Last Desire: Devious Desire von Sky- ================================================================================ Kapitel 25: Ende gut, alles gut ------------------------------- Nach dem Kampf war Samajim erst mal völlig erschöpft gewesen, vor allem weil er schon so lange nicht mehr gekämpft hatte. Und dann auch noch ein Dukrav gegen seinen Bruder. Kaum, dass er sich auf die Couch gelegt und sich eine Zigarette angezündet hatte, war er auch schon eingeschlafen. Nabi deckte ihn daraufhin zu, drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, bevor ein Unglück passieren konnte und bekam noch Besuch von Nakash, der sich das kleine gerettete Kätzchen ansehen wollte und auch schon mal ein paar Sachen mitgebracht hatte, da er selbst mal eine Katze gehabt hatte. „Na da hast du dir ja was Niedliches rausgesucht. Ich hatte vor knapp acht Jahren eine Ragdollkatze gehabt. Sie wurde von ihren Besitzern am Straßenrand ausgesetzt und war schwer krank und unterernährt. Aber wir waren ein Herz und eine Seele gewesen.“ „Und woran ist sie gestorben?“ fragte Nabi, während er gerade dabei war, den kleinen Laban zu füttern. Da dieser noch keine richtigen Milchzähne hatte, würde er noch die Flasche bekommen. „An Altersschwäche. Ich hatte sie gut neun Jahre gehabt und dafür, dass man sie zuerst einschläfern wollte, hat sie sich gut gehalten. Sie war eine sehr intelligente Katze und wusste auch, dass ich kein Mensch bin. Tiere merken so etwas sehr schnell und sie wissen auch, dass wir ihre Gefühle und Gedanken verstehen können. Amelie, so hieß meine Ragdoll, war eine Zeit lang schwer depressiv gewesen, weil ihre Besitzer sie einfach ausgesetzt hatten und sie nicht wusste, warum das passiert war. Aber sie hatte eine glückliche Zeit bei mir und ist auch glücklich gestorben. Besonders Katzen sind glücklich, wenn sich Unvergängliche um sie kümmern, weil diese sie ausnahmslos immer verstehen. Menschen sind da meist nicht wirklich dazu in der Lage und verstehen sie auch schnell falsch. Für eine Katze sehr ärgerlich. Aber ich denke, der kleine Laban wird es sehr gut bei dir haben. Was sagt denn eigentlich der Alte dazu?“ „Er hat ihn sofort ins Herz geschlossen. Vor allem kam er mit der Idee an, dass Laban ja die Ratten und Tauben jagen könnte, wenn er alt genug ist.“ „Ist doch super. Dann hört doch zumindest die Dachschießerei auf.“ „Ich will es hoffen. Ehrlich gesagt frage ich mich schon ernsthaft, wie oft ich das Dach eigentlich schon repariert habe.“ Sie unterhielten sich noch bis zum Abend, bis Nakash sich verabschiedete und ging. So war Nabi alleine mit Laban und seinem schlafenden Herrn. Nachdem er seinem kleinen Schützling einen gemütlichen Schlafplatz hergerichtet hatte, blieb er noch, bis Laban eingeschlafen war, dann legte auch er sich schlafen. Als er am nächsten Morgen aufwachte, bereitete er das Frühstück vor so wie immer und kümmerte sich um Laban, dann klingelte es auch schon an der Tür und zu seiner Überraschung stand Abdiel, Malakhs Diener vor ihm. „Entschuldige, aber ist Samajim der Alte zu sprechen?“ „Nein, mein Meister schläft noch. Aber komm doch rein. Ähm… Abdiel war dein Name, richtig?