Kenka Matsuri von abgemeldet (Die Fünf Fragmente) ================================================================================ Kapitel 4: Im 'Lauschigen Fass' ------------------------------- ~Kenka Matsuri~ ********************************* Huhuh! Ich sag nur kurz Hallo, denn zuviel Gelaber schadet nur, und interessiert eh keinen, und außerdem, musses hier mal weiter gehen, hab' schon wieder chatastrophal lange gebraucht! '' Dafür ist es aber auch wieder ziemlich lang geworden ... ôô Hoffe, es gefällt euch, ich bin auch gleich fertig hier ;) Zelda gehört mir nicht, Link gehört mir nicht, die Idee von der Rasse der Goronen, der Zoras und der Orni gehört mir auch nicht, aber der Rest eigentlich schon ... haha! Ein besonderer Dank geht an meine Betareader Milu und Soulprayer ;) Also, das war's erstmal, ich bin weg hier - viel Spaß! ******************************************************************* Kapitel 4: Im 'Lauschigen Fass' *** "Scheiße verdammt, nicht schon wieder!" Ächzend ließ sich Chiyo zu Boden sinken, wobei sie vorsichtig einen Stapel Decken sowie ein paar darauf liegende Beutel auf einem Arm balancierte, und begann, mit der freien Hand diverse wollene - und äußerst suspekt aussehende - Kleidungsstücke aufzulesen. Aus dem Nebenraum tönte eine für diese Uhrzeit grässlich gut gelaunte Stimme. "Hast du gerufen, Chiyo?" "Nein, schon gut, aber sag mal ..." Sie richtete sich auf und schleppte ihre bedrohlich schwankende Last durch die offene Tür in die Küche. "Ist dieser ganze Kram denn wirklich notwendig?" Mikau lachte und half ihr, die Sachen auf dem Tisch abzulegen. "Die Wärmeunterwäsche? Glaub mir, du wirst noch dankbar dafür sein!" "Wenn mich jemand darin sieht, bestimmt nicht mehr ..." Er grinste. "Vielleicht, aber ihr kommt mitten in die schlimmste Jahreszeit, leider kann sich das ja keiner aussuchen." Chiyo seufzte und musste gleich darauf ein Gähnen unterdrücken. Vielleicht konnte sie ja einen Blick auf Link in diesem Aufzug erhaschen, das sollte für vieles entschädigen. Mikau reichte ihr einen Becher mit einer undefinierbaren, heißen Flüssigkeit, die vom Geruch her ein wenig an Pfefferminztee erinnerte - möglicherweise mit einem Hauch Zimt. Sie nahm ihn dankbar an - seit dem Aufstehen fröstelte sie. Mikau schien ein Frischluftfanatiker der schlimmsten Sorte zu sein; auch an diesem Morgen war sie in eisiger Zugluft aufgewacht, weil alle Fenster plus die Tür offen gestanden hatten. Ob Link wohl noch mit dem Satteln der Pferde beschäftigt war? Mikau hatte ihr vor einer halben Stunde mitgeteilt, dass dieser dreiste Grünling (Mikau hatte eine andere Formulierung benutzt) zu diesem Zweck bereits hinausgegangen war, und dass sie dafür den restlichen Kram zusammenpacken sollte, damit sie noch vor Tagesanbruch aufbrechen konnten. Während sie den Tee schlürfte breitete sich langsam ein seltsames Kribbeln in ihrem Bauch aus. Was sie auf ihrer Reise wohl erwartete? Bisher hatte sie kaum einen Gedanken daran verschwendet, doch langsam spürte sie die wachsenden Nervosität. Ob sie mit Link auskommen würde? Besonders einfach würde es wohl nicht werden. Andererseits mussten sie ja irgendwie miteinander klar kommen, wenn sie tatsächlich 'zusammenarbeiten' wollten, also sollte er sich eben etwas zusammenreißen! Ganz klar, an ihr lag es ja wohl nicht. Sie überlegte, ob er tatsächlich noch mit Satteln beschäftigt war, oder vielleicht eher die letzt mögliche Chance nutzte, um ihr aus dem Weg zu gehen. Sie stellte fest, dass kein Tee mehr im Becher war und seufzte; was nütze es schon, sich hier drinnen zu verstecken? Sie mussten schließlich los. Also, auf in den Kampf... "Bereit?" fragte Mikau, als sie ihren Becher abstellte. "Dann los, du kannst schon mal nach draußen gehen, ich muss noch eben etwas holen, was ich Link mitgeben will." Beladen mit Decken und der unverzichtbaren Wärmeunterwäsche stakste sie nach draußen in die kühle Morgendämmerung und wich im letzten Moment einer riesigen Matschpfütze aus. Als sie um die Ecke bog und auf die Stallungen zuging, kam ihr Link entgegen, der zu ihrem großen Ärger viel besser aussah, als sie sich fühlte. War wohl ein Morgenmensch. Und wenn schon. "Ähm, bist Du schon fertig?" fragte sie etwas unsicher, als er ihr ungefragt den größten Teil des Stapels abnahm. "Ja." Ok. Vielleicht doch kein Morgenmensch, oder einfach nicht der gesprächigste. Hatte sie ja bereits vorher im Verdacht gehabt. Dennoch, vielleicht würde es ja doch nicht so übel werden - immerhin hatte er ihr diesmal geholfen. Solange er hilfsbereit war, konnte er ihrer Ansicht nach ruhig wortkarg sein ... zumindest für den Anfang. Sie folgte ihm in den Stall, doch bereits in der Tür hätte sie ihre Sachen beinahe erneut fallen lassen, weil Link ihr - völlig ohne Vorwarnung natürlich - einen Sattel entgegen schleuderte, an dem bereits diverse Taschen samt Inhalt befestigt waren. Ein paar Schritte zurück taumelnd fing sie ihn mit einiger Mühe auf. Verwirrt starrte sie erst den Sattel und dann Link an, welcher mittlerweile damit beschäftigt war, die Decken und (glücklicherweise) auch die Unterwäsche in Taschen hinten auf dem Sattel seines Pferdes zu verstauen. "Äh ... sag mal ..." Er drehte sich zu ihr um und nahm ihr den Rest der Decken ab. "Was?" "Ich dachte du seist fertig?" fragte sie - nun doch ziemlich verunsichert. "Soll ich den hier für dich halten, oder -" "Für mich halten?" Er starrte sie mit undeutbarem Blick an. "Nicht nötig, es reicht, wenn du ihn auf dein Pferd legst. Dafür sind Sättel da, weißt du?" Chiyo spürte, wie sie errötete. "Das ist mir schon klar! Ich dachte nur, du hättest mein Pferd auch schon ... also ... Mikau sagte ... ach, vergiss es!" Sie wandte sich ab und ging hinüber zu dem schwarzweißen Tier, dass Mikau ihr 'geliehen' hatte. Während sie etwas ungeschickt durch die Absperrung aus Brettern kletterte und auf das - immerhin freundlich - schnaubende Pferd zuging, spürte sie Links Blick im Rücken. War ja klar gewesen. Hatte sie tatsächlich einen Moment gedacht, er würde ihr zur Hand gehen? Nicht im Traum! War auch nicht nötig, schließlich war sie kein Kind mehr. Selbst ist die Frau. Und schließlich hatte sie so etwas früher schon mal gemacht. Wenn der hoffte, dass sie sich jetzt vor ihm blamieren würde, dann musste sie ihn wohl enttäuschen - geschah ihm recht. Sie würde das auch allein hin bekommen. Verlernen konnte man so etwas doch schließlich nicht. Sie schaute sich nochmal den Sattel an - verdammt, wo zum Teufel gehörten all diese Gurte hin! Aber sie würde sich vor ihm keine Blöße geben, vor IHM nicht, und wenn sie Stunden brauchte! Der dachte wohl, er könne sie vereimern. Nicht mit ihr! Bestimmt war er einer dieser 'Frauen-können-nicht-einparken-Typen'... Oder eben '-nicht-satteln'. Wäre wahrscheinlich in dieser Welt das Äquivalent zum Einparken. "Kannst du es denn?" Sie fuhr herum. Er hatte sich gegen die Absperrung gelehnt und die Arme auf der obersten Latte aufgestützt. "Natürlich nicht, ich bin zu jung für'n Führerschein!" "Hä?" Wieder dieser Blick. Boah, erst denken, dann reden! Oder besser: gar nicht reden. "Achso ... ähm ... also, naja ... ist schon 'ne Weile her, dass ich -" "Ach, gib schon her!" unterbrach er sie, stieß sich von den Brettern ab, und nahm ihr ungeduldig den Sattel aus den Armen. Offenbar mit Leichtigkeit hievte er ihn auf den Rücken des Pferdes. Während er die zahlreichen Gurte schloss (es waren wirklich deutlich mehr, als sie bisher bei irgendeinem anderen Sattel gesehen hatte!), stand sie ziemlich bedröppelt daneben. "Äh ... danke ..." Mist! Soviel zu 'Selbst ist die Frau' ... "Schon gut." Das würde eine Katastrophe werden, soviel stand für sie mittlerweile fest. Aber klein kriegen ließ sie sich davon nicht, dass sollte der nicht denken! Sie würde ihm schon beweisen, dass auch sie etwas drauf hatte. Irgend etwas. Sie würde sich nicht von ihm auf der Nase herum tanzen lassen, das war so klar, wie der Himmel blau war - wenn auch im Moment nicht. Missmutig sah sie zu, wie er das Tier aufzäumte, und überlegte, was sie sagen könnte, ohne blöd dazustehen. Glücklicherweise wurde sie jedoch von Mikau gerettet, der in diesem Moment durch die Tür kam. "Du liebe Zeit, das wird noch ein Wetterchen heute geben, glaubt mir!" "Was meinst du?" fragte Chiyo alarmiert. "Tja, den Wolken nach zu urteilen, wird's wohl nicht so schön werden. Zumindest trocken wird es nicht." Link spähte an ihm vorbei durch die offene Tür. "Ja, besonders gut sieht es nicht aus, aber es hat keinen Sinn, deswegen noch länger zu warten, denke ich." Das ist also das Geheimnis, dachte Chiyo verdrossen. Einfach vom Wetter reden, und schon bekam er vollständige Sätze heraus, aber gut zu wissen. Mit blauem Himmel allerdings würde es wohl nichts werden. Schlechtes Omen, ganz bestimmt ... "Da hast du wohl Recht," meinte Mikau und reichte Link eine Schriftrolle, "hier, das ist für Ninea. Und sag ihm doch bitte, er soll nach Möglichkeit