Mahou no Gadian von Imi-chii (Die Suche nach dem Schlüssel) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es ist dunkel. Von draußen her hört mein ein leises Plätschern und an den Wänden läuft es feucht und kalt hinab. Erschlagen und außer Atem lehnen die Beiden an der Wand und sehen sich grimmig an. Kein Wort wird gesprochen, kein Ton entweicht ihren Mündern. Die feuchten Haare kleben in ihren verschwitzen und verdreckten Gesichtern, die Kleidung ist stellenweise gerissen. Überall an ihren Körpern klaffen Wunden. „Das ist alles deine Schuld.“, beschuldigt sie ihn wie aus heiterem Himmel. Er würdigt dies mit einem einfachen „Tsss.“ und zuckt mit den Schultern. Ihr steht die Wut ins Gesicht geschrieben, doch da es so dunkel ist, kann er das kaum sehen. „Hättest du mir von Anfang an die Wahrheit ges-“ „Und? Hätte das etwas geändert?“, blafft er sie an. „Ja, es hätte alles geändert. Das, uns!“ „Was hat das jetzt hiermit zu tun? Das sind zwei verschiedene Baustellen und es gibt wahrlich wichtigeres über das wir uns die Köpfe zerbrechen sollten.“ Maya presst ihre Lippen zusammen und lässt Luft aus ihrer Nase entweichen. Sie muss aufpassen, sonst fängt sie an zu weinen, das kann jetzt niemand gebrauchen. Dumm, so fühlt sie sich. Wie waren sie nur in diese Situation hineingeraten? Wie konnte sie ihm nur so blindlings vertrauen? Ihm mit seinem schelmischen Grinsen, seinem dunklen Haar und den tiefblauen Augen... Doch beginnen wir am Anfang dieser Geschichte: Es schlägt Mitternacht. Der Mond leuchtet hell über den noch vom vorherigen Regen benetzen Straßen. Wind weht um die Dächer und lässt die Bäume in seinem Takt wiegen. Bis auf die Lichter der Pubs und Bars und Nachtclubs waren sämtliche Fenster dunkel und leer und nur noch die Schritte der Betrunkenen, das Flimmern der Neonlichter und die Musik aus den Wirtschaften waren zu hören. Eine dunkle Gestalt zieht durch die Gassen und sieht sich hie und da immer wieder um. Er oder sie biegt ein paar Mal um, sieht in Ecken hinein und geht dann weiter, als würde er nach etwas bestimmtem suchen, es jedoch nicht finden können. Unter der dunklen Haube ist ein leises Grummeln zu vernehmen und die Person streift seine Kapuze ab. Das Gesicht kann man aber immer noch nicht erkenne, denn die Augenpartie wird von einer schwarzen Maske bedeckt. Das dunkle Haar hängt ihm strähnenweise ins Gesicht und die tiefblauen Augen strahlen durch die Maske hindurch als würden sie direkt das Licht des Mondes widerspiegeln. Immer noch umherirrend dreht und wendet er sich. Kurz erschreckt er, als eine Katze an ihm vorbei, von einer Mauer hinunter springt und dann unbeirrt weiter stolziert. Eine paar Sekunden verweilt sein Blick auf ihr, dann fasst er sich und sucht weiter. Der Wind heult immer stärker und es scheint, als ob auch der Regen sich gleich zurückmelden wird. Es war ein schrecklicher Spätsommer. Die Abende und Nächte waren eiskalt und nass, die Tage dafür umso trockener und heißer. Das Wetter spielte verrückt und auch die Erde bebte immer wieder ohne Unterlass. Es waren zwar kleine Beben, aber es reichte um die Aufmerksamkeit der Stadtsicherheit auf den Plan zu rufen, die versuchten die Stadt vor weiteren Beben zu sichern. Ständig lungerten sie herum und dichteten Leitungen ab, sogar mitten in der Nacht. Dabei wissen sie nicht einmal, dass sie a) im Weg stehen und b) sowieso nichts ausrichten konnten. Erneut biegt der junge Mann um die Ecke und läuft prompt in eine weitere Person hinein, die mit dem Rücken zu ihm stand, sich dann geschwind umdreht und eine Art Pistole auf ihn richtet. „Ho, ho, ho. Nicht so schnell.“, er hält die Hände hoch um zu zeigen, dass er unbewaffnet war – was er eigentlich nicht ist, aber das tut in diesem Fall eh nichts zur Sache. „Ach du bists. Erschreck mich doch nicht so...“, der andere Mann steckt seine Pistole zurück in einen von einem dunklen Mantel versteckten Halfter und zieht dann seine Kapuze runter. „Hast du was finden können?“, fragt dieser dann sein Gegenüber. Er schüttelt nur den Kopf. „Nichts. Kannst du das glauben. In dieser gottverdammten Stadt gibt’s nicht mal einen klitzekleinen verdreckten Hinweis. Langsam regt es mich auf, dafür bin ich nicht hierher zurückgekommen.“ „Reg dich ab, Boss. Wir finden schon irgendwas.“ „Blake? Jetzt mal ehrlich, so von Mann zu Mann: Wenn es hier was gäbe, hätten DIE nicht schon längst interferiert?“ Der Mann der offensichtlich Blake heißt und sehr groß gebaut war, macht einen Schritt zurück um sich auf eine herumstehende Mülltonne zu setzen. Er braucht offensichtlich Zeit um nachzudenken. Die andere Person greift sich mit den Fingern an den Nasenrücken, verschließt die Augen und atmet tief ein. „Sag ichs doch...“ „Masaru...ich glaube wir übersehen da etwas.“, verlautet Blake dann auf einmal und sieht seinem Kollegen direkt in die Augen. „Ach ja? Und das wäre?“, Unglauben lässt sich in seinen Augen erkennen. Doch er ist offen für das, was jetzt kommt. „Vielleicht suchen wir an den falschen Stellen. Oder...wir haben es verfehlt. Vielleicht war es auch die ganze Zeit vor unserer Nase...“ Das Telefon klingelt laut durch den dunklen Raum und hinterlässt ein klirrendes Echo. Müde und die Augen reibend greift Kazuhito nach ihm und fragt grimmig: „Wer stört?“ „Entschuldigt bitte, dass ich so spät noch anrufe, aber wir haben etwas.“ Abrupt sitzt er kerzengerade in seinem komfortablen Bett und legt die weiche Decke zur Seite um das kleine Licht auf dem Nachttische anzuschalten. „Seid ihr euch sicher?“, will er wissen. Es dürfen nicht erneut solch gravierende Fehler wie beim letzten mal unterlaufen. Schweigen am Ende der Leitung. Kazuhito wird ungeduldig und trommelt mit den Fingern der rechten Hand auf dem Nachttisch und räuspert sich. „Naja...ziemlich. Zumindest meinte Chiba-sama das gerade, als ich mit ihm sprach. Es war sein Auftrag euch anzurufen.“ „Wehe ihr habt wieder versagt. Dann darfst du das persönlich ausbaden. Und diesmal werde ich nicht so gnädig sein.“ Ein Schlucken ist am anderen Ende der Leitung zu vernehmen. Kazuhito nimmt sich sein Smartphone zur Hand und öffnet eine Seite um einen Flug zu buchen. „Zu erst will ich ein Treffen in New York. Uzumaki-san soll dabei sein. Morgen um 18 Uhr werde ich am Flughafen sein. Sorge dafür, dass alle sich morgen auf den Weg nach Manhattan machen.“ „Ja, Sir.“ Wortlos legt Kazuhito das Telefon auf, schaltet sein Handy nach dem Buchen des Fluges aus und legt sich nach dem ausknipsen der Leuchte ins Bett. Er starrt einige Zeit lang an die Decke und denkt nach. «Diesmal muss es wahr sein...ich kann nicht länger warten...» Seine Augen fallen zu und er schläft ein. «„LAUF!“ Ich versuche ihm hinterher zu rennen ohne über die Trümmer zu stolpern, welche überall auf dem Boden verteilt sind. „Schneller...SCHENELLER!“ Sie sind immer noch hinter uns her. Es gibt keinen Ausweg aus der Misere. Das Licht der Sonne ist schon lange erloschen. Einzig am Himmel thronend ist ein blutroter Mond. „Nur noch ein paar Meter...dann hab-“ Er fällt, ich verliere ebenfalls die Haftung und falle in eine tiefe Schlucht die sich unter uns auftut. Er streckt seinen Arm aus, ich versuche nach seiner Hand zu greifen...es gelingt mir nicht...» „Aaaaaaaaaahhhhhhhhh...Mist! Nicht schon wieder...“, sie sieht auf die Uhr, „Dreck....Argh...Warum weckt mich keiner?“ Verschwitzt und wild schnaufend erwacht sie aus dem Traum. Schnell wie der Wind läuft das junge Mädchen ins Bad. Putzt sich die Zähne unter Dusche, als ginge es um ihr Leben, sprintet in ihre Klamotten, fliegt die Treppe hinunter und greift sich am Frühstückstisch einen Apfel, den sie in die Tasche packt, welche noch vom Vortag am Boden liegen geblieben ist. Kurz hält sie inne um einen Schluck Milch zu nehmen, schultert ihre Tasche und geht dann zur Tür. „Neuer Rekord.“, hört sie aus der hinteren Ecke der Küche. Sie grummelt und verdreht die Augen: „Hättest du mich nicht wecken können?“, fragt sie in genervtem Ton, der jedoch beinahe von ihrem heftigen Atmen überdeckt wird. „Hab ich doch. Drei Mal und jedes Mal hast du um 5 Minuten mehr gebeten. Daraus wurden dann 50.“ „Vater...das nächste Mal musst du mich raus schütteln.“ „Das nächste Mal wird jedoch erst in ein paar Tagen vielleicht auch Wochen sein.“, er schüttelt den Kopf und setzt sich mit einer Kaffeetasse in der Hand an den Küchentisch und schlägt die bereitliegende Zeitung auf. „Wie bitte? Schon wieder? Du bist doch erst vor drei Tagen zurückgekommen. Kannst du nicht etwas länger bleiben? Bitteee...“ „Maya, du weißt, dass das nicht geht. Ich habe geschäftlich in New York zu tun. Danach muss ich nach Deutschland und bevor ich wieder in Tokio bin, muss ich einen Zwischenstopp in Hongkong einlegen.“ Das Mädchen, das offensichtlich Maya heißt presst ihre Lippen zusammen und lässt schnaufend Luft aus ihrer Nase entweichen. Sichtlich genervt nimmt sie das Haargummi, welches sich um ihr Handgelenk befindet und bindet sich ihr langes dunkelbraunes Haar hoch. Ihr grünen Augen sind blutunterlaufen – sie war wieder einmal viel zu spät ins Bett gegangen – und ihre Wangen waren errötet von der Rennerei. „Wann musst du los?“, fragt sie ihren Vater, will die Antwort aber eigentlich nicht hören. „Heute Abend um 18 Uhr geht mein Flieger. Das heißt, wir sehen uns nicht mehr.“, antwortet ihr Vater im Wirtschaftsteil versunken. «Großartig», denkt sie sich, läuft kurz auf ihn zu und presst ihm einen Kuss auf die Stirn. „Dann sehen wir uns in ein paar Tagen...oder Wochen. Ciao.“ „Viel Spaß in der Schule.“ Bei diesen Worten verdreht Maya die Augen und nickt nur. Sie tritt hinaus in das helle Licht des Spätsommers und macht sich auf direktem Weg mit dem Fahrrad zur Schule. Sie rast wie eine Wilde durch die Gassen und kommt an ihren Stammsupermarkt vorbei, an dem sie kurz hält – es ist 8:55 Uhr wohlgemerkt – und sich in aller Seelenruhe ein Sandwich kauft und in ihrer Tasche verstaut. Dann sattelt sie wieder das Rad und will genauso schnell wie sie hergefahren ist, wieder losfahren. Dabei übersieht sie einen Stein, fährt über ihn drüber, rutscht mit dem Fahrrad weg, fällt hinunter und landet unsanft auf dem Boden. „GROSSARTIG!!“ „Kann man helfen?“, eine sanfte Stimme bietet ihr seine Hilfe an. Sie blickt hinauf und hebt dabei automatisch die Hand um nach seiner, die ebenfalls ausgestreckt ist, zu greifen. Als sie in sein Gesicht sieht, stockt ihr jedoch der Atem. Nie zuvor hat sie einen so schönen Menschen gesehen. Das dunkle kurze Haar, liegt in weichen Wellen um sein Gesicht und umrahmt seine tiefen blauen Augen, die strahlen wie das Meer an einem heißen Sommertag. So stellt sie sich das zumindest gerade vor. Er lächelt und seine Lippen sehen aus, wie weiche Pfirsiche. Einige Zeit sieht sie ihn verdattert an, bis plötzlich die Schulglocke klingelt. Es erscheint ihr lauter als sonst. „Ähm...“, sie ergreift seine Hand, so dass er sie locker hochziehen und ihr auf die Beine helfen kann. Leise stotternd flüstert sie ein knappes „Danke“ und rennt dann in Richtung Schule. Das war zu viel für sie. Ihr Gesicht ist rot wie eine fleischige reife Tomate. Ihr Herz pocht und irgendwie fühlt sie etwas Vertrautes. Irgendwo hat sie dieses Gesicht doch schon gesehen... Kopfschüttelnd bleibt Masaru erst mal stehen, betritt dann selber das Geschäft, holt sich seinen Morgenkaffee und ein Sandwich und macht sich auf den Weg in die Uni. Der leichte Wind haucht ihm durch sein Haar und bringt es etwas durcheinander. Mit den Händen versucht er es in Ordnung zu bringen. Einen Schluck von seinem Kaffee nehmend bleibt er an der roten Ampel stehen. Er denkt an das Mädchen von gerade. Irgendetwas war merkwürdig. Hat er sie schon einmal gesehen? Nein, er schüttelt den Kopf. «Sicher nicht.» Die Ampel wird grün und er biegt in die Straße ein, in der der Bus zur Uni hält. Dort wartet er und betrachtet die vorbeiziehenden Autos und eiligen Menschen. Heutzutage hat niemand mehr Zeit, alle scheinen zu hetzen oder im Stress zu sein. Einzig und allein die Kinder, welche von ihren Eltern dazu animiert werden schneller zu gehen, genießen noch die langsamen Schritte. Sie sehen sich neugierig um, winken den Menschen um sie herum und genießen den Tag, so wie er kommt. Für sie gibt es keinen Morgen, kein Gestern, alleine das hier und jetzt zählt. Der Augenblick. Doch schnell wird ihnen eingetrichtert, dass sie schneller gehen müssen, Pünktlich sein zu haben und erfolgreich zu sein. Die Zukunft, dieses große Fragezeichen, welches sie noch gar nicht fassen können, wird ihnen von ihren Eltern vorgebetet. „Sei gut in der Schule! Lerne noch Spanisch. Werde Arzt oder Anwalt...“ Masaru kennt das alles zu gut. Immer stand er unter Druck. Immer sollte er nach der Nase seines Vaters tanzen, einem berühmten und erfolgreichen Geschäftsmann. Die Chiba-Group sollte eines Tages ihm gehören. Doch Masaru weigerte sich. Das Jurastudium mit Fokus auf Wirtschaftsrecht hat er angetreten, dann kam die große Krise nach dem Einbruch der Firmenaktien. Sie standen am Nullpunkt...Doch irgendwie kam sein Vater wieder zu Geld, auf unmögliche und unvertretbare Art und Weise. Das war der ausschlaggebende Punkt für Masaru sein Studium abzubrechen und etwas zu tun, dass er eher vertreten kann. Also begann er das Medizinstudium. 'Ärzte ohne Grenzen' wurde sein Ziel. Alles wurde anders...sein ganzes Leben drehte sich von heute auf morgen auf den Kopf. Daran waren alleine sie schuld. Sein Bus fuhr an, beinahe hätte er verschlafen einzusteigen. „Puuhh...“, schnauft Maya und setzt sich auf ihren Sitzplatz neben Hikari. Etwas verwirrt sieht sie um sich und tippt ihre Freundin an. Diese kommt aus den Tiefen ihrer Schultasche empor und zwinkert ihrer besten Freundin zu. Schnell zieht sie das Englischbuch und die Hausaufgaben für den heutigen Tag heraus. Natürlich perfekt ausgefertigt. „Sag mal, wo ist denn Kamiya-sensei?“, auch Maya holt ihr Englischzeug hoch, die Hausaufgaben, hat sie aber mal wieder vergessen. „Der kommt später...irgendwie untypisch. Vielleicht steht er im Stau oder so etwas. Hast du eigentlich die fünfte Aufgabe verstanden, das war ganz schön knifflig.“ Maya lacht: „Ich und Hausaufgaben? Sonst geht’s dir gut.“ Hikari zuckt mit den Schultern und sieht Maya vorwurfsvoll an: „Schon wieder? Wir haben bald Abschlussprüfungen und wie ich dich kenne, hast du nicht einmal mit dem Lernen angefangen.“ Unschuldig schaut Maya zur Seite und wirft einen Blick in ihren Terminkalender, den sie vor sich aufgeklappt hingelegt hat: „Also am Samstag wollte ich anfangen zusammenzufassen.