Gnadenlose Realität von Nhaundar (Zu viele Fuß unter der Erde.) ================================================================================ Kapitel 2: Unwillkommene Aufgaben --------------------------------- --- einige Jahrzehnte später --- SHARRAK Fluchend verließ der junge Dunkelelf das Haus in dem er zusammen mit seinem Bruder und dessen Ehefrau wohnte. Wieso wurde gerade er ausgewählt, konnte das nicht Calaghar erledigen? Der hatte bei weitem mehr Erfahrung, war in Menzoberranzan gewesen, war dort groß geworden und kannte das Unterreich.... Nein, sie mussten ihn nehmen, ihn nach da unten schicken. Was hieß 'sie'? Corellon hatte ihm einen Traum gesendet und der Traum war eindeutig gewesen, auch Calaghar, sein Bruder und Anidia, seine Ziehmutter und Schwägerin - auch wenn er sie nie so nannte - hatten einen ähnlichen Traum gehabt, sie beide mussten es besser wissen. Gerade Anidia. Sie war eine Priesterin von Corellon Larethian und sie hatte die Bürde, es ihm zu bestätigen, Calaghar überlassen. Das Gespräch hatte Sharrak unterbrochen, er sah nicht ein, diese Aufgabe zu übernehmen... er hatte keine Lust dazu. Er wollte nicht auf unbestimmte Zeit nach dort unten, in eine völlig fremde Umgebung, aber dennoch musste sich der Seldarine etwas dabei gedacht haben... Eine Weile grübelte er darüber nach, während er durch die Straßen des kleinen Dorfes huschte, um die Elfen hier erst einmal hinter sich zu lassen. Zeit für sich war jetzt das, was er bitter nötig hatte. Es machte schon irgendwie Sinn, was Corellon da von ihm forderte. Er war der Einzige andere Dunkelelf der in Frage käme eine solche Aufgabe zu erfüllen, denn Drizzt Do'Urden war in der Hauptstadt der Drow bekannt wie ein bunter Hund. Calaghar selbst würde vermutlich unbehelligt sein können, aber dennoch kannte man sein Gesicht, er war Mitglied eines höheren Adelshauses gewesen... spätestens die Feinde von damals würden ihn vielleicht erkennen. Sharrak hingegen kannte niemand. Er hatte keinerlei Umgang mit anderen Dunkelelfen gehabt, die sich auch nur im Ansatz an ihn erinnern würden, damals war er nichts weiter als ein wehrloser Säugling gewesen. Aber auch genau da lag ein Problem. Er hatte keinerlei Umgang mit den Drow gehabt, die Calaghar ihm beschrieben hatte. Denken wie sie es taten würde ihm schwer fallen, sich auch nur so zu benehmen, dass er nicht auffiel würde eine Hürde werden. Die Sprache stellte kein Problem dar, auch die Zeichensprache nicht, aber nachdem was er immer von den Drow gehört hatte, wollte er einfach nicht tausende Fuß unter die Erde und das nur für ein paar Informationen. Sharrak ignorierte den wütenden Ruf seines Bruders, der ihm befahl wieder zurück zu kommen. Stattdessen wurde er nur noch schneller, während er die Blicke der anderen Elfen ignorierte, die ihm durchaus verhalten neugierig folgten. Erst einmal musste er hier weg, er brauchte Ruhe und einen klaren Kopf, um seine Gedanken ordnen zu können. Die kleine Siedlung verschwand schnell hinter ihm und er ging tiefer in den Wald hinein, um zu seinem Lieblingsplatz zu gelangen. Ein kleiner abgeschotteter See, der einige Wegminuten entfernt lag, so dass nicht mal eben jeder vorbei kommen konnte. Abseits der Wege hatte er bisher immer seine Ruhe gefunden. Seufzend ließ er sich auf ein mit Moos bewachsenes Fleckchen