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No exit

[Bagfield]
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Dieses Kapitel wurde nicht Beta-gelesen, da meine Beta-Readerin momentan weniger anwesend ist. Ich hoffe ihr könnt über die Tippfehler hinwegsehen und das Kapitel trotzdem genießen! Viel Spaß! Komplett anzeigen

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Prolog

„Legen Sie die Waffe weg!“ Ein schmunzeln bildete sich auf seine Lippen, während die Waffe den Weg durch die Luft direkt auf den Boden bahnte. Die Waffen spürte er im Nacken, ebenso die dicke Luft die bei den Cops herrschte. „Langsam umdrehen!“ Ein letztes Mal sah er in die verängstigten Gesichter der Angstellten. Es tat ihm leid, er wollte ihnen keine Angst machen. Aber er musste. 

Wie ihm befohlen drehte er sich um. Ein Helicopter flog über die Skyline New Yorks. Einer von Eurocopter, eine gute deutsche Firma. Er sah die Cops direkt an, die steif ihre Waffen auf ihn richteten und ihn nicht aus den Augen ließen. Keiner Angst, er ist nicht gefährlich und er hat auch garantiert nicht vor, die Flucht zu ergreifen. „Wir haben ihn.“, sprach einer in sein Funkgerät und es dauerte nicht lang, bis die Antwort kam. „Rogger, wir rücken nach und schnappen ihn uns.“ „Rogger.“ 
 

„Wie nehmen Ihnen jetzt die Ketten ab. Keine Dummheiten, klar?“ Der strenge Blick des Wärters haftete auf ihn. Die Augen waren braun, wie dunkle Schokolade und wenn man ihn länger ansah, so bekam man das Gefühl, dass er eigentlich ganz nett war. Doch das war er nicht. Allein sein fester Griff verriet, dass er nicht gut auf Gefangene zu sprechen war. Ob er bestechlich war? Jeder Mensch war das. Sein Blick glitt an dem Wärter hinab, der ihm sämtliche Wertsachen abgenommen hat. Eine goldene Uhr und ein Anzug. Mehr trug er nicht bei sich. Seine Uniform war sauber, frisch gebügelt und roch nach chemischen Reinigungsmittel. Er verkniff es sich die Nase zu rümpfen. Auf dem Namensschild seiner Uniform stand Bellick. 
 

Die Blicke der Gefangenen lagen auf ihn, als er zu seiner Zelle geführt wurde. Neugierig musterten sie und bemerkte dabei deutliche Unterschiede der Gesichter. Manch einer sah ihn einfach nur aus purer Neugierde an, er war schließlich ein neuer. Manche sahen ihn mit einer Skepsis an, vor allem an die schwarzen Gefangenen. Andere musterten ihn gierig und stellten sich wohl bereits vor, wie sie ihn dazu brachten, sich nach der Seife zu bücken. Andere allerdings würdigten ihn keines Blickes, weil er ihnen eindeutig nicht interessierte. Das würde sich aber bald ändern. „Zelle 40 öffnen!“ Die feste Stimme hallte im gesamten Tracht wider, sogar in seinem Kopf hallte das Echo. Vor ihm bewegten sich die Gitterstäbe und er fixierte endlich den Mann, der darin saß. „Fernando, das ist dein neuer Zellenpartner Scofield. Sei nett zu ihm.“ Er wusste genau, dass diese Worte nicht ehrlich waren. Es war ihm weitgehend scheißegal, was die Gefangenen in ihren Zellen trieben. Wieder wurden ihm die Fesseln abgenommen und er wurde direkt in die Zelle gestoßen. „Viel Spaß.“ Er drehte sich um und sah auf Bellick. Ein letztes Mal, bevor die Zelle sich wieder zu schob. „Wie ist dein Name, Frischling.“ Kaum 5 Minuten war er hier und hatte schon einen neuen Kosenamen bekommen. Wieder breitete sich ein Schmunzeln auf seine Lippen aus. „Michael Scofield.“ 
 

*
 

„Wir müssen hier raus.“ Die Blicke hafteten auf ihn und er spürte, wie skeptisch sie momentan zu sein schienen. Dennoch konnte er das vorfreudige Aufblitzen in ihren Augen erkennen, als sie realisierten, was er eigentlich gesagt hatte. „Wann?“ Abruzzi sah ihn ernst an und legte seine Stirn in Falten und für einen Moment würde er es ihm niemals abkaufen, dass er zu den Heiligen übergetreten war. Ein Mafiaboss, der eine Gottheit anbetete und nicht sich selbst? Das war nun wirklich kaum zu glauben und doch vertraute Michael diesem Mann. Er musste ihm vertrauen, zumal dieser die einzige Möglichkeit war, aus Amerika zu verschwinden mit einem Direktflug nach Mexiko. Und so war es ihm egal, ob C-Note den Plan anzweifelte und versuchte gewisse Häftlinge aus der Gruppe zu vernichten. Michael konnte seine Zweifel verstehen, es war ja nicht so, dass er die beiden nicht schon längst im Auge hatte. T-Bag und Abruzzi. Die beiden hatten sich anscheinend noch nie wirklich verstanden, was auch kein Wunder darstellte. Die beiden waren vollkommen verschieden und hatten absolut nichts miteinander zu tun gehabt. Bis zu den Zeitpunkt, an dem Michael das Gefängnis betreten hatte. „Heute.“ Die Überraschung stand den Männern deutlich ins Gesicht geschrieben und doch wusste er, dass sie raus mussten. „Jetzt oder nie.“ 

Michael sah auf Charles und musterte ihn. Obwohl sich der alte Mann nichts anmerken ließ, so konnte er die Blässe kaum übersehen. Michael hatte ein Auge für Details, was als Krankheit eingestuft wurde und er eher als Vorteil nutzte. Ebenso war ihm aufgefallen, dass er unter seine Jacke eine Wunde versteckte. Es war nur eine Sekunde gewesen, an der er ein Blick erhaschen konnte und doch hatte er zur richtigen Zeit hingeschaut. Er hatte dafür gesorgt, dass Bellick ihr Loch im Pausenraum nicht entdeckt hatte und dafür war Michael ihm sehr dankbar. Zu schade, dass er selbst davon eine Wunde davon getragen hatte, aber er erwähnte sie nicht. Ihm zu Liebe. Die anderen würden ihn ansonsten ausschließen oder gar töten. 

„Dann ist dir aber klar, dass wir deinen Bruder nicht mit nehmen können, oder?“ C-Note sah ihn streng an und wenn Michael ehrlich war, störte ihn diese direkte und herrschende Art dieses Zeitgenossen. Er nahm sich hier einiges raus und doch musste Michael den Mund halten, da er nicht wollte, dass C-Note irgendwas verriet. Ihm traute er es zu, genauso wie er es T-Bag zu getraut hatte. „Um Lincoln mach dir mal keine Sorgen.“, sagte Michael mit ernstem und doch ruhigem Tonfall, sodass man meinen könnte, er hätte vollkommen alles im Griff und bereits geplant. Ein Plan im Plan. 

„Und was ist mit der Krankenstation?“, fragte Fernando anschließend, wobei Michaels Mundwinkel für einen Moment in die Höhe zog. „Auch darum werde ich mich kümmern. Ihr müsst nur ein paar Kleinigkeiten erledigen, aber das sage ich euch später.“ Kurz blickte er zur Seite, als zwei Wärter an ihnen vorbei gingen. „Ihr sollt arbeiten und nicht dumm herum stehen!“ Der mahnende Blick war auf die gesamte Gruppe gerichtet, doch nur Abruzzi antwortete. „Natürlich, Sir.“ Michael sah in die Runde und zog jeden Blick, den er kassierte ein. Skeptische und gierige Blicke, die sich abwandten und die Gruppe löste sich auf. Auch Michael wollte sich abwenden, um seine Arbeit wieder aufzunehmen, als er plötzlich eine Hand auf seinem Oberarm spürte, die ihn bestimmend griff. „Wir kommen hier wirklich raus?“ Michael drehte sich um und sah direkt in die Augen von Theodore. Einen Moment lang genoss er diesen Anblick, bevor er leicht nickte. „Ja.“ 

Die Lippen des Brünetten wurden zusammengepresst, während er Michael noch immer anschaute, die Hand nicht von seinem Oberarm weg nahm. „Auf welche Seite würdest du stehen?“ Die Frage verstand Michael nicht sofort. Etwas, das womöglich nur T-Bag schaffte. Unwissenheit war ganz und gar nichts für Michael. Er hatte sonst immer den Überblick über alles. Emotionen, Handlungen und Denkweisen anderer Menschen. Bei T-Bag war das alles aber ein wenig komplizierter, denn dieser Kerl hatte wahnsinnig viele Facetten. Doch Sekunden später wusste Michael, um was es ging. „Dazu wird es nicht kommen, T-Bag.“ Michaels Stimme war noch immer ernst und ruhig, doch merkte er T-Bag sofort an, dass ihm diese Antwort nicht reichte. Der Kerl war selten zufriedenzustellen. „Dieser Moment wird kommen, das weißt du ganz genau, Frischling.“ Die Worte waren ein Zischen, welches sich sofort in Michaels Kopf brannte und doch antwortete er nichts darauf. Sekunden verstrichen und der Griff an seinen Oberarm wurde leichter, während Theodore seufzte. Doch seine Miene verfinsterte sich und er hob das Kinn etwas an, zog seine Brauen in die Höhe und leckte sich kurz über die Lippen. Ein Tick, den er sich wohl nie abgewöhnen würde. „Übertreib es in der Krankenstation nicht.“ Damit nahm er die Hand vollends von Michaels Oberarm und verschwand, ließ Michael hinter sich, der ihm mit einem Schmunzeln im Gesicht nachsah.

