Muzukashii Sekai von Harulein (MiA x Meto / Tsuzuku x Meto) ================================================================================ Kapitel 1: [MiA] Act 1 ---------------------- Das grellbunte Schwarzlicht blitzte zum Takt der dröhnenden Technobässe und ließ das neonfarbene Clubarmband an meinem Handgelenk aufleuchten, als ich die Hand mit meinem Glas hob und einen Schluck meines Drinks nahm. Malibu X Kaluha Milk, mein Lieblingsdrink. Viele schienen den recht speziellen Geschmack dieser Kombi nicht zu mögen, doch ich hatte eine kleine Vorliebe für etwas ausgefallenere Dinge und so ließ ich mir diesen Drink immer mixen, wenn ich in so einem Club war. Nun war er fast leer, ich nahm den letzten Schluck und stellte das Glas auf die schon vollgestellte Theke hinter mir. Mein Blick wanderte über die tanzende Menge, auf der Suche nach einer Lücke. Ich war heute Abend erst ein Mal zum Tanzen gekommen, denn eigentlich war Techno nicht meine Musik. Ich zog Hard Rock und Metal vor, doch das spielten sie hier nicht und der nächste Rock-Club war mir zu weit weg. Angetrunken wollte ich keine allzu langen Strecken zurücklegen. Ich löste mich von der Theke und drängte mich durch die Menge auf dem Weg nach oben, zur zweiten Ebene des Clubs. Dort oben schien mehr Platz zu sein. Jedenfalls mehr als hier unten auf der Haupttanzfläche, wo sich die schwitzenden Körper tanzend aneinanderdrängten, was schon ziemlich sexuell wirkte. Ich kämpfte mich die stählerne Treppe hoch und wollte gerade nach einem Platz zum Tanzen suchen, als direkt vor mir jemand über das Geländer der zweiten Ebene kletterte und einen der riesigen, vibrierenden Lautsprecher erklomm. „Geht’s noch?“, schoss es mir durch den Kopf. „Hat der ‘ne Meise?“ Im Gewirr aus Dunkelheit und Blitzlicht brauchten meine Augen eine Weile, um den offenbar Verrückten, der nun begann, tänzelnd auf dem Lautsprecher zu balancieren, zu erkennen. Doch er hatte meinen Blick gefangen und so starrte ich ihn so lange an, bis sich sein Aussehen förmlich bei mir eingebrannt hatte. Er war vielleicht ein wenig kleiner als ich und schlank, aber keineswegs dünn. Irgendwo zwischen schlank und muskulös. Hatte türkisblau gefärbtes, recht kurzes Haar, Sidecut auf beiden Seiten und am Hinterkopf, eine echte Punkfrisur, gegen die meine eigenen blasslilablonden Visu-Haare fast langweilig aussahen. Sein Make-up war der Wahnsinn! Irgendwelche irren Kontaktlinsen, die seine Augen riesig machten, dazu viel bunte Schminke um die Augen, dichte Kunstwimpern darunter und rot gefärbte, volle Lippen. Aber das Irrste, Umwerfenste an diesem Typen, der da, über drei Meter über dem Boden, auf dem Lautsprecher tanzte, war die Unmenge an Bodyart auf seinem Körper. Sein von mir aus rechter Arm war komplett von einem riesigen Tattoo überzogen, das sich von seiner Hand bis auf seine Brust ausdehnte und dort mit einem weiteren verschmolz. In seinem Gesicht saßen, um Mund, Nase und Augen verteilt, eine Unzahl Piercings, ganz zu schweigen von seinen Ohren. Seine Kleidung war schwarz, aber eindeutig dem Visual Kei zuzuordnen, genau wie meine. Er war wirklich der blanke Wahnsinn und ich starrte ihn völlig unverhohlen an. Sagte ich schon, dass ich schräges Zeug, einschließlich schräger Menschen liebe? Auch, wenn das, was er da machte, schlichtweg bescheuert