Cinder and Smoke von kaprikorn (The Fall of Adam) ================================================================================ Kapitel 5: Something like Home ------------------------------ A/N Oi! Das wird jetzt ein längeres Kapitel … ich konnte mich einfach nicht zurück halten (-: Insofern erspare ich mir dieses Mal lange Vorreden und wünsche euch einfach nur viel Vergnügen ^-^ Es sei vielleicht gesagt, dass das nächste Kapitel nicht verpasst werden sollte. Nur eine Kleinigkeit: Ihr werdet ein bisschen überrascht sein, aber auf den ersten Blick wirken alle so … nett. o.ô Das ist beabsichtigt, nicht zuletzt ist doch nur der böse, der auch Böses denkt, nicht wahr? (-; … oder wie war das noch gleich? Gute Miene, böses Spiel? Sucht euch was aus, es wird essentiell immer wieder vorkommen. GERONIMO! :D **** |[x]| **** Made the scene. Week to week Day to day. Hour to hour The gate is straight. Deep and wide Break on through to the other side [THE DOORS · BREAK ON THROUGH] Dumbledore behielt Wort, denn die Reise vom Tropfenden Kessel nach Hogwarts dauerte kaum länger als eine halbe Stunde – und die meiste Zeit davon war Hermine damit beschäftigt gewesen, ihre sieben Sachen zu packen. Das Flohpulver manövrierte sie in ungemütlicher Weise direkt in Dumbledores Büro, das sich zwar in Größe, aber nicht in Krimskrams von seinen Räumlichkeiten in der Zukunft unterscheiden würde. Hermine blieb kein Augenblick, um Fawkes in einer Ecke zu registrieren, mitgezogen von der Euphorie des Alten, quer durch die Hallen der Schule, die ausgestorben waren, weil die Schüler ihre Mittagspause genossen. Vor dem großen Greif zum Schulleiterbüro musste die Brünette schließlich kurz warten, während sich Dumbledore mit Dippet über die akute Situation um ihr Hiersein austauschte, wohlweisslich natürlich mit dem drängenden Hintergrund, dem Schulleiter direkt den Revolver auf die Brust zu setzen, weil Hermine bereits hier war und Dumbledore Dippet damit die Entscheidung schon abgenommen hatte, den Abzug zu drücken. **** |[x]| **** "Sie müssen nicht aufgeregt sein", schmunzelte der Verwandlungslehrer auf Hermines Wuschelkopf hinab, die eine geschlagenen Weile unweit des Porträts der Fetten Dame von einem Fuß auf den nächsten wippte. Die alte, korpulente Frau mit den Korkenzieherlocken und dem rosa-barocken Tüllkleid starrte sie unentwegt ungeduldig von ihrem Schemel aus an, die schmalen, mit Lippenstift umrahmten Lippen bereits gekrümmt, weil sie sich krampfhaft zurück hielt, Hermine zu fragen, was genau sie eigentlich vor dem Eingang zum Gryffindor-Haus zu suchen hatte, wenn sie nicht eintreten wollte. "Zwischen Ihnen und diesen Schülern liegen mindestens zwei Generationen, Miss Hawking, keiner von ihnen wird sich noch an Sie erinnern, wenn Sie zurück in Ihrer Gegenwart sind. Zerbrechen Sie sich nicht über Details den Kopf.", Dumbledores Lächeln wurde eine liebevolle Spur breiter, dann nickte er der Fetten Dame zu und sprach das Passwort: "Amontillado, meine Teuerste." "Sehr gern, Professor Dumbledore", seufzte das Porträt merklich erleichtert und schwang einladend zur Seite. "Eine Sache noch", Hermine spürte, wie sich eine Hand sanft um ihren Oberarm schloss und sie zurück hielt. Das blaue Augenmerk funkelte in einer ungewöhnlichen Mischung aus Freundlichkeit und Überlegung, als Dumbledore eine Schulter zuckte: "Professor Dippet hat mich angeleitet Ihnen mitzuteilen, dass er gerne einen schriftlichen Nachweis über Ihre bisherigen Kenntnisse vorliegen haben möchte – für seine Akte, und weil er mir offensichtlich nicht ganz so sehr vertraut, wie ich angenommen hatte." Er grinste. "Ich würde Sie also bitten, Miss Hawking, heute Abend vor dem Essen in mein Büro zu kommen. Sie müssen sich auch auf nichts vorbereiten, wir gestalten die Prüfung spontan mit