Kapitel 1

„Find’ dich damit ab. Wir kommen hier nicht raus und dein Bruder schon gar nicht.“ Aufmunternde Worte waren das sicherlich keine, die C-Note für ihn übrig hatte. Der Ex-Veteran hatte wohl absolut nichts mit Nettigkeiten am Hut und schien das alles zu Hause bei seiner Familie gelassen zu haben. Dass dieser kaum Freunde hier hatte, wunderte Michael nicht, denn mittlerweile hatte sich sogar seine alte Gang von ihm abgewandt. Nur schien das C-Note noch nicht einmal zu merken. Seit dem er sich Michael und den anderen angeschlossen hatte, hatte er seiner alten Gruppe vollkommen den Rücken zu gekehrt. Ein großer Fehler, wie Michael fand, denn selbst er würde sich dadurch mächtig verarscht und hintergangen fühlen. Seit dem dieser Rassenkrieg hier ausgebrochen war, sollte man sich sowieso nicht der gegnerischen Seite anschließen. Doch das konnte Michael ganz egal sein und genaugenommen war es ihm das auch. Er hatte sich fest vor genommen, den Häftlingen hier nicht unnötig zu helfen, sie zu warnen oder sich irgendwo einzumischen. In der normalen Welt, hinter den Mauern des Fox Rivers war er ein Retter gewesen. Jemand, der jedem helfen musste, weil er sich verantwortlich gefühlt hatte. Das hatte er hier abstellen müssen, denn hier zählte nur eines. Sein Bruder. Lincoln war verurteilt. Todesstrafe. Mittlerweile lebten sie in einer Zeit, wo die Todesstrafe unnötig wäre. Barbarisch und unmoralisch. Vor allem gegenüber denen, die unschuldig waren, genau wie sein Bruder. Er war nicht schuldig, das wusste Michael ganz genau, sonst würde er all das hier nicht in Kauf nehmen. Seinen kleinen Zeh hatte er an Abruzzi bereits verloren und er könnte noch wesentlich mehr als nur den kleinen Zeh verlieren, wenn irgendwas schief ging, was bereits passiert war. 

Michael sah auf das sperrige Holz der Tribüne, während er spürte wie sich Fernando neben ihm bewegte und schwer seufzte. „Alles umsonst. Alles umsonst...“, murmelte er vor sich hin und schüttelte mit dem Kopf, während die Wut in Michael innerlich nur so aufloderte. Gerade interessierte ihn ihr Rückschlag wenig, hatte stattdessen andere Dinge im Kopf. Andere Pläne und den morgigen Tag. Er spürte, wie er innerlich zitterte, doch nichts nach außen hin vordringen ließ. Hier durfte man keine Schwäche zeigen, sonst verlor er all das Vertrauen und die Autorität, die er sich schnell aber mühsam erarbeitet hatte. „Hast du noch ein Plan? Hey, ich rede mit dir!“ Er spürte den Schlag auf den Oberarm und sah hoch, direkt auf den Mafiaboss, der sich nun seine Haare zurück strich und ungeduldig die Brauen in die Höhe zog. „Jetzt lasst den Jungen in Ruhe, er hat genug andere Probleme.“, mischte sich Charles nun wehrend ein und stellte sich auf Michaels Seite. Leider nahm nicht jeder diese Geste wirklich so auf, wie es Michael tat. „Es gibt im Moment nur ein Problem und zwar das Loch im Pausenraum und wie zur Hölle wir hier raus kommen.“ - „Das wären aber zwei Probleme.“, verbesserte Fernando den Ex-Veteran, der sich regelrecht aufbaute und bedrohlich auf Michaels Zellengenossen sah. „Hat irgendjemand nach deiner Meinung gefragt?“ 

Michael beobachtete den Streit kurz, ehe er wieder weg sah und die anderen einfach reden ließ. Tatsache war, dass er wirklich genug andere Probleme hatte, auch wenn die Mehrzahl nicht ganz richtig war. Er hatte eines und das war sein Bruder. Der Termin war festgelegt worden und morgen war es so weit. Morgen würde sein Bruder, Lincoln, auf den Stromstuhl geschnallt werden und sterben. Ein Kloß bildete sich in seinem Hals. Das konnte er nicht ertragen, er musste sich etwas einfallen lassen, wie er seinen Bruder hier raus bekam. Doch es war unmöglich. Sein Bruder war im Bunker gelandet, als er einen Wärter angegriffen hatte, um ihn und die Gruppe zu retten. Sie wären alle im Bunker gelandet und hätten obendrein weitere 10 Jahre auf dem Buckel, welche sie hier absitzen mussten. Dann war es auch vorbei mit der Flucht. 

„Ein Gruppentreffen ohne mich? Das finde ich ja gar nicht schön.“ Die flötende Stimme holte Michael augenblicklich aus den Gedanken und er starrte direkt auf T-Bag, der selbstbewusst wie eh und je auf die Gruppe zu ging. „Das hier ist kein Gruppentreffen.“, murrte C-Note sofort und funkelte T-Bag wütend an. Dass er hier nicht erwünscht war, war kaum zu übersehen. Jeder Blinder könnte das sofort erkennen oder gar erriechen. „Na, na. Warum so bissig, Bruder.“ T-Bag stellte sich direkt von C-Note und leckte sich über seine Lippen, legte seinen Kopf schief. „Hast du vergessen, wie schön meine Singstimme ist?“ Die Stirn in Falten gelegt, wandte sich T-Dog nun an Michael und schon spürte Michael die Hand des anderen Häftlings auf seiner Schulter, die leicht zudrückte. „Ich hoffe es gibt einen anderen Plan, Frischling.“ - „Für dich gibt es bald keinen Plan mehr!“ C-Note konnte es anscheinend nicht lassen und dazu stellte sich noch Abruzzi zu den Schwarzen. Natürlich. Zwei, die T-Bag absolut nicht leiden konnten, weil dieser sich hier regelrecht reinerpresst hatte. Dabei sollte C-Note allerdings nicht vergessen, dass er genau das Gleiche getan hatte. T-Bag und er waren nie geplant gewesen, hatte sie davor auch nicht gekannt, geschweige denn von ihnen gehört. Charles und Abruzzi waren die einzigen, die vollkommen eingespannt waren, von Anfang an und auch Fernado, der allerdings mehr zufällig mit ihm in der gleichen Zelle gelandet und somit nun auch sein Partner war. „Hey, ich rede nicht mit dir, Blacky.“ 

Plötzlich stand Michael auf und schob damit unweigerlich die Hand von Theodore weg und ging weg. Weg von diesem Haufen pissiger Männer, die nicht einmal zehn Minuten ohne Streitereien aushielten. Michael konnte das alles absolut nicht gebrauchen, gerade nicht 25 Stunden vor dem Tod seines Bruders. 

Michael ging auf den Zaun zu, Meter weiter weg von den Gesindel auf der Tribüne, die sich gerade das Maul darüber zerrissen und sich gegenseitig beinahe an die Gurgel gingen. Er warf keinen Blick zurück. Es war ihm vollkommen egal, was sie dahinten trieben, wichtig war gerade nur sein Bruder. Lincoln hatte ihm geschworen, dass er es nicht gewesen war und er vertraute ihm. Auch wenn er sich anfangs nicht sicher gewesen war, ob sein Bruder wirklich die Wahrheit gesagt hatte und doch wusste er, dass sein Bruder zu so etwas nie fähig gewesen war. Zumindest hatte er das immer geglaubt. Michael hob seine Hand und griff nach dem Zaun, hielt sich daran fest, während er hinaus starrte. Er observierte den Eingang des Gefängnisses, anschließend sah er in die Richtung des Todestrakts. Noch immer spürte er die Wut in sich und am liebsten hätte er alle nieder geschrien, hätte seinen Bruder jetzt auf der Stelle befreit. Und doch wusste er, dass solch ein Verhalten ihm das Leben kosten könnte, denn die Wachen waren alle schwer bewaffnet. 

