Dann lächelte er etwas traurig und sagte: „Anscheinend kann man sich in anderen Menschen selbst dann noch irren, wenn man sie schon lange kennt.“. Mein Innerstes befahl mir bereits wieder ihn endlich zu umarmen und zu trösten, wie es sich für einen Freund gehört, aber immer noch weigerte ich mich dagegen ihm einfach so zu vergeben, solang er sich nicht richtig entschuldigt hatte. Ich schwieg also, aber schaute ihn erwartungsvoll an, weil ich auf eine Entschuldigung wartete und ihm außerdem die Chance geben wollte, sich zu erklären. Er bemerkte, dass ich eine eher wartende Haltung eingenommen hatte und fuhr fort: „Schätze ich lag sowohl mit Shina als auch mit dir ziemlich falsch… Ich dachte wirklich, sie würde mich genauso lieben wie ich sie. Aber wenn das so gewesen wäre, hätte sie mich jetzt nicht einfach sitzen lassen oder?“. Seine Frage schien eine rhetorische zu sein, denn er erwartete keine Antwort von mir. „Und jetzt sitze ich hier bei dir, obwohl ich dich wie Dreck behandelt habe…Schon erbärmlich irgendwie. Ich hab dir vorgeworfen du wärst unwissend, aber in Wirklichkeit hätte ich dabei glatt mich selbst meinen können.“ erzählte er mit sehr leiser und monotoner Stimme. Dass er solche Selbstkritik äußerte war für mich etwas Neues und auch, dass er so derart verletzt aussah. Aber er war noch nicht fertig: „Ich denke, ich hatte aus den Augen verloren, was wichtig ist, nämlich, dass es Menschen gibt, auf die man sich verlassen kann, egal ob bester Freund oder Freundin. Ich war dumm genug beides zu verlieren, weil ich auf die falsche Person gesetzt hab.“. Er seufzte, stellte die Tasse ab und stand auf. Ich schaute ihn nur fragend an. „Ich bin nicht hier um mich auszuheulen, das Recht dazu hab ich schließlich nicht mehr. Ich möchte mich nur entschuldigen und dich ansonsten nicht weiter belästigen.“ sagte er jetzt etwas gefasster und mit stärkerer Stimme, aber immer noch mit genauso traurigem Blick. Er schaute mir von oben herab in die Augen und sagte: „Es tut mir wirklich leid.“. Dann drehte er sich um und wollte sich seine nassen Klamotten holen um zu gehen. Er war wohl noch dümmer als er es eben erläutert hatte, wenn er dachte, ich würde ihn jetzt einfach so gehen lassen. Ich rutschte auf dem Sofa zu ihm und zog ihn an seinem Arm zurück, sodass er nach hinten fiel und gezwungen war, sich wieder zu setzen. Er fiel so, dass er genau vor mir saß und ich umarmte ihn von hinten ganz fest um ihn zu trösten. Sichtbar verwirrt, weil er damit nicht gerechnet hatte, wehrte er sich nicht einmal. Er blieb ganz ruhig sitzen und schien meine Nähe sogar zu genießen. Ich hielt in der Umarmung inne und nach einem Moment der Stille sagte ich: „Es gibt aber noch etwas, das an Freunden praktisch ist. Wenn sie gute Freunde sind, dann können sie vergeben.“. Ich lächelte und ließ ihn wieder los. Er drehte sich zu mir um und schaute mich mit großen mit Tränen gefüllten Augen an. Meine Gefühlswelt machte förmlich einen Sprung bei diesem Anblick und wieder einmal kam der Impuls in mir hoch ihn einfach zu küssen. Ich wischte ihm eine Träne mit dem Finger weg und lächelte ihn an um ihn aufzumuntern. Dann musste er selbst kurz etwas lächeln und meinte: „Na zum Glück kann bei mir keine Schminke verwischen, nicht wahr?“. Damit deutete er an, dass ich manchmal Make-Up verwendete, worüber er sich schon immer gern lustig gemacht hatte. Wir mussten beide daraufhin lachen und ich entgegnete: „Vor Augenringen bist du trotzdem nicht geschützt, also sieh dich vor!“. Schlagartig schaute er wieder trauriger und gestand, dass er es genauso vermisst hatte mit mir Spaß zu haben wie ich. Dann schaute er mich wieder an. Seine tiefgrünen Augen durchdrangen die meinen förmlich und sie drohten wie immer, mich um den Verstand zu bringen, einfach nur mit ihrem Anblick. Ich legte eine Hand an seine Wange und kam ihm näher, noch hin und her überlegend, ob ich ihn küssen sollte oder nicht. Da kam er mir aber auf einmal genauso entgegen, was mich zwar irritierte, aber gleichsam auch erfreute. Ich schloss also bereits die Augen und unsere Gesichter kamen sich näher und näher. Gerade als ich aber dachte, dass meine Lippen die seinen jeden Moment berühren würden spürte ich auf einmal etwas auf meinem Brustkorb. Ich öffnete verwirrt die Augen und schaute nach unten. Conner war doch tatsächlich in dieser Bewegung eingeschlafen und sein Kopf war auf meinen Brustkorb gesunken und lehnte nun dort. Ich gab einen genervten Seufzer von mir, hatte ich mich doch schon am Ziel meiner Träume gewähnt. Aber eine Sekunde später musste ich bereits schmunzeln, weil es zu süß war, wie er an mich gelehnt schlief. Ich ließ mich nach hinten auf das Sofa fallen, sodass Conner mit umfiel und auf mir lag. Wenn ich schon meinen erhofften Kuss nicht bekommen hatte, so wollte ich wenigstens bei ihm schlafen dürfen. Ich schloss die Augen und von einem Gewitter war mit einem Mal nichts mehr zu spüren. Ich schlief ein, wahrscheinlich mit einem großen Grinsen auf dem Gesicht, so zufrieden wie ich mich fühlte. Es ist erstaunlich wie überraschend anders ein Tag enden kann, betrachtet man seinen Anfang… Kapitel 9 - Zeit zum Ablenken ----------------------------- Als ich am nächsten Morgen erwachte, lag Conner nicht mehr auf mir. Ich erschrak kurz, weil ich dachte, er wäre vielleicht vom Sofa gefallen. Dann schaute ich mich aber um und sah, dass er nur schon vor mir aufgewacht war und auf dem Sofa neben mir saß. Er schaute mich fragend an, weil meine Mimik wahrscheinlich zum Schießen war. Dann sagte er mit zweifelnder Stimme „Guten Morgen?“. Es war ein unbeschreiblich schönes Gefühl ihn endlich wieder gleich nach dem Aufwachen bei mir zu haben. Ich lächelte und erwiderte das „Guten-Morgen“, während ich mich aufsetzte und mir durch die Haare fuhr, da ich es hasste, wenn sie völlig zerstört aussahen. Ihm war anzusehen, dass ihm die Situation unangenehm war und er etwas sagen wollte. Er schien innerlich nach Worten zu suchen. Schließlich sagte er mit zögerlicher Stimme: „Ich wollte mich bedanken, dass ich gestern hier bleiben durfte… Und dass du mir verziehen hast trotz allem…“. Die Worte schleppten sich förmlich über seine Lippen, so schwer fielen sie ihm. Ich machte nur eine abwinkende Geste mit meiner Hand und erwiderte „Schon in Ordnung.“. Er atmete erleichtert durch und stand auf. Gerade wollte er einen Schritt machen und irgendetwas sagen, da blieb er an einer Kante des Sofas hängen und machte dadurch einen Hechtsprung nach vorn und damit in meine Richtung. Mit großem Gepolter und Geschrei landete er auf mir, sodass wir wieder beide auf dem Sofa lagen. Als ich die Augen nach dem Schrecken wieder öffnete, schaute ich in die seinen und er starrte mit leicht erröteten Wangen und weit aufgerissenen Augen zurück. Da war sie wieder, haargenau die gleiche Situation wie am Abend zuvor und noch einmal konnte ich ihr nicht einfach entkommen, das war mir augenblicklich klar. Mein Denken setzte plötzlich aus und ich wagte es einfach Conner einen zarten und zögerlichen Kuss zu geben. Er riss die Augen nun noch weiter auf und war sichtlich überrascht und geschockt. Dann drückte er mich leicht von sich weg und schaute peinlich berührt zur Seite. Mir kam es nicht so vor, als hätte er es als besonders unangenehm empfunden, eher so, als würde er überlegen, warum es sich so gut anfühlte. Jedenfalls wollte ich Gewissheit und deshalb drehte ich sein Gesicht wieder zu mir und küsste ihn erneut, diesmal aber bestimmter. Dabei hielt ich sein Kinn fest und ließ keine seiner zögerlichen Abwehrversuche zu. Ich legte eine Hand an seinen Hinterkopf und drückte ihn an mich, damit ich ihn inniger küssen konnte. Er wollte sich zwar immer noch los reißen und sich beschweren, aber das schaffte er nicht, da er vorher meine Zunge in seinem Mund stecken hatte. Er gab daraufhin vor Überraschung einen etwas quietschig klingenden Ton von sich. Als er aber merkte, dass ich keine Gnade zeigte und keine Anstalten machte auf zu hören, schloss er die Augen und erwiderte die Küsse. Gegen meine Zungenküsse kann man sich eben nicht so leicht wehren. Ich wollte gerade aufhören um etwas zu sagen, da umfasste er mit beiden Händen meinen Kopf und küsste auf einmal mich. Seine Küsse waren sanft und zögerlich, als wollte er herausfinden, ob es sich genauso anfühlte, wie bei einer Frau. Ich ließ ihn gewähren, jedoch nur eine Zeit lang. Dann drehte ich den Spieß um und konnte mich gekonnt auf Conner schwingen. Er war sichtlich verdutzt und schien jetzt erst richtig mit zu kriegen, was wir gerade taten. Doch ich wusste zu verhindern, dass er zu sich kam und wieder „normal“ wurde, indem ich mich über ihn beugte und seinen Hals abwärts küsste. Er gab ein leises Stöhnen von sich, schien aber nicht wirklich zu wissen wie er mit all dem umgehen sollte. Um ihn doch nicht zu sehr zu überfordern hielt ich inne, ging wieder hoch und schaute ihm tief in die Augen. Er sah mich fragend und irgendwie Mitleid erregend an und fragte mit zittriger Stimme: „Was machen wir hier eigentlich?“. Ich wusste, dass es nun unumgänglich war, dass ich die Karten auf den Tisch legte. Ausreden würden nichts mehr bringen, also überlegte ich kurz und antwortete: „Ich für meinen Teil tue nur das, was ich schon seit sehr langer Zeit wollte… Weil…“ ich zögerte kurz, um noch einmal nachzudenken, ob ich DAS wirklich sagen sollte. „Weil ich dich liebe.“ Nun war es also raus und ich war zutiefst gespannt wie Conner darauf reagieren würde. Vielleicht hatte er es sich sogar schon gedacht oder aber er fand es total erschreckend oder gar eklig. Ich schaute ihn erwartungsvoll an und er antwortete etwas. Jedoch verstand ich nicht was, denn ich konnte nur sehen, dass seine Lippen sich bewegten. Seine Stimme konnte ich nicht vernehmen. Ich war völlig irritiert. Was war denn jetzt auf einmal los? Dann wachte ich erneut auf, wieder auf dem Sofa liegend und kein Conner war weit und breit zu sehen. Ich war schweißgebadet und atmete schnell und flach, so realistisch war mein Traum gewesen. Eine starke Enttäuschung machte sich in mir breit, denn ich hatte so sehr gehofft, endlich eine Antwort zu erhalten, endlich am Ziel zu sein und dennoch war es wieder nur ein verdammter Traum. Plötzlich hörte ich ein Plätschern, das von draußen kam. Da stellte ich mir die Frage, wo war Conner? Dass er abends zuvor völlig durchnässt und verzweifelt zu mir gekommen war, wird ja wohl kein Traum gewesen sein, dachte ich mir. Das Plätschern kam vom Pool draußen, also stand ich auf und ging dorthin. Conner saß am Pool und ließ die Beine im Wasser baumeln, daher die Wassergeräusche. Ich seufzte, einerseits aus Erleichterung, andererseits aus Enttäuschung. Alles war also wirklich nur ein Traum gewesen. „Hey guten Morgen.“ sagte ich mit etwas gedrückter Stimme zu Conner. Er erwiderte nur ein gedankenverlorenes „Morgen!“, was mich stutzig machte. Ich ging etwas näher zu ihm und fragte: „Was ist denn los? Denkst du an Shina?“. Das wäre die plausibelste Erklärung für seinen nachdenklichen Blick gewesen. Er drehte sich zu mir um, schaute mich mit großen Augen an und fragte etwas, das mich völlig aus der Bahn werfen sollte: „Sag mal…Was meinst du wie es ist schwul zu sein?