Immer der Freiheit entgegen von kimikomuh ================================================================================ Kapitel 35: Ein Treffen mit alten Bekannten ------------------------------------------- Ein Treffen mit alten Bekannten Die restlichen Tage auf der Fischmenscheninsel vergingen recht schnell, für manche eindeutig zu schnell, aber es war an der Zeit weiterzureisen. So stand Lio an der Reling der Red Force und betrachtete die großen Wurzeln der Mangroven, auf denen sich das Sabaody Archipel befand. Insgeheim fragte sie sich, ob sie den alten Rayleigh wiedertreffen würde und was er wohl dazu sagen würde, dass sie bei ihrem Vater war. Gerade als sie die Wasseroberfläche durchbrachen, machten sich die Männer und auch sie ans Werk, das Schiff anzudocken. Shanks hatte sämtliche Aufgaben verteilt und einen Großteil der Crew marschierte von der Red Force. Der Rest der Bande blieb auf dem Schiff, um sicher zu gehen, dass sich niemand unerlaubterweise darauf schleichen würde. Der Captain stand mit seinem Steuermann zusammen und gemeinsam sprachen sie gerade über den Verlauf der Reise. Unschlüssig trat die Rothaarige zu den Männern und blieb hinter ihnen stehen. Shanks hatte sie bereits bemerkt, klärte jedoch die letzten Sachen mit seinem Kameraden und widmete sich erst dann seiner Tochter. Er grinste sie schief an. „Noch hier? Ich dachte, du rennst sofort zum Freizeitpark“, neckte er sie, doch sie schüttelte nur den Kopf. „Kommst du mit zu Rayleigh?“, fragte sie und er sah sie erstaunt an. Er hatte ganz vergessen, dass die Beiden sich ja bereits kannten. „Aber natürlich. Auf zu Shacky! Wenn er überhaupt da ist.“ Zu zweit verließen sie das Schiff und machten sich zu der Bottakuri Bar, welche auf Grove 13 lag und sich somit im gesetzlosen Gebiet befand. Die kleine Bar sah von außen völlig leer gefegt aus und auch beim Eintreten sah man, dass niemand da war, zumindest keine Gäste. Die Barchefin Shakuyak, die für ihr eigentliches Alter viel zu jung aussah, stand hinter der Theke und rauchte ihre Zigarette. Mit dem Rücken stand sie zu ihnen. Sie hatte die Stimmen der Besucher bereits gehört, bevor sie die Bar betreten hatten, doch sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, diese beim Eintreten zu begrüßen. Da sie nun aber anwesend waren, drehte sich die Schwarzhaarige und stellte verblüfft fest, dass sie die zwei Personen kannte. Beide hatten sie diese feuerroten Haare und dieses Grinsen, welches überall herausstach. Das junge Mädchen, welches sie anstrahlte, war älter geworden. Man sah es ihr an, auch wenn nur wenige Monate vergangen waren. Vor Shacky stand eine hübsche rothaarige junge Frau, welche das typische Grinsen ihres Vaters auf den Lippen trug. Das Grinsen wurde breiter, als sie das Lächeln der Schwarzhaarigen sah. „Shacky!“, rief sie freudig und kam nun näher, Angesprochene drückte die Zigarette aus und erwiderte die Umarmung des Mädchens. Der Rothaarige, der bis eben noch Abstand hielt, trat ebenfalls näher und lächelte die Frau an. Sie nickten sich gegenseitig zu, doch sagten nichts. Dafür fing Lio sofort an zu sprechen: „Hier hat sich wirklich nichts geändert. Absolut gar nichts!