“ Der Brünette nickte und folgte Nabi in die Küche, wo ihm erst mal eine Tasse Kaffee serviert wurde. Nabi fragte nach, wieso Abdiel ihn sprechen wollte und dieser erklärte, dass er sich noch mal in aller Form dafür entschuldigen wollte, dass er seinem Meister die Idee mit dem Dukrav nicht hatte ausreden können. „Mein Meister arbeitet zwar gewissenhaft, aber er hört wirklich nie auf mich… selbst die dümmsten Ideen lässt er sich nicht ausreden.“ „Ja, das kenne ich auch“, gab Nabi zu und lachte. Da begann er ihm von Samajims Angewohnheit zu erzählen, was die Schießerei auf Tauben betraf, oder was die frechen Sticheleien nebenbei betrafen. Abdiel hörte ihm aufmerksam zu und lachte, da er nicht fassen konnte, wie sehr sich doch die beiden Brüder ähnelten, obwohl sie charakteristisch so unterschiedlich waren. „Wir sind da an zwei echt einzigartige Herrn geraten, was?“ „Oh ja!“ betonte Nabi und gab etwas Zucker in seinen Kaffee. „Aber ich bin trotzdem sehr glücklich an Meister Samajims Seite und wir beide lieben uns auch sehr. Ich bin manchmal auch irgendwie seine Nanny.“ „Da kann ich auch ein Lied davon singen. Manchmal ist es so, als müsste ich auf einen kleinen Jungen aufpassen und da fragt sich doch, wer der Meister und wer der Diener ist. Aber Meister Mala war nie böse deswegen auf mich. Er lässt sich immer von mir ausschimpfen und hat mich nie deswegen bestraft oder mich schlecht behandelt. Und… irgendwann ist auch zwischen uns der Funke übergesprungen und wir führen eine etwas eigenwillige Beziehung.“ „Und wie bist du zu ihm gekommen?“ „Ich wurde überfallen und als Diener an Miswa verkauft. So was nennt man wohl Pech… ich hab miterlebt, wie sie immer mehr ihrer Bediensteten enthauptet oder erschlagen hatte und auch ich bin nicht verschont geblieben.“ Damit zog er sein Shirt aus und zeigte Nabi eine schwere Verletzung auf seinen Rücken, die wie ein Brandzeichen aussah. „Alle Diener wurden auf diese Weise als Eigentum gekennzeichnet. Der Vorteil dabei ist zumindest, dass man an diesen Stellen die Peitschenhiebe nicht spürt.“ „Du wurdest ausgepeitscht?“ „Täglich. Meine alte Herrin hatte eine erstaunliche Vorliebe für Sadismus. Aber wenn man eben lange lebt, braucht man ein Hobby. Und das war nun mal ihres gewesen. Und da sie mich wohl nicht sonderlich leiden konnte, hat sie mir irgendein Vergehen in die Schuhe geschoben und wollte mich erneut foltern. Ich bin daraufhin weggelaufen aus Angst davor, was dann passieren würde. Ich wusste, dass das, was da in ihrem Folterkeller auf mich gewartet hätte, bei weitem schlimmer als der Tod wäre. Tja und da ich weggelaufen bin, hat sie eben die Head Hunter auf mich angesetzt. Weit bin ich aber nicht gekommen, weil sich meine Wunden entzündet hatten und ich kaum noch laufen konnte. Schließlich bin ich zusammengebrochen und wollte nur noch sterben, da hat mich Meister Mala gefunden, der damals Anführer der Head Hunter war. Doch anstatt mich zu töten, hat er mich gesund gepflegt und mich Miswa schließlich abgekauft. Damit war ich offiziell sein Diener.“ „Dann teilen wir beide wohl eine ähnliche Geschichte. Wäre Meister Samajim nicht gewesen, dann wäre ich hingerichtet worden. Wie es aussieht, sind wir beide vor einem schrecklichen Schicksal bewahrt worden.“ „Auf unsere heldenhaften Meister!