Fremde Märchen von Makoto17 (Wichtelgeschichte für Lilim-Angel) ================================================================================ Kapitel 3: Großmutter --------------------- Plötzlich stoppte Doremi. Sie wusste, dass sie sich verlaufen hatten, und das auch die anderen nicht mehr wussten, wo genau sie waren. Gut, sie waren der Hexe entkommen. Sie hatte erneut gesehen, wie Majo Rika sich in einen Hexenfrosch verwandelt hatte. Für die anderen war dies neu gewesen. Sie hatten Majo Rika nie in ihrer wirklich Gestalt gesehen. Die anderen blieben ebenfalls stehen. „Wisst ihr, wo wir hier sind?‟ Alle drei schüttelten den Kopf. „Ich hab nicht auf den Weg geachtet.‟ „Ich auch nicht, da ich nicht einmal wusste, wo wir uns vorher befunden hatten.‟ „Aber sollten wir nicht langsam schauen, wie wir wieder nach Hause kommen?‟ „Sollen wir noch einmal versuchen, zu zaubern?‟ Alle vier Mädchen überlegten kurz. Sie hatten die Tür mit Zauberei geöffnet, warum sollten sie also jetzt nicht mehr zaubern können? Doch als Doremi ihr Tab in die Hand nehmen wollte, stellte sie fest, dass sie es nicht dabei hatte. „Habt ihr eure Tabs dabei?‟ „DOREMI!‟ „Ich bin mir sicher, dass ich es NICHT verloren habe.‟ „Und wo ist es dann?‟ „Habt ihr denn eure dabei?‟ Jetzt schauten auch Aiko, Hazuki und Onpu nach. Sie schauten in den Taschen nach, fanden ihre Tabs aber nicht. Auch an ihren Schuhen und Jacken waren sie nicht zu finden. Da auch sie ihre Tabs nicht fanden, schüttelten sie nur den Kopf. „Vielleicht will die Geschichte nicht, dass wir zaubern?‟ „Und warum sollte sie das nicht wollen, wo wir auch eben zu Hexen gemacht wurden?‟ „Kommt das eigentlich in der Geschichte vor? Ich meine, dass wir zu Hexen werden?‟ „Nein, das ist auch der Grund, warum ich Hana die Geschichte nicht vorlesen mag. Wegen dem, was in der Geschichte mit der Hexe passiert.‟ „Sollten wir nicht mal langsam weitergehen?‟ „Ja!‟, kam es einstimmig von den anderen. Sie wussten, dass es keinen Sinn machte, hier länger zu warten. Hier im Wald würden sie bestimmt nicht weiterkommen. „Gehen wir also davon aus, dass einer von uns spüren wird, sobald wir wieder in die Nähe eines unserer Märchen gelangen. Und so lange laufen wir eben weiter.‟ „Dann hoffe ich nur, dass es nicht allzu lange dauert. Ich kann nämlich langsam nicht mehr.‟ „Hör auf zu jammern. Es dauert, wie lang es eben dauert.‟ Nachdem sie eine Weile gelaufen waren, keiner von ihnen wusste, ob es sich nun um Minuten oder Stunden handelte, bemerkte Hazuki etwas rotes an einem der Baumwipfel hängen. Sie erkannte dieses Teil aus einem der Bilder, die sich in ihrem Märchenbuch befanden. „Ich vermute, dass hier ist für mich.‟ Hazuki zeigte auf den roten Umhang. „Ich habe es schon auf dem Cover von dem Märchenbuch gesehen, dass Seki-Sensei uns gegeben hat.‟ „Dann solltest du es dir vielleicht holen.‟ „Aber es ist zu hoch. Ich komme dort nicht dran, und im Klettern bin ich auch nicht besonders gut.‟ Was Hazuki eigentlich sagen wollte, dass sie überhaupt nicht klettern konnte, behielt sie für sich. Sie ging davon aus, dass die anderen sie so gut kannten, dass ihnen dies auch so klar war. Aiko machte sich bereit, den Umhang für Hazuki vom Baum zu holen. Sie legte ihren Fuß in eine Kerbe der Rinde und zog sich mit ihren Armen hoch. Zwei Schritte gelangte sie auf diese Weise nach oben, bis sie auf eine magische Barriere stieß. Sie prallte ab. „Was soll das denn? Wieso komme ich nicht an den Umhang?