versuchen, vielleicht etwas weniger ... ach, lass es bleiben, es hat vermutlich keinen Sinn." Link warf Chiyo die Zügel und Mikau einen ironischen Blick zu . "Definitiv nicht. Aber dir gebührt Respekt für deinen unerschütterlichen Glauben an ihn." Mikau überging das - worum es auch immer gehen mochte - und wandte sich stattdessen Chiyo zu. "Alles in Ordnung bei dir? Du siehst etwas blass aus ..." "Nein, nein, mir geht's gut!", sagte sie hastig, während sie aus den Augenwinkeln sah, wie Link langsam den Kopf zu ihr drehte. "Es ist nur ... es ist eben das erste Mal, dass ich sowas in der Art mache ..." "Ja, ich weiß." Mikau schenkte ihr ein kurzes verständnisvolles Lächeln - wahrscheinlich das letzte, das sie für lange Zeit sehen würde - und fuhr dann in alter Gute-Laune-Manier fort. "Aber einmal ist schließlich immer das erste Mal, nicht wahr, Link?" "Das ist wohl unvermeidlich." "Na, also!" Mikau klatschte in die Hände. "Genug geredet, ihr müsst euch auf den Weg machen, bevor es ganz hell ist." Mit diesen Worten verließ er den Stall, gefolgt von Link, der sein Pferd hinter sich her führte. Chiyo zog ihr Tier ebenfalls hinter sich her und trat wieder hinaus in den nach wie vor dämmrig-grauen und nicht besonders einladenden Morgen. Link hatte sich bereits elegant in den Sattel geschwungen und sie tat es ihm - wenn auch etwas weniger elegant - nach. Mikau drückte erst Links Hand und dann Chiyos. Sie war sich ziemlich sicher, dass ihre leicht zitterte. Falls Mikau es bemerkte, sagte er taktvoller weise nichts dazu. "Eine gute Reise wünsche ich, und viel Glück. Ich fürchte, ihr werdet es brauchen. Sobald ich neue Nachrichten höre, werde ich euch sofort davon unterrichten." "Hoffen wir, dass es gute sein werden." erwiederte Link, und nickte ihm mit einem halben Lächeln zu. Dann wandte er sein Pferd und trieb es an. Mikau lächelte auch Chiyo ein letztes Mal zu. "Alles Gute, Chiyo, möge dein Fuß niemals straucheln." "Äh, danke ... Auf Wiedersehen, Mikau." sie schaffte ebenfalls ein Lächeln, dann lenkte auch sie ihr Pferd herum und folgte Link einen schmalen Weg entlang, der sich zwischen dichten Tannen hindurch schlängelte. Mikau blickte den beiden noch einen Moment nach, nach kurzer Zeit hatte sie der Nebel bereits verschluckt. Nach etwa zwanzig Minuten des Schweigens, in denen sich Chiyo hauptsächlich darauf konzentriert hatte, wieder einigermaßen ein Gespür für das Reiten zu bekommen, begann sie, über ein sich anbietendes Gesprächsthema nachzudenken. Irgendwas musste sie schließlich mal sagen, denn dieser Kerl würde mit Sicherheit nicht plötzlich zu reden anfangen und zum Spaßvogel mutieren. Also würde sie wohl den ersten Schritt machen müssen. Normalerweise hatte sie damit gar kein Problem, aber in dieser Situation gestaltete es sich doch als sehr unangenehm. Denn unangenehm war es in jedem Fall, wenn man ziemlich sicher wusste, dass jene Person weder auf Gesellschaft noch auf Unterhaltung ihrerseits besonders scharf war, und dazu noch jede sich bietende Gelegenheit wahrnehmen würde, um ihr eins reinzuwürgen. Aber so konnte es schließlich nicht ewig zwischen ihnen weitergehen. Sie mussten sich vermutlich erstmal besser kennen lernen - ja, das musste es sein! Sie könnte ihm ein paar Geschichten aus ihrer Kindheit erzählen, zum Beispiel die eine ... da, wo sie als Zweijährige aus dem Bett geklettert war, sich nackt ausgezogen, und dann von oben bis unten mit Schuh-Creme eingeschmiert hatte ... die kam eigentlich bei jedem gut an. Jeder fand sowas komisch ... (außer Toya, der Freund ihrer Schwester, dieser Idiot. Der hatte ihr stattdessen vorgeschlagen, das doch jetzt nochmal zu versuchen ...) Na, jedenfalls sollte es doch möglich sein, Link mit ein paar solcher Anekdoten aufzutauen, dann erzählte er noch ein bisschen über sich, und die Sache war geritzt. Man musste ja nicht gleich mit so etwas schwerwiegenden wie Familienstorys kommen, das konnte ihn auch verschrecken - bei ihrer Familie könnte sie es ihm nicht mal verdenken. Sie mussten nur erstmal irgendwie eine Unterhaltung beginnen, und dazu musste sie einen guten Anfang finden. Irgendwie echt blöd, dass sie das machen musste. Immerhin war ER hier der Mann - mehr oder weniger - also sollte er eigentlich die Konversation bestreiten, oder? Aber nein, was dachte sie denn da, sie waren schließlich nicht mehr im Mittelalter. Wobei: welches Jahr hatten sie hier überhaupt? Egal, jedenfalls war SIE eine moderne, selbstbewusste und selbständige junge Frau - sie würde es doch wohl schaffen, diesen Wald-Futzi, der da vor ihr wie der Kronprinz höchstpersönlich auf seinem Pferd saß, in ein interessantes Gespräch zu verwickeln! Wenn sie etwas konnte, dann reden! Und das würde sie diesem Kerl jetzt beweisen, der würde gar nicht einmal merken, wie sie ihn zum Sprechen brachte. Sowas hatte sie schon immer gut gekonnt. Sie musste für den Anfang ja erstmal nur eine nicht allzu blöde Frage stellen. Vielleicht, warum Mikau darauf gedrängt hatte, so früh aufzubrechen - ja das schien ihr unverfänglich und vor allem fragenswert. Also los! "Ähm, Link - sag mal, weshalb -" "Pscht!" Nun ja. Vielleicht war er einfach etwas schüchtern ... oder er wollte sie nicht gleich mit einem endlosen Redeschwall überfallen. Wie auch immer - Stille konnte schließlich auch etwas schönes sein, was man teilen konnte. *** Nach fast vier Stunden hatte Chiyo die schöne Stille satt. Sie war noch nie ein Mensch gewesen, der ewig ruhig sein konnte, und Link stellte ihre Geduld auf eine harte Probe. Dennoch hatte sie keinen weiteren Versuch unternommen, mit ihm zu reden - schließlich hatte auch sie ihren Stolz. Vielleicht hatte er sich vorgenommen, sie auf diese Weise zu zermürben. In einigen Ländern machte man das mit Gefangenen genauso, das hatte sie mal irgendwo gelesen. Zumindest hatte sie eine bessere Aussicht als diese armen Menschen. Der Nebel hatte sich während der letzten Stunden verzogen. Zwar war der Himmel nach wie vor grau, und irgendwie schien es nicht richtig hell zu werden, aber wenigstens regnete es nicht - noch nicht. Vielleicht würde das ja das spannende Finale dieses unglaublich ereignisreichen Tages werden. Es sah zumindest so aus, als könnte es jeden Moment beginnen. Mittlerweile fühlte sie sich auf ihrem Pferd viel sicherer;, dennoch war sie froh, dass sie im Grunde nichts anderes tun musste, als drauf zu sitzen. Das brave Tier trottete hinter Links dunkelbraunem Ross hinterher und sie ritten die ganze Zeit im Schritt. Sie war sich nicht sicher, ob sie dazu fähig gewesen wäre, es selbst zu lenken, oder gar im rasenden Galopp irgendwelche Verfolgungsjagden zu überstehen. Ob ihr etwas derartiges wohl bald blühen würde? Zur Zeit ritten sie in dichtem Wald. Hier konnte man deutlich sehen, dass es Herbst war! Bäume und Büsche waren in ein farbenprächtiges Kleid aus Gold, Rot und Orange gewandet, und in der Luft lag der unvergleichliche Duft von Laub. Jetzt noch ein strahlend blauer Himmel, und es wäre absolut himmlisch, dachte Chiyo. Aber eigentlich war es auch so schon wunderschön, und sie musste sie sich mehrmals ins Gedächtnis rufen, dass dies kein romantischer Ausritt war, sondern erst der Beginn einer gefährlichen Mission. Sie würde vielleicht nie mehr nach Hause zurückkommen, und der stumme Typ da vor ihr war kein galanter, hübscher Gentleman, sondern ein fieser, unfreundlicher Starrkopf, der sich zu gut dazu war, auch nur mit ihr zu reden. Der hatte bestimmt keinen Sinn für diese Schönheit, vermutlich fiel sie ihm gar nicht auf. Sie spähte zu ihm nach vorne, und versuchte einen Blick auf sein Gesicht zu erhaschen, doch sie sah von ihm nicht mehr, als den Rücken - und auch davon nicht viel, weil er sein Schwert und seinen Bogen samt Köcher quer darüber trug - seinen Nacken, die Mütze, die Ohren und ... ja, das war's. Naja, wenn man es genau nahm, konnte sie außerdem noch alles unterhalb seines Rückens sehen - natürlich auch nur von hinten. Unfreundlich - so war das eben, wenn man hintereinander ritt - aber eigentlich gar nicht mal so schlimm. Immerhin könnte es schlimmere Rückseiten geben ... Zum Beispiel die von jemandem, dessen Hintern ziemlich dick ist ... oder sonst irgendwie unansehnlich ... mit hässlichen Pickeln am Hals oder so. Oder jemand, bei dem der Gürtel nicht die Taille umschlingt sondern die Taille den Gürtel. Das war hier definitiv nicht so. Denn soviel musste man dem unfreundlichen Kerl lassen, in Form war er - sah zumindest so aus. GOTT, was dachte sie da eigentlich, sie wurde ja schon richtig gemein, und obendrein könnte sich das ja fast so anhören, als würde sie irgendetwas an diesem Typen loben. Pah, garantiert nicht! Jemand, der so stur war, verdiente keinerlei Lob, egal ob gerechtfertigt oder nicht. Verdammt hätte sie bloß gar nicht erst angefangen, darüber nachzudenken, jetzt wanderte ihr Blick die ganze Zeit über ihn, um irgendetwas hässliches oder unansehnliches zu finden und sich dann daran