„Abhauen sieht dir gar nicht ähnlich, Frischling.“ Michael presste die Lippen zusammen, als er die Stimme hörte. Kurz darauf tauchte auch schon der Eigentümer dieser Stimme auf und lehnte sich neben Michael mit dem Rücken zum Zaun gegen diesen. „Ich bin nicht abgehauen, ich habe nur Abstand gebraucht.“, sagte Michael ruhig, auch wenn er das gar nicht wirklich war. Er spürte den Blick von T-Bag auf sich, der ihn musterte, sah selbst allerdings nicht zu ihm. Er wusste genau, wie er aussah und er konnte sich schon vorstellen, wie dessen Blick gerade auszusehen schien. Die Brauen leicht in die Höhe gezogen, während er ihn mit Sicherheit eindringlich musterte, als könnte er damit irgendwas bezwecken. „So kann man das auch nennen.“, antwortete T-Bag anschließend und schnaufte belustigt auf. Nun warf Michael doch einen Blick auf den Anderen, der seinen Kopf an den Zaun lehnte und nicht, wie gedacht, auf Michael sah, sondern zur Tribüne. „Die anderen sind jetzt skeptisch, Frischling. Denkst du, wir schaffen es noch hier raus?“ Michael wandte den Blick wieder ab und würde darauf am liebsten nicht antworten. Und doch war es eine normale Frage, die nicht beleidigend wirken sollte. „Das werden wir, keine Sorge.“ - „Hab ich aber.“ Natürlich. Jeder machte sich Sorgen, dass sie hier nicht heraus kamen. Fernando wollte seine Freundin wieder sehen, die kurz davor war, mit jemand anderen richtig glücklich zu werden. Charles wollte seine kranke Tochter besuchen gehen, ein letztes Mal, um ihr die Ehre zu erweisen. Abruzzi wollte Rache. Die einzigen, von denen Michael noch nicht viel wusste waren C-Note und T-Bag. Das waren die einzigen, von deren Hintergründe er nichts wusste und er wusste nicht, was er davon halten sollte, schließlich hatte er nie vor gehabt, weiteren Häftlinge hier raus zu helfen, damit sie ihre Untaten weiter fröhlich ausüben konnten. Aber gerade blieb ihm absolut nichts anderes übrig und er musste sich damit wohl oder übel abfinden. 

Einen kleinen Moment lang sah Michael durch die Gitter, bevor er seinen Blick erneut abwandte und direkt auf T-Bag sah, der seinen Blick erwiderte. T-Bag musterte Michael und wollte anscheinend noch etwas sagen, doch die Wärter kamen ihm zu vor. „Die Auszeit ist vorbei! Es geht wieder rein!“ Michael löste sich vom Gitter und ließ T-Bag alleine stehen. 
 

„Michael, ich versteh das mit deinem Bruder ja, aber du solltest dir etwas einfallen lassen.“ Fernando ging nervös in der Zelle auf und ab, während Michael in seinem Bett saß und die Wand anstarrte, als würde diese sich jede Sekunde in Luft auflösen. „Ich bin dabei.“, murmelte Michael, wesentlich gereizter, als die gefühlten hundert Male davor, in denen ihm regelrecht befohlen wurde, dass er sich etwas einfallen lassen sollte. Wie gut, dass die anderen nicht wussten, dass er bereits einen Plan hatte. Möglicherweise würde er sich vor den anderen nicht mehr retten können und hätte dann absolut keine Zeit mehr für sich und seine eigenen Gedanken, sie sich nach wie vor nur noch um Lincoln drehten. So sehr er sich bemühte, er wusste nicht, wie er seinen Bruder da wieder raus bekommen konnte. Es war ihm ein Rätsel. „Wir müssen das Loch zu machen.“, murmelte Michael und leckte sich leicht über seine Lippen, sah anschließend auf Fernando, der sich nun wesentlich beruhigter gab, da Michael endlich was gesagt hatte. Er konnte wenigstens ihn nicht komplett im Dunkeln tappen lassen, das wäre nicht fair. Fernando hatte sich mit Abstand am besten um die Sache gekümmert, war mit mehr Leidenschaft als alle anderen heran gegangen. Liebe konnte wohl so einiges verändern, sogar das Gefühl während eines Ausbruches. 

„Ja... ja, das stimmt.“ Fernando nickte und atmete einmal tief durch. Nun setzte er sich auch mit auf Michaels Bett und sah rüber auf ihn. In seinem Blick konnte Michael deutlich das Mitleid herauslesen, das er jetzt kaum gebrauchen konnte. Es war schwer genug, selbst daran denken zu müssen, dass andere ihm das dann auch noch zeigten, machte es für ihn noch unerträglicher. „Morgen, oder?“ Michael nickte als Antwort leicht und versuchte seine Gefühle für sich zu behalten. Er hatte von Anfang an gewusst, dass Gefühle im Gefängnis nicht willkommen waren. Sie machten schwach und boten eine gute Angriffsfläche. Und so ungerne er das auch zugab, war er gerade sehr verletzlich. Sein Bruder bedeutete ihm fiel, auch wenn die vergangenen Jahre ganz anders ausgesehen hatten. Während er auf College gegangen war und gelernt hatte, damit seine Zukunft bestens aussah, hatte sein Bruder Drogen genommen und war tief gesunken. Michael hatte ihn für einen Schmarotzer gehalten, der nicht besser war, als ihr Vater, der abgehauen war und doch war das Lincoln nie und deshalb hatte er ihn trotz allem geliebt. „Ich will ihn noch besuchen, bevor er geht.“, sagte Michael und schluckte schwer. Er wollte das ehrlich gesagt nicht sehen und doch musste er seinem Bruder beistehen. Er war es ihm schuldig. Fernando schwieg. Darauf konnte man auch nichts sagen. Floskeln wie ‘es wird alles wieder gut’ oder ‘mach dir keinen Kopf, das wird schon’ waren in diesem Fall völlig überflüssig und würden nur Wut in Michael aufkommen lassen. Lincoln hatte keine Erkältung, die wieder verschwand. Es wäre Michael auch wesentlich lieber, wenn er einen Unfall gehabt hätte, bei dem er hätte sterben können, damit er wenigstens ein wenig Hoffnung für eine Genesung hätte. Aber hier war es nicht der Fall. Man konnte nur hoffen, dass die Strafe aufgeschoben wird, da Lincolns Anwältin, Veronica, etwas herausfand, das ihn wenigstens etwas entlasten könnte. Er hoffte es so sehr, doch diese Hoffnung war so gering, dass die Angst wesentlich mehr Einfluss auf ihn hatte. Michael stand von seinem Bett auf, hatte das Bedürfnis, sich ein wenig zu bewegen. Er ging auf die Gitter seiner Zelle zu und schob seine Hände in die Hosentasche. Schon bald würde die tägliche Zählung beginnen. Stumm schaute er sich um und entdeckte schon die ersten Wärter, die sich für die besagte Zählung bereit machten. Anschließend ließ er seinen Blick durch die anderen Zellen streifen. Charles, der auf seinem Bett sah und die kleine goldene Taschenuhr anstarrte, Abruzzi, der sich an die Wand gelehnt hatte und mit seinen Kumpanen sprach, C-Note, der wütend auf und ab ging und T-Bag, der seinen Blick direkt erwiderte. Michael konnte wegen dieser Intensität nicht weg schauen.

Kapitel 2

Nervös knetete Michael seine Hände, während er seinen Blick auf den grünen Rasen geheftet hatte. Solche Gefühle waren schlimm. Er spürte die Trauer und die Angst. „Frischling.“ Innerlich rollte Michael mit den Augen, als er schon wieder diese Stimme hörte. Er konnte es jetzt wirklich nicht hören, dass er sich etwas einfallen lassen musste und dass sie alle hier raus wollten. Mittlerweile wusste Michael es ganz genau und man brauchte es ihm nicht immer und immer wieder sagen. Dadurch wurde alles auch nicht besser. Das Holzbrett senkte sich, obwohl sich praktisch ein Fliegengewicht darauf setzte. „Was ist T-Bag? Passt es dir nicht, dass ich auf deiner Tribüne sitze?“ Michael hob leicht seine Brauen, als er auf den Brünetten rüber sah, der den Kopf schüttelte. „Nein, nein. Bleib ruhig sitzen.“ Irgendwie wusste man nie, ob T-Bag das, was er sagte, ironisch meinte oder wirklich ernst. Dieser Kerl war zwar in manchen Situationen so unglaublich leicht zu durchschauen, aber manchmal sprach er in Rätseln. „Ich liebe Gesellschaft.“, fügte der Dunkelhaarige anschließend hinzu und Michael wandte seinen Blick zu T-Bag, der sich nun über die Lippen leckte und ihn musterte. Wie auch immer T-Bag es schaffte, sah sein Blick entweder wütend oder hungrig aus. Etwas, das Michael noch weniger gefiel, einfach weil man nie richtig wusste, wo man es einordnen sollte. 