“ Damit erhoben sie beide ihre Tassen und stießen an. Es war erstaunlich, wie gut man sich mit Abdiel unterhalten konnte, wo er doch am Tag zuvor ganz anders gewirkt hatte. Größtenteils aber auch hauptsächlich deswegen, weil er wegen Malakhs Verschwinden und dem Dukrav so wütend gewesen war. „Ich bin manchmal ein wenig überängstlich, was das Wohlbefinden meines Meisters anbelangt“, gab er schließlich zu, „aber das hat auch seine Gründe. Als Meister Mala während des Krieges in einen Hinterhalt geriet, war er mehr tot als lebendig, als ich ihn fand. Lediglich einem Wunder ist es zu verdanken, dass er überlebt hat. Ich habe es von Minha gekauft und es hat mich ein Vermögen gekostet, wenn ich ehrlich sein soll. Aber… das war es mir alle Male wert.“ „Du hast eines von Minhas Wundern gekauft? Was musstest du dafür hergeben?“ „Meine Vergangenheit vor meiner Dienerschaft und meinen wahren Namen.“ „Dann ist Abdiel nicht dein richtiger Name?“ Der Diener schüttelte den Kopf und senkte den Blick. „Nein. Ich erinnere mich auch nicht mehr an ihn, auch nicht daran was war, bevor ich an Miswa verkauft wurde. Und auch niemand sonst weiß von meiner Vergangenheit. Und da ich keinen Namen mehr hatte, gab Meister Mala mir einen neuen. Er hatte lange Zeit ein schlechtes Gewissen, weil ich wegen ihm meine Vergangenheit verloren habe, aber ich finde es nicht sonderlich schlimm. „Abdiel“ ist ein Name, den Meister Mala für mich ausgesucht hat und für mich ist er ein Geschenk.“ „Willst du deinen alten Namen und deine Vergangenheit gar nicht mehr zurück und wissen, wer du wirklich bist?“ Abdiel schüttelte lächelnd den Kopf und erklärte „Ich lebe im Hier und Jetzt bei meinem Meister und ich bin dankbar für das, was ich habe. Ich bin wer ich bin und das ist alles, was zählt. Meister Mala liebt mich auch ohne Namen und Vergangenheit und das ist für mich das Wichtigste.“ Nun, vielleicht würde es Nabi auch nicht anders in seiner Situation ergehen. Jedenfalls schien er Recht gehabt zu haben, dass sich Abdiel gut um seinen Herrn kümmerte. „Du passt wohl sehr gut auf ihn auf, was?“ „Klar, irgendjemand muss es ja machen und Meister Mala bringt sich oft genug selbst in Gefahr. Insbesondere beim Training. In der Hinsicht ist er manchmal ziemlich rücksichtslos und kommt manchmal mit schweren Verletzungen zurück, die ich dann versorgen muss. Und als er mit dem Vorhaben ankam, seinen älteren Bruder zum Dukrav herauszufordern, da hatte ich echt noch die Befürchtung gehabt, dass er dabei draufgehen könnte. Deshalb wollte ich ihn auch mit allen Mitteln davon abhalten, aber der Kerl hat mich eben einfach ausgetrickst.“ „Es ist ja zum Glück alles gut gegangen und Ain hätte mit Sicherheit auch nicht zugelassen, dass einer von den beiden zu Tode kommt.“ „Auch wieder wahr. Trotzdem hatte ich echt Angst um meinen Herrn. Naja, es ist ja alles gut gegangen und wir hatten auch mal die Chance, einander kennen zu lernen. War mir echt eine Freude, den berühmten Nabi zu sehen, dessen Hilfe es zu verdanken war, dass der Krieg gewonnen werden konnte.“ „Nur nicht übertreiben“, rief Nabi und wurde ganz verlegen. „Ich habe nur getan, was richtig war. Und außerdem…“ Er sprach nicht weiter, als die Tür aufging und Samajim hereingeschlurft kam. Er sah hundemüde aus und hatte wahrscheinlich auch nicht sonderlich gut geschlafen. Aber es war sowieso bekannt, dass er ein Morgenmuffel war, da brauchte man sich ohnehin keine Gedanken zu machen, weil er schlechte Laune hatte. Das Aufstehen war für ihn der größte Graus. „Morgen…“, murmelte er und setzte sich auf seinen Platz, dann ließ er sich von Nabi Kaffee einschenken. Er brauchte einen Moment um zu bemerken, dass Besuch da war. „Bist du nicht Abdiel?