Immer der Freiheit entgegen von kimikomuh ================================================================================ Kapitel 16: Entscheidungen -------------------------- Entscheidungen Die Rothaarige sah, wie er sie anschaute und leise „Du..“ sagte und danach seine Wunde betrachtete. Mit einem weiteren Angriff musste Lio nicht mehr rechnen, viel zu orientierungslos und verwundet, lag er da am Boden. Schon ziemlich jämmerlich, wenn man bedachte, wie stark er sich vor nicht weniger als fünf Minuten gezeigt hatte. Sie wollte kein Risiko eingehen und hielt ihm die Klinge an seinen Hals. Umbringen wäre für sie absolut keine Option, doch so hatte Lio die Sicherheit, dass er nicht nochmal angreifen würde, auch wenn es eher unwahrscheinlich war. Inzwischen war es an Deck stiller geworden, das hörte sie ziemlich deutlich. Man hörte das Poltern, wenn jemand eine Treppe hinunter rannte, ziemlich bald stand Marco vor ihr. Er war persönlich gekommen, um zu schauen, ob sie sich an den Befehl gehalten hatte und natürlich auch, ob es ihr gut ging. Schockierenderweise musste er feststellen, dass sie nicht allein war. Zu ihren Füßen lag ein feindlicher Pirat, der wahrscheinlich ohnmächtig geworden war. Der Blonde suchte nach Anzeichen eines Kampfes und erkannte schnell, dass der Pirat am Boden eine offene Wunde an seiner linken Seite bis zum Bauch hatte. Ebenso hielt die Rothaarige weiterhin ihr Schwert an die Kehle des Mannes, ihr Blick war starr, verschreckt und gerade zu verzweifelt. Sie hatte Marco nicht wahrgenommen, obwohl er genau vor ihr stand, sie war in einer Schockstarre. Der Kommandant kam näher und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter, sie zuckte leicht zusammen. „Alles ist gut, es ist vorbei“, sie versuchte seine Worte zu verarbeiten und ließ langsam den Arm samt Schwert sinken. Immer noch klebte sein Blut daran und sie konnte es nicht zurückstecken, der Blonde verstand ihre Lage und nahm es ihr einfach ab und fragte dann: „Was ist passiert?“, sie fing an zu stottern „Ich.. ich..“, sie stammelte unbeholfen und sagte dann „Ihr wart weg und ich hatte etwas Angst.. Ich hab mir aus meiner Kajüte das Schwert geholt und hab gewartet, bis es aufhört. Dann hab ich dieses Geräusch gehört.. und plötzlich war dieser Typ da.“ Ihre Stimme brach und sie schaute auf den bewusstlosen Körper und die blutende Wunde. Das war sie! Sie hatte ihm das angetan. Mit feuchten Augen wandte sie den Blick von ihm ab und sah an Marco vorbei zu Boden. „Er hat sich über Vater lustig gemacht, er hat nach meinen Eltern gefragt.. ich musste einfach irgendwas tun. Und dann bin ich auf ihn zu, er hat nicht damit gerechnet und wegen dem Schwung war der Angriff schlimmer als gewollt..“ Sie wurde beim Sprechen immer leiser und bekam nicht mal mit, wie ihr Tränen das Gesicht hinabliefen. Der Blonde legte seinen freien Arm um sie herum und drückte sie an sich „Ist schon in Ordnung Lio, mach dir keine Gedanken mehr darüber“, vorsichtig strich er über ihren Rücken, um sie zu beruhigen. „Aber.. aber ich bin schuld daran!