“ Schnaufend verschwindet Hikari unter ihrem Tisch und holt einen dicken Ordner hervor: „Weißt du was das ist?“ Maya schüttelt den Kopf. Hikari kann sich ein abwertendes Seufzen nicht verkneifen: „Das sind meine Zusammenfassungen für japanische Geschichte. Für Englisch, Mathe, Japanisch und Physik habe ich nochmal jeweils so einen Ordner angefertigt.“ Ihr läuft es eiskalt den Rücken hinab: „Du hast noch mehr von denen?“ Hikari nickt und packt ihren Ordner wieder ein um ihren Terminplan herauszuziehen, dort Zeigt sie auf ein Datum, welches in den Sommerferien, des letzten Schuljahres liegt: „Seid diesem Tag fasse ich zusammen...Weißt du was das für eine Arbeit ist. Nächtelang saß ich daran und habe sogar den Stoff für dieses Schuljahr vorgearbeitet, damit ich alles möglichst schnell zusammen habe. Das Zusammenfassen ist nicht mal das schlimme. Das muss auch alles behalten werden.“ „Jetzt übertreib doch nicht so, es ist noch massig Zei-“ „DREI Monate!“ Maya wird es mulmig zumute. Sie vergräbt ihr Gesicht in ihren Händen: „Oh...mein...Gott...“ „Sag mal...du warst puterrot, als du ins Klassenzimmer kamst. Du kommst doch sonst nicht so schnell aus der Puste.“ Maya läuft augenblicklich erneut rot an. Da war ja die Sache von gerade eben. Sie stammelt unverständliche Worte vor sich her und kommt nicht zum Punkt. Hikari ahnt etwas und zieht eine Augenbraue wissentlich hoch. „Ein Junge? Du?“ „Wa...Nein. So wars nicht. Mich hats hingelegt und er hat mir aufgeholfen. Fertig! Ende der Geschichte. Kein Happy End.“ „Wie heißt er?“ Maya schlägt sich mit der Hand auf die Stirn und fällt dann verzweifelt auf den Tisch. Sie hat vergessen ihn zu fragen...oder sich selbst vorzustellen und ordentlich bedankt hat sie sich auch nicht bei ihm. Sie wird ihn nie wiedersehen, vielleicht war das auch in Ordnung so, glaubt sie. Was sie jedoch nicht ahnt, dieser Junge wird in Zukunft noch eine große Rolle in ihrem Leben spielen. Kapitel 2: ----------- <>LAUF!« Über Trümmern rennen sie – um ihr Leben – gemeinsam – durch die Nacht. Der Mond ist rot – sein Licht ist schauderhaft – immer schneller rennen sie. »SCHNELLER!!!!« Sie springen – es gibt kein Entrinnen – sie sind hinter ihnen her – größer – stärker. »MAYA, LAUF!« Es geht nicht schneller – vor ihnen öffnet sich der Boden – sie werden hinein gerissen. »Nimm meine Hand...« Er streckt ihr die Hand entgegen – zu weit weg – sie kann sie nicht nehmen. Die blauen Augen sehen sie an – ängstlich. „Aaaaaaahhh...haa...haa...haaa...“ «Nicht schon wieder dieser Traum.» Das war bereits das achte Mal seit ihrem letzten Treffen auf Masaru und seine Begleiter. Dies ist bereits mehr als eine Woche her. Und seit dem träumt sie immer das selbe. Die Bilder werden immer klarer, immer realer. Der Traum kommt jetzt öfter als früher. Doch wann hat das ganze angefangen? Wann hat sie das zum ersten Mal geträumt? Und warum? Alles Fragen auf die sie keine Antwort bekommt. Von wem auch. Sie steht auf und schlüpft in ihre Pantoffeln, die vor ihrem Bett noch verkehrt herum stehen, da sie sie gestern nur schnell abgestreift hat, bevor sie sich ins Bett gelegt hat. Ihr Körper ist verschwitzt und ihr Atem ist rasend genau wie ihr Herz. Sie macht sich langsam Sorgen um sich. Noch nie hat sie etwas dermaßen körperlich eingenommen, wie diese Geschehnisse. Sie stellt sich unter den kalten Strahl der Dusche und blickt erst nach oben, schließt dann ihre Augen und denkt an diesen verheißungsvollen Abend. Immer noch kann sie es nicht fassen, was da mit ihr geschehen ist. Sie wusste einfach plötzlich wie sie sich bewegen musste. Konnte die Bewegungen der Schatten beinahe voraussehen. Die Angst war weg. Sie war stark und mutig. Doch genauso schnell war sie wieder die selbe feige Maya wie zuvor. Woher kam das plötzlich? Sie steigt aus der Dusche, das Wasser tropft an ihrem schlanken Körper auf den schwarzen Granitboden mit dem das Bad befliest ist. Das Handtuch hängt bereits an einem Haken, dies nimmt sie runter und wickelt es um sich. Ein kleineres nimmt sie sich aus dem Schrank unter ihrem Spülbecken. Mit diesem trocknet sie ihr langes braunes Haar ab und wickelt es zu einem Turban hoch. Ihr Spiegelbild verrät bereits wie sehr sie neben sich steht. Ihr Augenringe sind dunkel und ihr Blick getrübt. Ihre Haut ist fahl und sie hat abgenommen (ihr Appetit ist quasi nicht mehr vorhanden). Sie seufzt, cremt sich das Gesicht ein und geht sich in ihrem Zimmer anziehen. Es ist Samstagmorgen acht Uhr. Eine untypische Zeit für sie. Tick, tack, tick, tack, tick, tack, tick, tack - Die massive Standuhr tickt unerlässlich in Kazuhitos Büro. Dieser hat sich an seinem Schreibtisch positioniert um seine 'Kollegen' zu empfangen. In seiner linken Hand hält er ein in dunkles Leder gebundenes Notizbuch. Sein Ein und Alles. Dort steht alles drin. Seit dem ersten Tag schreibt er sich jede Information, jede Spur, jeden Fehltritt und jede Errungenschaft hinein. Seine letzte Notiz: »Schlüssel (vermeidlich) gefunden« Das wars. Seit dem hat er keinen neuen Eintrag verfasst. Zu sehr ist er damit beschäftigt herauszufinden wie er weiter verkehren soll. Doch dabei sollen ihm seine geschätzten Mitstreiter helfen. Er reist mit seinen Gedanken in die Vergangenheit. Sein Streben nach der absoluten Macht, nach Ruhm und Ehre hat bereits vor langer Zeit begonnen. Er kann sich kaum daran erinnern, was damals geschehen ist, doch er weiß dass es eine göttliche Fügung, ein Zeichen war. Er war dazu bestimmt etwas großes zu werden. Er ist erwählt, die Quelle zu finden und sie zu nutzen. Erst war alles nur ein Hirngespinst. Eine kurze Notiz am Rande eines Lexikons, die ihn stutzig gemacht hat. Anfangs schenkte er dieser kleinen Notiz oder eher Kritzelei keine Bedeutung. Sie lautete: »Schatten sind das fleischgewordene Böse der Menschen. Sie bringen Unglück. Doch für die unter Euch, die wissen wie man sie nutzt, werden sie der Schlüssel zu Großem sein« Doch nach einiger Zeit öffnete er das Lexikon nochmal an selber Stelle. Die Notiz hatte sich verändert. Plötzlich stand da: »Finde die Schatten und den Schlüssel, der dir die Welt zu Füßen legt.« Etwas regte sich in ihm. Also untersuchte er erst das Lexikon. Er befand sich damals mitten im Studium der Archäologie. Sein Zeil war es die Firma seines Vaters zu übernehmen, dieser war zu dieser Zeit ein bedeutender Mann auf diesem Gebiet. Seine Firma finanzierte einige Ausgrabungen. Eigentlich wollte Kazuhito Archäologe werden und nicht in das Geschäft seines Vaters einsteigen. Das änderte sich jäh. Seine Interessen änderten sich. Er nahm das Fach Wirtschaft dazu. Er interessierte sich auf einmal für große Schätze, aber nicht wegen der Geschichte dahinter, sondern wegen des Profits den er daraus schlagen könnte. An der Tür klopft es. Sofort wird er aus seinen Erinnerungen gerissen, schüttelt kurz den Kopf, räuspert sich und bittet mit voller Stimme: „Herein.“ „Hngghhhhhh....GÄÄÄÄHN.“ Verschlafen blinzelt Masaru in die Sonne hinein. Sein Haar liegt durcheinander an seinem Kopf an und er trägt nichts bis auf ein graues ausgeleiertes T-Shirt und Shorts, als er runter zum Bäcker läuft um sich irgendwas zu essen zu besorgen. Ein kurzer Blick auf sein Handy verrät ihm, dass sein Vater ihn mehrmals versucht hat anzurufen. Wahrscheinlich wegen Komaki. Er ignoriert und löscht die Einträge und widmet sich dann seinen SMSn. Blake hat geschrieben, natürlich. Auch Takeru hat sich diese Nacht gemeldet. Erst ließt er sich Takerus SMS durch. »Montag geht’s wieder in die Schule. Ich bin tatsächlich in ihrer Klasse. Aber ich werde nicht den Kindergärtner für sie spielen. Damit das klar ist.« Blakes SMS fällt etwas freundlicher aus: »HEY ALTER. Warum warst du gestern Abend nicht dabei? Meine Kollegen haben dich schon vermisst. Taki-chan war auch kurz da. Kai-chan hatte aber keine Lust...woran das wohl liegt?« «Weil deine notgeilen Kollegen doch nur sabbernd vor ihr stehen würden.», denkt er sich tippt aber dann »War müde. Sehen uns später.« in sein Handy und betritt die kleine Bäckerei. Sie wird von einem deutschen Ehepaar geführt, das bereits seit zwanzig Jahren in Japan lebt. Das Brot und Gebäck hier sind sehr fein und besser als alles, was er je in seinem Leben gekostet hat. Er sucht sich zwei dunkle Brötchen und eine Nussschnecke aus dem Tresen, bezahlt und läuft dann wieder in seine kleine dunkle Wohnung hoch. Dort öffnet er erst einmal die Gardinen und kocht sich einen Kaffee. Alle Viere von sich gestreckt verweilt er vor dem Frühstück auf dem Sofa und lauscht den Nachrichten im Fernseher, ohne hinein zu sehen. Erst nach der Wetteransage beginnt er seine Mahlzeit, die er allerdings in kürzester Zeit verschlungen hat. Die Überbleibsel räumt er auf und zieht sich dann an, bevor er das Haus erneut verlässt. Mittlerweile ist es sehr warm und die Sonne erschöpft wieder einmal ihr volles Potenzial. Das Wetter spielt in letzter Zeit verrückt. Beben, Stürme in anderen Teilen und Länder, die enorme Hitze hier in Tokyo sowie die Tsunamis an den Küsten vieler Länder und Inselstaaten. Masaru ist in der Innenstadt angekommen, wo er routinemäßig erst einmal alle Gassen abläuft um zu prüfen, ob auch alles in Ordnung ist. Als er seinen Rundgang beendet hat fügt er sich in die Menschenmasse der Einkaufsmeile im Stadtteil Shinjuku ein. Wo ihm ein bekanntes Gesicht entgegenläuft. Es ist Maya die gedankenverloren auf den Boden sieht und der Musik lauscht, die durch die Kopfhörer in ihren Weg in ihr Gehör findt. Ihr Haar ist offen und es weht leicht in dem Wind, der durch die schnellen Schritte der Menschen um sie herum produziert wird. Sie trägt eine dunkelblaue Bluse, die sie locker in eine schwarze enge Jeans gesteckt hat. Die Bluse hat sie hochgekrempelt und ihr Handgelenk mit einer Uhr geschmückt. Ihre Schuhe sind einfache schwarze Ballerinas. Masaru ertappt sich dabei wie er ihr lange mit offenem Mund in ihr hübsches Gesicht sieht, das von ihrem vollen Haar umrahmt wird. Immer wieder fällt ihm auf wie schön sie ist. Er schüttelt den Kopf und gerade in dem Moment, indem Maya eigentlich an ihm vorbei läuft, packt er sie am Arm um sie aufzuhalten. „Was soll da- Oh Masaru...du bist es.“ „Guten Morgen.“ Nach einem kurzen Gespräch entscheiden die Beiden ein Café aufzusuchen. „Er weiß gar nicht, was er da eigentlich tut.“ „Das ist doch zweitrangig. Sag mal...warum trage ich eigentlich deine ganzen Tüten?“ Kairi wirft Blake einen kalten Blick zu und fährt mit ihrem Shoppingtrip fort. Gerade als Tochter einer Designerin muss sie immer up to date sein. „Sollen wir ihnen nicht lieber folgen?“ „Interessierst du dich für sie?“ „Hää? Wie kommst du darauf. Die ist gar nicht mein Typ. Weißt du das etwa nicht?“ Blake hat langsam die Nase davon voll, die Tüten zu tragen und versucht ihr ein paar abzugeben. Doch Kairi tut lieber so, als ob sie das nicht sehen würde. Stattdessen betrachtet sie ein Kleid in einem Schaufenster eines Designerladens. „Hast du noch etwas von Takeru gehört?“ Blake und sie betreten das Geschäft,, wo sie ohne auch nur einen Ton zu machen sofort bedient wird. Sie ist natürlich ein bekanntes Gesicht. Kein Wunder wenn ihre Eltern ein eigenes Modeimperium besitzen. Der Rummel um sie herum ist für sie Normalität und es scheint sie absolut kalt zu lassen. Ihr Umgang mit anderen Menschen ist immer gleich: abweisend und unfreundlich. „Hmm...habe gestern mit ihm getrunken. Ab Montag wird er mit Maya-chan in eine Klasse gehen.“ „Aha.“ Schon ist sie in die Umkleide verschwunden und probiert das Kleid an, welches noch kurz mit Stecknadeln an ihren filigranen Körper angepasst wird. Sie tritt aus der Kabine und betrachtet sich im Spiegel. Ihr Haar ist leicht gewellt und das helle Blond bildet einen Kontrast zum kräftigen Bordeaux des Kleides, welches ihren Körper perfekt umgarnt ohne zu aufsässig zu wirken. Mit einem kurzen Wink lässt sie verlauten, dass es ihr gleich an die Kasse gebracht werden soll. Erneut schlüpft sie in die Kabine und zieht wieder ihr schwarzes Maxikleid und die hohen Sandaletten an, die sie vorher getragen hat. „Glaubst du Masaru hat recht?“ Kairi sieht ihn nur kurz an ohne eine Antwort darauf zu geben. Dann geht sie an die Kasse und bezahlt das Kleid. „Kazuhito-sama, wie sollen wir verfahren?“ Kazuhito sitzt auf seinem Stuhl und hat nun Uzumaki, Chiba und Saguro vor sich versammelt, welche ihn allesamt erwartungsvoll ansehen. Der lüsterne Glanz in ihren Augen verrät sofort den Unterschied zwischen ihnen und ihm selbst. Er hat völlige Selbstkontrolle, sie nicht. „Wir werden die Sache erst einmal ihren eigenen Weg finden lassen. Wenn sie der Schlüssel sein sollte, werden wir alsbald eingreifen. Solange warten wir jedoch. Uns darf nicht noch einmal so ein Fehler unterlaufen. Habt ihr verstanden?“ Die Drei nicken einmal ehrfurchtsvoll. Kazuhito bittet sie dann aufzustehen und sein Büro zu verlassen. Nur Saguro bittet er zu sich. „Saguro-san. Gratuliere zu ihrer Verlobung.“ Dieser weiß erst gar nicht, wie er reagieren soll. Dann räuspert er sich und beginnt zu sprechen: „Vielen Dank. Aber eigentlich war das Ganze noch geheim.“ „Geheim? Vor mir? Ich bitte sie. Aber, nur unter uns, ist sie Ihnen nicht ein wenig zu jung?“ „Sagen wir es einmal so: junges Fleisch hält auch den Geist jung. Wenn sie verstehen, was ich meine.“ Auf diesen Kommentar reagiert Kazuhito nicht, sondern fährt gleich fort: „Damit sind sie der Möglichkeit, in die Nähe des Schlüssels zu kommen, natürlich einen großen Schritt näher gekommen.“, Kazuhito geht auf Saguro zu und sieht ihm kalt in die dunkelbraunen Augen, „Verschwenden sie diese Chance nicht. Sie wären nicht der Erste, den ich beiseite schaffen würde.“ Kazuhitos eiskalte Stimme schneidet durch den Raum wie eine Klinge. Obwohl er diese Worte nur geflüstert hat, hinterlassen sie bei seinem Gegenüber einen eisigen Schauer. Saguro verneigt sich und verlässt wortlos den Raum. Als ob nichts wäre, setzt sich Kazuhito wieder auf seinen Stuhl und wendet sich seinem Notizbuch zu, in welches er kurz etwas hinein schreibt. Diese kleinen Worte sind für Kazuhito anscheinend von Bedeutung. Doch er weiß nicht in wie fern sie oder die Situation ihm weiterhelfen werden. „Aha. So ist das also. Und du kannst nichts dagegen machen?“, Maya tut als ob sie das ganze kalt lassen würde, doch irgendwie hat sie das Gefühl, dass Masaru sie nicht so unberührt lassen kann. Gerade hat er ihr erklärt, dass er mit Komaki aus rein familiären oder eher geschäftlichen Gründen verlobt ist. Auch, dass er aus diversen damit zusammenhängenden Gründen nicht zuhause lebt hat er ihr erzählt. Er kann sich nicht erklären, warum er so ehrlich zu ihr ist. Aber er hat das Gefühl, er sei es ihr schuldig. „Woher kommen sie?