Babysitten für Fortgeschrittene von RedRidingHoodie ================================================================================ Kapitel 9: Schulhof Rowdies --------------------------- Mein ganzer Körper fühlte sich schwer an, als hätte jemand während ich schlief ein Gewicht über mich gelegt. In der ersten Sekunde nachdem ich das Bewusstsein erlangte, war ich nicht mal sicher, die Augen öffnen zu können. Stöhnend drehte ich mich von der Seite, auf der ich gelegen hatte, auf den Bauch und drückte das Gesicht in mein Kissen. Noch träge nahm mein Hirn erst wahr, dass der Bezug gut roch, bevor es realisierte, dass es nicht nach mir roch. Langsam kehrten die Erinnerungen der letzten Nacht zurück und ich wäre am liebsten im Boden versunken. Nicht nur, dass ich Naruto wegen Sex wortwörtlich nachgelaufen war, nein, ich hatte mich auch noch dazu beschwatzen lassen, es als Frau mit ihm zu tun. Das war nicht nur erniedrigend, sondern auch ein Kontrollverlust, der mich nervös machte. Während wir miteinander schliefen, hatte ich es nicht so empfunden, aber jetzt wurde mir klar, wie sehr ich mich Naruto eigentlich untergeordnet hatte. Und dann war ich auch noch hier geblieben wie ein bedürftiges Weib, das nach Nähe bettelte und dafür sogar bereit war, auf jeden Stolz zu verzichten. Er brauchte jetzt aber nicht glauben, dass das immer so laufen würde. Ich drehte mich zur Seite, um ihm zu sagen, dass das eine einmalige Angelegenheit gewesen war – Und stellte fest, dass ich alleine war. Das nahm mir ziemlich den Wind aus den Segeln. Alleine gelassen in meiner Verärgerung, starrte ich das Kissen an, auf dem Naruto unverkennbar geschlafen hatte. Es klebten sogar noch ein paar blonde Haare am Bezug, die in seiner unbezwingbaren Mähne sicher nicht vermisst würden. Natürlich war er schon weg zur Arbeit. Wie war ich auf eine andere Idee gekommen? Vermutlich hatte ich gedacht, etwas wäre anders, weil ich zum ersten Mal in Narutos Wohnung geschlafen hatte, und ich verfluchte mich für diese Naivität. Nur, weil ich zu faul gewesen war, nach Hause zu gehen, hieß das nicht, dass er seine Pflichten vernachlässigen konnte. Ich fühlte mich noch immer gerädert, als ich zum Bettrand rutschte und die Beine über die Kante schwang. Wir hatten es wohl echt übertrieben. Aber es war auch echt gut gewesen, gab ich im Stillen zu und rieb mir den Nacken. Naruto hatte ganz eindeutig gewusst, was er tat, und hatte ich vorher die Vermutung gehabt, so war ich mir jetzt absolut sicher, dass er vor unserer Liaison mit mindestens einer Frau etwas gehabt hatte. Ich war wohl sein erster Mann gewesen, aber für eine Jungfrau hatte ich ihn nie gehalten. Allerdings fragte ich mich, wieso er nie etwas von der oder den Frauen erzählt hatte. Solange er es jetzt mit niemand anderem trieb, war das doch völlig normal. Es sei denn, er hatte tatsächlich noch jemand anderen neben mir. Bei dem Gedanken zog sich mein Magen schmerzhaft zusammen und ich hatte spontan Lust, die Designerlampe auf Narutos Nachtkästchen zu zerstören. Gleichzeitig fragte ich mich aber auch, wieso es so wichtig war, dass er nur mit mir schlief. Wir hatten schließlich keine Beziehung. Meine Entscheidung, nur mit einer Person Sex zu haben, war eine Persönliche, aber genauso wenig, wie ich ihm Rechenschaft schuldig war, schuldete er sie mir. Da er offensichtlich bisexuell war, wäre es nicht verwunderlich gewesen, wenn ihm ein Mann zu wenig war. Er hatte ja auch vorgeschlagen, dass ich mich in eine Frau verwandeln sollte. Mir kam wieder der Gedanke, dass Naruto als Hokage eigentlich Frau und Kinder haben sollte und nicht… Mich. Wenn er das eines Tages realisierte und eine Familie gründete, was würde dann aus uns? Entweder, er betrog die zukünftige Mrs. Uzumaki, oder wir beendeten es. Beide Vorstellungen gefielen mir ganz und gar nicht. Bevor ich meine Überlegungen weiterführen konnte, öffnete sich überraschend die bis dahin nur angelehnte Schlafzimmertür und Naruto kam mit einem Tablett bewaffnet herein. „Oh, du bist wach“, begrüßte er mich erstaunt lächelnd und kam näher. „Du hast geschlafen wie ein Stein, da dachte ich, ich wecke dich mit Frühstück.“ Er stellte das Tablett ab, auf dem Kaffee neben Brötchen und Orangensaft dampfte, und setzte sich neben mich. Als ich dem Kuss, den er mir auf die Schläfe drücken wollte, auswich, runzelte er verwirrt die Stirn. „Alles ok?“ „Ja, ich… Ja“, beharrte ich, da ich ihm schließlich unmöglich von meinen Überlegungen bezüglich seiner Hochzeit erzählen konnte. Erst jetzt, in seiner Gegenwart, wurde mir bewusst, wie albern das war, und dass es mich überhaupt nichts anging. Um etwas zu tun zu haben, nahm ich den Kaffee und trank einen Schluck, ehe ich fragte: „Musst du nicht arbeiten?“ Naruto, der etwas zögerlich ein Brötchen genommen hatte, weil er genau wusste, dass ich etwas verheimlichte, lachte überrascht. „Es ist Sonntag, Sasuke.“ „Oh“, machte ich meinerseits überrascht. Irgendwie war ich wohl noch im Halbschlaf, sonst hätte ich nicht erklären können, woher dieser völlige Verlust von Raum-Zeit-Verständnis rührte. „Ich dachte, deswegen wärst du überhaupt gekommen“, gestand Naruto amüsiert, ging aber zu seinem Glück nicht weiter darauf ein, sondern sagte: „Aber ich muss trotzdem noch mal ins Büro.“ Ich verdrehte die Augen. „War ja klar.“ Er grinste, rutschte weiter ins Bett und zog das Frühstückstablett mit sich. „Aber erst später. Jetzt bin ich ganz für dich da“, erklärte er gut gelaunt. Ich seufzte, setzte mich aber zu ihm, indem ich mich an das Rückenteil des Bettes lehnte und weiter meinen Kaffee trank. „Sag mal, was hast du eigentlich mit deinem Rücken gemacht?“, sprach Naruto die Verletzung an, die ich am letzten Tag von Sakura hatte verarzten lassen. Weil er das während wir miteinander geschlafen hatten nicht erwähnt hatte, hatte ich schon gehofft, deswegen meine Ruhe zu haben. „Nichts Tragisches“, spielte ich das Ganze runter, da Naruto sehr empfindlich darauf reagierte, wenn ich mich verletzte, seit ich damals als sein Bodyguard in Gefahr geraten war. „Ist beim Training mit den Kindern passiert.“ „Wie das denn?“, wollte er wissen, während er sein zweites Brötchen verspeiste. „Takeshi hat mich gegen einen Zaun geschupst. Sakura hat es sich schon angesehen.“ Zumindest letzteres stimmte ja, und irgendwie hatten die Prellungen ja auch etwas mit meinem Mitbewohner zu tun. „So? Hm… Ok“, murmelte er und seufzte dann leise. „Apropos Takeshi. Ich hätte eine Wohnung für ihn, in der er mit ein paar Jugendlichen zusammenwohnen würde. Allerdings sind sie etwas älter als er und ich weiß nicht, ob sie einen so guten Einfluss auf ihn hätten.“ Bei den Bedenken über den ´Einfluss`, den jemand auf meinen Schützling haben könnte, schnaubte ich leise. Er hatte schon die schlechtesten Vorbilder der Stadt, da würden ein paar Jugendliche auch keinen Schaden mehr anrichten. „Wenn du dir nicht sicher bist, solltest du ihn da nicht reinstecken“, entgegnete ich gelassen, woraufhin Naruto mich mit großen Augen anstarrte. „Was?“, fragte ich irritiert. „Ich dachte, du hättest den Jungen rausgeschmissen, bevor ich zu Ende gesprochen habe.