fallen. Sein Blick wanderte über die schimmernde, sich leicht kräuselnde, türkise Oberfläche des Sees, über die Bäume die sich darum herum leicht im Wind wiegten und das Schildrohr, was sich an der einen Uferseite ausgebreitet hatte. De Anblick brachte ihn augenblicklich ein wenig herunter und er versuchte sich auf das Dilemma in seinem Kopf zu konzentrieren. Hier, allein unter dem Blätterdach, mit dem Rauschen des Wassers in den Ohren ging es ihm gleich viel besser. Der junge Dunkelelf konnte sich nicht vorstellen diese ganze Natur gegen Stein einzutauschen, dennoch wollte er seinem Gott keinen Ungehorsam zeigen. Denn irgendetwas musste er sich dabei gedacht haben. Etwas mehr Sicherheit was das anbetraf wäre schon schön. Vielleicht war es ja auch als Prüfung für seine Loyalität gedacht... aber eigentlich musste sich Corellon mehr davon versprechen. Sollte er einfach vertrauen, dass es einem größeren Plan galt? Vermutlich. Wenn er seinen Bruder fragte auf jeden Fall, bei Anidia stand das außer Frage... aber es war so eine unendlich schwere Aufgabe. Egal aus welchen Blickwinkel er sie betrachtete... das konnte doch nicht einfach gut gehen, oder? Er kannte das Unterreich nicht und wollte es auch nicht wirklich kennen lernen. Ihm gefiel es hier sehr gut. Doch irgendwo konnte er nicht verhindern, dass doch in der hintersten Ecke seiner Gedanken Interesse aufkeimte, dass er wissen wollte, wie es dort unten wirklich zuging. Es mit eigenen Augen zu sehen war doch etwas anderes, als nur den Erzählungen von Calaghar zu lauschen, oder den Worten der anderen Elfen Glauben zu schenken, die nie wirklich dort unten gewesen waren.... Nachdenklich biss er sich auf die Unterlippe. „Wie wäre es wenn man nicht mehr auffallen würde?“, murmelte er ganz leise vor sich hin, als er sich nach hinten in das Moos fallen ließ und seufzte leise auf. Hier war er, neben seinem Bruder, der einzige andere Dunkelelf, wenn man von Drizzt absah. Und demnach waren sie beide durchaus bekannt. Er war nicht sein ganzes Leben nur in diesem Dorf gewesen, einmal waren sie sogar in Silbrigmond gewesen, was durchaus einiges an Aufregung hervorgerufen hatte, aber dank Anidia war das schnell aus dem Weg geschafft worden. Er blickte nach oben, musterte die Baumkronen und schloss einen Moment die Augen. Nicht einmal eine wirkliche Wahl hatte er. Es war kein direkter Befehl gewesen, dem er zu gehorchen hatte, aber es war nah dran gewesen und wenn Corellon das von ihm forderte wäre es sicherlich besser dem auch zu folgen. Was er wollte, spielte wohl nur eine untergeordnete Rolle. Hatte sein Bruder denn kein Verständnis dafür? Er ahnte, dass er nur das Beste für ihn wollte, und das die Aufgabe wohl unangenehm war, aber sie musste getan werden, wann bot sich denn sonst eine solche Gelegenheit seine Loyalität den Elfen und seinem Gott so drastisch und weitgreifend zu beweisen? Zumal Anidia nach wie vor Kontakt nach Silbrigmond hatte, sodass seine Aufgabe um einiges mehr Wert hatte, als es zuerst den Anschein gehabt hatte... Je mehr er darüber nachdachte desto sinnvoller wurde es und umso mehr ärgert es ihn. Also musste er das Opfer wohl bringen? Wie genau hatte sich Corellon das eigentlich vorgestellt? Wie, stellten sich das Calaghar und Anidia vor? Wie sollte er unbemerkt ins Unterreich kommen? CALAGHAR