‟ Beim nächsten Versuch, nach oben zu gelangen, stieß Aiko erneut gegen die Barriere. Doch dieses Mal war der Druck der Barriere so heftig, dass sie sich nicht mehr am Baumstamm festhalten konnte. Sie landete mit ihrem Hinterteil auf dem Boden und fluchte. „Steh wieder auf, Aiko-chan.‟ Doch dies brauchte Onpu ihr nicht zu sagen. Sie war schon im Begriff, aufzustehen, als ihre Freundin mit ihrem Satz angesetzt hatte, zu sprechen. „Aber wie kommen wir jetzt an den Umhang?‟ „Da dies ein Relikt aus meinem Märchen ist, muss ich es wohl selber holen.‟ „Solange du auch weißt, wie du dies anstellen willst.‟ Instinktiv griff Hazuki zu ihrer Tasche nach ihrem Tab. Sie verwandelte sich in eine Hexe und zauberte den Umhang nach unten. „Hey, wo hast du denn auf einmal dein Tab her?‟ Erst jetzt, als Aiko diese Frage gestellt hatte, registrierte Hazuki, dass sie ebenfalls zuvor festgestellt hatte, dass ihr Tab nicht aufzufinden war. Doch jetzt war er da. Dass sie bereits aus dem Zauber entlassen waren, glaubte sie nicht. Immer noch waren sie im Wald, in einer fremden Zeit. „Vielleicht erlaubt der Magical Stage in diesem Fall, dass wir zaubern. Und deshalb war mein Tab wieder da.‟ Dies klang einleuchtend. Hazuki verwandelte sich wieder zurück und steckte ihr Tab in die Tasche. Als sie kurze Zeit später wieder in die Tasche griff, einfach nur, um nachzusehen, ob es noch da war, war das Tab wieder verschwunden. Die Theorie stimmte daher, dies hatte sie damit bewiesen. Wann immer sie hier ihre Magie einsetzen können durften, würde der Magical Stage ihnen dies erlauben. Aber jetzt war es nicht so weit. Hazuki zog den roten Kapuzenmantel an. Es biss sich etwas mit dem Orange-Braun ihrer Haare, aber dies ignorierten die Mädchen. Sie gingen weiter, immer tiefer in den Wald hinein. Sie kamen an einer Blumenwiese vorbei. Gänseblümchen und Löwenzahn, Lilien, Gladiolen und Margeriten, Sonnenblumen, Petunien und Zauberglöckchen. Viele schöne Blumen, die gerade dazu einluden, einen Strauß zu pflücken. Sie lief auf die Blumen zu und begann zu pflücken, ohne auf das Tun ihrer Freundinnen zu achten. Auch die anderen gingen ihre eigenen Wege. Doremi und Aiko liefen in den Wald hinein, auf der Suche nach einem Jäger. Onpu spazierte zu einem Haus im Wald, welches sie nie zuvor gesehen hatte. Sie ging hinein, und wusste sofort, wo sich alles befand. Onpu war erschöpft. Sie legte sich etwas in das Bett, welches sich im fremden Haus befand. Nur, dass dieses Haus nicht mehr fremd war. Von allen unbemerkt schlich ein Wolf durch die Büsche. Sein Magen knurrte. Er war auf der Suche nach einer Beute. Er bemerkte ein Mädchen, das sich auf einer Blumenwiese befand. Dieses Mädchen schien zwar ein schöner Happen zu sein, würde ihm aber nicht reichen. Er beobachtete sie. Für wen pflückte sie die Blumen? Vielleicht befand sich hinter der Person, für die sie sich so vorbereitete, ein weiterer Happen für einen Wolf wie ihm? Dies musste er herausfinden. Langsam lief er zu dem Mädchen hin. Dieses Kind schien das einzige