Michael antwortete darauf einfach gar nichts, sondern sah wieder nach vorne und versuchte sich von seiner Nervosität nichts anmerken zu lassen. Das war etwas, das vor allen an T-Bag nicht mitbekommen sollte. Es wirkte, als würde der Kerl Angst riechen können und es für sich ausnutzen. Immerhin schien er eine Schwäche für Schwächere, die sich nicht wehren konnten, zu haben. Michael sah aus dem Augenwinkel, wie sich Theodore rührte, es sich bequemer machte und tief, fast schon theatralisch, seufzte. „Es ist immer so eintönig hier.“, hörte er ihn sagen, während Michael automatisch seinen Blick durch die Gegend schweifen ließ. Tatsächlich hatte Theodore Recht. Das Leben hier war so eintönig, dass Michael fast, aber wirklich nur fast, Mitleid mit den Häftlingen empfand. Man vegetierte hier Tag ein Tag aus vor sich hin und mit etwas Glück bekam man etwas Abwechslung hier rein. Es war nicht verwunderlich, wenn man hier noch krimineller wurde, als man ohnehin schon war. Man sorgte selbst für ein wenig Abwechslung und Unterhaltung. So wohl auch der Krieg zwischen Schwarzen und Weißen, der hier geführt wurde, als Michael gerade einmal zwei oder drei Tage gesessen hatte. Das war der Tag, an dem Michael zugegebenerweise sogar Angst vor T-Bag gehabt hatte. Dieser Blick, als sein Zellengenosse tot am Boden gelegen hatte, wie er ihn angesehen hatte. Verdammt, ja. So ein Mann war unberechenbar, wenn ihm etwas genommen wurde und er sonst nichts mehr hatte. Es hatte Michael sogar für einen Moment leid getan, im Nächsten allerdings hatte er eher gedacht, dass es eine Erlösung für den Kerl war. Wer wollte schon gerne im Knast verrotten und dabei auch noch das Spielzeug eines Mehrfach-Vergewaltiger sein? Doch Michael hatte kein Recht irgendein Urteil zu fällen, was er doch tagtäglich hier machte. Etwas, das anderen wohl nie wirklich gefiel und doch lag er meistens richtig. 

„Ich muss zugeben, du hast hier ein wenig Wind in die Sache reingebracht.“ Michael runzelte leicht seine Stirn und sah rüber auf T-Bag, um zu erkennen, wie genau er das meinte. „Ich mach das aber nicht für dein Vergnügen.“, stellte er klar und behielt T-Bag dieses Mal auch im Auge. Er tat es wirklich nicht für den Kerl. Er hatte ihn nie in die Sache mit eingeplant, nie. Er hatte noch nicht einmal irgendwas von ihm gehört und somit hatte T-Bag für Michael keinerlei Bedeutung. Im Gegenteil. Wenn es nach Michael ging, würde er seine volle Strafe hier absitzen, so wie er es auch verdient hatte. Er sah zu, wie sich T-Bag dieses Mal über die Zähne leckte und anschließend nickte. „Ja, ich weiß.“ Dieses Mal war es T-Bag, der seinen Blick abwandte und nach vorne sah, seine Finger ineinander verschränkte, während seine Arme locker auf seine Oberschenkel lagen. „Mir ist völlig bewusst, warum du hier bist.“ Michael senkte seinen Blick ein wenig. Er erinnerte sich wieder an seinen Bruder, wobei er ihn doch für ein paar Sekunden vergessen hatte. „Leider ist es zu spät, zu schade.“ Ein keckes Schmunzeln lag auf den Lippen von T-Bag, als er wieder seinen Blick auf Michael richtete und diesen musterte. „Aber ich kann dir eines sagen, Frischling. Dein Bruder hätte es beinahe geschafft und er stirbt mit dem Gedanken, nicht alleine gewesen zu sein. Jemand hat sich um ihn bemüht.“ Das erste Mal in seiner kompletten Gefangenschaft war Michael von einem Häftling so dermaßen überrascht. Er hätte solche Worte niemals von T-Bag erwartet, niemals. Für einen Moment schwieg Michael und sah in die dunkelbraunen Augen des Häftlings. Er hatte Recht, so ungern er es auch zugab. Wenn sein Bruder jetzt starb, dann mit dem Gefühl, dass sich jemand um ihn bemüht hatte. Angedeutet nickte er und sah anschließend wieder schweigend nach vorne. „Kann schon sein...“, beantwortete er die Aussage trocken, wenn er es auch nicht so trocken meinte. Doch noch immer war er sich nicht sicher, wie er T-Bag entgegentreten sollte und entschloss sich dann doch lieber für die Gleichgültigkeit. Als Antwort bekam er nun ein Lachen. „Darüber hinaus könntest du selbst auch ein wenig frischen Wind...“, er spürte, wie sich T-Bag noch ein wenig mehr zu ihm lehnte, sodass sich sogar ihre Oberarme berührten, „... und Unterhaltung gebrauchen, Hübscher.“ Der letzte Satz bescherte Michael sogar eine Gänsehaut. Es waren nicht die Worte, sondern viel eher wie Theodore diese aussprach. Hungrig, anzüglich, als würde er genau wissen, welchen Ton man benutzen musste, um jemanden um den Verstand zu bringen. Michael verharrte und bewegte sich keinen Millimeter. Nicht einmal, als T-Bag aufstand und er noch dessen Hand auf seine Schulter spürte. Nur kurz und trotzdem entging es Michael nicht. „Überleg es dir.“ Michael hob seinen Blick nochmals kurz, als T-Bag gerade die Tribüne runter gestiegen war und sich noch einmal zu Michael umgedreht hatte. „Du weißt, wo du mich finden kannst.“, fügte T-Bag hinzu und strich mit seinen Fingern über sein Mundwinkel, funkelte Michael dabei hungrig an, bevor er verschwand. Für einen Moment sah Michael dem Brünetten hinterher und schüttelte anschließend seinen Kopf. Es war nicht das erste Mal, dass T-Bag etwas Anzügliches zu ihm gesagt hatte, nein im Gegenteil. Doch heute hatte Michael das erste Mal das Gefühl, dass T-Bag nicht ganz so unerwünscht war, wie er immer zu glauben schien. Die Worte, die der Kerl für Michael übrig hatte, hatten ihn doch tatsächlich etwas beruhigt. Während die anderen sich alle nur um den Ausbruch kümmerten, hatte ausgerechnet T-Bag ein paar nette Worte übrig gehabt. Und doch war es für Michael nicht genug. Damit gab er sich garantiert nicht zufrieden, nein! Er war hier, um seinen Bruder herauszuholen, doch er wurde trotzdem getötet. Abgeschlachtet wie ein Tier, dabei war er doch unschuldig! Michael presste seine Lippen aufeinander und ballte seine Hand zu einer Faust. „Lincoln...“ 
 

„Wir werden ihn gleich her bringen.“, sagte der Wärter streng, während er Michael die Handschellen abnahm, als er sich auf einen Stuhl im Wartezimmer gesetzt hatte. Seine Hände zitterten nicht, doch er spürte, dass er innerlich schrie und um sich schlug. Am liebsten hätte er den Todestrakt gestürmt, wäre Amok gelaufen, nur um seinen Bruder zu befreien. Und dann wären ihm die anderen Häftlinge auch egal. Doch er musste ruhig bleiben. Selbstbeherrschung war das A und O und die durfte er nicht verlieren. Leicht nickte er und sah dem Wärter schweigend hinterher, bevor er auf Veronica sah. Sie hatte ihm gegenüber gesessen, bevor sie aufsprang. Auch er stand auf und umarmte die Ex-Freundin von Lincoln. Victoria gehörte zur Familie, auch wenn sie lange nicht mehr mit seinem Bruder zusammen war. Sie war ein Mensch mit einem großen Herzen und dafür schätze er sie. Mittlerweile war er nicht mehr so froh darüber, dass die beiden sich getrennt hatten. Als er noch geglaubt hatte, dass sein eigener Bruder ein Nichtsnutz war, war er der Meinung gewesen, dass Lincoln diese wundervolle Frau nicht verdient hatte. Doch jetzt wünschte er sich nichts sehnsüchtiger, als dass die beiden wieder zusammen fanden. Lincoln brauchte jemanden wie Veronica. Er brauchte jemanden, der an ihn glaubte, jemanden, der sich um ihn sorgte. Und Veronica war die einzige Person, die die Todesstrafe verhindern konnte, Michael setzte viel darauf. „Oh mein Gott, Michael...“, schluchzte sie, wobei Michael die junge Frau noch fester an sich drückte. Die Trauer um Lincoln teilten sie beide und es stimmte wohl... Geteiltes Leid war halbes Leid. Doch war dieses Leid so unendlich groß, dass es noch immer schmerzte, obwohl sie zu zweit waren. Die Umstände waren noch schrecklicher, denn sie beide wussten, dass es sehr viele Menschen gab, die Lincoln lieber tot sahen. „Es tut mir so leid...“ Das waren Worte, die Michael Victoria wirklich glaubte, obwohl sie für diese Sache nichts konnte. „Du hast dein Bestes gegeben.“, murmelte er und löste sich langsam von ihr, musterte sie. Die Tränen standen in ihren Augen und warteten nur darauf, über ihre Wangen zu kullern. Sachte schüttelte er seinen Kopf. „Nicht, er soll es nicht sehen...“ 

Quietschend ging plötzlich die Tür auf, wobei sich Veronica sofort von Michael löste. Sie beide hatten nichts zu verbergen und doch hatten sie sich so plötzlich voneinander getrennt, dass man es denken könnte. Doch es war eher die Aufregung, dass sie beide Lincoln wieder sehen durften. Das letzte Mal. Dieser Gedanke schmerzte, ebenso, Lincoln komplett gefesselt hier eintreffen zu sehen, als wäre er der Schwerverbrecher schlechthin. Sowohl Veronica als auch Michael wussten es wohl besser... 

