Geheimnis in Dalaran von Skampi835 ================================================================================ Kapitel 5: Einträge im zerfledderten Tagebuch --------------------------------------------- *****   01        Ich habe lange überlegt wie ich beginnen soll... Doch das hier soll mir schließlich dabei helfen, meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen... also... ... Was für ein unsagbarer Unfug!   02        ... Ich bin mir nicht sicher wie, aber die Nachtelfen haben mich aufgegabelt. Ich kann mich an nichts mehr erinnern, nur noch, dass ich mich unter ein paar Trümmern hervorgezogen habe. Nachtelfen sind so riesige Wesen mit langen, abstehenden Ohren! Die wollten mich nach Darnassus bringen. Weiß der Nether wo das sein soll. Sie sind mir unheimlich, sie sehen merkwürdig aus, gruselig und ich habe das Gefühl, als würden sie mich nicht sonderlich mögen. Liegt das an diesem komischen Ritual, welches sie gemacht hatten? Nun, es war in gewisser Hinsicht verschwendet. Sie sagten mir, dass ich eigentlich ein Mensch wäre und ich meine 'alte' Form wieder annehmen sollte nach dem Ritual. Wenn ich mich so betrachte, sieht das aber nicht so danach aus. Ich habe mir meinen Weg aus Gilneas durchgekämpft (gut, ich bin viel mehr geschwommen...) das ging aber erstaunlich gut! Immer, als ich dachte, ich schaffe es nicht mehr an Land und ich ertrinke, habe ich einen riesigen Satz nach vorne gemacht. War schon etwas merkwürdig, wenn ich jetzt so darüber nachdenke, aber in dem Augenblick war mir das ziemlich egal. (Bin ja ums Überleben geschwommen.) ... Latorsch möchte irgendetwas...   03        Gut... wo war ich gewesen? Achja! Dass ich auf dieser 'Reise' mein letztes Hemd in der Brennenden Steppe verloren habe, muss ich nicht extra erwähnen, oder? Überhaupt... ich habe mich wohl kaum von einem Tier unterschieden. Vielleicht bin ich ja auch eines? Zumindest haben das einige Worgen behauptet, denen ich in den Hügellanden über den Weg gelaufen bin. Sie sagten, der Fluch sei ein Segen. Was denn bitte für ein Fluch? Ich verstehe es nicht. Sie hatten mir angeboten, dass ich mich ihnen anschließen könnte. Natürlich habe ich abgelehnt, so viele Worgen waren mir doch etwas... suspekt. Aber vielleicht hätte ich noch vorher nach dem Weg fragen sollen. Denn ich habe mich komplett verlaufen. Gut, woher hätte ich wissen sollen, dass irgend so ein König aus Gilneas (wusste wirklich nicht, dass wir einen König hatten) bereits in Sturmwind war und ich ruhig die Bahn von Eisenschmiede hätte benutzen können! Mal ganz davon abgesehen, - woher hätte ich wissen sollen, dass Eisenschmiede eine Tiefenbahn hat?! Jeden den ich traf, egal ob Troll oder Zwerg, die hätten doch auf mich geschossen, wenn ich die nach dem Weg gefragt hätte! Genug davon... Nach der Brennenden Steppe und dem Rotkammgebirge wo ich endlich auf Menschen und auch wieder auf Worgen gestoßen bin, musste ich mir einreden, dass ich durch den Dämmerwald muss. Was für ein absurder Gedanke! Alle dort drin sind wahnsinnig! Hätte ich das nur mal früher gewusst...   *****   Dreorwyn schüttelte seinen Kopf über seine eigene Unbeholfenheit und die Naivität, die er damals gehabt hatte. Er sah zu der Kerze hinauf, um auszumachen, wie lange er wohl schon hier war. Dann setzte er sich auf den Boden und las weiter. Es konnte ja nicht schaden in seinen ersten Erinnerungen zu wühlen. Außerdem konnte er sich nicht erinnern, wann er dieses alte Tagebuch jemals so aufmerksam zuletzt gelesen hatte.   *****   Ich dachte, sie wären ebenso wie die Worgen aus dem Hügelland. Doch ich habe mich getäuscht. Dass ist nur eine Bande von Verrückten! Die haben wirklich geglaubt, sie seien Tiere. Dass man mit denen nicht vernünftig reden konnte, hätte mir schon klar sein sollen, als sie mich angegriffen haben. Drei von denen haben mich vom Weg geschleppt und haben mich dann verhört. Ich musste mir so einen Quatsch anhören, von wegen ich wäre ein Spion und warum ich in deren Revier eingedrungen war. Ich bin da gerade noch mit beiden Ohren heil raus gekommen! Sie hatten mir einige unschöne Bisswunden und Kratzspuren auf dem Weg mitgegeben. Die Wunden haben geschmerzt, aber ich bin weggekommen. Immerhin...   *****   Dreorwyn blätterte weiter, gedankenverloren. Seine erste Erfahrung mit dem Dämmerwald war nicht so berauschend gewesen. Hasste er deshalb diesen Ort sogar noch mehr als Gilneas? Nein, da war noch etwas anderes. Vielleicht war es auch einfach nur, dass sich die Vorfälle im Dämmerwald einfach gehäuft hatten. Selbst wenn er jetzt daran dachte, glaubte er, dass die Narben auf seiner rechten Schulter und auf der Rückenmitte brannten. Energisch rieb er sich am Hals. »Reiß dich zusammen.«, murrte er genervt zu sich selbst. Das war nur Einbildung, auch wenn er sämtliche Ereignisse aus dem Dämmerwald noch sehr lebhaft in Erinnerung hatte. Der Magus beugte sich wieder über das modrige Buch und las weiter.   *****   04        Kai ist so eine Nervensäge!   *****   Dreorwyn runzelte die Stirn. Kai...? Ach... Kai... Schließlich seufzte er sehr lange und ausdauernd. Diese alte Fehde...   *****   Diese kleine Pest! Ich hätte wissen müssen, dass sie das ist! Die hat doch echt Nerven, mir zu folgen... Das bringt mich zu meiner angebrochenen Erzählung weiter! Als ich in Westfall halb verhungert und ausgeblutet und einfach nur erschöpft angekommen bin - ja, ich bin zunächst zusammengeklappt! Ich dachte, ich wache nicht mehr auf, doch nun... das Schicksal ist launisch, sagen wir es so.   Ich habe mir danach etwas zum Essen gesucht, hatte auch schon tagelang nichts mehr gegessen. Und dann läuft mir dieses dumme Mädel über den Weg. Und nein, sie hat es nicht dabei belassen mir unglaublich auf die Nerven zu gehen! Diese dumme Gans hat mich angegriffen! Mit ihren Dolchen! Keine Ahnung, was diese halbe Portion wirklich wollte, vielleicht dachte sie auch einfach nur, mein Fell würde sich auf dem Boden und mein Kopf an einer Wand gut machen. Und als ich mich verteidigte, rammte sie mir ihren Arm ins Maul!   Ich hatte sie gebissen, jetzt weiß ich, was passiert ist, doch was macht sie jetzt wieder hier? Will sie mich zum Narren halten? Latorisch dieser Idiot hat mich gerade gefragt, was ich mir dabei gedacht hätte Menschen anzufallen und zu beißen. Ich habe diese Schnepfe nicht beißen wollen, Fel nochmal! Es war ein Unfall gewesen, den sie verursacht hat! Ich sollte mal ein ernstes Wörtchen mit ihr reden.   *****   Dreorwyn sog die Luft scharf ein. Das hatte er fast vergessen. Nicht, dass so etwas vorgefallen war, viel mehr, dass diese Frau Kai hieß. Was wohl aus ihr geworden war? Nun, vermutlich war sie Tod und ihr Schicksal konnte ihm ohnehin egal sein. Schließlich hatte sie ihn zunächst verfolgt, und als es nicht so funktionierte, ihn wegen diesem 'Vorfall' zu belangen, war sie auch mehr oder weniger ruhig geworden. Der Magier schüttelte seinen Kopf. Weshalb machte er sich gerade Gedanken um die? Jeder Gedanke an ihr wäre verschwendet. Manchmal war sie einfach nur nervig gewesen, doch andererseits... Ja andererseits, hatte er sich mit ihr doch recht gut verstanden zum Schluss, auch wenn sie sehr still geworden war. Es war so eine Art Hassliebe zwischen ihnen gewesen.   Der Blick des Magiers fiel wieder auf die vergilbten und stellenweise zerfledderten und eingerissenen Seiten des alten Buches. Er blätterte eine Seite um, damit er weiter lesen konnte. Irgendwie war es ungemein erheiternd für ihn, diese alten Gedanken zu lesen.   *****   05        Ich überspringe jetzt einfach den Teil, bei dem ich in Westfall herumgeirrt und schließlich Aranuvill begegnet bin. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich meine Wunden aus dem Dämmerwald blöderweise entzündet. Mein Körper hat gebrannt, doch alleine wusste ich, dass ich verrecken würde. Wie ein Tier, das ich auch war. Aranuvill ist eine Worgen, die mich mehr ungewollt mitnehmen musste. Ich weiß nicht genau, was mich geritten hatte, doch ich fragte sie, woher sie käme und, ob sie alleine unterwegs war. Sie hat daraufhin gelacht. »Als könnte jemand von uns alleine hier draußen existieren.«, hatte sie gesagt. Sie hat mich mit in das Rotkammgebirge geführt, zu der zerfallenen Burg Steinwacht, wie ich später erfuhr. Es erwartete mich eine ziemliche Wendung meiner Denkweise. Es war ein Rudel Worgen, ähnlich wie die in den Hügellanden, doch viel weniger. Ich war verwirrt, war ich vielleicht doch nur ein Tier? Ich stimmte einem Schwur zu, um zu überleben. Diese Worgen liefen alle nahezu so herum, wie ich, nur dass ich eine Robe den zerrissenen Lumpen vorgezogen hätte. Doch ihre Priester hatten mich geheilt, dies war wichtig für mich. Es war eine Gemeinschaft, ein Pakt. Das Rudel der Schwarzmähnen und Selestross war ihr Anführer, der 'Alpha'. Ich habe vorläufig mitgespielt und werde weiterhin mitspielen. Oder sagen wir es so, ich glaubte wirklich, diese Art zu leben sei normal. Ungefähr zwei Wochen später nahm sich Selestross das Leben und Latorsch wurde der neue Alpha. In der Zwischenzeit kamen immer mehr Worgen, die sich uns anschlossen. (unter anderem Kai). Ich lernte, dass ich einen besonderen Draht zur Magie hegte. Ich kann merkwürdige, pulsierende Streifen in meiner Umgebung sehen, die ich anzapfen und dadurch Zauber formen kann. Ich werde dies weiter ausbauen, auch wenn ich nur belächelt werde, wenn ich ihnen sage, dass ich Magie wirke. Entweder glauben sie mir nicht, oder diese Grobmotoriker wissen einfach nur nicht, wie wirksam ein Zauber gegen ein Schwert sein kann.   06        Eine neue Worgen des Rudels hat sich mir vorgestellt. Nun, mehr oder weniger neu. Sie sagte, sie wäre auf einer kurzen Reise gewesen und deswegen, sei sie nicht in Steinwacht gewesen. (eine ziemlich lange Zeit, für eine kurze Reise...) Väl heißt sie und sie ist... anders? Ich kann es nicht wirklich beschreiben, sie verhält sich anders. Sie hat sich mit mir unterhalten, hat mich gefragt, wie ich den Fluch sehe und, an was ich mich erinnern könnte von Gilneas. Ich war verwundert, da sich der Großteil des Rudels (eigentlich so ziemlich jeder) nur für die Gegenwart interessierte, sie aber, interessierte sich für Vergangenes. Väl hat mir einiges erklärt, als sie erfuhr, dass ich mein Gedächtnis verloren hatte. Sogar über die menschliche Seite in uns. Das, was damals schon die Nachtelfen angedeutet hatten. Zugegeben, nach diesem Gespräch war ich ziemlich durcheinander, aber Väl hat mir bestätigt, dass ich nicht verrückt bin, oder mir Sachen einbilde. Latorsch ließ mich dann zu sich rufen. Er erzählte mir, dass er meinem strategischem Denken vertraue, welches ich in den Übungskämpfen gezeigt hatte. Doch auch, wie ich mich gebe gefalle ihm angeblich sehr. Es würde ausgezeichnet zur Diplomatieführung passen, meinte er. Er hat mich zur Rechten Klaue befördert. Sozusagen den Leiter unterstützen, ihn bei Entscheidungsfragen beraten und so weiter. Welch eine Ehre, das doch ist, dass ausgerechnet ich für die Zukunft des Rudels mitentscheiden darf!   07        So langsam nähern wir uns dem aktuellen Geschehen. Als erste Amtshandlung habe ich gemeinsam mit Väl das Schwarze Brett wieder hergerichtet. Eigentlich ein gewöhnlicher Balken, nur, dass dieser nicht gebrochen war, auf dem Neuerungen in schriftlicher Form festgehalten werden sollten. Erstaunlicherweise fanden sehr viele der Schwarzmähnen diesen Vorschlag gut. Wobei ich nicht damit gerechnet hätte, dass sie überhaupt lesen konnten. Doch es waren mehr als erwartet. Vielleicht denken sie auch so ähnlich wie Väl und ich? Dass an dieser Lebensweise als Rudel etwas falsch war...?   08        Wieder neue Worgen, die sich bei uns vorstellten. Ein ehrenhafter Krieger, mit dem Namen Grantar, ein junger Worgen, der sich sehr höflich ausdrückte, Esquabar und eine Worgin, Riwena. Sie haben nicht sehr viel gesagt, woher sie kamen oder... nun, irgendetwas aus deren Vergangenheit. Riwena ist einfach nur kaltschnäuzig zu Latorsch gegangen, hat gefragt ob er hier das Sagen hätte und verkündete dann, dass sie jetzt hier bleiben würden. Diese Worgen ist ohnehin unglaublich ignorant und unhöflich. Ich werde sie wohl im Auge behalten müssen. Grantar und Esquabar hingegen scheinen Potential zu haben. Sie geben sich bei näheren Fragen unter vier Augen offen und zuvorkommend. Sie halfen den Anderen des Rudels bei den Vorbereitungen des Abendessens. Selbst Kai spielt ihre Rolle in dem Rudel, auch wenn ich schwören könnte, dass sie öfters doch genervt wirkt. Nichts desto trotz sind ein potentieller Gewinn.   09        Heute war eine sehr merkwürdige Versammlung. Ich weiß nicht, wie viele Rudel sich getroffen haben, aber geschätzt waren es gut einhundert Worgen, die in Westfall zusammengekommen waren. Fronten sollten neu geklärt werden, soweit ich das mitbekommen habe. Artras, der Anführer der Silbermähnen, hat sehr oft betont, dass wir speziell, also das Rudel der Schwarzmähnen, mit ihrer Hilfe zu jeder Zeit rechnen konnten. Er spielte auf die Finstermähnen an, die im Dämmerwald lebten, die Worgen, die mich zugerichtet hatten, bevor ich auf die Schwarzmähnen traf. Latorsch wirkte nervös... Väl hatte mich gefragt, ob mir das aufgefallen wäre, also war es nicht nur meine Einbildung gewesen. Ich weiß aber nicht, weshalb Latorisch so hibbelig war, als hätte er Bienen im Hintern und Zeit zum Fragen hatte ich ebenfalls nicht. Denn nach einer Weile wurde die Versammlung verabschiedet, da eine Frau die Versammlung mit zurufen massiv störte. Latorsch sagte mir, dass diese Frau Valorina sei. Sie hätte bereits in einigen anderen Rudeln, vor allen aber, den Silbermähnen sehr viel Ärger gemacht. Also bedeutete diese Frau also Ärger...?   