“, sie drehte sich dabei und betrachtete die Bar, die genauso aussah wie bei ihrem ersten Besuch. Die gleichen Möbel mit den teils verschlissenen Polstern standen an gleicher Stelle, die Barhocker, die zum großen Teil instabil wirkten, standen ebenfalls an gleicher Stelle. Der Geruch von Alkohol und Zigaretten war auch nie verschwunden, es hatte sich absolut nichts geändert. „Dafür hat sich bei dir wohl einiges geändert“, erwiderte die Schwarzhaarige und zündete sich direkt eine weitere Zigarette an. Am liebsten hätte die Rothaarige den Kopf geschüttelt und ihr einen Vortrag darüber gehalten, wie schlecht es doch war so viel zu rauchen, doch sie ließ es bleiben. Shakuyak war ja noch schlimmer als Ben oder fast genauso schlimm? Egal. Beide rauchten viel zu viel! Shanks hatte sich inzwischen auf einen der stabilen Hocker gesetzt und ein Glas wurde vor ihm abgestellt. Dankend lächelte er Shacky an und trank den ersten Schluck. „Erzähl schon, was ist alles passiert?“, verlangte die Schwarzhaarige neugierig zu wissen und blies den Rauch in eine andere Richtung, damit das Mädchen ihn nicht abbekam. Die Rothaarige schaute etwas unschlüssig und sagte dann: „Wenn Rayleigh da ist. Wo ist er überhaupt?“, ihr Vater konnte sich bereits denken, wo sein alter Vizecaptain war. Allzu viele Optionen gab es da nämlich nicht. Entweder verspielte er gerade sein ganzes Geld, versuchte es wiederzubekommen oder war… „Im Freizeitpark“, erklärte die Barchefin. Shanks grinste, wusste er es doch! „Hat er gesagt, wann er wiederkommt?“, fragte die Rothaarige und setzte sich nun ebenfalls auf einen Hocker, doch Shacky schüttelte nur den Kopf. „Gut. Dann suche ich ihn eben!“, sagte Lio und erhob sich wieder von dem Hocker, völlig energiegeladen trat sie zur Tür und hörte ihren Vater, wie er ihr hinterher rief: „Pass aber auf!“ Sie verdrehte nur die Augen und lief durch das gesetzlosen Viertel. Ihr war bewusst, dass es ihr Vater nur gut meinte, aber er sollte doch inzwischen wissen, dass sie kein kleines Kind mehr war. Mit dem Schwert hatte sie so einiges im Kampf drauf und das wusste er doch, schließlich hatten sie gemeinsam trainiert. Von weitem sah sie bereits den Vergnügungspark und unachtsam lief sie darauf zu. Dass sie bereits einige Verfolger im Nacken hatte, fiel ihr überhaupt nicht auf. Es war eine kleine Gruppe von Piraten, die das Mädchen von einem Steckbrief wiedererkannten. „Das ist doch die Tochter des Roten“, flüsterte einer von ihnen, sie verfolgten das Mädchen schon seit sie die Bottakuri Bar verlassen hatte. „Ob wir ihr Kopfgeld kassieren sollten oder doch lieber an die Menschenhändler verkaufen?“, fragte einer von ihnen. Er war der Anführer der Truppe, hatte dazu schmierige braune Haare und einen unförmigen Bart. Seine Kleidung strotzte nur so vor Proll und betonte seine doch recht männlich wirkende Figur. „Im Auktionshaus bekommen wir bestimmt mehr, sie ist hübsch, sieh doch“, sagte ein Anderer und deutete dabei auf sie. Lio lief immer noch seelenruhig durch die gesetzlose Zone und spürte die Blicke ihrer Beobachter nicht. „Ihr habt den Plan verstanden?“, fragte der Anführer seine Männer und alle nickten. Für sie schien es ein Klacks zu sein, das Mädchen zu fangen, schließlich waren sie zu viert und sie ganz allein. Außerdem waren sie bereits gesuchte Piraten, die insgesamt ein höheres Kopfgeld hatten als diese Rothaarige. Sie trug zwar ein Schwert bei sich, doch konnten sie kaum glauben, dass das Mädchen irgendetwas konnte, so schwach wie sie aussah. Ein leises Rascheln ließ sie aufhorchen. War da etwa jemand? Um keinen Argwohn zu wecken, ging sie einfach weiter ihres Weges, doch sie war sich sicher, jemand war hinter ihr und verfolgte sie. Am liebsten hätte sie sich selbst geschlagen, ihr hätte doch klar sein sollen, dass sie nicht einfach durch die Zone laufen könnte, ohne Feinde anzuziehen. Durch das Observationshaki erkannte sie, dass vier Personen sie verfolgten. „Vier“, sagte sie leise und dachte nach. Sicherlich würden sie versuchen, sie zu schnappen, ehe sie die gesetzlose Zone verlassen hatte. Bald würden sie bestimmt zum Angriff übergehen. Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende gebracht, sprang einer von ihnen hervor und rannte auf sie zu. Ein direkter Angriff, doch sie wusste, dass er nur zur Täuschung diente. Hinter ihr spürte sie die Präsenz eines Anderen, der sie wohl schnappen sollte. Der Mann, der auf sie zu rannte, kam mit ungeheurer Geschwindigkeit zu ihr und holte mit seinem Schwert aus. Er zielte, doch sie war ihm mit Leichtigkeit ausgewichen. In dem Moment kam die Person hinter ihr zum Vorschein. Sie stand mit dem Rücken zu ihm, er grinste seinen Kameraden an und wollte sie gerade fassen, da hatte sie ihn getreten. Mit solch einer Wucht hatte sie zugetreten, genau in die Stelle für die es Männern am empfindlichsten war. Ein Schrei drang aus seiner Kehle und er ging vor Schmerz zu Boden. Der erste Mann starrte die Rothaarige an, welche keine Miene verzog. Sein Kamerad lag hinter ihr am Boden und regte sich kaum, doch er hatte gesehen, weshalb er zu Boden ging. Er hatte tiefstes Mitleid mit ihm. Seine Hand hob sich und gab damit das Zeichen für die anderen Zwei, die sich bis eben noch versteckt hielten. Sie sprangen aus ihren Verstecken, ihr Anführer grinste das Mädchen an, doch Lio erwiderte nur angewidert seinen Blick. Sein Blick verfinsterte sich und er rief: „Los!“, sofort rannten die anderen Zwei auf sie zu. Von unterschiedlichen Seiten kamen sie ihr immer näher, doch die Piratin wusste genau, was sie zu tun hatte. Die Angriffe der Männer waren so vorhersehbar, dass sie nicht einmal ihr Haki dafür benutzen musste. Viel zu offensiv rannten sie auf sie zu, beide bereit mit ihrem Schwert anzugreifen. Ihr Ziel war es nicht sie zu verletzen, nur in die Enge zu treiben, damit man sie gefangen nehmen konnte. Niemand würde eine verwundete Frau kaufen, völlig irrelevant wie hübsch sie war. Die Zwei rannten auf sie zu, doch die Rothaarige bewegte sich nicht. Wieso bewegte sie sich nicht? Wenn sie nicht auswich, würde man sie verletzen und dann hatte sie keinen Wert. Unbeirrt kamen sie immer näher und schlugen zu. Lio dagegen sprang weit nach oben und sah, wie unter ihr die zwei Männer ineinander krachten. Als diese bemerkt hatten, dass das Mädchen von einer Sekunde auf die Nächste verschwunden war, senkten sie direkt ihr Schwert. Aber sie hatten nicht genügend Zeit ihren Lauf zu bremsen und so rannten sie geräuschvoll ineinander. Die Rothaarige grinste bei diesem Anblick und sank wieder zu Boden. Beide rappelten sich wieder auf, man sah eindeutig, dass die Wucht ihres Aufpralls ihnen doch ein wenig zusetzte. Dennoch standen sie und griffen wieder an, einer von links, der Andere von rechts. Lio zog ihr Schwert und parierte jeden Angriff des Gegners. Sie selbst sah nicht die Notwendigkeit einen Gegenangriff zu tätigen und blockte nur jeden der Männer. Schnell hatten die bemerkt, dass sie bisher keinen einzigen Treffer landeten, Wut baute sich in ihnen auf. Die Angriffe wurden aggressiver und unüberlegter, weshalb Lio etwas vorsichtiger wurde. Ein Treffer würde sicherlich schmerzhaft sein. „Verdammt nochmal!