“ „Ja, ganz recht“, bestätigte der Diener, erhob sich und verbeugte sich tief. „Ich wollte mich noch mal entschuldigen, dass es mir nicht gelungen ist, meinen Meister davon abzuhalten, Euch zu einem Dukrav herauszufordern.“ „Schon in Ordnung“, sagte Samajim nur und winkte ab. „Ich bin von Mala ja sowieso nichts anderes gewohnt und da kannst du ja wohl am allerwenigsten für. Aber ihr beide scheint euch ja ganz gut zu verstehen, oder?“ „Kann man so sagen“, gab Nabi zu. „Sag mal Abdiel, werdet ihr wieder zurückgehen oder bleibt ihr hier?“ „Ähm… wenn ich meinen Meister richtig verstanden habe, meinte er sei deinen Feinden näher als deinen Freunden. Und egal wie es dieser Mistkerl geschafft hat, mich schon wieder zu besiegen, ich finde es schon noch raus und ich werde beweisen, dass er geschummelt hat. Ich interpretiere es also mal so, dass er erst mal hier bleiben wird. Das gilt dann wohl auch für mich…“ Als Samajim das hörte, schlug er sich die Hand gegen die Stirn und stöhnte genervt. „Das kann doch wohl nicht wahr sein. Aber das ist auch mal wieder so was von typisch für meinen Bruder. Nicht nur, dass er so ein verdammt schlechter Verlierer ist, er ist auch noch der größte Trotzkopf, der mir jemals untergekommen ist. Na wunderbar. Jetzt darf ich mich mit noch mehr Problemen herumärgern… und dabei hatte ich gehofft, es würde endlich wieder etwas ruhiger werden. Naja, da ist jetzt auch nichts mehr zu ändern. So wie ich diesen Knallkopf kenne, wird er erst Ruhe geben, wenn er mich besiegt hat.“ „Tut mir leid“, sagte Abdiel und verbeugte sich wieder entschuldigend, aber Samajim schüttelte nur den Kopf. „Ist ja nicht deine Schuld, dass dein Herr noch schwerer zu bändigen ist als ein Sack Flöhe. Na was soll’s. Solange er mir nicht ständig auf die Nerven geht, ist es ja in Ordnung. Aber leg ihm bitte nahe, dass er sich dann schon unauffällig in dieser Welt aufhält. Ich hab zwar mit der Kirche ein Abkommen getroffen, weshalb wir unsere Ruhe haben, aber wenn Mala zu sehr auffällt, dann kann uns die Kirche auch nicht mehr helfen und das wird nur ein einziges Durcheinander geben, welches letzten Endes ich wieder ausbaden muss.“ „Das werde ich tun“, versicherte Abdiel und verabschiedete sich auch schon sogleich. Nabi begleitete ihn noch zur Tür und sie vereinbarten, dass sie sich mal treffen könnten, wenn sie Zeit hatten. Im Anschluss kehrte Nabi zurück in die Küche und war sichtlich gut gelaunt. „Na?“ fragte Samajim, der sich einen Löffel Zucker nach dem anderen in den Kaffee gab. „Hast du einen Freund fürs Leben gefunden?“ „Scheint so“, gab der Schwarzhaarige zu und grinste. „Es ist schon verrückt, wie ähnlich ihr Brüder euch eigentlich seid.“ Nun sah Samajim von seinem Kaffee auf und sah Nabi fast schon entgeistert an. „Hast du dir irgendetwas in den Kaffee gemischt? Als ob ich mit diesem Knallkopf irgendetwas gemeinsam hätte. Er ist ein kindischer Dickkopf, dem du sagen kannst, was du willst und er macht doch nur sein eigenes Ding. Zudem ist er launisch, stur und unbelehrbar.“ „Das umfasst eigentlich so ziemlich die negativen Eigenschaften, die auch auf Euch zutreffen.“ „Aber nicht in der gleichen Weise wie dieser Kindskopf.