Sie unterhielten sich und trauerten, wenngleich stumm. Michael versuchte seinen Bruder mit einem Spiel abzulenken, doch es wurde von Minute zu Minute immer schwerer. Niemand konnte es glauben, dass heute der letzte Tag sein würde an dem er lebte und dieser bahnte sich den Weg zum Ende. Jeder Herzschlag, den er spürte, bedeutete, dass es immer weniger wurden, die er mit Lincoln teilen konnte. So war es auch schwer, seinem Bruder dabei zu zusehen, wie dieser den Weg zum Stuhl ging. Langsam und doch brachte alles nichts mehr. Je langsamer er lief, desto schlimmer wurde es wahrscheinlich, denn die wenigen Augenblicke, denen ihnen noch blieben, waren qualvoll. So schlecht hatte sich Michael noch nie in seinem Leben gefühlt und er spürte, dass auch ein Teil von ihm selbst langsam vor sich hin starb. Den Anblick seines Bruders auf dem Stuhl war der Schlimmste von allen. Während sie vor der Scheibe saßen und Lincoln bei der Vorbereitung zu sehen durften. Es war krank, nicht mehr und nicht weniger. Obwohl Michael doch ein Anhänger der Todesstrafe gewesen war - zumindest hatte er es damals irgendwie verstehen können - war das jetzt mit Sicherheit nicht mehr der Fall. Menschen wurden wie Tiere zur Show gestellt. Niemand durfte bei ihm sein, ihm seine Hand halten, ihm wirklich beistehen, so wie es jeder Mensch verdient hatte. Nein, sie durften nur zusehen. Michael sah seinem Bruder direkt in die Augen und das erste Mal sah er diese Angst in dessen Blick. Diese Angst, die er noch nie zu vor gesehen hatte, übte einen Druck in Michaels Herz aus. Er spürte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen, sie brannten und wollten raus. Doch er durfte nicht weinen. Diesen Anblick sollte Lincoln nicht von ihm bekommen, so sollte er ihn nicht als letztes Mal sehen. Stattdessen hob Michael seine Mundwinkel und doch wollte ihm das Lächeln nicht gelingen. Seine Kehle war trocken, so auch das Lächeln. Tief holte er Luft, als er Lincoln etwas sagen sah. Er konnte ihn nicht hören und doch versuchte ihm sein Bruder noch etwas sagen zu wollen. Sofort begann Michael zu zittern an und wollte geradewegs aufspringen, doch der Wärter hinter ihm hielt ihn ab. „Was? Was hast du gesagt? Lincoln!“ Lincoln wurde eine ein Tuch über den Kopf gelegt und plötzlich ging der Vorhang zu.
 

Michael würde wohl nie erfahren, was sein Bruder ihm in der letzten Sekunde zu sagen versuchte...

Kapitel 3

„Ich weiß nicht, was es ist, aber irgendwas scheint er Wert auf den Arsch deines Bruders zu legen.“ Das war wohl die nette Art von C-Note zu sagen ‘Ich bin froh, dass es deinem Bruder gut geht’. Gleichzeitig hatte Michael das Gefühl, dass es dem Ex-Veteran scheißegal war, wie es Lincoln tatsächlich ging. „Der Meinung bin ich auch.“, sagte Lincoln trocken, als er gerade den Pausenraum der Wärter betrat und alle Blicke auf sich zog. Ja, es kam selten vor, dass jemand kurz vor der Hinrichtung doch noch am Leben bleiben durfte, weil ein plötzlicher Anruf reinkam. Einen kleinen Funken Hoffnung hatte sich in Michael breit gemacht, als er gehört hatte, dass die Strafe aufgeschoben wurde. Zwei Wochen. Es war nicht viel, aber es sollte ausreichen, Lincoln hier raus zu bringen. „Dann sind es eben wieder einer mehr.“ Michael sah in die Richtung, aus der die Stimme kam und sah direkt auf Theodore, der sich an die Hacke lehnte. Am liebsten hätte Michael jetzt etwas gesagt, doch dann sah er dessen Blick auf sich, den er wieder einmal kaum zuordnen konnte. Doch schien sich T-Bag an die letzten Worte, die er zu ihm gesprochen hatte, zu erinnern. Worte, die er anscheinend nicht zu seiner Bespaßung gesagt hatte oder um andere in den Dreck zu ziehen. 

Lincoln allerdings wusste nichts davon, weshalb er sich für einen Moment aufbaute. „Vielen Dank für deine Anteilnahme, T-Bag.“ Der Sarkasmus war voll und ganz heraus zu hören, weshalb Michael sogar kurz schmunzeln musste, als er den Blick von T-Bag abwandte. Er würde kein Wort darüber verlieren, dass T-Bag auch nur für einen Moment nett zu ihm gewesen war, zumal er nicht wusste, ob es nur eine Masche von ihm war, damit Michael schwach wurde und sich für das Arschloch einsetzte. Nein, so weit würde es nicht kommen. Michael hatte nie vorgehabt, sich jemals von einem dieser Häftlinge verarschen zu lassen. „Wir brauchen noch etwas zum Spachteln.“, merkte Charles an, der seinen Spachtel in den leeren Eimer warf, in dem das Zement noch bis vor wenigen Minuten gewesen war. „Ich hole was.“ Michael lehnte seine Hacke gegen die Wand und wandte sich von der Gruppe ab, um anschließend den Raum zu verlassen. John stand Wache, diesem nickte er kurz zu, als er an ihm vorbei ging. 

Jetzt, wo sie alle wieder vollständig waren, konnten sie bald aus dem Gefängnis verschwinden. Er spürte bereits die Vorfreude in sich aufsteigen und konnte es kaum erwarten, mit seinem Bruder ein neues Leben anzufangen. Weit weg von all den Vorurteilen und dem unfairen Verhalten Amerikas. Obwohl Michael ein waschechter Amerikaner war, so zweifelte er mittlerweile am gesamten System. So war die Flucht noch nicht einmal eine pure Aktion, seinen Bruder zu befreien, sondern auch seine Art Amerika zu sagen, wie durchschaubar das System hier war. Er musste sich nur einfallen lassen, was er mit den anderen anstellte. Er konnte nicht alle mitnehmen, das war viel zu riskant. Je weniger es waren, desto besser. Allerdings hatte er das Gefühl, dass das nicht so einfach werden würde, wie man es denken mochte, immerhin wussten sie alle Bescheid und ein falsches Wort reichte aus, um ihren Plan komplett zu zerstören. Es war viel zu riskant den Plan zu durchkreuzen, dazu war er zu exakt geschmiedet worden. 

„Hübscher!“ Michael runzelte seine Stirn und sah über seine Schulter auf T-Bag, der ihm gefolgt war. Er hatte es gar nicht gemerkt, aber so lange schien er ihm auch noch nicht zu folgen, wenn er geradewegs auf ihn zu joggte. Doch Michael dachte gar nicht daran, langsamer zu laufen, damit der Häftling aufholen konnte. Das tat er so oder so schon. „Ich dachte ich helfe dir ein wenig.“ Sogar dieses Angebot klang aus dem Mund des Vergewaltiger verdammt anzüglich. „Ich brauche keine Hilfe, aber danke.“ Michael ging auf einen Wagen zu, wo ihr ganzes Material gestapelt war. Von Zement bis hin zu vereinzelten Kleinteile. „Dein Bruder lebt tatsächlich noch, huh? Dann kann ja alles bald weiter gehen.“ Die Stimme des Häftlings war etwas gedämpfter, für Michaels Geschmack allerdings noch immer zu laut. „Exakt.“, antwortete Michael, während er misstrauisch auf den Brünetten sah. Beim Wagen angekommen, schnappte er sich einen Eimer, den er in T-Bags Hände drückte. „Hol Wasser, wenn du schon helfen willst.“ Der Brünette seufzte und ging auf den Schlauch zu. Während sich Michael zum Wagen beugte, spürte er den Blick auf sich, doch versuchte er ihn zu ignorieren. Es war ihm schon öfter aufgefallen, dass T-Bag ihn zu beobachten schien und Michael wusste noch nicht, ob er es einfach ignorieren sollte oder nicht. Noch immer hatte er das Bild im Kopf, als T-Bag ihn so hasserfüllt angesehen hatte, als dessen Zimmergenosse gestorben war. Er hatte keine Angst mehr, doch ganz wohl war ihm bei der Sache auch nicht. Darüber hinaus war ihm noch gar nicht bewusst, wie lange T-Bag ihn Hübscher nannte. Er sollte mehr darauf achten, was der Brünette sagte. Michael riss den Sack Zement auf und kippte das Pulver in den Eimer, welchen T-Bag wieder zurück gebracht hatte. „Ich habe mich gefragt, ob du es dir schon überlegt hast.“ 