“, sie krallte sich in sein Hemd fest und schluchzte weiter, „Entweder du oder er. Außerdem hast du ihn nur verletzt“, erst im Nachhinein stellte der Kommandant fest, dass seine Worte wohl doch nicht so positiv ankamen, wie er sich erhofft hatte. Etwas unbeholfen hielt er das weinende Mädchen in seinen Armen und wusste nicht so recht, was er machen sollte. Dass sie so heftig reagieren würde, hätte er nicht erwartet, doch sie war nun mal doch nur ein kleines Kind. Er hielt ihr Schwert in den Händen, bei näherem Betrachten, sah man deutlich Blut daran kleben. Ebenso waren einige Tropfen auf dem Boden verteilt, wie der Kampf wohl ausgesehen hatte? Der Pirat am Boden war noch immer bewusstlos und würde sich sicher bald von den Lebenden verabschieden, wenn die Blutung nicht gestoppt werden würde, doch spielte das für den Blonden keine große Rolle. Wer weiß, was dieser Pirat mit Lio vorhatte? Umso besser, dass sie wusste sich zu verteidigen. Man konnte hören, wie einige Kameraden die Treppe vom Deck aus hinabliefen. Sicherlich würde es gleich einige Kommentare geben, die der Kommandant der Rothaarigen ersparen wollte. Noch immer weinte diese in Marcos Armen, ohne groß einen Gedanken zu verlieren, hob er sie in seine hoch, darauf bedacht, das Schwert nicht in ihren Körper zu rammen. Etwas verwirrt schaute sie auf und wollte fragen, was er vor hatte, doch sie hörte die Stimmen der Anderen. Der Weg führte zu ihrer Kajüte, davor machten sie Halt und er ließ sie vorsichtig auf ihre Beine. „Hör zu, ich weiß, es ist schwer für dich, aber du musst bedenken, was hätte passieren können“, ihr Blick war zum Boden gerichtet und wehmütig nickte sie. „Am besten, du gehst duschen und ziehst dich um, ich werde gleich nach dir schauen“, ihrerseits wieder nur ein Nicken, der erste Kommandant drückte das Mädchen noch einmal an sich und schob sie dann sanft in ihre Kajüte. Er musste sich nun um den verletzten Piraten im Gang kümmern, wahrscheinlich auch tausende von Fragen beantworten, wobei er selbst nicht mal wusste, was genau geschehen war. Mit dem Schwert lief er zurück und sah seine Nakamas, die ihn fragend ansahen. Die ersten Fragen kamen natürlich vom vierten Kommandanten: „Wo ist sie? Geht es ihr gut? Was ist passiert? Wieso klebt an ihrem Schwert Blut?“, etwas genervt blickte der Blonde in die Runde. War doch klar, dass sie ihn nun ausquetschten. Er sah Vista unter den dort Anwesenden und trat zu ihm, mit ausgestreckten Armen reichte er ihm das Schwert „Kümmere dich bitte darum.“ Sämtliche Blicke legten sich auf das blutige Schwert, sie erkannten, wem dieses gehörte und erneut fragten sie: „Was ist passiert?“, „Gab es einen Kampf?“, „Wo ist sie?“, Marco seufzte. „Wenn ich es richtig verstanden habe, kam es zu keinem richtigen Kampf. Sie hörte, wie jemand unter Deck kam und sah diesen Piraten“, er zeigte auf den Verletzten am Boden, „Er hatte Vater beleidigt und deshalb kam es zum Angriff. Er war wahrscheinlich nicht darauf vorbereitet, durch den Schwung hatte sie ihn mehr verletzt als gewollt.“ Manche von ihnen nickten nur, andere fragten sich, wie der Pirat es schaffen konnte, unter Deck zu kommen. Thatch fragte erneut: „Wie geht es ihr? Wo ist sie?“ „Ich hab sie auf ihre Kajüte gebracht und ihr gesagt, sie soll duschen gehen, ich werde gleich wieder nach ihr sehen. Sie trägt keine Wunde vom Kampf“, dass sie den Angriff psychisch nicht so gut verkraftete, ließ er außen vor. Der Brünette nickte und sagte dann: „Ich werde nach ihr sehen“, und wollte sich schon auf den Weg zu ihr machen, Marco hielt ihn auf „Wirst du nicht. Ich werde mich als Erster um sie kümmern, sie gehört zu meiner Division, du kannst sie später sprechen.