zu erfreuen. Plötzlich drehte er sich zu ihr um - gerade als sie mit leicht zusammengekniffenen Augen nach vorne über den Sattel und den Hals des Pferdes gebeugt hing, um zu erkennen, ob das da an seinem Hals ein Leberfleck oder nur ein Schatten war - und starrte sie an. "Was zum Henker tust du da?" Kein Leberfleck. "Äh ..." Sie setzte sich so schnell aufrecht hin, dass sie es in ihrer Wirbelsäule knacken hörte. "Ich ... ich ..." Was gab's im Wald, was gab's im Wald? "... ich hab nach Pilzen Ausschau gehalten!" Perfekt! "Hinter meinen Ohren?" Mist. "Nein! Also, ich meine, ich war ... und dann hab ich ..." "Ich mag es nicht so, wenn ich die ganze Zeit von hinten angestarrt werde." Verdammt. Konnte der nicht einfach wieder auf stumm machen? Oder wenigstens nach vorne sehen, das musste man beim Reiten doch! Gerade wollte sie zu einer stotternden - und vermutlich nicht besonders einfallsreichen - Erklärung ansetzen, als Links Blick von ihrem Gesicht weg und auf einen unbestimmten Punkt hinter ihr wanderte. Fast gleichzeitig gelang es ihm irgendwie sein Pferd zu zügeln, woraufhin Chiyos Schecke glücklicherweise ebenfalls stehen blieb. "Los, runter vom Pferd" zischte er, und machte es auch gleich vor. Verwirrt folgte Chiyo seiner Aufforderung - würde er ihr jetzt tatsächlich eine Standpauke halten, und wollte sie dafür in Reichweite haben, falls er seine Hände zu Hilfe nehmen musste? Oh Gott... Doch er eilte stattdessen auf das Dickicht rechts vom Weg zu, sein Pferd hinter sich herziehend, und forderte sie mit einer scharfen Handbewegung wortlos aber unmissverständlich auf, ihm zu folgen. Sie verzichtete lieber auf weitere Diskussionen, und tat, wie ihr geheißen. Sie bahnten sich den Weg durch die Bäume und das Unterholz - glücklicherweise nichts mit Dornen! - und verharrten schließlich, auf ein weiteres Handzeichen von Link hin, an einer besonders dichten Stelle irgendwo im Gebüsch. Chiyo fragte sich unbehaglich, was das alles sollte. Offenbar versteckten sie sich, aber wovor? Link hatte scheinbar irgendetwas gesehen oder vielleicht auch gehört, aber er war doch bestimmt nicht der Typ, der sich deswegen im Busch versteckte! Vielleicht war das ja auch nur ein Vorwand, und er hatte Unlauteres mit ihr vor - bei Männern wusste man ja schließlich nie ... Am Ende war er ein Perverser, so wie Toya! Nein, jetzt drehte sie durch, der doch nicht! Der würde ja aus der Rolle fallen, wenn er plötzlich auf vertraulich machte! Andererseits ... hier in der Wildnis gab es bestimmt nicht viele Frauen, und er hatte sicher nicht oft Gelegenheit ... und was wusste sie denn überhaupt über ihn ...! Während dieser unangenehmen Gedanken musterte sie besagten Mann mit sich stetig weitenden Augen und klopfendem Herzen. Dieser nahm jedoch nicht die geringste Notiz von ihr und starrte stattdessen gebannt durch die Zweige und tief hängenden Äste hindurch in Richtung des Weges, den sie gerade verlassen hatten. Nach etwa einer Minute hielt Chiyo es nicht mehr aus - der sollte sie gefälligst mal aufklären, was eigentlich los war - und sie holte leicht zitternd tief Luft. In der nächsten Sekunde hätte sie allerdings viel lieber laut los gequietscht, denn Link hatte mit einem Arm nach hinten gelangt und ihr die Hand auf den Mund geschlagen. Erschrocken stolperte sie einen halben Schritt zurück. Er ließ sie los, drehte jedoch für einen Moment den Kopf zu ihr und funkelte sie drohend an. Schon gut, ich hab's kapiert, dachte sie wütend und fasste sich an den Mund - der hatte ihr ganz schön eine gewischt! Frechheit ... Da hörte sie plötzlich selber etwas. Hufgetrappel? Ja, eindeutig. Ob es das war, weswegen sie sich hier versteckten? Wohl klar, aber wieso? Wenige Augenblicke später - ihr Gehör konnte es wohl nicht ganz mit dem von Link aufnehmen - erspähte sie zwischen den Zweigen hindurch auch schon die Quelle des Geräusches: Wie erwartet ein Reiter, es schien ein großer und etwas korpulenterer Mann zu sein, ganz und gar in Brauntöne gekleidet. Er ließ seinen Grauschimmel locker traben, summte vor sich hin und registrierte die beiden in ihrem Versteck anscheinend nicht. Chiyo atmete bereits erleichtert auf, wenigstens konnten sie ihren Weg gleich fortsetzen. Doch Link - unglaublich, aber wahr - legte zwei Finger an die Lippen und stieß einen schrillen Pfiff aus. Gleichzeitig begann er, eine verdutzte Chiyo hinter sich lassend, zurück zum Weg zu stapfen. Der Mann hatte sein Pferd gezügelt und gewendet und erblickte nun Link, der sein Pferd gerade wieder auf die Straße hinauf zog. "Na sowas, da will ich doch verdammt sein!" brüllte er, offenbar nicht so sehr auf Verschwiegenheit bedacht, wie Link. Er war tatsächlich ein gutes Stück größer als Link und recht breit, was ihn allerdings nur noch imposanter wirken ließ. Seine Kleidung bestand aus einem weißen Hemd, über dem er ein Lederwams trug, braunen Lederhosen und einem kurzen, ebenfalls braunen Umhang. Um den schwarz behaarten Kopf hatte er ein dunkelrotes Tuch geschlungen und um die Mitte trug er einen breiten, schwarzen Gürtel, an den er offensichtlich allerlei große Tierzähne, buschige Schweife und ähnliches gehängt hatte. Sein tief gebräuntes Gesicht war bartlos, aber ein riesiger, goldener Ring zierte sein rechtes Ohr, von dem linken fehlte dafür ein nicht geringes Stück. Seine blau blitzenden Augen und sein fröhliches Grinsen - das diverse Zahnlücken und ein oder zwei Goldzähne offenbarte - waren gar nicht mal so unsympathisch - im Übrigen aber stimmte Chiyo ihm voll und ganz zu - 'Verdammt' sollte er sein, seinetwegen hatte sie sich mit diesem wortkargen Grobian in die Büsche schlagen müssen. Besagter Grobian tat in diesem Moment etwas, dass ihre Gedanken sofort in andere Bahnen lenkte. Er lächelte! Und was war das für eine unheimliche Veränderung - im doppelten Sinne! "Ninaska! Gut, dass du es bist. Zur Zeit muss man sich vorsehen, wem man hier begegnet." Nanu? Irrte sie sich oder wirkte Links Lächeln nicht ganz echt? Naja, vielleicht konnte jemand, der sonst nie lächelte, es einfach nicht besser. Dieser Ninaska jedenfalls schien sich daran nicht zu stören, er plauderte fröhlich und in kumpelhaftem Ton weiter - er war es wohl gewöhnt. "Japp, so sieht's leider aus, Ling', auch wenn ich mir wünschen würd, es wär anders!" Daraufhin musterte er argwöhnisch die Büsche um sie herum, als fürchte er, außer ihr und Link könnten gleich ein ganzer Haufen weiterer Leute daraus hervorspringen und sich grölend auf sie stürzen. Da nichts dergleichen geschah, wandte er sich - erneut grinsend - wieder Link zu. "Is' ja schon n' Weilchen her, dass wir dich gesehn ham'! Was war'n los, bist letztes Mal so überstürzt abgehaun'!" Link winkte ab. "Nicht weiter wichtig, das hat sich bereits erledigt - es ging mal wieder um Yako." Nun lachte Ninaska so schallend los, dass Chiyo zusammen zuckte und sich fragte, ob es plötzlich wirklich keine Rolle mehr spielte, leise zu sein. Das hier musste ohne Zweifel jeder im gesamten Wald - und wahrscheinlich noch einen Kilometer im Umkreis davon - hören! Der hühnenhafte Mann schlug Link nun mit solcher Wucht auf die Schulter, dass sie sich wunderte, weshalb es diesen nicht aus den Latschen haute. "Yako! Dass der's auch immer wieder drauf anlegen muss! Hast ihm ja wohl hoffentlich mal endlich gezeigt, wo der Hammer hängt, wa'? Hast ihm 'ne Lektion erteilt!" Link runzelte die Stirn - eine, wie Chiyo fand, bewundernswert beherrschte Reaktion darauf, dass dieser Kerl ihn fast nieder geboxt hätte. "Natürlich nicht, ich werde auf keinen Fall absichtlich Streit mit ihm suchen. Das habe ich bisher so gehalten, und ich gedenke, es dabei zu belassen. Was nützt es, sich von ihm provozieren zu lassen, es wird sich doch nichts ändern - und obendrein würde ich dadurch vermutlich mein Verhältnis zu seinem Volk nicht gerade verbessern." Ninaska seufzte schwer (es hörte sich an, als würde jemand einen riesigen Blasebalg betätigen, fand Chiyo und fragte sich, wer zum Teufel Yako war) und schüttelte ungläubig den Kopf. "Du und deine Prinzipien ... werd ich wohl nie so ganz begreifen, aber was soll's? Und nun sach ma'! Wen hasten' da bei dir, den Burschen kenn' ich ja gar nich'!" Burschen?! "Das ist Chiyo, er begleitet mich ..." Link warf ihr einen Seitenblick zu, "... im Auftrag für Mikau. Noch jung aber Mikaus Ansicht nach vertrauenwürdig." Ninaska grinste Chiyo an und hob die Hand; einen Moment befürchtete sie, er werde ihr ebenfalls eine runterhauen - und sie hätte es zweifellos aus den Latschen gehauen - doch er bot sie ihr nur zum Gruß an. "Chiyo, hä?" Sie nahm seine Hand und bereute es gleich darauf, denn so in etwa musste es sich für eine Nuss anfühlen, wenn sie geknackt wurde. "Is' ja 'n komischer Name, wa'? Aber wurscht, wenn Mikau sacht, du bist in Ordnung, dann bist du's auch, da will ich doch verdammt sein!" Da stimmte ihm Chiyo erneut aus vollstem Herzen zu. "Aaaah ... jaah ..." ächzte sie und knetete ihre malträtierte Hand. Was redete Link da bloß? Ninaska lachte erneut schallend. "Na, du bist mir ja noch 'n Würstchen! Hast noch lang nich' die Härte, die 'n anständ'ger Mann braucht, aber das wird noch, wenn 'de mit Ling' unterwegs bist! Noch nicht mal im Stimmbruch, der Kleine!" Ok, was genug war, war genug! Sie hatte vielleicht kürzere Haare, aber war sie deshalb nicht mehr als Frau zu erkennen? "Was! Nein, jetzt hören sie mal, ich - Uff!" Sie rieb sich die Seite und starrte Link empört an. Er hatte ihr gerade ziemlich hart seinen Unterarm gegen die Rippen gehauen. Was fiel dem bloß ein! "Sprich nicht so mit Ninaska!", erklärte Link auch gleich, 'was ihm denn einfiel', "Du kannst ja wohl nicht leugnen, noch nicht im Stimmbruch zu sein, also stell dich nicht immer so an, wenn es darum geht." dabei lächelte er sie maskenhaft an, doch dieses Lächeln sagte für ihr Verständnis eher: 'Noch ein Ton, und ich spieß dich auf!'