“. Diese Frage traf mich wie ein Blitzschlag und ich schaute mich sogar um, ob nicht irgendwo eine versteckte Kamera hing, so absurd kam mir das Ganze vor. Als ich meinen Blick wieder Conner zuwandte, konnte ich an seinem fragend schauenden Gesicht allerdings erkennen, dass er das wirklich ernst gemeint hatte. Ich ging mit eher vorsichtigen Schritten weiter auf ihn zu und entgegnete zuerst selbst mit einer Frage: „Wie kommst du denn jetzt auf den Trichter?! Und wie kommst du darauf, dass ich darüber irgendwas weiß???“. Ich wurde zunehmend nervös, das muss selbst Conner gemerkt haben. Hatte er etwa Verdacht geschöpft? Ahnte er, dass meine wahren Gefühle für ihn weit über Freundschaft hinaus gingen? Wenn ja, würde er dann jetzt vielleicht endgültig keinen Kontakt mehr zu mir wollen? Während dieser paar Schritte, die ich tat, umfing mich so große Angst und Ungewissheit, dass ich die Zähne zusammenbeißen und die Hände zu Fäusten ballen musste, um das Zittern zu unterdrücken, dass meinen gesamten Körper überkam. Schließlich war ich bei Conner angekommen und er machte mit seiner Hand eine Geste, die mir zeigte, dass ich mich neben ihn setzen sollte. Das ließ mich vorerst etwas aufatmen, denn anscheinend hasste er mich nicht gänzlich. Ich setzte mich neben ihn, da drehte er sich auf einmal von mir weg. Er hob ein Bein aus dem Wasser und ließ das andere weiterhin im Wasser baumeln, sodass er mit dem Rücken zu mir saß. Wollte er mich nicht anschauen oder konnte er es nicht? Ich wusste, dass er es mir gleich erklären würde. Aber ich wusste auch, dass er Menschen in manchen Situationen ungern ins Gesicht sieht, also dachte ich mir nichts weiter dabei. Ich tat es ihm gleich, sodass unsere Rücken sich berührten und wir uns gegenseitig an uns anlehnten. Ein Moment der Stille folgte, aus dem ich schloss, dass Conner wohl nachdachte, was er sagen sollte. Dann seufzte er und holte tief Luft, nur um sie fast vollständig wieder raus zu pusten und erst beim letzten Hauch etwas zu sagen: „Die Frage war vielleicht etwas direkt… Aber seit ich wach bin, denke ich über haufenweise Dinge nach. Unter Anderem eben auch, ob Frauen vielleicht allgemein scheiße sind…“. Ich musste schlucken, denn das hörte sich in meinen Ohren an wie Musik, gleichzeitig wusste ich aber nicht, was ich davon halten sollte. Ich wusste, dass Conner es normalerweise hasste, wenn man ihm weibliche oder schwule Züge andichten will und dass genau er jetzt mit solchen Gedanken um die Ecke kam, verunsicherte mich zunehmend. „Und deshalb willst du jetzt ans andere Ufer paddeln um dort dein Glück zu versuchen?“ fragte ich frei heraus, weil ich einfach nicht wusste, wie ich es geschickt verpacken sollte. Ich merkte, dass er etwas zusammenzuckte. Die Bemerkung war vielleicht doch etwas zu direkt formuliert gewesen. „Das…hab ich ja nicht gesagt! Nur drüber nachzudenken macht mich doch nicht gleich zur Schwuchtel!“ sagte er mit recht lauter und hysterischer Stimme. Das war der Conner, wie ich ihn kannte. Ich musste lachen, weil ich es liebte ihn aus der Reserve zu locken, auch wenn es gerade um ein für mich wichtiges Thema ging. „Jetzt lach nicht so blöd! Ich steck hier in ´ner Lebenskrise und du …!“ meckerte er vorwurfsvoll weiter. Ich konnte ihn zwar gerade nicht sehen, aber ich hatte es genau vor Augen: Er saß da gerade bestimmt mit knallrotem Gesicht und leicht irrem Blick, weil er sich innerlich fürchterlich aufregte. Um ihn aber nicht weiter zu reizen verkniff ich mir weitere Bemerkungen und hörte auf zu lachen. „Entschuldige, also… Rede weiter, ich lach auch nicht mehr, versprochen!“ beschwichtigte ich ihn. Er seufzte erneut: „Na gut… Ich weiß du magst Shina nicht und willst bestimmt nichts über sie hören, aber… Ich fühle mich als hätte sie mir in die Brust gegriffen und mein Herz gepackt um es dann in kleine Häppchen zu schneiden. Deshalb…glaube ich einfach nicht, dass ich mich jemals wieder verlieben kann.“. Diese Worte brachten mich nun aber ganz und gar nicht mehr zum Lachen. Wie bitte?! Diese Schlampe könnte der Grund dafür sein, dass Conners Leben ab sofort von Einsamkeit bestimmt sein könnte und ich ihm auch noch dabei zusehen dürfte, statt ihm die Liebe zukommen zu lassen, die er verdiente?! Ein unbeschreiblicher Hass auf jene Person machte sich in mir breit. Hätte sie in diesem Moment vor mir gestanden, hätte ich wahrscheinlich alle Manieren vergessen, die mir jemals beigebracht wurden. Das würde sie noch büßen, ich wusste nur noch nicht wann und wie… Ich musste Conner irgendwie aufmuntern, also wollte ich das Thema zumindest umlenken. „Aber es gibt doch nicht nur Shina auf diesem Planeten, sondern auch Menschen, denen du wichtig bist und die dir so etwas niemals antun würden.“ sagte ich. „Auf mich kannst du auf jeden Fall zählen, ich hoffe, das weißt du…Und egal, was zwischen uns vorfällt, ich könnte dich niemals hassen oder dir absichtlich etwas antun.“ fuhr ich fort. Dabei warf ich einen flüchtigen Blick über meine Schulter zu Conner. Ich konnte sehen, dass er gen Himmel schaute. Aber ich konnte auch sehen, dass er lächelte. „Danke…einfach danke…“ sagte er leise und mit sehr zittriger Stimme, was mir verriet, dass er den Tränen nah war. Ich lächelte selbst kurz und erhob dann meine Stimme: „Na gut, wir sollten irgendwas Cooles machen, wenn wir schonmal hier sind und Ferien haben!“ sagte ich, während ich aufstand und zu ihm hinunter schaute. Er wischte sich die Tränen aus den Augen, schaute zu mir nach oben und grinste. Dann stand auch er auf, klopfte sich den Dreck vom Hintern und holte Luft, als wollte er etwas sagen. Das war jedoch nur ein Bluff. Als ich ihm gerade aufmerksam zuhören wolle, gab er mir auf einmal einen überraschend kraftvollen Stoß mit der Hand und beförderte mich mit dieser Geste mit einem Bauchklatscher in den Pool. Weil ich darauf nicht vorbereitet war, hatte ich natürlich genau in dem Moment, als ich ins Wasser eintauchte, eingeatmet und somit eine volle Ladung Wasser eingeatmet. Ich tauchte wieder auf und hustete mir erstmal die Lunge aus dem Leib. Conner stand nur breit grinsend am Beckenrand und feierte. „Du siehst aus wie ein begossener Pudel! So viel zum Schönling-Ruf!“ er musste so heftig lachen, dass ihm erneut Tränen über die Wangen rannen. Ich schaute ihm angepisst beim Lachen zu, denn immerhin war ich nicht mal in Badeklamotten, sondern hatte meine Schlafboxershorts an. Außerdem mochte ich es gar nicht, wenn ich nicht auf möglichst coole Art und Weise in einen Pool springen konnte, ganz zu schweigen davon, dass meine Haare jetzt furchtbar aussahen. „Na warte…“ blubberte ich mehr oder weniger deutlich ins Wasser. Ich schwamm zum Beckenrand und Conner machte sich so schnell er konnte aus dem Staub. Ich war aber zum Glück agil genug ihm schnell zu folgen. Da er ahnte, dass ich ihn gleich einholen und mich schrecklich rächen würde, sprang er lieber gleich von selbst in den Pool, damit ich ihn gar nicht erst hinein werfen konnte. Er tauchte auf und lachte mich erneut aus: „So macht man das, du bleierne Ente!“. Anscheinend legte es der Herr förmlich darauf an. Ich nahm möglichst viel Anlauf und sein Blick wurde plötzlich starr und ängstlich. Gerade als er davon schwimmen wollte, war ich auch schon losgerannt und mit aller Kraft abgesprungen, sodass ich es schaffte auf ihn zu springen und ihn mit meinem gesamten Körpergewicht unter Wasser zu drücken. Dabei bekam ich zwar selbst wieder genug Wasser in die Nase, aber das war es wert. Ich tauchte auf, konnte Conner jedoch nirgends sehen. Hatte ich ihn etwa zu heftig erwischt? Plötzlich merkte ich ihn an meiner Boxershorts ziehen und mit einem Ruck hatte er sie mir herunter gezogen und war mit ihr weg getaucht. Ich schaute seinem Schatten, den ich auf der Wasseroberfläche sehen konnte verdutzt hinterher. Damit hatte ich absolut nicht gerechnet. Er kam wieder nach oben und hielt die Boxer triumphierend in der Hand. „Hehe, anscheinend ist das heute nicht dein Tag, Hübscher!“ sagte er schadenfroh grinsend. Ich fühlte mich völlig verarscht, immerhin hatte ich ihm gerade noch ernsthaft zugehört und er war grade noch dramatisch am Abgrund und jetzt stand er grinsend im Pool, mit meiner Unterhose in der Hand und ich musste tatsächlich überlegen, wie ich sie jetzt wieder erlangen sollte. Ich seufzte mit schmollendem Gesicht: „Na gut ich ergebe mich…Zufrieden?!“. Er hielt eine Hand an sein Kinn um nachdenklich zu wirken. „Hmmmmmmm… Nö!“ entgegnete er nach einigen Sekunden und kletterte mit der Boxer in der Hand aus dem Pool. „Ich für meinen Teil hab jetzt Hunger.“ fuhr er mit süßlicher Stimme fort und verzog sich ins Haus. Ernsthaft?! Da lässt der Kerl mich wie bestellt und nicht abgeholt splitterfasernackt im Schwimmbecken zurück und geht rein um sich den Wanst vollzuschlagen?! Aber na gut, wer Wind säht, soll Sturm ernten, dachte ich mir. Ich stieg also aus dem Pool und ging ins Haus oder sagen wir, ich wollte ins Haus gehen. Jedoch hatte mein liebster Freund die Balkontür verschlossen und ich konnte ihn sehen, wie er sich drinnen genüsslich Pancakes in die Pfanne haute. Ich dachte ich seh´ nicht recht! Ich klopfte an der Scheibe und gestikulierte wild herum, immer noch völlig nackt. Ich kann im Nachhinein verstehen, dass Conner sich dort drinnen fast einpinkelte vor Lachen. Ich muss in jenem Moment ein Bild für die Götter abgegeben haben. Er ging sogar noch einen Schritt weiter und machte ein Foto mit seinem Handy. Eigentlich würde ich mich ja geehrt fühlen, wenn er Nacktbilder von mir speichern würde, aber dies war mit Sicherheit der falsche Moment dafür! Als er einen Haufen Pancakes gemacht und auf den Tisch gestellt hatte, erbarmte er sich endlich mich ins Haus zu lassen. Er öffnete grinsend und prustend die Tür und meinte: „Ach immer diese Haustiere, die sich nicht entscheiden können, ob sie rein oder raus wollen.“. Am liebsten hätte ich was das „rein oder raus“ angeht etwas entgegnet, aber ich war gerade zu fertig mit den Nerven dafür. Ich ging stillschweigend in ein Nebenzimmer um mich anzuziehen. Dann kam ich zurück und setzte mich wie ein Häufchen Elend an den Tisch. Conner saß mir bereits gegenüber und grinste immer noch über alle vier Backen: „Jetzt schmoll nicht so, ich hab dir immerhin was zu essen gemacht und es dir auf den Teller getan. Jedes andere Haustier wär froh über so einen Service!“. Ich schaute ihn mit einem Blick des Todes an und murmelte: „Treib es nicht zu weit, Freundchen…“. Dann fing ich an zu essen. Wenigstens waren die Pancakes super lecker. Als ich Conner beim Essen zuschaute verging mir aber jeglicher Groll, denn ich hatte ihn lange nicht mehr so ausgelassen erlebt. Er grinste die ganze Zeit, weil er wer weiß was für kranke Vorstellungen im Kopf hatte und es ging ihm sichtlich besser als noch kurz nach dem Aufstehen. Ich war dermaßen erleichtert, dass ich selbst nicht anders konnte als zu grinsen. „Ich sah grade bestimmt ziemlich bekloppt aus oder?“ fragte ich Conner. Er nickte nur und musste sich erneut einen Lachanfall verkneifen. „Wenn du Bock hast, können wir den Tag heute am Pool verbringen und einfach die Seele baumeln lassen.