“ Um nicht sofort antworten zu müssen, nahm ich ihm seine Semmel ab und aß, was noch davon übrig war. Natürlich hatte Naruto Recht; Noch vor ein paar Monaten hätte ich Takeshi bereits in diese WG geschoben und keinen Gedanken mehr an ihn verschwendet. Aber mittlerweile, so hatte ich gestern wiederwillig eingestehen müssen, hatte ich mich an meinen Mitbewohner gewöhnt. Ich wollte zwar nicht, dass er für immer blieb, aber ich wollte auch nicht, dass er schlecht untergebracht war. Hinzu kam die Tatsache, dass unsere Vorbereitungen und Teilnahme am Shadow-Dance wesentlich besser zu decken waren, wenn wir zusammen lebten. Niemand wunderte sich, wenn wir nach dem Training zusammen unterwegs waren, weil wir ja Einkäufe erledigen konnten oder so, und niemand stellte Fragen über Takeshis nächtliche Abwesenheit, weil ich der einzige war, der sie hätte bemerken können. Nein, im Moment war das ganze perfekt, und da ich nicht vorhatte, das Turnier zu beenden, bevor wir die Schulden des Jungen getilgt hatten, wäre es am besten, wenn wir die Situation beließen, wie sie war. Also zuckte ich zur Antwort auf Narutos Einwurf die Schultern. „Wenn es ihm da nicht gefällt, steht er wieder vor meiner Tür, bevor ich bis zehn zählen kann. Der Bursche ist stur.“ „Genauso wie du“, grinste Naruto, der näher zu mir rückte und den Arm um mich legte. „Gib doch wenigstens zu, dass du ihn magst.“ Würdevoll wandte ich das Gesicht ab. Das stimmte zwar, aber Naruto würde ich es nicht unter die Nase reiben. Zumal es weniger ein Mögen als ein Akzeptieren war, wenn überhaupt. Mein Liebhaber lachte nur leise in sich hinein, als wüsste er es besser. „Übrigens…“, unterbrach er das angenehme Schweigen, das während des Essens geherrscht hatte. „War gestern eine Frau wegen dir bei mir.“ „So?“, fragte ich, ein wenig überrascht, wie schnell das gegangen war. Chiharu ließ wohl nichts anbrennen, wenn ihr etwas nicht in den Kram passte. Naruto zog neugierig die Brauen hoch. „Du wusstest davon?“ Ich rieb mir den Nacken und zuckte die Schultern. „Sie hat mir gestern praktisch vorgeworfen, ich würde Takeshi vernaschen.“ „Tust du das denn?“, fragte er amüsiert, wofür ich ihn in die Seite boxte. Lachend fing er meine Hand auf, woraufhin ein kleines Gerangel entstand, nach dem er mit leuchtenden Augen unter mir lag, die Hände über ihn aufs Bett gepinnt, die Lippen zu einem Schmunzeln gekräuselt. „Und jetzt…? ~♥“, schnurrte er anzüglich. Ich blinzelte und ließ ihn los, blieb aber auf seiner Hüfte sitzen. „Du bist echt unersättlich“, kommentierte ich trocken, ehe ich aufstand und das Bett verließ. „Ich geh jetzt duschen, dann hau ich ab. Du musst ja noch arbeiten.“ Zwar schien Naruto ein wenig enttäuscht, aber er stimmte zu, sodass ich ausnahmsweise sogar alleine unter die Dusche konnte. Auch das Badezimmer in der Wohnung des Hokages war groß und hatte eine umwerfende Regenwalddusche, ganz abgesehen von dem modernen, schlichten Design des restlichen Zimmers. Daran könnte ich mich schon gewöhnen, dachte ich, als ich ein Handtuch vom Handtuchwärmer nahm und mich abtrocknete. In der Zwischenzeit hatte mein Liebhaber das Schlafzimmer gelüftet und das Bett neu bezogen und war jetzt verschwunden. Ich ließ mich auf das Bett sinken und genoss den frischen Geruch von Luft und Laken. Wir hatten recht lange geschlafen, aber nach den nächtlichen Anstrengungen fühlte ich mich auf angenehme Weise träge, und schon kurze Zeit später war ich wieder eingenickt. Ich wusste nicht genau, wie spät es war, als ich wieder aufwachte, aber ich war erneut alleine. Gähnend setzte ich mich auf und bemerkte einen Zettel, der neben mir auf dem Bett lag und neben dem ein Schlüssel platziert worden war. Ich nahm beides und betrachtete die Nachricht, die schlicht ´Bitte.` besagte. Naruto wollte, dass ich seinen Wohnungsschlüssel hatte. Ich verdrehte die Augen und ließ beides auf der Decke liegen, als ich mich anzog (Naruto hatte meine Klamotten gewaschen, während ich schlief) und die Wohnung verließ. Es wäre vollkommen unlogisch, sein Geschenk anzunehmen, denn ich würde ohne ihn sicher nicht hierher kommen. Warum sollte ich auch, ich hatte bereits ein zu Hause, in dem sogar jemand auf mich wartete. Genau das tat Takeshi nämlich, als ich unsere Wohnung betrat, und sein Grinsen sprach Bände. „Naaa? Wo hast du dich rumgetrieben?“, feixte er, was ich eigentlich ignorieren wollte, aber er folgte mir in die Küche. „Komm schon, du hast dieselben Klamotten an wie gestern. Das ist ein Walk of Shame!“ „Was?“, fragte ich möglichst würdevoll, als ich mir einen Tee aufsetzte. „Du hattest Sex!“ Ich zog die Brauen hoch und sah ihn an. „Neidisch?“ Kurz wurde er rot, doch dann boxte er mich freundschaftlich gegen die Schulter. „Jetzt sei nicht so, das ist doch was Gutes! Wer ist sie?“ ´Sie` war in dem Fall ich gewesen, aber das konnte ich ihm natürlich unmöglich sagen, sodass ich mich abwandte. Verdammt, was hatte mich gestern Abend nur geritten? Ich musste dringend mal wieder an meiner Selbstbeherrschung arbeiten. „Wie war es bei dir und Sakura?“, wechselte ich das Thema. Scheinbar war das eine gute Wahl gewesen, denn er strahlte. „Super! Wir hatten echt Spaß miteinander. Ich weiß echt nicht, wie sie Single sein kann.“ Oh, das wusste ich ziemlich genau; Männer rochen es nämlich praktisch, wenn eine Frau in einen anderen verliebt war. Takeshi war dazu wohl entweder zu jung oder zu verknallt, aber irgendwann würde auch er es bemerken. Bis dahin sollte er doch seine kleine Schwärmerei genießen und Sakura die Aufmerksamkeit. „Gut. Das hoffe ich, denn ab heute werden wir wieder mit dem Training beginnen.“ „Ach komm schon! Wir sind von der ersten Runde doch noch so gut vorbereitet, da können wir es jetzt doch etwas langsamer angehen lassen“, jammerte er und ich runzelte die Stirn. „Seid ihr… Nochmal verabredet?“, fragte ich misstrauisch. „Ja. Heute Abend gehen wir zusammen essen“, schwärmte Takeshi sofort, was mir überhaupt nicht gefallen wollte. Ich gönnte ihnen ja den Spaß, aber Sakura musste doch bewusst sein, dass der Junge in sie verknallt war und niemals etwas zwischen ihnen sein durfte. Warum machte sie ihm denn dann solche Hoffnungen? Zumal ich die Gefahr sah, dass Takeshi ihr alles erzählte, wenn sie sich zu nahe kamen, und Sakura würde unser kleines Spiel mit Sicherheit nicht mitspielen. Und plötzlich fiel mir wie Schuppen von den Augen, was da vor sich ging. Sie wusste ganz genau, dass Takeshi Gefühle für sie hatte, und sie wollte über ihn herausfinden, was ich vor ihr und Naruto verheimlichte. Dieses gerissene kleine Luder war dafür sogar bereit, mit dem Jungen zu spielen. Davon abgesehen, dass es mir natürlich nicht passte, dass sie in meinem Privatleben herumschnüffeln wollte, würde ich auch nicht zulassen, dass sie ihn so verarschte. Takeshi hatte schon zu viel Mist mitgemacht, da brauchte er nicht auch noch so etwas. „Du wirst dich nicht mit ihr treffen“, erklärte ich reserviert und erhob mich bereits, um mal ein ernstes Wörtchen mit meinem ehemaligen Teammitglied zu reden. Takeshi war in seinen Überlegungen offensichtlich noch nicht so weit wie ich und sah mich an wie ein Ufo. „Was?“ Ich blieb im Türrahmen stehen und sah ihn mit verschränkten Armen an. „Ich hoffe, du hast ihr nicht bereits etwas über den Kampfring erzählt, sonst können wir unsere Teilnahme und somit den Gewinn nämlich vergessen. Sie will wissen, was ich im Moment so treibe. Das ist der einzige Grund, aus dem sie sich mit dir trifft.“ Kurz schien er mir nicht folgen zu können, doch dann war er so schnell auf den Beinen, dass ich seinen Bewegungen fast gar nicht folgen konnte. „Wie kommst du jetzt auf so einen Mist? Sie hat mir das überhaupt erst vorgeschlagen!