. Gekränkt und völlig verwirrt schwieg sie. Was war hier bloß im Gange? Hätte der sie nicht wenigstens vorher einweihen können, dass sie ab jetzt den 'Burschen' spielen sollte! Na, war wohl besser, wenn sie für's erste machte, was er sagte - und ihn später zur Rede stellte. Sein Blick eben hatte doch ziemlich gefährlich ausgesehen ... Ninaska war wieder bei seiner Lieblingsbeschäftigung: Lachen wie ein Walross - zumindest der Lautstärke nach - und ergriff dann zu Chiyos großer Freude Partei für sie. Vielleicht würde dieser große Kerl sie auch retten, wenn Link versuchte, sie aufzuspießen? "Aaaach, lass mal, Ling'! Kein Ding, der Kleine wird sich schon noch dran gewöhnen, und irgendwann hat er's ja hinter sich, neh? Dann wirste auch größer und 'n bisschen stärker wer'n, hoffentlich. Im Moment würd' dich ja 'ne Laus umhaun' wenn 'se stark genuch pustet! Aber das wird schon noch alles, mach dir da ma' keen Kopp, Kleiner. Kommt Zeit, kommt Wind, kommt Jahr, komm' Falten, geht schneller, als 'de denkst!" "Ähm ... genau ..." Ninaska runzelte in gespielter Besorgnis die Stirn. "Na, hoffentlich wirste auch noch 'n bisschen schlachfertiger ..." er wandte sich an Link, "Oder is' er einfach nich' der hellste?" In Chiyo begann es zu brodeln, und sie wappnete sich innerlich gegen das, was jetzt wohl kommen würde. Und da kam es auch schon. "Leider nein, aber was soll man machen." Link hob eine Augenbraue, "Mikau hatte sich in den Kopf gesetzt, dass der Junge mich begleitet, also muss ich mit ihm auskommen." Er warf erneut einen schrägen Blick auf Chiyo. Die war gerade mit der Frage beschäftigt, ob sich in ihren Satteltaschen wohl auch Waffen befinden mochten, und ob Link wohl einen tiefen Schlaf hatte, und ob es viel Übung erforderte eine Stichwaffe zu gebrauchen. Offenbar hatte sich ihr Gesichtsausdruck dabei etwas verklärt, denn Link betrachtete sie kurz und meinte dann: "Du siehst es ja selbst, Ninaska, von Zeit zu Zeit verabschiedet sich einfach sein Geist - völlig ohne Grund - aber die Verwirrung hält glücklicherweise nie lange an. Wobei er allerdings auch sonst nicht gerade der schnellste ist, wenn es ums Denken geht ..." Chiyo starrte Link nachdenklich an. Wenn er tief schlief, würde es wohl auch ein ordinärer Knüppel tun. Ninaska lachte darüber eine ganze Weile, doch sie versuchte sich dafür taub zu stellen und hatte nun auch etwas, was sie ablenkte, denn man hatte einhellig beschlossen, die Pferde wieder zu besteigen, und den Weg gemeinsam fortzusetzen. Glücklicherweise beachteten Link und Ninaska sie nicht weiter, sondern setzten ihr Gespräch fort. "Wenn du von Mikau kommst, dann kommste ja direkt von der Quelle, sozusagen ...", begann Ninaska, "Gibt's was neues?" Link erzählte ihm kurz und knapp praktisch das gleiche, was auch sie schon gehört hatte - abgesehen von der ganzen Vorgeschichte natürlich. Sie hatte zwar nach wie vor keinen Schimmer, weshalb Link diesem Typen nicht sagte, wer sie wirklich war - denn offenbar war er einer dieser Eingeweihten. Vielleicht konnte sie bei dem Gespräch wenigstens noch das eine oder andere aufschnappen - auch wenn sie immer noch nicht wusste, wer diese Leute waren, von denen gesprochen wurde, und zu welchen Völkern sie gehörten. Also lauschte sie interessiert. Ninaska schüttelte nun brummend den Kopf, nachdem Link mit seinem Bericht am Ende war. "Gar nich' gut, sach ich dir ... Wenn Kiyao sacht, da is was im Busch an der Schädelküste, dann könn' wir uns verdammt noch mal drauf verlassen, dass es auch so is'! Der Junge is' vielleicht noch ziemlich grün - aah, nimm's nich' persönlich, Ling' - aber was auf'm Kasten hat er, der Kiyao, da will ich verdammt sein, wenn einer was anderes sacht! Is schon 'n Weilchen her, dass ich an der Schädelküste war, hab nichts und null davon mitgekrigt, sach ich dir! Allerdings hat mir der alte Shonan auf meinen letzen Bericht auch nicht geantwortet, wo ich nun drüber nachdenk ..." er rieb sich das Kinn, "Na, woll'n ma hoffen, dass Haleik, was in Erfahrung bringen kann! Und dass es nich' genauso schlimm in Thalea aussieht, wenn er wieder dahin zurück kommt ... Um die Zoras is' es echt blöd, die sin' definitiv 'n größerer Verlust als die Dunkel oder diese verkappt'n Krähen!" Link warf ihm einen halb strengen -, halb belustigten Blick zu. "Egal, ob sie Flossen oder Flügel haben -, keines dieser Völker möchte ich als meine erklärten Feinde wissen. Auch die Dunkel nicht - oder erst recht nicht ..." "Naaarr, sicher das will ich auch nich', aber wenn ich mir Freunde aussuchen sollte, dann will ich verdammt sein, wenn's eine dieser garstigen Krähen is'!" "In Zeiten wie diesen bin ich dankbar für jeden Freund." erwiederte Link ernst. Für mich allerdings nicht, dachte Chiyo verdrossen. "Aaaah, mag ja sein, aber ich kann sie nunmal nich' leiden ..." murrte Ninaska, "lag schon immer mit denen im 'Klinsch', auch schon bevor 'se mit dem ganzen Theater angefangen haben." Link warf ihm einen Seitenblick zu. "Euer Verhältnis vorher wollen wir hier mal außer acht lassen ..." "Is' doch wahr ... Ham' sich ständich bei allem, was ich gemacht hab, eingemischt ... wollten über alles genau Bescheid wissen, diese fedrigen, pedantischen Schwafler ..." "Es fällt mir schwer, ihnen daraus einen Strick zu drehen." gab Link trocken zurück. "Wie auch immer ..." beeilte sich Ninaska, das Thema zu wechseln, "habt ihr vor, die Nacht durchzureiten, oder bleibt ihr im Lauschigen Fass?" Link nickte und setzte gerade zu einer Antwort an, als Chiyo ihn unterbrach. "Im Lauschigen Fass!" Ninaska drehte sich verdutzt zu ihr um und lachte dann laut los. "Was denn, haste etwa was dagegen, Junge? Keine Angst, die wer'n dich da schon nich' gleich auffressen ... wobei, bei manchen weiß man's nich'; treibt sich schon 'n komisches Völkchen da rum ..." Als er Chiyos bestürzten Blick sah, begann er erneut zu lachen. "Da guckt er, als hätt' schon sein letztes Stündchen geschlagen, is' das zu fassen? Keine Sorge, Kleiner! Ling' und ich sin' ja auch noch da, neh?" Link hatte Chiyo nur einen kurzen Blick über die Schulter zugeworfen und nichts weiter zu der erschreckenden Aussicht gesagt, in einem Fass zu übernachten, wo Leute gefressen wurden. Na toll! Die nächsten Stunden verbrachte Chiyo mit unangenehmen Vorstellungen von einem riesigen Fass, in dem allerlei grausige Geschöpfe hausten, die Menschen - insbesondere junge Mädchen (oder in ihrem Fall 'Burschen') verspeisten. Allerdings verpasste sie nicht viel, denn Link war wohl wieder eingefallen, dass er ja ein wortkarger Typ war, denn er hüllte sich erneut in Schweigen und Ninaska tat es ihm - wenn auch notgedrungen - gleich. Es hatte bereits zu dämmern begonnen, und Chiyo fragte sich, wann sie wohl das 'Lauschige Fass' erreichen würden, als Ninaska plötzlich einen leisen Pfiff ausstieß. "Scheint ja mal wieder allerhand los zu sein, heut abend ... 