ein Paar Elementen aus den vergangenen sechs Schuljahren. Ich bin mir sicher, sie werden Ihre Sache hervorragend machen." Hermines Herz sank ein Stück, aber sie hatte nichts anderes erwartet; Sie war Dumbledore immer hin in gewisser Weise, ob ihrem Wissensstand, Rechenschaft schuldig geblieben, genauso wie sich Dumbledore wiederum vor Dippet rechtfertigen musste sie in die siebte Klasse zu setzen; immerhin war der Verwandlungslehrer noch nicht Schulleiter von Hogwarts. Und obgleich ihre Bauchnabelregion aufgeregt zu Kribbeln begann, nickte sie kühn: "Das verstehe ich, in Ordnung." "Prächtig." Hermine entging, wie sie zwischen Tür und Angel die Luft anhielt, als Dumbledore mit ihr durch die niedrige Holztüre in den Gemeinschaftsraum trat. Anfänglich musste sie blinzeln, denn das Licht des Septembers kämpfte sich durch kleine Mosaikfenster und tauchte den prunkvollen Raum in noch größeres Farbenspiel wie ohnehin. Hermines Mundwinkel zuckten in ein sanftes Lächeln; es fühlte sich an wie Wiedersehensfreude – wie eine besondere Form von Liebe, die keiner Zeit untergeordnet war. Und sah man einmal davon ab, dass die plüschigen Sessel und Sofas ein wenig anders angeordnet waren, wie ihr vertraut war, so hatte sich der Gemeinschaftsraum der Gryffindors über die Jahre hinweg kaum verändert. Ein Teil von ihr fand das sogar gut, denn es machte ihren unfreiwilligen Aufenthalt und die immer währende Sorge um ihre Freunde ein wenig erträglicher. "Guten Tag, Schüler", begrüßte Dumbledore die Handvoll Jugendlicher in heiterem Plauderton bei ihrem Eintreten, die sofort alles stehen und liegen ließen, um ohne Umschweife, wie zu einem Appell, auf die Beine zu fahren. Sie grüßten ihren Hauslehrer einstimmig im Chor zurück; erst danach wagten sich Funken von Interesse und Neugierde auf die fremden Gesichter, die Hermine offen und – vermutlich – ziemlich unverschämt aus braunen Knopfaugen erwiderte. Ihr am nächsten stand ein Junge, beinahe hünenhaft groß, mit sauber gekämmten blondem Haar, glatt rasiertem Gesicht und zugeschnürter Krawatte, die es ihm mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit unmöglich machte ordentlich zu atmen. Was Hermine generell auffiel, waren die Schuluniformen, die – anders, als in ihrer Gegenwart – von einem Mausgrau waren und in ihrer gesamten Form eher an Maß geschneiderte Anzüge erinnerten, die darunter von einer passenden Weste und einem weißen Hemd gefüttert wurden; über den Anzügen thronten die klassischen Zauberroben in Pechschwarz, mit dem aufgenähten Wappen des Hauses. Hermine war sich ziemlich sicher, dass keiner freiwillig den ganzen Tag in derlei Montur durch Unterricht und Gänge huschte, kannte sie doch die losen Krawatten und offenen Hemdenknöpfe, die hoch gekrempelten Hemdsärmel und die vergessenen Schulroben von ihren Freunden viel zu gut – zumal sie sich sicher war, dass alles andere Ron und Harry, oder auch Neville und selbst den so extravaganten Malfoy wahrscheinlich wahnsinnig gemacht hätte. Weil jedoch alle Anwesenden unglaublich gebügelt aussahen, musste es wohl Attitüde sein. Bravo Granger, willkommen im personifizierten Perfektionismus. "Meine Lieben, einen Moment eurer wertvollen Aufmerksamkeit: das hier ist Hermine Hawkings. Sie kommt unter bedauerlichen Umständen zu uns nach Hogwarts, um ihren Schulabschluss mit euch zu machen. Ich würde Sie bitten Miss Hawkings herzlich zu empfangen, ihr unseren Alltag ein wenig näher zu bringen und dafür zu sorgen, dass sie sich bei uns wie zu Hause fühlt." Während Dumbledore sprach, wurde Hermine von dem blonden Kerl unentwegt angestarrt; er schien dabei nicht einmal zu zwinkern. Aber der Schalk in seinem Augenwinkel deutete auf unterdrückte und ehrliche Vorfreude hin, seine Lippen krümmten sich in ein vorsichtiges Grinsen, was ihm jedoch