10        Ich habe herausgefunden, weshalb Latorsch nervös gewesen war... Heute eröffnete er in der Rudelversammlung, dass er ein Bündnis mit den Finstermähnen anstrebte. Er hatte mehrere Mitglieder mitgenommen. Lediglich Shary, Wolve, Delvos, Kai und ich blieben zurück, wobei ich einen anderen Auftrag erhielt. Ich bat Väl ein wachsames Auge auf Latorsch zu haben. Ich sagte ihr, dass sie im Fall der Fälle die anderen Mitglieder rausholen musste. Ihr Blick war durchbohrend. Ich kann mir denken, was sie dachte. Ich falle Latorsch in den Rücken. Auch wenn Väl nichts dergleichen gesagt hatte, weiß ich, dass sie so dachte. Ich war auf dem besten Weg abtrünnig zu werden, wenn ich mich weiter einmischte. Aber wie kann ich ruhig bleiben? Für was bin ich die Rechte Klaue, wenn ich diese Verantwortung, den Mitgliedern gegenüber nicht ernst nehme? War ich so anders?   11        Ich komme gerade von dem Rudel der Wildmähnen wieder. Als Botschafter habe ich das Rudel der Schwarzmähnen präsentiert, um ein Bündnis anzustreben. Die Ländereien bei Reisen durch Westfall zu nutzen und die kurze Strecke über Elwynn kamen einem Bündnis mit ihnen zuvor. Vitani - zumindest stellte sie sich so vor - war zunächst nicht abgeneigt, aber sie hatte bei den Wildmähnen wohl nicht sehr viel zu entscheiden. Der Alpha war skeptisch, wollte viel über uns wissen, welche Bündnisse wir bereits eingegangen waren, welche wir anstrebten und was ihre Vorteile wären, sofern ein Bündnis zustande kommen sollte. Ich konnte nicht gänzlich wahrheitsgetreu Argumentieren. Es war nicht möglich! Ich konnte ja schlecht sagen, dass Latorsch im Betriff war ein Bündnis mit den Finstermähnen zu schließen. Einem Rudel, das von allen verachtet wurde. Es war deprimierend. Mit einer Bedenkzeit schickten sie mich wieder fort. Ich sollte heimkehren und Latorsch berichten, dass sie ihm ihre Entscheidung später mitteilen würden.   12        Valorina stand vor den zerfallenen Toren der Burg Steinwacht, als ich zurückkam. Ich weiß nicht, was sie wollte, aber - Hut ab vor Kai. Sie hat Valorina - wie auch immer, sie spricht ja kaum - vor den Türen gehalten, bis ich eintraf. Wir haben uns unterhalten. Kurz. Doch dieser kurze Wortwechsel hat ausgereicht, um sie wahrhaft als Schlange zu entpuppten. Eine Schlange, die jeden Augenblick in die Zähne in das Genick des Rudels schlagen konnte. Bevor sie ging, eröffnete sie mir, dass sie nach Seehain ziehen würde, um ein wachsames Auge auf mir zu haben. Warum denn auf mir? Es war mir ein Rätsel, aber ich musste Latorsch darüber in Kenntnis setzen. Doch dieser war noch immer nicht zurückgekehrt...   13        Die Mitglieder und Latorsch kehrten zwei Tage später zurück. Er sagte, dass sie nicht früher gehen konnten, ansonsten hätte sie die Finstermähnen verärgert. Ich weiß schließlich zu gut, was passiert, wenn man die Finstermähnen verärgerte... Väl verhielt sich angespannt, als wüsste sie etwas, wovon niemand sonst wusste. Doch erzählt hatte sie mir davon nichts. Latorsch berichtete sofort, was bei dem Treffen mit den Finstermähnen geschehen war. Anscheinend war das Treffen verhältnismäßig friedlich verlaufen... Doch ich traue dem Braten nicht so ganz. Es war falsch ein Bündnis mit ihnen anzustreben, was wollte er damit bezwecken? Ich muss Väl hierzu befragen, doch sie war nicht mehr auffindbar für mich und Latorsch hat mir die Rudelregeln in die Pranke gedrückt, damit ich diese überarbeite. Warum nur lässt mich das Gefühl nicht los, dass er vor mir - uns allen - etwas verheimlicht?   14        Die Regeln sind fertig. Alle 21 Regelungen überarbeitet und 5 weitere erfasst. Nachdem Latorsch sie abgezeichnet hatte, schlug ich sie an das Schwarze Brett. Väl ist auch wieder aufgetaucht. Sie sagte, dass ein Bündnis mit den Finstermähnen von ihrer Seite nicht zu Stande käme. Latorsch habe sogar darum gebeten, was mich wahrlich ins Grübeln bringt. Weshalb bat er? Latorsch sollte sich auf die anderen Bündnisse konzentrieren. Oder... er hätte sich konzentrieren sollen, denn Heute kam die Antwort der Wildmähnen. Eine tote Schlange lag vor den Toren der Burg Steinwacht. In ihrem Schlund befand sich eine Schriftrolle mit der Botschaft 'Verräterisches Blut wird fließen. Euer Blut.' Wie kam es zu dieser Nachricht? Wussten die Wildmähnen etwas hiervon? Wenn ja, woher? Wie hatten sie davon erfahren? Väl berichtete mir unter vier Augen von einem Gefühl, dass sie geglaubt hatte, sie würden verfolgt werden. Das wird nicht gut enden, fürchte ich...   15        Latorsch und ich gingen zu den Wildmähnen, auf mein Drängen hin um die Situation zu entschärfen. Allerdings verjagten sie uns, noch ehe wir Westfall richtig betreten hatten. Die Wildmähnen hatten uns nachgerufen, dass es Krieg geben würde. Einen Krieg, den wir mit so wenigen Mitgliedern nicht gewinnen konnten. Wir müssen wachsam sein. Auch wenn die Silbermähnen unsere Verbündeten sind - sind sie doch noch, oder? - sie leben im Hinterland. Das ist weit weg...   *****   Dreorwyn schüttelte seinen Kopf, als er mehrere Seiten überflog. Ja, es war keine sehr schöne Zeit gewesen, welche die Schwarzmähnen durchgemacht hatten. Er las etwas schneller über die Zeilen. »Valorina hetzt uns auf...« »... wir dürfen keine Dummheiten machen.« Stimmt ja. Valorina hatte ihre Einheit aufgezogen und nach Seehain geschleppt. Sie hatten ihnen viele Sorgen bereitet und großen Ärger, daran konnte er sich noch sehr gut erinnern. Das harmonische Leben, oder eher das Katz und Maus Spiel fand allerdings ein jähes Ende, als...   *****   32        Ich fasse es nicht! Was macht dieser Nichtsnutz Latorsch überhaupt? Bekommt der denn überhaupt etwas auf die Reihe?! Nicht nur, dass er mir heute, bevor ich schlafen gehen wollte, eröffnete, dass er ein Bündnis mit Valorina geplant hatte! Nein! Er hat es endlich geschafft alle Rudel gegen die Schwarzmähnen aufzubringen! Und er... er ist irgendwo mit Riwena zugange, seiner 'Gefährtin'! Ich verstehe es nicht, beim besten Willen, wirklich nicht! Wie beim aufgerissenen Nether kann es sein, dass sich Latorsch als Anführer so leicht ablenken lässt?! Er trägt die Verantwortung für ein ganzes Rudel, das 25 Mitglieder zählt. Ihr Schicksal hängt davon ab, nicht in das Speerfeuer zu geraten! Und was macht Latorsch? Er schüttet Öl in das Feuer und lässt sich ablenken... von Riwena... Warum überhaupt Riwena?! Sie ist schlau, das weiß ich. Ich habe sie beobachtet, auch wenn sie über die Maße arrogant ist und sich für - ich weiß nicht so recht, den Kaiser der östlichen Königreiche oder sowas?! - hält, sie kann nicht so tief sinken. Was findet sie an einem solchen Schwachkopf wie Latorsch nur?! ... Doch egal... ich hoffe nur, sie verfolgt nicht einen anderen Plan. Ich hoffe es wirklich. Ich werde mich nicht mehr täuschen lassen. Wenn Latorsch diese Verantwortung nicht tragen kann - aus Dummheit! - werde ich dies übernehmen.   