“, rief der Brünette und wurde immer wütender bei jedem verfehlten Schlag seiner Kameraden. Es konnte doch unmöglich so schwer sein, ein Mädchen wie dieses zu besiegen. Ihm wurde es zu viel und er zog sein Gewehr. „Halt still Mädchen oder dein hübscher Kopf wird dran glauben“, rief er und unweigerlich sah sie von ihren Gegnern zu ihm. Durch ihr Haki bemerkte sie frühzeitig, wie einer von ihnen sie erneut angriff, doch sie wich rechtzeitig aus. Ein Fehler, wie sich herausstellte, denn sofort ertönte ein Schuss, welchem sie nur Dank ihres Hakis rechtzeitig ausweichen konnte. Ohne weiter zu überlegen, rammte sie ihren Ellbogen in den Magen eines dieser Männer und hielt ihr Schwert dem Anderen an die Kehle. Zum ersten Mal sprach sie mit ihren Angreifern: „Lass die Waffe fallen oder dein Kamerad wird dran glauben“, ihre Stimme war kalt und ausdruckslos, genauso wie ihr Gesicht. Der Mann, welcher vor ihr auf den Knien war, sah mit großen Augen zu seinem Anführer, welcher nur böse grinste. „Mach doch. Als ob es mich interessiert“, kam es gehässig von ihm und Lios Augen wurden zu Schlitzen. Wie konnte dieser schmierig schleimige Typ so etwas tun? Diese Männer hier waren doch seine Kameraden, wie konnte er sie so hintergehen? Ihr Schwert sank und sie drehte sich ein wenig, sodass sie seitlich zu dem Mann stand, der immer noch neben ihr auf dem Boden kniete. Ungläubig sah er die Rothaarige an, hatte sie ihn gerade wirklich verschont? Doch zu früh gefreut. Sie rammte ihm den Schwertgriff in die Magengegend und vor Schmerzen hielt er sich den Bauch. Auch er ging nun zu Boden und bemerkte nicht, wie das Mädchen bereits auf seinen Anführer rannte. Wutentbrannt starrte sie den Brünetten an, vor Schreck war er etwas zurückgewichen, doch siegessicher richtete er sein Gewehr wieder auf sie. „Bleib lieber stehen“, warnte er sie, doch unbeirrt kam sie ihm immer näher. Für ihn wurde es brenzlich, sollte er nun wirklich schießen und sie damit für das Auktionshaus unbrauchbar machen? Wenn sie verletzt oder tot war, könnte er sie immer noch der Marine überreichen und ihr Kopfgeld einkassieren. Er funkelte das Mädchen an, viel zu großen Ärger hatte sie ihm schon bereitet, es war ihm inzwischen egal, was mit ihr passierte und er schoss. Lio wusste genau, wohin die Kugel flog und wich aus. Keine zwei Meter trennten die beiden und seine Augen weiteten sich, als er die Rothaarige sah, die sein Gewehr aus der Hand geschlagen hatte und ihm nun ihre Klinge an den Hals hielt. Ihr Blick war wutverzerrt und er spürte sie beben. „Wie kannst du nur deine eigenen Kameraden verraten?!“, schrie sie ihn an und er hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Ihre Aura war erschreckend, dafür dass sie doch nur so ein zierliches junges Ding war. Er öffnete den Mund, doch keine Antwort verließ seine Lippen. Wieder senkte sie ihr Schwert und der Brünette sah nun eine Option, sie außer Gefecht zu setzen, doch sie war schneller als er und schlug ihm mit voller Wucht ihre Faust in sein Gesicht. Man hörte ein Knacken und dann den Aufschrei. Sie hatte ihm mit einem gezielten Schlag ihrer Faust, verstärkt durch das Rüstungshaki, die Nase gebrochen. Blut tropfte von seinem Gesicht und sofort hielt er sich