“ „Und wieso meinst du, dass eine erwachsene Frau wie Sakura sich so plötzlich für einen Teenager wie dich interessieren sollte?“, eröffnete ich ihm kühl. „Sie fragt mich schon seit Wochen aus, was ich mit dir am Hut habe, und nachdem ich nichts gesagt habe, um dich zu schützen, wendet sie sich jetzt eben an dich, weil du leichter zu manipulieren bist.“ „Das… ich… Das stimmt doch gar nicht!“, platzte Takeshi wütend heraus. „Sie manipuliert mich nicht.“ „Nicht? Und was hast du ihr schon alles erzählt?“ „Gar nichts! Nur… Nur, dass wir ab und zu alleine miteinander trainieren.“ Ich lachte höhnisch auf und schüttelte den Kopf. „Und was willst du ihr heute Abend erzählen? Die ganze Geschichte? Oder nur von dem Kasino? Was glaubst du, wie lange sie dann braucht, um herauszufinden was Sache ist? Du vergisst, dass Sakura eine ausgebildete Kunnoichi ist. Sie weiß ganz genau, was sie tut – Und wie sie ihre Reize als Frau einzusetzen hat.“ „Also findest du sie reizvoll“, pickte er sich den Teil aus meiner Erklärung, der ihm gerade in den Kram passte. „Das heißt, du bist einfach nur eifersüchtig darauf, dass wir miteinander ausgehen.“ Völlig perplex über diese lächerliche Anschuldigung blinzelte ich ein paar Mal, bevor ich etwas erwidern konnte. „Das ist absurd und ich werde es keiner Antwort würdigen.“ „Dann sagt dein Schweigen genug.“ „Hör jetzt auf mit dem Quatsch, Takeshi“, herrschte ich ihn an. „Sakura hat kein Interesse an dir, sondern an mir. Schon seit wir Kinder waren. Und sie will wissen, woher diese Verletzungen kommen die sie behandelt, wohin ich nachts gehe. Das hat nichts mit dir zu tun.“ „Du bist so ein Lügner“, schnaubte der Junge und die schneidende Kälte in seinem Blick erinnerte mich an mich selbst. „Das hat nichts mit dir zu tun. Sakura-san hat gesagt, dass sie mich mag.“ Mit diesen Worten wandte er sich ab und stürzte aus der Wohnung. Ich versuchte nicht mal, ihm zu folgen, denn ich hatte jetzt ein anderes Ziel; Sakura. Deren Wohnung lag ein gutes Stück entfernt von meiner, sodass meine Wut Zeit hatte zu verrauchen, bis ich vor ihrer Tür stand. Als sie mit einem überraschten „Sasuke-kun?“, öffnete, verschwendete ich keine Zeit damit zu warten, bis sie mich in die Wohnung bat. „Ähm, ist alles in Ordnung?“, fragte sie, als ich mit verschränkten Armen in ihrem Wohnzimmer stand und sie anfunkelte. „Du wirst augenblicklich damit aufhören.“ „Was…?“ „Takeshi“, war alles, was ich sagen musste, damit sie verstand. Der verwirrte Ausdruck verschwand aus Sakuras Gesicht und wich einem Trotz, den sie mit ebenfalls verschränkten Armen noch deutlicher machte. „Was soll mit ihm sein?“ „Du weißt ganz genau, was ich meine.“ „Klär mich auf.“ „Du spielst mit dem Vertrauen eines Jungen, der von jedem Erwachsenen in seinem Leben verraten wurde. Er glaubt, dass du ihn magst und…“ „Das tue ich, Sasuke-kun“, fuhr sie mir dazwischen. „Wie sieht es da mit dir aus?“ Ihre Worte überraschten mich ein wenig, da ich spürte, dass sie es ehrlich meinte. Trotzdem hatte ihre abwehrende Reaktion mir gezeigt, dass ich nicht falsch liegen konnte mit meinen Verdächtigungen, sodass ich beharrte: „Ach ja? Also bist du verliebt in einen Minderjährigen?“ Sakura wurde rot und wandte das Gesicht ab. „Na-Natürlich nicht…“ „Aber du glaubst, dass das passieren könnte, wenn du dich mit ihm verabredest?“ „Hör auf damit!“, blaffte sie mit tief verzweifeltem Gesicht. „Was bleibt mir denn anderes übrig, Sasuke? Was für eine Wahl lässt du mir? Du erzählst nie irgendetwas, und ich weiß genau, dass etwas nicht stimmt – Und Naruto weiß es auch. Wir machen uns Sorgen um dich, aber wir kommen nicht an dich heran, um dir zu helfen.“ Dass sie Naruto in die ganze Sache hineinzog, gefiel mir nicht. „Heißt das, er wusste, was du vorhast?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, er hätte das auch nicht gut gefunden. Aber ich musste doch etwas tun.“ Seufzend rieb ich mir über die Augen. „Nein, musst du nicht. Es geht dich nichts an, genauso wenig wie Naruto.“ „Wir sind deine Freunde. Natürlich geht es uns etwas an, wenn dich etwas belastet“, erwiderte Sakura traurig, doch als ich darauf nicht reagierte, fuhr sie fort: „Außerdem beeinträchtigt es deine Arbeit und somit die Kinder.“ „Inwiefern?“ „Du weißt noch nicht mal, dass bald die Chunin-Prüfungen sind und du dein Team nicht angemeldet hast, oder?“, fragte sie spöttisch, was mich leicht zusammenfahren ließ. Verdammt, das hatte ich in all den Vorbereitungen wirklich vollkommen vergessen. Sakura bemerkte, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte und seufzte. „Keine Sorge, ich hab das für dich übernommen. Aber merkst du jetzt, dass, was auch immer du da treibst, sehr wohl weitreichende Folgen hat, die du scheinbar nicht mehr kontrollieren kannst? Lass dir helfen, Sasuke-kun. Dieses eine Mal.“ Selbst wenn ich gewollt hätte, konnte ich das nicht. Ich steckte jetzt schon viel zu tief in dieser ganzen illegalen Scheiße drin, von Takeshi ganz abgesehen. Wenn das herauskam, würden wir schneller im Knast landen, als wir schauen konnten, und daran konnte Sakura ganz bestimmt nichts ändern. „Halt dich einfach von meinem Schüler fern. Ich werde nicht zulassen, dass du weiter mit ihm spielst“, erklärte ich ihr kühl. Wir sahen uns eine ganze Weile schweigend an, in der langsam die Traurigkeit aus ihren Augen wich und einer brennenden Entschlossenheit wich. „Und ich werde nicht zulassen, dass du ihn so kaputt machst, wie du es schon bist“, antwortete sie schließlich. Die Schärfe ihrer Worte überraschte mich doch, denn sonst redete sie nie so mit mir. Sie himmelte mich zwar auch nicht mehr völlig ohne Sinn und Verstand an, aber gestritten hatten wir uns noch nie, weil sie dazu mir gegenüber viel zu devot war. Allerdings sah ich überhaupt nicht ein, dass ich mir von ihr so einen Müll an den Kopf werfen lassen musste, sodass ich nur langsam nickte. „Ich verstehe.“ Ohne ein weiteres Wort wollte ich die Wohnung verlassen, doch offensichtlich bereute Sakura bereits, was sie gesagt hatte, denn sie lief mir nach und rief: „Sasuke-kun, warte. Ich wollte nicht…“ Mein letzter Blick brachte sie zum Schweigen, dann zog ich die Tür hinter mir zu. Es war mir vollkommen egal, ob sie meinte, nur das Beste für alle zu wollen, so ließ ich niemanden mit mir reden. Sie hatte kein Recht darauf, sich in mein Privatleben einzumischen, und mit dem Versuch hatte sie jetzt auch das Recht auf meine Freundschaft verspielt. Ich versuchte zwar, mir einzureden, mir wäre dieser Streit mit Sakura egal, war aber doch während des ganzen Heimweges schlecht gelaunt. In der Wohnung duschte ich erstmal und zog mich um, um die Beweise für meinen ´Walk of Shame`, wie Takeshi das so schön genannt hatte, loszuwerden. Mit dem Burschen fing das ganze Dilemma ja überhaupt an. Bevor er hier eingezogen war, hatte es niemanden interessiert, ob und mit wem ich Sex hatte, und jetzt schien das ganze Dorf erpicht auf Neuigkeiten. Und dann belästigte mich auch noch Sakura, die ich für eine Freundin gehalten hatte. Was ging es sie an, wie ich mich verletzt hatte? Nicht mal Naruto fragte weiter nach, und der war nicht nur mein Vorgesetzter, sondern auch mein Geliebter. Was bildete sich also diese Frau ein, sich derart in meine Angelegenheiten einmischen zu können? Kaum war ich angezogen, da verließ ich auch schon wieder die Wohnung. Takeshi war zwar nicht zurückgekehrt, aber ich hatte auch keine Lust, ihn zu sprechen. Wenn er sich nicht helfen lassen wollte, bitte, sollte er sich doch von Sakura das Herz brechen lassen. Er war jung, das würde er schon aushalten. Normalerweise löste ich meine Probleme einfach, ohne lange darüber zu grübeln. Leider sah ich im Moment keinen direkten Weg, Sakuras Neugierde oder Takeshis Starrköpfigkeit loszuwerden. Klar, ich könnte ihn in diese WG abschieben, von der Naruto gesprochen hatte, aber dann wäre die Gefahr, dass er sich verplappern könnte, nur noch größer. Inzwischen war früher Nachmittag. Eigentlich noch zu früh, um sich in eine Bar zu setzen, aber ich hatte keine Lust, wahllos herumzulaufen und dabei womöglich jemandem zu begegnen, mit dem ich reden musste. Also betrat ich ein Lokal, in das meine Freunde mich ab und zu schleppten, und beorderte bei dem von meiner Anwesenheit merklich überraschten Barkeeper etwas zu trinken. „Was für ne Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?