Wesen zu sein, dass sich zu Fressen lohnte, und auch das einzige, dass ihm gefährlich werden konnte. Die Vögel waren für ihn keine Bedrohung, und die Pflanzen wehrten sich auch nie, wenn man ihnen etwas antat. Auch der Jäger, der tagein, tagaus, im Wald herumlungerte, hielt sich offenbar schon einige Tage in einem anderen Gebiet auf. Sein Geruch war nicht mehr wahrnehmbar. Er schlich nicht, sondern ging einfach nur langsam auf das Mädchen zu. Er achtete sogar darauf, einige trockene Zweige zu zerbrechen, um die Aufmerksamkeit des Mädchens auf sich zu ziehen. Der Plan ging auf. Das Mädchen schaute ihm direkt in die Augen. Diese schien zwar erschrocken zu sein, was er nicht beabsichtigt hatte, aber sie beruhigte sich auch wieder. Er blieb stehen, damit das Mädchen sich nicht bedroht fühlte. Erst, als er hören und riechen konnte, dass sie keine Angst mehr ausströmte, ging er langsam auf sie zu. Als Hazuki das Zerbrechen eines Zweiges hörte, dachte sie zuerst an ihre Freundinnen, die vermutlich unachtsam durch die Gegend geschlendert waren. Doch sie wollte sich vergewissern, und schaute zur Ursache des Geräusches. Aber weder Doremi, noch Aiko und Onpu standen dort, außer, wenn diese sich in einen Wolf verwandelt hätten. Da dieser Wolf nicht böse schaute, suchte Hazuki nach Ähnlichkeiten zu ihren Freundinnen. Die typischen Merkmale waren bei jeder Verwandlung in ein Tier zu sehen gewesen. Dieser Wolf hatte weder die Notenschlüssel-Haarklammer von Doremi, noch hatte er bläuliches oder lila gefärbtes Fell. Auch die Augen des Wolfs waren grau, dies war ebenfalls bei keiner ihrer Freundinnen der Fall. Sie bekam Panik. Sie wollte weglaufen. Aber eine Fluchtmöglichkeit fand sie nicht. Ein Wolf würde schneller sein als sie, und im Klettern war sie auch nicht gut genug, um rechtzeitig auf einem Baum zu gelangen. Ganz abgesehen davon, dass sie erst einmal einen Baum erreichen musste. Sie wollte immer noch weglaufen, blieb aber erstarrt stehen. Der Wolf ging langsam auf Hazuki zu. Er ging sehr langsam, damit das Mädchen nicht wieder in Panik ausbrach. Er überlegte, was er zu ihr sagen wollte. Immerhin war er ein besonderer Wolf, einer, der die menschliche Sprache sprechen konnte. „Was macht ein so junges, hübsches Mädchen wie du so alleine mitten im Wald?‟ Hazuki fühlte sich von den Worten des Wolfs geschmeichelt. Ihr kam es nicht merkwürdig vor, ein Kompliment von einem Wolf zu bekommen. Als Hexe war sie inzwischen einiges gewohnt, was viele nicht glauben würden. Nur an Geister würde sie sich nie gewöhnen können. „Ich besuche meine Großmutter, und da wollte ich ihr Blumen mitbringen, damit sie sich an deren Anblick erfreuen kann.‟ Tue ich das wirklich, fragte Hazuki sich. Sie kannte zwar das Märchen, welches sie sich ausgesucht hatte. Aber das hatte sie ihm nicht verraten wollen. Warum sagte sie etwas, dass sie gar nicht hatte sagen wollen? Gab das Märchen dies etwa so vor? Konnte der Magical Stage sie dazu bringen, etwas zu tun, dass sie ansonsten nicht machen würde? Da sie dies eben verraten hatte, ging sie bereits davon aus. „Deine Großmutter also. Ich könnte dir Gesellschaft leisten, während du zu deiner Großmutter gehst. Dann wärst du nicht alleine.