“ schlug ich vor. „Hm gute Idee… Ich hab heute früh gleich in der Schule angerufen, weil die von meinem Verschwinden nichts wussten… Also von mir aus.“ antwortete Conner. Also war es beschlossen. Wir verbrachten den gesamten Tag im und am Pool und eine bescheuerte Aktion verfolgte die andere. So viel Spaß hatten wir schon seit sehr langer Zeit nicht mehr und anscheinend genoss nicht nur ich diesen Tag in vollen Zügen. Kapitel 10 - Zeit zum Proben ---------------------------- Die nächsten Tage und somit auch die letzten Tage der Ferien verbrachten wir in jenem Ferienhaus, weil wir beide wussten, dass wir noch früh genug ins Internat zurück mussten. Für mich war es die ideale Möglichkeit viel Zeit mit Conner zu verbringen und für ihn eine Gelegenheit seiner Exfreundin zumindest noch etwas länger aus dem Weg gehen zu können. Aber wie alles Schöne, ging auch diese Zeit viel zu schnell vorbei und deshalb saßen wir recht bald wieder im Klassenraum in der Schule und erwarteten die erste Stunde nach den Ferien. Wir waren beide guter Dinge und spaßten herum bis zu dem Zeitpunkt als Shina den Raum betrat. Conner bemühte sich sehr sie zu ignorieren, was ihm allerdings nicht so leicht fiel, da sie anscheinend großen Spaß daran hatte mit ihren Freundinnen über ihn zu lästern. Sie kicherten absichtlich extra laut und auch ihre Blicke in seine Richtung waren einfach zu offensichtlich. Eine Weile ließ ich mir das bieten, als sie aber gar nicht damit aufhören wollten, reichte es mir. Ich nickte Conner aufmunternd zu, stand auf und ging zu ihnen. Dabei legte ich den coolsten Gang hin, den ich drauf hatte und beugte mich zu den Mädels nach unten, einen Arm auf Shinas Tisch abstützend. Dann grinste ich: „Na Mädels? Wie waren die Ferien?“ und zwinkerte ihnen zu. Shinas Freundinnen wurden knallrot und fingen an in einem kreischend hohen Ton durcheinander zu quatschen. So qualvoll es war, ich hielt das aus und tat so, als würde es mich interessieren, was sie daher quietschten. Shina selbst fand das wohl gar nicht so toll, denn sie schaute mich mit schmollender und wütender Miene an. Als das Gekreische ein Ende gefunden hatte, konnte ich verstehen, dass sie auch etwas über meine Ferien hören wollten. Darauf hatte ich gewartet! „Ach naja Conner und ich waren in dem großen Ferienhaus meiner Eltern, so mit Pool und Sauna im Keller, ihr wisst schon… Naja und da haben wir dann Partys gefeiert, mit ein paar Poolbabes unseren Spaß gehabt und lauter solche Sachen… Was man in den Ferien halt so macht.“ erklärte ich mit absichtlich lockerer Stimme. „War jedenfalls echt lustig und actionreich, wenn ihr versteht was ich meine.“ fuhr ich selbstsicher grinsend fort. Dann sah ich, dass der Lehrer ins Zimmer kam. Ich zwinkerte den Mädels erneut zu, erhob mich und ging auf meinen Platz zurück. Ihre Blicke konnte ich ganz genau spüren, sie verfolgten mich, so neidisch wie sie waren. Danach vernahm ich nur noch Tuscheln. Anscheinend geriet Shina nun in Erklärungsnot, hatte sie ihren Freundinnen doch vorher verzapft, dass Conner ja niemals eine Frau abkriegen könnte und lauter solche Dinge. Shinas Todesblick, der mich traf, nachdem ich mich wieder gesetzt hatte, war für mich die reinste Genugtuung. Ich schaute grinsend Conner an, der angesichts der Szene schmunzeln musste. Er zeigte mit einem Daumen nach oben und schaute dann nach vorn, da der Lehrer den Unterricht begann. Die erste Stunde nach den Ferien war eine Literaturstunde. „Zum Gähnen, da kann ich ja gleich abschalten.“ dachte ich, aber das sollte sich schnell ändern. „Ich hab mir ein Projekt überlegt, denn schließlich ist in wenigen Wochen unser Schulfest. Wie ihr wisst, liebe ich Theaterstücke und deshalb wird unsere Klasse eines vorbereiten!“ erklärte der Lehrer. Alle horchten sofort auf und auch ich war mit einem Schlag wach. Ein Theaterstück? Das klang gut, denn ich mochte es zu Schauspielern, war es doch fast wie Modeln. „Ich habe mich bei der Vorbereitung für das Stück „Romeo und Julia“ von Shakespeare entschieden“ fuhr der Lehrer fort. Der Großteil der Klasse stöhnte genervt auf, sie hatten wohl auf ein anderes Stück gehofft. Ich war dagegen immer noch Feuer und Flamme, denn welches Stück wir spielten war mir egal. „So anfangen müssen wir allerdings mit der Rollenverteilung. Finden sich denn schon Freiwillige für die Hauptrollen?“ fragte der Lehrer in die Runde. Ich meldete mich augenblicklich: „Ich wär gern Romeo!!! Geht das???“. Der Lehrer war etwas überrascht von meiner übergroßen Motivation für diese Rolle, aber da sonst keiner der Kerle aus der Klasse sie wollte, nickte er zustimmend. Ich freute mir ein Loch in den Bauch und schaute gleich ganz stolz zu Conner hinüber. Der seufzte nur genervt, da er von Theaterspielen nicht so viel hielt und vor allem mochte er es nicht irgendwelche Hauptrollen spielen zu müssen. Ein bisschen lächelte er mich aber doch noch an, weil er vermutlich sah, wie sehr ich mich über die Rolle freute. Außerdem sah ich ihm gleichzeitig Erleichterung an, frei nach dem Motto „Gut, wenn er Romeo spielt, muss ich das wenigstens nicht tun!“. Die Wahl der Julia war dagegen nicht so einfach. Alle Mädels wollten sie gerne spielen, sodass der Lehrer erst ein Losverfahren einleiten musste. Alle, die gern die Julia spielen wollten, sollten ihren Namen in einen Topf werfen und diejenige, die gezogen würde, dürfte dann die Rolle spielen. Jetzt war ich gespannt darauf, welche von diesen Schabracken ich im Stück küssen müsste. Bei einigen wurde mir schon von der Vorstellung richtig übel. Das hatte ich nicht bedacht, als ich mich freiwillig als Romeo gemeldet hatte… Nun zog der Lehrer ein Los, aber es sollte keiner der Namen dabei heraus kommen, mit denen ich gerechnet hatte. Der Pauker schaute das Los an, machte ein seltsames Gesicht, schaute dann mich fragend an, anschließend wieder auf das Los und dann zu Conner. Seine Mimik war echt unverständlich, aber die Weiber der Klasse fingen in diesem Moment an zu kichern, allen voran Shina. Bevor ich aber überlegen konnte, was passiert war, sprach der Lehrer jenen Namen vom Los aus: „Conner! Ich wusste ja gar nicht, dass du gern schauspielerst… Und eigentlich wollte ich ein Mädchen als Julia…Hmmmm…“. Conner lief mit einem Mal ganz blass an und schaute den Lehrer entgeistert an. Aber sagen konnte er nichts, denn anscheinend war er zu überwältigt und verstand gar nicht, was gerade abging. Der Lehrer fuhr fort: „Ach was soll’s ich bin sehr offen für alternative Aufführungen, also hast du die Rolle!“. Der Lehrer freute sich und die Weiber kicherten nun nicht mehr, nein, sie lachten lauthals, während Conner immer noch stillschweigend und schockiert vor sich hin starrte. Jetzt verstand ich es, Shina hatte alle Mädchen, die die Julia spielen wollten, dazu angestiftet, auf ihre Zettel „Conner“ zu schreiben, damit er diese Rolle bekommen musste. „So ein Miststück!“ dachte ich mir, aber richtig wütend sein konnte ich nicht. Erst bekam ich die Rolle, die ich so gern spielen wollte und dann war meine Julia auch noch Conner. Was Besseres hätte mir nicht passieren können! Als die restlichen Rollen verteilt worden waren und alles zum Ablauf besprochen worden war, endete die Stunde. Conner saß immer noch völlig starr da und erst als ich ihm auf die Schulter fasste um ihn leicht zu schütteln, kam er zu sich. Er stand plötzlich auf und schrie „Fuck! Wie kommt ihr denn auf die Scheiße! Vergesst es!“ nach vorn, wo der Lehrer vor einigen Minuten noch stand. Nun waren wir aber die letzten im Klassenraum, das heißt, Conner brüllte die Luft an. Ich schaute ihn verdutzt an und er sah peinlich berührt zu mir. „Was zum…? Das hat der Pauker nicht ernst gemeint oder?“ fragte er mich ganz hysterisch und verstört. Ich musste etwas schmunzeln und erwiderte grinsend: „Sorry, aber anscheinend schon… Meine Julia.“. Conner fand das wohl gar nicht lustig, denn er wurde sofort knallrot. „Fuck! Wie kann das sein?! Ich schwöre, ich hab da keinen Zettel rein geworfen!“ zeterte er weiter. „Wer würde denn sowas...?“ plötzlich stockte er. „Oh nein… Dieses Flitchen!“ schrie er auf einmal und trat gegen eine Wand immer und immer wieder. Ich hielt ihn allerdings nach einigen Malen davon ab. „Wir werden es ihr schon noch heimzahlen, aber ändern können wir’s jetzt eh nicht. Also müssen wir zusammen proben! Schließlich will ich das durchziehen wie ein Profi!“ sagte ich. Er schaute mich erschrocken an: „Warte mal… Müssen Romeo und Julia sich nich‘ irgendwo mal knutschen?!“. Nun wurde er etwas grün um die Nase. Ich nickte schmunzelnd und signalisierte ihm mit der Hand, dass wir los mussten um zur nächsten Unterrichtsstunde zu gehen. Er schaute noch verstörter, senkte den Kopf und folgte mir. „Was meintest du damit, dass du das machen willst wie ein Profi… Ich mein, sollen wir uns da echt knutschen?!“ fragte er weinerlich. Ich empfand es als etwas kränkend, dass er es so schlimm fand mich küssen zu müssen, aber auf der anderen Seite wunderte es mich auch nicht. So machten wir uns auf den Weg zum nächsten Raum und die ganze Zeit wimmerte Conner mehr oder weniger herum wie unfair er das Ganze fand. Dieser Tag war allgemein echt anstrengend, denn ich hatte stets damit zu tun, ihn zu beruhigen, dass die Proben und das Stück bestimmt nicht so schlimm werden würden und dass es ja auch Filmküsse gäbe, wo man sich nicht richtig küssen müsste. Insgeheim wusste ich aber nicht, wie ich verhindern sollte, dass ich ihn küsste, denn ich glaubte nicht daran, dass ich mich in jener Szene zurückhalten könnte. Zumindest konnte ich beim Lehrer erwirken, dass Conner und ich die Szenen, die nur uns beide betrafen allein proben durften. Bei den Proben mit allen anderen mussten wir nur die Szenen durchspielen, bei denen wir mit den anderen interagieren mussten. Das heißt wir konnten alle Szenen zwischen Conner und mir in unserem Zimmer proben. Aber auch das darf man sich nicht so einfach vorstellen, wie es klingt. Gleich bei der ersten Probe, die ich mit ihm durchführen wollte und die rein gar nichts mit irgendeiner Kussszene zu tun haben sollte, tanzte Conner mit einem fetten Schal an. Zuerst dachte ich mir nichts dabei, aber als wir dann begannen zu proben und er jeden Satz kaum verständlich in seinen Schal nuschelte und alles tat um bloß keinen Augenkontakt zu mir herzustellen, wurde mein Geduldsfaden dünner und dünner. Schon nach wenigen Minuten platzte mir der Kragen. Ich nahm verärgert meine Drehbuchzettel herunter und schaute ihn vorwurfsvoll an. „Verdammt Conner, jetzt gib dir doch mal etwas Mühe! Ich will das durchziehen und zwar richtig und nicht nur so halbseiden! Aber dafür musst du schon mitziehen!“ fuhr ich ihn an. Er schaute mich nur mit seinem gewohnten Schmoll-Ausdruck in den Augen an und nuschelte in seinen Schal: „Ja mach ich doch… Reg dich halt ab!“. Das war zu viel des Guten. Ich riss ihm den Schal vom Hals und legte ihn über meine Schranktür, sodass Conner nicht mehr an ihn heran kommen konnte. Er sprang mir buchstäblich hinterher und regte sich hysterisch auf: „Ey gib den zurück! Ich brauch den, weil ich … Halsschmerzen hab!“. Ich drehte mich verärgert zu ihm um und warf ihm einen bitterbösen Blick zu, der anscheinend Wirkung zeigte. Er machte einen Schritt zurück und gestand: „Okay, okay mir geht es gut. Aber es war nich‘ meine Idee diese blöde Rolle zu übernehmen, also nimm’s mir nicht übel, wenn ich streike!