“ Offenbar will wohl keiner von beiden sehen, wie viel er mit seinem Bruder eigentlich gemeinsam hat. Schon verrückt… Wie es aussieht, scheinen nur wir Diener das zu sehen. Naja, wir kennen unsere Meister ja auch mit all ihren Marotten und guten wie schlechten Angewohnheiten. Sollen die doch alles verleugnen und abstreiten, wir wissen es zum Glück besser. Nach dem Frühstück erledigte Nabi den Abwasch und brachte den Müll raus, während Samajim sich mit Laban beschäftigte, in den er fast schon genauso vernarrt war wie in seinen Diener. Als der Briefträger kam, drückte dieser Nabi einige Briefe in die Hand und verabschiedete sich auch schon sogleich. Neben einigen Rechnungen und der üblichen Werbung war dieses Mal ein Brief dabei, der Nabi neugierig werden ließ. Er war nämlich sowohl an ihn, als auch an Samajim adressiert. Also ging er wieder ins Haus, legte die anderen Briefe beiseite und ging ins Wohnzimmer, wo Samajim mit dem kleinen Kätzchen beschäftigt war. „Meister, da ist ein Brief für uns beide aus Boston angekommen.“ „Aus Boston?“ Sie wussten beide, was das bedeutete: dieser Brief stammte von Evas Familie. Also öffnete Nabi den Brief und überflog ihn. Wie sich herausstellte, war er von Dathan geschrieben worden. Dieser erzählte, dass Liam und Jeremiel inzwischen von ihrer Reise zurückgekehrt seien, genauso wie Beyond und L und dass demnächst ihre offizielle Verlobungsfeier stattfinden würde. Und gleichzeitig waren Nabi und Samajim auch eingeladen. Als Nabi das las, wandte er sich an seinen Herrn und konnte es selbst noch nicht glauben. „Meister, Araphel ist wieder zurück und er hat sich jetzt mit Jeremiel verlobt. So wie es aussieht, steht da wohl eine Hochzeit im Raum.“ Nun musste auch der blonde Sefira schmunzeln. „Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Araphel mal heiraten würde. Aber andererseits… er ist ja auch nicht mehr derselbe, der er damals während des Krieges gewesen ist. Dem würde ich sogar zutrauen, dass er einen guten Vater abgeben würde. Na, das ist ja wirklich schön zu hören, dass die beiden glücklich miteinander sind und sich sogar verloben wollen. Aber andererseits… Er war damals schon mit Nikolaj so glücklich und wahrscheinlich wären die beiden auch diesen Weg gegangen, wenn sich das Nowgorod-Massaker damals nicht zugetragen hätte. Und wenn ich daran denke, wie sehr Araphel damals unter dessen Tod gelitten hatte… die Gefühle der Unvergänglichen sind viel stärker als die der Menschen. Sie bleiben ewig bestehen und das ist sowohl ein Geschenk, als auch ein Fluch. Deshalb ist es gefährlich, sich auf einen Vergänglichen wie etwa einen Menschen einzulassen. Denn wenn dieser Mensch alt wird und stirbt, sind nur wenige von uns in der Lage, noch mal von vorn anzufangen und sich ein zweites Mal zu verlieben.“ „Ist das der Grund, warum die Sefirot und Seraphim die Gesellschaft der Menschen für gewöhnlich meiden?“ „Ganz genau. Es kommt selten etwas Gutes dabei raus, wenn sich Vergängliche und Unvergängliche ineinander verlieben. Es gab sogar schon Fälle, wo einige von uns sogar Selbstmord begingen, nachdem ihre Liebsten gestorben waren.“ „Dann wird es für die beiden wohl nicht ganz so einfach werden, oder?