Er schüttelte den Kopf und schloss das Fenster hinter sich, was er geöffnet hatte, um seinen Bruder zurück zu rufen. Wie konnte er sich nur noch so unreif verhalten? Nach dunkelelfischen Maßstäben müsste er sich eigentlich schon besser verhalten, allerdings hatte die andere Lebensweise schon ihre Einflüsse, das konnte er nicht leugnen und von daher war die Frage auch eher unsinnig... dennoch machte er sich Gedanken. Bei den anderen Elfenrassen verhielt es eben anders und diese Standards sollte er wohl viel eher auf Sharrak anwenden, wenn auch nicht komplett, alles ließ sich ganz einfach nicht ummünzen und das Alles war für ihn auch noch immer Neuland. Elfen hatten das Privileg in Ruhe Lebenserfahrung sammeln zu können. Bei Drow hingegen zählte jeder kleine Moment, selbst Sekunden konnten entscheiden, ob man sich mit einem Messer im Rücken wieder fand oder nicht und das selbst schon in jungen Jahren. Für niemanden galten im Unterreich Ausnahmen. Noch immer hing er in alten Verhaltensmustern fest, nach all der Zeit, die er hier verbracht hatte.... aber er wusste, wieso Sharrak so reagierte. Nicht nur die Erziehung die nicht so straff war, wie er es am eigenen Leib erfahren hatte, auch der Sturkopf seines Bruders spielte eine Rolle... Außerdem war Calaghar von einem Moment auf den Nächsten vom Bruder zu einem Vater geworden und er versuchte beide Rollen auszufüllen, was wohl ein Fehler war.... er hatte sich bemüht sich dem anzupassen, was allerdings nicht immer geklappt hatte. Außerdem hatte er auch Wert darauf gelegt, seinem Bruder die Sprache der Drow und besonders auch deren Zeichensprache beizubringen, dazu war er auch nicht umhin gekommen einem unbedarften, jüngeren Sharrak die Kultur der Drow nahe zu bringen. Er fand es wichtig, ihm zu zeigen woher er kam, denn er würde immer wieder damit konfrontiert werden. Vielleicht hätte er in manchen Momenten der Erziehung doch härter vorgehen sollen. Allerdings war das schon längst zu spät, also schüttelte er leicht den Kopf bei dem Gedanken. Wenn er genauso gehandelt hätte, wie seine Erzieher in seiner Kindheit, wäre es Sharrak auch nicht besser ergangen als im Unterreich und es sollte ihm besser gehen, er sollte es besser haben, als er es selbst gehabt hatte. Das war ihm seiner Meinung nach gut gelungen. Calaghar fand die Aufgabe die Sharrak übertragen wurde auch nicht optimal, doch davor zu flüchten war auch keine Lösung und sein Bruder war nun mal der Einzige der dazu in Frage kam. Dass er, seine Frau und sein Bruder den fast identischen Trau gehabt hatten war Zeichen genug und so zerbrach er sich schon seit einer Weile den Kopf darüber, welche Mittel und Wege sich finden ließen, um ihn bei den Drow einzuschleusen. Die Erklärung warum gerade jetzt diese Botschaft an sie gesendet worden war, war auch sehr eindeutig. In letzter Zeit nahmen die Drowüberfälle ab und Sharrak sollte herausfinden was bei den Drow vor sich ging, was sie planten, denn dort unten war der Einfluss von Corellon gering, wenn überhaupt vorhanden. Es war gefährlich anderen Glaubensrichtungen zu folgen. Vielleicht ergab sich aus der Situation auch ein höheres Ziel... wer wusste das schon und wie könnte er sich ein Urteil erlauben? Soweit er wusste waren sie beide die einzigen Dunkelelfen die Corellon dienten und der Gott brauchte