“ Masaru weiß erst nicht was sie genau damit meint, doch ihr Gesichtsausdruck verrät es sofort. „Das wissen wir selber nicht so genau. Das einzige was wir feststellen konnten ist, dass sie sich vermehren wie die Karnickel. Es werden immer mehr und wir können nichts dagegen tun.“ „Aber es muss doch einen Ort geben, von dem sie kommen. Oder jemand der sie macht.“ «Wie viel kann ich ihr erzählen? Soll ich ihr die Wahrheit sagen?» Maya nimmt einen Schluck von ihrem Kaffee, ohne die Augen von Masarus Gesicht zu nehmen. Seine blauen Augen haben die selbe Farbe wie die in ihrem Traum. Ist der Mann an ihrer Seite etwa Masaru? Aber sie kannte ihn doch noch gar nicht, als die Träume in ihr Leben getreten sind. „Sie werden von den schlechten Gefühlen, den bösen Absichten und der Ängste der Menschen genährt. Es gibt einige wenige, die einen anderen Ursprung haben. Diesen konnten wir bis jetzt allerdings noch nicht klären. Eines ist aber klar: Den Kage sollte man sich nicht nähern. Vor allem du nicht.“ „Was wollen sie von mir?“ Masaru zuckt mit den Schultern, als ob er es nicht wüsste. Doch er kann es spüren. Ihre Aura ist besonders. Doch was es genau damit auf sich hat, kann er sich noch nicht ganz erschließen. Sie könnte der Schlüssel sein oder etwas ganz anderes. Kapitel 5: ----------- Lange wälzt er sich schlaflos im Bett, bevor er wieder aufsteht und das Fenster weit öffnet, um hinaus zu sehen. Er lehnt sich auf den Sims und sieht in den dunklen von Sternen gesprenkelten Himmel hinauf. Ihm lässt es einfach keine Ruhe mehr. Die Vermehrung der Schatten, das Treffen der Organisation und dann das mit Maya. Ständig schwirrt sie in seinen Gedanken umher, bereits seit ihrem ersten Treffen. Was ist es nur, dass dieses Mädchen an sich zu haben scheint. Ihre Augen sind grün, wie Baumwipfel eines Waldes, die von der Sonne wach geküsst werden. Ihr dunkles Haar, dass wie geschmolzene Bitterschokolade in verschiedenen Nuancen glänzt. Ihre erröteten Wangen... Er schüttelt den Kopf und schlägt sich mit beiden Handflächen mehrmals ins Gesicht. «Denk nicht einmal daran!» Er holt tief Luft und füllt seine Lungen mit der kühlen Frische der Nacht. Dann atmet er aus und sieht auf die Straßen unter ihm hinab. Keine Menschenseele ist dort. Warum auch? Schließlich ist es drei Uhr früh, da schlafen normale Menschen. Aber ihn ereilt natürlich mal wieder die Schlaflosigkeit. Würde er jetzt einschlafen, würde ihn wahrscheinlich erneut der Traum heimsuchen. Wieder so etwas, das ihm keine Ruhe lässt. Was hat er zu bedeuten? Kann es sein, dass er eine Vorahnung ist? Das Mädchen, welches er hinter sich herzieht kennt er nicht. Ihr Gesicht ist nur schemenhaft und verschwommen, er erkennt nie wie sie aussieht. Aber die Umgebung wird immer klarer. Ob das etwas mit den vergangenen Geschehnissen zu tun hat?   „Hrrrmmmmm...dann halt nicht.“ Wütend die Augen reibend rollt sich Maya aus ihrem Bett. Sie kann einfach nicht einschlafen. Versuchen tut sie es bereits seit mehreren Stunden. «Habe ich irgendwas vergessen? Hausaufgaben? Nein...die habe ich ausnahmsweise mal gemacht. Was soll ich nur tun?» Sie sieht sich in ihrem Zimmer um und erblickt den Stapel auf ihrem Schreibtisch. Alles Übungsbücher und Blätter für die Abschlussarbeiten. Tatsächlich läuft sie darauf zu und packt sich das erste Buch, das auf dem Stapel liegt. «Englisch? Das ist wohl Schicksal.» Den Rest der Materialien schiebt sie zur Seite, öffnet ihr Notizbuch und fängt an alte Abschlussprüfungen zu bearbeiten. Zwischendurch holt sie sich immer wieder eine Tasse Kaffee oder etwas zu essen. Ihre Hände fliegen über das Papier, während sie eine Aufgabe nach der anderen löst. Jede richtig bearbeitete Aufgabe gibt ihr neue Energie. Vielleicht liegt das auch an ihrem Schlafmangel, aber ihr Körper scheint genügend Energie aufzubringen, um richtig durch zu powern. Mittlerweile ist die Sonne aufgegangen und die Lichtstrahlen zwängen sich dezent durch die kleinen Schlitze ihrer Jalousien. Ihr Wecker klingelt wenig später. Er ist es auch, der sie aus ihrem Lernmarathon herausholt. Sie hat in den letzten 4 ½ Stunden fast ein ganzes Buch voller alter Prüfungsaufgaben durchgearbeitet. Das ist ihr noch nie zuvor gelungen. Was ist es nur, dass sie zu solch, für sie absolut untypischen, Aktionen bringt?   „Du machst ja ein Gesicht...Was ist los?“ Hikari wippt niedergeschlagen auf ihrem Stuhl hin und her. Maya befürchtet bereits, dass sie gleich hinten über kippt und sich weh tut, doch plötzlich schnellt Hikari vor und legt sich mit voller Wucht auf ihren Tisch. Ihr Gesicht ist fest auf die Platte gedrückt und ihre Hände umklammern die Kanten so stark, dass ihre Fingerkuppen weiß anlaufen. Bereits als Maya das Klassenzimmer betreten und ihre Freundin von weitem gesehen hat, hat sie gespürt, das etwas nicht stimmt. Allerdings sagt diese nichts, sondern schweigt lieber. Sanft streicht ihr Maya über die Schultern und setzt sich neben sie. „Nun sag schon. So habe ich dich nicht mehr erlebt seit...naja...du weißt schon.“ Damit meint sie den Tag, an dem Takeru nach Amerika gezogen ist. Der letzte Tag, an dem sie noch Freunde waren. Besagter betritt just in diesem Moment den Raum und hockt sich ohne ein Wort an seinen Tisch, wo er seine Mathesachen ausbreitet. „Hmmpfff...“, Hikari erhebt sich und atmet tief ein, „Kann ich dir das später erzählen?“ „Klar.“, antwortet ihre beste Freundin und packt ebenfalls ihre Unterlagen aus.   „Kazuhito-sama, sie haben Besuch.“ Kazuhito, der abwesend aus dem Fester sieht, nickt seinem neuen Sekretär nur einmal zu, ohne sich ihm zu zu wenden. Ein älterer Mann kommt in sein Büro hinein, seine Haare sind weiß, doch sein Gesicht ist noch jung geblieben. Die stahlblauen Augen scheinen den Mann am Fenster zu durchdringen, wie Pfeile. Ein sanftes Lächeln umspielt seine Lippen. Die Freundschaft zwischen den beiden ist etwas ganz besonderes. Ein Leben lang kennen sie sich nun, durch Dick und Dünn sind sie gegangen. Auch auf dieser Reise begleitet er ihn. „Glückwunsch.“, gratuliert ihm Kazuhito trocken und wendet sich seinem Freund Kaiki Kirihara zu. „Du weißt es also schon? Das war zu erwarten.“, dieser kann sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, „Allerdings scheint meine Tochter nicht so begeistert zu sein.“ „Das legt sich. Hikari muss sich nur an ihn gewöhnen. Saguro ist unverzichtbar für uns. Durch seine Verbindung zu Hikari, können wir auch Maya besser im Auge behalten. Wenn sie wirklich der Schlüssel ist, müssen wir alles daran setzen, sie vor den Wächtern zu verbergen.“ Die beiden setzen sich an den großen Eichentisch gegenüber. Kazuhito verschränkt die Arme vor seiner breiten Brust und lässt ein Schnaufen heraus. Vieles geht ihm dieser Tage durch den Kopf. Sein eigen Fleisch und Blut ist in etwas verwickelt, von dem er gehofft hatte, es würde nie geschehen. Die neuerlichen Aktivitäten der Wächter lassen ihm ebenfalls keine Ruhe. Die Schatten liegen weit hinter ihnen zurück. Sie müssen stärker werden. Dafür muss aber auch erst einmal gesorgt werden. „Du denkst ebenfalls an die Kage, nicht war? Sie werden immer schwächer...“ „Die Schatten waren unsere Chance. Aber...“ „Warum genau machen wir das? Du hattest eine Vision. Vergiss das niemals, mein Freund.“, erinnert ihn Kaiki nun etwas ernster daran. «Vision...er hat recht. Ich darf nicht von meinem Weg abkommen. Wir brauchen den Schlüssel um die volle Kraft aus den Quellen der Magie zu schöpfen. Nur der Schlüssel kann die verschlossenen Quellen öffnen. Mächtige Magier haben sie versiegelt, um das Gute zu bewahren...Narren. Die Macht, die uns hierdurch zuteil wird, ist unermesslich und wird uns zu den Herrschern über diese Welt machen. Wahre Schönheit findet sich nur in der Dunkelheit.»   „Wie bitte? Das ist nicht dein Ernst.“, Maya scheinen die Augen aus den Höhlen zu fallen und sie verschluckt sich an ihrem Bento. Schnell wischt sie sich die Krümmel aus dem Gesicht und sieht ihre Freundin eindringlich an: „Er hat das nicht wirklich getan...“ „'Saguro ist eine Bereicherung für diese Familie und für die Firma. Er wird einmal an der Spitze stehen und dies wird durch eine Heirat mit dir noch einmal zusätzlich legitimiert. Es ist zum Wohle unserer Familie, mein Kind.' Ich könnte kotzen!“ Verdattert, aber wütend zu gleich legt Maya ihre Bentobox zur Seite und umfasst die Hände ihrer besten Freundin, dabei tief in ihre Augen blickend sagt sie ohne mit der Wimper zu zucken: „Ich bringe ihn um!“ „Ist das nicht etwas übertrieben?“, bei diesen Worten verdreht Hikari die Augen und nimmt anschließend einen Schluck von ihrem Apfelsaft. „Nope. Warum auch? Saguro ist ungefähr...steinalt. Er könnte quasi dein Vater sein...naja geschweige denn er hat mit 18 sein erstes Kind bekommen...Du weißt was ich meine. Ich verstehe deinen Vater nicht. Er ist doch so lieb und so sanft...“ Hikari zuckt mit den Schultern: „Tja...anscheinend wohl nicht.“ Bei dem Gedanken an Saguro erzittert Maya. Sie kennen ihn bereits seit seinem Einstieg in die Firma der Kiriharas. Damals war er 25 und sie waren 7. Schon zu der Zeit kam er ihnen gruselig vor. Er hatte immer diesen Blick...einen Blick der einen erschaudern lässt. Man kann nie genau sagen, was er denkt. „Was willst du jetzt tun? Kannst du nicht dein Veto -“, Hikari lässt ihre Freundin nicht einmal aussprechen. „Glaubst du echt, ich habe noch eine Wahl. Sobald ich die Schule beendet habe, läuten die Hochzeitsglocken. So lang ist das nicht mehr.“   „Wie darf ich Ihnen behilflich sein?“, beginnt Blake mit seiner tiefen warmen Stimme ein alltäglich scheinendes Kundengespräch. „Es geht um dieses Konto.“, der Kunde hält ihm Papiere mit den Kontodaten und diversen anderen Informationen hin. Dieses beäugt Blake lange und tippt alles sorgfältig in sein Computerprogramm ein. „Hmmm...es heißt dieses Konto gehört zu Kirihara Kaiki...sie sehen mir aber etwas jung aus, wenn ich das anmerken darf.“ „Es ist das Konto meines bald Schwiegervaters. Ich habe hier eine Vollmacht.“, er hält ihm während er das sagt Kaikis scheinbare Vollmacht hin. Auch dieses Papier schaut sich Blake genauer an. „Die Unterschrift scheint mir übereinzustimmen. Aber sind Sie sich bei dem Betrag sicher?“ Sein Gegenüber sieht ihn ernst an und nickt: „Sehe ich aus, als würde ich scherzen? Stellen sie keine dummen Fragen, sondern übertragen sie den Betrag. Hierbei geht es um Firmen interne Finanzierungen, mit denen ich beauftragt wurde. Das sollte auch im Verwendungszweck stehen.“ „Als Dauerauftrag?“ Der Kunde tippt nur erneut auf das Papier. „Mhm...“, wieder tippt Blake einiges in seinen Computer. Normalerweise ist er für das Management und den Bürokram zuständig. Er ist den Kundenkontakt kaum mehr gewohnt, allerdings häufen sich in letzter Zeit die Ausfälle in seiner Bank, daher muss er auch mal an den Schalter und solche Arbeiten ausführen. „So, dann sehen wir mal nach. Korrigieren Sie mich, falls etwas nicht stimmt. Satoshi Saguro, Geburtsdatum 15. April, Verwendungszweck 'Firmen interne Finanzierungen', Dauerauftrag für jeden siebten des Monats, Betrag 1.000.000 Yen. Stimmt das alles soweit?“ Saguro nickt. Er zeigt nach außen hin keinerlei Gefühlsregung. „Dann lassen sie mich dass schnell ausdrucken, danach brauche ich noch Ihre Unterschrift und das Siegel.“   „Takeru ist auch nicht mehr der selbe.“, versucht Maya abzulenken, „Er hat uns nicht einmal angesehen.“ „Höchstwahrscheinlich, weiß er schon Bescheid. Oder er erkennt uns nicht wieder. Oder was weiß ich...“, man merkt Hikari ihre Unlust förmlich an. Doch Maya hat recht, Takeru wirkt kalt und abweisend, als ob er seine alten Freunde vergessen hat. Nicht ein einziges Mal hat er sich zu ihnen umgedreht. Seine Vorstellung vor der Klasse ist auch sehr kurz ausgefallen: Name, Alter, Woher er kommt, fertig. Früher ist er ein so redelustiger Junge gewesen. Wo ist das hin? Es gongt und der Unterricht beginnt wieder, woraufhin sich die beiden Freundinnen, so wie der Rest der Schüler in ihr Klassenzimmer begeben.   „Man untergliedert das ZNS in Substantia grisea und Substantia alba...“ Gedankenverloren schaut Masaru auf seinen Notizblock, allerdings macht er sich weder Notizen, noch hört er dem Professor zu, der gerade vom Zentralen Nervensystem erzählt. Vor kurzem hat er eine SMS von Blake erhalten, die sehr dringlich klingt: »Saguro transferiert große Mengen an Geld. Angeblich im Wissen Kiriharas, aber ob das so stimmt...Heute Abend bei mir!« Was will er mit all dem Geld? Reicht ihm die Verlobung – von dieser haben die Freunde natürlich durch Takeru erfahren – nicht aus, um in die Nähe von Maya zu gelangen? Welches Ziel verfolgt dieser Mann? Auch Masaru kennt Saguro. Die beiden sind sich schon oft auf Banketts und ähnlichem begegnet. Dass er in die Suche nach der Quelle und dem Schlüssel verwickelt ist, hat er nie ausgeschlossen, aber dass er so tief drin steckt erschreckt ihn schon sehr. „Bitte befassen sie sich bis zur nächsten Vorlesung mit dem Aufbau des ZNS. Dieser ist für die Klausur äußerst relevant.“ Mit diesen Worten entlässt der Professor den mit Studenten gefüllten Hörsaal. Masaru packt seine Sachen in einen schwarzen Rucksack und wirft sich diesen über die Schulter. Wieder vibriert sein Handy. Er sieht auf den Display. «Komaki...» Wieder lässt er das Telefon in seine Tasche gleiten. Komaki ist auch so ein Fall für sich. Unreif, vorlaut und hochnäsig. Maya ist ganz anders. Sie ist...er kann es kaum in Worte fassen. Immer wieder drängt sich ihr Gesicht in seine Gedankengänge. „Argh....nein! Lass das Masaru. Konzentriere dich!“, sagt er laut zu sich selbst. Verdutzt und als ob sie einen Geistesgestörten vor sich stehen hätten, sehen ihn die Studenten um ihn herum an. Dies scheint er jedoch nicht zu bemerken und führt unbeirrt seinen Weg fort. Wie kann er es schaffen, Maya aus all dem herauszuhalten? Erneut denkt er an den gestrigen Tag, als sie sich zufällig über den Weg gelaufen sind und gemeinsam im Café waren. Am liebsten hätte er sie gepackt und ganz weit weg gebracht, weit weg von alle dem, was hier passiert. Noch nie hat er so etwas für eine fremde Person gespürt. Glauben die Schatten wirklich sie sei der Schlüssel? Was will Saguro mit so viel Geld? Kann er Maya irgendwie von den Schatten fernhalten? Er erhofft sich bei dem Treffen heute Abend vielleicht ein paar Antworten zu bekommen.   Kapitel 6: ----------- „Hmm...