“, fragte er, als er mir mein Glas hinstellte. „Keine, die dich was angeht“, beendete ich das Bargespräch, bevor es überhaupt begonnen hatte. Er zog die Brauen hoch, zuckte dann aber nur die Schultern und wandte sich ab, um weiter seine Tresen zu putzen. Während ich dasaß und über mein Problem nachdachte, füllte sich das Lokal langsam mit weiteren Gästen, die sich jedoch wie durch eine unsichtbare Mauer abgehalten von mir fernhielten. Der Laden war schon ziemlich voll, also war es wohl bereits spät, als das erste Mal jemand auf mich zutrat. Ich sah Shikamaru deutlich an, dass er nicht nur Smalltalk machen wollte, obwohl ich ihm nur einen kurzen Seitenblick gönnte. „Hier bist du“, begrüßte der andere Shinobi mich. Sein Blick lag auf dem Glas in meiner Hand (Dem zweiten an diesem Abend), dann suchte er in meinen Augen Anzeichen für Alkoholisierung. Als er keine fand, fuhr er fort: „Du solltest mitkommen. Da gibt es was, das dich interessieren könnte.“ Gelangweilt nahm ich einen Schluck. „Ich habe frei.“ „Es geht um dein Findelkind“, erklärte Shikamaru gelassen und ich musterte ihn stirnrunzelnd. Sollte mich das jetzt dazu bewegen, aufzuspringen und den besorgten Papa zu spielen? Sicher nicht. Takeshi war ja wohl klug genug, unseren Kollegen nichts von unserem kleinen Nebenjob zu erzählen. Alles andere ging mich nichts an. „Und?“ Endlich sah Shikamaru ein, dass ich nicht mitkommen würde, und ließ sich seufzend auf dem Platz neben meinem nieder. Mit einer Handbewegung orderte auch er ein Bier, dann schwiegen wir, bis sein Getränk kam. „Er hat geklaut und sich der Festnahme wiedersetzt, als er erwischt wurde. Recht stark, der Bursche“, lobte mein frischgebackener Saufkumpan, der mir zuprostete, bevor er auf das eigentliche Thema zurückkam. „Er hat gesagt, dass er nicht zu dir zurückwill.“ Ich hatte gerade das Glas gehoben und hielt kurz in der Bewegung inne. Dann nahm ich mit einem amüsierten Schnauben den letzten Schluck. So lief das also. Ich gewöhnte mich an das Balg, mochte ihn sogar irgendwie, und dann sowas. Was hatte ich auch erwartet? Dankbarkeit? Man würde ja wohl meinen, ich müsse es besser wissen, aber nein. „Dann braucht er eine andere Wohnung“, stellte ich unbeteiligt fest, woraufhin Shikamaru leise seufzte. „Hör mal, ich will dir den Kleinen nicht aufdrängen…“ – Dann tu es nicht, sagte ich mit Blicken – „Und euer kleiner Ehestreit ist mir auch egal. Aber Tatsache ist nun mal, dass du als sein Lehrer und Mitbewohner ihm am nächsten stehst und ihn davor bewahren kannst, als Kleinkrimineller sein Leben zu fristen. Du weißt, dass du nicht musst, und ich sehe, dass du keinen Bock hast – Versteh ich auch. Letztlich bist du nur deinem Gewissen verpflichtet.“ Daraufhin entstand ein – Von meiner Seite grummeliges – Schweigen, in welches ich mein drittes Bier orderte. Immer dieser Scheiß von wegen Gewissen. Und wo waren die guten alten Zeiten, als es mir nur zum Besten für mich selbst geraten hatte? Wir hatten eine ganze Weile still nebeneinandergesessen – Sollten wir öfter machen – Bis Shikamaru sein Getränk leerte und aufstand. Ohne etwas zu sagen, tat ich es ihm gleich und wir verließen das Lokal in Richtung des Hokage-Turms. Im zweiten Stock blieben wir vor einer Tür stehen und Shikamaru wandte sich mir zu. Er sah kein bisschen überrascht darüber aus, dass ich Takeshi abholte, was mich nervte. Er kannte mich nicht, da sollte er sich auch nicht so aufspielen. Andererseits war es aber auch so, dass es mich zwar wurmte, wieder Babysitter für dieses störrische Kind spielen zu müssen, aber ich selbst war eben kein Kind mehr und sollte mich wohl auch entsprechend verhalten. „Was auch immer ihr da für ein Ding am Laufen habt, ihr solltet es langsam klären. Naruto wird die Füße nicht mehr lange stillhalten – Nicht, wenn die Sache dich betrifft“, erklärte mein Kollege gelassen. „Und wenn er wissen will, was ihr treibt, finden wir es heraus, das weißt du.“ Mit dieser unverhohlenen Drohung wandte Shikamaru sich ab. Verärgert und ein wenig beunruhigt sah ich ihm nach. Was sollte das heißen: ´Wenn die Sache mich betraf`? Hatte er das jetzt aus einer freundschaftlichen Perspektive gemeint oder ahnte er, was zwischen dem Hokage und mir lief? Intelligent genug wäre er zumindest gewesen. Allerdings hatte es nicht den Eindruck gemacht, als würde es ihn sonderlich interessieren, und ich hielt Shikamaru auch nicht für eine Tratschtante, also wäre es wohl in Ordnung. Und selbst wenn er es weitererzählen wollte, konnte ich jetzt auch nichts mehr daran ändern. Ich sperrte die Tür auf und betrat einen kleinen Raum, in dem nur ein Tisch stand und ein Stuhl, auf dem Takeshi saß. Dieser verzog das Gesicht, als er mich sah. „Was willst du denn?“ „Wir gehen“, erwiderte ich gelassen und nickte auffordernd zur Tür. Takeshi lehnte sich mit verschränkten Armen zurück und sah weg. „Ich hab denen doch gesagt, dass ich nicht mehr zu dir gehe…“ „Das wirst du mir schon selbst sagen müssen.“ „Ich. Will. Nicht. Mehr. Bei. Dir. Wohnen“, funkelte er mich trotzig an, wobei er jedes Wort extra betonte. Das würde wohl noch länger dauern, also schloss ich seufzend die Tür und verschränkte die Arme vor der Brust. „Und wo willst du hin?“ „Mir egal. Zieh ich halt wieder in die Lagerhalle.“ „Jaa, klar“, spottete ich und verdrehte die Augen. „Und setzt dort deine Karriere als Kleinkrimineller fort, oder was?“ „Da brauchst du ja gerade reden.“ Takeshis giftiger Blick ließ mich innehalten. Ich hatte damit gerechnet, dass er früher oder später alles über meine Vergangenheit herausfinden würde – Leider war der Junge ja alles andere als dumm. Wo es jetzt aber so weit war, wünschte ich mir etwas weniger Intelligenz von ihm. „Was soll das heißen?“, fragte ich, als ob ich das nicht ganz genau wüsste. Wutentbrannt sprang er auf, so schnell, dass sogar sein Stuhl umkippte. „Sogar jetzt kannst du nicht die Wahrheit sagen? Gott, du bist so jämmerlich – Und ein Heuchler“, zischte der Junge. „Wie kannst du mir erzählen, was ich zu tun habe, wenn du selbst ein Verräter bist?“ Die Antwort war ganz einfach: Ich hatte aus harten Lektionen gelernt, die ich ihm gerne erspart hätte, und ich wünschte mir, er würde ein besserer Mensch sein als ich. Aber ich würde ihm diese Empfindungen nicht erklären, wenn er es nicht selbst verstand. „Weil ich im Moment für dich verantwortlich bin. Es ist leicht: Du arbeitest mit mir zusammen, oder du lässt es bleiben. Bloß solltest du bedenken, ob du auf irgendwelche Gerüchte über meine Vergangenheit hören oder dir aufgrund deiner eigenen Erfahrungen eine Meinung über mich bilden willst.