“. Er schaute eingeschnappt zur Seite. Ich seufzte tief, ging an Conner vorbei und zitierte: „Ist Lieb ein zartes Ding? Sie ist rau, zu wild, zu tobend; und sie sticht wie Dorn. (Romeo, Akt 1/Szene 4, Zeile 25ff.)“, Dann drehte ich mich zu dem verwundert schauenden Conner um und grinste. „Tja wie du siehst kann ich das schon jetzt richtig gut. Wenn du dich nicht ranhältst, wirst du alt aussehen bei den Proben… und bei der Aufführung erst!“ erklärte ich ihm mit sarkastischer Stimme und nahm absichtlich eine Art Denkerpose beim Laufen ein. „Na und wenn schon… Vielleicht kann ich ja krank machen. Was für ´ne Krankheit wär wohl glaubwürdig?“ fragte Conner, als würde er mit sich selbst reden. Ich hob eine Augenbraue an und schaute ihn urteilend an. „Das hast du eben laut gesagt. Du weißt schon, dass ich dir jetzt keine Krankheit mehr abnehmen werde.“ sagte ich lachend. Er schaute mich peinlich berührt an und wurde leicht rot. Dann schaute er kurz nach unten und wieder zu mir. „Ach fuck ey, wieso tust du mir das an?! Warum quälst du mich so? Womit hab ich das nur verdient?“ fragte er in einem übermäßig dramatischen Ton. Ich schmunzelte: „Deine Dramaqueen-Qualitäten solltest du lieber mal für das Theaterstück einsetzen. Jetzt dreh nicht am Rad und mach einfach mit, dann bin ich glücklich und in ein paar Wochen hast du es ja hinter dir.“. Er seufzte und schien sich geschlagen zu geben. „Vielleicht ist es Karma, weil ich letztens in der Hütte so fies zu dir war.“ winselte er vor sich hin. Erneut musste ich lachen und erwiderte: „Der Liebe leichte Schwingen trugen mich, kein steinern Bollwerk kann der Liebe wehren. (Romeo, 2/2, Zeile 66 ff.)“, wobei ich versuchte möglichst theatralisch zu wirken. Er winkte nur ab und meckerte: „Ja, ja ist ja gut jetzt! Ich geb‘ mir Mühe, okay?“. Ich muss zugeben, ab diesem Punkt hat er sich wirklich bemüht und die Proben fielen gleich um Einiges leichter. Was wir allerdings all die Wochen nie probten, war die Kussszene. Immer wenn ich andeuten wollte, dass wir die auch mal durch gespielt haben sollten, konnte Conner sich irgendwie heraus winden. Außerdem sagte er des Öfteren, dass wir die doch nicht üben müssten, sondern einfach improvisieren sollten. Ich war davon natürlich gar nicht begeistert, denn professionell ist etwas anderes. Am Abend vor der Aufführung wollten wir ein letztes Mal allein proben. Conner hatte sich jedoch den gesamten Tag schon extrem seltsam benommen. Er saß meist schweigend herum, antwortete nicht oder erst nach mehrmaligem Ansprechen und schien allgemein mit den Gedanken ganz weit weg zu sein. Ich fing schon an mir Sorgen um die Aufführung am nächsten Tag zu machen, weil ich ihm einfach nicht entlocken konnte, was sein Problem war. Natürlich ging ich fest davon aus, dass er Angst vor dem nächsten Tag hatte und sich vielleicht deshalb so den Kopf zerbrach. Als wir dann nach dem Unterricht in unserem gemeinsamen Zimmer ankamen und er immer noch völlig neben sich stand, musste ich mir ein Herz fassen und ihn irgendwie zum Reden bringen. Er saß gedankenverloren auf seinem Bett, also ging ich zu ihm hin und fasste ihm absichtlich etwas härter auf die Schulter, damit er überhaupt Notiz von mir nahm. Er schaute mich tatsächlich fragend an. „+Conner, du bist schon den ganzen Tag über komisch. Jetzt erzähl mir endlich mal, was mit dir los ist!“ forderte ich ihn etwas bestimmend auf. Anscheinend hatte ich endlich mal nicht nur den Anrufbeantworter erwischt, denn er war in die Realität zurückgekehrt. Er schüttelte etwas hektisch den Kopf und schaute mich wieder an. Dann druckste er einige Sekunden herum, weil er sich wohl nicht traute das anzusprechen, was gleich folgen sollte. „Sag mal… Kennst du jemanden, der schwul ist?“ fragte er plötzlich ganz frei heraus. Das war einer dieser Momente, in denen bei Animes ein seltsames polterndes Geräusch die Stille durchbricht. Aber in Wirklichkeit herrschte einfach nur peinliche Stille. Wir starrten uns an, Conner immer noch mit fragendem, ich wahrscheinlich mit eher verwirrtem Blick. Nach einigen Sekunden erlangte ich die Fassung wieder und rang mich dazu durch, etwas zu sagen: „Ähm…Nein? Sonst würdest du denjenigen ja unweigerlich auch kennen. Aber viel wichtiger ist: WARUM willst du überhaupt einen Schwulen kennenlernen?“. Ich klang schockiert und aus Conners Sicht kam es bestimmt so herüber, als wäre ich angeekelt. Eigentlich schockierte es mich aber nur, dass er vielleicht nach irgendwelchen schwulen Kerlen Ausschau hielt und mich dabei völlig außen vor ließ. Was kann denn schlimmer sein, als Conner mit einer Freundin? Conner mit einem Freund natürlich! Er wurde zunehmend röter und druckste erneut herum. Dann stammelte er: „Ach eigentlich will ich ja gar keinen kennenlernen. War nur so ´ne Frage… Ich würde einfach gern mal einen fragen, der bei sowas Erfahrung hat. Aber denk jetzt nicht, dass ich `ne Schwuchtel wäre oder so!“. Letzteres betonte er extra und schaute mich schon mit leichter Verzweiflung an. Ich konnte ihm leider schlecht sagen, was ich wirklich dachte, dass es für mich nichts Schöneres geben könnte, als dass er schwul würde. Ich seufzte und sagte: „Vielleicht sollten wir über sowas nochmal reden, wenn wir das Theaterstück hinter uns gebracht haben. Mein Kopf ist grad zu voll für andere Themen, weißt du?“. Irgendwie musste ich ihn ja ablenken, denn ich wusste nicht, wie ich mich sonst da raus winden sollte. Er schaute gerade aus und gab nur ein „Hm.“ von sich. Dann nickte er und stand auf. „Okay, dann sollten wir jetzt nochmal richtig proben, damit wir´s nicht verkacken!“ sagte er mit plötzlich ziemlich entschlossener Stimme. Ich war zutiefst erleichtert und hätte ihn in jenem Moment am liebsten umgeknutscht. Diese Probe verlief richtig gut. Die Textpassagen saßen bei uns beiden und Conner legte sogar richtige Hingabe in die Verse, die er von sich gab. Was die Kussszene angeht, hatte ich aber immer noch nicht ganz aufgegeben. Ich wusste, dass er sie nicht proben wollte, aber wenn ich einfach bei einer Szene anfangen würde, die vorangeht, vielleicht könnte ich ihm dann eine Falle stellen, so hoffte ich. Also fing ich an die Szene zu spielen, die vor dem Kuss kam und Conner machte nichtsahnend mit. Alles verlief reibungslos und so spielte ich einfach weiter. Auch, wenn wir die Kussszene noch nie geprobt hatten, den Text und den Ablauf kannten wir beide. Die Julia war tot, so dachte Romeo jedenfalls, also wollte er sie noch ein letztes Mal küssen, obschon er wusste, dass auch das ihr Leben nicht zurück bringen würde. Ich gab vor, dass Conner sich nur tot stellen brauchte und ich lediglich den reinen Text üben wollte, den ich zu sagen hatte, wenn die Julia tot vor mir lag. Er ahnte nichts von meinen Hintergedanken und legte sich bereitwillig auf sein Bett, damit ich den trauervollen Moment Romeos besser nachvollziehen konnte. Ich setzte mich auf einen Stuhl neben sein Bett und sprach meinen Text. Ohne dass Conner es mit geschlossenen Augen bemerkte, beugte ich mich dann über ihn. Gerade als er die Augen öffnete um die Szene abzubrechen schaute er genau in meine, die sich nur wenige Zentimeter über ihm befanden. Ich sah ihm tief in die Augen und er war so überrascht, dass er nicht einmal Worte fand um sich zu wehren. Mein Gesicht kam ihm näher und näher, denn ich hatte vor ihm zumindest einen Filmkuss zu geben um die Szene richtig zu Ende zu führen. Kurz bevor meine Lippen aber sein Gesicht berührten, kam er zu sich, schaute mich wütend an und sagte. „Was soll das denn, Schönling?! Die Szene ist längst zu Ende, mach dich runter von mir!“. Ich war etwas überrascht. Gerade als er mich von sich herunter drängen wollte, fasste ich allen Mut zusammen um ihm eine Lektion zu erteilen. Ich drückte ihn mit aller Kraft zurück auf’s Bett und hielt ihn an den Schultern fest. Dann schaute ich ihm entschlossen in die Augen und grinste. „Ziert sich das Prinzesschen, ja? Gut, ich kenne noch eine Alternative, Süße!“ sagte ich und fing an ihm einen dicken, fetten Knutschfleck auf den Hals zu drücken. Conner war so perplex, dass er still hielt und erst nach mehreren Sekunden anfing zu zappeln. Jedoch beendete ich erst mein Kunstwerk, bevor ich von ihm abließ. Dann schaute ich mir den Fleck an und sagte: „Na bitte, sieht doch gut aus!“ und grinste schelmisch. Es ist nicht schwer sich vorzustellen, wie Conner danach ausrastete. „Bist du noch zu retten?! Morgen ist Aufführung und du Honk verpasst mir so ein Ding?!!! Fuck!!!“ schrie er und sprang wie Rumpelstielzchen auf und ab. Dann stellte er sich vor den Spiegel im Badezimmer und begutachtete mein Kunstwerk. „Fuck! Fuck! Fuck! Der ist viel zu groß! Wie soll ich den denn verdecken, mann?!“ tönte es kurze Zeit später aus jenem Zimmer. Ich kringelte mich bereits vor Lachen auf dem Boden und weinte schon fast. „Vielleicht mit viel Schminke? Gehobene Damen sollten wissen, wie sowas geht, werte Julia.“ sagte ich mit einem Augenzwinkern, als ich mich einigermaßen eingekriegt hatte. „Außerdem hast du einen Kragen an deinem Kostüm, soweit ich weiß. Mach also halblang, Misses Dramaqueen.“ fuhr ich fort und machte mich schon einmal fertig um schlafen zu gehen. Conner verbrachte noch einige Zeit im Bad um alle möglichen Mittelchen an dem Knutschfleck auszuprobieren, bis er schließlich aufgab und auch ins Bett ging. Aber selbst in der Horizontalen beschimpfte er mich weiter und meckerte bis in den Schlaf hinein, Ich hingegen kam aus dem Grinsen nicht mehr heraus und freute mich jetzt regelrecht auf die Aufführung am nächsten Tag. Wie würde dann wohl die Kussszene verlaufen? Wer weiß… Kapitel 11 - Zeit zum Schauspielern ----------------------------------- Endlich war es soweit, der Tag der Aufführung war gekommen. Während ich die Nacht selig schlummernd und von erotischen Theaterszenen träumend verbracht hatte, war Conner anscheinend fast die ganze Nacht wach geblieben vor Aufregung. Vom Aufstehen an benahm er sich als würde er unter Strom stehen und meine etlichen Beruhigungsversuche wirkten leider nur mittelmäßig. Bei den Vorbereitungen für die Aufführung saß er nur völlig manisch herum und murmelte stetig Textstellen vor sich hin. Natürlich trug er bereits den ganzen Tag über einen Schal. Er gab vor, er wollte nicht, dass seine Stimme bis zum Auftritt den Geist aufgibt, aber den wahren Grund kannte ich ja zu gut. Gerade einmal zum Umziehen löste er sich kurz von seinem Skript, das er die ganze Zeit dabei hatte. Ich muss zugeben, sein Kostüm sah zwar auf einer Art zum Schreien witzig aus, aber irgendwie stand es ihm auf der anderen Seite sogar. Das zarte Rosa betonte seine Augen richtig gut und die violetten Akzente passten super zu meinen Haaren. Das musste ich ihm natürlich sofort unter die Nase reiben, aber Conner war derart abwesend, dass ich ihm wahrscheinlich sogar ein Liebesgeständnis hätte machen können. Er hätte kein einziges Wort vernommen. Schmunzelnd ließ ich ihn in Ruhe und ging mich selbst umziehen. Ich wollte ja nicht, dass ich ihn vielleicht noch mehr verunsichern würde. Eigentlich sollte ich so etwas nicht gut finden, aber die eng anliegenden Hosen, die ich tragen musste, ließen meine Beine richtig gut aussehen. Fertig umgezogen betrachtete ich mich im Spiegel und mir gefiel gut, was ich sah. Ich ging zurück um nach Conner zu schauen, welcher immer noch vertieft sein Skript anstarrte und sich selbst Verse zuflüsterte. Irgendwie tat er mir schon leid, ich wusste schließlich wie sehr er all das hasste. Ich überlegte kurz wie ich ihn aufmuntern könnte und dann ging ich zu ihm. „Hey hör mir mal bitte kurz zu.