jemanden, der an ihn glaubte um auch woanders Einfluss auszuüben. Seufzend ließ er sich auf einen Stuhl sinken und vergrub sein Gesicht in den Händen, rieb sich mit den Finger leicht über die Schläfen. Er bekam Kopfschmerzen und er fühlte sich erschöpft. So etwas hätte er sich Unterreich nicht getraut, nicht wenn jemand in der Nähe war, wenn nur, wenn er absolut sicher allein war.... so etwas zugelassen hätte er wohl ohnehin nicht, wenn man sich dem einmal hingab lief man Gefahr vielleicht auch bei anderen Sachen unvorsichtig zu werden. Die Gesellschaft der Drow war unbarmherzig und nutze jedes Zeichen der Schwäche aus. Gnadenlos. Hier jedoch hatte er erst lernen müssen dieses Denken abzulegen, aber es hatte sich gelohnt, gerade als er spürte wie sich jemand näherte. Die Präsenz konnte er sofort zuordnen, allein der blumige Duft, der leicht in seine Richtung wehte war schon verräterisch genug. Anidia schlang ihre Arme um seinen Hals und lehnte sich leicht gegen ihn. Er spürte ihre angenehme Wärme und griff mit einer Hand nach einer der Ihren und drückte sie leicht, zog sie an seine Lippen und hauchte einen kleinen Kuss auf ihren Handrücken, bevor ein weiteres, leises Seufzen über seine Lippen kam. „Du machst dir zu viele Gedanken.“, hauchte ihre Stimme sanft, nahe seinem Ohr und eine Gänsehaut breitete sich auf seinem Nacken aus, ein angenehmes Kribbeln schoss seinen Rücken hinab. Leicht drehte er sich zu ihr um und sah ihr in die faszinierenden Augen. „Er wird sich der Aufgabe stellen. Das hat er bis jetzt bei jeder Aufgabe getan, wenn er erkannt hat, dass sie wichtig ist und er die Gründe gesehen hat, die sie notwendig machten. Ob es ihm nun passte oder nicht.“, murmelte sie leise, noch immer dicht bei ihm. Sachte fuhren geschickte Finger durch seine langen Haare, spielten damit ein wenig und er spürte wie sie eine der Strähnen um ihren Finger wickelte. Anidia hatte auch ihn um den Finger gewickelt und das beherrschte sie für seinen Geschmack manchmal ein wenig zu gut. Abermals seufzte er auf. „Du hast recht, doch mir ist bei der ganzen Angelegenheit nicht wohl.“, nuschelte er leise, lehnte sich etwas nach hinten, an sie heran und schloss seine Augen. Die Finger verschwanden aus seinen Haaren und die Hand die er festhielt entzog sich ihm. Er spürte wie sie um ihn herum trat, nun vor ihm stand und ihn forschend anblickte. Langsam kam sie wieder näher und ihre Hände glitten nun federleicht seinen Hals entlang nach oben zu seinem Gesicht. Sachte fuhren die Konturen nach, bis ihre Finger an seinen Lippen hängen blieben, die sie behutsam mit dem Daumen nachzeichnete. Mit noch immer geschlossenen Augen genoss er die Berührungen und lächelte sachte. „Lass ihm bis heute Abend Zeit, dann wird er sich beruhigt haben… seine Gedanken geordnet haben und vermutlich die Aufgabe angenommen haben, sonst hätte Corellon ihn nicht erwählt.