“ Takeru macht ein nachdenkliches Gesicht. Gemeinsam mit der Truppe sitzt er bei Masaru im Wohnzimmer an dem winzigen Couchtisch, der mit Süßigkeiten und Getränken bestückt ist. „Das macht doch alles überhaupt keinen Sinn.“, wiederholt Blake. Er ist sich sicher, dass das alles nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Aber auch Stunden später, kommen die vier einfach auf keine Lösung, die Saguros Verhalten erklären könnte. „Er heimst sich die Kohle einfach selbst ein. Punkt. Vielleicht ist das alles.“, erschöpft murmelt Masaru diese Worte. Auch ihm gehen langsam die Einfälle aus. Im Grunde genommen ist ihm das auch egal, es gibt schließlich wichtigeres. „Dafür einen solchen Aufwand betreiben? Ich kenne Saguro sehr lange, er hat nie einen Finger krumm gemacht, aber eingeheimst hat er dennoch irgendwie.“, Takeru greift nach seiner kurzen Charakterisierung in die Schüssel mit den Gummietieren und nimmt sich eine Handvoll heraus. „Aber warum dann die Verlobung? Wenn er an den Schlüssel wollte, würde er nicht eher in die Nähe dieser Maya wollen?“, fragt sich Blake laut. Das scheint Masaru nicht zu gefallen, der sofort aus seiner halb liegenden, halb sitzenden Position aufschnellt. „Das ist doch Quatsch. Sie hat mit all dem nichts zu tun. Es handelt sich sicher um ein großes Missverständnis.“ „Wie bei Shinji?“, fragt Kairi kurz angebunden. Masaru scheint einen wunden Punkt berührt zu haben. Schon einmal ist dieser Schattenorganisation ein Fehler unterlaufen und schon einmal musste eine Person sterben. In diesem Fall war es Kairis Zwillingsbruder Shinji, den die Schatten vor einigen Jahren fälschlich als Schlüssel identifiziert haben. „So meinte ich das nicht.“, Masaru senkt seinen Kopf und flüstert die Worte entschuldigend. „Nochmal zu dem Mädchen zurück. Ist sie nun der Schlüssel oder nicht? Was meint ihr?“ Takeru rümpft die Nase und zuckt mit den Schultern, Kairi nimmt lieber einen Schluck Grapefruitsaft ohne ihre Meinung Preis zu geben, Masaru indes verschlägt es die Sprache. Was ist sie nun? Ist sie der Schlüssel, den sie so fieberhaft suchen?   „WOW! Danke Papa.“ Maya fällt ihrem Vater um den Hals, als sie das Armband entgegennimmt, welches er ihr von seiner Reise mitgebracht hat. „Es ist nicht viel und es entschädigt nicht für meine ständigen Auslandsaufenthalte. Aber ich hoffe sehr, dass es dir gefällt.“ Maya nickt aufgeregt und legt das dünne silberne Armband gleich an. Es funkelt hell und trägt einen kleinen runden Anhänger in der Mitte, der aus einem wunderhübschen rubinroten Ornament besteht. Müde und abgekämpft lässt sich Kazuhito in das Sofa fallen und schließt kurz die Augen. In Gedanken lässt er die letzten Tage und Wochen noch einmal Revue passieren. Noch immer fällt es im schwer zu akzeptieren, dass ausgerechnet seine Tochter den Schlüssel in sich tragen soll. Andererseits ist er seinem Ziel dadurch so nah. Der Hunger nach Macht ist größer als alles andere. „Wie lange bleibst du diesmal?“, fragt ihn Maya freudig und setzt sich neben ihren Vater auf das große gemütliche Sofa. Dieser öffnet seine Augen und blickt seine Tochter wehleidig an. „Nicht so lange...bereits in drei Tagen muss ich wieder nach Amerika. Ich bin nur hier, um die Verlobung Saguros zu feiern.“ Bei diesen Worten zuckt seine Tochter merklich zusammen. Dies ist kein feierlicher Anlass. Dieses lüsterne Schwein will ihre beste Freundin heiraten «Das kann er sich sonst wo hin stecken...», denkt sich Maya wütend. Ihr Vater räuspert sich kurz aber kräftig, um ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn zu richten. Maya reagiert sofort. „Du bist natürlich auch eingeladen. Für diesen Anlass habe ich dir auch etwas mitgebracht. Es passt sehr gut zu dem Armband.“ «Was das wohl sein mag?» Kazuhito erhebt sich schwerfällig aus dem weichen Sofa und öffnet erneut seinen Koffer, diesmal holt er einen großen schwarzen Kleidersack heraus, in dessen Mitte sich ein Reißverschluss befindet. Wortlos hält er es seiner Tochter hin. Langsam öffnet sie den Reißverschluss und holt das heraus, was sich im inneren befindet. Es ist ein kurzes dunkelrotes Kleid, welches nach hinten hin immer länger wird. Die Ärmel sind lang und eng anliegend, der Stoff ist weich und fühlt sich sehr angenehm an. „Trag das bitte auf der Feier.“, bittet sie Kazuhito und macht sich auf ins Schlafzimmer zu gehen und sich schlafen zu legen.   „Hübsch siehst du aus. Beinahe wie deine Mutter.“, merkt Kazuhito an, als er Maya das erste Mal in dem Kleid sieht. Ihr langes Haar hat sie zu einem eleganten seitlichen Knoten gebunden, den sie lässig im Nacken trägt. Lange Ohrringe schmücken ihre Ohren und das Armband ihres Vater baumelt an ihrem Handgelenk. Eine feine silberne Kette ziert ihren schlanken Hals. Sie trägt simple schwarze Pumps mit einem relativ hohen Absatz. „Bist du soweit?“ Maya nickt. Eigentlich hat sie auf diese ganze Chose keine Lust. Es geht schließlich um die Verlobung ihrer Freundin... Gestern Abend hat sie versucht Takeru zu erreichen. Sie kann es einfach nicht fassen, dass ihn das so kalt lässt. Schließlich waren die drei mal beste Freunde. Und hatte er ihr nicht ein Versprechen gegeben? „Dann lass uns aufbrechen, der Wagen wartet bereits.“, fordert ihr Vater sie zum Gehen auf. Der Himmel ist grau und Wolken behangen, es regnet und der Wind bläst aus allen Richtungen. Genau wie damals...   » „Oh Gott, oh Gott, oh Gott...“ „Das ist nur Wasser du Weichei!“ „Aber mein Kleid ist ganz neu. Ich will es nicht schmutzig machen!“ „Wer trägt denn auch ein Kleid, wenn man im Wald spielt?“ „Kein normaler Mensch.“ Takeru und Maya lachen lauthals und rennen ihrer, um ihr brandneues Kleid besorgten Freundin voraus. „Jetzt wartet doch. Können wir uns nicht wo unterstellen, bis es aufhört?“ „Au ja!!! Lasst uns eine Höhle suchen.“, schlägt Maya begeistert vor. In ihrer linken Hand hält sie noch einen dünnen Ast, den sie bei ihrem gemeinsamen Spiel zuvor als Schwert verwendet hat. „Super Idee! Wir sind Abenteurer, die von ihrem Weg abgekommen und in einen Sturm geraten sind.“ „Und was ist mit der Heulsuse?“, lacht Maya. „Ha ha, sehr witzig.“, gibt Hikari trocken zurück, „Ich mag nicht mehr lang laufen. Wir haben genug gespielt.“ „Du warst die Prinzessin und hast nur auf dem fetten Stein gesessen. Davon wird man doch nicht müde.“, erinnert sie Takeru. Mittlerweile sind sie ziemlich weit im Wald drin, es wird immer dunkler um sie herum, doch es kommen auch weniger Regentropfen durch das dichte Blätterdach der Bäume. Takeru ist für seine zarten 11 Jahre ziemlich groß, sein blondes wuscheliges Haar klebt ihm nass im Gesicht. Seine warmen braunen Augen strahlen. Er ist in seinem Element. Hinter ihm hechelt immer noch Hikari, deren zu einem akkuraten Bob geschnittenes aschblondes Haar mittlerweile in alle Richtungen absteht. Ihr weißes mit hellblauen Blumen verziertes Kleid ist genau wie der Rest ihrer Kleidung klatschnass und klebt an ihrem feinen, viel zu klein geratenen Körper. Maya ist jetzt stehen geblieben, um auf ihre Freunde zu warten. Ihr langes dunkelbraunes Haar ist zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, der nun genau wie ihr Pony schlapp herunterhängt. Sie trägt eine an den Knien aufgerissene und mit grünen Grasflecken gesprenkelte dunkelblaue Jeans und ein kurzes graues T-Shirt mit einem großen Herz in der Mitte. Ihre Wangen sind von dem Sprint noch gerötet. „Wisst ihr eigentlich wo wir hier sind?“, fragt Hikari, die sich versucht hat etwas zu orientieren. Nun blicken sich auch Takeru und Maya um. Sie scheinen ebenfalls die Orientierung verloren zu haben. „Ähm...“, beginnt Takeru, „Hmm...nein.“   Lange sehen sich die drei Freunde um, doch sie wissen nicht mehr aus welcher Richtung sie gekommen sind. Hikari plumpst weinend in den Waldboden: „Wir werden hier sterben.“ Große dicke Tränen rinnen ihr über das kleine Gesicht. Sofort eilt Maya herbei und nimmt sie in den Arm: „Mach dir keine Sorgen, Takeru bringt uns hier raus.“ „Warum ich? Ich hab doch auch keine Ahn-“ „Shhhhhhhh“ „Ähm...ich meine...Klar. Ich weiß wo's lang geht.“ Die beiden wollen ihre weinerliche Freundin nicht noch mehr verunsichern. Diese reibt sich die Augen um mit dem Weinen aufzuhören. Das Plätschern des Regens wird immer leiser und es kommen noch weniger Regentropfen auf dem feuchten Waldboden auf. „Es muss wohl aufgehört haben zu regnen. Vielleicht finden wir so besser hier raus.“ Plötzlich hören die Drei ein Rascheln. Es kommt von rechts. Sofort drücken sie sich aneinander. „Das war sicher nur ein Vogel oder ein Eichhörnchen.“, versucht Maya sie zu beruhigen, doch just in dem Moment raschelt es wieder und lauter. Ohne Vorwarnung laufen Takeru und Hikari weg. Maya versucht ihnen zu folgen, fällt aber hin und schlägt sich den Kopf an. Regungslos liegt sie auf dem nassen Boden. In ihrer Ohnmacht träumt sie von roten Augen.   Als sie wieder zu sich kommt ist es mittlerweile dunkel. Von überall her sind Rufe zu hören. Ihr Name. Es ist ihr Name den sie da rufen. Vorsichtig setzt sie sich auf und reibt sich ihren kleinen Kopf. „Ich bin hier!“, schreit sie mit der Kraft, die sie noch aufbringen kann. Schnelle Schritte nähern sich ihr. Und auf einmal befindet sie sich in einer festen Umarmung: „Ach Maya! Ich habe mir solche Sorgen gemacht.“   „Was?“ „Es steht schlecht um sie. Sie hat sich sehr stark verletzt. Das Auto kam und hat sie übersehen. So schnell wie die Beiden auf die Straße gerannt sind...“ Maya kullern große Tränen über ihr zerkratztes Gesicht. Hikari wurde auf dem Heimweg von einem Auto erfasst und liegt nun im Krankenhaus. Ihr Zustand ist ungewiss. Was mit Takeru ist, weiß sie nicht. „Können wir sie bitte besuchen? Bitte Papa!!“, fleht sie Kazuhito an. Das wäre niemals geschehen, wenn sie nicht so tief in den Wald hineingelaufen wären. Davon ist Maya überzeugt. „Ich weiß nicht...“ „Bitteeeeee!“«   Maya wird aus ihren Gedanken gerissen. „Wir sind da.“ Kazuhito ist bereits ausgestiegen und hält seiner Tochter seine große Hand entgegen, die sie greift, um sich aus dem Wagen helfen zu lassen. Sie staunt nicht schlecht. Schon ewig war sie nicht mehr in der Villa der Kirihara Familie. Diese ist weiß mit grauen Fensterrahmen. Das Dach ist dunkelgrau und im vorderen Teil des Hauses befinden sich einige Terrassen. Der Vorgarten ist grün und voller Laternen die den Weg zum Eingang säumen. Auch die Kirschbäume, welche natürlich nicht blühen, sind voller kleiner Lämpchen, die strahlen wie Glühwürmchen. Als sie die Villa betreten ist Maya von der Wucht erschlagen. Die Wände sind reich verziert. Überall stehen große Vasen mit noch gigantischeren Blumengestecken. Lilien...diese Blumen mag Hikari nicht einmal. Viele Leute bahnen sich den Weg an Maya und ihrem Vater vorbei. Das Gebäude ist mit herausgeputzten Frauen in übertriebenen Kleidern und Männern in dunklen Anzügen gefüllt. Sie folgen dem Menschenschwall und lassen sich von ihm mitziehen. Der Weg führt sie in einen großen Saal. Auch dieser erstrahlt hell und ist mit Blumen und Girlanden geschmückt. In einer Ecke des Raumes erhascht Maya einen Blick auf ihre Freundin. Diese scheint, wie zu erwarten, nicht gerade glücklich. „Du entschuldigst mich.“, bittet sie ihren Vater und geht auf die niedergeschlagene Hikari zu.   «Warum bin ich nochmal hier?», fragt sich Masaru sichtlich angenervt. Alles ist ihm zu bunt und hell. Die Menschen zu aufgesetzt freundlich und fröhlich. Es riecht überall nach Chanel N°5, also übersetzt nach abgestandenen alten Frauen. Aufgeregt zuppelt es an seinem Ärmel. „Sieh mal! Die da trägt das Kleid schon zum zweiten Mal. Erst letztes Jahr hatte sie es auf der Weihnachtsfeier der Suzukis an. Wie dumm es aufzutragen.“ Masaru verdreht seine Augen und versucht sich von ihr zu lösen, ohne dass sie es merkt. Es gelingt ihm und er kann ein wenig in der Menschenmenge untergehen. Aus einer Ecke des Raumes ertönt traditionelle Live-Musik, welches gegen das ohrenbetäubende Gelächter anzukämpfen versucht. «Die Armen...» Einige Zeit blickt er sich in dem Raum um und ist erstaunt, als er ein bekanntes Gesicht erblickt. „Maya...“, flüstert er und geht wie von Zauberhand geführt auf sie zu.   „Mhm...was hast du jetzt vor?“ Hikari kämpft mit den Tränen und ihre Stimme bricht immer wieder. Sie kann es noch immer nicht fassen, dass ihr Vater das wirklich durchzieht. Da sie eh kein richtiges Wort mehr über die Lippen bekommt, zuckt sie mit ihren Schultern und setzt sich wie ein kleines Häufchen Elend auf einen bereitstehenden Hocker. Zu gerne würde ihr Maya helfen. Doch was kann sie schon ausrichten? Kirihara-san wird niemals auf sie hören. Und ihren Vater auf ihn anzusetzen hat ebenfalls zu nichts geführt. Immer wieder hat sie überlegt, was sie tun könnte, allerdings weiß sie genau, dass es nichts bringt. Niedergeschlagen lehnt sie sich an die kühle Wand und blickt an die weiße Stuckdecke. «Was würde ich an ihrer Stelle tun? Warum ist Takeru nicht hier? Er ist derjenige, den sie jetzt wirklich braucht...»   »Ängstlich öffnet sie die Tür zum Krankenzimmer in dem ihre Freundin liegt. Doch sie ist nicht alleine dort. Sie erkennt Takerus blondes Haar. Sein Gesicht ist in seinen Armen verschwunden. Seine Schniefer und Seufzer sind hallend im gesamten Raum zu hören. Maya wartet am Türrahmen gelehnt. Sie will das nicht unterbrechen. Plötzlich erhebt sich Takeru und nimmt Hikaris Hand in seine: „Ich weiß nicht, ob du das hier hörst. Aber ich schwöre, nie wieder gemein zu dir zu sein oder dich auszulachen. Ich werde immer auf dich warten, du musst nie wieder hinter mir herlaufen. Bitte, bitte wach wieder auf. Ich bin doch nicht mehr lange hier...Aber ich komme zurück und dann...und dann heiraten wir. Du und ich! In echt. Das schwöre ich hoch und heilig!“ Hikaris Gesicht zuckt. Vielleicht hat sie ihn ja gehört...   Wenige Tage später ist es dann soweit. Takeru muss tatsächlich das Land verlassen. Hikari ist zwar aufgewacht, darf aber das Krankenhaus nicht verlassen. Der Abschied fiel sehr kurz aus. Takeru hat seine Worte nie wiederholt. Nur Maya hat sie gehört und erst viele Jahre später an ihre Freundin weitergetragen. Hikari war schon immer in Takeru verliebt. Bereits im Kindergarten hat sie von ihm geschwärmt und selbst in der Grundschule, als Takeru sie immer geärgert hat, hatte sie nur Augen für ihn.«   Sie versteht sein aktuelles herzloses Verhalten einfach nicht. Kein einziges Wort hat er an sie gerichtet. Bedeuten ihm die Worte von damals nichts? Es ist als sei er über die Straße gerannt, ohne sich umzudrehen, wie damals. Nur diesmal ist im Hikari nicht hinterhergelaufen, zu groß ist die Gefahr, dass sie sich wieder verletzt, deshalb ist sie lieber auf der anderen Straßenseite stehen geblieben. Aber was hat es ihr gebracht? Nach einiger Zeit tippt ihr jemand an die Schulter und sie sieht überrascht in Masarus Gesicht. „Oh...was machst du hier?