Henkersbaum von Yamato_ ================================================================================ Kapitel 1: Geliebtes Kind ------------------------- 1. Geliebtes Kind Kommst du, kommst du Zum Baum um Mitternacht? Wo jener hängt, man sagt, Drei Morde hat vollbracht Seltsames trug sich zu, noch seltsamer wär’s kaum, Träf’ ich dich heute Nacht im Henkersbaum. Das Singen hält sie vom Schreien ab. Noch. Immer wieder und wieder dieselbe Melodie, dieselben Worte, ein ums andere Mal. Sie schaukelt vor und zurück, klammert sich an einen Rhythmus, während ihre Kehle die Töne hervorquetscht. Krächzende, schiefe Töne. Ganz anders, als wenn sie sonst singt. Alle haben es immer geliebt, wenn Christa gesungen hat. Aber Historia darf nicht singen. Mutter wird sehr böse, wenn ich es tue. Kälte kriecht in ihr hoch. Nass und klebrig. Alles ist nass und klebrig. Wie viel Blut hat ein Mensch in seinem Körper? Es ist rot und gelb und braun und klebrig und krustig. Auf ihrer bloßen Haut, in ihren Haaren. Es tropft von ihren Händen. Metallischer Geruch steigt in ihrer Nase auf. Zusammen mit dem leichten süßlichen Geruch der Verwesung. Ein Schlitz in Mutter’s Kehle von einem Ohr zum anderen. Ach, wäre ich doch nie geboren. Ach, wäre ich doch nie geboren!. Dunkelheit. Aber wenn sie die Augen schließt, sieht sie rot. Nicht schwarz, rot. Dazwischen blitzt die Spritze. Ein silberner Dorn inmitten all des Blutes. Ein blitzender Dorn, der ihr die Menschlichkeit raubt. In der Spritze ist das Serum. Das Serum, das sie entwickelt haben, weil sie unsterblich sein wollten. Das Serum, das Menschen in Monster verwandelt... Ich bin jetzt auch ein Monster!. Vater, warum hast du mir das angetan?. Warum?. VATER!!!. Sie starrt auf ihre Hände. Menschliche Hände. Ein menschlicher Körper. Doch er ist falsch, ganz falsch. Innendrinnen lauert das Monster. Mutter hat es gewusst. Mutter hat es immer gewusst, daher auch der Hass in ihrem Blick. Dieser Hass. Mutter hat sie gehasst. Mutter wäre nicht gestorben, wenn es sie nicht gegeben hätte. Sie muss das Monster töten. Ihre Fingernägel ziehen Furchen über ihren Körper. Graben sich durch getrocknetes Blut, durch Haut, durch Schmerz. Sie muss es herausholen. Sie muss es herauskratzen. Das Monster ist in ihr. Sie ist das Monster. Stimme reden auf sie ein. Menschen versuchen sich ihr zu nähern. Menschen, die sie einmal gekannt hat, als sie selbst ein Mensch war. Das Monster wird auch sie verschlingen. Titanen verschlingen Menschen. Es ist ihr einziger Lebenszweck. Es ist ihr einziger Wunsch, wieder Mensch zu sein... Kommst du, kommst du, Zum Baum um Mitternacht? Das Singen kann die Schreie nicht länger zurückhalten. Sie bohren sich durch ihre Kehle, sie brechen hervor aus ihrem Inneren, sie brechen heraus, wie das Monster es getan hat. Sie gellen durch die Höhle, brechen sich an ihren kalten Wänden, wilde laut, verzweifelte Schreie, die die Frage in ihrem Geist nicht ersticken können. Was hab’ ich getan? Was hab’ ich nur getan? Und ebenso wenig trocknen die Schreie das Blut, das an ihren Händen klebt. Das Blut eines Menschen. Ich habe einen Menschen verschlungen, damit ich selbst wieder Mensch sein kann. Tsuzuku... to be continued Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)