seine Nase. Mit erhobener Faust sah sie ihn an, er zuckte bei ihrem Anblick und dachte, sie würde wieder zuschlagen. Er wich zurück, drehte sich und rannte davon. Lio machte sich nicht die Mühe und sah diesem Waschlappen hinterher. Kopfschüttelnd wischte sie das wenige Blut von ihrer Faust ab und trat zu den drei Männern, die am Boden lagen. Jeder von ihnen war bei Bewusstsein, außer vielleicht derjenige, dem sie zu Anfang zwischen die Beine getreten hatte. Als sie das Mädchen und ihren Blick sahen, zuckten sie zusammen, aus Angst sie würde ihnen etwas antun. Die Piratin schüttelte nur den Kopf, nun hatten sie Angst vor ihr, dabei waren sie es doch, die sie angegriffen hatten. Sie beugte sich zu ihnen herab und sagte mit kühler Stimme: „Er ist weg, hat euch alleingelassen, aus Angst“, ein Schauer lief über den Rücken des einen, er fragte sich, was sie nun vorhatte. „Ihr solltet euch dringend einen neuen Anführer suchen“, damit erhob sie sich wieder und verschwand. Perplex erhob sich einer von ihnen und sah dem Mädchen hinterher, welches sorglos durch die gesetzlose Zone marschierte. Sie hatte ihnen nichts getan, zumindest nichts ernsthaftes, dabei wollten sie sie doch an einen Menschenhändler verkaufen. Mit einem Ächzen erhob er sich und trat zu seinen Kameraden, der ebenfalls wach war und dem Mädchen hinterher sah. „Ich glaube, wir sollten verschwinden“, murmelte er und stand auf. Gemeinsam hoben sie ihren Freund auf und verschwanden in eine völlig andere Richtung als ihr Anführer. Die Rothaarige hatte den Vergnügungspark endlich erreicht und erinnerte sich an das erste Mal zurück, als sie mit Marco hier war. Zu gut konnte sie sich an seinen Gesichtsausdruck erinnern, nachdem sie fast alle Attraktionen des Parks abgeklappert hatten. Vor ihr erstreckte sich das Riesenrad mit den einzelnen Kuppeln. Die Schlange davor war recht klein und sie entschloss sich eine Runde mitzufahren, von dort oben konnte sie immerhin den ganzen Park sehen. Sie sah vor sich eine Gondel mit der Blase drumherum, als sie herein schaute, erkannte sie den Weißhaarigen, welcher mit dem Rücken zu ihr saß. Mit einem Grinsen fragte sie dann: „Ist hier noch Platz?“, bewusst wählte sie genau die Worte, die er einst benutzte. „Aber natürlich“, antwortete er und drehte sich herum, um zu sehen, wer gesprochen hatte. Er erkannte Lio und sofort bildete sich ein Strahlen auf ihrem Gesicht. Sie setzte sich zu ihm und die Fahrt begann. Das Grinsen, was er nur zu gut von ihrem Vater kannte, lag auf ihren Lippen. Es war einige Zeit vergangen und beim genaueren Betrachten, erkannte er, dass sie wahrlich älter geworden war. Sie glich ihrer Mutter um einiges mehr, als sie es beim ersten Treffen schon tat. Ihre roten langen Haare hatte sie zu einem seitlichen Zopf geflochten, ihre Kleidung war schlicht und praktisch, wie er es von Lina, aber auch von ihr schon kannte. Ein anderes Schwert baumelte an einem Gürtel an ihrer Hüfte und ein kleiner lilafarbener Jolly Roger hing an einem schlichten schwarzen Armband. „Ich hab dich gesucht“, verkündete sie und grinste. Er zog fragend eine Augenbraue hoch und lächelte ebenfalls. „So?“, fragte er. Zur Antwort nickte sie. „Ich war schon bei Shacky, sie meinte du bist hier“, „Du bist erst bei Shacky gewesen, bevor du hergekommen bist?