“ Takeshi sah mich misstrauisch an, aber ich wusste, dass ich einen Nerv getroffen hatte. Er legte sehr viel Wert darauf, selbstständig zu sein. „Also leugnest du es nicht mal?“, fragte er austestend. „Wieso sollte ich?“, fragte ich und zuckte die Schultern. „Und du erwartest trotzdem, dass ich dir vertraue? Einfach so?“ „Nein. Es wäre dumm, einem Verräter einfach so zu vertrauen“, erwiderte ich sarkastisch. Takeshi fühlte sich wohl verarscht, denn er knurrte leise, aber das war mir egal. Diese ganze Situation war lächerlich, nachdem wir fast fünf Monate zusammengelebt hatten. „Die einzige Frage ist, was du in mir sehen willst. Denjenigen, der ich war, oder denjenigen, der dich aufgenommen hat und der dein kleines, düsteres Geheimnis herausgefunden, aber eben nicht verraten hat.“ „Es geht dabei doch nicht um eine Einzelperson. Keine Ahnung, irgendeinen Grund wirst du schon haben, wieso du nett…“ – Das sprach er eher spöttisch aus, als wäre ich ganz und gar nicht nett – „Zu mir bist. Aber damals hast du das ganze Dorf in Gefahr gebracht und wolltest den Hokage töten!“ Ich ging zum Tisch und lehnte mich an die Kante, von wo aus ich ein Bild ansah, das an der Wand des Verhörzimmers hing. „Naruto liebt dieses Dorf mehr als sich selbst.“ „Er ist Hokage! Natürlich tut er das!“, unterbrach Takeshi mich, bevor ich fertig war. „Worauf willst du hinaus?“ Jetzt sah ich doch wieder zu ihm. „Wenn er darauf vertraut, dass meine Anwesenheit dem Dorf nicht schadet, solltest du auch dazu fähig sein, oder?“ Das brachte den Jungen kurz aus dem Konzept. Während er sich wieder sammelte, lehnte er sich ebenfalls an den Tisch, wobei er die Arme verschränkte und sorgsam vermied, zu mir zu sehen. „Ich glaube… Ich glaube, er ist in der Hinsicht vorbelastet.“ Überrascht blinzelnd sah ich ihn an. Verdammt, der Kleine war wirklich schlauer als ihm guttat. Wie hatte er das denn jetzt herausgefunden? „Wie kommst du darauf?“, erwiderte ich scheinbar gelassen. Er warf mir einen kurzen, mürrischen, aber auch verlegenen Blick zu. „Sag doch einfach die Wahrheit… Die… Die ganzen Gerüchte über euch stimmen doch, oder?“ Nach dem Gespräch mit Chiharu letztens war ich vorsichtig, was dieses Thema anging, das hieß, noch vorsichtiger als sonst. „Was für Gerüchte?“ „Deine Lügen kotzen mich so an“, schnaubte der Junge, der mich jetzt doch wieder wütend anfunkelte. „Ich hab’s gesehen. Letztens, bevor er gegangen ist, hat der Hokage dich geküsst. Und es sah nicht aus, als wär’s das erste Mal gewesen.“ Erschöpft und genervt rieb ich mir die Augen. Gott, Naruto war so ein Volltrottel. Wie oft hatte ich ihm gesagt, er solle die Finger von mir lassen, wenn wir nicht alleine waren? Aber nein, er musste vor einem Kind mit mir knutschen! Und ich war genauso ein Idiot, dass ich es zugelassen hatte. „Und?“, fragte ich herausfordernd. „Was hast du deswegen jetzt vor?“ „Nichts.“ Diesmal war mein Blick völlig perplex, als ich mich Takeshi zuwandte, aber er zuckte nur die Schultern. „Ich versteh ja, dass das mit euch kompliziert ist. Du als Lehrer und er als Staatsoberhaupt. Du bist ja irgendwie sogar sein Angestellter.“ Ich summte zustimmend, wusste gerade aber nicht, was ich noch groß dazu sagen sollte. Auch Takeshi musste wohl einen Moment sacken lassen, welche Richtung unser Gespräch gerade genommen hatte, sodass wir eine Weile schwiegen. „Hab das nur angesprochen weil… Na ja, weil du ehrlich zu mir sein kannst. Ich verpfeif dich nicht – Genauso wenig, wie du das bei mir getan hast“, erklärte er recht kleinlaut, woraufhin ich mir erschöpft über die Augen rieb. „Das hat nichts mit dir zu tun. Es… Fällt mir generell schwer, Menschen ins Vertrauen zu ziehen. Und du musst zugeben, dass meine Geheimnisse größer sind als die des Durchschnittsbürgers.“ „Hallo?“ Takeshi winkte vor meinem Gesicht rum und sah mich mit skeptisch gerunzelter Stirn an ehe er auf sich deutete. „Ich hab nen Haufen Schulden, hab illegal in der Lagerhalle gewohnt, arbeite in einem Untergrundkampfring praktisch seit ich laufen kann… Mir brauchst du nichts über große Geheimnisse erzählen.“ Kurz sah ich ihn überrascht an, dann lachte ich unwillkürlich auf und schüttelte den Kopf. Ich wuschelte ihm durch das Haar und wir sahen uns nachdenklich an, weil irgendwie eine Umarmung in der Luft lag. Zum Glück waren wir beide nicht der Typ dafür und wandten eher unbehaglich das Gesicht ab. „Aber sag mal…“, fing Takeshi nach kurzem Schweigen an.“ Können du und Naruto das rummachen vor mir lassen? Das will doch keiner sehen!“ Ich ging zur Tür, wo ich lässig die Schultern zuckte. „Mal sehen“, spöttelte ich, während wir den Flur entlang liefen. Irgendwie stand gar nicht mehr in Frage, ob er wieder zu mir ziehen würde. „Boa, du machst überhaupt keinen Sinn! Erst willst du nicht, dass es überhaupt wer weiß, und dann willst du es vor mir treiben! Reiß dich gefälligst zusammen!“, beschwerte er sich lautstark, woraufhin ich fast lachen musste. „Es soll auch nicht jeder erfahren, also sei etwas leiser“, warnte ich meinen Begleiter. „Und… Was ist dein Problem? Wir sind beide attraktive Männer.“ „Für dich vielleicht! Ich bin hetero, Mann!“ „Mhm… Das hab ich an der Sache mit Sakura gemerkt.“ Seine vermutlich sowieso gespielte Empörung verrauchte bei der Erwähnung dieses Namens. „Glaubst du wirklich, sie hat sich nur aus Berechnung mit mir getroffen…?“, fragte er leise. Ich hätte ihm ja wirklich gerne etwas anderes gesagt, aber nach dem Gespräch mit Sakura war es einfach offensichtlich, was sie mit ihren Flirts zu erreichen versucht hatte. Zwar hatte sie nur das Beste im Sinne gehabt, doch manipuliert hatte sie ihren jungen Verehrer deswegen trotzdem. “Du bist ihr einfach zu jung“, versuchte ich, es zumindest zu erklären, doch Takeshi schnaubte nur. „Der Grund ist doch egal. Das Ergebnis ist dasselbe.“ „Kann sein, aber sie mag dich wirklich. Das hat sie mir vorhin selbst gesagt“, fügte ich, für meine Verhältnisse sanft, hinzu. Trotzdem weitete Takeshi entsetzt die Augen. „Du hast mit Sakura-san darüber geredet?!“ „Nicht über euch, nein. Ich habe ihr nur gesagt, dass sie mir nicht nachspionieren soll“, erklärte ich, während ich die Wohnungstür aufsperrte und meinen Mitbewohner rein ließ. Dieser fuhr sich mit nachdenklichem Blick durch die Haare. „Ich kann nicht glauben, dass sie sowas machen soll… Sie wirkt so süß.“ „Das ist eine der Lektionen, die du lernen musst.“ Im Wohnzimmer ließ ich mich auf der Couch nieder und Takeshi setzte sich mir gegenüber auf einen Sessel. Irgendwie kam mir wieder in den Sinn, was ich hier mit Naruto getrieben hatte und ich rutschte ein wenig unruhig auf meinem Platz herum, doch dann konzentrierte ich mich wieder auf das vor mir liegende Problem. „Du darfst deine Gegner nicht nach ihrem Äußeren beurteilen.“ „Sie ist doch nicht mein Gegner.“ „Stimmt.“ Ich lehnte mich mit verschränkten Armen zurück, um mein Gegenüber eingehend zu mustern. „Hast du vor noch weiter zu rebellieren? Wenn nicht, würde ich vorschlagen, dass wir uns wieder auf das Turnier konzentrieren.“ „Ich habe nicht rebelliert!“, protestierte er, verstummte aber, als ich die Brauen hochzog. „Was auch immer… Konzentrieren wir uns einfach auf die Kämpfe, bevor Sakura-san doch noch was rausfindet.