“ sagte ich und tippte ihm auf die Schulter. Tatsächlich hatte ich es geschafft ihn aus seinem trance-ähnlichen Zustand zu wecken. Er schaute fragend zu mir auf. „Wir haben das alles ausgiebig geprobt, also schaffen wir das auch. Wir werden diesen Saal einfach in Grund und Boden rocken. Was glaubst du wie dämlich Shina schauen wird, wenn sie merkt, dass du eine bessere Julia abgibst, als sie es jemals könnte?“. Ich grinste ihn an und hoffte inständig, dass ich ihn mit diesen Worten motivieren konnte. Conner blinzelte drei mal, schaute mich einmal von unten nach oben an und schwieg einige Sekunden. Plötzlich prustete er jedoch los und musste herzhaft lachen. „Okay und ich dachte ich hätte es schlimm getroffen, aber wenigstens muss ich mir nicht die Eier in so 'ner Leggings abquetschen!!!“ sagte er mit lautem Gelächter. Ich hatte die Gesichtsentgleisung des Tages und fühlte mich ein wenig verarscht. Mit so einer Reaktion hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Ich war doch tatsächlich geconnert worden wie schon in der Hütte. Während meine Julia sich also immer noch munter die Seele aus dem Leib lachte, war ich perplex bis ich dann selbst mit lachen musste. „Du bist scheiße Alter!!!“ entgegnete ich schließlich mit einem Lachtränchen im Auge. Dann hörte ich aber auf zu lachen und erfreute mich daran, wie locker Conner auf einmal aussah. Es lief zwar nicht wie ich gedacht hatte, aber ich hatte ihn aufgemuntert. Mission complete! Schließlich wurde es aber ernst, denn das Publikum hatte sich vollständig eingefunden und die Lichter gingen aus. Das Stück begann. Allen Befürchtungen Conners zum Trotz lief es sehr gut. Er legte sich richtig ins Zeug, war komplett textsicher und brachte seine Rolle glaubhaft und gefühlvoll herüber. Wann immer ich gerade selbst nicht dran war, schaute ich ihm zu und nichts anderes um uns herum drang mehr zu mir durch. Er legte so viel Gefühl in seine Worte, dass ich hin und weg war und mir vorstellte, wie es wäre, wenn er so auch mit mir reden würde. Natürlich war auch ich in absoluter Höchstform und vorn auf der Bühne zu stehen machte mir riesigen Spaß, auch wenn nicht alle meine Spielpartner so perfekt waren wie Conner. Sobald es Texthänger oder peinliche Schweigesituationen gab, improvisierte ich einfach und brachte meinen Partner wieder ins Stück. Ich bin eben der geborene Schauspieler! Ich konnte zwar nicht darauf achten, aber ich hoffte, dass Conner, wenn er nicht spielen musste, mich genauso beobachtete wie ich es bei ihm tat. Allein durch Bestehen dieser Eventualität gab ich mir so viel Mühe wie nur möglich um meine persönliche Glanzleistung abzulegen. So lief das Schauspiel perfekt ab und ehe wir uns versahen, waren wir auch schon bei der Todesszene der Julia angelangt. Verzweifelt darüber, dass sie nicht mit ihrem Geliebten vereint sein darf, nimmt sie ein Mittel, dass sie scheinbar umbringt. Leider wirkt es aber so täuschend echt, dass nicht nur beide Familien glauben, sie sei tot, sondern auch ihr geliebter Romeo. Julia alias Conner lag also aufgebahrt mitten auf der Bühne und ein Scheinwerfer war nur auf diese Stelle gerichtet. Ganz meiner Rolle folgend trat ich aus der Dunkelheit heraus in jenes Licht und betrachtete die scheinbar verstorbene Schönheit wie sie dort lag, die Hände auf dem Bauch zusammen gefaltet mit einer weißen Rose darin. Die langen Haare fielen in alle Richtungen und ihr Gesicht wirkte friedlich, aber leblos. Mit traurigem Ausdruck legte ich meine Hand auf die von Conner und die Atmosphäre des Moments riss mich so mit, dass ohne, dass ich Kontrolle darüber gehabt hätte, plötzlich eine Träne über meine Wange rann. Innerlich etwas überrascht, blieb ich nach außen hin meiner Rolle treu und sagte meinen Text auf. Als das getan war, ich musste tatsächlich aufpassen, dass ich nicht zu zittrig klang, beugte ich mich über meine Julia und dachte nicht einen Moment mehr daran, dass es ein Filmkuss werden sollte. Es war im Raum plötzlich komplett still geworden. Ich hörte weder meinen eigenen, noch Conners Atem, da wir beide die Luft angehalten hatten. Doch eines konnte ich so laut hören, als hätte jemand eine Bassbox neben meinem Ohr platziert: meinen Herzschlag! Es fühlte sich so an, als hätte ich mein Herz plötzlich im Kopf und es übertönte alle Gedanken darin.. Bevor ich auch nur versuchen konnte zu mir zu kommen, berührten meine Lippen die von Conner. Unter normalen Umständen wäre ich spätestens nun zu mir gekommen und hätte Panik geschoben, dass er mir gleich eine rein haut. Okay, unter normalen Umständen, hätte er das vermutlich auch getan... Wie dem auch sei, ich hörte von Conners Seite ein ganz leises Geräusch, eine Art Quietschen. Mehr gab er aber nicht von sich. Diese Blöße wollte er sich vor dem Publikum anscheinend nicht geben. Lieber blieb er weiter wie tot liegen und ließ den Moment vorüber gehen, der mir vorkam, als dauerte er mindestens 10 Minuten. Ich presste meine Lippen auf die seinen und alles in mir fing an zu kribbeln. Nachdem ich dem so lange Zeit entgegen gefiebert hatte und schon aufgegeben hatte, jemals zu erfahren, wie es sich anfühlte Conner zu küssen, war ich entschädigt. Er hatte so zarte Lippen, wie es normalerweise nur bei Frauen beschrieben wird und ich konnte mich gerade so noch zurückhalten, damit ich bloß nicht weiter ging. Meine Zunge blieb da, wo sie hingehörte; in meinem Mund. Ich ließ von Conner ab und dieser verzog nicht einmal kurz das Gesicht, sondern spielte weiter wie ein Profi. Der Saal war immer noch vollkommen still, als ich mein „Gift“ heraus holte und es mir meinen Text aufsagend einflößte. Augenblicklich kippte ich um und landete, leider ziemlich unsanft, neben der Aufbahrung und blieb reglos liegen. Erst als ich dort lag, kam mein Verstand langsam wieder zu sich und ich realisierte, was ich gerade getan hatte. Conner würde mich nach dieser Vorstellung mit hundertprozentiger Sicherheit köpfen. Nun wachte er aber erst einmal wieder auf, schließlich war die Julia nicht wirklich tot. Als wäre nichts geschehen spielte er die Szene weiter, stieg von der Bahre zu mir herab und legte seine Hand an meine Wange. Für die Zuschauer muss es romantisch gewirkt haben, für mich jedoch eher bedrohlich. Ich spürte förmlich Conners wahre Aura, die danach schrie mich bei lebendigem Leibe zu häuten. Dieser Zwiespalt war schon gruselig, vor allem, weil ich wusste, dass das Stück bald vorbei sein würde und dann Gnade mir Gott! Mit traurigem Blick sah Conner auf mich herab und sprach seinen Text, wobei er richtig verzweifelt klang. Professionell verhielt er sich ja, das musste ich ihm lassen... Nachdem er fertig gesprochen hatte, beugte er sich zu mir hinunter und küsste mich auf die Stirn, wie es seine Rolle vorsah. Wäre doch nur diese Aura des Hasses nicht gewesen, ich glaube, dann wäre ich sofort in den siebten Himmel zurück geschwebt. Nun nahm er den Dolch, den ich als Romeo bei mir trug und stach ihn sich durch seine Brust. Er ließ sich fallen und landete mit dem Gesicht genau neben meinem. Das Licht ging aus und der Erzähler beendete mit seinen Worten die Aufführung. Währenddessen konnte ich eine zutiefst furchteinflößende Stimme hören, von der ich erst nach Sekunden bemerkte, dass sie zu Conner gehörte. Er flüsterte mir etwas zu. „DASSSSSSS wirst du mir büßen, du Pennerrrrr...!“ Es lief mir eiskalt den Rücken hinunter, doch bevor ich mich hätte dazu äußern können, ging auch schon das Licht wieder an und der Beifall des Publikums prasselte auf uns herab. Wir standen auf und alle Darsteller verbeugten sich vor den Leuten. Ich sah immer mal wieder aus dem Augenwinkel zu Conner hinüber, der allerdings ein freundliches Lächeln für die Leute aufgesetzt hatte. Mich überkam blanke Panik, was er mir wohl als Rache antun würde, aber ich versuchte mir bloß nichts anmerken zu lassen. Als wir uns alle wieder hinter die Bühne verzogen hatten, kam sofort freudestrahlend unser Lehrer gesprungen und hielt eine Lobes-Rede für uns alle. Außerdem verkündete er, dass wir nachher alle zusammen feiern würden, weil dieses Stück so ein großer Erfolg war. Je länger der Lehrer sprach, desto unwohler wurde mir, denn Conners Aura war immer noch unmissverständlich todbringend. Da ich aber wenigstens noch diesen Abend gern überleben wollte, hielt ich mich einfach die ganze Zeit da auf, wo noch andere Klassenkameraden waren bis die Party los ging. Einige unserer Kumpanen hatten verbotenerweise Alkohol organisiert und so waren die meisten von uns schon bald seeeehr gut drauf. Shina schoss sich auch gleich zu Anfang so richtig ab. Wahrscheinlich war sie wirklich total deprimiert, weil wir als Romeo und Julia so viel Anklang gefunden hatten. Ihr wäre es bestimmt lieber gewesen, wenn wir uns bis auf die Knochen blamiert hätten. Shit happens! Dass so viele sich die Kante gaben war an sich nichts Ungewöhnliches, aber dass ich plötzlich auch Conner bei den ganzen Betrunkenen sah schon. Es war eigentlich gar nicht sein Ding viel Alkohol zu trinken, zumal er nicht wirklich viel vertrug. Dieses Mal war er jedoch schon feucht fröhlich dabei als ich zu ihm rüber ging. Die Gruselaura war gewichen, dafür lachte er jetzt fast die ganze Zeit, auch wenn gar nichts Witziges passierte. „Ey Romeo, jetzt trink doch auch mal was! Dein armer Schatz muss hier sonst allein die Stellung halten!“ grölte einer der Betrunkenen, als ich näher kam. Dann schaute er Conner an und meinte: „Übrigens der Filmkuss sah ja meeeeega echt aus!“. Ich musste schmunzeln, aber dann antwortete Conner plötzlich wie aus der Pistole geschossen: „Jahaaa das lag daran, dass der echt war mann!“. Auf einmal herrschte kurz peinliche Stille, ehe wieder lautes Gegröle los ging. Ich betete nur, dass sich alle Beteiligten am nächsten Tag an nichts mehr erinnern konnten. Schließlich schnappte ich mir auch etwas vom Alkohol und scherzte mit den anderen herum. Ich wollte nochmal ausgelassen feiern, bevor mir Conner spätestens am nächsten Tag gepflegt den Hintern aufreißen würde. Der nächste Morgen kam nach einer viel zu kurzen Nacht und dafür mit heftigen Kopfschmerzen für Conner und auch für mich. Nach dem Aufwachen hingen wir beide auf unseren Betten und warteten sehnsüchtig darauf, dass die Schmerztabletten, die wir genommen hatten endlich Wirkung zeigten. Schließlich traute ich mich etwas zu sagen: „Hey...Wie viel weisst du noch von gestern?“. Conner hielt sich die Hand vor die Augen, weil das Tageslicht ihm zu hell war und antwortete: „An nicht sehr viel. Aber ich hab das Gefühl irgendwas Peinliches getan zu haben.