“, argwöhnisch sah er sie an. Lio legte den Kopf schief und verstand nicht, was er damit sagen wollte. Er lachte nur und winkte ab. „Papa will dich auch sehen“, sagte sie dann und unterbrach damit sein Lachen. Nun zog er beide Augenbrauen hoch, sie war also mit Shanks hier und nicht mit Whitebeard? So musste es sein, die Wahrscheinlichkeit, dass der alte Piratenkaiser mit ihm sprechen wollte, war eher sehr gering. Bei seinem Blick nickte sie wieder. „Er ist bei Shacky und wartet da“, erklärte sie. „Dann lass uns danach zu ihnen gehen“, erwiderte der ehemalige Pirat. Die Rothaarige erhob sich als das Rad stehen geblieben war. Ihr Blick glitt wie schon zum ersten Mal über die Baumkronen der Mangroven auf das Meer. Das Wetter hier war wirklich immer gleich schön, weshalb die Sonne ein unglaubliches Farbspiel auf der Wasseroberfläche abzeichnete. Einige Schiffe waren diesmal zu sehen und Lio lächelte. Bald wären sie auch wieder dort auf dem großen weiten Meer und würden weitersegeln, nicht mehr lang und sie wäre zurück bei ihrer Familie. Nach der Fahrt hatte sich das Mädchen noch Zuckerwatte gekauft und zusammen mit Rayleigh betrat sie wieder die gesetzlose Zone. Ob man sie nun wieder angreifen würde, wenn sie in Begleitung des dunklen Königs war? Wahrscheinlich nicht. Es wurmte sie, dass man sie immer so dermaßen unterschätzte, die Männer vorhin hatten genau zu spüren bekommen, dass man sich nicht mit ihr anlegen sollte, dabei hatte sie ihnen nicht einmal wirklich etwas getan. Der weißhaarige Mann sah ihren grimmigen Gesichtsausdruck und fragte: „Ist etwas?“, sie verzog dabei nur noch mehr den Mund. „Ich habe nur überlegt, ob uns jetzt einer angreifen würde“, erklärte sie, doch er verstand nicht, weshalb das ein Grund war, um so zu schauen. Störte es sie etwa, dass man sie nicht angreifen würde? Sie sah seinen fragenden Blick und ergänzte dann: „Ich wurde vorhin angegriffen, sie haben mich unterschätzt. Jetzt würde uns sicherlich keiner angreifen“, meinte sie dann wieder etwas gereizter. Er schmunzelte nur, sie war also sauer, dass man sie so unterschätzte. Dabei konnte man es keinem verübeln, schließlich sah sie wirklich keineswegs gefährlich aus. Ebenfalls wusste er von ihrem Steckbrief, den er vor einiger Zeit gesehen hatte. Für den Anfang hatte sie wirklich ein feines Sümmchen bekommen, doch war er sich nicht sicher, ob man ihre Stärken überhaupt kannte oder ob sie es nur bekam, weil sie Shanks' Tochter war. Sie hatten die Bar erreicht und zusammen traten sie ein. Shanks saß immer noch auf dem Hocker und redete gerade mit Shacky, die mal wieder an einer Zigarette zog. Als sie hörten, wie jemand eintrat, blickten sie zu ihnen. Lio hob ihren Arm und zeigte von ihrem Vater zu Rayleigh, der neben ihr stand. „Siehst du? Ich hab ihn gefunden und mir geht es gut!“, sagte sie und drehte sich demonstrativ um sich selbst, um keine Schäden vorzuweisen. Doch der Rothaarige erkannte auf der beigen Hose dunkle Flecke. Er zog die Augenbrauen zusammen und fragte dann: „Ist das Blut?