war, kam ich nicht umhin, ihn dafür zu bewundern. Das musste man sich schließlich erst mal trauen. Inzwischen fand er sich im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit und schien das offenbar zu genießen. Klar, warum sonst sollte jemand so was bringen? Mit geöffneten Lippen und den Armen über dem Kopf wiegte er sich da oben hin und her, ließ sich völlig vom starken Beat des Lautsprechers leiten und wirkte dabei so leidenschaftlich und ausgelassen, dass es mein Herz zum Klopfen brachte. Doch im nächsten Moment erstarrte er in der Bewegung, drehte sich in meine Richtung und starrte mich an. Nicht jemanden in meiner Nähe, sondern mich. Sein Blick traf meinen, so als hätte er gespürt, wie ich ihn zuvor mit meinen Blicken verschlungen hatte. Und dann begann er, mir irgendwelche Handzeichen zu machen. In dem Augenblick, als die Musik für einen Moment aussetzte und jemand rief: „He, du da oben, komm da mal ganz schnell runter!“ Er drehte sich um, kletterte wieder zurück über das Geländer, winkte mir noch einmal zu und verschwand dann in der Menge. Die Musik ging weiter und ich beschloss, mir jetzt endlich einen Platz zum Tanzen zu suchen. Als ich schließlich einen fand und mich in der Musik fallen lassen wollte, musste ich feststellen, dass sich eben jener türkishaarige Typ, mit seinem Auftritt und seiner Interaktion mit mir, ziemlich gründlich in mein Hirn gebrannt hatte. Egal, wie sehr ich versuchte, nur auf die Musik zu hören, ich bekam ihn nicht mehr aus meinen Gedanken weg! Oh Gott, das kannte ich doch! Das war nicht das erste Mal, dass mich jemand so packte! MiA, du hast sie nicht mehr alle! Bist du völlig verrückt geworden, dich in so einen durchgeknallten Idioten zu vergucken? Japp, verguckt. An dieser Stelle ist wohl eine Beichte fällig: Ich bin bi, ziehe Kerle vor und am liebsten welche, die wie ich zum Visual Kei gehören. Und der Verrückte war genau mein Typ. Ich lief zur Theke der zweiten Ebene und bestellte mir noch einen Malibu-Kaluha, diesmal ohne Milch, dafür doppelt. Und als ich mich umdrehte, stand er plötzlich vor mir. Das Bodyart-Wunder. Die schrägste Schönheit der Welt. Erst jetzt sah ich seine richtigen Gesichtszüge unter dem Make-up: Ein breiter Mund mit vollen Lippen, große Augen und eine hübsche Gesichtsform. Er starrte mich an, packte dann plötzlich meine freie Hand und zog mich hinter sich her durchs Gedränge. Seine Hände waren relativ klein, aber kräftig und irgendwie anziehend. Er sagte nichts, machte keinerlei Anstalten, mir irgendwas zu erklären, auch nicht, als wir eine abgelegene Sofaecke erreichten, er mich an den Schultern packte und darauf niederdrückte. „Was…“, begann ich, da legte er mir völlig ungeniert einen Finger auf die Lippen und näherte sich mir weiter, bis ich sein „Shhh, nichts sagen“ hören konnte. Oh. Mein. Gott. Der war viel zu nah! Er sah mich eindringlich an und flüsterte mir ein einziges Wort zu: „Meto.“ „Was das?“, fragte ich völlig verwirrt. „Mein Name, was sonst?“, flüsterte er in mein Ohr. Komischer Name, dachte ich, ist wahrscheinlich ein Nick oder so. Aber wenn wir schon mal dabei waren, konnte ich ja auch mit meinem rausrücken: „Kannst mich MiA nennen. M, i, großes A.