“, die Worte wurden immer leiser, aber klangen selbstsicher und zuversichtlich. Dann beugte sie sich zu ihm herab und sie stahl ihm einen Kuss . Calaghar öffnete leicht die Augen, sah wie sie den Kuss zu genießen schien und seine Lieder schlossen sich wieder und er ließ sich einfach ein wenig mehr in den Moment fallen. Er lächelte sachte in den Kuss hinein und griff nach ihr, schlang seine Arme um ihre Taille und zog sie noch näher an sich heran. Was würde er nur ohne sie tun, vermutlich wären er und Sharrak nicht einmal mehr am Leben …. Der Schein der Flammen kam immer näher. Es wurde immer heller, blinzelnd versuchte er sich daran zu gewöhnen. Er unternahm keinen einzigen Versuch leise zu sein. Er bewegte sich normal voran, man sollte wissen, dass er da war, dass er auf die Elfen zukam, denn andere Wesen erwartete er nicht und das leise Flötenspiel was zu hören war, bestätigte nur seine Vermutung und er lag wohl richtig damit, gerade diesen Ort ausgesucht zu haben. Je näher er kam, desto unruhiger wurde er, die Nervosität, die so oder so schon eine ganze Weile vorhanden war, wurde nur noch stärker und er spürte, wie sei Herz heftiger schlug. Das hier war etwas ganz anderes als ein Kampf. Er lieferte sich quasi aus und das machte ihm sehr viel mehr zu schaffen. Als das Flötenspiel plötzlich verstummte, wusste er, dass er bemerkt worden war. Er wollte gar nicht unbemerkt stehen bleiben, oder sich verbergen. Mit einem festen Schritt trat er aus dem Unterholz, auf die hell erleuchtete Lichtung, in Erwartung grelleren Lichts hatte er die Augen ein wenig zusammen gekniffen. Sie schmerzten, aber so dauerte es nicht all zu lang, bis er seine Umgebung wieder besser sehen konnte. Feuer war an sich nichts ungewöhnliches, allerdings in einem so großen Lagerfeuer war er es nicht gewohnt.... Es befand sich noch einiges an Abstand zwischen ihm und den Elfen, dennoch wurde er beeits von vielen verschiedenen Augenpaaren erschrocken, zugleich aber auch misstrauisch und unverhohlen feindlich gemustert. Kaum einen Atemzug später sah er sich von Klingen umringt, während ein anderer Elf, die Umgebung aufmerksam absuchte. Es war vollkommen still, sah man von den hastigen Schritten ab, als einige der Elfen davon stoben, um sich in Sicherheit zu bringen und dem Knacken des Feuers im Hintergrund. Regungslos blieb er stehen, um nicht aus Versehen mit einer der Klingen im Körper zu enden. Es vergingen lange Augenblicke in denen man offensichtlich auf die Rückkehr des Spähers wartete. Alle machten sich bereit einer Gruppe von Drow gegenüber zu treten. Es bildete sich keine Traube Neugieriger um den Dunkelelfen, stattdessen erschienen immer mehr Bewaffnete. Calaghar versuchte ruhig zu bleiben und drückte das Bündel etwas mehr an sich. Das Einzige was er tat war sich selbst etwas zu beruhigen, seine Gedanken zu ordnen und er würde nur einschreiten, um seinen kleinen Bruder zu beschützen. Er spürte deutlich die Aufregung und ja, auch die Furcht, die durch seine Adern floss. Nach unendlich scheinenden Minuten kam der Späher, sichtlich ruhiger als zuvor, zurück und sagte etwas in einer ihm unbekannten Sprache. Der Dunkelelf konnte deutlich spüren, wie etwas von der Anspannung der ihn umringenden Elfen abfiel. Diese musterten ihn nun genauer von oben bis unten. Einer der Bewaffneten steckte sein Schwert ein und sagte etwas, zu Calaghar gerichtet. Dieser hob nur leicht die Schultern und sagte in der Allgemeinsprache: „Ich verstehe euch nicht.“ Der Mondelf nickte leicht und wechselte die Sprache, als er fortfuhr: „Was macht ein dreckiger Drow allein an der Oberfläche?“, die Augen des schwarzhaarigen Elfen verengten sich, sein Blick war forschend, kalt und abschätzig. „Ich folge dem Ruf meines Gottes.