Michael hatte für einen Moment das Gefühl, sich verhört zu haben. Möglicherweise verstand er gerade auch nur den Kontext nicht, doch irgendwie kam ihm die leiseste Ahnung, was T-Bag da gerade eben wirklich meinte. Michael warf den leeren Sack zur Seite und hob seinen Blick. „Was meinst du?“, fragte er nach und musterte das Gesicht des Häftlings. Das Schmunzeln, das sich auf dessen Lippen bildete, jagte Michael einen Schauer über den Rücken. „Das von letztem Mal.“ Ohne den Blick von Michael abzuwenden, griff T-Bag nach einem Stock und drückte diesen in Michaels Hand. „Vergiss nicht zu rühren, Hübscher.“ 

Kurz zögerte Michael, bevor er sich etwas vorbeugte und mit dem Stock das Pulver mit dem Wasser vermischte. „Ich denke ich verzichte...“, antwortete er, versuchte dabei noch gelassen und so klar wie möglich zu sprechen, obwohl Michael absolut nicht wusste, was er von dem hier halten sollte. „Du denkst?“ T-Bag ging in die Hocke, damit er in direkter Augenhöhe zu Michael war, welcher zugeben musste, dass die Gegenfrage gut ausgewählt war. Denn Michael hatte absolut keine Ahnung, warum er nicht direkt ‘nein’ gesagt hatte. „Ich muss mich verbessern, ich meine damit, dass ich auf jeden Fall verzichte.“ T-Bag legte den Kopf leicht schief und sah Michael an, als würde er ihn bemitleiden. „Wirklich? Dir könnte Unterhaltung sicherlich nicht schaden.“ In diesem Augenblick konnte Michael seinen Blick nicht von dem Brünetten abwenden. Es ging einfach nicht. So, wie er sich über die Lippen leckte und Michael musterte. Obwohl er nicht gerade mit Fingerspitzengefühl an die Sache heran ging, war es ihm deutlich anzusehen, dass er sich seine Gedanken machte, wie er da heran gehen sollte. Er richtete sich nun etwas auf, wobei er Michael ziemlich nahe kam und irgendwie konnte sich Michael kaum einen Millimeter bewegen. Er konnte noch nicht einmal zurückweichen, obwohl er es eigentlich wollen müsste. „Und ich bin gut darin, jemanden zu unterhalten.“ Die raue Stimme drang tief in Michaels Ohr und sorgte für eine Gänsehaut, die sich über seinen ganzen Körper zog. Er spürte den warmen Atem an seinem Ohr und drehte langsam den Kopf zu T-Bag, während seine kreisenden Bewegungen des Stockes langsam verstummten. Die beiden Gesichter waren sich nahe, zu nahe und gleichzeitig war es auch ein angenehmes Gefühl. Michael war seit einer Ewigkeit niemanden mehr so nahe gekommen, doch bislang hatte er das Bedürfnis wenn dann nur bei der Ärztin gehabt. Er spürte den Atem T-Bags kurzzeitig auf dem seinen, bevor sich Michael endlich fangen konnte. „T-Bag.“, knurrte Michael bedrohlich, wobei genannter nur süffisant grinste und sich von Michael löste. „Hübscher, Hübscher. Du wirst es dir noch anders überlegen, mit Sicherheit.“, seufzte T-Bag und schien sich tatsächlich so sicher zu sein, wie er sich gab. Der Brünette schob die Hände in seine Hosentaschen, während er summend von dannen zog und Michael mit der Arbeit alleine stehen ließ. 

Es dauerte auch tatsächlich eine Weile, bis sich Michael wieder komplett beruhigen konnte. Er wusste, dass T-Bag eine eigene Art hatte und auf so etwas sehr wohl aus war. Sex mit Männern schien für den Kerl absolut kein Problem zu sein, im Gegenteil. War der Kerl so süchtig danach, dass er vor nichts zurück schreckte? Aber bei der Aussicht, hier wohl nie wieder raus zu kommen, war dieses Verlangen wohl oder übel völlig normal. Aber nicht für Michael, auch wenn ihm das Kribbeln in seinem Körper etwas völlig anderes verriet. 
 

Michael nahm den Eimer in die Hand und schleppte ihn zurück zu den anderen. Sie arbeiteten weitere Stunden im Pausenraum, als ein Wärter schlussendlich auftauchte, um ihnen zu verkünden, dass ihre Arbeit für heute getan war. Das Loch wurde augenblicklich verdeckt und der Tisch darauf gestellt, noch bevor der Wärter seinen Kopf durch die Türe strecken konnte. 

Vereinzelt trotteten sie aus dem Pausenraum. Michael war einer der letzten, hinter ihm war nur noch T-Bag, der ihm artig folgte. „Was macht dich so sicher, dass ich es mir anders überlegen werde?“, fragte Michael nach, nutzte es aus, dass sie einen gewissen Abstand zu den anderen hatten. Im selben Moment aber, bereute er seine Frage, da ihm einfiel, dass es eine Bestätigung für T-Bag sein konnte, dass Michael es sich tatsächlich noch überlegte. Das allerdings tat er nicht. Glaubte er zumindest und wenn doch, dann widerte ihn das wirklich an. „Ach, Hübscher...“, fing T-Bag an, lief allerdings noch dicht hinter Michael, statt aufzuholen. „Ich weiß es einfach.“ Auch wenn Michael T-Bag nicht sehen konnte, so wusste er, dass dieser breit hinter ihm grinste. Auf die Aussage hin schwieg Michael, da T-Bag sowieso noch etwas hinzufügte. „Ich weiß einfach, dass du alles machen musst, was ich sage. Immerhin willst du deinen Bruder hier raus bringen, oder nicht?“ Er spürte nun leicht den Oberkörper des anderen an seinem, das Gesicht war nahe an seinem Ohr, während er gesprochen hatte und Michael spürte, wie sich sein Magen zusammen zog. Für einen Moment musste er die Augen schließen. Die Aussage gefiel ihm ganz und gar nicht, da sie zum Teil sogar stimmte. Nur aus diesem Grund war T-Bag ein Teil der Gruppe. „Du solltest also wirklich gut darüber nachdenken...“, hauchte T-Bag schlussendlich und ging anschließend an Michael vorbei. Dabei verkrampfte sich Michaels Magengegend komplett, nachdem er die Finger des Anderen an seinem Hintern gespürt hatte. 

Während er Theodor nachsah, spürte er wie sein Herz raste. Michael hatte den Dunkelhaarigen im Visier, auch als sie die Geräte alle im Schuppen verstauten. Erst als er Lincolns Hand auf seiner Schulter spürte, zuckte Michael zusammen und sah auf seinen Bruder, der ihn besorgt musterte. „Ist alles in Ordnung bei dir?“ Eine gute Frage, das musste Michael zugeben. Er wusste darauf keine Antwort und trotzdem nickte er. „Ja, alles in Ordnung.“, antwortete er gekonnt und schluckte seine Sorgen einfach runter. „Gut, gibt es schon einen Plan?“, fragte Lincoln nach und er war dabei wohl der einzige, bei dem Michael nicht am liebsten ausrasten würde. Sein Bruder war eben etwas anderes und wenn dieser etwas fragte, dann beantwortete es Michael ohne Probleme damit zu haben. „Wir graben das Loch zu Ende...“, murmelte er gedämpft und hatte sich dabei mehr zu Lincoln gelehnt. „Damit dürften wir in zwei Tagen fertig sein. Dann geht es raus.“ Er sah hinauf und sein Bruder erwiderte den Blick. Er bekam eine Gänsehaut, wenn er daran zurück dachte, wie er an den Stuhl geschnallt wurde und konnte gar nicht beschreiben, wie froh er doch war, dass er noch lebte. Lincoln nickte und wandte sich anschließend langsam von seinem Bruder ab, wobei Michael ihm kurz hinterher sah. Anschließend wandte er den Blick zu T-Bag, der die beiden die ganze Zeit beobachtet hatte und sich nun mit dem Daumen über seine Lippen fuhr.