“ Er erwiderte nichts darauf und vollständige Sätze schienen sowieso nicht so seins zu sein. Und bevor ich ihn noch etwas fragen konnte (zum Beispiel, was die Aktion auf dem Lautsprecher sollte), drückte er mich fester in das plüschige rote Sofa, bis er über mir war, und schob mir sein Knie zwischen die Oberschenkel. ich war viel zu überrascht, um mich wirksam gegen ihn wehren zu können, und so stark, wie er wirkte, hätte ich wohl auch keine Chance gehabt. „MiA schöner Name“, flüsterte Meto, „Und MiA schöner Mensch.“ War das jetzt ein komisches Kompliment? „D-danke“, brachte ich heraus und zweifelte zum wiederholten Mal an der geistigen Gesundheit meines Gegenübers. Tat der nur so oder war ordentlich Sprechen echt nicht seine Stärke? Seine leicht ungewöhnlich geformten Lippen waren ganz nah an meinem Ohr und ich konnte den Duft seines Parfüms riechen (irgendwas mit Kirsche und Vanille, was mich wiederum verwirrte), als er flüsterte: „Was Meto jetzt mit MiA machen?“ Wer gibt mir Recht, dass das irgendwie bedrohlich klang? Tollen Typen hatte ich mir da ausgeguckt! Oder… hatte er sich mich ausgesucht? Mich vielleicht schon länger beobachtet? Er schien darüber nachzudenken, was er jetzt mit mir anstellen sollte. Was auch immer das war. Naheliegend wäre, dass er mit mir tanzen und rumknutschen wollte, doch so, wie er sich eben ausgedrückt hatte… da bekam ich jedenfalls schon ein wenig Angst. „MiA keine Angst“, raunte er und zum ersten Mal hörte ich wirklich seine Stimme, sie war relativ tief, aber immer noch irgendwie jungenhaft. „Meto tut ihm nichts Böses.“ „Wie soll ich denn keine Angst haben, wenn du so redest!? Das eben klang wie irgendein Entführer oder so“, erklärte ich. „Meto leid. …Tanzen?“ Tanzen. Okay, das klang gut. Meto lächelte, zum ersten Mal. Er hatte ein wirklich süßes, breites, strahlendes Lächeln. Und ich mochte ihn, mal abgesehen davon, dass er mir etwas zu schnell auf die Pelle rückte. Er war wohl, auf eine ziemlich merkwürdige Weise, ein offensiver Typ. Na, ein Grund mehr, auf diesen Verrückten einzugehen, obwohl er mir eben mit seiner ungeschickten Ausdrucksweise Angst gemacht hatte. Denn, hey, ich war schon größeren Idioten begegnet und Metos Art war zwar komplett durchgeknallt, aber auf gewisse Weise auch ziemlich süß. Er zerrte mich hoch und in Richtung Tanzfläche, legte dort angekommen seine Arme um meinen Hals und drückte sich eng an mich. Dieses Überraschende, Sprunghafte schien ein Charakterzug von ihm zu sein, so viel reimte ich mir über ihn schon einmal zusammen. Zufällig lief gerade ein etwas ruhigerer Song, der mir überraschend gut gefiel, und so verfielen wir in ziemliches Schmusetanzen. Metos vollen Lippen an meinem Ohr flüsterten Komplimente an meine Haare, meine Kleider, meinen Tanzstil, bevor er begann, vorsichtig an meinem Hals zu knabbern. Mir gefiel das und so ließ ich ihn einfach machen und in mir eine Sehnsucht nach mehr wecken. Völlig vergessend, dass ich von Meto nicht mehr als diesen Namen kannte, ließ ich mich auf ihn ein, selbst als er seine Arme um meine Taille legte und mich noch enger an sich drückte, sodass ich spürte, dass ihn das Tanzen anmachte. „Gehst du immer so ran?“, fragte ich. „Wenn ich …einen mag“, antwortete er. Offenbar wechselte er zwischen Ich- und Er-Form hin und her, wie es ihm gerade passte. „Meto mag MiA.