“ Thatchs Blick verfinsterte sich „Du nimmst dir tatsächlich das Recht, mit ihr zuerst zu sprechen, weil du ihr Kommandant bist? Du weißt, wie jeder andere auch, dass sie und ich uns am besten verstehen. Ich kenne sie inzwischen so gut, dass ich weiß, dass sie das nicht so gut wegsteckt!“, er wurde gegen Ende hin lauter, doch der erste Kommandant ließ sich nicht beirren „Und wenn dem so ist, ich entscheide darüber, nicht du. Ich habe dir nicht verboten mit ihr zu sprechen, lediglich zu warten, bis ich mit ihr gesprochen habe. Halte dich daran.“ Völlig aufgebracht starrte Thatch den Blonden an, so gut sie sich sonst immer verstanden, in diesem Moment wollte er ihm nur an die Gurgel springen, doch bevor er einen Fehler begehen würde, verschwand er in die Kombüse. Die Anderen hatten dieses Gespräch ebenfalls mitbekommen, sagten allerdings nichts. Marco wandte sich zu ihnen: „Bringt den Piraten von hier weg. Keine Behandlung, erspart ihm die Schmerzen“, sein Befehl war deutlich. Ohne große Überlegungen schafften sie den Verletzten an Deck zu seinen bereits besiegten Kameraden. Derweil machte sich der Blonde auf den Weg zu Lio. Aus dem Bad neben ihrer Kajüte hörte er nichts, gut möglich, dass sie bereits fertig war. Er klopfte an ihre Tür und wartete ab, allerdings bekam er keine Antwort. Erneut klopfte er dagegen, doch wieder nichts. Der Kommandant öffnete die Tür und stellte erleichtert fest, dass das Mädchen auf ihrem Bett saß. Ihre roten Haare hingen ihr nass ins Gesicht hinunter, ihr Blick war ins Leere, sie war wahrhaftig duschen gegangen, da er sie dazu aufgefordert hatte. Nach all dem heißen Wasser und dem Schrubben bekam sie dieses Gefühl nicht von sich weg. Sie fühlte noch immer das Blut an sich kleben, dabei wollte sie nur rein mit ihrem Gewissen sein. Sie hatte einen fremden Mann bereitwillig schwer verletzt, hätte ihn sogar töten können! Wie könnte sie sich so etwas jemals verzeihen.. „Lio..“, die Stimme des ersten Kommandanten ließ sie aufblicken, sein Blick und seine Haltung waren im Vergleich zu sonst weich. Als er in ihre schwarzen Augen blickte, überkam ihn das Gefühl, sie in die Arme zu schließen. Diese traurig verletzten Augen schrien förmlich danach, sie von ihrem Leid zu erlösen. Er setzte sich zu ihr aufs Bett, sagte aber nichts. Irgendwann rückte sie ein Stück näher zu ihm, aus seinen Augenwinkeln heraus erkannte er, wie Tränen erneut ihr Gesicht hinabliefen. Nach einer Weile fragte sie: „Lebt er noch?“, Marco wusste, dass es falsch wäre, sie anzulügen, deshalb antwortete er wahrheitsgemäß: „Ich weiß es nicht, wir haben ihn allerdings nicht behandelt. Gut möglich, dass er nicht mehr lebt“, die Worte prasselten auf sie ein, doch wirklich verstehen konnte sie nicht. War wegen ihr etwa ein anderer Mensch gestorben? „Ich wollte das nicht..“, hauchte sie kaum hörbar, „Ich weiß“, gab der Blonde nur von sich. Er konnte sich gut in ihre Lager versetzen, hatte es damals als Junge selbst erleben dürfen, doch ihm stand anfangs niemand bei. Sie hatte dagegen eine riesige Mannschaft hinter sich stehen, jeder würde sie aufmuntern, sie solle sich bloß keinen Kopf machen. „Am besten sprichst du bald mit Vater darüber. Thatch wollte gleich herkommen, wenn du allein sein willst, richte ich es ihm aus.