33        Väl ist meine einzige Verbündete. Sie teilt meine Gedanken, meine Bedenken. Latorsch sagte, er würde zu den Silbermähnen gehen, doch er tat es nicht. Ich ziehe mir meine roten Roben über und werde losgehen. Ich habe viel aufzuräumen.   34        Valorina war nicht in Seehain, also sind Väl und ich nach Sturmwind gegangen ins Lazarett. Da sie in Sturmwind zuletzt gesichtet worden ist, lag diese Vermutung nahe. Irgendwie wirken selbst die Wälder von Elwynn nicht mehr sicher. Väl und ich hatten ein schlechtes Gefühl über den Weg, den wir zurück ließen. In Goldhain haben wir Rast gemacht. Zwischen all den Säufern, Drogensüchtigen und Huren, dem Alkohol und lauter Musik. Väl hatte den Einfall, dass wir uns als Pärchen ausgeben. Großer Graumähne! Sie hatte mich geküsst um einen Mann von sich loszuwerden, der ihr gefolgt war. Nur gut, dass sie so pragmatisch denkt. Mich hatte sie für einen kurzen Augenblick aus der Fassung gebracht. Nachdem wir uns umgehört hatten und die Geschichte mehrmals hörten, weshalb wir Valorina nun aufsuchen, sind wir weiter gelaufen. Vor einem weiteren Kuss bin ich glücklicherweise verschont geblieben.   35        Das war etwas... Alleine in Sturmwind reinzukommen ohne viel Aufsehen zu erregen war so gut wie unmöglich. Ich hatte alle Blick auf mir. Nein, nicht wegen der wunderbar, auffälligen, roten Robe. Nein! Wegen der Tatsache, dass ich mich nicht wandeln konnte und ich als Worgen durch Sturmwind gestampft bin. Ähnlich wie ein Trampeltier. Ich habe es versucht! Wirklich! Aber es geht nicht. Warum? War ich zum Schluss doch anders? Väl sagte mir, nachdem sie geduldig gewartet hatte, dass Crowley sich auch nicht mehr in einen Menschen wandeln konnte, nachdem ihn Goldrinns Fluch getroffen hatte. Oder es lag an meinem Gedächtnisverlust und dass ich keinen Bezug zu meiner menschlichen Seite hatte. Könnte Väl recht haben? Ich habe mir bisher keine Gedanken darüber gemacht, aber es machte Sinn. Wir waren also in Sturmwind, haben auch tatsächlich Valorina ausfindig gemacht. Es hatte nicht so ausgesehen, als hätte sie Angst. Sie wirkte sogar im Gegenteil, sehr gefasst, und das bei dem was geschehen war. Väl hatte sich im Hintergrund gehalten. Fast, wie mein Schatten, nur fast. Während ich mich mit Valorina unterhielt, die verletzt war, was kein Wunder war. Die Silbermähnen hatten sie über den Kathedralplatz geschliffen, sie verprügelt, den Rücken zerkratzt... Ich sprach mein Mitgefühl im Namen der Schwarzmähnen aus, immerhin war ich Offizier. Ich betonte auch noch, wie leid es mir täte, auch wenn sie und ihre Männer uns viele Probleme bereitet hatten. Ein solches Schicksal wünschte ich niemandem. Valorina hatte es sogar angenommen. Sie wusste von dem Verhältnis, welches wir mit den Silbermähnen hatten. Bereitwillig legte sie es mir offen. Sie wusste, dass es nicht sonderlich gut war, dass unser Bündnis mit ihnen bröckelte. ... Unser Bündnis mit den Silbermähnen existierte nicht mehr? Es bröckelte?! Aber seit wann? Warum? Und da fiel es mir fast wie Schuppen von den Augen. Als Latorsch bei den Finstermähnen gewesen war. Der Spion der Wildmähnen. Die letzte Nachricht, wir waren zu wenige für einen Krieg. Man hatte die Schwarzmähnen verraten, sie stets in Sicherheit gewogen, wo es keine gab. Oh Latorsch, du Verbrecher... Wenn du davon wusstest, wieso hast du mich nicht eingeweiht?! Ich kam mit Valorina zu dem Schluss, dass ein Bündnis, so nicht furchtbar war. Nicht mit dieser Geschichte. Wir kamen dennoch überein, dass sich die Schwarzmähnen von Seehain fernhielten, lediglich die Brücke nutzen, um den Fluss zu überqueren. Und Valorina und ihre Männer konnten ohne Überfälle fürchten zu müssen die oberen Straßen nutzen. Außerdem würden die Schwarzmähnen die Orks und Plünderer fern halten. Späher vernichten und wenn eine Invasion drohen sollte, ja, nur dann, dies in Seehain melden. Dieser Schluss war logisch für mich und Valorina. Der Ärger sollte nun von ihrer Seite aus ein Ende haben. Immerhin... Ich verabschiedete Väl schließlich. Sie würde zu den Schwarzmähnen zurückkehren, während ich mich auf den Weg in die Hinterlande mache. Ich war gespannt, was mich wohl dort erwarten würde. Was ich zu hören bekäme. Konnte es noch schlimmer werden? Nun, vielleicht hätte ich doch Väl mitnehmen sollen. Sie hatte angedeutet, dass sie mich in meinem 'roten Kleidchen zerfetzen würden', aber ich hoffe es dennoch nicht. Doch wenn sie mich angreifen, würde ich nicht kampflos sterben. Und Sterben würde ich, die Silbermähnen umfassen gute 59 Worgen, wenn nicht sogar mehr. Ich habe meine Magie, auch wenn ich sie nicht so wirksam einsetzen kann, wie ich sie gerne wollte.   36        Ich war fast drei Tage in den Hügellanden, wobei ich alleine zwei davon vor dieser Brücke gestanden hatte und darauf wartete, bis sich überhaupt jemand erbarmte von den Offizieren mit mir zu sprechen. Mit den Silbermähnen ist wirklich nicht zu spaßen und auch nicht unbedingt logisch zu reden. Lorion, er stellte sich als direkten Stützpfeiler von Arthras bei mir vor, seine Rechte Klaue. Er erzählte mir wie die Lage derzeit für die Schwarzmähnen aussah. Sie sah nicht sehr gut aus. Latorsch wäre sogar hier gewesen und hätte versucht den Alpha herauszufordern. Ich lachte nervös. Wirklich? Dieser Nichtsnutz schaffte es immer wieder sich selbst zu übertreffen. Ich versuchte ihm zu erklären, dass dies ein Missverständnis war. Dass Latorsch etwas paranoid sei. Lorion hörte mir aufmerksam zu, aber ich vermute er hat mir nicht geglaubt. Nach vielem Herumgerede hat er mir allerdings versichert, dass die Schwarzmähnen Zeit hätten sich rein zu waschen. Sie wollten uns eine Woche geben. Eine Woche, in der Latorsch nichts unüberlegtes machen sollte. Er durfte nicht auffallen, er durfte die Schwarzmähnen nicht in den Ruin treiben. Eine Woche, was war das schon? Das würde er doch hinbekommen!   