“ Ich musste mir ein wenig das Lachen verkneifen, weil ich wusste, wenn ich jetzt lachte, würden mich erstens meine Kopfschmerzen umbringen und selbst wenn die mich am Leben ließen, würde zweitens Conner den Rest erledigen. „Du hast jedenfalls nicht gestrippt oder so, wenn du das denkst.“ sagte ich halb ernst gemeint. Dafür erntete ich einen bitterbösen Blick. „Glaub bloß nicht den Rest des Tages hätte ich auch vergessen.“ knurrte Conner. „Was war das eigentlich für 'ne bescheuerte Aktion mit dem Kuss?!“ fragte er gleich nachfolgend. Schade, dass der Alkohol nicht sein gesamtes Gedächtnis an den gestrigen Tag gelöscht hatte. Einen Versuch war es ja wert... Ich seufzte nur und sagte: „Ich wollte nur, dass es echt wirkt und war voll in meine Rolle vertieft. Entschuldige.“. Conner setzte sich auf und schaute nun richtig zu mir herüber. „Hast du 'ne Ahnung, was das für Folgen haben wird?! Jetzt denken am Ende noch alle wir wären Tukken oder so! Schalt doch einmal dein Hirn ein, bevor du was machst!!!“. Ich merkte sofort, dass Conner richtig geladen war. Ich setzte mich auch und versuchte ihn zu beschwichtigen. „Ach komm, das war nur geschauspielert, das wissen die doch alle. Mach dir nicht so einen Kopf, ja?“. Empörung schlug mir entgegen. „Nicht so einen Kopf?! Nicht so einen KOPF?! Alter du hast mich abgeknutscht!!! Ich kann mir schon super ausmalen, wie das für die anderen gewirkt haben muss! Was war so schwer daran einen verdammten Filmkuss zu machen?!“. Conner wurde doch tatsächlich hysterisch. „Jetzt beruhige dich doch mal. Vom Publikum aus und für die Leute hinter der Bühne sah es bestimmt sowieso aus wie ein Filmkuss. So genau konnte das doch keiner sehen. Tut mir echt leid, dass ich mich nicht an die Abmachung gehalten hab.“. Ich schaute betroffen nach unten. Der Kuss war für mich das schönste Erlebnis in meinem ganzen Leben, aber für ihn war es nur ein peinliches, rufschädigendes Ereignis, nicht mehr und nicht weniger. Anscheinend war Conner aber fürs Erste beruhigt, denn er winkte ab und verschwand im Bad. Es tat weh, dass er sich so aufregte, aber ich konnte es ihm auch nicht übel nehmen. Immerhin konnte er ja nichts dafür, dass ich meine Gefühlswelt nicht unter Kontrolle hatte. Trotzdem war ich der Meinung er übertrieb. Die anderen hielten den Kuss gewiss nicht für echt und würden sicher keinen großen Wirbel darum machen. Was sollte unser Auftritt also schon für Folgen haben? Kapitel 12 - Zeit zum Gestehen ------------------------------ In den Tagen nach der Aufführung war zuerst alles ganz normal, bis ich bemerkte, dass Conner mehr und mehr Abstand zu mir nahm. Ich dachte er wäre immer noch sauer wegen der Kuss-Sache, aber sich so zu haben war schon übertrieben. Jedoch benahm sich nicht nur er seltsam. Unsere Klassenkameraden waren viel zu still, was vor allem bei manchen Exemplaren ein wahres Weltwunder war. Selbst Shina und ihre Kolleginnen kümmerten sich hauptsächlich um ihren Kram und gaben kaum noch dumme Kommentare ab. Wann immer ich Conner darauf ansprechen wollte oder selbst, wenn ich irgendetwas anderes von ihm wollte, wiegelte er mich entweder ab oder war so gedankenverloren, dass ich kein Wort aus ihm heraus bekam. Sogar abends oder morgens in unserer Freizeit oder auf unserem Zimmer herrschte eine eisige Stille. Ich dachte mir schon bald, dass es damit mehr auf sich haben musste, als einfach nur Wut über meinen Nicht-Filmkuss. Schließlich fiel mir in einer Mathemathikstunde auf, dass Conner Zettel von anderen Klassenkameraden zugeschossen bekam. In jener Stunde konnten sie es sich leisten, denn der Lehrer war der Meister der Schnarchnasen. Normalerweise würde Conner nie mit anderen im Unterricht Zettel schreiben, dafür ist er viel zu sehr Streber. Aber er antwortete sogar und warf die Zettel immer wieder zurück. Ich versuchte ein Auge drauf zu werfen, aber ich konnte nicht erkennen, um was es bei dem Zettelkrieg ging. Conners Gesichtsausdruck war total gleichgültig, also konnte es nichts Wichtiges sein. Trotzdem fragte ich flüsternd: „Hey sag bloß du hast jetzt 'nen Haufen Verehrer, die auch mal ran wollen?“. Ich grinste schelmisch, weil es natürlich nur ein Scherz war. Conner stutzte, warf mir einen bitterbösen Blick zu und sagte nur: „ Das geht dich nichts an!“. Dieser Blick verbunden mit seinen Worten traf mich bis ins Mark. Es war nicht sein üblicher Halt-Die-Klappe-oder-du-bist-tot-Blick, sondern eher ein richtig verbitterter Blick. Was genau war es nur, dass ihn so fertig machte? Vorerst hoffte ich weiterhin, dass er es mir irgendwann erzählen würde und beschloss das Ganze weiter zu beobachten. Doch auch in den Tagen darauf wurde die Situation nicht besser. Im Gegenteil, Conner kapselte sich immer mehr von mir ab und ging immer öfters seiner Wege. Er war manchmal stundenlang verschwunden, ohne dass ich sagen konnte, wo er sich aufhielt. Tauchte er dann wieder auf, ignorierte er mein Nachfragen entweder oder kam mir mit Gleichgültigkeit und Sarkasmus entgegen. Schließlich musste ich ihm einmal folgen. Ich kam mir dabei absolut schmutzig vor, weil ich den wichtigsten Menschen in meinem Leben beschattete, aber ich musste einfach wissen was vor sich ging. Überraschenderweise ging Conner aber einfach nur über das Gelände des Internats, suchte sich eine ruhige Ecke und verbrachte dort einige Zeit. Er starrte dabei immer mal wieder gen Himmel oder schaute den Vögeln zu, die auf dem Boden nach Futter suchten. Ich fragte mich was wohl in ihm vor ging, denn sein Blick war nun ganz und gar nicht mehr gleichgültig, sondern viel mehr nachdenklich bis traurig. War ich bei diesem blöden Theaterstück vielleicht einfach zu weit gegangen? Sah er nur so traurig aus, weil ich mich für einen Moment nicht unter Kontrolle hatte? Die Szene, die ich beobachtete, wurde unterbrochen durch Shina und ihre Freundinnen. Sie kamen des Weges und hatten Conner gesehen. Doch diesmal reagierten sie so, wie man sie kannte. Sie brachen in Gelächter aus und gingen zu Conner hin. Was genau sie sagten, konnte ich von meiner Beobachterposition nicht hören, aber so teuflisch wie Shina grinste, konnte es nichts Gutes sein. Das Seltsamste an dieser Situation war aber Conner. Er wehrte sich nicht, sondern stand nur auf und ging mit gesenktem Kopf weg, während die Weiber ihn weiterhin beschimpften. Das war nicht normal, selbst, wenn er schon immer eher ein ruhiger Mensch gewesen ist, würde er sich so etwas nicht einfach gefallen lassen ohne ein Wort dazu zu sagen. Das alles gab mir sehr zu denken. Etwas ging im Verborgenen vor sich und ich war entschlossen heraus zu finden was es war. Doch schon etwa eine Woche später sollte es sich relativ deutlich aufklären, ohne dass ich etwas dafür tun musste. Shina schien es geschafft zu haben, dass nun nicht nur ihre Freundinnen, sondern auch die anderen Klassenkameraden anfingen, Conner blöd zu machen und das nun ganz öffentlich. Es versteht sich von selbst, dass ich nicht zuließ, dass diese Idioten meinen Freund herum schubsten, also verteidigte ich ihn. Conner jedoch stand nur auf, ging an mir vorbei und verließ den Raum. Nun stand ich da wie ein Idiot, schließlich hatte ich mich grade mit den anderen Mitgliedern unserer Klasse angelegt. Diese waren mir aber nun völlig egal. Ich eilte Conner hinterher, hielt ihn an der Schulter fest und drehte ihn zu mir herum. „Alter, wieso wehrst du dich nicht? Lass uns diese Spasten zur Schnecke machen, dann halten die auch ihre dämlichen Mäuler.“ schlug ich ihm vor. Conner schaute nur zur Seite und schwieg. Das machte mich wütend. Er wird doch wohl mal normal mir mir reden können, dachte ich mir. „Jetzt sieh mich an und rede endlich mal mit mir, verdammt!!!“ schrie ich ihn an. Ehe ich mich versah, hatte er sich losgerissen und schaute mich vorwurfsvoll an. „Ich hab doch schonmal gesagt, es geht dich nichts an! Kümmer dich um deinen eigenen Müll! Ich kann auf mich selbst aufpassen, okay?!“ zischte er mich an und wandte sich wieder ab. Ich verstand die Welt nicht mehr. Wir hatten uns immer den Rücken gestärkt und egal, wer uns dumm kam, niemals hätten wir uns im Stich gelassen. Als ich Conner nachsah und gerade überlegt hatte, ob es nicht besser wäre, es aufzugeben, kam mir eine Idee. Wenn die eine Partei nicht reden wollte, dann musste ich eben die andere ausquetschen. Ich ging also zurück ins Klassenzimmer, schnappte mir Shina und drückte sie gegen eine Wand, was zugegebenermaßen auf alle Umstehenden ziemlich pervers gewirkt haben muss. Ich schaute sie grimmig an und sagte: „Du wirst mir jetzt sofort erzählen, was ihr Conner angetan habt, ist das klar?!“. Shina war komplett sprachlos und starrte mich fragend an. Da sie aber ihr Ansehen wahren wollte, fing sie sich so schnell wie möglich wieder und antwortete gespielt lässig: „Ach du meinst meinen Ex-Schwuchtelfreund? Was sollen wir dem denn angetan haben? Er sieht doch gesund und munter aus...Naja bis auf seine kranke Sexualität.“. Daraufhin erhob sie ihre fiese kleine Quietsche-Stimme und lachte gehässig wie eine Krähe. Ich musste mich wirklich zusammen reißen sie nicht noch heftiger gegen die Wand zu drücken, das würde sie vermutlich nicht so gut vertragen, aber bevor ich mehr aus ihr heraus kriegen konnte, kam ein Lehrer. Ich ließ schnell von Shina ab, denn ich war nicht scharf drauf wegen dieser Bitch einen Verweis zu bekommen. Sie flüchtete schnell mit ihren Freundinnen und ich war nur noch verwirrter als vorher. Hielten sie Conner jetzt für schwul? Die Logik hinkte allerdings, denn ICH hatte ja auf der Bühne IHN geküsst und nicht umgekehrt. Wieso mobbten sie ihn also augenscheinlich, aber mich nicht? Es war zum Verzweifeln, denn Conner redete auch weiterhin nicht mit mir und Shina passte ab sofort auf, dass sie mir nur nie allein begegnete oder am besten ein Lehrer in der Nähe war. Ich wusste nicht genau, was los war und konnte jeden Tag dabei zusehen, wie Conner immer mehr leiden musste. Das Schlimmste dabei war, dass ich ihm nicht helfen durfte. Jedes Mal, wenn ich irgendetwas tat um ihm beizustehen, bekam ich von ihm eine Portion des reinsten Hasses ab, den er zu bieten hatte. Das Einzige was sich änderte war die Art der Quälereien, denn sie wurden immer schlimmer und unsere Klassenkameraden wurden auch immer dreister. Das reichte von dummen Schulstreichen, wie einer Schwammfalle an der Tür des Klassenzimmers bis hin zu Drohungen und blauen Flecken, die ich an Conner abends entdecken konnte. Er gab sich zwar große Mühe sie zu verstecken, aber als Zimmergenosse kriegt man nun einmal alles mit. Jetzt fingen sie also schon an körperlich gegen ihn vor zu gehen. Wenn ich nur gewusst hätte wer es war, der hätte kein Land mehr gesehen. Eines Tages in der Mittagspause konnte ich dann jedoch Shina belauschen wie sie mit ihren Freundinnen und fast der halben Klasse etwas ausmachte. Ich hörte dabei nur heraus, dass sie sich nachmittags alle auf dem Schulgelände draußen versammeln wollten, allerdings an einer Stelle etwas vom Schulgebäude entfernt. Gut, dachte ich mir, dann komm ich da auch mal hin, denn die Gesichter aller Anwesenden verhießen nichts Gutes. Ich ging also gleich nach dem Unterricht zur besagten Stelle, konnte allerdings zuerst niemanden sehen. Vielleicht wollten sie sich ja auch alle zum Rauchen treffen. Ich wusste, dass einige Schüler das manchmal heimlich machten. Nach etwa einer halben Stunde, die ich dort gewartet hatte, sah ich auf einmal Conner des Weges kommen. Mir schwante absolut nichts Gutes und mein schlechtes Gefühl sollte mich nicht täuschen. Sobald Conner noch einige Meter gelaufen war, traten auf einmal Shina und alle unsere Klassenkameraden hinter den Bäumen hervor. Sogar unser kleiner Bryan-Streber war dabei. Sie umzingelten Conner, sodass dieser nicht mehr weiter oder zurück gehen konnte. Er reagierte gelassen und schaute nur in die Runde. „Na du kleine Tunte? Lust auf ein paar Streicheleinheiten? Wir werden auch gaaaaanz sanft sein.