Kapitel 4

Tobender Aufstand war bereits hinter der Wand zu hören, während Michael den schmalen Flur entlang ging, zurück zum Eingang, der in seine Zelle führte. Michael wusste von dem Aufstand Bescheid, immerhin war er derjenige gewesen, der ihn zugelassen hatte. Sucre war einfach der Beste darin, andere zu provozieren, obwohl er selbst ein lieber Kerl war. Oft dachte Michael daran, wie froh er eigentlich war, dass ausgerechnet Fernando sein Zellengenosse war, immerhin hätte es ihn deutlich schlimmer treffen können. Er wollte sich gar nicht ausmalen, was gewesen wäre, wäre er sofort mit jemanden wie T-Bag in einer Zelle gelandet.

Michael beeilte sich und hielt sich an den Rohren fest, bis er endlich am Loch angekommen war. Er drückte den Kasten der Toilette weg und kroch aus seinem Loch hervor und sofort hatte er Fernandos Gesicht vor seinen Augen. „Gott sei Dank.“, hauchte dieser und zitterte am ganzen Körper, während er Michael am Arm packte und ihn da raus zog. „Und?“ Michael klopfte seine Klamotten sauber, bevor er antwortete: „Alles ist bereit.“ Er hörte wie Fernando abermals aufatmete und sich den Schweiß von seinem kahlen Kopf wischte. „Du glaubst gar nicht, wie beruhigt ich bin, das zu hören.“ „Nicht nur du.“ Michael sah zum weißen Lacken, der die Einsicht in ihre Zelle verhinderte. Es war eigentlich das Zeichen, dass zwei Häftling ein wenig Privatsphäre brauchten, aber ihm war dieser Ruf relativ egal, so lange sie ihren Plan weiterhin nachverfolgen konnten. Gerade in diesen Augenblick griff eine Hand nach dem Lacken und das Gesicht von Abruzzi tauchte vor seinem Augen auf. „Und?“ Michael nickte und Abruzzi trat ein. „Es sieht gut aus, wir müssen nur noch das Loch fertig kriegen und dann können wir hier raus.“ Ein mehr als zufriedenes Lächeln bildete sich auf den Lippen des Mafiabosses und er nickte als Zeichen, es verstanden zu haben. „Wie läuft es da draußen?“, fragte Michael nach und ging auf den Ausgang der Zelle zu, wobei er nur das belustigte Aufschnaufen des Italieners hörte. „Es wird noch dauern, bis die Wärter die Meute ruhig stellen können.“ Eine Tatsache, wie Michael sah, als er den Vorhang zur Seite schob. Die Meute war komplett aufgescheucht und aggressiv. Alle Häftlinge in diesem Trakt hatten sich vor dem Büro der Wärter versammelt und wollten dieses stürzen. Michael verließ die Zelle und leckte sich nachdenklich über seine Lippen, während er zum Geländer trat und hinab sah.

Unten konnte er Charles sehen, der seine Katze fest in seinen Armen hielt und in seine Zelle zurück ging. Wenige Augenblicke später konnte er auch C-Note entdecken und T-Bag. Doch ihm gefiel der Anblick ganz und gar nicht, denn der Ex-Veteran hatte einen scharfen Gegenstand in seinen Händen und war damit T-Bag gefährlich nahe gekommen. Michael konnte sich nicht erklären, was ihn gerade dazu trieb oder was in seinem Kopf vorging, als er sich ohne zu zögern vom Geländer abstieß und die Treppen runter raste. „Kümmert euch um die Toilette.“, warf er noch kurzfristig Fernando und Abruzzi zu, bevor er sich auf den Weg nach unten machte.

Wenige Sekunden später konnte er auch schon den Streit vernehmen, den die zwei hatten. „Du ruinierst alles, unseren ganzen Plan!“ „Ach, du nicht? Dich kann keiner gebrauchen, Neger!“ T-Bag schubste C-Note von sich, was ihn nur noch aggressiver machte. „Dich aber schon, oder? Niemand will jemanden wie dich bei sich haben, du aus inzucht entstandene Missgeburt.“ Michael spürte, wie selbst ihn diese Worte schockierten, die der sonst ruhigere Veteran benutzte und schon ging er auf ihn los. Michael allerdings war schneller und bevor T-Bag dem Anderen zu nahe kommen konnte, schob er C-Note weg und griff nach der Hand, in der er den Schraubenschlüssel hielt, damit dieser ihn aus Reflex los ließ. Noch bevor er irgendwas sagen konnte, hielt er Theodore fest, der auf direktem Wege dem Anderen an die Gurgel gehen wollte. „Hört auf!“, knurrte Michael und legte seinen Arm um den Bauch des Brünetten, zog diesen weg. „Verschwinde!“, rief er C-Note zu und sah ihn dabei ausnahmslos wütend an, zog T-Bag mit sich und stieß ihn in irgendeine Zelle. Michael konnte absolut nicht ausmachen, wessen Zelle das war, aber es spielte keine Rolle. Sie war sowieso leer und das war auch gut so. Michael drückte den Anderen gegen die Wand und sah ihn wütend an, doch T-Bag wehrte sich. „Verdammt noch mal, bleib still!“ Michael holte alle Kraft heraus, die er hatte und stieß T-Bag auf den Boden, in eine Ecke hinter dem Stockbett, welches jedes Zimmer besaß. Der Brünette fiel auf seinen Hinter und kam mit dem Rücken direkt gegen die Wand an, wobei Michael ein schmerzerfülltes Keuchen vernehmen konnte. „Reiß dich zusammen!“ Er deutete mit dem Finger auf den Brünetten, als dieser sich wieder erheben wollte, doch schließlich schien es T-Bag aufzugeben und lehnte sich zurück, atmete schwer. „Was bildet sich dieser... dieser... Neger ein!“ Man konnte T-Bag deutlich ansehen, wie aufgebracht er war. Doch war er es nicht so, wie er sonst immer war. Es wirkte, als hätte man ihn gerade wirklich verletzt, wobei das kaum zu glauben war. Als hätte man einen wunden Punkt erwischt. Da fiel Michael auch schon dieser abstoßende Kommentar von C-Note ein. ‘Du aus inzucht entstandende Missgeburt’. War es das, was T-Bag so aufgebracht hatte? Irgendwie konnte Michael das nicht glauben, immerhin war das etwas, das es eigentlich nur in Filmen gab, oder? Im Normalfall waren diese Kinder, die tatsächlich aus der gleichen Blutlinie gemacht wurden, wirklich Fehlgeburten. Er wollte T-Bag nicht als solch eine Bezeichnen, denn bis auf dessen verrückte Art schien er doch ganz normal zu sein. Kam deshalb dieses Fehlverhalten und die Vorliebe zu Frauen, die mehr als übertrieben war? Michael presste die Lippen zusammen und zögerte, bevor er sich vor T-Bag in die Hocke begab und ihn genau musterte.

„Lass dich nicht provozieren.“, sagte Michael ruhig und bettete seine Arme auf seinen Oberschenkeln. T-Bag jedoch knirschte mit seinen Zähnen, statt überhaupt daran zu denken, sich wieder zu beruhigen. Verständlich war es irgendwie schon und doch brachte es auch nichts, wenn er weiterhin wütend um sich herumschlug. „Ich kann es nur nicht verstehen, warum dieser Neger mir den Platz streitig machen will.“ Michael seufzte innerlich, denn es war eine Tatsache, dass T-Bag vor C-Note um den Platz in der Gruppe gekämpft hatte. Nun gut, weniger gekämpft, als die anderen erpresst hatte, aberim Grunde hatte C-Note nichts anderes gemacht. Und nun versuchte er T-Bag unterzubuttern, was auch nicht ganz fair war. Aber hier galt leider die Regel: Fressen oder gefressen werden. Man sollte also nicht unbedingt etwas von den Schwächen der anderen erfahren, man konnte sonst davon ausgehen, dass immer wieder in diese Wunde gebohrt wurde. Fernab vom Aufstand, der außerhalb der Zelle tobte, musterte Michael den Anderen erneut und es wirkte, als würde dieser sich langsam immer mehr zu beruhigen. Eine Tatsache, die auch Michael etwas ruhiger werden ließ, denn nur so konnte er T-Bag auch langsam wieder alleine lassen. Doch blieb er noch in genau der selben Position sitzen. „Hübscher...“ Michael sah direkt in die dunklen Augen des Häftling, die ihn so intensiv musterten. So wie T-Bag gerade da saß... sein Brustkorb hob und senkte sich immer wieder, dabei konnte er das tiefe ein- und ausatmen deutlich hören. Er leckte sich über die Lippen, während er den Blick in die Augen erwiderte. „Du weißt, du bist mir den Platz schuldig, richtig?“ Michael erinnerte sich schmerzlichst wieder an den Zellengenossen, den T-Bag hatte. Etwas, das er ihm wohl oder übel genommen hatte. Michael zögerte, wobei T-Bag deutlich ungeduldig war. Er legte die Hände auf Michaels Knien und drückte ihn so runter, dass er auf dem Boden kniete, T-Bags Beine zwischen seine eigenen hatte. Der Häftling hatte sich Michaels Kragen gepackt und zog ihn nun so nahe, dass nur noch wenige Zentimeter zwischen ihren Gesichtern lagen. „Hübscher...“ Tief knurrte T-Bag dieses Wort, wobei Michael abermals eine Gänsehaut bekam und sein Puls sich augenblicklich beschleunigte. „Ich bin dir gar nichts schuldig...“, antwortete Michael. Er war nicht schuld am Tod vom Zellengenossen. Und doch fühlte er sich so unglaublich schuldig, wenn er daran zurück dachte, vor allem wie sich T-Bag nieder gekniet hatte um den Leichnahm in seinen Armen zu halten.