verging, als Dumbledore seinen Blick direkt auf ihn lenkte: "Mister Augustin, Sie werden sicher nichts dagegen haben, wenn ich Hermine in Ihre Obhut gebe und ich von Ihnen erwarten kann sie unversehrt zurück zu bekommen." Hermine spürte einen leichten Klaps zwischen ihren Schulterblättern, der sie zwei Schritte nach vorne stolpern ließ. Dann erinnerte Dumbledore sie mit einem warmen Händedruck und einem zuversichtlichen Lächeln noch einmal an ihr Treffen am Abend, wünschte der kleinen Runde einen guten Tag, bückte sich aus der niedrigen Tür und ließ seinen vermeidlichen Schützling allein in der Höhle des Löwen zurück. **** |[x]| **** "… und das sind Ignatius Prewett, Lyail Lupin, Diana Morrison und Lisa Edelstein", das Grinsen von Augustin war seit Dumbledores Abwesenheit stetig gewachsen. Er hatte ihr sofort die Hand gereicht und sie sanft geschüttelt, im selben Atemzug wollte er, dass sie ihn mit Thoran anredete, wenn er sie dafür Hermine nennen durfte. Ihr Name gefiel ihm, fügte er etwas unbeholfen hinzu und der Lockenkopf kam nicht umhin sich zu wundern, inwiefern Süßholzraspelei zum allgemeinen Miteinander in dieser Epoche gehören mochte. Ginny wäre ihm wahrscheinlich dafür längst über den Mund gefahren, Lavender hätte sich mit ihrem gesamten Gewicht an Thorans Arm geklammert, sowohl aus Schmeichelei, als auch aus Verzweiflung, die Patil-Zwillinge wären aus dem Kichern nicht mehr heraus gekommen und Hermine … nun ja, Hermine nahm es mit einem gequälten Lächeln und einem schwachen "Danke" zur Kenntnis. Sie dachte kurz an Viktor und seine stoisch, romantische Ader. Wie es Viktor wohl ging? "Ich bin Vertrauensschüler von Gryffindor, wenn ich dir also bei irgendetwas helfen kann, wäre es mir ein Vergnügen. Wir gehen in die selbe Jahrgangsstufe und teilen sicher einige Klassen miteinander." Es fehlte nur noch, dass er fragte, ob er auch ihre Bücher tragen durfte, dann wäre seine Vorstellung nämlich einer grandiosen Seifenoper entsprungen. Vermutlich konnte er aber wirklich nichts für seine zuvor kommende Art – seine Freunde störten sich jeden Falls nicht sonderlich daran. Thoran lud Hermine ein, mit an dem Tisch Platz zu nehmen, an welchem er und die anderen Schüler schon zusammen gesessen hatten, ehe sie von Dumbledores Besuch beim Lernen unterbrochen worden waren. Während der Vertrauensschüler Hermine Fragen über ihre Reise und ihr Hiersein stellte, waren die anderen dabei auffällig ruhig, obschon nicht unfreundlicher oder misstrauischer Natur – sondern eher aus dem Prinzip, ihrem Freund das Sprechen zu überlassen und interessiert zu zu hören. Das war ein bisschen untypisch für die sonst so lauten Gryffindors, fand Hermine. Aber auch das hatte sicher etwas mit dem bisschen Kulturschock zu tun, unter welchem sie stand. Vermutlich würden sie ihr steifes Verhalten ablegen, sobald Dumbledore nicht hinsah. Sie erklärte sich jeden Falls so weit, dass sie vor Gellert Grindelwald aus Liechtenstein und an der Grenze zu Deutschland entlang in die Niederlande geflohen war, nachdem der Schwarzmagier ihre Eltern und Freunde getötet hat. Hermine zuckte etwas verloren und mit feuchten Augen die Schultern, als sie anmerkte, dass sie bis zu ihrer Ankunft auf Hogwarts auf sich alleine gestellt gewesen und froh darüber war, dass Dumbledore ihren Hilferuf gehört und angenommen hatte. Die verdrehte Wahrheit der Situation, in der sie steckte, verursachte ihr dabei nichtsdestotrotz Magenschmerzen – so weit war sie immerhin nicht von der Wirklichkeit entfernt, bedachte man nur, dass sie ihre Eltern lediglich dadurch schützen konnte, ihnen die Erinnerungen an ihre einzige Tochter zu nehmen und Lord Voldemort sie, Ron und Harry durch das ganze Land verfolgen ließ, nur um ihnen den Garaus zu machen. Hermine bekam Gänsehaut; sie wollte zu ihren