“ sagte einer unserer Klassenkameraden grinsend. Shina lachte laut auf und sagte mit gehässigem Ton: „Schau mal, alle hier haben dich total lieb und sind nur für dich hierher gekommen. Sie sind sogar so lieb und wollen dir helfen, deine Schwuchtelei weg zu bekommen, indem sie sie raus prügeln.“. Ich dachte ich höre nicht richtig. Ich bin hier derjenige, der auf Conner steht und sie wollen IHN verprügeln? Das war einfach nicht richtig und ich konnte mir immer noch nicht erklären, warum sie so von ihm dachten. Conner begegnete der Klasse nur mit einem gehässigen Lachen seinerseits und sagte: „Na dann kommt mal Kuscheln, vielleicht bin ich ja ansteckend!“. Es war als würde ich einen Film zum ersten Mal sehen und die Zusammenhänge nicht raffen. Er leugnete nicht einmal, was sie ihm vorwarfen? Nun kamen einige der Schläger auf ihn zu. Ich konnte doch nicht herum stehen und zusehen, wie diese Typen meinen Freund zusammen schlugen, zumal sie ihm Dinge vorwarfen, die auf mich zutrafen, nicht aber auf ihn. Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als die erste Faust Conners Gesicht traf. Einer der Kerle hatte ihn von hinten unter den Armen gepackt und hielt ihn fest, sodass Conner, selbst wenn er es gewollt hätte, sich nicht wehren konnte. Jetzt war es vorbei mit dem hin und her überlegen. Ich musste dem ein Ende machen und ich wusste, wenn ich ihm einfach nur durch diese Schlägerei helfen würde, wäre das trotzdem nicht das Ende dieses ganzen Mobbings. Ich musste etwas tun, damit sie endgültig von Conner abließen, koste es was es wolle! Ich ging also zu ihnen und erhob meine Stimme: „Hey ihr Flaschen! Was habt ihr denn für'n Problem? Erkennt eine RICHTIGE Schwuchtel noch nicht mal, wenn sie schon seit Jahren in eurer Klasse ist!!!“. Ich lachte gehässig und hatte die volle Aufmerksamkeit der gesamten Klasse inklusive Conners. Ich wusste, dass es kein Zurück mehr gab, auch, wenn er mich danach erst recht meiden würde. Ich fuhr also fort: „Ihr denkt wirklich, Conner wollte diesen Kuss auf der Bühne? Seid ihr blind oder habt ihr beim Thema Küssen nicht genug Erfahrung? ICH hab IHN geküsst mann!“. Alle schauten mich jetzt extrem verwirrt und fragend an und Conner schüttelte den Kopf, als wollte er, dass ich schwieg. Doch ich ließ mich nicht beirren. „Und ihr könnt auch ruhig wissen warum ich keinen Filmkuss draus gemacht hab, so hatten wir's nämlich eigentlich geplant.“. Während dieser Worte wanderte mein Blick von der Allgemeinheit der Meute auf Conner und ich musste lächeln als ich seinen nun auch sehr verwirrten Blick sah. „Conner, ich liebe dich...Schon seit Jahren.“ Nun war es raus und es herrschte ewiges Schweigen. Alle waren wie zu Salzsäulen erstarrt. Ich beendete meine kleine Ansprache mit den Worten: „Wenn ihr jetzt also irgendwen abstoßend finden wollt, dann mich. Conner...hat damit überhaupt nichts zu tun.“. Ich grinste noch einmal extra frech, wandte mich dann ab und ging wieder Richtung Schulgebäude. Ich wusste, sie würden Conner nun gehen lassen. Mein Herz war voller Schmerz, weil mir klar war, dass unsere Freundschaft nun nie wieder so sein würde, wie sie war. Aber gleichzeitig fühlte ich eine tiefe Erleichterung. All die Geheimnisse, alles, was ich in mir so lange verbergen musste, meine Gefühle, meine Gedanken...Sie waren endlich frei. Kapitel 13 - Zeit zum Verlieben? -------------------------------- Jeder kennt doch diese Momente, in denen man sich fühlt, als würde alle Welt nur auf eine einzige Person schauen; alle im Raum, alle in der Schule, alle in der Stadt, im Land, im Universum! Genauso ging es mir in den Tagen, die seit meines Geständnisses vergangen waren, nur dass es kein Moment war, sondern 24 Stunden am Tag. Ich hätte damit gerechnet, dass die Verachtung der Anderen sich jetzt auf mich konzentriert, aber weit gefehlt. Viel mehr fühlte ich mich wie ein Ausstellungsstück, nein, wie ein seltenes, mystisches Tier im Zoo, das neu eingetroffen ist und das jetzt alle sehen wollen. Die Klassenkameraden und wenig später eigentlich alle Schüler meines Alters starrten mich die ganze Zeit an, aber immer schön sicher aus der Ferne. Ich könnte ja beißen oder die Pest verbreiten! Es war wirklich zum Kotzen! Warum konnten sie mich nicht einfach versuchen zu verkloppen oder mich in Mädchenklamotten durch die Schule jagen oder was weiß ich... Alles wäre mir lieber gewesen als dieses Gegaffe tagein, tagaus. Wenn ich jemanden ansprechen wollte, dann wurde ich immer nur blöd angeschaut, bekam allenfalls eine kurze, meistens ängstlich klingende Antwort und schon flüchtete der Gesprächspartner. Ich glaube so müssen sich Aussätzige im Mittelalter gefühlt haben, aber ich beschwerte mich nicht. Ich wusste, dass ich das Verhalten meiner Mitschüler selbst heraufbeschworen hatte und dass es immerhin einen guten Grund dafür gab. Leider beachtete auch jener Grund mich nicht mehr als vorher. Conner sprach weiterhin nur das aller Nötigste mit mir, ging mir aus dem Weg, wich meinen Blicken aus und vor allem schien er regelrecht Panik vor Körperkontakt zu haben. Anscheinend war's das wohl mit unserer langjährigen Freundschaft, denn wie sollten wir befreundet bleiben, wenn der eine vom anderen dachte, er wäre ein ekelhafter Freak? Ich hatte zwar von Conner nie Ähnliches gehört, aber sein Verhalten zeigte mir seine Gedanken deutlich auf. So liefen die Tage also davon und ich fühlte mich mit der Zeit schon fast vereinsamt, denn Conner redete irgendwann gar nicht mehr mit mir. Gerade als Zimmergenosse ist das schwer zu ertragen, betretenes Schweigen, unsichere Blicke meinerseits, ignorante bis genervte Blicke seinerseits. Und wie er Abstand nahm... Einmal kam ich in unser Zimmer und er hatte gerade geduscht, stand mit dem Handtuch um die Hüfte am Schrank und suchte sich etwas zum Anziehen heraus. Als ich den Raum betrat, drehte er sich ruckartig zu mir um, schaute mich vorwurfsvoll an und flüchtete sofort ins Bad zurück mit den Worten: „Kannst du nicht anklopfen oder was?!“. Ich sollte also an meiner eigenen Zimmertür klopfen, wenn ich hinein wollte? Seine Paranoia war ja schon echt heftig. Die Szene verlief weiter, indem ich nach ihm auch gerne duschen wollte. Als er aus dem Bad angezogen heraus kam, ging ich auf ihn zu um es zu betreten. Da quetschte er sich tatsächlich wie eine ängstliche Katze an mir vorbei, so nah an der Wand wie es nur ging um mich bloß an keiner Stelle zu berühren. Auch was er anzog, war keinesfalls normal. Tagsüber trug er seinen Schal, den er auch bei unserem Theaterstück dran hatte und manchmal sogar noch extra eine dünne Jacke. Ich sah ihm genau an, dass er schwitzte, schließlich waren die Räumlichkeiten unserer Schule immer gut geheizt. Nachts schlief er normalerweise immer in Boxershorts, sogar im tiefsten Winter bei den kältesten Außentemperaturen. Jetzt zog er ernsthaft einen Pyjama an, den ihm seine Mutter mal zu Weihnachten geschenkt hatte und über den er damals noch gelacht hatte, weil das Teil absolut hässlich und völlig unerotisch aussah. Anscheinend hatte er wohl Angst, ich könnte eines Nachts über ihn herfallen. Conners Verhalten war total kindisch, aber trotzdem hatte ich nicht das Recht mich aufzuregen. Deshalb schwieg ich, denn ich hätte nichts sagen können, was diese Situation irgendwie verbessert hätte. Schließlich sollte das Schweigen meiner Klassenkameraden eher ein Ende haben als das von Conner. Auf dem Weg zum Klassenzimmer hielt mich eines Morgens unser kleiner Streber Bryan an. Was gerade er von mir wollte, war mir schleierhaft, also schaute ich ihn fragend an, als er anfing irgendetwas von Verständnis und gleicher Situation zu stottern. Ich hatte nicht ewig Zeit, also sagte ich mit harschem Ton: „Jetzt komm zur Sache sonst stehen wir morgen noch hier!“. Er zuckte zusammen, schluckte einmal und atmete tief durch. Dann setzte er erneut an, diesmal ohne Stottern, allerdings trotzdem sehr unsicher. „Ich ähm...Naja ich hab Verständnis für deine Situation..Weil...ich befinde mich in...der gleichen, verstehst du?“. Er schaute mich erwartungsvoll an und es dauerte schon einige Sekunden, bis die Kugel bei mir rollte. Ich blinzelte einige Male ungläubig und legte dann den Kopf schief. Er nickte nur um zu bekräftigen, was er mir gerade versuchte zu sagen. „Warte...Du willst mir sagen du bist auch schwul?“ fragte ich ziemlich direkt und immer noch ungläubig. Er nickte noch einmal schüchtern. Da musste ich grinsen und es platzte einfach aus mir heraus: „Hah!! Ich wusste es! Conner schuldet mir Geld!“. Bryan schaute mich nun eher vorwurfsvoll an und schüttelte den Kopf. Ich merkte selbst, dass mein Geistesblitz nicht allzu passend gewesen war und entschuldigte mich gleich. „Sorry, das kam jetzt irgendwie doof rüber...Oh aber denk jetzt nicht, dass wir super Freunde werden, Kleiner.“ erklärte ich mit ernster Stimme und lief weiter Richtung Klassenraum. Bryan folgte mir und klang aufgeregt. „Das weiß ich! Ich bin ja trotzdem nur ein blöder Streber und so...Aber ich wollte, dass du weißt, dass du nicht allein bist!“. Er klebte an mir wie ein kleines Hündchen als wir den Klassenraum betraten. Irgendwie war es ja schon rührend wie er versuchte mit mir Kontakt aufzunehmen, obwohl ich ihm schon so oft einen rein gewürgt hatte. Deshalb musste ich etwas lächeln und erzählte noch etwas mit ihm bis der Unterricht losging. Den anderen Klassenkameraden blieb das nicht verborgen und als Conner rein kam und sich setzte, hagelte es einen Mörderblick nach dem nächsten. Ich verstand ihn nicht. Durfte ich jetzt nicht einmal mit anderen Schülern sprechen? Auch die anderen Klassenkameraden brachen an jenem Tag teilweise ihr Schweigen, allerdings auf eine Art und Weise, die ich nicht besonders mochte. Im Matheunterrucht, beugte sich einer, der vor mir saß hinter und fragte: „Jo! Stehst du echt auf Schwänze?“. Auch sein Banknachbar, schaute über die Schulter nach hinten um meine Reaktion zu sehen. Ich rollte mit den Augen und antwortete: „Keine Sorge, um Gesichter und Hirn geht’s mir auch. Ihr seid in Sicherheit.“. Sie schauten überrascht und drehten sich wieder nach vorn. Ich wollte Conner ein Siegesgrinsen zuwerfen, wie ich es immer tat, wenn ich irgendeinem Idioten ein Brett an den Kopf warf. Er sah mich allerdings nur mit einem weiteren Todesblick an und schrieb dann weiter an seinen Notizen. Den ganzen Tag über ging es weiter damit, dass Klassenkameraden ankamen und mich fragten, wie es denn sei ein Schwuler zu sein oder ob ich mich vor Brüsten ekeln würde und lauter solchen Kram. Da war mir ja beinahe das Schweigen vorher lieber. Mit Conner gingen die Schüler jetzt wieder normal um. Sie hatten sich zwar nicht entschuldigt, aber sie mobbten oder ignorierten ihn nicht mehr. Einzig und allein Shina benahm sich ihm gegenüber immer noch genauso daneben wie vorher. Sie betitelte ihn an jenem Tag mal wieder mit Parolen wie: „Na haste jetzt endlich einen gefunden, mit dem du gefahrlos rummachen kannst?