“, fragt sie ihn erstaunt. Er setzt ein schiefes Lächeln auf: „Ich wurde gezwungen. Und du?“ „Die Hauptperson ist meine beste Freundin...“, antwortet sie ihm betrübt. Erst jetzt merkt sie, dass Hikari nicht mehr an ihrem Platz sitzt. «Wo ist sie hin?» Es bebt plötzlich, die Lichter gehen aus und Schreie sind zu vernehmen. Von draußen hört man lautes Donnergrollen und den Wind heulen. Das Beben wird immer stärker, so dass Vasen und Bilder hinunter fallen und am Boden mit lautem Klirren zerschellen. Maya wird hinunter gezogen, doch Masaru kann sie halten, so dass sie nicht fest aufschlägt. Mayas Kopf schwirrt ihr und ihr wird schwindelig. Wieder beginnen die höllischen Kopfschmerzen, die beinahe nicht auszuhalten sind. Tische und Stühle fallen runter und mehr zerschellendes Glas ist zu hören. „Was geht hier nur vor?“ Kapitel 7: ----------- [Bitte entschuldigt, dass das neue Kapitel so lange auf sich hat warten lassen. Es lag zwar fertig auf dem Laptop (sowie die nächsten 5 auch), aber durch die Klausurenphase, einige arbeitsaufwändige und -intensive Aufgaben für mein Praktikum und dann noch die Arbeit, habe ich es kaum an meinen Laptop geschafft (außer zum arbeiten natürlich xDDD). Hoffe dennoch sehr es gefällt Euch. Lasst es mich doch bitte in den Kommemtaren wissen. Auch für konstruktive Kritik bin ich mehr als offen :) ] „Was zum Teufel...“ „Das war nicht so vorgesehen. Kazuhito...“ „Wer ist dafür verantwortlich?“ „Wir müssen das unterbrechen. Sie dürfen hier nicht auftauchen.“ „Kazuhito-sama, die Schatten entwickeln ein Eigenleben.“ „Das ist nicht möglich Saguro! Halte sie auf, sofort!“   „Maya! Maya! Was ist los?“ Maya krallt sich in Masarus Arme, der sie schützend festhält. Ihr Kopf scheint im nächsten Moment zu zerbersten und ihr Herz schlägt unregelmäßig und rapide. Immer wieder schieben sich die roten Augen in ihr Gedächtnis. „Es soll aufhören!“, fleht sie mit bebender Stimme. Etwas scheint von ihr Besitz zu ergreifen, ihren Körper einzunehmen. „Was soll aufhören?“ Masaru weiß nicht was er tun soll. Hilflos versucht er sie irgendwie zusammen zu halten, da er Angst hat, dass sie sonst auseinanderbricht. Sie zittert am gesamten Leib, kalter Schweiß rinnt über ihren Körper und ihr Puls ist viel zu hoch. Ein Blitz fährt durch Mayas Körper und wieder bricht sie zusammen, diesmal in Masarus Armen, der sie nun fest an seine Brust presst.   »Versuche nicht, es abzulehnen.«   » Wer spricht da?«   »Du hast keine Chance gegen mich. Ich bin ein Teil von dir, länger als du es wahrhaben möchtest.« Kälte, Maya fühlt nichts als Kälte. Ihr Herz scheint wie gefroren. Etwas will sich den Weg in ihr Bewusstsein bahnen. »Warum nimmst du es nicht an? Wovor hast du Angst?« „-ya...Maya- MAYA...“ Wer ruft da nach ihr? Diese Stimme... Eine dunkle Hand greift nach ihr. »NEIN!« Sie wehrt sie ab. „Maya!! Komm zu dir.“ »Wo bist du?« Diese warme Stimme. Sie ist alles, was sie braucht. »Nimm mich an!«   »Niemals.«  »Du schwaches Kind! Das ist ein großer Fehler« „Maya!!“   Ihre Augen weiten sich und sie atmet tief ein. „Gott sei Dank!“ Sie wird in warme starke Ame gezogen. „Ma- Masaru?“, ihre Stimme ist leise und heiser. Was ist gerade geschehen? Was hat da zu ihr gesprochen? Wer ist das da in ihr? Es ist dunkel um sie herum, kein Ton ist zu hören, bis auf das leise und weit entfernte Plätschern des Regens in der Nacht.  „Wo bin ich?“ „Du bist in meiner Wohnung. Ich musste dich von dort wegbringen...“ Maya schreckt hoch und sieht sich um. Dieser Ort kommt ihr wirklich nicht bekannt vor. Eine kleine Kerze brennt auf einem niedrigen Tisch. „Leider habe ich nur die eine Kerze. Ich bin merklich schlecht auf einen Stromausfall vorbereitet.“ „Was ist passiert?“, fragt Maya verschreckt. Masaru drückt sie sanft in das Sofa zurück. „Mach dir keine Sorgen, es ist alles gut ausgegangen.“ „Nein! Was ist mit Hikari und Vater?“ „Hmm...die Verlobungszeremonie wurde unterbrochen und die Gäste nach dem Beben weggeschickt. Ich weiß nicht, wer dein Vater ist, aber nach dir hat niemand gesucht. Ich dachte du seist alleine dort.“ Masaru kratzt sich am Kopf und steht auf. „Ich hol dir etwas zum trinken und vielleicht ist dieses Kleid nicht gerade das praktischste.“ Auf leisen Sohlen verlässt er den Raum, der das Wohnzimmer zu sein scheint. Neugierig blickt sie sich um, das schwache Kerzenlicht flimmert auf dem Tisch. Sie ist in eine Wolldecke eingepackt, die sie näher an sich heranzieht, während sie sich aufsetzt und gegen das Sofa lehnt. Es ist weich, aber ein wenig durch gesessen. Ihr Blick fällt auf einen kleinen Beistelltisch neben ihr, der etwa so groß wie ein kleiner Hocker ist. Darauf scheint etwas zu liegen, allerdings macht es das schwache Licht der Kerze schwer, zu erkennen was es ist. Wieder sind Schritte zu vernehmen und Masaru betritt wieder das übersichtliche Wohnzimmer. In seiner linken Hand hält er ein Glas, welches er Maya reicht. In der rechten Hand hält er ein T-Shirt und eine Hose, beides legt er neben Maya. „Trink das erst einmal. Danach kannst du dich im Bad umziehen...Naja, nur wenn du willst.“ Maya nimmt das Glas dankend an und trinkt es mit großer Hast aus. Sie ist durstiger, als sie gedacht hat. Sie nimmt auch die Kleidung entgegen und geht in das Bad, in der anderen Hand die kurze Kerze haltend, die ihr Masaru reicht, damit sie den Weg findet.   „Wer auch immer dafür verantwortlich ist, wird das büßen! Habt ihr mich verstanden?“ „JA!“ Kazuhitos Wut ist unaufhaltsam. Die Ader auf seiner Stirn ist dick angeschwollen und sticht merklich und blau hervor. Seine Augen sind mit Mordlust gefüllt. Die Luft in dem Raum ist sehr angespannt. Keiner traut sich nur einen Laut hervorzubringen. Die Tür öffnet sich und Kirihara-san betritt den Raum. „Ich habe alle Aktivitäten Protokolle durchsehen lassen. Der letzte Auftrag-“ „Nun rück schon raus!“ Kazuhito lässt nicht mit sich scherzen, vor allem nicht wenn er ungeduldig ist. „Er kam...er kam von dir.“ Kälte schneidet durch den, durch Kerzen erhellten Raum. Sämtliche Blicke wandern auf Kazuhito. „Wie ist das möglich?“, er kann es nicht fassen, seine dunkle raue Stimme erzittert und er rutscht langsam auf seinen großen Ledersessel. „Das kann nicht wahr sein...“ „Vielleicht habt Ihr das verge-“ „Sprich ja nicht aus!“, fällt Kazuhito seinem Sekretär ins Wort, „Ich bin das nicht gewesen. Jemand muss sich in das System eingeschlichen haben.“ Saguro räuspert sich und beginnt dann vorsichtig zu sprechen: „Wir müssen eine undichte Stelle haben.“ „Geh der Sache auf den Grund. Das sollte eigentlich unmöglich sein.“ Saguro nickt ihm zu und steht sofort auf: „Ich werde mich sofort darum kümmern.“ Kirihara-san setzt sich in den nun frei gewordenen Stuhl: „Es ist sehr betrüblich, dass dies ausgerechnet an deinem großen Tag passieren musste.“ Saguro macht eine Kehrtwende und legt seine linke Hand tröstend auf die Schulter seines Fast-Schwiegervaters: „Du kannst nichts dafür. Wir müssen denjenigen, der dafür verantwortlich ist finden und eliminieren.“ Wieder dreht er sich um und verlässt den zermürbten Raum.   Maya setzt sich auf das Sofa neben Masaru, der sein Handy checkt: „Es gibt noch kein Netz...“ „Hmm...“ „Willst du etwas essen?“ Maya schüttelt den Kopf und zieht ihre Knie an. Sie wird das ungute Gefühl nicht los, dass heute etwas mächtig schief gelaufen ist. Masaru nimmt ihr Gesicht in seine Hand: „Sicher das alles okay ist?“ Sie ist verwirrt. Seine Hände sind warm und brennen sich beinahe in ihre Wangen ein. Gott sei Dank ist es zu dunkel, als dass er erkennen könnte wie rot sie jetzt gerade ist. Seine blauen Augen funkeln trotz der Düsternis wie helle Saphire. Sie scheinen voller Sorge. Als hätte er erst jetzt bemerkt, was er da gerade tut, nimmt er sofort seine Hände runter und murmelt ein kurzes Entschuldigung. Stille breitet sich in dem Raum aus. Lange Zeit verbringen sie nur damit, irgendwohin zu starren. Plötzlich klopft es an der Tür. Maya erschrickt kurz, doch dann ist bereits eine bekannte dunkle Stimme zu hören: „Mach auf Mann!“ Masaru seufzt und macht sich auf, Blake die Tür zu öffnen, bevor er sie noch vor Ungeduld eintritt. Um ehrlich zu sein, ist Maya wirklich froh, dass sie jetzt nicht mehr alleine mit Masaru ist. Ihr Herz klopft wie wild.   Gerade als Blake die winzige Wohnung betritt, gehen die Lichter wieder an. Erst als er mit Masaru in das Wohnzimmer kommt, bemerkt Maya, dass hinter ihm noch zwei weitere Personen sind. Ihr ploppen beinahe die Augen aus ihren Höhlen. Da ist doch tatsächlich Takeru, der sich neben Kairi stellt, welche nun auf dem kleinen bräunlichen Sessel sitzt. Er ist stark darauf bedacht ja nicht in Mayas Richtung zu schauen. „Habe ich was verpasst?“, fragt Masaru an Blake gerichtet, da er genau weiß, dass von Kairi und Takeru keine Antwort zu erwarten ist. Blake setzt sich einfach neben Maya, die durch seine Größe und Gewicht verursacht, etwas nach oben hüpft und dann wieder in die Couch taucht. „Naja...du vielleicht nicht.“, bei diesen Worten faltet er die Hände zusammen und lässt sie auf seinen muskulösen Oberschenkeln ruhen, „Allerdings sehe ich, dass wir das vielleicht nicht unbedingt jetzt besprechen sollten.“, er blickt etwas verstohlen zu Maya rüber. Diese reagiert sofort: „Macht euch keine Gedanken.“, schnell springt sie von der Couch und greift sich ihre Sachen, „Ich werde jetzt gehen. Ich war eh viel zu lange hier.“ Sie läuft zur Tür, Masaru folgt ihr und greift sie am Oberarm, um sie aufzuhalten: „Du musst nicht gehen.“ „Ihr habt etwas zu besprechen, wobei ich anscheinend unerwünscht bin. Die Klamotten bringe ich dir irgendwann mal vorbei. Gute Nacht.“ Sie dreht sich um und verlässt die Wohnung, doch dann wendet sie sich ihm wieder zu: „Und danke!“   „Haben wir euch bei irgendwas gestört?“, fragt Blake leicht verschmitzt. Masaru schüttelt genervt den Kopf und sinkt in die Couch neben seinen Freund. Takeru räuspert sich: „Findet ihr das nicht merkwürdig? Warum sollten sie, die Verlobung sprengen? Das ergibt keinen Sinn.“ „Hat diese ganze Schatten-Organisation je Sinn ergeben?“, kontert Masaru. Seine Miene ist nun wie versteinert. Er erinnert sich an Mayas Reaktion. Warum reagiert ihr Körper so stark auf die Schatten? Könnte es vielleicht wirklich sein, dass sie der Schlüssel ist und das eine Abwehrreaktion ihres Körpers? Sie zitterte und war heiß, gemurmelt hat sie auch irgendwas. Die Schatten müssen von ihr ferngehalten werden, koste es was es wolle. „-ya könnte eine Gefahr für uns alle sein.“ „Wie bitte? Ich habe gerade nicht zugehört.“, Masaru wird aus seinen Gedanken gerissen. Blake sieht ihn etwas betrübt an: „Wir glauben, dass Maya eher eine Gefahr für uns ist, als eine Hilfe. Auch wenn sie der Schlüssel ist. Sie lenkt zu viel Aufmerksamkeit auf uns. Dadurch könnten sie an unsere Identitäten kommen.“ „Aber wir müssen sie beschützen!“ Die drei Freunde sehen sich an. Ihnen ist nun klar, was Masaru für Maya empfinden muss, aber ihnen sind die Hände gebunden. „Wie stellst du dir das vor?“, will Takeru von ihm wissen. Sein Blick ist kalt, er scheint nichts mehr für seine ehemalige Freundin zu empfinden. Masaru steht auf und geht direkt auf ihn zu: „Du musst ja nicht mitziehen! Du hast die Wahl.“ „Die Anderen sind meiner Meinung.“, ruft er ihm ins Gedächtnis zurück. Bei diesen Worten nicken Blake und Kairi. „Tut mir Leid, Bro. Aber er hat recht, ich kann nicht mein Leben für jemanden aufs Spiel setzen. Sie ist ja süß und so...aber du weißt warum ich das tun muss.“ „Du scheinst es noch nicht gemerkt zu haben, aber für uns steht einiges auf dem Spiel. Sollen wir ihre Taten ungesühnt lassen?“, Takeru ist nun lauter. Die vorherige Kühle ist komplett von ihm gewichen und er brennt beinahe vor Wut. Masaru nimmt einen Schritt zurück: „Macht doch, was ihr wollt. Ich werde sie nicht alleine lassen.“ „Ist das dein letztes Wort?“, will Blake wissen. Natürlich erhofft er sich, dass sein Freund nicht die Gruppe verlässt. Die Hände zu Fäusten geballt und den Blick auf den Boden gerichtet zischt Masaru nur ein leises „Ja.“ hervor. „Gut.“, spricht Kairi in gewohnt kurz angebundener Manier und erhebt sich aus dem Sessel. „Dann solltest du dich auch nicht wundern, wenn all deine Arbeit umsonst war.“, facht ihn Takeru noch ein letztes Mal an, bevor er mit den anderen Beiden die Wohnung verlässt und Masaru alleine zurücklässt. Kapitel 8: ----------- Leise fällt die Haustür ins Schloss. Schlurfende Schritte laufen die Treppe hinauf, eine Tür öffnet sich leicht quietschend, schließt sich und ein lautes Plumpsen ist wenig später zu hören. Kazuhito, der unten im Wohnzimmer gewartet hat, macht sich auf, um nach seiner Tochter zu schauen. Natürlich fragt er sich, wo sie bis zu so später Stunde noch war – es ist mittlerweile drei Uhr früh – allerdings sorgt er sich mehr um sie. Sanft klopft er an die Tür, wartet bis er ein kurzes „Mhm“ hört und tritt dann in das abgedunkelte Mädchenzimmer ein. Er knipst die Lampe auf dem weißen Nachttisch an und staunt nicht schlecht, als er seine Tochter so unmotiviert wie lange nicht mehr auf dem Bett liegen sieht. Alle Viere von sich gestreckt, mit viel zu großen Klamotten und einem Gesichtsausdruck wie sieben Tage Regenwetter. „Was ist denn los mein Kind?“. Behutsam streicht er ihr über ihre noch vom Abendwind gekühlten Wangen, während er sich an den äußersten Rand des Bettes setzt. Maya dreht sich weg und kugelt sich seufzend zusammen. Ihr Vater atmet kurz tief ein und denkt darüber nach, wie er die Sache angehen soll. Während ihrer ganzen Pubertät war sie ein eher stilles Mädchen gewesen, erst gegen Ende hat sie sich wieder geöffnet. Wahrscheinlich weil sie langsam den Schmerz über den Verlust ihrer Mutter verarbeitet hat. Dieser ist nun acht lange Jahre her. Aber sie wieder so zu sehen tut ihm weh. Egal wie sehr er sich wünscht endlich sein größten Wunsch zu erfüllen...seine Tochter ist ihm immer noch am wichtigsten. „Du kannst immer mit mir reden.“, erinnert er seine schmollende Tochter, „Über alles.“, fügt er noch mit besonderer Betonung an. Lange Zeit vergeht, ohne Antwort. Entmutigt steht er wieder auf, deckt sie zu und verlässt ihr Zimmer. Zum Abschied flüstert er noch ein kurzes „Gute Nacht.