“ Ich nickte, war mir aber nach Shikamarus Kommentar nicht sicher, ob sie unser einziges Problem sein würde. Drei Tage später fand Takeshis erster Kampf der dritten Runde statt. Wir achteten sehr darauf, nicht verfolgt zu werden, als wir uns auf den Weg zum Kasino machten. Zum Glück waren wir jedoch alleine, sodass wir unbehelligt in den Untergrund gelangten. Heute würde ich nicht kämpfen, und doch schlug mir das Herz wie wild in der Brust, schon als ich im Licht der ersten flackernden Lampe des Ganges stand. Die Luft roch verbraucht wie immer, die Bässe der Musik drückten wie immer gegen die schwere Stahltür, als wir diese öffneten und eine aufgeheizte Menge rieb sich ekstatisch aneinander wie immer. Es war berauschend, so sehr, dass ich am liebsten statt Takeshi in den Ring gestiegen wäre. „Pass heute mal auf deine Deckung auf. Ich will dich nicht zusammenflicken müssen und wir sollten uns eine Weile von Sakura fernhalten“, mahnte ich auf dem Weg zur Bar, an der ich uns Getränke besorgte. Takeshi verzog das Gesicht. „Du musst nicht die ganze Zeit auf ihr rumreiten.“ „Das hättest du ja lieber getan…“ „Und auf was reitest du so rum?“, zischte er mit funkelnden Augen. Ok, den hatte ich wohl verdient, gab ich schmunzelnd zu. Auf mir sitzen lassen konnte ich es natürlich auch nicht, sodass ich mich zu Takeshi beugte und leise fragte: „Willst du das wirklich wissen…?“ Er wurde rot und boxte mich gegen den Arm. „Behalt deine perversen Geschichten für dich!“ Mit einem überheblichen Lächeln widmete ich mich meinem Bier, jedoch fror mir der Gesichtsausdruck schnell ein, als ich eine kleine Gruppe auf uns zukommen sah. Giro und seine Spießgesellen. Natürlich hatte ich ihn schon an den Tischen im abgetrennten Bereich gesehen, aber ich hatte gehofft, ausnahmsweise ein lästiges Gespräch vermeiden zu können. Da er mal wieder auf uns zukam, blieb uns wohl nicht anderes übrig, als ihn zu sprechen. „Da seid ihr ja! Und wie ich sehe, hat unser Erziehungsberechtigter sein Alkoholverbot aufgehoben“, bemerkte Giro grinsend das Bier in Takeshis Hand. Tatsächlich hatte ich mein strikte Ablehnung aufgegeben. Er war ja nun auch kein Kind mehr, und er hatte sich durch seine Kämpfe, seinen Lerneifer und seine Selbstständigkeit meinen Respekt verdient. Das hieß natürlich nicht, dass ich vor Giro meine Entscheidungen rechtfertigen würde. „Was ist?“, erkundigte ich mich kühl. Giros Lächeln blieb ungebrochen bestehen. „Oh, nichts. Ich wollte nur meinen Publikumsmagneten begrüßen… Und euch warnen. Man hört so manches…“ „Du bist doch selbst der Meister darin, Gerüchte zu streuen“, mischte Takeshi sich ein, dem ich einen warnenden und sein Chef einen gelangweilten Blick zuwarf, ehe er sich wieder mir zuwandte. „Diese Gerüchte handeln von Nachforschungen eurer geschätzten Kollegen, Fragen, die gestellt werden… Die nächste Runde müssen wir deshalb leider andernorts abhalten.“ In dem Moment erloschen die Lichter im Publikum und der Spot im Käfig ging an. Mamoru begann mit seinen obligatorischen Einführungsfloskeln und Giro lehnte sich dicht zu mir, als er flüsterte: „Es wäre äußerst unangenehm, wenn uns durch derartige Vorkommnisse Einnahmen entgingen. Ich fürchte, die müsste ich euch dann berechnen… Du verstehst das sicher, mein Lieber.“ Wir fixierten uns einen Moment, dann lachte er und zog sich zurück. „Wie auch immer. Takeshi, du solltest auf die Bühne. Und ich habe noch einen Termin. Also…“ Er tippte sich an die imaginäre Hutkrempe, dann schob er sich mit seinem Gefolge zurück zum Séparée. Ich folgte ihm mit den Augen und sah, wie sich ein blonder Mann von einem der Sofas erhob, dann bewegte sich die Menge und verbarg das Bild. „Was hat er gesagt?“, wollte Takeshi wissen, der die Flüsterpost seines Chefs nicht mitbekommen hatte. „Nichts. Los, in den Ring mit dir, ´Wolfskind`. Und pass auf deine Deckung auf.“ Ich schob ihn zur Käfigtür und erhaschte noch einen Blick auf seinen Gegner – Ein gutaussehender Kerl mit dunklem Haar – Dann griff ich nach meinem Bier und nahm einen Schluck. Der blonde Fremde wollte mir nicht aus dem Kopf, irgendetwas an seiner Art, sich zu bewegen, hatte meine Aufmerksamkeit erregt. Leider hatte ich von meiner Position aus sein Gesicht nicht sehen können. Vielleicht schaffte ich es ja, näher heranzukommen… „Bist du immer noch da?“, riss Hikari mich aus meinen Gedanken und hakte sich kurzerhand bei mir unter, um mich zu dem Raum zu führen, in dem ich während der Kämpfe meines Schützlings warten musste. „Hast du dir doch endlich eingestanden, dass du Takeshi magst und willst deshalb ein Auge auf ihn haben?“ Schnaubend überging ich diese Frage und kam auf etwas zu sprechen, das mich gerade dringender beschäftigte: „Weißt du, wer der Typ ist, mit dem dein Chef gerade verhandelt?“ Scheinbar gelangweilt von meiner Ignoranz lehnte sie sich zurück, verschränkte die Arme und spielte mit der Zunge an ihrem Piercing. Bei dem Anblick hob sich mein Magen etwas und obwohl ich meinte, das üblicher Pokerface zu zeigen, trat ein seltsam befriedigter Ausdruck auf Hikaris Gesicht, als sie endlich antwortete: „Wie es aussieht, wirst du das schon bald selbst rausfinden können. Er will am Turnier teilnehmen.“ „In der dritten Runde?“, wollte ich wissen, doch sie zuckte nur die schmalen Schultern. „Er wird überzeugende Argumente haben, wenn der Boss es zulässt.“ Sie deutete mit einer Geste an, dass wohl eine Menge Geld floss. Dabei musterte sie mich neugierig. „Wieso interessierst du dich für den? Noch so ein Lieblingsschüler von dir?“ „Ich kenne ihn nicht.“ Ich stellte meine inzwischen leere Flasche auf den Boden und verschränkte die Arme. Hikari hatte sich zwar in den letzten Monaten zumindest Takeshi gegenüber freundlich präsentiert, aber das hieß nicht, dass ich ihr vertraute. Dafür stand sie Giro zu nahe. Außerdem hatten Takeshis und meine Aktionen schon zu viele Beobachter, da brauchte ich nicht auch noch das dürre, gepiercte Mädchen, von dem ich nicht mal wusste, auf welcher Seite sie stand. Vermutlich immer auf der des Gewinners. Hikari schien nicht ganz überzeugt, war wohl auch nicht interessiert genug, um weiter nachzufragen. In die Stille hinein überlegte ich, was für ´Argumente` es sein konnten, die einem scheinbar Fremden ermöglichten, so spät n och in den Wettkampf einzusteigen. So, wie ich Giro einschätze, war es vermutlich Geld, aber was wäre dann der Anreiz für den Neuling, überhaupt teilzunehmen? Ließ er sich gerne verprügeln? Suchte er den Nervenkitzel? Und wieso zerbrach ich mir überhaupt den Kopf darüber? Hier liefen mit Sicherheit so viele unlautere Geschäfte ab, da würde es das Kraut auch nicht mehr fett machen, wenn Blondie sich in das Turnier kaufte. Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr (Ich hatte sie Naruto dann doch nicht an den Kopf gepfeffert) und fragte mich, was da so lange dauerte. Sonst waren die Kämpfe nach zehn, fünfzehn Minuten beendet, doch jetzt saß ich bereits fast zwanzig Minuten hier und von draußen erschallten immer noch die Rufe des Publikums. Das gefiel mir nicht. Ich kannte Takeshis Kondition und wusste, dass er in den ersten Minuten all seine Kraft verbrauchte. Wenn er nicht bald gewann, sah es schlecht aus für den Jungen. Kaum hatte ich Zeit, nervös zu werden, als ein Aufschrei durch die Menge ging und die Stimme des Moderators das Ende des Kampfes ankündigte. Im Gleichtakt erhoben Hikari und ich uns, um zur Tür zu gehen, vor der sich die schaulustige Menge ausbreitete wie ein Sturmmeer. Ich hatte ein schlechtes Gefühl, als ich mich durch die erhitzten Leiber schob, und schon auf halbem Weg zum Käfig sah ich, dass Mamoru nicht Takeshis siegreichen Arm in die Luft reckte. Sofort sondierte ich die Lage auf der Suche nach meinem Schüler, aber er war nicht auffindbar. Ich wandte mich nach Hikari um, die noch blasser als sonst wirkte und mit der Zunge an ihrem Piercing spielte. „Wo ist er?