‟ Sollte Hazuki das Angebot des Wolfs wirklich annehmen. Er schien nicht böse zu sein, aber da sie das Märchen kannte, wollte sie nicht, dass der Wolf mit ihr kam. Sie brauchte eine Ausrede, und zwar dringend. „Wenn ich dort mit jemand Fremden ankomme, ist der Großmutter dies bestimmt nicht angenehm.‟ „Aber ich könnte dich nur ein Stück begleiten. Und das letzte Stück gehst du dann alleine weiter.‟ Dies klang gut. Hazuki nickte dem Wolf zu. Immerhin wusste sie selber nicht, wie der Weg zu ihrer Großmutter verlief. Vielleicht wusste der Wolf dies, und konnte ihr so helfen. Und sie würde dem Ausgang der Geschichte einen Strich durch die Rechnung machen. Denn, wenn der Wolf die ganze Zeit in ihrer Nähe war, konnte er niemanden fressen. Und dieser Gedanke beruhigte sie ein wenig. „Also gut, du kannst mit mir kommen.‟ Hazuki band die Blumen, die sie gepflückt hatte, zu einem Strauch zusammen, und machte sich gemeinsam mit dem Wolf auf dem Weg zum Haus ihrer Großmutter. Sie fragte sich, ob ihre Großmutter wirklich so wie ihre tatsächliche Großmutter aussah, oder vielleicht wie Baaya, oder wie jemand ganz anderes. Sie merkte, dass ihre Füße sie in eine bestimmte Richtung führten. Der Wolf erzählte ihr die Geschehnisse des Waldes, von denen er glaubte, dass sie ihn in ein gutes Licht rückten. Geschichten, in denen er anderen, meist jüngeren, Tieren half, sich gegen den Jäger zu verteidigen. Das er die Tiere später selbst verspeiste, behielt er für sich, auch wenn Hazuki sich dies denken konnte. Sie gelangten an einem Baum an, der sich von den anderen unterschied. Die Blätter dieses Baumes waren richtig groß, viel größer als die Blätter vieler anderen Bäume. Außerdem konnten sie von diesem Baum aus die Hütte der Großmutter sehen. „Vielleicht solltest du ein paar von diesen Blätter deinen Strauß hinzufügen. Dieser Strauß beinhaltet alle möglichen Farben, nur das Grün ist durch kein einziges Blütenblatt vertreten. Diese Blätter eignen sich wunderbar dafür, dies zu ändern.‟ Hazuki schaute von ihrem Strauß zu den Blättern des Baumes und wieder zurück. Es stimmte, sie hatte keine grünen Blüten in ihrem Strauß, und bis gerade eben hatte sie auch noch gedacht, dass dies gut so war. Aber jetzt, wo der Wolf das Thema angesprochen hatte, war sie sich dessen nicht mehr so sicher. Jetzt fand sie, dass dem Strauß wirklich noch etwas Grün fehlte. Sie trat näher zum Baum. „Vielen Dank für den Tipp. Ab hier komme ich alleine zurecht.‟ „Dann lasse ich dich ab hier alleine weitergehen.‟, verabschiedete der Wolf sich von Hazuki, während er dachte, dass dies ihm gerade recht kam. Immerhin konnte er sich so an die Hütte der Großmutter heranschleichen. Um das Mädchen nicht zu beunruhigen, schlug er zunächst einen Weg ein, der vom Haus der Großmutter wegführte. Ein Klopfen an der Tür weckte Onpu aus ihrem Schlaf. Sie fragte sich, warum sie während eines Zaubers eingeschlafen war, und vergaß, wo sie sich befand. Doch nach kurzer Zeit wusste sie es wieder. Sie sah sich in dem Zimmer um. Dort standen einige Schränke aus Holz. Auch die Wände und die Tür schienen aus Holz zu bestehen. Es sah sehr altmodisch aus. Plötzlich fiel ihr das Klopfen, wodurch sie überhaupt aufgewacht war, wieder ein. „Wer ist da?‟ „Hier ist das Rotkäppchen. Meine Mutter schickt mich mit Kuchen und Wein.