“, die Rothaarige schniefte und rieb sich ihre Augen „Nein, schon gut. Ich möchte nicht allein sein.“, der erste Kommandant erhob sich vom Bett. „Gut, dann sag ich ihm Bescheid. Und Lio.. wenn du etwas hast, komm ruhig zu mir“, ohne auf eine Antwort ihrerseits zu warten, verließ er das Zimmer und zurück blieb ein kleines verschrecktes Mädchen. Seine Anwesenheit hatte sie etwas beruhigt, völlig allein im Raum, sagte sie dennoch „Danke..“ Nach sehr kurzer Zeit kam Thatch in den Raum, er sah panisch aus und völlig gehetzt. Als er die Rothaarige sah, atmete er erleichtert aus. Er hatte zwar den Worten Marcos Glauben geschenkt, aber wollte selbst sicherstellen, dass es ihr gut ging. Sie hatte keine Wunde davon getragen, allerdings konnte man ganz klare Spuren vom Weinen erkennen und ebenso die traurigen Augen. Die Rothaarige zwang sich ein Lächeln auf die Lippen, doch dem Kommandanten war bewusst, dass es nicht echt war. „Lio, wie geht’s dir?“, „Besser“ sagte sie wahrheitsgemäß, doch konnte sie ihren Gegenüber nicht überzeugen. Wie auch Marco zuvor, setzte sich der Brünette neben die Rothaarige aufs Bett. „Willst du erzählen, was passiert ist?“, sie schüttelte nur den Kopf und er verstand, er drückte sie an sich „Schon gut Kleines, es wird nichts passieren.“ Sie hatte keine Angst davor, erneut angegriffen zu werden, eher Angst, jemand anderen so stark zu verletzen, dass dieser sterben würde, doch das wusste Thatch anscheinend nicht. „Ich weiß, aber das ist es nicht“, flüsterte sie, fragend sah er sie an „Nicht?“, „Ich wollte das nicht“, erklärte sie. Dem Brünetten war klar, dass sie nicht darüber sprechen wollte und beließ es dabei. Still saßen sie nebeneinander auf dem Bett, bis die Rothaarige sich die restlichen Tränen aus dem Gesicht wischte „Können wir was backen?“, der Kommandant war sich nicht sicher, ob ihre Frage ernst gemeint war, doch ihr leichtes Lächeln überzeugte ihn. „Kuchen oder Kekse?“ fragte er sie mit einem Lächeln, „Mhhh“, sie tippe sich ans Kinn und tat so, als ob sie überlegen müsste. „Wie wäre es mit beidem?“ grinste sie frech, kopfschüttelnd stand Thatch auf und streckte ihr die Hand entgegen „Das überlegen wir uns nochmal“, auch er lächelte, froh darüber, sie etwas ablenken zu können. Gemeinsam gingen sie zur Kombüse, der Kommandant erhoffte sich nichts sehnlicher, als dass man den Gang bereits vom Blut befreit hatte, gücklicherweise war dies sogar der Fall. Im Essenssaal war inzwischen auch Ordnung eingekehrt und man sah noch einige Nakamas, die die restlichen Überreste des Frühstücks beseitigten. In der Kombüse selbst fragte Thatch die Rothaarige: „Was darf's denn für ein Kuchen sein? Schokoladenkuchen oder einer mit Früchten? Ein Käsek..“ „Mit Früchten!