“, welches wieder mit einem schlichten „Mhm“ quittiert wird. Auch diese Nacht wird Maya von Alpträumen geplagt. Mit der sonstigen und mittlerweile gewohnten Fluchtszene, mischt sich nun immer wieder das Bild des rotäugigen Schatten. Dieses macht ihr noch mehr Angst, als die Szenerie an sich. Die blauen Augen stehen im starken Kontrast mit dem Rot. Es wirkt beinahe wie ein Kampf zwischen blutigen Rubinen und kühlen Saphiren, doch das Rot gewinnt immer wieder die Überhand, bis sie schweißgebadet aus ihren Träumen erwacht. „So ein Mist!“ Wütend schlägt Masaru mit seiner Hand gegen die nasse Fliesenwand. Das kalte Wasser des Duschkopfes fließt an ihm hinab und sein nasses Haar klebt förmlich an seinem Kopf an und verdeckt seine Augen. Ihm wird bewusst, dass er nun ganz auf sich alleine gestellt ist und sich nicht mehr auf die Hilfe der anderen verlassen kann. Warum sollte Maya eine Gefahr sein? Ist es nicht gerade sie, welche sie mit aller Kraft beschützen sollten? Ist ihnen nicht klar, wie gefährlich es ist sie alleine zu lassen? Masaru stöhnt genervt auf und schaltet die Dusche ab, bevor er aus der Badewanne steigt und sich abtrocknet. Angezogen setzt er sich mit der Tageszeitung auf die Couch und ließt sich die Nachrichten durch. Wie immer ist die Zeitung voller wirtschaftlicher Themen. Allen geht es nur noch um Geld und Macht. Komischerweise wird das gestrige Beben und der daraufhin folgende Stromausfall nicht mit einem Wetterspektakel oder Anomalien der Krustenaktivität in Verbindung gebracht. Nein, natürlich steht im Vordergrund, wie schädlich der Ausfall der Elektrizität für die Firmen, Banken, Fernseh- und Radiostationen waren und wie viele Verluste der Wirtschaft dadurch entstanden sind. Wohin hat sich diese Gesellschaft entwickelt, in der es allen nur noch um ihren Kontostand geht. Verärgert und lustlos knüllt er das Papier zu einer großen Kugel und pfeffert es in die Ecke. Da er nichts mit sich anzufangen weiß, entschließt er sich dazu in die Stadt zu gehen und dort etwas Ärger 'ab zu spazieren' – was in seinem Fall schnelles durch die Gegend stapfen, ohne auf andere Leute zu achten heißt. „Dieses Café hast du als Kind immer geliebt. Schön, dass wir wieder gemeinsam hier her kommen konnten.“, freut sich Kazuhito, der in der Karte nach etwas leckerem zum frühstücken sucht. Er lässt seine Augen über das Menü fliegen, nimmt aber das gewohnte. Maya indes beobachtet durch das große Fenster, das Treiben auf den Straßen vor dem Café. Ihre Gedanken sind wieder beim gestrigen Abend. Sie versteht nicht, was mit ihr nicht stimmt. Liegt es an ihr? Zieht sie diese merkwürdigen Geschehnisse etwa an? Dann fällt ihr ein, wie unfreundlich Takeru und die anderen aussahen. Sie finden sicherlich, dass sie ein Klotz am Bein ist. Und Masaru erst... „Masaru...“, seufzt sie. „Ich glaube, das steht nicht auf der Karte, Liebes.“, antwortet ihr Vater etwas verdutzt, „Such dir doch etwas anderes aus.“ Maya sieht auf und bemerkt, dass bereits eine Kellnerin in einem schicken Dress vor ihnen steht und ungeduldig auf die Bestellung wartet. Ihr Blick verrät, dass sie bereits etwas länger dort wartet. „Ähmm...Entschuldigung. Ich nehme das 'Pariser Frühstück' mit einem Café au lait.“ „Wie immer.“, murmelt ihr Vater amüsiert. Die Kellnerin macht eine Kehrtwende und leitet die Bestellung an die Küche weiter. „Wer oder was ist denn bitte ein Masaru?“, fragt Kazuhito sichtlich neugierig. Maya läuft Sekunden schnell rot an. „Niemand.“, spuckt sie dann etwas zu voreilig aus. Dies macht ihren Vater natürlich stutzig. „Du kannst es mir gerne erzählen.“ Maya schüttelt den Kopf und tut so, als wäre die cremefarbene Fassade des kleinen Cafés plötzlich viel interessanter. Kazuhito weiß, wann er aufhören sollte nach zu bohren und nimmt sein Handy in die Hand um seine E-Mails zu checken. Vielleicht wurde in den letzten Stunden etwas wichtiges geschrieben. In seinem Postkasten findet sich nur eine einzige Nachricht mit dem Titel 'Zu ihrer Information'. Der Adressat ist unbekannt. Ohne zu wissen, was ihm da jetzt begegnen wird, öffnet er die Mail: 'Sehr geehrter Ando-sama, wer ich bin muss Sie nicht interessieren. Was ich zu berichten habe jedoch umso mehr. Vor kurzem sind seltsame Interaktionen bei mir vorgenommen worden. Diese betreffen ihren geschätzten Assistenten Saguro-san. Diese Interaktionen - oder sollte ich sie besser Transaktionen nennen? - beinhalten Finanzen ihres Kollegen Kirihara-sama. Es handelt sich um große Mengen Geld. Wie viel darf ich Ihnen leider nicht verraten. Mit freundlichen Grüßen. X' Seinen Gedanken hinterher schweifend läuft Masaru ziellos durch die Straßen Tokios, bis er sich in einem kleinen Viertel mit vielen Restaurants und süßen Cafés wiederfindet. In zahllose Schaufenster und Fenster sieht er hinein und entdeckt plötzlich Maya, die mit Kazuhito an einem hübsch gedeckten Tisch sitzt. Er beobachtet die beiden eine Weile. Immer noch sieht Kazuhito auf das Display seines Handys, sein Mund steht ungewöhnlich weit offen. Maya starrt immer noch auf die Fassade, ihre Wangen sind seltsam gerötet. Plötzlich funkt die Kellnerin dazwischen und zieht die Aufmerksamkeit der Beiden auf sich, indem sie ein großes Tablett mit etwas zu essen an den Tisch bringt. Kazuhito schüttelt kurz den Kopf, als wolle er sich wachrütteln. Auch Maya reagiert prompt und starrt nun nicht mehr die Fassade nieder, sondern voller Erwartung auf ihr Frühstück. Ohne nachzudenken geht Masaru zur Tür und will sie öffnen. Doch dann macht er Halt und atmet tief ein. «Denk nach! Kann es sein, dass dieses unschuldige Mädchen etwas mit den Schatten zu tun hat?», fragt er sich. Dann macht er auf dem kleinen Treppenabsatz, auf dem er steht eine Kehrtwende und läuft die Straße weiter herunter. «Ihr Vater gehört zu ihnen...weiß sie es?». Masaru weiß nicht mehr was er denken soll. Das gestrige Gespräch mit den Anderen hat ihn völlig aus der Bahn geworfen. Natürlich kann er es nicht glauben, dass Maya irgendetwas mit den Geschehnissen zu tun hat. Allein ihre Reaktion auf das Erscheinen der Schatten ist viel zu heftig, als dass sie es sich freiwillig antut. Warum sollte sie also eine Gefahr sein? Er lehnt sich gegen eine Mauer und sieht gen Himmel. Die Wolken ziehen am Himmel vorbei und lassen schwache Sonnenstrahlen hindurch blitzen. Masaru muss seine Hand als Schirm vor den Strahlen verwenden. Er beißt sich auf die Unterlippe und zerbricht sich weiter seinen Kopf. «Wie steht sie mit dem was geschieht in Verbindung? Woran wir den Schlüssel erkennen wissen wir auch nicht. Es ist ja nicht so, als ob er schreit 'HIER BIN ICH' und zack ist alles super...» Aber über kurz oder lang muss er herausfinden, wie und vor allem wo er den Schlüssel findet. Ob es nun Maya ist oder nicht, macht für diese Aufgabe erst einmal keinen Unterschied. „War das nicht etwas harsch?“, Blake schaut auf den Boden seiner mittlerweile leeren Teetasse und seufzt. Takeru geht im Raum auf und ab, während er in der Hand einen Stadtplan hält, auf den er immer wieder einen kurzen Blick wirft und etwas markiert. Kairi sitzt auf der großen weißen Ledercouch und starrt an die Decke, als wäre ihr alles egal. „Warum? Schließlich hat er sich dazu entschieden ihr blind zu vertrauen. Selber Schuld würde ich mal sagen.“, beantwortet Takeru die Frage leicht schnippisch. Kairi erwacht langsam aus ihrer Trance und setzt sich zum Erstaunen der Anderen gerade auf die Couch. „Sein Verhalten ist abnormal.“, vermerkt sie und lässt diese Anmerkung erst einmal auf die Jungs wirken. Diese sehen sie nur fragend an. Sie merkt bereits, dass hier mehr gefragt ist. Also atmet sie einmal tief ein und beginnt zu erzählen: „Normalerweise ist er anderen Menschen gegenüber eher abgeneigt, vor allem Frauen gegenüber. Seine Verlobte meidet er und hat – außer zu uns – keinen Kontakt zu anderen Menschen.“ „Aber Arzt will er werden...Komischer Kauz.“ „Fall mir nie wieder ins Wort, Blake.“, zischt Kairi merklich wütend, „Aber für sie scheint er etwas zu empfinden. Dass sie etwas Besonderes an sich haben muss ist klar, sonst würden die Schatten nicht so auf sie reagieren, aber was genau das ist, kann er auch nicht beantworten. Sie könnte der Schlüssel sein oder auch etwas, das alles noch schlimmer machen kann.“ So viel haben die Beiden ihre Freundin schon lange nicht mehr sprechen hören. Sie hat recht. Masarus Verhalten Maya gegenüber ist höchst bemerkenswert. Er sorgt sich um sie und scheint sich hundertprozentig sicher zu sein, dass sie der Schlüssel ist, den sie suchen. Aber was ist, wenn er sich irrt? Oder schlimmer, wenn er durch seine Nähe zur ihr, zu einer Zielscheibe für die Schatten und die gesamte Organisation wird? Das bringt auch die anderen Wächter in Gefahr. Kapitel 9: ----------- „Sag mal, was trägst du eigentlich auf dieser komischen Karte ein?“, will Blake von Takeru wissen, der mittlerweile neben Kairi auf der hellen, sehr teuer aussehenden Ledercouch Platz genommen hat. Takeru legt den Stadtplan auf den niedrigen, gläsernen Couchtisch und schlägt sie komplett auf. Sie ist etwas zu groß für den Tisch, daher lappt sie links und rechts etwas über. Mit seinem Finger tippt er auf eine der vielen Straßen auf der Karte: „An dieser Stelle haben die Schatten das erste Mal angegriffen.“, er wandert mit seinem Finger etwas weiter, als würde er die Punkte mit einander verbinden, „Hier das Mal danach.“. Mit seinem Finger fährt er die weiteren Punkte ab. „Ein Muster ist nicht zu erkennen...“ „Eben das ist es ja. Sie scheinen wie aus dem Nichts, an irgendwelchen Orten zu erscheinen. Aber es muss jemanden geben der sie steuert. Zudem ist ihr Ursprung immer noch ungeklärt.“ „Es muss etwas oder jemanden geben, der sie erscheinen lassen kann...Hast du eine Idee Takeru.“ Takeru verschränkt die Arme und lehnt sich zurück, dabei schließt er seine Augen: „Ein Gegenstand oder eine Person...hmmm.“ Blake und Takeru scheinen so sehr in Gedanken zu sein, dass sie nicht merken, dass Kairi aufgestanden ist. Sie betritt ihr Zimmer und zieht aus einer Kiste in ihrem Regal einen kleinen Umschlag. Diesen nimmt sie mit und legt ihn im Salon auf den Couchtisch. „Was ist das?“, fragt Blake. „Das hatte Shinji bei sich, als wir ihn fanden...“. Takeru greift ohne zu fragen nach dem vergilbten Umschlag und öffnet ihn. Der Inhalt besteht aus einem kleinen Zettel, auf dem ein paar Notizen stehen: „Sie nähren sich, an den Ängsten der Menschen. Saguro! Auf die Augenfarben achten. Einer ist anders.“ Masarus Hals ist mittlerweile ganz steif, seine Gedanken können keine Ruhe finden. Soll er seinen Freunden oder einem fremden Mädchen vertrauen. Er senkt seinen Blick und schaut, was vor ihm vorgeht. Plötzlich laufen zwei bekannte Gesichter an ihm vorbei: Maya und ihr Vater. Sofort dreht er sich um, er will nicht von ihnen gesehen werden. Allerdings entscheidet er sich dazu, ihnen heimlich zu folgen. Ihr Weg führt die Straße hinab, direkt in die Innenstadt hinein. Kazuhito und Maya unterhalten sich angeregt. Es scheint als ob, im Café etwas geschehen ist. Masaru versucht näher hin zu gehen, um zu hören was los ist. „Bist du dir sicher?“, fragt Kazuhito besorgt. Maya nickt heftig: „Ja doch. Alles gut.“ „Das sah mir im Café aber anders aus. Du bist fast ohnmächtig geworden. Du solltest schauen ob dir nicht etwas fehlt.“ „Mir fehlt nichts. Ich bin nur zu schnell aufgestanden, das ist alles. Und jetzt bitte hör auf mich darüber zu befragen.“ Kazuhito legt die Arme an und schüttelt den Kopf. „Hmmm...“ „Saguro? Also doch!“, ohne Vorwarnung steht Blake auf und zieht sich seine Jacke über. „Ich muss noch einmal in die Bank. Wir treffen uns heute Abend bei Masa- ähm hier...?“ Kairi nickt und Takeru zieht sich ebenfalls seine Jacke an. Er faltet seine Karte zusammen und steckt sie sich in eine seiner inneren Jackentaschen. „Ich werde mal die ganzen Orte absuchen. Vielleicht lässt sich ja dort etwas finden.“. Kairi begleitete die Jungs zur Tür, welche sie schließt und sich dann wieder auf die Ledercouch setzt. Den kleinen Umschlag in der einen und den Zettel in der anderen Hand haltend, legt sie sich hin. Abwechselnd betrachtet sie den Umschlag und den kleinen Zettel. Die Schriftzeichen sind verschmiert und sehen aus, als ob sie mit Hast geschrieben wurden. An einer Stelle ist sie sogar etwas verlaufen. Eine Träne oder Angstschweiß? Kairi kann ihren Blick nicht von dem Schriftstück nehmen. Es sind die letzten Worte des Menschen, der sonst immer ein Teil von ihr gewesen ist. Sie erinnert sich noch, als wäre es gestern gewesen, als Saguro in ihr Leben trat und somit auch die verdammte Organisation, die ihr alles genommen hat. »Es war ein schwüler Sommertag. Kairi und Shinji spielten im Salon ein Kartenspiel, als es an der Tür klingelte. „Könnt ihr bitte auf eure Zimmer gehen. Wir haben wichtigen Besuch.“, wurden sie von ihrem Vater gebeten. Die Zwillinge machten ein enttäuschtes Gesicht, gehorchten allerdings. Auf dem Weg in Kairis Zimmer liefen sie an einem großgewachsenen, bebrillten Mann vorbei, dessen Haar mit Gel fest an den Kopf geklebt schien. Später sollte sich herausstellen, dass dies Saguro war. Die anderen Mitglieder der Organisation standen zu diesem Zeitpunkt hinter ihm. „Hast du dem seine Haare gesehen?“, fragte Kairi kichernd, nachdem sie die Türe zu ihrem Zimmer zugemacht hatte, „Sah aus, als ob eine fette Kuh einmal drüber geleckt hätte.“ Shinji musste so laut lachen, dass er hinten über fiel und sich am Boden rollte. Tränen stiegen ihm in die Augen und er musste plötzlich anfangen zu husten. „Oh das tut mir Leid. Ich weiß, du darfst nicht so doll lachen.“ Shinji wedelte mit seinen Armen und und versuchte Luft zu schnappen, während ihm Kairi aufhalf. „Haha...das macht doch nichts. Das war nur so lustig. Wie ne Kuuuuhh!“, wieder prustete Shinji los, da musste auch Kairi lachen. Damals war Kairi noch ein lebensfrohes und lustiges Mädchen. Sie war sich für keinen Witz und keinen Lacher zu schade und bereitete damit ihrem Bruder immer wieder Probleme. Er war immer kränklich und blass. Seine Lungen waren sehr angeschlagen und er hatte Probleme mit dem Herzen, das hielt ihn aber nicht davon ab, den größten Unsinn mit seiner 7 Minuten jüngeren Schwester anzustellen. Gemeinsam spielten die Beiden auf Kairis großem rosafarbenen Teppich mit ihren Karten weiter, als sie von draußen laute Stimmen hörten. Neugierig wie die beiden nun mal waren, gingen sie an die Tür und öffneten sie einen Spalt um zu hören und zu sehen, was da vor sich ging. „Für solche Dinge habe ich kein Interesse!