“, erwiderte er sachlich. „Ich bin nicht allein.“, stellte er wahrheitsgemäß klar und löste mit einer vorsichtigen Handbewegung das Tuch was seinen Bruder bisher an seiner Brust gehalten hatte. Der Kleine war gespenstisch still, aber nicht eingeschlafen, sondern wach und musterte mit großen Augen die Umgebung, als er das Tuch von seinem Kopf geschoben hatte. Einer der Elfen zuckte etwas zusammen, in der Annahme Calaghar würde nun angreifen und sein Schwert ruckte in einer kurzen, allerdings durchaus koordinierten Bewegung gegen seine Hand und verpasste ihr einen blutigen Schnitt. Zum Glück wurde der Säugling verfehlt. Calaghar verkniff sich einen Laut und hielt still. "Passt auf, dass ihr ihm nicht weh tut.", meinte er leiser und Sharrak quietschte auf, giggelte etwas vor sich hin und strampelte etwas in seiner improvisierten Halterung. „Halt still und es passiert nichts!“, zischte einer der anderen Elfen. Calaghar spürte deutlich wie warmes Blut seine Hand hinab rann, in dem Ärmel seines Gewands lief und dort in dem Stoff versickerte. Der Anführer der Gruppe hob die Hand und gab somit dem Späher ein Zeichen. Dieser kam darauf hin zu dem Weißhaarigen und nahm ihm das Langschwert und den magischen Beutel ab, warf die Gegenstände einem anderen Elfen zu und wandte sich zu dem  Bündel was er geschickt von Calaghars Körper löste. Sharrak blickte den Mondelfen nur neugierig an und griff mit einer Hand nach den langen blauen Haaren des fremden Elfen, der sich etwas über in gebeugt hatte. Der Magier ließ es zu, es hätte die Situation sicher nur noch verschlimmert, wenn er etwas dagegen getan hätte. Der Anführer, dem das Dunkelelfenkind kurz entgegen gehalten wurde, musterte den Kleinen nur und seufzte leise. Resignation war in seinem Blick zu erkennen, er würde wohl kaum ein Kleinkind töten, dem war sich Calaghar bewusst. „Wer ist dein Gott?“, fragte er und wandte den Blick von dem Säugling ab, richtete seinen Augenmerk wieder auf den für ihn Fremden. „Corellon Larethian.“, kurz zeichnete sich Verblüffung auf den Zügen des Elfes ab und leises Murmeln erwachte um ihn herum. Der älter wirkende, schwarzhaarige Mondelf sah sich kurz suchend um bevor er sich an einen der anderen wandte. „Hol Anidia.“, der  Angesprochene nickte und eilte davon. Calaghar sah dem Spektakel schweigend zu. Derjenige, der Sharrak auf den Arm hatte drückte das Bündel in die Arme einer herumstehenden, blondhaarigen Frau und sagte etwas in dieser unbekannten Sprache. Sie verschwand mit dem Kleinen. „Was habt ihr mit meinem Bruder vor?“ , man konnte Besorgnis aus seiner Stimme hören. „Nichts … wir schlachten keine wehrlosen Kinder ab.“, murrte der Anführer. Weiter sagte er nichts, er wartete anscheinend auf diese Anidia. Calaghar wurde nur weiterhin feindlich, aber jetzt auch mit Interesse gemustert. Das Kitzeln des trocknenden Blutes irritierte ihn ein wenig, aber er zwang sich dazu still zu halten, er war nicht auf weitere Verletzungen aus. Schließlich vernahm er aus einer Richtung hastige Schritt. Etwas später erschien wieder der Kundschafter im Lichtkegel, gefolgt von einer ungewöhnlichen Erscheinung, selbst für Feenwesen. „Anidia, ist er das?“, wurde sie direkt angesprochen und er beobachtete die auffallende Elfe die sich ihm näherte. Die anmutige Gestalt mit langen, wallenden, türkisen Haaren kam immer weiter auf ihn zu und gab den Elfen ein kurzes Zeichen, diese traten, zögernd, einen Schritt zurück „Steckt die Waffen weg.