'n Mords-Gaudi, wie immer ..." Einen Moment fragte sich Chiyo, wovon er sprach, denn um sie herum war eigentlich gar nichts los. Der Wald hatte sich mittlerweile etwas gelichtet, aber das war auch alles - von Zivilisation keine Spur, erst recht nicht von einem Mords-Gaudi. Dann jedoch hörte auch sie ein vielstimmiges, leises Gesumme, das rasch anschwoll. Plötzlich sah sie zwischen den Bäumen etwas aufleuchten, helle schimmernde Flecken, in der Dunkelheit der Bäume und Büsche. Als sie sich weiter näherten, wurden die Stimmen immer lauter, und sie erkannte, dass die Lichtquellen Fenster waren, die - wie sie bemerkte - keine Gläser hatten. Trotzdem konnte man kaum etwas erkennen, so verräuchert schien es im Innern zu sein. Genau wie in den Kneipen und Bars bei mir zu Hause, dachte Chiyo. Nur wer baute eine solche Herberge, oder was auch immer es sein mochte, mehr oder weniger mitten im Wald? Aber vielleicht waren sie ja gar nicht mehr so weit von der Stadt entfernt. Die drei waren mittlerweile vor dem großen L-förmigen Gebäude angelangt und in den Innenhof geritten, wo ihnen ein zerfranster und ziemlich gelangweilt aussehender Stallbursche (Zumindest sah er so aus) entgegenkam. Chiyo ließ sich mit einem Ächzen von ihrem Pferd gleiten, ihr Hinterteil war völlig taub - wie Link das nur aushielt? Hatte wahrscheinlich längst einen Hintern aus Stahl. Dieser Gedanke beschäftigte sie während sie ihr Pferd mit einigen Schwierigkeiten absattelte, dann übergaben sie die drei Tiere dem verwahrlosten Typen und gingen auf das Hauptgebäude zu. Dabei fiel ihr Blick auf ein Fass, dass mit einer Kette über der Eingangstür aufgehängt war - und auch schon mal bessere Tage gesehen hatte. Obwohl Chiyo die krakeligen Schriftzeichen darauf nicht entziffern konnte, war sie sich ziemlich sicher, dass sie in diesem Fall ihrer untrüglichen weiblichen Intuition vertrauen konnte. "'Zum Lauschigen Fass', ja?" Ninaska grinste über ihre Mine. "Was denn, warst' etwa noch nie hier? Na, dann wird's ja Zeit - gehört zu Ling's und meinen Stammhäusern, musste wissen!", er ignorierte Links Schnauben "Will verdammt sein, wenn sie da nich' noch das eine oder andere Zimmer frei haben .." Chiyo hoffte sehr, dass beides der Fall war - das eine sowie das andere Zimmer. Ninaska schob die Tür auf und sie betraten das Lauschige Fass. Chiyo fühlte sich leicht erschlagen, nicht nur von dem alles übertönenden Lärm, auch der Geruch und die Luftqualität im allgemeinen spotteten jeder Beschreibung. Es roch nach Alkohol, Schweiß, anderen Ausdünstungen und einer Art Pfeifenrauch. Dazwischen mischten sich außerdem Essensgerüche und verschiedene andere, die Chiyo weder zu identifizieren, noch zu lokalisieren vermochte - was vermutlich auch besser so war. Sie konnte kaum glauben, dass Link tatsächlich freiwillig einen solchen Schuppen betrat. Chiyo warf ihm einen verstohlenen Blick zu - er sah jedoch nicht in ihre Richtung, sondern hörte Ninaska zu, der sich gerade wild gestikulierend mit einem Mann unterhielt, der etwa halb so groß, jedoch mindestens genauso breit wie Ninaska selbst war. Chiyo stellte die Theorie auf, dass ausnahmslos ALLE Besitzer von Gasthäusern so aussehen mussten. Es war ein Naturgesetz. Der Mann rieb sich gerade nachdenklich seine Glatze, nickte dann und sagte etwas zu Ninaska, woraufhin dieser breit grinste und dem Wirt einen gut gelaunten Schlag auf den Rücken verpasste. Dann wandte er sich Link und ihr zu. "Sieht so aus, als wär'n tatsächlich noch zwei Zimmer frei - also wieder um genau zu sein, die Vorbesitzer sind vor 'ner Weile aus 'm Fenster geflogen. Na, dann mal los, Edo bringt uns erstmal nach oben, bevor wir uns wieder in's Vergnügen stürzen können." Chiyo verspürte wenig Lust, sich heute noch in irgendetwas zu stürzen - mit Ausnahme vielleicht von einem weichen, warmen Bett. Vermutlich gingen ihre Vorstellungen von Vergnügen ohnehin etwas auseinander. Der Wirt, der sich von Ninaskas Schulterklopfer erholt, und gerade wieder aufgerappelt hatte, führte sie eine schmale Treppe hinauf, die in einen schummrigen Flur mündete. Chiyo spähte durch den schattigen Gang und erkannte eine Reihe von Türen, einige standen halb offen. Aus einem der geschlossenen Räume ganz in ihrer Nähe drangen Geräusche äußerst zweifelhafter Art. Gerade machte sie ein dementsprechend schockiertes Gesicht, als der Wirt vor der dritten Tür links stehen blieb und darauf wies. "Das da ist frei, und ... das da hinten am Ende des Ganges, das mit den Einschusslöchern rechts oben in der Tür ist es. Wenn ihr einen Wunsch habt, müsst ihr allerdings runter kommen, hab' das Haus voller Gäste!" Er händigte ihnen zwei rostige Schlüssel aus und verschwand - wohl aus Angst vor einem Lob seitens Ninaska - schleunigst wieder nach unten. "Na, denn -" Ninaska reichte Link einen der Schlüssel, "Treffen wir uns unten?" Wie jetzt? Chiyo hatte den Eindruck, jetzt doch mal etwas sagen zu müssen. "Ähm ... aber ... geht ihr zwei denn nicht zusammen ...? Ich meine, kann ich denn nicht all-" Ninaska prustete los. "Was! Na, hör mal du hast ja Ansprüche, Bürschchen!" Chiyo warf Link einen entrüsteten Blick zu. Spätestens jetzt könnte er ja wohl mal einschreiten, oder die Situation endlich aufklären - doch weit gefehlt. "Ninaska erwartet noch jemanden ...", sagte er stattdessen und öffnete ohne weitere Worte die Tür zu ihrer Linken, während Ninaska - immer noch kichernd - den Gang hinunter schlenderte. Chiyo fragte sich, welche Art von Gesellschaft Ninaska wohl noch erwarten mochte, und dachte pikiert an die eindeutigen Geräusche im Zimmer zwei Türen weiter. Das Zimmer war winzig, hatte aber wenigstens zwei Betten und nicht nur eines, wie Chiyo bereits befürchtet hatte. Sie standen immerhin circa zwei Meter auseinander, und sie waren schließlich keine Grundschüler mehr - wie alt war er wohl? Mit so einer Situation sollten sie ja wohl wie die reifen Erwachsenen, die sie waren, umgehen können. Sie verstaute ihre Satteltaschen in dem engen Zwischenraum zwischen Wand und Bett; währenddessen überlegte sie, ob sie Link nun - wo sie wieder alleine waren - nicht vielleicht doch noch in ein Gespräch verwickeln sollte. Nein, halt! Zuerst musste sie herausfinden, weshalb sie auf einmal den 'Burschen' zu spielen hatte. Immerhin ging sie das auch etwas an. Wenn er jemandem, der eigentlich ihr Verbündeter zu sein schien, nicht die Wahrheit über sie sagen wollte, dann hatte sie zumindest ein Recht darauf, den Grund dafür zu erfahren. Sie setzte sich auf ihr Bett, blickte zu ihm hinüber und räusperte sich. "Ähm ... eine Frage ..." Link, der gerade damit fertig war, seine eigenen Satteltaschen in einer Ecke zu stapeln, richtete sich auf, und wandte sich mit verschränkten Armen zu ihr um. "Worum geht's?" "Also, ich habe mich gefragt ... Wieso muss ich so tun, als sei ich ein Mann!" platzte Chiyo heraus. "So tun ...?" er rieb sich mit der rechten Hand den linken Oberarm, während er sie abschätzend ansah. "Soll das ein Witz sein? Du hättest nicht mal einem Fisch weismachen können, ein Mann zu sein." "Also, das ... Na, hör mal! Ich war ja auch überhaupt nicht auf so etwas vorbereitet! Du hättest mir vorher wenigstens Bescheid sagen können ..." "Dafür blieb keine Zeit." "Schön, selbst wenn -" ereiferte sich Chiyo, "wieso denn nun das Ganze? Mir scheint doch, dass dieser Ninaska ein Bekannter von dir und Mikau ist. Und dass er auch von den ... von all diesen Dingen weiß, die ihr mir erzählt habt." Link musterte sie einen Moment lang mit leicht verengten Augen. Schließlich atmete er leicht aus und kam dann plötzlich auf sie zu. Unwillkürlich zuckte sie etwas zurück, doch er ging nur um sein Bett herum und ließ sich ihr gegenüber nieder. Dann beugte er sich zu ihr vor, bevor er mit leiser - und etwas widerwilliger - Stimme fortfuhr, ganz so, als passe es ihm nicht, ihr das erzählen zu müssen. "Mikau ist sich nicht sicher, ob wir Ninaska noch trauen können." "Was! Oh ... Und ... was ... was hat er ...?" "Möglicherweise gar nichts. Aber Mikau und wir anderen hüten Geheimnisse, die zu wertvoll und gefährlich sind, als dass man sie durch eine dumme Unachtsamkeit gefährden darf. Bevor ich nicht sicher bin, was an der Sache dran ist, soll er weder wissen, wer du wirklich bist, noch warum du hier bist." Überrascht begegnete Chiyo seinem ernsten, verschlossenen Blick. Das klang ja plötzlich ganz anders? Vielleicht war der ja doch zu mehr im Stande, als vor sich hin zuschweigen oder unfreundlich zu sein. Rasch besann sie sich wieder auf das Thema. "Gut, aber ... wieso muss ich ein Junge sein? Nur, weil er mich zuerst dafür gehalten -" "Mit welcher Begründung sollte ich denn bitte von einem Mädchen begleitet werden?", entgegnete Link mit einem leichten Achselzucken, während er sich erhob und auf sie hinab blickte. Ja, mit welcher Begründung ... dachte Chiyo missmutig. "Falls du rausgehst, schließ um Himmels Willen hinter dir ab, ich habe keine Lust, unseren Sachen später hinterher jagen zu müssen." Er warf ihr den Schlüssel aufs Bett und ging zur Tür. "Äh, ja, aber ... und was machst du?" "Ich gehe runter. Ich treffe mich noch mit jemanden." "Was, du auch!" fragte Chiyo ungläubig. Er 'stürzte sich also auch in's Vergnügen'! "Nein, Ninaska und ich treffen uns mit derselben Person." "Ah jaa ...", ächzte Chiyo, unfähig ihre Abscheu zu verbergen. Schon klar. So war das also. Der brauchte gar nichts weiter zu sagen. Also doch nur ein Mann. Nun ja - in solch einer Kaschemme wie dieser, konnte man wohl nichts anderes erwarten. Er hob leicht die Augenbrauen. "Wenn du unbedingt willst, kannst du auch mitkommen, aber -" "Nein, nein, äääh ... also, ich denke, ich bleibe lieber hier, weißt du ..." Was dachte der sich eigentlich? Nun, vielleicht würde ihre offensichtliche Abneigung ihn ja dazu bringen ... "Schön, wie du willst." Oder auch nicht. Link verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Chiyo starrte noch kurz auf die geschlossene Tür und ließ sich dann auf ihrem Bett zurücksinken. Weich war es nicht gerade - sauber vermutlich auch nicht. Höchstwahrscheinlich nicht mal ungezieferfrei - wie eklig. Aber immer noch besser, als da runter in dieses verräucherte, stinkende Nest zu gehen und einen auf 'Bursche' zu machen, während dieser komische Ninaska und Link - ausgerechnet Link! - irgendwelche Weiber abschleppten. Das war einfach zu bizarr, das konnte keiner von ihr verlangen. Hm. Tat ja auch keiner - nicht gerade die feine englische Art. Schon ärgerlich, dass man sie hier oben einfach sitzen ließ. Aber dennoch - hier oben alleine zu sitzen, war allemal besser, als ... Ihre Gedanken verflüchtigten sich, ihr waren die Augen zugefallen. Langsam spürte sie die Auswirkungen, die die ungewohnte Anstrengung dieses Tages auf sie hatten, sie war völlig kaputt. Aber was war so anstrengend gewesen? Sie war doch nur geritten ... Ach ja, und im Busch hatte sie sich versteckt ... mit Link ... hatte sicher komisch ausgesehen ... Schade war es aber irgendwie schon, dass er immer so schweigsam war ... ein bisschen langweilig ... Im Moment allerdings, war ihr die Stille mehr als angenehm ... so ruhig ... ganz still ... das Bett fühlte sich plötzlich auch nicht mehr so steif und unbequem an ... musste wohl an der Müdigkeit liegen ... hm ... hm ...? Was war das denn nun ... plötzlich war es gar nicht mehr so still ... sie erhob sich und sah sich verwirrt um ... im Zimmer hatte sich nichts verändert, sie war immer noch alleine ... aber von draußen drangen komische Geräusche ... klang wie Leute ... ziemlich viele Leute ... und sie scharrten an ihrer Tür ... was war denn jetzt wieder los! Was wollten die ...? Ob sie aufmachen sollte ...? Lieber nicht ... wer konnte schon wissen ... aber das wurde ja immer lauter ... Ängstlich starrte sie auf die Tür, das laute Scharren und Knirschen kam eindeutig von da draußen ... und noch etwas ... klang irgendwie wie ein Jammern ... und es wurde immer lauter, das reinste Wehklagen! Oh Gott! Gab es hier etwa Gespenster! Oder wurde jemand gefoltert? Sie musste hier raus, nur wie ...? Gerade wollte sie aus dem Bett springen, als sie feststellte, dass das nicht möglich war ... nur wieso nicht ...? Was zur Hölle ... Mit einem Schlag öffnete sie die Augen, brauchte jedoch eine Weile, um zu realisieren, was los war. Uff, sie war wohl eingenickt. Hastig richtete sie sich auf. Im selben Moment wurde ihr klar, dass die Geräusche immer noch zu hören waren, nur kamen sie nicht von vor der Tür - sondern von der anderen Seite der Wand! Die 'Geräusche unzweifelhafter Art' hatten wieder eingesetzt, und diesmal - eindeutig im Nebenzimmer! Einen Moment saß Chiyo nur stumm da und starrte auf die Wand neben ihrem Bett. Als sie dann lauter wurden, hielt sie es nicht mehr aus. "Hören Sie mal, Sie da drüben! Das ist 'ne Zumutung!" kreischte sie, während sie eine ihrer Satteltaschen gegen die Wand schlug. ( An Einfallsreichtum hatte es ihr noch nie gemangelt.) "Manche Leute wollen hier schlafen, klar!" Nebenan war es still geworden. Hah! Sie hatte gesiegt! Man musste sich eben nur durchzusetzen wissen. Dann erklang durch die dünne Wand plötzlich eine ihr unbekannte Stimme. "Wie wääass, wenne rüü... urbs rüübaa kommsss, häää Süüüssääh? Hiiaah isss noch Plazsss sswisch'n unnsss ..." Dem folgte ein schrilles Gekicher. Chiyo starrte für ein paar Sekunden die Wand an. Dann sprang sie wie von der Tarantel gestochen auf, grabschte nach dem Schlüssel und jagte aus dem Zimmer, den Flur entlang und die Treppe hinunter. Ok, sie wollte mal nicht so sein. Heute würde sie eine Ausnahme machen ... und den beiden Kerlen freundlicherweise Gesellschaft leisten. Und wenn sie die ganze Nacht neben Link sitzen, seine Wortkargheit ertragen musste und ihn langsam zur Weißglut treiben würde, weil sie ihn von seinem Date abhielt! Oder sie riskierte, dass er sie aufspießen wollte. Egal! Sie war eine selbstständige, moderne junge Frau aus dem einundzwanzigsten Jahrhundert, sie würde das schon schaffen ... Als sie in die sprichwörtliche rauchige, stickige und ziemlich laute Höhle des Löwen eintrat, bereute sie ihren Entschluss schon fast wieder. Aber hinauf wollte sie auch nicht, also tastete sie sich mehr, als dass sie ging, durch das Gewirr aus Tischen und Leuten, die bereits am Boden lagen, durch die Gegend rannten, tanzten oder ähnlich gefährliches taten. Zu ihrer Bestürzung konnte sie Link nirgends entdecken. Allerdings war es auch ziemlich voll, und ihre Sicht stark eingeschränkt, vermutlich übersah sie ihn einfach. Wie lange mochte sie wohl geschlafen haben? Sicher nicht viel länger als eine Stunde, denn hier unten zumindest hatte sich offenbar nichts verändert. Mehrere Betrunkene rempelten sie an, und nicht alle von denen schienen so blind zu sein wie Ninaska, was ihr wahres Geschlecht betraf. Chiyo versuchte das positive daran zu sehen. Erstens: offenbar sah sie doch nicht so männlich aus, wenn sogar diese Besoffenen sie noch als Frau erkannten. Und zweitens: Immerhin verstand sie zumeist wenigstens kein Wort von dem, was diese Kerle ihr mit alkoholgeschwängertem Atem entgegenlallten. Nach ungefähr fünfzehn Minuten wollte sie entnervt aufgeben, da packte sie jemand von hinten am Arm. Bevor sie in hysterisches Gekreische ausbrechen oder einen Verteidigungsschlag à la Karate-Kid auf den Übeltäter niedersausen lassen konnte, (was sicher arg in die Hose gegangen wäre) erkannte sie Ninaska - und konnte ihr Erleichterung kaum fassen. Selbst wenn ihm, wie Link angedeutet hatte, vielleicht doch nicht zu trauen war, so war er doch wenigstens ein bekanntes Gesicht in dieser Menge. Der bärenhafte Mann ragte über die meisten hier hinaus, und ihr war unklar, weshalb sie ihn bis eben hatte übersehen können. "Ninaska! Bin ich froh, dass ich dich - äh Sie ... ich meine Euch gefunden habe ... Wo ist Link?" "HÄ!" Ninaska legte eine Hand an sein halbes Ohr, "Zu Laut! Versteh kein Wort! Komm mal mit da rüber in die Ecke, wo wir sitzen, da isses ruhiger!" "Äh - ok!" brüllte Chiyo zurück, und ließ sich von ihm im Zickzack um ein paar Tische und am Boden liegende Betrunkene herumführen - einem jedoch trat Chiyo aus Versehen auf's Gesicht (Er merkte es nicht) - und in eine Nische, in der es tatsächlich um einiges ruhiger war, zumindest konnte man sich halbwegs verstehen, ohne brüllen zu müssen. Gerade wollten sie auf einen der Tische zu gehen, da drehte sich Ninaska plötzlich zu ihr um und musterte sie prüfend. Dann zog er sie ein Stück zur Seite und hob in einer geheimnistuerischen Geste die Hand an den Mund. "Ah, und Junge - Chiyo, nicht wahr? Hättest dem alten Ninaska ja ruhich mal sagen können, dass 'de gar kein Bursche bist, wenn du verstehst, was ich mein'! Kommt ja fast schon 'ner Täuschung gleich, und ich will verdammt sein, wenn ich mich irre!" Chiyo klappte die Kinnlade herunter. Na toll! Sie war bereits aufgeflogen! "Wa... WAAAAS! Aber ich hab dir - also Euch doch nicht ... Ich meine, Link hat doch ... Ich wusste ja auch nicht wieso ... hat er ...?" Oh nein, das lief ja super! Womöglich machte sie noch alles zunichte! Ninaska hörte ihr einen Moment zu und brach dann in schallendes Gelächter aus. "Schon gut, mach nicht so ein Gesicht, war'n kleiner Scherz am Rande, wenn 'de verstehst! Im Übrigen kannste 'du' sagen, einfach 'Ninaska', das reicht. Und japp - Ling' hat mir nich' gleich gesacht, wer 'de bist und was los ist, und das hat auch seinen Grund gehabt. Haben gerade ein längeres Gespräch geführt, und einige Dinge geklärt. Eins muss man ihm ja lassen, dem Ling', verantwortungsbewusst is' er genauso wie misstrauisch, und stur auf seine Weise, und gegen alles zusammen is' wohl kein Kraut auf dieser Welt gewachsen!" Chiyo starrte ihn noch immer etwas argwöhnisch an. Er registrierte es und grinste. "Ich seh' schon, du traust mir nicht so recht, was?" Nervös sah sie sich um. "Nun ja, also ich..." wo steckte Link? Ninaska lachte - wodurch er sie nicht gerade beruhigte. "Schon gut, so machste es richtig! Man sollte keinem trau'n, den man nur glaubt, halbwegs zu kennen, und mich kennste gar nich'! Das mag noch kommen, aber sowas dauert eben, is' es nich' so?" "Äh, ja ... das stimmt wohl ..." "Na, wie auch immer ..." Ninaska drehte sich zu einem Tisch schräg hinter ihm um. "Wir sin' hier drüben - also, im Moment nur ich, aber Link und Nea müssten eigentlich gleich wiederkommen - frag' mich, was die so lange treiben ..." Sie setzten sich an einen kleinen Tisch, im hinteren Teil der Nische, und Chiyo ließ erneut ihren Blick in die Runde schweifen, während Ninaska sich aus einem großen Krug in seinen Becher einschenkte. Wer war wohl Nea? Klang nach einer Frau ... Naja, das hatte sie sich ja schon gedacht ... "Auch 'n Schluck?" "Hä? Oh! Nein, danke ... ich glaube nicht, dass ich das vertragen würde ... Wo ist denn Link?" "Ling'? Der is mit Nea wech, hatten wohl auch noch was zu besprechen, wenn du verstehst, was ich mein' ..." "Oh ... Achso ..." Konnte ihr ja egal sein ... Ging sie schließlich nichts an ... "Naah, die tauchen sicher gleich wieder auf ... Aaaaaah, wenn