“, unterbrach sie ihn, ihre Augen funkelten bei der Vorstellung einen Früchtekuchen zu verspeisen. „Na schön, dann ein Früchtekuchen. Komm mal mit ins Lager“, er winkte sie zu sich. Im Lager selbst kannte sich die Zwölfjährige kein Stück aus und sah nur die unendlich vielen hohen Regale und Schränke, doch dem Smutje war klar, was er alles benötigen würde und zog das Mädchen mit in eine der Reihen. Er reichte ihr einige Verpackungen, er selbst nahm größere Packen mit Mehl und Zucker. „Lass uns das erst mal nach vorne bringen“, sagte er und lief zurück Richtung Kombüse. Schnell waren die Zutaten abgeladen und die zweite Ladung war nun dran. „Was möchtest du alles drauf haben?“, sie liefen die Reihen im Lager ab, „Apfel, Kiwi, Mandarine, Erdbeere, Birne, Banane, alles was du da hast!“ grinste sie vorfreudig. Etwas überrumpelt kratzte er sich an seinem Kopf und fragte „Willst du das wirklich alles auf einem Kuchen haben?“ „Ouh ja!“, er deutete ihr mit einem Handzeichen in die Reihe zu gehen, vor dem Regal machten sie Halt „Wenn du so viele Früchte haben willst, dann sollten wir mehrere Kuchen machen“, bei dem Wort 'mehrere' funkelten ihre Augen wieder „Aber dafür gibt’s dann keine Kekse“, ihre Mundwinkel sanken sichtlich und sie überlegte, ob es ihr wert wäre. Sie gab sich geschlagen „Na gut, dann nur Kuchen, dann aber viele!“ „Gut. Hier nimm das bitte“, er übergab ihr einen Korb mit Äpfeln und Birnen, er selbst nahm sich das restliche Obst. Wieder in der Kombüse wies er sie darauf an, das Obst zu waschen und zu schälen, gesagt getan. Der Kommandant richtete die Backformen her und bereitete den Teig vor. Schnell war dieser fertig und war zum Backen im Ofen. „Wie weit ist das Obst?“, „Alles ist geschält, aber ich weiß nicht, wie du es geschnitten haben willst“, sagte sie und wartete auf seine Antwort. Er kam zu ihr und nahm je eine Frucht und zeigte ihr, wie sie zu verkleinern war. Mit viel Mühe versuchte sie seine Schnitte nachzumachen, wie zuvor gelang es ihr, nur dauerte es länger, als bei ihm selbst. Als der Teig fertig war, holte er diesen hinaus und ließ ihn abkühlen, bis dahin half er ihr das Obst zu zerkleinern. „Möchtest du bei einem Kuchen Pudding drunter haben?“, bei 'Pudding' wurde sie hellhörig und hörte auf zu schneiden „Ja, sehr gern. Darf ich auch so welchen haben?“, der Brünette lächelte „Aber natürlich.“ Dank der Hilfe des Smutjes war das Obst schnell in Form gebracht und er machte sich daran den Pudding zuzubereiten. Als dieser verzehrbar war, gab er Lio eine Schüssel mit Vanillepudding „Danke“, sagte sie mit strahlenden Augen und verschlang gerade zu den Inhalt der Schüssel. Thatch ließ die Kleine in Ruhe essen und räumte benutztes Geschirr zusammen. Als sie endlich fertig war, wollte er mit ihr zusammen den Teig bestücken, doch jemand kam ihnen dazwischen. Der junge Vize stand an der Tür zum Essenssaal „Lio, Vater möchte mit dir sprechen“, Lio und Thatch wurden sich bewusst, was dies hieß. Die Laune der Rothaarigen sank auf einen Nullpunkt und sie schaute etwas traurig von Marco zu Thatch. Dieser wollte den Blonden in diesem Moment verfluchen, er selbst hatte es geschafft sie abzulenken und nun wollte man sie erneut mit dem Geschehenen konfrontieren. Mit einem schwachen Lächeln verabschiedete sie sich von dem Smutje „Mach bitte weiter ja? Ich möchte nachher ein gaaanz großes Stück haben“, er nickte nur, konnte ihr Lächeln allerdings nicht erwidern. Er versuchte dem ersten Kommandanten mit seinen Blicken zu erstechen, er hoffte, dass dieser zumindest ein schlechtes Gewissen hatte. Marco war sich bewusst, was