“, sagte sie eher leise, doch deutlich hörbar. Misstrauisch wurde er gemustert, die Waffen waren noch immer gezogen und auf ihn gerichtet. Sie war eindeutig eine Elfe, das bewiesen ihre Gestalt und die spitzen Ohren, die man durch ihre leicht gewellten Haare ausmachen konnte. „Seid ihr sicher?“, fragte einer, ohne den Blick von Calaghar abzuwenden. Man konnte deutlich hören, dass er dem Dunkelelfen kein Stück über den Weg traute, was nur zu verständlich war. Anidia nickte selbstbewusst und lächelte sachte. Calaghar musterte sie beinahe unverhohlen. Er hatte noch nie eine Frau lächeln sehen, so ganz ohne Machtglanz und einem verräterischen Funkeln in den Augen. Es wirkte frei und ungezwungen. Allgemein wirkte sie ein wenig atemberaubend auf ihn, was nicht nur an dem schönen, hellblauen Kleid, aus Seide lag, was ihre olivfarbene Haut und ihre auffallende Haarfarbe nur hervorhob und den perfekten Körper betonte. Exotisch war das richtige Wort. Solchen Elfen war er bisher noch nie begegnet. Sein Hauptaugenmerk lag auf Anidia. Sein Blick blieb an den glitzernden, braunen Augen hängen, die von eleganten Zügen umrahmt wurden. Auch sie musterte ihn, aber vor allem studierte sie sein verblüfftes Gesicht. Dabei kam sie näher zu ihm, da die Wachen nun auch zögerlich ihre Waffen weggesteckt hatten, jedoch lagen ihre Hände nicht weit von den Griffen entfernt auf den Gürteln. Er konnte sich einfach nicht rühren. Vollkommen gebannt von dem Anblick Anidias. Sie strich ihm eine der weißen Strähnen aus dem Gesicht bevor sie sachte nickte, sich zu dem Anführer drehte und laut sagte: „Ja! Das ist der Dunkelelf aus meinem Traum. Calaghar Auvryndar.“ Überrascht zuckte er zusammen, er konnte es auch nicht rechtzeitig unterbinden. Woher wusste sie, wie er hieß? Stirnrunzelnd blickte er sie an. Die Situation war einfach vollkommen ungewohnt. Der Anführer nickte daraufhin nachdenklich und seufzte leise. „Ich glaube dir…“, sagte er nach einigem Überlegen zaghaft. „Calaghar…“, sprach er weiter und automatisch richtete sich der Blick des Dunkelelfen auf den Anderen, suchte sich aber immer wieder einen Weg zurück zu der außergewöhnlichen Elfe, die er immer wieder unverhohlen betrachtete. 'Sie ist eine Frau.', rief er sich ins Gedächtnis und senkte den Blick. „Gut, es scheint so als wäre dies wirklich dein Name…“, wieder seufzte der Elf, dann musterte er den Drow eingehend, aus misstrauisch blitzenden Augen. „Wir werden dich beobachten. Mindestens zwei meiner besten Krieger werden dich ständig begleiten. Wenn du einmal auch nur etwas Falsches sagst, kannst du dir sicher sein, dass es Konsequenzen nach sich ziehen wird… Celorfin, Rarendin, es wird eure Aufgabe sein ihn zu bewachen.“ Die beiden Angesprochenen lösten sich aus der Menge und traten neben den Dunkelelfen der all das still beobachtete. Die Elfe drehte sich wieder zu ihm und lächelte leicht. „Corellon offenbarte mir das du kommen würdest. Es wird eine Weile dauern, bis sie sich an dich gewöhnt haben. Wo ist der andere Dunkelelf der dich begleiten sollte?“ „Eine blondhaarige Elfe ist mit ihm verschwunden.“, nuschelte er leise immer noch fasziniert von ihrem Anblick und verwirrt von seinen Gedanken. „Man wird uns doch nichts tun?