ma' vom Teufel spricht, is' er meist nich' weit, heist's nich' so?" Ninaska deutete grinsend über ihre Schulter und Chiyo drehte sich verdutzt um. Link kam auf den Tisch zu - in Begleitung einer jungen Frau. Sie war ohne Frage eine der schönsten Frauen, die Chiyo jemals gesehen hatte. Ihre Haut hatte einen dunklen Ton, ähnlich wie die Ninaskas. Die riesigen, mandelförmigen Augen blickten Chiyo unter langen, dichten Wimpern hervor sanft an, das fließende Gewand aus blauem Stoff, dass sie trug verbarg ihren Körper fast vollständig, und ihr blau-schwarzes Haar hing ihr lang und schwer bis weit auf den Rücken hinab und machten jeglichen Schmuck überflüssig. Chiyo konnte es kaum glauben - Link war also tatsächlich ein Lüstling. Das würde man zwar nicht von ihm denken, aber andererseits - stille Wasser waren ja bekanntlich die tiefsten. Trotzdem ein Schock ... Nicht, dass es ihr persönlich etwas ausmachen würde, weshalb sollte es ... es war nur eben immer unangenehm, wenn man sich in jemandem täuschte, das war ja wohl ganz normal. Ninaska warf dieser 'Nea' einen scheinbar missbilligenden Blick zu - war wahrscheinlich eifersüchtig, dass der Grünling das Rennen gemacht hatte. Link blickte sie milde überrascht an. "Du bist doch runter gekommen?" Hah, der dachte wohl, sie wolle ihm die Tour vermasseln ... Pfff, der geile Bock brauchte sich keine Sorgen zu machen, isie/i interessierte das alles nun wirklich nicht. Und das würde sie ihm auch zeigen, nicht, dass er noch was falsches annahm. "Was dagegen?" fauchte sie. Er runzelte leicht die Stirn. "Hä? Sollte ich?" "Woher soll ich das wissen?" "Scheint mir so." "Dann irrst du dich eben!" "Ok." "Wenn du' s wissen willst, ich bin nur herunter gekommen, weil die im Nebenzimmer so ..." sie spürte, wie sie knallrot wurde. Die Tatsache, dass alle am Tisch - einschließlich diese Nea sie anstarrten, machte es auch nicht besser ... "Die haben ... sie haben sich ... sie waren laut ..." endete sie lahm. Link ließ sich nun ihr gegenüber nieder, verschränkte die Arme vor der Brust und hob eine Augenbraue. Was für ein fieser Trick! "Sie waren Laut ...?" "Ja, verdammt!" Er sah sie mit einem schwer zu deutenden Blick an und verengte leicht die Augen. "Verstehe ... nur gut, dass es hier unten so schön ruhig ist, was?" "Das mein ich doch nicht!" Man, stellte der sich einfach nur dumm, oder war er es? "Was dann?" Sein Gesicht war absolut ausdruckslos. Chiyo blieb eine Antwort erspart, denn in diesem Augenblick begann irgendwo im Raum jemand - oder etwas - so entsetzlich zu kreischen, dass alle Köpfe herum flogen, und sich niemand mehr für sie interessierte. War es vorher laut gewesen, so war der Lärm jetzt ohrenbetäubend. Was auch immer da kreischte (Chiyo dachte in einem Anflug von Galgenhumor, dass es sich ein wenig anhörte, wie ihr Großvater unter der Dusche), es wurde immer schriller, und auch andere begannen nun zu schreien, und es war offensichtlich, dass sich gerade eine nicht zu bremsende Panik ausbreitete. Chiyo fragte sich, was eigentlich los war, denn sie konnte wegen der vielen Leute absolut nichts erkennen. Eine ihr unbekannte Stimme zischte plötzlich "Kopf runter!" und gleich darauf spürte sie auch schon kräftige Hände, die sie abwärts und unter den Tisch zerrten. "Wer ... Was soll denn ...", sie versuchte, sich umzudrehen, aber die fremden Hände hielten ihren Kopf weiterhin unten, so dass sie sich nicht bewegen konnte. Um sie herum waren überall Beine, und fremde Gesichter von Leuten, die sich offenbar ebenfalls unter die Tische retten wollten ... "Bleib bloß hier, der fliegt gleich in die Luft!" "Was! Wer fliegt in die Luft!" kreischte sie über das Stimmengewirr und die Schreie hinweg. Im selben Moment ertönte ein so lauter Knall, dass sie entsetzt aufschrie und die Hände auf den Kopf schlug. Sie spürte mehr oder weniger am Rande ihres Bewusstseins, dass die Person hinter ihr die Arme um sie legte - doch in ihrem Schock störte es wenig ... Gleich darauf erloschen sämtliche Lichter, was neue Schreie zur Folge hatte, doch das entsetzliche, alles übertönende Kreischen war zumindest verstummt. Wieder hörte sie diese flüsternde Stimme direkt an ihrem Ohr. "Bleib hier bei mir ... ganz ruhig, du willst doch nicht zertrampelt werden ..." "Äh ... was zu ... was war das ...?!" "Tollwütiges Irrlicht ...", kam es zurückgeflüstert. "Was?!" "Keine Angst ... es ist ja jetzt vorbei ..." "Die können Tollwut kriegen ...?" Irgendwie war ihr komisch zumute, wie sie da in absoluter Dunkelheit hockte, während sich von hinten jemand an sie drückte, und um sie herum immer noch hektisches Gerenne, das Scharren von Möbeln, Stimmengewirr und vereinzelte Schreie zu hören waren ... "Du kannst dich wieder beruhigen ..." "Schon gut, mir geht es -" "Ich pass ja auf dich auf ..." hauchte die tonlose Stimme. Chiyo wurde es langsam unangenehm. Wer war das? Link? Was erlaubte der sich? Ok, er hatte ihr scheinbar geholfen, aber jetzt ... Sicher ging das Licht gleich wieder an, also kein Grund, sie so zu umklammern, wie er es gerade machte. Immer noch war hastiges und chaotisches Getrappel und Rufe um sie herum zu hören. "Ähm ... du kannst mich wieder los -" "Keine Angst, solange das Licht aus ist, sind wir zwei ganz für uns, nicht wahr ...?" "HÄ?!" Plötzlich wanderten die Hände, die bis eben noch an ihren Schultern gelegen hatten, grabbelig an ihr herunter ... Oh Gott, was nun! Der vergaß wohl jede Zurückhaltung ... "Hmmmmm... ganz eindeutig eine Frau ... ja, ganz zweifellos ... fühlt sich wirklich gut an ..." Chiyo vergaß nun ihrerseits jegliche Zurückhaltung und kreischte los, wie sie nur kreischen konnte - und sie konnte kreischen! Wer auch immer sie umschlungen hielt, sprang mit einem Satz von ihr weg, und gleich darauf gingen wieder mehrere Lichter an, Chiyo fuhr herum, und dort saß - Nea! Und starrte sie aus ihren mandelförmigen Augen vorwurfsvoll an. "Man, bist du empfindlich, ich wollt' doch nur mal fühlen ..." "Waaaaah ... waaaa ... waah ...?!" Von irgend woher tauchte der Wirt auf. "Ist bei euch alles in Ordnung? Dieser furchtbare Schrei ... ist hier etwa noch ein Irrlicht?!" "Nee, nee, das wa' nur 'ne Frau ...", ächzte Ninaska, der unter einer Bank hervorgekrochen kam, unter der er fast steckengeblieben war. "Kein Grund zur Sorge, das scheint normal bei ihr zu sein.", das kam natürlich von Link, der nun irgendwo rechts von Chiyo auftauchte. Sie starrte jedoch immer noch fassungslos Nea an, und beachtete ihn diesmal nicht. Was erlaubte sich dieses Weibsstück? "Nun... äh, gut ...", der Wirt trollte sich, und Ninaska half Chiyo auf. Dann zog er sie - gefolgt von den anderen beiden - aus dem Schankraum, dieTreppe hinauf und den Korridor entlang bis zu seinem Zimmer, in das er alle hinein winkte, und die Tür schloss. "So, vielleicht sollten wir uns nun endlich alle richtig vortstellen. Wie wär' das, hä?" Blicke wanderten hin und her. - Link seufzte. "Ninaska und du, ihr wisst über Chiyo Bescheid, also Ninea, klär' das auf, sonst kriegt sie ihren Mund nie mehr zu!" "Ni ... Ninea?" Chiyo starrte immer noch - und hatte ihrer Ansicht nach auch allen Grund dazu. Was sollte das jetzt wieder heißen. Die Frau namens Nea - oder Ninea - seufzte ebenfalls, griff sich an ihr wundervolles Haar - und riss es mit einem Ruck ab. Chiyo schrie auf, wenn auch diesmal etwas gemäßigter. Vor ihr stand immer noch eine dunkelhäutige Person, mit mandelförmigen Augen, doch sie entledigte sich in diesem Moment ihres blauen Gewandes, und darunter kam Kleidung zum Vorschein, die der Ninaskas glich - und nachdem sie die Perücke abgenommen hatte, sah sich Chiyo zwar ganz eindeutig einer recht femininen aber dennoch männlichen jungen Gestalt gegenüber. Diese verneigte sich nun und grinste das Mädchen leicht verschlagen an. "Chiyo, ist dein Name? Gestatten - Ninea, erste und wichtigste Kontaktperson des ehrenwerten Mikau in der schöne Stadt Unruhra!" "Du bist ja auch die einzige ..." gab Link unhöflich zu bedenken. Chiyo begriff das alles immer noch nicht. "Ninea ... Mikau? Aber wieso ... diese Verkleidung?!" "Nun, es ist mittlerweile meine bevorzugte Verkleidungsform, musst du wissen. In meiner Position muss man ständig auf der Hut sein ..." Chiyo starrte ihn an. Ok, sie war ja nicht ganz blöd, soviel hatte sie verstanden. Er war ein Kundschafter Mikaus und - wohl offenbar auch ein Transvestit ... Doch jetzt zu wichtigerem. "Du Perversling!" "Höh?" "Du hast mich betatscht!" "So solltest du es nicht sehen, ich wollte nur mal schauen, ob du nun wirklich eine Frau bist, immerhin -" "WAS?! Wüstling!" "Hey, ich habe dich gerettet, das Irrlicht hätte dich andernfalls sicher gegen die Wand geschmettert, zerrissen, und -" "So ein Blödsinn." murmelte Link. Ninaska kriegte sich vor Lachen wieder mal kaum ein. "Link!" Ninea zog wie unter Schmerzen die Augenbrauen zusammen, und machte ein beleidigtes Gesicht. "Dass du mir derart in den Rücken fällst! Gerade du!" "Was heißt hier