“ Mein Herz machte einen fröhlichen Hüpfer. Dieser durchgeknallte, verwirrende, viel zu offensive, sprachgestörte Verrückte mit dem beeindruckenden Aussehen und dem himmlisch süßen Lächeln schien sich wirklich auf dieselbe Art für mich zu interessieren, wie ich mich für ihn. Ein echter Glücksfall, nachdem ich schon seit einer Weile keinen erfolgreichen Flirt mehr gehabt hatte. Als der Song wechselte, zog Meto mich wieder von der Tanzfläche weg, diesmal in Richtung der Waschräume, welche sich in einem dunklen, rot gestrichenen Gang befanden. In dieser Ecke standen eine Menge knutschender Pärchen herum und so, wie ich Meto einschätzte… Tatsächlich, er lächelte mich an, sagte etwas, das sich wie „Meto MiA lieb“ anhörte, dann drängte er mich an die Wand, drückte seine süßen, gepiercten Lippen auf meine und küsste mich wild und hemmungslos. Es war toll, total geil, und ich stieg voll drauf ein, legte meine Hände an seine Taille, zog ihn meinerseits an mich und erwiderte den Kuss mit vollem Einsatz. Himmel, der küsste ja wahnsinnig gut! Mit Zunge, Körpereinsatz und alles, fast schon wie Sex! Mir wurde beinahe ein wenig schwindlig. Es spielte keine Rolle, dass ich ihn erst seit einer halben Stunde kannte. Und es war ja auch nicht das erste Mal, dass ich einen fast Fremden küsste, von dem ich nichts als einen Nick oder bestenfalls den Vornamen kannte. Ich tat das in jedem Club, den ich besuchte, auf fast jeder Party. Anders war diesmal nur, dass der, den ich diesmal ausgesucht hatte, viel mehr mich gewählt hatte. Ich war mir inzwischen sicher, dass er mich schon beobachtet hatte, bevor ich ihn bemerkte. Normalerweise schnappte ich mir jemanden auf der Tanzfläche, fragte „Hetero, bi, oder homo?“ und wenn die Antwort passte, wurde ein bisschen rumgemacht. Die meisten Typen, die infrage kamen, mochten meinen femininen Stil und meine westlich geformte Nase (von der ich prinzipiell nicht verriet, dass ich da hatte nachhelfen lassen). Als Meto schließlich wieder von mir abließ, kribbelten meine Lippen und ich war heiß bis in die Haarspitzen. Er zog einen Zettel und einen kurzen Bleistift aus der Hosentasche und schrieb etwas auf, dann drückte er mir den Zettel in die Hand, lächelte mich noch einmal an und verschwand dann in der Menge. Ich stand da wie angewachsen. Das Blut pochte durch meinen Körper, der Beat der Musik dröhnte um mich herum und ich starrte auf die Stelle in der Menge, wo Meto abgetaucht und verschwunden war. In diesem Club hatte es keinen Sinn, ihn zu suchen, er konnte überall, nirgends oder längst draußen und weg sein. Schließlich kämpfte ich mich ziemlich apathisch durch die Leute nach unten, raus aus dem Club. Draußen atmete ich frische Luft, zündete mir eine Zigarette an und blieb eine Weile stehen, um wieder klar zu werden. Als ich mich wieder halbwegs runtergekühlt hatte, machte ich mich auf den Weg nach Hause. Im Wissen, dass der nächste Tag ein Sonntag war und ich frei hatte, lag ich die halbe Nacht wach und schlief erst gegen vier Uhr morgens ein. Am nächsten Morgen fand ich den Zettel in meiner Hosentasche. In leicht krakeligen Schriftzeichen standen dort zwei Worte: „Meto, Akutagawa-kouen“ War das so eine Art Adresse, eine Info, wo ich ihn finden konnte? Ich kannte diesen Park, das war ein beliebter Treffpunkt von Punks. War ja irgendwie klar, dass Meto zu denen gehörte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)