Freunden, zu ihren Zicken und Dummköpfen. Sie wollte das bekannte Gelächter von ihnen hören und ihre Scherze, Knallfrösche sollten in der Ecke explodieren und irgendeiner konnte ihretwegen auch auf ihre Schuhe kotzen, nur um nicht an Snapes Unterricht teilnehmen zu müssen. Irgendetwas. Nur vertraut. Und nicht vage anders. **** |[x]| **** "Wir dürfen bis neun Uhr auf den Gängen unterwegs sein, danach ist Bettruhe", erklärte Diana eine halbe Stunde später auf dem Weg vom Gryffindor-Turm über die Stufen hinab in den dritten Stock. Hermine hatte sich nach der Mittagspause entschlossen, ihre neuen Verbündeten ein Stück zu begleiten und dabei stümperhaft die Frage eingeworfen, ob es möglich wäre einen Umweg zur Bibliothek in Kauf zu nehmen, um sie dort abzusetzen (so zu tun, als hätte man Hogwarts bisher nie von Innen gesehen, war zweifelsohne eine Herausforderung für sie). "Mister Pringle, unser Hausmeister, ist da sehr streng und unnachgiebig." Thoran schulterte seine Tasche als er neben Hermine gemächlich schlenderte, das Leder seiner Schuhe knirschte bei jedem Schritt den er tat. "Hat unseren guten Ignatius hier in seinem fünften Schuljahr dabei erwischt, wie er sich um Mitternacht in die Küche runter stehlen wollte … –" "Jahh", mischte sich der rothaarige Junge ein, der eine Spur kleiner und schlaksiger war wie sein hünenhafter Freund und dabei eine gewisse Ähnlichkeit mit Ron aufwies. Beide Hände in den Taschen seiner Roben vergraben, runzelte er die Stirn so tief und missbilligt, dass sich seine Augenbrauen an der, von Sommersprossen übersäten, Nasenwurzel trafen: "Ich hatte Glück – Professor Slughorn war in der Nähe … ansonsten möchte ich nicht wissen, was der Kerl mit mir angestellt hätte. Man sagt, Pringle hängt Schüler mit dem Daumen von der Kerkerdecke. Sogar die Vertrauensschüler haben Angst vor ihm." Hermines Brauen wanderten in einer Mischung aus Ungläubigkeit und Amüsement bis zu ihrem Haaransatz, Diana und Lisa lachten und Thoran stieß Ignatius unterm Gehen mit der Schulter an: "Du weißt, dass das Unsinn ist." "Kannst du es widerlegen?" Thoran presste die Lippen aufeinander, entgegnete jedoch nichts. "Na also." "Seit der Sache von vor zwei Jahren hat Professor Dippet die Schulregeln verschärft." Lisas Augen wurden groß und rund bei ihrem Einwurf. Es dauerte ein Weilchen, bis Hermine ihrem Gedankensprung folgen konnte und verstand, dass ihre vermeidliche Mitschülerin über die Öffnung der Kammer des Schreckens und den Mord an der Maulenden Myrte sprach. In ihren Zehenspitzen kribbelte es plötzlich vor unverhohlener Neugierde – über einen Krimi zu lesen war nämlich eine Sache, direkt drin zu stecken etwas völlig anderes, besonders und vor allem für eine wissbegierige Person, wie sie es war. Hermine hakte nach: "Wieso? Was ist passiert?" "Jemand ist verschwunden, aber sie haben den Schuldigen gefasst und jetzt ist alles wieder gut", plauderte Thoran schnell und scharf. Ein wenig zu schnell und ein wenig zu scharf, fand die Brünette. Natürlich kannte sie die Einzelheiten der Geschichte, allerdings musste sie sich verbissen schmerzhaft auf die Unterlippe beißen, weil es schwer war zu den Umständen keinen Kommentar fallen zu lassen, der sie ziemlich wahrscheinlich in die Bredouille hätte bringen können. Zu Hermines Glück missinterpretierte Thoran ihre Mimik. "Keine Sorge, Hermine. Hier bist du sicher; das ist alles schon lange her. Das Kapitel ist abgeschlossen, auch wenn manche Verschwörungstheoretiker etwas anderes behaupten." Der durchdringende Blick des Vertrauensschülers bohrte sich eine Spur mahnend in Lisas blaue Augen, die zwar die Schultern zuckte, aber davon absah eine Diskussion vom Zaun zu brechen. Augenscheinlich war Myrtes Mord ein Gesprächsthema, das zwar gerne fiel, aber nur ungern besprochen