My lovely Valentine von Tamanna (Geschichtensammlung zum Valentinstag) ================================================================================ Kapitel 9: Brieflein, Brieflein, du musst wandern... ---------------------------------------------------- Brieflein, Brieflein, du musst wandern...   „Fertig!“ Freudestrahlend hielt Morgiana ihren ersten Brief in den Händen. Überglücklich wandte sie sich an die Person neben sich. „Vielen Dank, dass du mir dabei geholfen hast, Sinbad.“ Der König von Sindria schenkte ihr ein Lächeln. „Das habe ich doch gern gemacht. Und? Für wen ist der Brief?“ Morgiana errötete und versteckte ihr Gesicht hinter dem Briefumschlag. „Das… das ist geheim!“ Sinbad nickte verstehend. Der Brief war für einen ganz bestimmten Mann gedacht. „Nun, dann wünsche ich dir viel Glück!“ Morgiana nickte lächelnd, dann wollte sie die Tür öffnen, als diese plötzlich aufflog – Ja’far musterte sie überrascht, dann erblickte er Sinbad und sein Gesicht verfinsterte sich. „Hier steckst du, Sin! Du dachtest wohl, du könntest dich vor der Arbeit drücken!“ Sinbad zuckte zusammen. „Ich habe nicht versucht, mich zu drücken!“, rief er erbost. „Ich habe Morgiana bei einem Brief geholfen!“ „Verkauf mich nicht für dumm! Du nutzt doch jede Gelegenheit, um nicht die Schreibarbeiten erledigen zu müssen!“ „Dieser ganze Schreibkram ist so langweilig“, maulte Sinbad. Während Ja’far weiter mit seinem König schimpfte, verließ Morgiana lautlos den Raum und eilte die Gänge entlang, um den Brief an ihren heimlichen Schwarm zu überbringen. Als sie mit den Gedanken woanders um die Ecke bog, prallte sie mit voller Wucht mit Jemandem zusammen, flog über das Geländer und stürzte hinunter in den Innenhof – auf halbem Wege blieb sie jedoch hängen. Die junge Fanalis strampelte mit den Füßen, bekam sich jedoch einfach nicht frei. „Mo! Alles in Ordnung?!“, rief jemand von unten herauf. Morgiana sah hinunter und erkannte ihren Lehrmeister, Masrur. Offenbar war sie mit ihm zusammengestoßen. Masrur war in den Hof hinunter gesprungen, um seine Schülerin aufzufangen, als diese auf halbem Wege stecken blieb. „Ja, alles gut!“, rief sie hinunter. „Aber ich hänge fest! Ich komme hier nicht los!“ Masrur kratzte sich ratlos am Hinterkopf. „Tja… Da kann ich leider auch nichts machen. Du hängst da schon ziemlich ungünstig.“ Morgiana dachte kurz nach. „Könntest du dann wenigstens diesen Brief hier überbringen?“, fragte sie und warf den Brief zu ihm hinunter. „An Ali Baba, okay?“ Masrur fing den Brief auf, rief: „Okay!“ und machte sich auf den Weg. Morgiana blieb an der Außenmauer des Palastes hängen und überlegte, wie sie hier wohl wieder herunterkam.   Masrur begab sich inzwischen auf die Suche nach Ali Baba. Soweit er wusste, befand dieser sich gerade beim täglichen Schwerttraining mit seinem Lehrmeister. Also machte er sich auf den Weg zu deren Trainingsplatz. Dort angekommen bemerkte er, dass Ali Baba nicht dort war – dafür aber sein Lehrer, Sharrkan. Er unterhielt sich gerade mit Pisti. Als dieser seinen Kollegen sah, zeigte er sich überrascht. „Dich habe ich schon lange nicht mehr gesehen! Was tust du hier?“ „Ich suche Ali Baba.“ „Der hatte noch was zu erledigen, also haben wir früher Schluss gemacht.“ „Verstehe.“ Masrur machte auf den Absatz kehrt, um woanders nach Ali Baba zu suchen. Sharrkan überholte ihn jedoch rasch. „Hey, wenn du schon mal hier bist, könnten wir doch ein wenig den Schwertkampf trainieren? Ich erkläre mich auch dazu bereit, dein Spairingspartner zu sein. Na, wie wär’s?“ Masrur schüttelte nur den Kopf. „Nein. Du wärst keine Herausforderung für mich, Senpai.“ Zunächst leicht betröppelt, wurde Sharrkan schnell zornig und packte Masrur wütend am Kragen. „Was hast du gesagt?! Was fällt dir ein! Werd` ja nicht übermütig! Das ist jetzt schon das zehnte Mal, dass du mich abweist! Was passt dir nicht daran, mit mir zu trainieren?!“ Das sonst so ernste Gesicht des Fanalis’ wirkte plötzlich traurig. „Es tut mir sehr leid, Senpai. Aber… seit der Sache damals… kann ich einfach kein Schwert mehr in die Hand nehmen.