“ „Ach Nabi, das ganze Leben ist nicht einfach. Es ist oft ein einziger Kampf, aber wenn der Wille da ist, dann findet sich ein Weg. Und Jeremiel ist bereit, sein Leben als Mensch hinter sich zu lassen und zu einem von uns zu werden, weil er für immer bei Araphel bleiben will. Die Menschen sagen ja nicht umsonst, dass der Wille Berge versetzen kann. Und das stimmt auch. Ich bin ja mal gespannt, wie Jeremiels Bruder auf diese Nachricht reagieren wird. Denn der schien ja nie sonderlich viel von Araphel gehalten zu haben.“ „Stimmt. Die beiden Brüder hatten sich deswegen auch ziemlich gestritten.“ „Das liegt auch daran, weil L Evas menschliche Wiedergeburt ist. Deswegen verhält er sich auch ein Stück weit wie eine überbesorgte Mutter, die ihr Kind vor dem bösen Partner schützen will.“ „Aber Jeremiel trägt ja auch einen Teil von Eva in sich.“ „Das schon, aber er ist nicht ihre Wiedergeburt, sondern die Verkörperung der Leere. Deshalb macht er auch sein eigenes Ding und sieht Araphel auch mit anderen Augen als die anderen. Naja, vielleicht wird es wieder Streitereien geben, aber ich glaube auch, dass die beiden das geregelt kriegen. Und so entschlossen, wie Jeremiel ist, wird er sich von niemandem in seine Beziehung reinreden lassen. Nicht einmal von seiner Mutter, aber die hat ja schon ihren Segen erteilt und ist glücklich genug, dass ihre Söhne nicht allein sind. Allerdings muss ich gestehen, dass ich mir eine Zeit lang ernsthaft Sorgen um Jeremiel gemacht habe.“ „Wieso?“ Samajim zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich zurück, während Nabi sich nun mit dem kleinen Vierbeiner beschäftigte. „Nun, er hat sich ja mit seiner Proxy-Hälfte vereinigt und Sam Leens’ Erinnerungen angenommen. Für einen ehrlichen und rechtschaffenen Menschen wie ihn kann so etwas sehr belastend sein und wie ich wohl von Eva erfahren hatte, war er auch eine Zeit lang depressiv und still gewesen. Aber Araphels Familie scheint ihn ja wieder ganz gut aufgebaut zu haben. Und außerdem darf man eines nicht vergessen: er ist und bleibt nun mal der Sohn von Nastasja Kasakowa. Zugegeben, auch wenn ich nicht gerade das größte Interesse an den Menschen und ihren verrückten Ideen habe, so muss ich doch zugeben, dass diese Frau mich wirklich beeindruckt hat. Nicht nur, weil sie tatsächlich eine künstliche Seele konstruieren konnte, sondern auch wegen ihres Charakters. Ich kann da schon verstehen, dass Araphel sie auch bewundert. Erinnerst du dich noch, als wir uns den Kampf angesehen haben?“ Und ob sich Nabi daran erinnern konnte. Als es hieß, dass eine Menschenfrau ausgerechnet Araphel in Mixed Martial Arts herausgefordert hatte, wollte sich das kaum jemand entgehen lassen. Und so hatten sich Samajim, Nabi und ein Teil der Asylanten unerkannt zu der Meisterschaft begeben, um sich das selbst anzusehen. Und selten hatten sie einen Menschen gesehen, der so einen Sefira so in die Mangel nehmen konnte. „Nastasja Kasakowa hat einen starken Willen und das in vielerlei Hinsicht. Und dieser kann oft ein größeres Wunder bewirken, als man zu glauben vermag. Aber es gibt durchaus Menschen, die mit einer besonderen Begabung zur Welt kommen. Diese Menschen werden für gewöhnlich von den Sefirot auch „Chajal“ genannt. Obwohl sie nicht über die Fähigkeiten der Unvergänglichen verfügen, sind sie dennoch in der Lage, es mit ihnen aufzunehmen, wenn sie ihre Fähigkeiten hart trainieren.“ „Und Nastasja ist eine Chajal?