“, machte Yuudai Mori seinen Standpunkt klar. So laut hatten die Zwillinge ihren Vater noch nie sprechen hören. Wut klang in seiner Stimme mit. „Sind sie sich sicher? So eine Chance sollte man sich nicht entgehen lassen.“, hinterfragte Kazuhito die Entscheidung. Yuudai sah die Runde nur mit vor Wut funkelnden Augen an und zeigte mit seinem ausgestreckten rechten Arm in Richtung Tür. Was die Beiden damals nicht wussten war, dass die Organisation auch den Mori Clan für sich verantworten wollte. Die Moris waren schon seit Jahrhunderten eine sehr mächtige Familie, da sie einst Teil der Yakuza waren. Doch Yuudai Mori entschied sich gegen den Weg, auch ein Teil dieser gewalttätigen mafiösen Gruppe zu werden und gründete seine eigene Firma. Die Organisation hatte sich erhofft irgendwie Zugang zur Yakuza zu bekommen, wenn sie sich mit dem Mori Clan verbünden, doch dies wurde ihnen hiermit verwehrt. Einige Wochen später, Kairi und Shinji spielten im Wald. Kairi war gerade auf einen hohen Baum geklettert, als ihr Bruder laut nach ihr rief. Panik stieg in ihr auf, natürlich dachte sie, ihm sei etwas geschehen, also sprang sie hinunter und lief zu ihm hin. Jedoch erblickte sie etwas, mit dem sie nicht geahnt hatte. Shinji hielt etwas funkelndes in der Hand. Es leuchtete hellblau auf und sah aus, wie ein Stück des Himmels. Von der einen auf die andere Sekunde aber, wurde dem kleinen flachen Stein jeglicher Schein entzogen und er war nun matt und grau. „Wie hast du das gemacht?“, fragte Kairi überrascht und fasziniert zugleich. Shinji schmunzelte etwas: „Ich kann das schon lange...ich weiß nicht wie das geht, aber ich kann es.“ Verwundert griff Kairi nach dem Stein. Sie betrachtete ihn von allen Seiten, dreht ihn in der Hand. Doch ihr fiel nichts daran auf. Sie reichte ihn wieder ihrem Bruder und verlangte von ihm, das nochmal zu machen. Er tat wie ihm geheißen und Kairi war sprachlos. „Das ist ja wie zaubern...“ „Irgendwie gruselig. Aber das geht nicht nur mit Steinen. Die Lampe im Zimmer...ich kann das Licht wegnehmen.“ „Du meinst du schaltest sie aus.“ „Nein! Ich nehme das Licht raus und kann es in der Hand halten...“« So erfuhren sie das erste Mal von der Existenz dieser merkwürdigen magischen Kräfte. Je älter sie wurden, desto mehr konnte Shinji seine kontrollieren und auch Kairi entdeckte ihre Fähigkeiten. Saguro muss dies damals irgendwie beobachtet haben, wie auch immer er das angestellt hat. Dies wurde Shinji zum Verhängnis. Denn bis Dato hatte die Organisation noch keine einzige Spur. Also nahmen sie das, was sie bekommen konnten und das war in deren Fall der schwache Shinji. Kairi springt wütend vom Sofa auf und verstaut die Notiz wieder in der Schublade ihres Zimmers, welche sie mit Kraft zurück schiebt, dass sie einen lauten Knall verursacht. Nebel steigt auf. Er ist kühl, dicht und grau. Erst nach einigen Schritten bemerkt Masaru, was da an seinen Beinen aufsteigt. Das macht ihn sofort stutzig und er dreht sich in Windeseile um. Das können nur die Schatten sein. Aber was haben sie vor. Gerade in dem Moment, als er sich diese Frage stellt, sieht er wie Maya zu Boden stürzt. Ihr Körper reagiert auf die Ankunft der Schatten. Er kann deren Anwesenheit kaum ertragen. Das ist die logischste Erklärung. «Aber warum?» Kurz ist Masaru wie verwurzelt. Wie soll er nun reagieren? Die Schatten kommen von allen Seiten auf die Passanten zu, welche sie nicht sehen können. Aber man spürt deutlich, dass ihnen etwas entzogen wird. Das gerade noch lachende Paar, fängt plötzlich an sich zu streiten. Das kichernde Baby weint schmerzlich. Ihnen wird Freude genommen. „Maya, Maya. Was ist los mit dir?“, nervös schüttelt Kazuhito seine zitternde Tochter. Warum tauchen die Schatten hier auf, ohne seine Erlaubnis. Machen sie sich etwa selbstständig? Er dreht sich in alle Richtungen, es werden immer mehr und sie kommen auf Maya zu. „NEIN! VERSCHWINDET!“, brüllt er, aber sie gehorchen ihm nicht. Steif steht Masaru und beobachtet die Situation ohne zu wissen wie er reagieren soll. Wenn er sich hier an Ort und Stelle verrät ist alles aus. Doch da kommt plötzlich eine Person auf Kazuhito und seine zitternde Tochter zu gerannt. „Saguro? Gott sei Dank. Was ist los?“ „Die Schatten werden ihrer selbst immer mehr bewusst, wir können sie kaum mehr im Zaum halten.“ «LÜGE!» möchte Masaru am liebsten laut rufen, doch somit würde er seine Deckung ablegen. Also sieht er stillschweigend zu, wie Saguro sich an Maya zu schaffen macht und diese hochhebt um sie 'vor den Schatten zu retten'. Einer der Schatten kommt dem immer noch wartenden Masaru gefährlich nah. Er darf ihre Aura nicht an sich heran lassen. Jedoch ist es schwer, wenn so viele auf einmal um ihn herumschwirren und sich gleichzeitig an seinen Gefühlen nähren wollen. Sie sind wie Aasgeier, die um eine verrottende Leiche schwirren, sobald sie nur den kleinsten Hauch von Angst spüren können sie dafür sorgen, dass einem noch klammer wird. Sie entziehen einem jegliche Freude, Liebe, alles in einem wird kalt. Wut und Angst gewinnen die Überhand. Je mehr davon sie in sich einsaugen, desto dunkler werden sie. Masaru kann seinen Geist versperren, doch wenn es so viele sind ist das physisch anstrengend. Er schwitzt und beißt sich auf die Unterlippe um den Schmerz die die Schatten in ihm verursachen zu überblenden. „Wir müssen von hier weg, Kazuhito-sama.“ „Ja...aber...Maya...“ „Ihr wird nichts geschehen.“ Saguro nimmt sich Maya an und die beiden Männer verschwinden vom Ort des Geschehens. Wenige Sekunden später taucht Takeru aus einer Ecke angerannt auf. „Mensch was machst du hier? Wir müssen abhauen!“, brüllt er seinen Freund beinahe an. „Wie macht er das?“ Takeru sieht Masaru an, als wäre dieser völlig von Sinnen. Aber das ist er auch, die Schatten dringen zunehmend in ihn ein, er kann sie nicht mehr ausblenden. Takeru ergreift seine Hand und läuft mit ihm weg. Es sind zu viele um sich ihnen jetzt zu stellen. Sie können sich ein paar Straßen weiter in eine Gasse retten, wo Masaru zu Boden sinkt und schwer atmet. Noch nie ist ihm so etwas passiert...Doch einmal. Da wusste er nicht was das ist. Dass die Schatten ihn von innen zu zerfetzen versuchen um ihm sämtliches Leben zu entziehen?“ „Maya...sie war da...und-“ „WAS? Wie dumm kann man sein? Lass es sein. Sie ist eine Gefahr.“ „Wie kann sie gefährlich sein, wenn ihre Reaktion noch schlimmer ist als meine. Jedes mal legt es sie zitternd hin! Und mir nichts dir nichts taucht dieser Saguro auf. Er muss etwas mit dem Auftauchen der Schatten zu tun haben. Darauf müssen wir uns konzentrieren. Das ist, was auf Shinjis letzter Nachricht steht! Falls du dich noch daran erinnerst.“ „Besser als du glaubst...“ „Hier seid ihr. Ich dachte ihr würdet die Schatten niedermetzeln.“, keucht Blake, der sie gerade entdeckt hat. Eigentlich war auf dem Weg wo anders hin, als er auf einige Schatten getroffen ist. „Wir haben ein Problem.“, macht Masaru auf sich aufmerksam, „Die Schatten werden immer stärker und nicht die Organisation steckt dahinter. Zumindest nicht der gesamte Korpus.“ „Hmm?“, Blake kann ihm nicht folgen, „Worauf willst du denn hinaus?“ „Eine Person macht sich selbstständig und missbraucht seine Stellung in der Organisation. Diese Person kann die Schatten kommandieren.“ „Das muss dann wohl K-“, Blake wird direkt von Masaru unterbrochen, „Nein. Nicht mal er weiß, wer dahinter steckt.“ „Es ist Saguro.“, Kairi steht mit vernebeltem Blick vor ihnen und starrt in den grauen Nebel hinein. „Er ist es, der unser aller Leben zerstören wird.“ Kapitel 10: ------------ Der Nebel sammelt sich dick und schwer am Boden. Eine Eiseskälte zieht über der gesamten Stadt auf und erdrückt sie. Die Schatten schwirren um die Menschen herum und saugen ihnen langsam jegliche Energie und ersetzen diese durch Zwietracht und Angst. Je schwärzer die Herzen und Seelen der Menschen, desto stärker werden die Kage. Bevor Masaru auf Kairi eingehen kann nähert sich ihnen einer der dunklen Kage. „Wir reden gleich weiter, erst mal sollten wir uns vielleicht um diese Mistviecher kümmern.“, ruft Blake den anderen zu während er auf den Schatten zu rennt um ihn zu vernichten. Er holt zu einem Schlag aus, doch bevor er ihn treffen konnte, löst er sich auf und materialisiert sich an anderer Stelle erneut. „Die Dinger werden immer klüger, als hätten sie plötzlich ein Hirn!“ Kairi sammelt ihre ganze Kraft und schleudert sie dem Feind entgegen. Von den anderen Seiten nähern sich immer der Schatten. Sie haben nun von den Menschen abgelassen und es auf die Freunde abgesehen. „Wir haben ein Problem Leute.“, ruft Masaru ihnen zu. Zugleich wehrt er einen der Schatten ab. „Wir geben unsere Tarnung auf, wenn wir nicht sofort abhauen.“ „ABHAUEN! Genau aus dem Grund, wollten wir dich nicht mehr dabei haben. Dein Hirn scheint total vernebelt zu sein.“, brüllt Takeru ihn an. „Fällt dir vielleicht was besseres ein?“ Allerdings hat Takeru darauf keine Antwort parat. „Leider hat Masaru recht. Wir sollten abhauen und uns tarnen. Wenn sie darauf kommen, das wir hinter den Angriffen auf die Schatten stecken, werden sie uns sofort in die Mangel nehmen.“ „Das ist das klügste, das du seit langem von dir gegeben hast Masaru.“, pflichtet ihm Kairi bei und rennt davon. Die Jungs folgen ihr und hoffen darauf einen ruhigen Ort zu finden, an dem sie sich zumindest Masken anziehen können. „Saguro-san, was ist mit meiner Tochter?“ Kazuhito ist besorgt. Seine Tochter zittert am gesamten Leib, ihre Hände sind eiskalt und ihr Gesicht schmerzverzerrt. Sie ist verkrampft und drückt ihre Hände in das Sofa auf dem sie liegt. Ihre Lider flattern. Sie leidet unermessliche Qualen. „Ich...ich weiß es nicht. Vielleicht ein Krampfanfall.“, versucht er zu erklären. „Das kann nicht sein, es ist passiert als die Schatten aufgetaucht sind. Woher kamen sie überhaupt? Wer gibt ihnen die Befehle?“ „Ich konnte noch nichts in Erfahrung bringen, aber ich bin dahinter.“ „Das reicht mir nicht! Lege mir Fakten auf den Tisch. Meine Tochter könnte sterben!“ „Das wird sie doch sowieso, wenn sie der Schlüssel ist.“ Einen Moment lang herrscht Stille. Saguro merkt, was ihm für Worte entgleist sind. Kazuhitos Blick vereist: „Sie mag der Schlüssel sein, aber so redest du nicht über sie. Die ganze Sache hat so keinen Sinn mehr. Verschwinde!“ „So meinte ich das nicht. Bitte...ich...ich wollte damit doch nur sagen, dass sie einen größeren und besseren Zweck dient. Ist sie der Schlüssel, so lebt sie unendlich weiter...nur nicht in ihrem Körper.“ „DAS SOLL ES BESSER MACHEN! Wir haben schon einmal ein Kind deshalb verloren. Erinnerst du dich? Wenn das nochmal geschieht, könnte das, das gesamte Vorhaben zunichte machen.“ „Hngghh....Arghh....“ „MAYA!!!“ Angstschweiß rinnt dem völlig besorgten Vater über die Stirn, er hält die kalte Hand seiner Tochter in seinen und versucht sie zu wärmen. Doch es ist zwecklos. Mehrere Schmerzensschreie entfahren ihr. „Kommt zu mir, lass mich hinein. Du kannst dich nicht wehren.“ Rote Augen starren sie an. Durchbohren sie. Ihre Stimme wird heiser: „Warum lässt du mich nicht in Ruhe?“ „Weil ich du bin!“ „Das glaube ich dir nicht, du bist ein Schatten.“ „Und du bist nicht der Schlüssel!“ „Das kannst du nicht wissen.“ Sie geht einen Schritt zurück. Wenn sie nicht der Schlüssel ist, was ist sie dann. Der Schatten gleitet auf sie zu, kommt ihr immer näher, berührt sie mit seinem kalten, toten Atem. „Nein, geh weg.“ Wieder macht sie einige Schritte zurück, um ihm zu entkommen. Sie stolpert und fällt zu Boden. Der Schatten steht nun direkt über ihr: „Lass mich hinein.“ „NEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIN!!!!“ „Sie sind überall!“ „Es sind zu viele.“ „Haltet die Klappe und kämpft!“ Die Schatten haben einen Ring um die Kämpfenden gebildet und greifen sie simultan an. Zu viert ist es beinahe unmöglich eine so große Menge der Kage zu eliminieren. Sie greifen immer wieder an, aber es werden nur mehr. Ist einer zerstört, scheinen zwei ihn zu ersetzen. „Das gibt’s doch nicht. Das nimmt ja überhaupt kein Ende.“ Die Kage greifen an. Zum Glück können die Wächter ausweichen, aber es sind zu viele und sie werden immer mehr eingeengt. Es wird immer kälter. Die Schatten strahlen eine Kühle aus, die in Mark und Knochen geht. Ihre Augen leuchten bedrohlich auf und scheinen einem direkt in die Seele zu blicken, dort jegliche Angst zu wecken und hervor zu locken. Es ist ein abscheuliches Gefühl, vor dem nicht einmal die Wächter geschützt sind. Ihre Augen werden leer. Ihre Körper zittern. „Es...es...sind zu viele...“ Takeru sinkt zu Boden, versucht irgendwo Halt zu bekommen, aber es gelingt ihm nicht. Mit der Faust versucht er auf den Boden einzuschlagen. Er ist zu schwach. Das Abwehren der Schatten kostet zu viel Energie. Masaru versucht Widerstand zu leisten, seinen Geist zu verschließen, um sie gar nicht erst hinein zu lassen. Auf einmal geschieht etwas merkwürdiges. Die Schatten bewegen sich von ihnen weg und auseinander. Ein großer Schatten mit scheußlichen roten Augen steht nun vor ihnen. Er ist anders als seine Kollegen. Viel bedrohlicher. Die Schatten wenden sich zu dem Rotäugigen hin. Dieser dreht sich um und gleitet davon. Die anderen Kage folgen ihm und mit ihnen entschwindet auch der Nebel. Die Wächter sind völlig entkräftet. So etwas ist noch nie passiert. Und was hat es mit diesem merkwürdigen rotäugigen Schatten auf sich. Maya schreckt auf. Ihr Gesicht ist kreidebleich. Sie keucht und krallt sich in das Sofa. Schweißperlen rinnen überall an ihr herab. Ihr Hals ist trocken und die Glieder zittern. „Maya!! Ein Glück.“ Kazuhito wirft sich um seine Tochter. Er ist außer sich vor Sorge. Streicht ihr über ihr Gesicht und nimmt es in seine Hand: „Was ist mit dir? Was ist geschehen?“ „Was...ser...Wasser.“ Sofort eilt Kazuhito in die Küche um seiner Tochter ein Glas kühles Wasser zu holen. Maya blickt währenddessen auf und erspäht Saguro, der in der Ecke des Raumes steht. Ein spitzer Schrei entfährt ihr. „Maya, was ist denn?“ Sie zeigt mit ihrem zitternden Finger auf Saguro: „Er...was macht er hier. Er soll gehen. JETZT.“ Ihre Augen sind angsterfüllt. Die Panik steht ihr ins Gesicht geschrieben. Woher kommt diese plötzliche Angst vor diesem Mann. Kazuhito legt ihr das Wasserglas in die Hand. Skeptisch sieht er Saguro an. „Er hat dich hierher getragen. Aber ich werde ihn nun fort schicken.“ Ein Blick genügt. Saguro verneigt sich zum Abschied und verlässt schweigend das Haus. Mayas Atem geht schwer. Alles an ihr schmerzt. „Maya. Wie kann ich dir helfen?“ „Ich will nicht.“ „Was willst du nicht.“ „Das alles. Es soll aufhören.