Thatch getan hatte. Er hatte sie aufgemuntert und abgelenkt, doch sie musste sich mit dem Passierten auseinandersetzen, zumal niemand außer ihr wusste, was genau geschehen war. Dass es ihr unangenehm war darüber zu sprechen, war allen bewusst, doch musste sie berichten. Vater wollte umgehend wissen, was passiert war, doch geduldete er sich bis das Deck normal aussah, er wollte ihr diesen Anblick ersparen. Da das Deck sich nun im Normalzustand befand, wollte er mit ihr sprechen. Schweigend liefen sie nebeneinander den Gang entlang zum Deck, den Weg dorthin überlegte sich Lio, was sie oben vorfinden würde und vor allem auch, was sie erzählen sollte. Sie wollte nicht darüber nachdenken, noch weniger darüber sprechen. Oben angekommen atmete sie erleichtert aus, sie hatte erwartet, Kampfspuren sehen zu können, doch nichts dergleichen. Wie sonst auch immer saß der Captain des Schiffes auf seinem Thron und trank genüsslich seinen Sake. Vor diesem machten sie Halt „Hallo Vater“, sagte sie leise, aber hörbar. Als der Hüne sie bemerkt hatte, trank er einen letzten Zug und stellte die Flasche beiseite. „Lio, würdest du mir bitte erzählen, was vorhin passiert ist?“ ohne große Umschweife fragte er sie und bemerkte, wie ihr Blick zu Boden sank. „Lio..“ sagte er und wollte, dass sie ihn anschaute, doch noch immer schaute sie hinab. Völlig unerwartet wurde sie von Whitebeard gepackt und stand nun unsicher auf seinem Bein, fragend blickte sie auf und sah in das Gesicht ihres Captains. Seine sonst so harten Züge wirkten vollkommen entspannt und er sah sie liebevoll an „Erzähl bitte was passiert ist“, nach wie vor waren die Gedanken daran schrecklich, doch sie wollte ihm nicht widersprechen, er sollte erfahren, was passiert war. „Marco und ich wollten zum Trainingsraum, als uns jemand entgegen gekommen ist, der meinte, dass Piraten angreifen. Marco hat mir gesagt, ich soll unter Deck bleiben, was ich auch getan habe. Ich habe mein Schwert aus der Kajüte geholt und bin zurück in den Essenssaal. Ich konnte die Kämpfe und das Geschrei hören..“, sie machte kurz eine Pause und holte tief Luft ehe sie weitersprach. „Es hat einfach nicht aufgehört, es klang genauso, wie zu dem Zeitpunkt, als ich auf dem Schiff der Marine war.. Dann hörte ich ein Poltern aus dem Gang, ich wollte wissen, was das war und dann stand ich vor diesem Piraten“, nun ging es um den unangenehmeren Teil. Sie wollte nicht darüber sprechen, nicht die Worte in den Mund nehmen, die dieser Pirat gesagt hatte, doch wollte der Mann, der ihr eine Chance gegeben hatte, es wissen, also würde sie sprechen. „Er hat dich beleidigt, hat dich als lächerlich bezeichnet. Ich wurde wütend, habe aber nichts gesagt. Stattdessen habe ich mir überlegt, wie ein möglicher Kampf aussehen könnte und habe mein Schwert gezogen. Er hat über mich gelacht, gesagt ich wäre schwach und hätte keine Chance. Ich habe ihm weiterhin keine Antwort gegeben und dann hat er..