37        Ich... bringe... ihn... um... Kaum war ich wieder im Wald von Elwynn und wollte die Brücke von Seehain überqueren schossen Kugeln und Bolzen um mich. Ich verstand nicht was los war. In meiner Torheit blieb ich stehen, zeigte ihnen, dass ich nicht bewaffnet war und schrie, dass es ein Abkommen mit Valorina gäbe. Doch Valorina selbst zischte mir entgegen, dass diese Abmachung nicht mehr gültig sei, nachdem Latorsch sich anmaßte nach Seehain zu kommen und nach ihren Männern verlangte, um gegen die Silbermähnen zu marschieren. Ich bin schockiert. Was hatte dieser Narr nur mit den Silbermähnen? Mit zwei Kugeln in der Schulter rannte ich weiter, schleppte mich zur Burg Steinwacht und suchte nach Latorsch. Ich fand ihn nicht, er war verschwunden, ebenso wie Riwena. Stattdessen erkannte ich Väl, die gegen ihren Willen in Ketten festgehalten wurde. Eingepfercht wie ein Tier. Cosard hat sich um meine Schusswunden gekümmert, als ich ihn fragte was hier vor sich ginge. Er sagte mir, dass Väl vorhatte zu gehen. Das Rudel zu verlassen. Doch jetzt wurde sie mit der Hilfe von einem druidischen Zauber schlafen gelegt. Jetzt kann ich sie nicht mehr fragen. Ich verzweifel langsam. Wenn Väl geht, bin ich doch völlig alleine?!   38        Ich habe Väl frei gelassen. Sie erwachte in der Nacht und knurrte mich an. Doch als sie mich erkannte verstummte sie. Sie sagte, dass Latorsch verrückt geworden sei, dass er zu Valorina ging um einen Krieg gegen die Silbermähnen anzuzetteln. Dass er besessen von den Silbermähnen sei. Dass er dieses Rudel an sich reißen wollen würde. Väl war verwirrt, sie hatte Angst. Ich ließ sie frei, ich ließ sie gehen. Als Rechte Klaue hatte ich das Recht dafür, sie gehen zu lassen. Es lag in meiner Entscheidung. Ich begleitete sie nach draußen, dort wurde sie von einem Worten abgeholt, der sich mir als Tirenas vorstellte. Ich ließ sie ziehen. Ich erzählte Väl, dass es in einer Woche besser sein sollte. Nein, ich versprach es ihr. Doch ob sie meinen Worten Glauben schenkte ist wieder eine andere Sache. Ich kann es nur hoffen. Wobei ich meinen eigenen Worten selbst erst einmal Glauben schenken wollte...   39        Ich sitze wie auf heißen Kohlen. Seit dem letzten Vorfall ist nichts passiert und auch Latorsch und Riwena sind wieder aufgetaucht. Allerdings benimmt sich Latorsch als hätte er Hummeln im Kopf. Doch, wäre ich an seiner Stelle, wäre ich vermutlich genauso unruhig. Er ahnt nicht, dass ich mit Lorion gesprochen habe. Er weiß es nicht und so sollte es auch vorerst noch bleiben.   40        Die Woche ist fast vorüber. Ich habe noch einmal Kontakt zu Lorion gehabt. Er berichtete mir, dass sich Latorsch auf einen schmalen Grad bewegte und die Schwarzmähnen in den Untergang stürzen würde. Der Verrat, dass er die Silbermähnen angreifen wollte, kam heraus. Ich kann dazu nichts sagen, ohne Worte. Es war klar, dass es so kommen musste. Lorion legte mir ans Herz, dass der Tag kommen würde, an dem sich die Schwarzmähnen entscheiden müssten. Und er hoffte für mich, dass wir die richtige träfen. - Das hoffe ich ebenso.   41        Väl kam wieder zurück. Die Woche ist vorüber. Sie sagte, sie wolle sich das alles noch einmal ansehen. Sie wurde von einem Teil der Schwarzmähnen feindselig willkommen geheißen, der andere freute sich freilich über ihre Rückkehr. Ich bin erstaunt darüber wie beliebt Väl doch war, obwohl sie sich doch mehr in Schweigen hüllte und oftmals in Rätseln sprach. Sie ist die Verbündete die ich benötige, diejenige, die die Schwarzmähnen benötigen. Ich bin sehr froh, dass sie wieder bei uns ist.   42        Es hat heute geregnet. Ich dachte bei dieser Rudelversammlung würden alte Angewohnheiten von Latorsch fortgespült werden. Alte, naive Einstellungen wurden verworfen und würden sich ändern, zu etwas besserem, zu etwas überlegterem. Doch ich sollte mich täuschen. Latorsch trat vor das Rudel, er sagte, dass die Wahrheit ohnehin rauskommen würde, dass das Rudel es wissen müsste. Ich war gespannt. Was war es, was Latorsch verkünden wollte? Es traf mich wie ein Donnerschlag, als Latorsch erzählte, dass es einen Krieg mit den Silbermähnen geben würde. Nein! In diesem Augenblick konnte ich nicht mehr ruhig bleiben! Obgleich jedes Mitglied in verständlicher Hinsicht der Panik verfiel stand ich auf. Ich konnte mich nicht zurückhalten. Ich stellte Latorsch Einschätzungsvermögen öffentlich in Frage. Ich berichtete ihm, was ich tat. Dass ich Entscheidungen über ihn hinweg traf. Dass ich mit den Silbermähnen in Kontakt stand, um das Rudel vor seinen leichtsinnigen Fehleinschätzungen zu schützen. Alles was ich tat, tat ich für das Rudel der Schwarzmähnen, obgleich ich mich nicht wie ein Tier fühlte. Die Persönlichkeiten in diesem Rudel lagen mir am Herzen. Und es gab den ein oder anderen, der dies schätzte, wie ich später herausfand. Ich forderte Latorsch heraus. Er solle gehen, oder kämpfen. Ich war bereit. Wenn dies mein Ende bedeutete, würde ich in Ehren sterben. Jedes Mitglied war angespannt, doch es kam nicht zu einem Kampf. Latorsch stellte die Mitglieder des Rudels vor die Wahl. Die Wahl hatte nichts mit meiner Forderung zu tun. Sollte er weiterhin Alpha bleiben, oder seinen Posten abtreten. Doch an wen? An mich?! Ich war vermutlich ebenso angespannt wie jedes andere Mitglied. Ich? Ein Anführer? Nein, das war falsch. Ich besitze nicht die Qualitäten zum Führen. Ich kann beraten, die Sicht eines Außenstehenden gut improvisieren. Doch Führen? Die Wahl nahm seinen Lauf. Ich zählte die Mitglieder. Latorsch verlor mit einer Stimme. Er trat seinen Posten als Alpha ab und ging mit gut der Hälfte des Rudels. All jenen, die für Latorsch gestimmt hatten, und Riwena. Obgleich sie nicht für ihn gestimmt hatte, doch auch nicht gegen ihn. Doch sie ging mit ihm, als treue Gefährtin Latorsch'. Der Regen prasselte weiter auf uns herab, während ich mit den verbliebenen Mitgliedern zurückblieb. Ich fühlte mich schutzlos. Ich konnte nicht führen. Ich teilte meine Bedenken dem Rest des Rudels mit und noch in dieser Nacht, wurde Väl die neue Anführerin der Schwarzmähnen. Gewiss nicht gänzlich freiwillig, doch sie nahm das Amt an. Der Regen spülte die alten Gewohnheiten weg, und mit dem nächsten Sonnenstrahl, brach eine neue Ära für die Schwarzmähnen an.   *****   Dreorwyn lehnte sich weiter zurück, während sein Geist zu seinem damaligen Ich zurückkehrte. Er war froh gewesen, als Latorsch gegangen war. Und wie froh er gewesen war. Diese Verschwörungen würden nun ein Ende haben. Dies hatte Väl bereits bei der nächsten großen Versammlung der Rudel gezeigt. Als ein großer stämmiger Worgen - ihm wollte sein Name nicht mehr einfallen - je den Anführer und einen Berater von jedem Rudel nach Sturmwind geladen hatte. Warum genau Sturmwind, wusste Dreorwyn immer noch nicht so genau. Es war auffällig gewesen, als sie sich bei der Anhöhe im Magierviertel zusammengerottet hatten. Doch das was sie besprachen war ebenso dumm wie närrisch gewesen. Es wurde vorgeschlagen die Menschen einzupferchen, sie so zu behandeln wie sie die Worgen behandelt hatten. Wie Tiere. Gejagte sollten zu Jägern werden. So etwas absurdes. Natürlich hatte es die Zeit gegeben, in der Gilneer mit dem Fluch gejagt, eingesperrt oder getötet worden waren. Doch diese Zeiten waren schon lange vorbei. Väl lehnte den Vorschlag ab. Sie war kühn, hatte einen kühlen Kopf bewahrt, während sie argumentierte und damit die meisten Rudel auf ihre Seite zog. Sie verkündete ebenso, dass das Rudel der Schwarzmähnen nicht mehr lange ein Rudel sein würde. Sie hatte sich richtig weit aus dem Fenster gelehnt und stolzierte dann mit erhobenen Haupt davon. Dreorwyn war ihr natürlich gefolgt. Ihre Vorschläge für die Zukunft hatten ihn mitgerissen, doch bevor er weitere Informationen erfragen konnte, hatte er einen Blick auf Riwena erhaschen können. Sie sah gut aus, aber nicht glücklich. Außerdem wirkte sie in Gedanken, was nicht so häufig bei ihr vorgekommen war, sofern sich Dreorwyn damals zurückerinnern konnte. Er wusste noch nicht einmal mehr, wie das Rudel damals hieß, welches Latorsch versuchte neu aufzubauen. Viele Kontakte hatte er immerhin nicht mehr. Er war nicht sehr gern gesehen gewesen bei der Ladung der Rudel. Doch mehr als einen Blick vermochte Dreorwyn damals nicht zu verschwenden.   *****   64        Die Vorbereitungen verlaufen wunderbar. Wir haben es geschafft wieder eine harmonische Basis zu schaffen. Ich bin begeistert, von Väl und von den Mitgliedern. Auch wenn Väl oft sagt, dass sie es ohne mich nicht so weit geschafft hätte. Tirenas ließ sich immer öfters blicken, vermutlich wegen Väl. Doch er tritt der Gemeinschaft nicht bei. Gemeinschaft, das ist unser neuer Name. Wir werden noch immer als ein gemeines Rudel gesehen, doch wir geben unser Bestes diesen Zusatznamen loszuwerden. Dass wir nur noch die Schwarzmähnen sind. Irgendwie ist es ungewohnt, es juckt förmlich in meiner Schnauze, wenn ich das friedliche Zusammenleben so beobachte. Als würde jeden Augenblick von der Seite eine Schlange kommen...   65        Und die Schlange schlug zu. Valorina ist arroganter und aggressiver denn je. Dieses Frauenzimmer glaubt aber auch wirklich, sie kann sich alles erlauben. Diese... Wie sie versuchte mit mir zu spielen, als würde ich auf sie hereinfallen. Sie unterbreitete mir den Vorschlag, dass wenn ich... dass sie die Schwarzmähnen in Ruhe lassen würde, dafür sollte ich meine 'Dienste' anbieten, wann immer sie es zu gedenken wünscht. Diese Frau kann doch nicht mehr ganz klar im Kopf sein. Natürlich lehnte ich ab. Prompt kam ihre Antwort, als zehn gesattelte Männer mit Waffen und Munition vor der Burg Steinwacht standen. Sie verkündeten, dass sie uns angreifen würden, sollten wir binnen drei Tagen immer noch in der Burg Steinwacht sein. Väl war kühn. Sie trat hervor und warf einen Stein nach den Männern. Wenn sie um Schutt und zerfallene Gemäuer kämpfen wollten, sollten sie nur kommen. Die Schwarzmähnen würden nicht mehr lange hier verweilen. Damit hatten die Streitkräfte wohl nicht gerechnet, denn sie zogen ab. Als ich Väl darauf ansprach sagte sie schlicht, dass sie sich nicht vorstellen konnte, als Gemeinschaft akzeptiert zu werden, während sie weiterhin wie Tiere in einer zerfallenen Burgruine lebten. Ich musste ihr zustimmen, doch wohin sollte uns diese Reise führen? Väl schüttelte ihren Kopf mit den Worten. »Ehrlich? Das weiß ich selbst noch nicht so genau.«   66        Es war ein ruhiger Abend. Ich kam gerade mit Kai von der Jagd wieder. Sie ist eine ausgezeichnete Jägerin, das muss ich ihr lassen. Mit unserer Beute und dem Abendessen für die Gemeinschaft kamen wir zurück. Und wer uns dort erwartete. Es war Riwena. Sie verhielt sich anders. Respektvoll und irgendwie zurückhaltend. Es kam mir merkwürdig vor und ich fragte sie, was sie hier suchen würde. Doch sie schüttelte ihren Kopf. Sie bräuchte Abstand. Huh? Wie sonderbar. Doch gut, wir ließen sie gewähren und behandelten sie wie einen ehrenvollen Gast. Riwena wirkte verändert. Als Väl ebenfalls eintraf und der Abend seinen Lauf nahm, berichtete sie uns, weswegen sie wirklich hier war. Anscheinend hatte sie... Angst vor Latorsch? Sie wollte nicht wieder zurückkehren. Doch etwas band sie an ihn und diesem neuen Rudel voller Fremder. Es war ein Kind, welches sie in sich trug. Ein Kind, gezeugt von Latorsch. Doch er behandelte sie nicht gut. Er war unrecht zu ihr, er entehrte sie indem er sich mit anderen amüsierte. Es machte mich rasend. Riwena. Nie hätte ich erwartet, dass ich von ihrer Beschmutzung so wütend werden würde. Gerade von Latorsch. Der Latorsch, der ohnehin nur Scherben hinterließ, wo er hinging, hatte Riwena, eine Frau, die ich als eine wahrhaft ehrbare Person kennengelernt hatte, entehrt. Die Gemeinschaft war aufgebracht. Sie wollten Latorsch zur Rede stellen. Ich musste meinen Wunsch nicht äußern, natürlich würde ich mitkommen. Doch Riwena sollte hier bleiben, wo sie sicher war, mit dem Spross unter ihrem Herzen. Ich legte einen Zauber auf sie, einen Zauber über den ich gelesen hatte. Er verband unsere Gedanken miteinander, sofern sie durch starke Gefühle und Emotionen unkontrolliert waren. Eine starke Furcht, Angst und dergleichen. So konnte ich sicherstellen, dass sie sicher war. Dann rannten wir los, bis wir in das Schlingendorntal ankamen. Riwena hatte uns seinen Aufenthalt des Rudels preisgegeben. Väl, Grantar, Esquabar, ich und noch einige andere Rudelmitglieder zogen los. Auf dem Weg trafen wir mehr Worgen, die bereits Latorsch Rudel angehörten, allerdings, waren sie nicht zufrieden mit ihrem Alpha. Es war ein leichtes, sie auf unsere Seite zu ziehen und wir marschierten weiter. Unaufhaltsam, wie ein Sturm. Wir stürmten die verlassenen Ruinen von Zul'Gurub und fanden Latorsch. Grantar zog ihn auf die Beine und verprügelte ihn. Ich ließ es mir auch nicht nehmen zuzuschlagen. Merkwürdigerweise brachte es meiner Wut keinen Frieden. Ich wollte Blut sehen. Latorsch hörte nicht auf zu sprechen. Väl ging vor, fragte ihn, ob er bereue. Doch er bereute nichts, er spuckte meiner Anführerin ins Gesicht. Doch bevor Grantar, ich, oder Esquabar hätte reagieren können, schnellte Väls Klaue vor in die weiche Seite seines Halses. Sie bohrte in seinen Sehnen herum, ehe sie ihre Klauen zurückzog. Blut spritzte und goss auf dem Boden. Ich war für einen kurzen Augenblick wie erstarrt, dann spürte ich den Zauber, den ich über Riwena gewirkt hatte und hörte ihr Schluchzen von weiter oben. Riwena war uns gefolgt. Ich rannte die Stufen hinauf und führte Riwena nach draußen Sie stand unter Schock, doch sie sagte stests »Es ist besser so... besser...« Ich weiß nicht was sie sich dabei gedacht hatte, als sie uns gefolgt war. Ich weiß noch nicht einmal was Väl geritten hatte. Hätte ich anders reagiert? Nein, vermutlich nicht. Später in der Burg Steinwacht erfuhr ich, dass Latorsch noch lebte. Gerade noch so. Er würde mit dem Leben davonkommen. Diese Nachricht macht mich unzufrieden...   *****   Dreorwyn blätterte weiter und hing tiefen Gedanken hinterher. Oh ja, selbst jetzt bereute er es dieser Made nicht selbst den erbärmlichen Hals umgedreht zu haben. Schon damals hätte er verrecken sollen, dann hätte er nicht noch mehr Leid zugefügt. Nicht noch mehr Wunden aufgerissen. In Zul'Gurub hätte seine Leiche verrotten sollen. Stattdessen hatte man ihn liegen lassen, ihn seinem Schicksal überlassen. War doch klar gewesen, dass dieser Narr einen Weg finden würde, wieder zurückzukehren. Das Glück war eben mit den Idioten. Dreorwyn blätterte die Seiten schnaubend weiter, bis zu einem bestimmten Kapitel. Es schmerzte ihn, als er über die Zeilen las.   *****   72        Riwena wurde angegriffen. Heimtückisch attackiert, von jemand unbekannten, soweit ich hörte einer Nachtelfe? Doch aus welchem Grund oder... weiß Graumähne warum. Sie war mit einer Schnittwunde am Unterarm davongekommen, doch sie wurde in den Bauch getreten. Und das, obwohl sie das Kind unter ihrem Herzen trug. Ich war nicht in der Nähe als es passierte und ich gab mir die Schuld dafür, dass es geschehen war. Ich spürte nur die plötzliche, heftigen Gefühle. Doch als ich zur Burg Steinwacht gelangte, wurde sie bereits provisorisch operiert. Latorsch kam wieder, doch diesmal war ihm das Glück nicht hold. Er lief vor dem Burgeingang auf und ab, rief immerzu ihren Namen. Die Gemeinschaft ließ ihm jedoch keinen Einlass, weshalb er immer lauter schrie. Ich wollte ihn zum Schweigen bringen, Väl ebenso. Zwar konnten wir ihm nicht für diesen Unfall verantwortlich machen, doch waren wir bereit unseren sämtlichen Hass über ihn zu bringen für das Leid, welches er so lange über die Schwarzmähnen gebracht hatte. Väl und ich wussten um den Missbrauch seines Rechtes als Anführer und dass er jetzt immer noch nicht aufgab und Ärger verbreitete, wo er auch hinging, behagte uns überhaupt nicht. Doch diese Arbeit wurde uns abgenommen von Tirenas. Schatten nahmen Gestalt an, verformten sich unter Latorsch, banden ihn an den Boden und gruben sich in sein Fleisch. Sie zerstachen sein Fleisch, bohrten sich in seine Augen und brachten seinen erstickten Schrei zum verstummen. Er kümmerte sich auch um die 'Entsorgung'. Man vergrub den Leichnam hinter der Burg Steinwacht, obwohl es Latorsch nicht verdiente dort begraben zu werden. Doch ich hatte andere Sorgen. Ich eilte in die Burg hinein. Es war dunkel, trüb und ich konnte das Blut riechen. Riwenas Blut. In mir stieg eine heiße Angst auf, die ich noch nie verspürt hatte. Noch nicht einmal, als Latorsch uns alle beinahe dem Verderben geweiht hatte. Die Klauen umfassten mein Herz, dass ich glaubte zu ersticken. Und dann trat Shadow aus dem Raum. Seine Pranken blutverschmiert, in seinen Händen trug er etwas. Totes Fleisch, eine seltsame Form. Mein Herz setzte für einige Sekunden aus, als mir klar wurde, was er dort trug. Doch Riwena sollte es gut gehen. Gut... Es klang... falsch... Ich ging zu ihr. Sie lag alleine auf der Seite im Stroh, zusammengerollt. Der metallische Geruch von Blut hing immer noch in der Luft. Sie zuckte zusammen, als ich mich ihr näherte und sie an der Schulter berührte. Sie hatte schmerzen, musste schmerzen haben. Nicht nur die körperlichen. Mein Hals war trocken, ich konnte nichts sagen oder erwidern. Nichts, was hilfreich gewesen wäre. Ich war schlecht in solchen Dingen. Ich wusste es. Hätte ich meinen verdammten Mund aufgemacht, hätte ich sie zum Weinen gebracht. Die starke, kaltschnäuzige Frau, die kein Blatt vor dem Mund nahm. Die ihre Ehre bis auf das Blut verteidigte. Ich wusste nicht weshalb, meine Gedanken waren bei ihr. Lag es an dem Zauber? Vielleicht, doch meine Gefühle übermannten mich. Ich legte mich zu ihr, sodass sie meine Nähe spüren konnte. Ich verlangte nichts, wollte ich doch noch bei ihr sein. Dass sie wusste, dass sie nicht alleine war. Ich war bei ihr. Irgendwann erstarb ihr Schluchzen und Schniefen und sie fiel in den Schlaf. Ich fürchte er war nicht gerade ruhig. Doch ich bleibe nach wie vor bei ihr.   *****   Dreorwyn schloss seine Augen und lehnte seinen Kopf zurück gegen das Regal, gegen das er gestützt lehnte. Dieser Eintrag-. Sein Blick blieb an den Kerze hängen, die fröhlich vor sich hin brannten. Er wusste, was in den nächsten Einträgen stand. Vor allem seine Unsicherheit, gegenüber Riwena. Sie war zu stark für ihn. Ungreifbar. Und doch näherten sie sich immer weiter an. Sie hatten auch eine wundervolle Nacht miteinander verbracht. Doch es hatte nicht bei dieser einen Nacht bleiben sollen, wie sich später noch herausstellen sollte. Diese Verbindung... wer hätte geahnt, dass sie ihn wieder direkt zu Riwena führen würde, lange, nachdem er den Schwarzmähnen den Rücken gekehrt hatte? Doch zunächst folgte etwas, das Dreorwyn lieber vergessen wollte. Er blätterte zu den nächsten Seiten, zu den nächsten Kapiteln. Sie berichteten von dem Plan, Burg Steinwacht zu verlassen. Dem Rudeldasein komplett den Rücken zu kehren. Die Entwürfe einer neuen Heimat und einem passenden Ort. Auch von einigem Geplänkel, wieder von Valorina angestachelt und schließlich der langen Reise in die Verwüsteten Lande. Er überflog sie mit den Augen, bis er irgendwo wieder begann weiter zu lesen. Viel hatte sich verändert. Die Zeit blieb nie still...   *****   96        Ich verteile meine Aufgaben wie immer. Doch jetzt, da wir in Surwich sind und das Laster eines 'Rudels' endlich hinter uns gelassen haben wird deutlich, was die Mitglieder wirklich wollten. Frei sein, als Mensch gesehen werden, nicht als eine Bestie. Väl hatte ihnen den Weg gezeigt, ihre Hand ihnen entgegengestreckt und sie wurde bereitwillig angenommen und auch akzeptiert. Über diese Wendung bin ich sehr froh. Endlich verfolgen wir den richtigen Weg. Doch ihr Offizier steht hier, unfähig sich zu wandeln, nicht in der Lage, seine menschliche Form anzunehmen. Ich bin verzweifelt, noch nie, war ich in dieser Lage. Selbst Väl hatte mich zur Seite genommen und mich gefragt, warum ich ständig in der 'Fellform' herum torkeln würde. ... Sie wusste warum.   97        Ich komme mir allmählich immer fremder vor. Ein Fremder unter den vielen, die mir ja eigentlich unterstehen, die ich teilweise führe... Ich bin nicht in der Lage meine menschliche Gestalt anzunehmen. Doch warum? Liegt es an dem Gedächtnisverlust? Ich bin verwirrt und noch nie zuvor habe ich mich mehr nach meiner Vergangenheit gesehnt. Zu wissen, wer ich gewesen war, zu verstehen, wie es zu diesem Gedächtnisverlust gekommen ist... Ich bin Riwena sehr dankbar für ihre Nähe und ihre Zuneigung. Sie scheint es nicht zu stören, dass ich mich nicht wandeln kann. Doch wie lange? Ich kann nicht herumsitzen und hoffen dass alles zum Besten kommen wird. Ich muss meine Vergangenheit kennen. Das Unwissen darüber macht mich völlig krank...   