gerade ich?" "Du bist auch ein Mann, und bist sicher auch -" "Du hast jetzt nicht ernsthaft vor, mich mit dir zu vergleichen, oder?" Ninea wandte sich mit einem aalglatten Lächeln und einem Schnurren in der Stimme wieder Chiyo zu, die kurz davor war zu hyperventilieren. "Jedenfalls war ich der Ansicht, dass eine kleine Belohnung für meine Mühen -" "Ich glaub's nicht!" kreischte Chiyo empört. "Ninea, das reicht ...", kam es von Link. "Um Himmels Willen - entschuldige dich bei ihr, und dann ist Schluss!" "Wieso sollte ich, ich habe doch -" "Ok, genug jetzt!" Link fasste die fauchende Chiyo am Arm und zog sie hinter sich her, aus dem Zimmer, "Gute Nacht allerseits!" Chiyo ließ sich immer noch wütend auf ihr Bett fallen, nachdem sie den kleinen, und nicht besonders komfortablen, Waschraum aufgesucht hatte. So ein Perversling! Hoffentlich würde sie mit dem nicht mehr allzu viel Zeit verbringen. Besser, sie brachten ihre Aufgabe in Unruhra so schnell wie möglich hinter sich - worin auch immer sie bestehen mochte. Wir suchen die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen, dachte sie. Das würde sicher nicht einfach werden. Ob Link schon eine Idee hatte? Immerhin war er der erfahrene Held - oder sowas in der Art - und sie eher so etwas wie eine Hilfestellung - als genau das sah er sie offensichtlich an ... dieser taktlose Kerl. Wenngleich er auch eben Partei für sie ergriffen hatte. Andererseits hätte das vermutlich jeder halbwegs anständige Typ gemacht, oder? Wie auch immer, so wie dieser Ninea war er sicher schon mal nicht. Dafür übertrieb er es ein wenig mit der Reserviertheit, fand sie. Er musste ja nicht gleich ihr neuer Traumkumpel werden, aber er könnte wenigstens etwas auftauen. Naja, vielleicht brauchte er wirklich nur mehr Zeit. Chiyo spähte zu ihm hinüber. Er lag mit geschlossenen Augen auf seinem Bett, jedoch nicht flach, sondern mit dem Oberkörper aufrecht gegen die Wand gelehnt. Sowas gewöhnte man sich wahrscheinlich an, wenn man ständig im Freien schlief ... Chiyo seufzte aus diversen Gründen und warf den feuchten Lappen aus dem Waschraum über den kleinen, hölzernen Kleiderständer, der zwischen den Betten stand. Er fiel natürlich herunter - gut, dass Link schlief. Sie kletterte aus dem Bett, um den Lappen aufzulesen, und ihr Blick fiel unwillkürlich auf den Schlafenden. Obwohl sein Gesicht entspannt wirkte, war es selbst jetzt völlig ausdruckslos. Ihr fiel komischerweise auf, dass seine Wimpern lang, dicht und ganz schwarz waren, obwohl sein Haar doch so hell war. Der daraus entstehende Effekt war merkwürdig anziehend - und überhaupt sah sein Gesicht schon irgendwie ganz interessant aus. Nicht nur das interessante Farbzusammenspiel, seine Züge waren außerdem irgendwie so ... gleichmäßig ... so gut proportioniert ... ok, schön, man musste es ihm zugestehen, sein Gesicht sah vielleicht tatsächlich aus, wie gemeißelt, aber was sagte das schon über ihn aus! Aussehen war doch völlig unwichtig! Naja, vielleicht nicht völlig, aber es gab eben wichtigeres! Dennoch ... es würde sie ja schon interessieren, ob der wirklich keinen Bartwuchs hatte - von hier aus jedenfalls sah es so aus. Das wäre ja ein Witz! Damit könnte man ihn schließlich aufziehen ... Nur deswegen - wirklich nur um was in der Hand zu haben, womit man ihn ärgern könnte - würde es sich doch lohnen, mal genauer hinzusehen. Sie rückte noch etwas näher heran - bis auf wenige Zentimeter - und untersuchte seine Haut. Faszinierend! Entweder hatte der wirklich noch keinen Bartwuchs, oder er hatte einen ganz ausgezeichneten Rasierer. Auf jeden Fall hatte er jetzt plötzlich die Augen offen. "WUUUOOOAAAAH!" Chiyo fuhr erschrocken zurück und presste eine Hand auf ihr heftig klopfendes Herz. "Man! Musst du mich so erschrecken!" "Ach, ich bin also schuld?" Er starrte sie mit seinem nicht zu deutenden Gesichtsausdruck an. "Ja! Ich meine, nein! Ich bin ... mir ist was runter gefallen, und als ich auf dem Boden da vor dir saß, hab ich ... du, äh ..." "... Ja?" "... ich dachte, du hättest da einen Dreckfleck auf dem Gesicht ..." Gott, ihre Ausreden waren auch schon mal besser gewesen ... "Ach ja? Wo?" "Äh, da war doch nichts ..." "Aha ..." "Ja, jetzt seh ich's genau, da ist nichts ..." "So, so." Sie versuchte ganz ruhig und gelassen zu bleiben, hatte dabei aber erhebliche Schwierigkeiten. Link hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte sie mit diesem ausdruckslosen Blick (in den ein kreatives Mädchen alles hinein interpretieren kann) an. "Was ... was ist!" "Was soll denn sein?" "Wieso guckst du so ...?" Sie merkte, wie sie langsam rot wurde. Völlig normal ... "Tu ich das?" "Ach, jetzt hör schon auf ..." Da würde wohl jeder rot werden ... "Vielleicht sollte man bei dir mal nach Flecken suchen." "WAS!" Ok, das reichte! Spätestens hier würde ja wohl wirklich jeder rot! Also echt ... unglaublich ... "Schon gut ..." Link beugte sich zu der Öllampe vor, und drehte sie herunter. Dann lehnte er sich wieder zurück, schloss die Augen und drehte den Kopf zu Seite. Chiyo legte sich mit immer noch leicht klopfendem Herzen zurück - schließlich hatte er sie ziemlich erschreckt, nur daran lag's ... Dieser Kerl ... der konnte einen echt ganz schön ärgern ... Na, sie würde ihm schon noch zeigen, dass sie sich nichts gefallen ließ ... Ab morgen! "Chiyo?" Sie zuckte leicht zusammen. Chiyo ... Er hatte Chiyo gesagt ... vorher hatte er sie noch nie mit ihrem Namen angesprochen. Vielleicht hatte sich doch schon etwas geändert ... und sie hatte es nicht einmal gemerkt ... "J ... ja?" "Tu mir den Gefallen, und starr mich nicht die ganze Nacht an. Davon wach' ich auf, ich hab einen ziemlich leichten Schlaf." Oh ja, ab morgen würde sie es ihm zeigen! *** Fortsetzung folgt ... ************************************ Nachwort: Uff, ist wieder ein langes Kapitel geworden. OO Ursprünglich war's gar nicht ganz so lang gedacht, aber als ich schon mehr oder weniger fertig war, hab ich hab leider festgestellt, dass einiges irgendwie nich so ganz gepasst hat. Das musste ich umschreiben, damit's hinhaut, ansonsten wäre das irgendwie ziemlich unlogisch gewesen ... Oo° Und meine liebe Milu hat mich dann noch auf eine Stelle aufmerksam gemacht, die irgendwie eigentlich voll nichts mit der Handlung am Hut hatte, dafür aber ziemlich verwirrend war - die musste also raus, und ich dachte, dadurch müsst es wieder kürzer werden, ist es aber irgendwie nicht ... -.-'' Auch egal, so wie es jetzt ist, bin ich mit der Entwicklung wieder halbwegs zufrieden, falls jemand denkt, das passt zeitlich nicht, oder wirkt irgendwo nicht gut, tut mir das leid, aber ich hab mich ewig damit rumgeschlagen, und besser wird es wohl nicht mehr. '' Ok, erstmal was zu den neuen Charakteren! Zu Ninaska: Er wirkt teilweise vielleicht, als sei er nicht der hellste, aber glaubt mir: Das täuscht! Der Typ hat mehr drauf, als man denkt, das wird schon noch klar werden ... Das ETWAS weswegen Link ihm zu Anfang nicht so ganz getraut hat, und was er nicht erzählen wollte, wird später noch näher beleuchtet werden ... Zumindest scheint es für's erste aus der Welt geschafft ... Was Ninea angeht, wenn ihr denkt, er ist ein perverser Kerl: Jupp, das stimmt schon mal ôô Aber auch der hat noch mehr drauf, nur weiß ich nicht genau, wie lang es dauern wird, bis man das erkennt XD Im Grunde kann ich zu den beiden im Moment aber noch nicht so viel sagen. Für die, die sie nicht mögen: Keine Sorge, die werden Link und Chiyo jetzt nicht auf Schritt und Tritt folgen, denn sie sind zuständig für andere Bereiche, Ninea ja, wie er gesagt hat, für Unruhra, und Ninaska eigentlich auch, aber der ... naja, das kommt später ;) Als Chiyo einschläft, kommt das irgendwie voll komisch mit diesem Traum... weiß auch nicht, so ganz überzeugt mich das selbst nicht ' aber sie musste einschlafen, weil Link und Ninaska Zeit brauchten, um zu reden ... XD So schwerwiegende Sachen kann man schließlich nich in zehn Minuten klären, oder? ôô Die Situation zwischen Link und Chiyo ist ja, wie ihr sicher merkt, nach wie vor nicht gerade die entspannteste, aber das wird schon ... irgendwann ... vielleicht ... XDDD MHUHAHA! Nee, im Ernst, so schnell wirds wohl nicht gehen, dass das viel besser wird, also wenn ihr euch davon genervt fühlt: sorrü o'' Falls ihr euch fragt, wieso Chiyo Link später nicht noch mal wegen Ninaska zur Rede gestellt hat - sie war einfach noch zu aufgebracht wegen Ninea und dem ganzen Chaos, das hat die Sache kurzzeitig aus ihrem Gedächtnis verdrängt ... das passiert bei ihr leicht XD Und Link? Was denkt der? Das weiß keiner ... Ich auch nicht ... irgendwie blöd ôô na, ich werd noch dahinter kommen, hehe ... Das war's für heute von mir, wenn ihr mich mit Ideen, Kritik, Lob oder sonstwas in der Art versorgen wollt, sag ich wie immer nicht nein! Her damit! ^_~ Kommentare sind sowieso immer gern gesehen ;) Bis bald Anna Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)