“ sie sah wieder zu ihren Füßen „Er hat gefragt, ob mir meine Eltern nichts beigebracht hätten und das hat mich verletzt“, gab sie offen zu. Dieser Pirat hatte damit gesagt, dass ihre Eltern bzw. ihre Mutter sie nicht richtig großgezogen hatte und das konnte er keineswegs einschätzen. Er hatte damit ihr Mutter beleidigt und das konnte sie nicht einfach so auf sich sitzen lassen. „Ich habe ihn dann angegriffen. Er hat sich in Sicherheit gewogen, doch im letzten Moment bin ich seitlich an ihm vorbei und hab ihm das Schwert in den Körper gedrückt“, sie hatte ausgesprochen, was vor ein paar Stunden passiert war und sie war froh darüber, das Schlimmste nun hinter sich zu haben. Marco stand immer noch vor seinem Vater und der Rothaarigen, er hatte ihren Worten gelauscht und sich bildlich vorgestellt, wie sie reagiert hatte. Sie hatte einen kühlen Kopf bewahrt und den Piraten richtig angegriffen. Was genau er gesagt hatte, wollte der Blonde gar nicht wissen, allein die Tatsache, dass der Pirat seinen Vater beleidigt hatte, war Grund genug, um ihn bluten zu sehen. Whitebeard verstand die Reaktion des kleinen Mädchens und tätschelte mit seiner viel zu großen Hand ihren Kopf „Hat er noch etwas gesagt?“, fragte er ruhig, sie sagte nur, dass er direkt zusammengesackt sei und schnell bewusstlos wurde. Der Rothaarigen fielen einige Tränen das Gesicht hinab, der alte Hüne winkte seinem Vizen kurz zu, der daraufhin verschwand. „Es ist nicht leicht Pirat zu sein, aber du hast dich dafür entschieden“, sagte er und Lio nickte nur. Ihr war zuvor nie wirklich bewusst, was alles auf sie zukommen würde und nun hatte sie es an eigenem Leib erfahren. „Du musst wissen, wofür es sich zu kämpfen lohnt“, sprach Whitebeard weiter, mit tränengefüllten Augen schaute sie den alten Mann an und nickte, er hatte recht. „Möchtest du noch etwas wissen?“, er antwortete ihr darauf indem er sie zurück auf den hölzernen Boden stellte und sich bei ihr bedankte „Danke, ich weiß, wie schwer es dir gefallen sein muss.“ Sie nickte, wischte sich die Tränen aus den Augen und lächelte ein wenig. „Ich bin wieder bei Thatch, wenn es etwas gibt“ sagte sie noch und ging dann wieder unter Deck. Auf dem Weg zur Kombüse, rieb sie sich einige Male die Augen, sie wollte dem Kommandanten so nicht vor die Augen treten, er machte sich dann wieder viel zu viele Gedanken. Sie dachte über die gesagten Worte nach „Du musst wissen, wofür es sich zu kämpfen lohnt“, er hatte absolut recht. In der Kombüse sah sie den Smutje, der dabei war, den fünften Kuchen anzurichten. Die Rothaarige betrachtete jeden einzelnen „Die sehen ja wundervoll aus!“, sagte sie freudig. Der Brünette blickte auf und sah in das lächelnde Gesicht des Mädchens „Du bist schon zurück?“, fragte er etwas vorsichtiger „Ja, ich habe ihm alles erzählt“, erleichternd stellte er fest, dass sie pausenlos lächelte. „Es ist alles in Ordnung Thatch“, versicherte sie ihm und beruhigte seine Gedanken. „Brauchst du noch meine Hilfe?“, „Aber natürlich, hier ist noch ein Boden, du kannst ihn belegen“, gesagt getan, nach kurzer Zeit war auch dieser Kuchen gefüllt mit Früchten. „Möchtest du ein Stück?“, sie nickte zur Antwort, „Mit Pudding?“ „Ja, bitte!“ Sie bekam ein Stück und verschlang dieses direkt, durch die morgendlichen Ereignisse hatte sie ziemlichen Hunger und war froh, dass sie endlich was im Magen hatte. „Das mit dem Pudding ist einfach nur genial!