“ Sie steht auf und wirft dabei das Glas um, Wasser verteilt sich auf dem Boden und auf Kazuhito. Ihr Gang ist schwer, doch sie versucht sich hoch in ihr Zimmer zu hieven, wo sie sich in ihr Bett fallen lässt und in einen unruhigen Schlaf sinkt. „Glaubst du mir jetzt? Kaum ist sie auf der Bildfläche aufgetaucht, wird alles schlimmer. Sie kann nicht der Schlüssel sein.“, Takeru ballt die Hände zu Fäusten. Er ist wütend auf sich, die Schatten und die gesamte Situation. Es ist unverständlich, warum sie die Schatten nicht bezwingen konnten. „Es bringt nichts. Wir sollten uns lieber fragen, woher dieser mysteriöse Schatten kam. Er war anders. Seine Aura hat sich von der der anderen unterschieden. Irgendwie...kam sie mir bekannt vor.“ „Pff...das glaubst du doch selbst nicht. Ich wette die Organisation spielt mit irgendwelchen Mutationen herum. Keine Ahnung, was denen noch so einfällt. Wir sollten Maya aus dem Weg schaffen. Dann hört das alles sicher auf.“ Stille. Kairi schlägt die Beine übereinander, Blake sieht Takeru verdattert an und in Masaru kocht die Wut auf. „Einen unschuldigen Menschen töten? Ist es das was du willst?“ „Es ist unsere einzige Chance. Ist sie weg, können wir der Organisation ein Schnippchen schlagen.“ „Du hast sie doch nicht mehr alle.“ Masaru rennt auf Takeru zu und schmeißt sich auf ihn. Seine Faust schnellt in sein Gesicht und die beiden fallen gemeinsam mit dem Sessel nach hinten über. „Hey, hey. HEY. Hört auf.“ Ein Schlagabtausch zwischen den beiden beginnt. Blakes Worte verrauchen in der Luft. Er will aufstehen um sie auseinander zu ziehen, doch Kairi hält ihn mit einer Berührung ab. Sie schüttelt den Kopf. Die beiden sollen es lieber selbst austragen. Schließlich kommen sie nur so auf einen grünen Zweig. Takeru ist nicht der Typ Mensch, der einfach so solche Dinge von sich gibt. Er ist sehr bedacht und lässt sich nie von irrationalen Gefühlen Leiten. Er hört auf seinen Instinkt und benutzt seinen Verstand um vernünftig Entscheidungen zu treffen. Es ist Masaru, der blind in die Gefahr hinein rennt ohne sein Handeln zu reflektieren. Er lässt sich von seinen Gefühlen leiten. „Hngh...das war nicht gut.“ Saguro sitzt gegen eine Wand gelehnt, am Boden einer kleinen Gasse. Sein Gesicht ist in seinen Knien vergraben. „Ich muss meinen Plan ändern. Sonst...“ Mir nichts, dir nichts steht er auf und läuft die Gasse hinunter. Eine Idee flammt in ihm auf. Es gibt nur eine Möglichkeit, wie die Organisation sein Vorhaben unterstützt. Die Spitze muss eliminiert werden. Kapitel 11: ------------ Tief in Gedanken, fixiert Hikari den leeren Platz neben sich. Maya ist nun schon seit 4 Tagen nicht mehr in der Schule gewesen. Was sie hat weiß nicht mal ihre beste Freundin. Denn sie selbst ist erst seit einigen Tagen wieder dort. Nach der 'Feier' lehnte sie jeglichen sozialen Kontakt ab. Sprach nicht einmal mit ihrem eigenen Vater, geschweige denn ihrer Mutter, die all dies einfach zugelassen hat. Warum bleibt ihr nun ihre beste Freundin fern. Was ist ihr zugestoßen. Dieses Verhalten ist überhaupt nicht typisch für sie, denn sie ist sonst das gesündeste Etwas auf Erden. „...damit die Hoffnung, den großen in ihm lebenden Traum, symbolisieren.“ Sie wird von Takerus Worten aus ihren Gedanken gerissen. Aber seit der Feier hat sich seine Persönlich verändert. Er wirkt fast noch kälter, berechnender. Die letzten Tage ist ihr aufgefallen, dass er ein unfassbares Wissen in sich trägt. Nicht nur Literatur, Sprachen und Naturwissenschaften, auch Geschichte und Geographie gehören zu seinem Repertoire, welches er bei jeder Gelegenheit präsentiert. „Das grüne Licht, grün wie die Hoffnung, ist ein internationales Symbol. In 'The Great Gatsby' wird es als der große Wunsch des Protagonisten nach dem Erreichen der 'anderen Seite' interpretiert. Die andere Seite ist nicht das Jenseits oder das Paradies, sondern die Aufnahme in eine Gesellschaft, der er nicht zugehörig ist. All das tut er nur, um seine große Liebe für sich zu gewinnen, welche an einen betrügerischen Mann vergeben ist, der sie hintergeht und nicht so achtet, wie sie es laut Gatsby verdient.“ „Sehr gut Uzumaki-kun. Sie haben die Problematik und den Symbolismus des 'Great Gatsby' auf den Punkt gebracht. Bitte lesen sie das Buch bis zur nächsten Stunde durch. Wir repetieren den Inhalt vorbereitend auf das Examen. Bitte behalten sie die Interpretation Uzumaki-kuns im Hinterkopf. Die Englischstunde ist hiermit beendet. Einen schönen Tag noch.“, der Lehrer verneigt sich vor der Klasse, daraufhin steht diese auf und verbeugt sich zum Abschied. Hiermit ist auch der Schultag beendet. Hikari packt ihre Sachen zusammen, steht auf und schultert ihre noch offene Tasche. Sie will nur raus hier. Doch auf dem Weg zur Tür stolpert sie und all ihre Bücher fallen heraus. Als sie sich hinkniet, um diese einzusammeln blickt sie auf einmal in Takerus eisige Augen. „Du musst doch irgendwann mal wieder in die Schule. Wie lange möchtest du noch zuhause bleiben. Es ist bereits das Ende des Halbjahres. Die Prüfungen beginnen bald. Wie willst du diese bestehen, wenn du den Unterricht verweigerst.“ Kazuhitos Worte verpuffen ins Leere. Egal welches Argument er anbringt, keines scheint seine Tochter zu überzeugen auch nur ihr Zimmer zu verlassen. Diese unterdessen liegt auf dem Rücken in ihrem Bett und starrt die Decke an. Sie muss sich sortieren. Ihre Gedanken und Gefühle. Etwas stimmt nicht mit ihr. Sie ist krank. Krank im Kopf? Verrückt? Wer sonst träumt den selben Mist wieder und wieder? Doch kein normaler Mensch. Unter die bekannten Bilder der Flucht durch eine zerstörte Stadt, mischen sich nun Bilder eines monströsen Schattens, der mit tiefroten Augen die Stadt zu durchbohren scheint. Nein! Er durchbohrt nur sie. Ein Spiegel ist ebenfalls neu. Aber wenn sie in ihn hineinblickt, kann sie nichts erkennen. Warum nur? Es klingelt. Maya zuckt kurz zusammen, kümmert sich dann aber nicht weiter darum. Plötzlich sind schwere Schritte zu hören. Mindestens drei Personen nähern sich ihrem Zimmer, laufen aber daran vorbei bis ans Ende des Korridors. Eine Tür öffnet sich, sie gehört zu Kazuhitos Arbeitszimmer, schließt sich laut und Stille kehrt wieder ein. Allerdings kann Maya sich nicht lange zurücklehnen und nachdenken. Etwa zehn Minuten später hört sie wieder etwas merkwürdiges. An ihrem Fenster. Sie versucht es zu ignorieren. 'Klick Klick Klick Klick Klick' Etwas wird an ihre Fensterscheibe geworfen. Kieselsteine? Ausblenden geht nicht mehr. Denn es nimmt zu. Wütend wirft sie ihre Decke zur Seite und geht an ihr Fenster um es hoch zu schieben. „Was?“, fragt sie erbost und sieht hinunter. Ihre Augen müssen sich erst an das helle Licht draußen gewöhnen, daher sieht sie nicht sofort wer da unten steht und die Steinchen geworfen hat. „Maya?“ Die Stimme ist ihr vertraut, allerdings will sie gleich wieder kehrt machen. „Jetzt warte doch, hör mir erst einmal zu. Es ist wichtig. Es geht um dich!“ Schweigend räumt er die Bücher auf einen akkuraten Stapel und schiebt diese Hikari hin. Sie hebt sie auf und steckt sie in ihre Tasche zurück. Sie kann ihren Blick nicht von ihm wenden. Er hat sich so verändert. Nichts weist mehr auf den alten, kleinen und fröhlichen Takeru von früher hin. Seine Mimik ist emotionslos, sein Blick kalt. Nur die feine Narbe an seinem Kinn ist noch die selbe. Er hat sie sich beim Spielen im Wald mit den Mädchen zugezogen. Seine ganze Art ist eine andere, genau wie seine Ausstrahlung. Es scheint, als wäre er ein ganz anderer Mensch. Aber er ist der selbe...nur anders? „Mach die Tasche zu.“, rät er ihr noch, bevor er das Klassenzimmer verlässt. Hikari ist kurz durcheinander, fasst sich jedoch und läuft ihm hinterher. „Warte!“, ruft sie ihm zu. Sie will das nicht auf sich beruhen lassen. Was ist mit ihm geschehen? Was hat er erlebt, dass ihn zu so einem Menschen verwandelt hat? „Takeru, bitte versteh mich nicht falsch. Ich will dich nicht in Bedrängnis führen, aber...bitte beantworte mir nur diese eine Frage.“ Takeru ballt seine linke Hand zu einer Faust, dreht sich jedoch um und sieht ihr direkt in die Augen. „Sind wir noch Freunde?“, Hikari will es wissen. Hat er die jahrelange Freundschaft weggeworfen, wie einen verfaulten Apfel? Oder liegt ihm noch etwas an ihnen...an ihr... Ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Aber nicht sein typisches, warmes, aufrichtiges und etwas gerissenes Grinsen aus Kindertagen. Es sieht beinahe aus, als wolle er sie auslachen. „Was glaubst du?“, mit diesen Worten dreht er sich um und entschwindet. Man kann beinahe hören, wie etwas in Hikaris Inneren zerbricht. „Er ist wo? Spinnt er?“, Kairi ist wütend. Zumindest so sehr, wie es ihr Gemüt zulassen kann. Blake ist kurz zusammengezuckt. Solche Ausbrüche ist er von ihr nicht gewohnt. „Naja. Er meinte, er müsse sie unbedingt wiedersehen.“ „Ist er krank? Der hat sie doch nicht mehr alle. Sie ist eine potentielle Gefahrenquelle. Wer weiß, was ihr Vater für Experimente an ihr ausgetestet hat.“ „Glaubst du echt? Das klingt irgendwie...pervers.“ „Hmpf.“ „Er macht sich nun mal Sorgen. Ich glaube er...er hat Gefühle für sie.“ Kairi wirft sich zurück auf ihre Couch und schlägt die langen, schlanken Beine übereinander. „Verliebt? Ist er nicht verlobt?“ Blake nippt an seinem mittlerweile kalten Kaffee und lässt seine, vom Sitzen im Büro, ganz steifen Schultern kreisen. „Denkst du echt, das ist freiwillig. Sein Vater hat das aus finanziellen Gründen eingefädelt. Die kleine ist doch kaum älter wie...auf jeden Fall minderjährig. Ihren Abschluss macht sie doch auch erst in zwei Jahren oder so. Ein Kind. Nicht mehr.“ „Also das Beuteschema stimmt schon einmal.“, rümpft Kairi die Nase. Die Geschehnisse der letzten Zeit haben ihre Spuren hinterlassen. Sie öffnet sich, wenn auch unfreiwillig. Es gibt zu viele Parallelen zwischen damals und dem was heute geschieht. Das sieht sie nun ein. Aber wie genau hängt dieses Mädchen mit darin. Es verschwimmt alles. Nichts macht Sinn. Schlüssel oder nicht Schlüssel... Blake schnippt mit seinen Fingern vor ihrem Gesicht: „Diese leere Blick gefällt mir nicht.“ „Ich soll dir auch nicht gefallen, du sollst gefälligst nach Lösungen suchen.“ „Weißt du, ich bin der einzige von uns beiden, der arbeitet. Ist dir das bewusst?“ Kairi sieht ihn finster an: „Arbeiten? Du sitzt wortwörtlich auf einem Batzen Geld und bewachst ihn. Ich habe übrigens Sachen zu lernen, da ich studiere!“ Sie winkt ihn mit ihrer Hand hinfort. Blake spurt und zieht sich seine Jacke über. „Vielleicht könntest du dir ja auch was einfallen lassen, anstatt über alles und jeden zu meckern. Ach ja...sie mag gefährlich sein, aber bis nichts bewiesen ist: In dubio pro reo.“ Sie zuckt nur mit ihren Schultern und macht sich auf den Weg in ihr Zimmer, wo sie die Türe hinter sich schließt. Ohne miteinander zu sprechen, sitzen die zwei nebeneinander. Er hält einen braunen Coffee-to-go-Becher in seiner Hand umschlossen. Sie ist in eine dicke Wolljacke gewickelt und hat die Arme um sich geschlungen. Die Bäume rascheln durch den kühlen Wind, der um sie weht. Das Gras wiegt sich langsam hin und her. Die Sonne steht mittlerweile tief, es ist bald Abend. Der Herbst zieht seine Spuren durch das Land, färbt die Blätter in bunte Farben und lässt eines nach dem anderen sanft zu Boden gleiten. „Ich glaube nicht, dass du eine Gefahr für uns bist. Aber wie soll ich die anderen überzeugen?“, durchbricht Masaru die Stille. Jetzt wo Maya weiß, was genau vor sich geht, kann sie nicht fassen, in was sie nur hineingeraten ist. Man misstraut ihr einerseits, andererseits möchte man sie ausnutzen. Wie soll man auf so etwas reagieren? Wie soll sie ihrem Vater begegnen? Sie kennt nun die gesamten Ausmaße. Die Leben, die an dieser Sache hängen und gelassen wurden. Kann sie etwas verändern oder macht sie alles schlimmer, als es bereits ist? „Verstehst du worin mein Problem besteht?“, Masaru wendet sich ihr zu, als er das sagt. Sie nickt, ohne ihn an zu sehen. Stattdessen lässt ihren Blick auf einem der Bäume gegenüber von ihr ruhen. Kairi hasst sie, weil ihr Bruder umsonst sterben musste. Takeru kann sie nicht ausstehen, da er ihre Funktion nicht versteht und zu viel Leid gesehen hat, um ihr in irgendeiner Art positiv zugewandt zu sein. Blake...naja der ist Blake. Und Masaru? Was fühlt er ihr gegenüber? Misstraut er ihr ebenfalls? Ihr Gesicht bewegt sich gen Himmel. Ihre Augen schließen sich. Tief atmet sie ein, dann wieder aus. Kurz verweilt sie in diesem Moment, dann lässt sie ihren Blick wieder sinken und dreht sich zu Masaru. „Ich will es beenden. Ich weiß nicht wie oder wann oder ob ich das überhaupt kann. Wir haben den selben Traum...nein Alptraum. Falls das unsere Realität sein sollte, dann will ich das nicht. Egal welche Rolle ich inne halte, ich unterstütze euch.“ Masaru lächelt sanft. Seine Lippen sind jedoch aufeinander gepresst. Er freut sich, doch die Sorge überwiegt. Auf und ab. Auf und ab. Immer wieder. Seine Schritte bleiben langsam, aber sie werden immer härter. Saguro wagt es nicht Kazuhito in die Augen zu sehen. Natürlich weiß er, wie überlegen er ihm ist, aber für das was er vor hat, darf er nicht alles bereits zu Anfang verspielen. „Jemand...manipuliert sie? Das meinten sie doch.“ Kazuhitos Augen sind nicht mehr von Sorgen gefüllt. Sie sind nun kühl und seine Mimik geschäftsmännisch. „Wer? Ich brauche Namen!“ Seine Faust schlägt auf den Tisch. Dies lässt Saguro und den neben ihm sitzenden Kirihara zusammenschrecken. Sein Atem geht schwer. Jemand hintergeht ihn. Wer mag das wohl sein? „Wir müssen die Schatten besser kontrollieren. Wie wäre es, wenn ich das ab jetzt übernehme?“ Kazuhito macht einen Zischlaut. „Sie sind beinahe noch ein Kind, was dieses Projekt angeht. Ich soll ihnen eine solche Aufgabe zuteilen?“ „Du kannst ihm vertrauen.“, meldet sich Kirihara zu Wort. Er will seinen Freund, komme was wolle, unterstützen. „Natürlich haben sie weiterhin alle Zügel in der Hand. Aber glauben sie mir, ich werde sie nicht enttäuschen.“, ein Flehen zeichnet sich in seinen Augen und seiner Stimme ab. Doch innerlich ist er ganz abgeklärt. Dies könnte der Schritt zu alldem sein, dass er sich immer erträumt hat. Es scheint, als ob Kazuhito lange abwägen muss. Nach einiger Zeit sinkt er in seinen Ledersessel. „Nun gut. Das ist ermüdent. Aber sehen sie gefälligst zu, dass meiner Tochter dabei nichts dabei zustößt.“ „Aber selbstverständlich! Ich werde alles daran setzen, Ihrer Tochter nicht zu schaden.“. Lüge. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)