“ „Wenn sie ohnmächtig sind, werden sie zur Erstbehandlung ins Krankenzimmer gebracht.“ „Bring mich hin.“ „Ganz ruhig, Papa“, erwiderte sie kühl auf meine gereizte Stimme. Trotzdem führte sie mich zu einer weiteren Eisentür, hinter der ein muffiger Flur uns über einige Stufen offenbar wieder an die Oberfläche brachte, den Treppen nach zu schließen, die wir erklommen. Der Weg endete an einer Tür, die Hikari ungefragt öffnete. Der Raum dahinter war klein und voll mit den Männern, die Takeshi wohl getragen hatten und dem, der scheinbar als Arzt fungierte. Er kniete neben dem Bett, auf das man den Jungen gelegt hatte, und untersuchte ihn, sah jedoch irritiert auf, als ich mich näherte. „Was wollen Sie? Der Patient braucht Ruhe.“ Ich ignorierte Dr Wichtig. Mein Blick lag auf Takeshis bleichem, zerschundenen Gesicht. Den geschlossenen Augen. Der sich kaum bewegenden Brust… Meine eigene zog sich zusammen, als wäre sie plötzlich des schmerzenden Herzens darin überdrüssig. Wie hatte ich ihn auch an diesem Wahnsinn teilnehmen lassen können? Er war doch noch ein Kind… „Was ist passiert?“, fragte meine Stimme wie die eines anderen. Kühl und beherrscht. Ich war froh, dass man mir die Angst nicht anhörte, wo sie doch so ein verräterisches kleines Biest war, das gerne in Worten lauerte. Dr Wichtig widmete sich, während er sprach, wieder seiner Untersuchung. „Abgesehen von diversen Frakturen wurde er schwer am Kopf getroffen. Ich werde sehen, was ich tun kann.“ Der Arzt hob die Hände und ließ grünes Chakra fließen. Ein Medic-Nin also, aber wie es aussah nicht der Beste. Er wirkte angespannt und erschöpft, als er wenige Minuten später die Behandlung beendete. Wahrscheinlich gab es deshalb nur einen Kampf am Tag: Sie konnten ihre Verwundeten danach sonst nicht mehr behandeln. „So, mehr kann ich vorerst nicht für ihn tun. Er sollte sich einfach ausruhen und nicht zu viel bewegen.“ Weil Takeshi gerade aussah, als würde er irgendwo hingehen. Er war verdammt nochmal ohnmächtig. Ich ignorierte meinen Ärger und ging zum Bett, um vorsichtig meinen Schüler anzuheben. „Was tun Sie da?!“, fragte Dr Wichtig alarmiert und trat mir in den Weg. „Ich sagte, er solle nicht bewegt werden!“ „Ich bringe ihn ins Krankenhaus. Und Sie sollten sich besser bewegen, und zwar zur Seite.“ Wahrscheinlich sah ich mit dem ohnmächtigen Teenager in meinen Armen nicht sonderlich bedrohlich aus, aber Hikari erkannte die Situation – Dass ich dem Stümper-Arzt den Hals umgedreht hätte, wenn er mich nicht gehen ließ – Und zog ihn beiseite. „Wenn er meint, lass ihn“, riet sie kluger Weise. „Er wird schon wissen, was er tut.“ Ich ignorierte ihren warnenden und die bösen Blicke der anderen und verließ das Krankenzimmer, ohne noch etwas zu sagen. ´Krankenzimmer`, meine Fresse, der Bursche war seit über zehn Minuten ohne Bewusstsein! Zwar spürte ich die Angst um den Jungen in meinen Armen an meinem Bewusstsein lecken, aber ich ertränkte sie in Wut, auf den unfähigen Arzt, der ihn nicht zu Bewusstsein bekommen hatte, den ganzen verdammten Kampfring, Takeshi selbst, weil er nie angemessen auf sich aufpasste… Bis zum Hospital war es ein ganzes Stück und mit Takeshi auf den Armen bekam ich viele fragende Blicke zugeworfen, doch das bekam ich nur am Rande mit. Gerade war nur wichtig, meinen Schüler in Behandlung zu bringen. Das sahen wohl auch die Ärzte so, die mir Takeshi praktisch aus den Armen rissen statt Fragen zu stellen. Auf dem Weg zu den Behandlungsräumen brüllten sie Anweisungen, als wären sie im verdammten Grey´s Anatomy, bis sie nicht mehr zu sehen waren. Ich war alleine. Wie lange ich da gestanden hatte, als eine Krankenschwester mich Platz zu nehmen bat, wusste ich nicht mehr. Es kam mir wie Stunden vor, in denen immer wieder Szenen der letzten Monate vor meinem geistigen Auge aufflackerten, die zu dieser Situation geführt hatten. Der grün und blau geschlagene, aber grinsende Takeshi nach seinem ersten Turnierkampf. Naruto, der fragte, wie es bei mir und meinem Mitbewohner lief. Takeshi, der auf der Couch schlief. Sakura, die mich warnte, den Jungen nicht zu einer Kopie meiner selbst zu machen. Ewige Diskussionen über Banalitäten mit Takeshi. Erst letztens, wie Naruto im Bett gefragt hatte, ob ich meinen Mitbewohner loswerden wollte. Und zuletzt Takeshis zerschundenes, fast lebloses Gesicht, das mich anzuklagen schien, während ich ihn ins Hospital trug. Ich hätte besser auf ihn aufpassen müssen, hätte nicht zulassen dürfen, dass er an dem Wettkampf teilnahm. Aber das Adrenalin, das ich selbst bei den Kämpfen empfand, hatte mich weitermachen lassen. Ich hatte mein Vergnügen über meine Fürsorgepflicht gestellt, und jetzt konnte ich nur hoffen, dass mein Schutzbefohlener keine bleibenden Schäden davontragen würde. Eine Stimme vor mir sagte etwas, doch ich fühlte mich nicht angesprochen, bis die Hände, die zu dieser Stimme gehörten, warm mein Gesicht umfassten und es anhoben. Naruto hatte mich gefunden. Manches war also doch noch wie immer. „Hörst du mich nicht, Sasuke?“ Mein Schweigen antwortete und wischte das Lächeln von seinen Zügen. „Was ist passiert?“ Ich lehnte mich zurück, sodass seine Finger von meiner Haut rutschten. Er konnte sowieso schon in meinen Augen lesen, da musste ich es ihm nicht durch Berührungen noch einfacher machen. „Takeshi ist verletzt. Schwer.“ „Das weiß ich – Was meinst du, wieso ich hier bin?“, fragte er, die Augen verdrehend. „Wie ist das passiert, dann eben.“ Bisher war noch keine Zeit gewesen, eine Lüge zu erdenken und für Naruto brauchte ich eine Gute. Er konnte zwar selbst nicht lügen und wenn es um sein Leben ginge, aber er konnte Unwahrheiten in den Augen der Menschen sitzen sehen. Vor allem in meinen, schien es mir. „Sasuke?“ „Beim Training.“ Gott, das war die mieseste aller Lügen, aber jetzt war sie über meine Lippen geschlüpft und ich musste dazu stehen. Trotzig hob ich das Kinn. Sollte Naruto die Lüge doch sehen, sie vertreiben konnte er ja doch nicht. „Er hat sich bei einem Extratraining verletzt, das wir abgehalten haben.“ Nachdem er mich gemustert hatte, seufzte der Hokage und ließ sich neben mir nieder. Sein Blick wanderte über die karge Einrichtung des Wartebereichst. Gegenüber gab es eine Stuhlreihe wie die, auf der wir saßen. Zwei Topfpflanzen versagten, das Bild aufzulockern. Die Empfangsdame am Tresen tuschelte aufgeregt mit einer Kollegin und warf Naruto immer wieder neugierige Blicke zu. Früher hätten sie mich angesehen. Ich vermisste es nicht. „Du willst mir erzählen…“, setzte mein Geliebter das Gespräch fort. „Dass du deinen Schüler krankenhausreif geprügelt hast. Beim Training.“ Ich sagte es doch: dumme Lüge… Gelangweilt zuckte ich die Schultern. „Er wollte mal wieder nicht aufgeben. Irgendwann muss man ihm seine Grenzen zeigen.“ „Sasuke…“ Er klang, als resigniere ihn meine Unehrlichkeit. Erschöpft rieb Narito sich über die Augen, bevor er mich wieder ansah. Jetzt lächelte er nicht mehr. „Sag mir doch einfach die Wahrheit.