wurde. Irgendwie überraschte sie das nicht – es waren seinerzeit einige Schüler verletzt worden und der Mord hatte die Panik im Schloss am Ende auf die Spitze getrieben. Hogwarts stand kurz vor der Schließung, die Lehrer waren ratlos und Dumbledore mit der Gesamtsituation ein wenig überfordert, weil Grindelwald zur selben Zeit an die Türe klopfte; es war zu viel schief gegangen. Blieb nur die Frage offen, wie Riddle nachts noch ein Auge zu bekam. Hermines Mundwinkel kräuselten sich träge; dann winkte sie jedoch entschieden ab und wechselte das Thema auf den Unterricht, womit sie Diana so weit brachte ihr eine Zusammenfassung über den Stoff zu geben, den die anderen im neuen Schuljahr bereits begonnen hatten zu behandeln. An den mannshohen Portalen zur Bibliothek verabschiedeten sich die Gryffindors dann von Hermine, wobei Thoran und Ignatius ihr anboten, sie nach dem Unterricht abzuholen und zu Dumbledores Büro zu begleiten, damit sie pünktlich ihren Test wahrnehmen konnte und sich auf den Weg dorthin, beziehungsweise zurück zum Turm, nicht verlief. Weil sie keine andere Wahl sah, wie das Angebot anzunehmen, bedankte sich die Brünette bei den beiden Jungs und zwängte sich in das ausgreifende Foyer der Bücherei, wo sie der markante Geruch von alten und vergilbten Pergamentseiten wie der Lockruf einer anderen Welt begrüßte. **** |[x]| **** Wenn man umringt war von einem Stapel Bücher, hinter dem man sich verstecken konnte und das am Besten in einer kleinen Ecke in einem noch kleineren Winkel in einem so großen Raum wie der Schulbibliothek tat, fühlte man sich als Bücherwurm unglaublich wohl. Hermines Tatendrang war auch just in dem Atemzug erwacht, als sie die ersten Regale in der wissenschaftlichen Abteilung ansteuerte und einen potentiell hilfreichen Wälzer nach dem anderen in ihre Arme zog, bis das Gewicht der Bücher sie beinahe in die Knie zwang. Doch so zuversichtlich die Vorstellung auch war, ohne Umschweife auf eine Lösung für ihr Problem zu kommen und so sehr sich Hermine danach sehnte, einfach ein Portal in ihre Zeit und Gegenwart zu öffnen, so bitter wurde sie nach einer weiteren Stunde in ihren Recherchen enttäuscht. Das einzige, über was die Brünette stolperte und das annähernd an ihre Situation heran reichte, war ein Bericht von einem gewissen "Gustavus Kataston" aus dem Jahre 1204 nach Christus, der sich versehentlich selbst zwei Tage in die Vergangenheit appariert hatte und sich dabei auch noch begegnet war – er hatte das Erlebte aufgeschrieben, seine Theorien glichen aber eher wilden Phantasmen, anstatt glaubwürdigem Material. So verkümmerte Hermines Euphorie schnell und machte Platz für Frust und Sorge. Sie suchte immer noch nach dem Fehler, den sie begangen hatte – nach dem Fehler, der für dieses Chaos verantwortlich war und jetzt drohte, alles durcheinander zu bringen: angefangen bei ihrer eigenen Existenz. Drei Stunden später rieb sie sich seufzend die Augen, warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und entschied sich, die restlichen Minuten bis zum Unterrichtsschluss vor den Türen der Bibliothek auf ihre Hauskameraden zu warten. Ein Paar Minuten hatte sich Hermine außerdem zur Stoffwiederholung gegönnt – und war es nur, damit sie Dumbledore beeindrucken und ihr Gewissen ein bisschen entlasten konnte. Eines der Bücher zur Auswahl unter der Achsel, trommelten Hermines Finger als dann einen unstimmigen Rhythmus auf dem Buchdeckel, ein wenig überrascht ob der untergehenden Sonne hinter den Bergen des schottischen Hochlands und der damit verstrichenen Zeit, die sie einmal mehr kauernd zwischen Buchseiten verbracht hat. Ihre Mundwinkel zuckten, flüchtig amüsiert über sich selbst, und an eines der Fenster heran tretend, verlor sich Hermine in dem Anblick des Sonnenuntergangs, der so unglaublich viel