“ „Auf jeden Fall. Aber die Zahl solcher Menschen ist extrem gering und noch weniger werden ihr Potential erreichen, weil sie es selbst nicht erkennen. Chajals sind sowohl körperlich als auch geistig äußerst begabt und es gibt auf der ganzen Welt gerade mal zehn Leute, die wirklich in der Lage wären, uns zu einer ernsten Gefahr zu werden, wenn wir in einem fairen Zweikampf gegen sie antreten würden.“ Es fiel Nabi schwer, sich vorzustellen, dass Menschen tatsächlich in der Lage waren, es mit Sefirot aufzunehmen. Vor allem, wenn er an den gestrigen Dukrav zurückdachte. „Und meint Ihr, Nastasja würde gegen Euch eine Chance haben?“ „Hm… es dürfte vielleicht schwer für sie werden, aber sie hätte gute Chancen, mir ein paar Knochen zu brechen. So viel steht fest. Also Nabi? Hast du Lust auf eine kleine Reise nach Boston?“ Nabis Augen wurden groß, als er das hörte. Es war Jahrhunderte her, seit er etwas anderes als England gesehen hatte mit der Ausnahme von Brighton. Und dann noch Amerika. „Gerne!“ rief er und war hellauf begeistert. „Und… wo bringen wir Laban unter? Fürs Fliegen ist er noch viel zu klein.“ „Frag doch mal Nakash, vielleicht kann er sich ja eine Weile um den kleinen Racker kümmern.“ „Das ist eine gute Idee. Ich frag ihn nachher mal. Er hatte ja selbst mal eine Katze und wird sich mit Sicherheit gerne um sie kümmern. Ach Mann, ich glaub es nicht. Wir fahren nach Amerika und wir sind bei der Verlobungsfeier dabei. Das wird sicherlich schön. Aber da fällt mir etwas ein! Meister, hält sich Sereas eigentlich noch in Amerika auf?“ „Ich glaub schon. Vermutlich hat er einen Auftrag.“ „Nicht, dass er noch hinter Araphel her ist. Teilweise sind die Listen ja ziemlich veraltet.“ Aber Samajim sah das Ganze wesentlich entspannter und sagte nur „Selbst wenn, dann kann man immer noch vernünftig mit ihm reden. Und außerdem halte ich es für äußerst unwahrscheinlich, dass tatsächlich nach all der Zeit noch Araphels Name auf der schwarzen Liste steht, nachdem er doch von Ajin Gamur selbst von seiner Todesstrafe freigesprochen wurde unter der Auflage, dass ich ihn bewache und unter Kontrolle halte. Manchmal machst du dir wirklich zu viele Gedanken. Du hör mal, du kannst schon mal deine Sachen packen. Ich organisiere uns den nächsten Flug.“ Dieser so plötzliche Aufbruch machte Nabi nun doch ein wenig misstrauisch und so langsam begann er zu ahnen, was der Grund dafür war und verschränkte die Arme. „Meister, kann es sein, dass Ihr nur deshalb die Einladung annehmt, weil Ihr bloß vor Eurem Bruder flüchten wollt?“ „So ein Unsinn“, rief Samajim, aber Nabi erkannte sofort, wann er log. „Als ob ich es nötig habe, vor meinem kleinen Bruder abzuhauen.“ „Ja, ja… redet Euch das ruhig selbst ein…“ Damit ging Nabi in sein Zimmer und begann damit die Koffer zu packen. Er wusste, dass sein Meister überhaupt nicht der Typ für große Veranstaltungen war. Dementsprechend nutzte er diese Einladung bloß als willkommene Gelegenheit, bloß schnell abzuhauen, bevor Malakh wieder angetanzt kam und ihm erneut auf die Nerven ging. Aber das war ihm jetzt auch egal. Er freute sich schon richtig darauf, auch endlich mal Amerika zu sehen und vor allem die anderen auch mal wiederzusehen und zu erfahren, wie es ihnen inzwischen ging. „Na dann“, sagte er zu sich selbst und konnte sich ein vorfreudiges Lächeln nicht verkneifen. „Auf nach Boston.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)