“ Wie oft ich darüber schon nachgedacht hatte. Zum ersten Mal, als ich von Takeshis kleinem Nebenjob und seinen Geldproblemen erfahren hatte, doch damals war es mir falsch erschienen, den Jungen zu verraten. Zu beeindruckt war ich von der Scheinwelt gewesen, die Giro da im Untergrund erbaut hatte. Was, wenn Takeshi doch von ihr verschluckt wurde? Dann hatte ich gekämpft und der Stolz war gekommen. Ich brauchte Naruto nicht, wir würden das zu zweit regeln, Takeshi und ich. Am besten ich alleine. Niemand würde mir die Genugtuung dieses Sieges nehmen, hatte ich gedacht. Und jetzt lag der Junge halbtot geprügelt in einem Krankenzimmer und mein verdammtes Ego erlaubte es immer noch nicht, Naruto ins Boot zu holen. „Was redest du?“ Ich war immer ein besserer Lügner gewesen als mein Liebhaber, und der Spott machte meine Worte nur überzeugender. „Das ist die Wahrheit. Du kennst Takeshi doch, er ist echt anstrengend.“ Aber Naruto ignorierte meine Rechtfertigungen. „Kannst du dir nicht wenigstens einmal helfen lassen? Es geht nicht nur um dich. Takeshi liegt im Krankenhaus! Das ist zu groß für dich alleine.“ „Ich weiß wirklich nicht, was du von mir willst… Oder wieso du überhaupt hier bist, wenn wir schon dabei sind. Hast du nichts anderes zu tun, Hokage?“ Man konnte praktisch die Sekunde sehen, in der Narutos Resignation verletzter Wut wich. Es war immer wieder erstaunlich, wie viel Einfluss meine Worte auf ihn hatten. Er war wirklich viel zu emotional, das war seine größte Schwäche. „Ich habe gehört, dass du im Krankenhaus bist, und habe mir Sorgen gemacht. Das ist ja wohl normal.“ „Nein. Ein normaler Chef hätte… Keine Ahnung, eine Grußkarte geschickt“, giftete ich und stand auf, weil seine Schulter, die fast meine berührte, mich plötzlich wahnsinnig nervte. Inzwischen schauten die Krankenschwestern nicht mehr neugierig, sondern besorgt. Auch Naruto stand auf. Er war immer noch ein wenig kleiner als ich, aber das merkte man nicht, als er mich aus seinen blauen Hundeaugen anschaute. Als gäbe sein übergroßes Herz ihm ein paar Zentimeter mehr. „Ich bin nicht als dein Chef hier.“ Wunderbar. Ich verdrehte die Augen und verschränkte die Arme, während ich mich abwandte. „Wenn du Sex im Krankenhaus willst, könntest du wenigstens ein Zimmer organisieren.“ „Hör auf, Sasuke.“ Narutos Stimme klang so gekränkt, dass ich doch wieder zu ihm blickte. Dieser Idiot würde doch wohl nicht hier anfangen zu heulen? Er war der Hokage! Hatte er gar keine Selbstbeherrschung? Aber als ich in seine Augen blickte, war darin nur Zorn. „Du weißt ganz genau, dass es zwischen uns niemals nur um Bedürfnisbefriedigung ging. Ich verstehe wirklich nicht, was du glaubst, das passieren würde, wenn du das endlich zugibst. Hast du Angst davor, glücklich zu sein? Weil du verdammt Recht hast. Ich werde dich glücklich machen. Weil du es verdienst, ob du´s glaubst oder nicht.“ Völlig verdutzt starrte ich Naruto an, der mich gerade nicht nur mit seiner Wut, sondern vor allem mit seinen Worten überfahren hatte. Wir waren keine reine Bedürfnisbefriedigung? Was dann? Und vor allem, wann hatten wir das ausgemacht? Und das bedeutete, dass er sich als meinen… Meinen… Ich setzte mich doch lieber wieder, auch wenn ich so zu ihm aufblicken musste. Zu meinem… Nein, ich konnte es nicht mal denken. Das war zu plötzlich. Und ich wollte kein ´Mein` vor seinen Namen setzten, weil das bedeutete hätte, das er dasselbe mit meinem tun konnte. Sein… „Das… Du hast nie gesagt… Ich meine, das…“, stammelte ich unbehaglich, bis er mich unterbrach. Wie ich diese Unsicherheit hasste, die ich gerade wegen ihm empfand! „Ich habe es dir von Anfang an gesagt. Ich hab dir gesagt, dass du mir viel bedeutest. Die verdammte Welt, um genau zu sein. Aber du schienst dich immer so unwohl zu fühlen, wenn ich es sagte, also hab ich damit aufgehört. Ich hab versucht, es dir stattdessen zu zeigen… Aber scheinbar ist mir das gründlich misslungen“, endete Naruto mit gerunzelter Stirn und leicht schiefgelegtem Kopf. Wie hatte es überhaupt so weit kommen können? Hatten wir nicht über den Jungen gesprochen? Und wieso stritten wir eigentlich über ihn wie ein altes Ehepaar über seinen Sohn? In dem Moment kam eine Schwester aus dem Behandlungsraum direkt auf uns zu. Auch ihr Blick blieb erst an Naruto hängen, doch nach einem kleinen Knicks wandte sie sich mir zu. „Ihr Sohn ist wach, Uchiha-san.“ Ich ignorierte nicht mal bewusst, dass sie Takeshi ´meinen Sohn` nannte, ich hörte es schlicht und ergreifend nicht. Es war so unwichtig. Sie hatte geholfen, dass er wach und gesund war, von mir aus konnte sie mich nennen, wie sie wollte. Die Arzthelferin und ich waren schon auf halbem Wege zu den Behandlungsräumen, als Narutos Stimme mich nochmal innehalten ließ. „Sasuke…“ Er sah so gequält aus, dass die Beklemmung in meiner Brust nur noch schlimmer wurde und ich einen halben Schritt rückwärts machte. Hätte er sich nicht eingebildet, wir hätten eine feste Beziehung, hätte ich ihn nicht so verletzen können. Das bildete ich mir zumindest ein, denn ich wollte nicht für Narutos Gefühle verantwortlich sein. Dass diese nicht an einen Beziehungsstatus gekoppelt waren, ignorierte ich dabei. „Ich kann das jetzt nicht.“ Vor der Tür stockte ich und wandte mich erneut nach ihm um. „Ich kann das gar nicht. Wir werden uns eine Weile nicht sehen.“ Und damit zog ich die Tür ins Schloss zwischen dem Hokage und mir. „I-Ist alles in Ordnung, Uchiha-san…?“, fragte die Krankenschwester leise, woraufhin ich nur ruckartig nickte. Wie kam sie auf die Idee, ich würde mit ihr reden wollen, wenn ich nicht mal mit dem Mann sprechen wollte, der sich offenbar seit drei Jahren für meinen Lebensgefährten hielt? „Wo ist der Junge?“ Sie zuckte zusammen, sagte aber nichts mehr, als sie mich durch die Flure des Krankenhauses führte. Eine Tür wurde mir geöffnet und mit dem Eintreten in Takeshis Krankenzimmer schob ich Naruto aus meinen Gedanken. Jetzt war nicht die Zeit, über Beziehungsprobleme zu sprechen. Himmel, vor zehn Minuten hatte ich ja nicht mal gewusst, dass ich eine Beziehung führte! „Sensei!“ Wie blass Takeshi aussah, trotz seiner offensichtlichen Freude über mein Kommen. Ich setzte mich neben ihn auf einen Stuhl für Besucher und ließ den Blick über sein zerschundenes Gesicht gleiten, bis der Junge sich unbehaglich zurücklehnte. „Es ist alles in Ordnung…“, murmelte er verlegen. „Ich hatte dir doch gesagt, dass ich es nicht dulde, dass meine Schüler aussehen wie Hackfleisch.“ Ich starrte mein persönliches Großmaul ärgerlich an, das plötzlich gar nicht mehr so viel zu sagen hatte. Sehr gut, bloß nicht zeigen, wie erleichtert ich war, ihn wach zu sehen und wie verwirrt wegen… Nein. Nein, ich hatte entschieden, jetzt nicht über Naruto nachzudenken – Oder am besten gar nicht. „Was ist überhaupt passiert?“, wollte ich barsch wissen. Der Widerwillen machte Takeshis Gesicht wieder etwas lebendiger. „Hast du den Typ gesehen? Der war zwei Mal so groß wie ich und bestand nur aus Muskeln.“ „Ja, vermutlich hatte er auch Muskeln statt Hirn im Kopf. Das hättest du nutzen können. Aber ich will keine Ausreden hören. Erzähl mir von dem Kampf.“ Zwar sah er noch immer trotzig aus, doch er tat, was ich wollte. Es war, wie ich vermutet hatte; Irgendwann war dem Jungen die Kraft ausgegangen und dann hatte sein Gegner praktisch den Boden mit ihm gewischt. Takeshi war sichtlich genervt von sich selbst und schwor die ganze Zeit, ihm das heimzuzahlen, aber das würde nicht nötig sein. Darum würde ich mich persönlich kümmern. Niemand schlug ungestraft meinen Ziehsohn. Niemand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)