falsche Ruhe und aufgesetzten Frieden verkörperte, dass ihr eigentlich davon hätte übel werden sollen. Wenn hier die Sonne unterging, ging sie bei Harry und Ron bestimmt wieder auf, nicht wahr? **** |[x]| **** Es war schließlich das unheimliche und unerwartete Gefühl beobachtet zu werden, das Hermines Unterbewusstsein von dem natürlichen Schauspiel ablenkte und sie misstrauisch zur Seite umsehen machte. Zuerst war es nur ein Kribbeln in den Fersen, dann in den Waden und Kniekehlen, bis es zu einem Schauer heran wuchs, der ihr über den Rücken hinweg kalt durch den gesamten Körper jagte. Eine sanfte Falte der Irritation bildete sich auf ihrer Stirn, während ihr Augenmerk versuchte im Halbdunkel des Ganges vor der Bibliothek den Grund für ihre plötzliche Aufruhr auszumachen, die gefährlich an Paranoia grenzte. Doch das einzige, was sie sah, waren die Lichtkegel der sinkenden Sonne und den Staub, der darin tänzelte. Hermine presste das Buch ein wenig fester an ihren Leib, dem Fenster unlängst den Rücken gekehrt, weil ihre Aufmerksamkeit in Alarmbereitschaft versetzt worden war. Sollte sie womöglich einfach in die Bibliothek zurück gehen? Wenn sie den Gedanken an eine kleine Flucht abwägte, war es jeden Falls längst zu spät, denn am Ende des Ganges sah Hermine die deutliche Regung einer hoch gewachsenen Silhouette, die mit ausgreifendem Schritt abrupt in ihre Richtung stakste. Das Herz der Gryffindor setzte zuerst einen Schlag lang aus, bevor es einen Marathon startete. Ihre Knie wurden weich – zu weich für einen rettenden Sprint zurück zu den Portalen der Bücherei, die keimende und völlig überdrehte Angst schnürte ihr trocken die Kehle zu. Sie stockte, setzte einen Fuß zurück und zog ihren Zauberstab aus der unscheinbar kleinen Umhängetasche, die über ihrer Schulter baumelte. Wieso fühlte sie sich wie ein Reh im Scheinwerferlicht? War sie inzwischen so von ihrem eigenen Krieg gezeichnet, dass ihre Intuition stärker handelte, wie ihr Verstand? "Oi, Hermine – alles in Ordnung?", kündigte die tiefe Stimme von Thoran im selben Moment Erleichterung an, indes sein Konterfei in dem diffusen Halbdunkel sichtbar wurde. Er machte einen betretenen Eindruck. "Tut mir leid, wenn ich dich habe warten lassen, aber Ignatius hat es in Verteidigung gegen die Dunklen Künste etwas böse erwischt und Professor Merrythought hatte mich darum gebeten, ihn im Krankenflügel abzusetzen. Hat leider etwas Zeit in Anspruch genommen." Der blonde Hüne stutzte ob dem erschrockenen Ausdrucks, der sich kennbar auf Hermines Gesicht gelegt hatte; er blinzelte zweimal heftig. "Ich wollte dich nicht erschrecken." Die Hände wehrlos erhoben, grinste er darauf hin unsicher, bis die Brünette seufzte, zu sich selbst den Kopf schüttelte und den Zauberstab sinken ließ. Die magische Wärme in ihrer Hand war nur ein Indiz von vielen dafür, wie nahe sie daran gewesen war Thoran aus der Drehung heraus zu verzaubern. War sie so unfähig zu akzeptieren, dass sie sich hier auf Hogwarts in Sicherheit wägen konnte? Dass Dumbledore hier war? Oder verlor Hermine zwischen Verfolgungswahn und Zeitsprüngen allmählich ihren gesunden Menschenverstand? Riddle hatte die Kammer des Schreckens nach Myrtes Tod nie wieder geöffnet, nicht wahr? Sie wusste es nicht mehr. Ihr Magen verkrampfte sich. "Wen hast du denn erwartet?", wollte Thoran dann wissen. Er nahm ungefragt das Buch an sich, das die Brünette krampfhaft fest gehalten hat und machte auf den Fersen kehrt, wobei er Hermine bedeutete, ihm zu folgen. "Niemanden", entgegnete sie stumpf. Als sie den Weg zu den Treppen einschlugen, warf die Gryffindor einen letzten, prüfenden Blick über ihre Schulter. Aber alles, was sich hinter ihr ausbreitete, war die Dunkelheit der einkehrenden Nacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)