“ sagte sie freudig mit vollem Mund. Gemeinsam verbrachten sie noch einige Zeit in der Kombüse, räumten auf und aßen Kuchen, mit der Zeit wurde es später und es stand das Mittagessen an. Da Lio nicht zu der vierten Division gehörte, die nun das Essen vorbereitete, verschwand sie nach einiger Zeit, um sich nach ihren Aufgaben zu erkundigen. Aus dem Trainingsraum der ersten Division hörte sie Stimmen, als sie gerade eintreten wollte, ging die Tür auf und ihr entgegen kamen einige Nakamas. Verwundert blieb sie stehen und sah allen dabei zu, wie sie den Raum verließen. Bis der Letzte hinaus trat, wartete sie und trat dann ein. Im Raum selbst erkannte sie den blonden Kommandanten, der etwas auf ein paar Zettel schrieb und sie anscheinend noch nicht bemerkt hatte. Der Geruch war nicht sonderlich angenehm und verriet ihr, dass die Männer eben wohl trainiert haben mussten. „Marco?“, der Blonde blickte nicht auf und schrieb weiter „Mh?“, etwas verwundet, dass er sie nicht ansah, fragte sie dann: „Habt ihr gerade trainiert?“, „Na, was denkst du denn?“, etwas kleinlaut sagte sie dann: „Ja.. und ich war nicht dabei..“ Er hörte ihr Unbehagen aus der Stimme heraus und wandte sich zu ihr: „Was nicht schlimm ist. Ich hab dir gesagt, dass du nicht dabei sein musst.“ Seine Worte beruhigten sie allerdings nicht, es wäre ihr erstes Training gewesen und jetzt hatte sie es verpasst, weil sie mit Thatch Kuchen gegessen hatte. Beim nächsten Training wollte sie unbedingt dabei sein, außerdem stand ja heute noch das Training mit Vista an, wo war eigentlich ihr Schwert? „Dann bin ich aber bei dem Nächsten dabei, weißt du wo mein Schwert ist?“, sie erinnerte sich daran, dass der Kommandant es ihr abgenommen hatte. „Vista müsste es haben“, unbeirrt widmete er sich wieder seinen Zetteln „Weißt du wo er ist?“, „Müsste an Deck sein“, gab er nur knapp zur Antwort. Lio verstand nicht, weshalb der Blonde so abweisend war, wahrscheinlich hatte er einfach viel zu tun und deshalb würde sie ihn nun nicht weiter stören. „Okay, danke und bis später.“ „Bis später.“ Sie verließ den Trainingsraum, um an Deck zu gehen. Dort hatte sie den Zylinderträger gefunden und ihr Schwert zurückbekommen. Die Meisten hatten bereits mitbekommen, was während des Kampfes passiert war und ebenso auch, dass sie es anscheinend nicht so gut weggesteckt hatte, wie sie sich nun gab. Vater und auch Marco hatten die Anderen gebeten, sie deswegen nicht zu fragen und normal weiterzumachen. So hatte Vista ihr zum Training zugestimmt, auch wenn er es aufgrund des Ereignisses am Morgen lieber abgesagt hätte. Zuvor allerdings stand das Mittagessen an, schnell hatte sich dieses für Lio erledigt, da sie sich bereits mit Kuchen vollgestopft hatte. Die Rothaarige hatte mitbekommen, wie nett jeder zu ihr war und sie war froh darüber, dass niemand sie auf das, was am morgen geschehen war, ansprach. Das Training mit dem Kommandanten lief besser als erwartet. Lio dachte, sie könne nun nicht mehr ordentlich kämpfen oder zumindest eingeschränkt. Als ihr Trainingspartner meinte, dass es für heute genug sei, registrierte sie dies nur, machte allerdings allein weiter. Noch immer wollte sie stärker werden und ihr Ziel nicht aus den Augen verlieren. Sie wusste, wofür es sich zu kämpfen lohnte. Niemand sollte ihretwegen verletzt werden, sie würde ihre Familie und Freunde beschützen, wenn es sein musste, auch mit ihrem Leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)