“ oder „Da biste ja nicht mal allergisch gegen! Bist wohl von Natur aus 'ne Schwuchtel!“. Normalerweise gab Conner auf sie nicht mehr viel, aber bei dem Spruch setzte es wohl aus. Er drehte sich zu ihr um, kam näher und schaute sie bitterböse an. „Zum letzten Mal, Shina, ich bin mit der scheiß Schwuchtel nicht zusammen! Was kann ich denn dafür, wenn der ein verdammter Homo ist?!“ zischte er sie an. Shina lachte nur, aber mir war nicht nach Lachen zumute. Conner wusste genau, dass ich anwesend war und trotzdem sagte er so etwas. Er schaute kurz zu mir, wohl um zu sehen, wie ich reagieren würde. Ich blickte nur betroffen zu Boden und zog von dannen. Das hatte mehr weh getan, als jeder misstrauische Blick, jedes Schweigen und jeder dumme Spruch, den meine Mitschüler in den vergangenen Tagen je losgelassen hatten. Meine Annahme, dass Conner mich jetzt mied, weil er mich ekelhaft fand bewahrheiteten sich also... Jede Hoffnung, dass wir wieder normale Freunde werden könnten, die vielleicht noch als kleines Fünkchen tief in mir drin schlummerte, wich sofort. Verletzende Sprüche wie diese häuften sich ab sofort. Conner verhielt sich mir gegenüber nun nicht mehr nur distanziert und ausweichend, sondern er schien mich mit Absicht zu verletzen und hasste mich offensichtlich regelrecht. Also war ich es, der ihm nun eher versuchte auszuweichen, weil seine Blicke und seine Worte so weh taten und stets so tief trafen, dass ich es nicht aushalten konnte. So verbrachte ich etwas mehr Zeit mit Bryan, denn der lief mir weiterhin nach wie ein Chihuahua und gierte nach meiner Aufmerksamkeit. Das war zwar oft sehr nervig, aber andererseits konnte zumindest er mich ein wenig verstehen. Mir fiel während meiner Gespräche mit Bryan verstärkt auf, dass Conner uns von weitem musterte. Erst dachte ich er wirft mir wieder seinen Todesblick zu, aber als ich an Bryan vorbei schaute und Conner genauer sah, erkannte ich, dass sein Blick eher fragend oder interessiert war; als wollte er wissen, worüber wir sprachen. Sobald er bemerkte, dass ich zu ihm schaute, wich er natürlich sofort aus und schaute woanders hin. Diese Beobachtung machte ich ein paar mal, konnte mir aber keinen Reim darauf machen. Schließlich hatte ich mich mit Bryan sogar etwas angefreundet und wir saßen mal wieder herum und lachten ausgelassen, weil ich einen Witz gemacht hatte. Da hörte ich plötzlich etwas auf uns zu stampfen. Ich schaute auf und es war Conner. Er lief wütend auf uns zu, fixierte mich mit seinen Augen und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch zwischen Bryan und mir, dass es nur so schepperte. Dann nahm er die Hand wieder weg und ging nach draußen. Ich deutete sein Verhalten als Aufforderung mit ihm zu reden, entschuldigte mich etwas geschockt bei Bryan und folgte schließlich Conner in der Hoffnung, ich hatte die Situation richtig gedeutet. Draußen ging er noch einige Schritte und blieb dann stehen um mich heran kommen zu lassen. Nun drehte er sich ruckartig um, schaute mir mit hasserfülltem Blick tief in die Augen, was meinen Atem fast still stehen ließ und schrie mich an: „WARUM IN ALLER WELT FÄNGST DU JETZT LIEBER WAS MIT DEM STREBER AN, WENN DU DOCH ANGEBLICH SO IN MICH VERSCHOSSEN BIST?????!!!!!“. Er war so wütend, dass er regelrecht schnaufte, nachdem er mich so angeschrien hatte. Ich war sehr verwirrt, schaute ihn nur mit großen Augen an und musste erst einmal verarbeiten um was es hier ging. Conner rollte genervt mit den Augen und fuhr - ein bisschen ruhiger als vorher – fort: „Hast du deine Zunge verschluckt oder was ?! Du kannst nicht erst vor aller Welt raus posaunen, du seist schwul und verknallt in mich und dann hör ich nie wieder irgendsowas von dir! Wenn man verliebt ist, dann sagt man das doch der verdammten Person selbst oder irre ich mich da?!“. Er sah nun selbst etwas erschrocken aus, weil das alles so aus ihm raus kam, ohne, dass er ausreichend drüber nachdenken konnte. Ich schüttelte den Kopf um klare Gedanken fassen zu können. Hatte ich das gerade richtig verstanden? Er war gar nicht direkt sauer, weil ich schwul war, sondern weil ich ihm nicht persönlich meine Liebe gestanden und mich stattdessen mit Bryan angefreundet hatte? Meine Welt stand Kopf! Da kam ich doch sogar mal ins Stottern: „Du..hasst mich gar nicht, weil...Also bist gar nicht sauer...Ich meine...“. Ich atmete tief durch um diesem Sprechdurchfall ein Ende zu bereiten und versuchte es erneut: „Also...Du bist gar nicht sauer, weil ich das gesagt hab und weil ich schwul bin?“. Jetzt wurde Conner etwas rot, wich meinem Blick aus und murmelte: „Nein, mann! Hab ich doch grade gesagt oder willst du's schriftlich?“. Er hasste mich also nicht! Das war die beste Nachricht, die ich seit langem hörte. Ich musste lächeln, aber versuchte ernst zu bleiben. „Okay, ich denke, dann haben wir...einiges zu klären nicht wahr?“ sagte ich vorsichtig und deutete auf eine Tischgruppe unweit von uns. Conner nickte und wir setzten uns hin. Dieser Tag war ein schöner und angenehm warmer Herbsttag. Die Sonne schien durch das lichter werdende Blattwerk, dass sich in allen möglichen Farben präsentierte. Auch die Wiese um uns herum war völlig bunt vom Laub, das schon zahlreich zu Boden gesegelt war. Die Luft war bereits um Einiges kühler geworden als noch einige Wochen zuvor. Es war still, denn die Schüler waren entweder in den Internatsgebäuden oder auf der anderen Seite des Gebäudes, hinter dem wir uns befanden. Nur die Vögel und das gelegentliche Geräusch von herab fallenden Blättern durchdrangen die herbstliche Stille, in der wir uns befanden. Ungewöhnlicherweise brach Conner das Schweigen zwischen uns. „Also...du bist nicht nur schwul, sondern auch noch verknallt in mich, ja? Wie...wie lange geht das schon?“. Das war die unangenehmste Frage, die er mir hätte stellen können, aber ihn anlügen wollte ich auch nicht mehr. Also seufzte ich, nahm allen Mut zusammen und sagte: „Schon seit Jahren...Schon bevor du Shina hattest.“. Sekundenlanges betretendes Schweigen folgte und ich konnte Conner anmerken, was er denken musste: „Fuck alter, was ich ihm alle erzählt hab! … Scheiße ist das peinlich!“. In mir drin musste ich schmunzeln, weil ich wusste wie süß er ist, wenn man ihn verlegen macht, aber dafür war in jenem Moment kein Platz, deshalb verkniff ich es mir inständig. „Okay...Und...du hieltest es nie für nötig es mir mal zu sagen?“ fragte er weiter. Ich seufzte erneut und entgegnete: „Ganz ehrlich...In meiner Situation, hättest du da was gesagt? Bei der Erkenntnis hätte ich dich als Freund doch wahrscheinlich los gehabt.“. Er zuckte mit den Schultern und meinte: „Hm..Punkt für dich.“. Dann fuhr er fort: „Und nachdem du das vor allen gesagt hattest...Warum hast du es mir nicht nochmal direkt gesagt oder wenigstens irgendetwas gesagt? Wie sollte ich dich denn ernst nehmen?“. Jetzt, wo er das so sagte fiel es mir auch auf. Ich hatte solche Angst mit ihm zu reden, dass ich mich fern hielt und dann gab ich ihm insgeheim die Schuld. Dabei hätte ich es sein müssen, der auf ihn zukommt. Ich schaute betroffen nach unten und faltete die Hände auf meinem Schoß zusammen. „Du hast Recht...Ich war echt dämlich. Ich hatte einfach Schiss auf dich zu zu kommen und dann dachte ich du hasst mich, weil du sauer wurdest...Schätze, das war wohl keine Glanzleistung.“. Er seufzte mit den Worten: „Nope, absolut nicht...Idiot.“. Ich schaute auf und sah, dass er doch tatsächlich leicht lächeln musste. Das gab mir Hoffnung und ich ergriff die Chance es wieder gut zu machen. „Ich liebe dich, Conner...Mehr als alles andere auf der Welt.“ sagte ich lächelnd und schaute ihn an um zu sehen, wie er reagieren würde. Er riss die Augen auf, wurde erneut rot, nur diesmal richtig tief rot und stotterte vor sich hin. „Du kannst doch nicht...einfach...also...du...fuck!“ Er regte sich über seine Unfähigkeit zu sprechen auf. Er wischte sich kurz einige Male mit beiden Händen über das Gesicht und atmete tief durch. Ich erwartete nicht, dass er meine Gefühle erwiderte, eher, dass er sie einfach akzeptierte und trotzdem normal mit mir umgehen könnte, wenn das denn möglich war. Nun schaute er mich verlegen an und gestand mir etwas. „Ich hab dich anfangs gemieden...Aber nicht, weil ich sauer war oder wegen dem, was du gesagt hattest oder so...“ murmelte er. Dann zögerte er einen Moment um sich die Worte zurecht zu legen. Er atmete nochmals tief durch. Was immer er mir sagen wollte, musste ihm wohl schwer fallen. „Als du das vor all den Leuten gesagt hast...Da fand ich es nicht mal schlimm. Ich...freute mich irgendwie sogar...und das....naja...hat mir halt Angst gemacht. Ich mein, wie freakig ist das denn? Dein bester Freund gesteht dir seine Liebe und du findest das nicht mal schlimm???“. Nun war es eher als redete er mit sich selbst. Ich aber musste nun wirklich etwas lachen, was Conner erzürnte. „Alter, ich offenbar mich dir grade und du lachst mich aus???“ sagte er schmollend. Ich hörte auf zu lachen, aber das Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. „Ich lache dich nicht aus, ich...bin einfach erleichtert. Ich dachte, du würdest dich jetzt vor mir ekeln und mich hassen. Aber...anscheinend bist du selbst schwuler, als du es zugeben würdest.“ sagte ich mit einem zunehmend süffisanter werdenden Grinsen auf dem Mund. Ich muss zugeben, ich wollte ihn etwas provozieren, aber ich konnte nicht ahnen, dass es so gut klappen würde. Er riss empört den Mund auf und holte tief Luft um mir die Leviten zu lesen. „Moooment mal ich bin mal gar nicht schwul kapiert? Ja, ich mag dich halt, aber das kann doch jedem mal passieren! Und außerdem weiß ich echt nicht, was ich jetzt machen soll! Ich mein...wie soll es denn jetzt weiter gehen? Wie sollen wir miteinander umgehen und die Anderen...!“. Ich unterbrach ihn, indem ich mich zu ihm hinüber beugte, meinen rechten Zeigefinger auf seine Lippen legte und ihm tief in die Augen schaute. Er sah mich verdutzt und verunsichert an und seine Augen wanderten zwischen meinen hin und her. Dann entfernte ich meinen Zeigefinger und küsste ihn so tief und leidenschaftlich, wie ich es schon immer tun wollte. Erst wollte er zappeln und mich von sich weg drücken, doch ich ließ mich nicht beirren und siehe da, nach einigen Sekunden erwiderte er den Kuss tatsächlich. Ich befand mich sofort im siebten Himmel und schickte ein Stoßgebet gen Himmel, dass das jetzt bloß keiner meiner blöden Träume war! Nach einer gefühlten Ewigkeit löste ich meine Lippen von seinen und schaute ihm wieder in die Augen. Sein Blick war immer noch so fragend wie vorher, also erwartete er wohl immer noch eine Antwort. Mir fiel auch prompt eine ein. Ich lächelte ihn an und sagte: „Tja, schätze jetzt ist es für dich Zeit zum Verlieben.“. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)