„Doch, das bist du mir und das weißt du ganz genau.“ Die Hand, die seinen Kragen gepackt hatte ließ nach und er spürte sie an sein Hals. Michael hatte das Gefühl, das T-Bag den Puls anhand seiner Halsschlagader spüren konnte und das tat er möglicherweise auch, denn er fing an, leicht zu grinsen. „Du bist mir das schuldig, Hübscher. Ja, das bist du...“ Er hauchte es, legte seinen Kopf schief und musterte hungrig das Gesicht Michaels. Dieser schluckte schwer und spürte, wie sich sein gesamter Körper verkrampfte. Er konnte sich nicht bewegen, musste sich sogar mit einer Hand an der Wand neben T-Bags Kopf abstützten. „Und du bist mir noch so viel mehr schuldig und das weißt du auch. Du willst es sogar, dass du mir das schuldig bist.“ Michaels Hals fühlte sich staubtrocken an, während T-Bag diese Worte hauchte und sich anschließend auf die Unterlippe biss. Die andere Hand von T-Bag hatte mittlerweile Michaels Oberschenkel erwischt und das wurde langsam alles zu viel für ihn. Wie sie diesen entlang strich, sorgte für deutliche Verwirrung in Michael. „Hübscher...“ Michaels Blick vernebelte sich und plötzlich bekam er einen Schock. Er wusste jetzt nicht, ob es daran lag, dass ihm diese Berührungen viel zu sehr mitzogen oder weil ein Schuss ertönt war. Aber er stieß sich ganz plötzlich von den Anderen ab und stand auf, um aus der Zelle zu flüchten, wo keine Wachen mehr die Oberhand übernahmen, sondern Leute vom Außendienst, die mit kompletter Schutzkleidung und Waffen den Trakt gestürmt hatten. Michael schwamm mit dem Strom mit und stieg die Treppen zu seiner Zelle hinauf, wo nur noch Fernando auf ihn wartete. „Wo warst du?“, fragte sein Zellengenosse gleich nach, wobei Michael kurz den Kopf schüttelte. „Ich musste was erledigen.“
 

Am Abend schien sich alles wieder beruhigt zu haben. Für heute Nachmittag hatte jeder Häftling eine Ausgangssperre. Keine durfte das Gelände nach draußen betreten, stattdessen wurde der Abend in den Zellen verbracht. Wie, war den Wärtern dabei völlig egal, aber die Strafe musste sein. Es schien alles wieder normal zu sein und trotzdem genoss Michael den Weg zur Krankenstation. Es war sein Plan gewesen, dass es einen Aufstand gegeben hatte, doch hätte er gewusst, dass es so weit kommen würde... Er seufzte stumm. Natürlich hätte er es trotzdem noch zugelassen, immerhin war dieser Part Teil ihrer Flucht. Michael hatte nach den Weg gucken müssen, um sicher zu gehen, dass er auch klappte.

„Sie kommt gleich.“ Michael nickte, als er sich auf die Liege in Sarahs Zimmer setzte und darauf wartete, bis sie rein kam. Dabei gingen ihm sämtliche Gedanken durch den Kopf und irgendwie hatte er ein komplett anderes Bild von T-Bag, nachdem er sich zusammenreimen durfte, dass etwas mit seiner Familie nicht stimmte. Es fiel ihm wieder auf, wie wichtig eine gute Familie doch war, man konnte es schon in seiner eigenen sehen. Es hatte Lincoln sehr hart getroffen, dass ihr Vater nicht mehr für sie da war, abgehauen war. Ihre Mutter war gestorben und Michael hatte praktisch nur Lincoln gehabt, der viel zu schnell erwachsen werden musste. Er geriet auf die schiefe Bahn und war nun hier gelandet, wo kein anderer Mensch seinen Platz teilen wollte.

Doch was ihm noch durch den Kopf ging, waren die Worte, die Lincoln neulich zu ihm gesagt hatte, als sie für ein paar Minuten unter sich gewesen waren. Er hatte ihren Vater gesehen, während die Strafe vollzogen werden sollte. Doch Michael glaubte ihm nicht. Wieso sollte ihr Vater gerade jetzt auftauchen? Vor allem an hatte Michael niemanden gesehen, der hinter ihnen stand. Gut, er hatte nur auf Lincoln geachtet und trotzdem wäre es ihm doch nicht entgangen, oder doch? „Michael?“

Der Häftling wurde aus seinen Gedanken gerissen und er sah direkt auf die großen Augen Sarahs, die ihn besorgt ansahen. „Ist alles okay bei dir? Du siehst durch den Wind aus.“ Michael schmunzelte. „Nach so einen Tag ist es kein Wunder, oder?“ Ein wenig verlegen sah sie auf den Boden, während sich ein Lächeln auf ihr Gesicht bildete. Ein wunderschönes Lächeln. Sie war generell eine wunderschöne Frau, die man einfach nur bewundern konnte. Tag ein Tag aus hatte sie etwas mit diesen Häftlingen zu tun, obwohl ihr Vater es absolut nicht für gut hielt. Immerhin war sie ständiger Gefahr ausgesetzt. Doch sie machte ihren Job gut, sehr gut sogar. Michael bewunderte sie. „Was war denn heute los?“, fragte sie nach, während sie die Spritze ansetzte. „Die Klimaanlage ist ausgefallen und die Häftlinge sind durchgedreht.“, sagte er und verschwieg dabei das Detail, dass er diese ausgeschaltet hatte. Für den Rest war Sucre zuständig gewesen, der den Streit erst richtig erhitzt hatte, so wie das Wetter draußen den Trakt. „Das klingt nicht sehr angenehm.“, erwiderte die Brünette, wobei Michael amüsiert schnaufte. „Da hast du dich gut ausgedrückt.“, merkte er an und runzelte seine Stirn, während er ihr direkt in die Augen sah. Auch sie war ein Teil seines Planes. Er wusste, dass sie hier arbeitete und versuchte von Beginn an, sie auf seine Seite zu ziehen. Sie sollte ihm verfallen und er wusste, welche Knöpfe er drücken musste, damit eine Frau ihm verfiel. Aber er musste sich eingestehen, dass es bei ihr schwer war, vor allem an, weil es von Mal zu Mal immer schwieriger wurde, sie für seine Zwecke zu missbrauchen. Sie war viel zu gutherzig dafür und doch musste er es tun. Für Lincoln.

„Sarah?“, begann er nun, wobei die Angesprochene kurz ihren Blick hob. „Ja?“ Er lächelte und wartete kurz ab, bis sie die Nadel der Spritzte wieder heraus zog. Der nicht vorhandene Diabetes schien noch immer perfekt zu klappen. „Bist du dir sicher, dass du noch immer nicht mit mir essen gehen willst? Wenn ich hier raus komme, versteht sich.“ Er lächelte breit und sah sie weiterhin an, wobei sie für einen Moment belustigt aufschnaufte. Doch dieses Mal schien sie länger zu zögern, als das letzte Mal. „Ja, da bin ich mir sicher, Michael.“ Sie sah ihm direkt in die Augen und hielt dem Blick stand. Ein schönes Gefühl. Sie sorgte immer für ein schönes Gefühl, das Michael dazu brachte, sich von der ersten Sekunde an, wohl zu fühlen. Bei ihr war es so einfach und gleichzeitig so kompliziert. „Schade. Ich hoffe du änderst deine Meinung.“



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Kommentare zu dieser Fanfic (2)

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Von:  HyunxJeong_skz
2019-12-29T22:59:49+00:00 29.12.2019 23:59
Wow
Ich habe diese ff erst heute entdeckt und war direkt gefesselt.
Ich weiß, dass es schon lange her ist seit die ff veröffentlicht wurde aber ich würde mich trz über eine Fortsetzung freuen, denn du hast echt Talent fürs schreiben

Von:  fyluu
2016-06-01T19:25:03+00:00 01.06.2016 21:25
Hey ,
Ich finde dein ff super.. Und frage mich ob du die noch weiter schreiben wirst?!..
Du schreibst wirklich schön und es ist angenehm zu lesen.. Würde mich also wirklich freuen!
Liebe grüße fyluu


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