‟ „Komm rein. Die Tür ist offen. Ich bin zu schwach, um herunter zu kommen.‟ Onpu fragte sich, warum sie so einen Unsinn redete. Sie fühlte sich nicht schwach, immerhin hatte sie soeben etwas geschlafen. Sie versuchte aufzustehen. Doch dann stellte sie erschrocken fest, dass ihre Beine nicht stehen wollten. Sie schaute an sich herunter. Ihre Arme waren faltig, und ihre Hände zitterten. Sie war also anscheinend zu einer alten Frau geworden. „Na hoffentlich hält dieser Zustand nicht allzu lange an.‟ Die Türe knarrte beim Öffnen, auch wenn der Wolf versuchte, dies möglichst leise zu tun. Er betrat die Hütte. Es roch nach alten Leuten, Mottenkugeln, irgendwie muffig. In den oberen Räumen war dieser Geruch intensiver. Daher ging er nach oben und verspeiste die Person, die er dort vor fand. Onpu war viel zu perplex, um etwas dagegen zu unternehmen. Sie befand sich nun im Bauch des Wolfs, außerstande, sich zu bewegen. Dass sie eigentlich viel zu groß war, um vollständig im Wolf zu existieren, darüber dachte sie nicht nach. Niemand hörte das Murmeln im Bauch des Tieres. „Irgendwie habe ich in diesem Märchen die falsche Rolle erwischt.‟ Nachdem Hazuki ihren Blumenstrauß erweitert hatte, machte sie sich nun wirklich auf dem Weg zum Haus ihrer Großmutter. Es war nicht weit, und offensichtlich kannten ihre Beine den Weg. Der Wolf wusste, dass er sich verkleiden musste, wenn er auch das Mädchen fressen wollte. Am besten wäre es wohl, einfach die Sachen der alten Frau anzuziehen und sich in das Bett zu legen, in dem diese zuvor lag. Dies würde die perfekte Tarnung sein. Er war damit fertig, noch bevor es an der Tür klopfte. „Wer ist da?‟ Der Wolf ahmte die Stimme der alten Frau nach. „Ich bin es, das Rotkäppchen. Mutter schickt mich mit Kuchen und Wein.‟ „Dann komm herein, liebes Rotkäppchen. Die Tür ist offen.‟ Auch Hazuki öffnete die Türe eher vorsichtig, wenn auch aus einem anderen Grund als zuvor der Wolf. Auch sie schaffte es nicht, diese geräuschlos zu öffnen, huschte schnell ins Haus und ging von der Neugier getrieben nach oben, um zu sehen, wie die Großmutter nun tatsächlich aussah. Als sie ins Schlafzimmer der Großmutter ankam, waren die Vorhänge zugezogen, so dass kaum Licht ins Zimmer fiel. Sie stellte den Korb ihrer Mutter auf der Nachtkonsole ab. Dann sah sie sich ihre Oma an. Irgendetwas an dem, was sie erblickte, stimmte nicht. „Großmutter, warum hast du denn so große Augen?‟ „Damit ich dich besser sehen kann, mein Kind.‟ „Aber Großmutter, warum hast du denn eine so große Nase?‟ „Damit ich dich besser riechen kann, mein Kind.‟ „Großmutter, warum hast du denn einen so großen Mund?‟ „Damit ich dich besser fressen kann.‟ Der Wolf sprang mit einem Satz aus dem Bett und verschlang Hazuki an einem Stück. „Was machst du denn hier, Onpu-chan?‟ „Anscheinend hier feststecken. Und du? Du bist doch momentan in derselben Situation.‟ „Aber ich bin mir ziemlich sicher, das Doremi und Aiko uns hier in Kürze raus holen werden. Im Märchen wird das Rotkäppchen und ihre Großmutter auch vom Jäger gerettet. Und wenn du in die Rolle der Großmutter geschlüpft bist, und der Wolf keiner der beiden ist, so wird einer der beiden ganz sicher der Jäger sein.