“ Sharrkan ließ ihn los. Er wusste, dass Masrur früher als Sklave gehalten und gezwungen wurde, als Gladiator im Kolosseum von Reim zu kämpfen. „Ach so ist das. Bitte entschuldige“, sagte Sharrkan leicht betreten. Pisti, die sich die ganze Sache bislang stillschweigend angehört hatte, warf fröhlich ein: „Hey Masrur, dafür, dass du so traumatisiert sein sollst, siehst du aber sehr glücklich aus, wenn du mit Sinbad trainierst.“ Begreifend, dass man ihn belogen hatte, flippte Sharrkan wieder aus. „Was war das?! Du Bastard hast gelogen?!“ Masrur zog es vor, lieber das Weite zu suchen. Sharrkan, immer noch rasend vor Wut, rannte ihm nach, Pisti’s lautes Gelächter hinter sich hörend. Er jagte den Fanalis quer durch den Innenhof, doch dieser war einfach viel zu schnell. Innerhalb kürzester Zeit hatte er seinen Senpai abgehängt. Keuchend kam Sharrkan vor der Treppe zum Palast zum stehen. „Du bist wirklich ein Idiot. Hast du nichts Besseres zu tun, als Masrur zu nerven?“ Sharrkan zuckte zusammen. Diese Stimme kannte er nur zu gut. Auch das noch! Genervt wandte er den Kopf zur Seite und sah sich Yamraiha gegenüber. „Was geht dich das an?“, herrschte er sie an und richtete sich stöhnend auf. „Und? Hast du auch brav deinen kleinen Zauberstab geschwungen und Feenstaub in der Luft verteilt?“ Yamraiha verzog wütend das Gesicht. „Mein Zauberstab verteilt keinen Feenstaub, aber wenn du so verrückt nach Staub bist, verwende ich gerne einen Zauber, der dich in den Staub wirft.“ „Pah! Bist du eine deiner ewig langen Formeln aufgesagt hast, habe ich dich längst mit meinem Schwert zu Filet verarbeitet!“ Yamraiha lachte höhnisch. „Als ob deine albernen Schwert-Kunststückchen zu mehr taugen würden, als für eine Zirkusshow!“ Sharrkan fletschte wütend die Zähne. „Ach ja?! Wir können es ja mal ausprobieren! Hast du Lust?!“ Bevor die Situation eskalieren konnte, tauchte Pisti am Fenster über ihnen auf. „Hey Sharr, Sin sucht nach dir!“ Zähneknirschend marschierte Sharrkan an ihr vorbei in den Palast. Yamraiha sah ihm kopfschüttelnd nach, dann fiel ihr Blick auf etwas, das im Gras lag. Neugierig ging sie zu dem Gegenstand und hob ihn auf. „Ein Brief…“, murmelte sie. Es stand kein Absender darauf, also öffnete sie ihn, um herauszufinden, was das war.   Wenn der Mond hell am Firmament leuchtet, warte ich bei den blühenden Blumen mit glühendem Herzen auf dich.   Yamraiha bekam einen hochroten Kopf. Was war das denn?! Von wem war der? Und für wen war der? Plötzlich kam der Wasserhexe ein Gedanke. Der Brief hatte nur wenige Zentimeter von der Stelle entfernt gelegen, an der Sharrkan gerade stand. War der Brief etwa von ihm? Und hatte er ihn absichtlich fallengelassen, weil sie ihn finden sollte? Konnte das tatsächlich wahr sein? Yamraiha sah zum Palast hinauf. Sie hätte schon wahnsinnig gern einen Freund. Aber sie und er…?   Mittlerweile war es Abend geworden und der Mond stand hell am Nachthimmel. Morgiana, die sich aus ihrer misslichen Lage endlich befreien konnte, saß im Innenhof in der Nähe des größten Blumenbeetes und sah hinauf. Hoffentlich würde Ali Baba hier auftauchen. Dann könnte sie ihm endlich sagen, was sie empfand. Und vielleicht würden sie und er dann… Morgiana errötete ob dieses Gedankens und wippte ungeduldig mit dem Hintern vor und zurück. Ihr Herz raste wie verrückt. Plötzlich tat sich im Dunkeln etwas. Aufgeregt sprang Morgiana auf und versteckte sich hinter einer der Steinsäulen. Ihr Herz blieb fast stehen, als sie tatsächlich Ali Baba den Innenhof betreten sah. Doch er war nicht allein – Aladdin begleitete ihn. Sofort zog sich die junge Frau noch weiter hinter die Säule zurück und lauschte dem Gespräch der beiden Jungs. „Hast du eine Idee, von wem der Brief sein könnte, Ali Baba?“ „Nein, keine. Aber ich bin gespannt, wer es war.“ Aladdin blieb nachdenklich stehen. „Aber woher willst du wissen, dass der Brief für dich war? Er ist dir im Palast doch bloß auf den Kopf gesegelt.