“, er zeigte dabei auf die Flecke. Seine Tochter verzog nur den Mund und nickte. „Passiert ist mir trotzdem nichts“, verteidigte sie sich. Der alte Mann schob das Mädchen vor sich zu einem Hocker und setzte sich schließlich daneben, „Wie dem auch sei, erzähl schon“, forderte er sie auf und wies der Schwarzhaarigen mit einem Handzeichen an, etwas zu trinken bereitzustellen. Lio setzte sich zwischen die beiden Männer und trank erst mal einen kräftigen Schluck aus dem Glas, welches Shacky vor ihr abstellte, danach begann sie zu erzählen, dabei ließ sie fast nichts aus. Shanks, der ihre Geschichte zwar kannte, wenn auch nur aus seiner Sichtweise, hörte gespannt zu. Für ihn war es interessant zu hören, wie sie von den vergangenen Monaten berichtete. In ihren Augen sah er dieses Leuchten, was nur vor Lebensfreude strotzte und ihn ebenfalls zum Strahlen brachte. Die zwei Anwesenden hörten ihr gespannt zu und freuten sich ungemein für die Beiden. So lange waren sie getrennt und nach all der langen Zeit hatten sie sich wiedergefunden, sich verstanden und waren einander ans Herz gewachsen. Rayleigh sah den Blick seines damaligen Kabinenjungen, welcher voller Fürsorge und Liebe auf seiner Tochter lag. Wenn der alte Pirat zurückdachte, wie Shanks und Buggy früher nur Unheil angerichtet hatten und er den Rothaarigen damit vergleichen sollte, lagen Welten dazwischen, die mal mindestens doppelt so groß waren wie die gesamte Grandline. Aus dem verpeilten aufmüpfigen Jungen wurde ein wahrlich loyaler Freund, ein erfolgreich gefürchteter Pirat und ein liebevoller Vater, wenn nicht sogar mehr. Durch ihr ganzes Gerede drifteten ihre Gedanken irgendwann ab. Sie dachte an Whitebeard, ihren Vater, an Marco ihren Kommandanten und guten Freund und auch an Thatch, der mehr als nur ein guter Freund für sie geworden war. Ihr wurde mit der Zeit immer bewusster, wie sehr sie die Crew vermisste und wie wichtig sie ihr doch waren. Mit ihren Gedanken völlig beschäftigt, hatte sie gar nicht mitbekommen, wie sie aufgehört hatte zu sprechen. Die Drei fragten nicht, was sie derartig ablenkte und ergriffen nun das Wort, um miteinander zu reden. Lio machte sich gar keine Mühe und hörte nicht zu, zu vertieft ging sie einer Idee nach, die von mal zu mal immer mehr Bestätigung bekam. Mit einem Räuspern stand sie auf und kam um den Tresen herum, um Shakuyak in den Arm zu nehmen. Unerwartet erwiderte sie die Umarmung bis die Rothaarige sich wieder löste. Sie trat wieder vor die Theke und umarmte nun auch Rayleigh, der die Handlung des Mädchens nur mit einem Lächeln zur Kenntnis nahm. „Es war wirklich schön euch wiederzusehen, aber ich werde schon mal gehen“, sagte sie und wandte sich noch zu Shanks, der auch schon aufgestanden war. „Nicht, ich hab noch etwas zu erledigen, bleib ruhig noch. Wir sehen uns auf dem Schiff“, damit verabschiedete sie sich von den Dreien, die der Rothaarigen leicht verwirrt hinterher sahen. „Sie ist wirklich reifer geworden“, sagte der Weißhaarige und trank in Gedanken versunken einen Schluck Sake. „Und sie ähnelt Lina wirklich unglaublich sehr“, ergänzte die Schwarzhaarige. Der Piratenkaiser konnte nur nicken. Mit jedem Schritt, den sie machte, bekam sie ein deutlicheres Bild von ihrem Vorhaben. Voller Überzeugung rannte sie über die Groves, um ihr Ziel schneller zu erreichen. Schon öfter hatte sie mit dem Gedanken gespielt, doch nie hatte sie sich getraut es zu tun. Dabei trug jeder das Zeichen ihres Vaters mit sich, sei es voller Stolz auf der Brust oder doch auf dem Rücken. Früher hatte sie Angst. Angst vor den Schmerzen, die das Stechen mit sich ziehen würde, aber jetzt war sie alt genug und würde es in Kauf nehmen. Ihr Beschluss stand fest. Jeder sollte wissen, zu wem sie gehörte. Voller Ehrfurcht sollten alle den Jolly Roger Whitebeards sehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)