‟ „Dann hoffe ich mal, dass du recht behältst. Lange halte ich es hier nämlich nicht mehr aus.‟ Währenddessen liefen Doremi und Aiko durch den Wald, ohne dass sie bemerkten, dass die anderen nicht mit ihnen gegangen waren. Keine von ihnen hatte während des Weges darauf geachtet, ob die anderen ihnen folgen. Ihnen waren keine Personen begegnet. Die Tatsache, dass Doremi und Aiko innerhalb der Gruppe die lauten Personen waren, verbarg das Verschwinden der anderen beiden Mädchen recht gut. „Sag mal, Hazuki-chan, sollte dein Märchen sich nicht langsam zu erkennen geben?‟ Es gab keine Antwort. „Hazuki-chan?‟ Da immer noch keine Antwort kam, drehten Doremi und Aiko sich um. Sie sahen nur Bäume, aber keine Freundinnen. „Seit wann sind die beiden nicht mehr hinter uns?‟ „Keine Ahnung. Ich frage mich auch gerade, wo wir uns wohl getrennt haben.‟ „Sollen wir zurück laufen?‟ „Wir wissen doch gar nicht, wo die beiden sind.‟ Ohne nachzudenken griffen beide in die Tasche nach ihrem Tab. Da auch die anderen Geschehnisse so weit fortgeschritten waren, ließen sich die Tabs auch finden. Doremi und Aiko verwandelten sich. „Pirika Pirirara Poporina Peperuto, zeig uns, wo Hazuki und Onpu sich befinden.‟ Aus ihrem Krakordion erschien ein Pfeil, der entgegengesetzt ihrer derzeitigen Laufrichtung zeigte. „Wir müssen zurück.‟ „Also los, gehen wir.‟ Der Pfeil änderte ab und an die Richtung, führte sie aber die ganze Zeit über die Waldwege, als wenn der Pfeil wüsste, wo sie entlanggehen durften. Die Anwesenheit des Pfeils beruhigte sie ein wenig. Dennoch war es ärgerlich, dass sie nicht genau wussten, wie lange sie noch laufen mussten. Einige Zeit später standen die beiden Mädchen vor der Tür einer Waldhütte. Der Pfeil schwebte nach oben zum Fenster im ersten Obergeschoss und zeigte dort leicht nach unten. Was der Pfeil ihnen sagen wollte, war ihnen allen sofort klar. Ihre beiden Freundinnen mussten sich im oberen Geschoss des Hauses befinden. Der Wolf schief fest im Bett der Großmutter. Er sah weder den Pfeil, der sich am Fenster zeigte, noch hörte oder roch er die weiteren Mädchen, die gerade die Holzscheite zu dem Fenster hoch kletterten. Aiko schaute durch das Fenster. Sie sah zwar jemand im Bett liegen, konnte aber von ihrer Position aus kaum etwas erkennen. „Sind Hazuki-chan und Onpu-chan im Zimmer?‟, fragte Doremi den Pfeil. Dieser nickte. „Wir sollten schauen, ob wir von der Haustür aus hier hoch kommen können.‟ Aiko kletterte wieder nach unten. Gemeinsam öffneten sie die Tür und schlichen sie nach oben. Der Pfeil schwebte ebenfalls nach oben und zeigte auf den Bauch des Schläfers. Erst jetzt erkannten sie, dass es sich bei dem Schläfer um einen Wolf handelte. Sie schauten unter dem Bett nach, ob die beiden sich vielleicht unter diesem versteckten. Aber auch dort waren sie nicht zu sehen. Plötzlich kam Doremi ein schrecklicher Verdacht. „Willst du uns etwa sagen, dass Hazuki-chan und Onpu-chan IM Bauch von dem Wolf sind?‟ Der Pfeil nickte. Aiko verwandelte sich in eine Hexe, während der Pfeil erkannte, dass er nicht mehr gebraucht wurde, und daher verschwand. „Pameruku Raruku Rari Rori Poppun, befreie Hazuki und Onpu aus dem Bauch des Wolfs.