“ „Hast du den Brief mal gelesen? Der muss garantiert von einer vornehmen Dame geschrieben worden sein! Sie ist sicher zu schüchtern, um ihren Namen darunter zu schreiben oder ihn mir persönlich zu übergeben. Daher hat sie diesen Weg gewählt.“ Plötzlich hörten die beiden Jungs ein Geräusch. „Da kommt jemand! Vielleicht ist es ja ein Soldat! Um diese Uhrzeit sollten wir eigentlich nicht mehr hier draußen sein. Besser wir verstecken uns.“ Die Jungs huschten schnell hinter eine Säule, weit weg von der, hinter der Morgiana war. Nach einigen zähen Sekunden tauchte Sharrkan auf. Er fluchte wütend vor sich hin und rieb sich dabei eine Beule am Kopf. „Man, warum muss ausgerechnet ich diesen blöden Brief suchen? Es war doch gar nicht meine Schuld, dass Masrur ihn verloren hat! Nur, weil ich ihn gejagt habe… Deswegen hätte mich Ja’far doch nicht gleich schlagen müssen! …Wo ist bloß dieser dämliche Wisch? Es ist viel zu dunkel hier!“ Während Sharrkan immer noch zeternd den Brief im Gras suchte, näherte sich langsam eine weitere Person dem Blumenbeet. Aladdin erkannte sofort Yamraiha. „Mist, der Brief ist weg!“, zischte Ali Baba geschockt. Genau in diesem Moment fand Sharrkan den gesuchten Brief. „Das ist er ja. Hm… Masrur sollte den bloß überbringen… Was da wohl drinsteht?“ Die drei Zuschauer erkannten, wie Sharrkan den Brief öffnete und ihn las. Kurz darauf lief er feuerrot an. „Was? Was? Was? Was? Was?! Wer-wer schreibt denn so etwas?! Hm… steht kein Absender drauf. Aber eigentlich müsste derjenige gleich hier auftauchen.“ „…Sharrkan?“ Der Schwertmeister wirbelte herum. Seine Kinnlade klappte herunter. Hat sie den Brief etwa geschrieben?! Der Brief war also wirklich von ihm… Schweigend standen die beiden Streithähne sich gegenüber, dann traten sie langsam aufeinander zu. Die drei heimlichen Zuschauer schluckten schwer. Wurden sie hier etwa Zeuge einer Liebesgeschichte? Sharrkan und Yamraiha kamen sich immer näher. Nur wenige Zentimeter trennten sie voneinander. Ali Baba begann heftig zu zittern und er schluckte schwer. „Aladdin, lass uns hier verschwinden!“ Aladdin schüttelte den Kopf, seine blauen Augen leuchteten. Dass ihre jeweiligen Lehrmeister hier vor ihren Augen mit ihrer Romanze begannen, fand er unheimlich aufregend. „Nein, ich will das hier sehen!“ „Bitte, Aladdin! Meine Nerven halten das hier nicht aus! Ich meine, ich krieg hier gleich Nasenbluten!“ „Dann stopf dir beide Daumen in die Nase und sei endlich still!“, zischte der Kleine genervt. Auch Morgiana war peinlich berührt. Dennoch konnte sie keine Sekunde wegsehen. Die beiden Generäle Sindria’s standen ganz dicht voreinander, dann überwanden sie die letzten Zentimeter, um sich zu küssen – als plötzlich ein lauter Nieser die Stille durchbrach. Geschockt stobten die zwei Liebenden auseinander. Wenige Sekunden später torkelte Sinbad auf die Zwei zu. „Oh, was macht ihr Beide denn hier? Eine schöne Nacht, nicht wahr?“, rief der König ahnungslos. Morgiana war so überrascht, dass sie ihre Vorsicht vergaß und aus ihrem Versteck hervortrat. „Sinbad!“ „Mo?!“, rief Ali Baba überrascht. Morgiana errötete und wandte sich ab. Aladdin trat ebenfalls hervor und stampfte wütend mit dem Fuß auf. „Man, Onkel Sinbad! Warum musstest du ausgerechnet jetzt stören! Wo die beiden doch gerade dabei waren, sich zu kriegen!“, schimpfte er. Sharrkan und Yamraiha erröteten vor Scham, als sie bemerkten, wie viele heimliche Zuschauer sie hatten. Während Sharrkan sofort das Weite suchte, rief Yamraiha laut: „Wir wollten uns gar nicht kriegen!!“, ehe sie ebenfalls davon stürmte. Aladdin verschränkte gelangweilt die Arme hinter dem Kopf. „Wie langweilig! Komm, wir gehen wieder, Ali Baba!“, meinte er und zog den Blonden hinter sich her. Der sah immer noch mit offenem Mund in Richtung Morgiana, die sich heimlich in die andere Richtung davonstahl. Letztendlich blieb Sinbad allein zurück, mit lauter Fragezeichen im Gesicht. „Aber… ich bin doch der König…“, jammerte er. Ein kalter Wind wehte ihm um die Ohren und brachte den König zum Niesen. „Mir ist kalt… ~ Owari ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)