98        Ich habe mit Väl gesprochen. Jetzt, da mehrere Wochen verstrichen sind, seitdem wir Surwich bezogen haben, und nicht mehr so viele Veränderungen anstehen, kann ich mich für ein paar Tage abmelden. Sie hat mich mit einem argwöhnischen Blick betraut, einen Blick, den ich bereits von ihr kenne. Allerdings hatte ich selbst nie diesen Blick abbekommen. Außer das eine Mal, als ich ihr von Latorsch' Dummheit berichtete und mich sehr aufgeregt hatte. Sie hatte geahnt, dass ich mich nicht mehr lange zusammenreißen konnte. Und jetzt? Was denkt sich Väl wohl jetzt? Was denkt sie von mir? Dass ich als Berater nicht mehr tauge? Ich werde noch ein paar Sachen zusammenpacken und mich dann auf den Weg nach Sturmwind machen. Vielleicht helfen mir die Bücher weiter. Irgendwo muss ich ja schließlich beginnen und Gilneas ist groß und vor allem sehr gefährlich... Es wäre Wahnsinn dort alleine hineinzugehen.   99        Ich habe eine Frau kennen gelernt. Zunächst war ich sehr verwundert und wollte von dieser Verrückten nichts mehr wissen. Sie hat mich sogar verfolgt. Es war purer Zufall, dass wir uns begegnet sind und ich bin dem Schicksal für diese Fügung so unsagbar dankbar. Sie hatte sich mir als Struana vorgestellt und hat mich ständig Sarandar und Saar genannt. Ich sagte ihr, dass sie mich verwechseln müsste, doch sie sei sich sicher. Es wäre mein Geruch, weshalb sie auf mich aufmerksam geworden war. Natürlich habe ich ihr das nicht geglaubt. Immerhin lebe ich inzwischen schon sehr lange mit den Schwarzmähnen als Gemeinschaft zusammen, sodass sich unsere Gerüche stark überdecken mussten. Wie wollte sie gerade meinen spezifisch herausgefunden haben? Diese Frau - Worgen - hat mich bedrängt. Ich solle sie nicht veralbern, doch ich alberte nicht. Ich konnte mich nicht erinnern. Ich erzählte ihr, dass ich große Gedächtnislücken meiner Vergangenheit betreffend habe und dass ich mich an rein gar nichts erinnern könnte. Daraufhin hat sie meine Pranke gepackt und in ihre gelegt. Ich wollte sie wegziehen, aber diese... Frau! hatte eine unglaubliche Kraft die ich ihr nicht zugetraut hätte. Und dieser strafende Blick erst! Als würde ich ihn kennen, konnte ich nicht anders, als sie gewähren zu lassen. Sie legte einen Samen in meine Pranke, legte kurz ihre zweite Hand auf meine, sodass sie verschlossen war. Es leuchtete grün, dann zog sie die obere wieder weg. Der Samen spross und ein Stiel wuchs. Es war, als würde ich diesen Prozess kennen, doch konnte ich meinen Blick nicht davon abwenden, als ein kleines Schneeglöckchen erblühte. Ich kannte diesen Zauber sehr gut. Und dann erkannte ich auch die Frau, die ihn ausführte. Sie war meine Haushälterin gewesen, eine junge, heranwachsende Frau mit blondem Haar. Diesen Zauber, dieses 'Wunder' hatte sie immer vorgeführt, wenn ich aufgeregt war, geweint hatte oder mich verletzt hatte. »Es ist nur ein blauer Fleck, Saar. Er wird vergehen, aber hier oben«, sie tippte dem kleinen Jungen auf die Stirn. »wirst du daraus lernen.« Sie erzählte mir viel, über meinen Vater Othmar Glaciersmirror. Er war Generaloberst im Berittenen Befehl. Meine Mutter Lucilia Glaciersmirror war bei meiner Geburt gestorben, weshalb ich größtenteils unter Bediensteten und ihr als Bezugsperson aufwuchs. Struana erzählte mir auch, dass mein Name nicht Dreorwyn sei. Mein Name ist Sarandar Glaciersmirror. Doch ich bin verwundert. Weshalb habe ich dann den Namen Dreorwyn so im Gedächtnis? Weshalb war es das das einzige, woran ich mich erinnern konnte, nachdem ich mich in Kielwasser aus dem eingefallenen Haus gezogen hatte? Sie erzählte mir auch, dass auch ich in jungen Jahren schon in das Militär aufgenommen wurde. Ich sei ein Stabsoffizier gewesen, ein niederer Rang, der viele offene Positionen nach oben frei hatte. Ich sei ein begnadeter Kampfmagier gewesen, ebenso eifrig und begierig darauf das Beste für Gilneas zu wollen, wie mein Vater. Sie konnte mir allerdings nicht erzählen, wie es zu dem Gedächtnisverlust gekommen war, oder was ich in Kielwasser gesucht hätte, wo doch alle Wachmänner und Offiziere bei der Belagerung der Worgen IN Gilneas gewesen waren. Struana wird meinem Wunsch nachgehen, in Gilneas in meiner alten Stube vorbei zu sehen. Sie hat mir genau erklärt, wo ich sie finden könnte, sollte ich mich selbst auf die Suche danach machen. Doch ich werde fürs Erste wieder nach Surwich zurückkehren. Ich bin Struana sehr dankbar dafür, dass sie mir meine Vergangenheit wieder gegeben hat. Doch es bleiben sehr viele Fragen offen... Dreorwyn... aus welchem Grund auch immer, sollte ich diesen Namen nicht vergessen.   100      Nachdem ich in Surwich wieder angekommen war, war noch alles beim alten. Etwas, wovon ich ehrlich gesagt etwas verstört bin. Schließlich hatte man Latorsch keine Minute aus den Augen lassen können. Aber unter Väls Führung scheint das alles wirklich eine gewisse Idylle anzunehmen. Und nun, da auch der Störfaktor von Valorina eingegrenzt und ausgemerzt war... Ich bin so froh darum. Die Schwarzmähnen hatten es nicht immer leicht gehabt in der Vergangenheit. Ich habe niemanden auf die Nase gebunden, dass ich nicht 'Dreorwyn' bin. Warum auch? Was hätte es gebracht? Sie hätten mich vielleicht für verrückt erklärt, oder mir den Rücken zugekehrt, wenn ich gesagt hätte, dass ich eigentlich jemand anderes bin. Immerhin ist es nur ein Name. Was solls?   101      Ich bin schockiert... Struana ist heute mit einem Brief nach Surwich gekommen. Zunächst wurde sie wie eine Fremde behandelt, bis ich es unterband, doch sie schien sich nicht daran gestört zu haben. Im Gegenteil, ich glaube, sie fand es... amüsant...? Sie hat einen Brief aus meiner Stube geholt. Ich bin... sprachlos? Ich möchte nichts nieder schreiben, bis ich mir nicht ganz sicher bin. Aber mich beschleicht kein sehr schönes Gefühl bei der Sache. Ich werde mit Väl darüber sprechen. Ich muss nach Gilneas.   102      Verdammt! Väl kam meiner Bitte nach, doch sie möchte mich nicht alleine nach Gilneas gehen lassen. Nein! Die gesamte Gemeinschaft soll mitkommen! Ich glaube ich stecke in Schwierigkeiten, wenn das, was in dem Brief angedeutet wird stimmt... Sie werden mich hassen... verachten... ausschließen... ... töten.   103      Die Expedition nach Gilneas beginnt. Ich bin ganz aufgeregt. Ich habe das Gefühl, dass ich keine Ruhe mehr finde. Ich muss unbedingt herausfinden, wer Dreorwyn Oldwater ist. Ich werde hier vermutlich weiter schreiben, sobald ich wieder zurück bin.   ***** Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)