‟ Der Zauber erschuf eine Schere, die Aiko direkt in die Hand fiel. Diese verstand nicht, wie die Schere ihnen bei ihren Vorhaben helfen konnte. Fragend schaute sie ihre Freundin an. Auch Doremi war nicht der Art Mensch, die einfach einem Tier etwas antat. Ihr missfiel der Gedanke, dem Wolf den Bauch aufzuschneiden. „Und wenn wir den Bauch hinterher wieder zusammen zaubern? Irgendwie müssen wir die beiden da raus bekommen.‟ Hazuki und Onpu hörten abgeschwächt, was ihre Freundinnen gerade besprachen. Sie wussten, dass ihre Befreiung kurz bevorstand, auch wenn sie nicht genau wussten, wie die anderen das bewerkstelligen wollten. Sie wollten raus, und zwar schnell. „Jetzt schneide schon den Bauch auf! Doremi, Aiko, wir halten das hier drin kaum noch aus. Im Märchen werden die beiden auch so befreit. Dies ist nicht real! Ihr tut niemanden weh, wenn ihr das jetzt macht!‟ Aiko war hin und her gerissen. Sie wollte ihre Freundinnen befreien, aber auch dem Wolf nichts antun. Der Wunsch, ihre Freundinnen zu befreien, gewann das Duell der Gedanken. Aiko nahm die Schere in die Hand und setzte beim Bauch des Wolfs an. Sie schnitt vorsichtig den Bauch aus. Erleichtert kletterten Hazuki und Onpu aus dem Bauch heraus. Sie atmeten tief ein und wieder aus, wollten den Geruch der Innereien so schnell wie möglich loswerden. Sie schüttelten sich bei dem Gedanken, so etwas noch einmal erleben zu müssen. „Und was machen wir jetzt mit ihm?‟ Doremi zeigte auf den Wolf. „Im Märchen legen die Menschen dem Wolf einige schwere Steine in den Bauch und nähen ihn wieder zu. Der Wolf überlebt dies nicht.‟ „Das ist aber nicht sonderlich nett.‟ „Und warum sammelst du gerade ein paar Steine?‟ Aiko schaute zu ihren Händen. Diese hielten tatsächlich einige größere Steine, und ihre Beine schleppten sie zum Wolf. „Ich weiß nicht, warum ich gerade mache, was ich mache. Aber irgendwie weiß mein Körper, was in dem Märchen passiert. Und dieser handelt auch ohne meinen Willen.‟ „Als wenn du eine Marionette wärst.‟ Alle lachten, auch wenn Aiko diesen Gedanken nicht sonderlich witzig fand. Sie mochte es nicht, dass jemand anders bestimmte, was sie tat und was nicht. Sie wollte selbst die Gewalt über ihr Handeln haben. „Ihr seit auch nur Marionetten, oder habt ihr selbst bestimmt, was ihr hier tut?‟ „Nein.‟, kam es einstimmig von den anderen. Onpu holte Nadel und Faden aus dem Haus, und nähte dem Wolf den Bauch wieder zu. Sie fluchte in sich hinein. „Ich hoffe, dass ich das hier so schnell wie möglich vergessen werde. Ich will nicht ständig daran denken, dass ich einem Tier etwas in den Bauch nähe.‟ „Wenn wir zu Hause sind, nehme ich erst einmal ein langes, gründliches Bad. Das Gefühl, im Bauch gefangen zu sein, will ich möglichst schnell wieder vergessen.‟ „Gute Idee. Das mache ich auch.‟ „Aber erst einmal muss der Magical Stage uns aus dem Zauber entlassen. Vorher kommen wir nicht dazu. Oder glaubst du, hier in der Märchenwelt gibt es ein Bad?‟ „Gehen wir also erst einmal zum Schloss zurück. Immerhin steht noch ein Märchen aus.‟ Wieder gingen sie in den Wald hinein. Dass keiner von ihnen den Rückweg kannte, machte ihnen in diesem Fall nur wenig aus. Sie wussten inzwischen, dass die Magie schon dafür sorgte, dass sie den richtigen Ort erreichten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)