“, fragte er sicherheitshalber und gleichzeitig unterwürfig. Immerhin sprach er mit einer Frau. Er wusste zwar, dass es hier oben anderes war aber so einfach ließen sich jahrelang eingeprügelte Unterwürfigkeit und Demut nicht abschalten. Und falls sie seinem Bruder und ihm doch etwas antaten… er war keineswegs wehrlos. Immerhin war er bis vor wenigen Stunden noch Hausmagier gewesen. „Nein, ihr Beiden steht unter meinem Schutz, solange ihr euch nichts zu Schulden lassen kommt seid ihr sicher. Amalia wird vorerst gut auf deinen Bruder aufpassen.“ Sie lächelte bei den Worten. Freundlich, ja das war es was er nicht kannte und nie wirklich gesehen hatte. „Was seid ihr?“, fragte Calaghar von Neugier gepackt. Solch eine wie sie hatte er noch nie gesehen, obwohl sie eindeutig elfisch war und er in Menzoberranzan viele verschiedene und auch exotische Sklaven gesehen hatte. Anidia lachte leise. „Das könnte ich dich auch fragen, wenn deine Rasse nicht so gefürchtet wäre… ich bin eine Waldelfe.“, sie nahm seine Hand und zog ihn vorsichtig mit sich. „Komm ich zeig dir wo du die nächste Zeit wohnen wirst.“ Rarendin und Celorfin folgten ihnen. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht als er daran zurück dachte. Sie war damals schon einnehmend gewesen und so wunderschön... vermutlich hatte er sich damals schon in sie verliebt, ohne auch nur das Gefühl wirklich zu kennen. Er hatte nie etwas Schöneres gesehen, als sie und er war froh, dass er bei ihr hatte bleiben dürfen. Inzwischen war einige Zeit vergangen und man hatte ihm und seinem Bruder Vertrauen geschenkt, zumal sie beide oft genug die Treue bewiesen hatten. Aber nun sollte Sharraks Loyalität hart auf die Probe gestellt werden. Vorsichtig zog er die Waldelfe näher zu sich und seufzte wieder leise. „Ich habe Angst um ihn. Was wenn es ihm dort unten gefallen könnte?“ Braune Augen musterten ihn erschrocken. „Nein, das wird es ihm nicht! Wie kommst du nur auf diesen Gedanken?“ „Veranlagung?“, nuschelte er und zuckte mit den Schultern. „Ach was! Er ist hier aufgewachsen, das hat ihn verändert. Sharrak ist nicht so leicht zu beeinflussen, er wusste schon immer genau was er wollte.“, sagte sie überzeugt. Calaghar nickte. Da hatte sie recht. Er schalt sich selbst einen Idioten für seine negativen Gedanken. Sein Bruder war alt genug, reif genug und gefestigt genug dafür, ansonsten wäre er nicht erwählt worden. Für Sharrak übernahm er fast die Rolle eines Vaters, wie konnte er da nur so an ihm zweifeln? Er war stark und würde die ihm gestellte Aufgabe sicherlich bewältigen. „Du hast recht, er wird es schaffen.“, nuschelte er, überzeugter als zuvor und lächelte. Anidia erwiderte sein Lächeln und zog ihn näher zu sich, um ihn erneut zu küssen. Calaghar bekam gar nicht genug von ihr. Welch glückliche Fügung, dass ihre Herzen zueinander gefunden hatten. Langsam strich er mit einer Hand ihren Rücken hinab und fuhr unter ihr Oberteil, um über die weiche, warme Haut zu streicheln. Sie löste sich von ihm und lachte glockenhell. „Willst du etwa schon wieder?“, fragte sie neckisch. „Hm... wenn du so direkt danach fragst….“, erwiderte er bevor er sie wieder küsste. Durch ein leises Räuspern wurden die Beiden unterbrochen. Beide hoben den Blick und sahen zu Anirion der, schüchtern und leicht errötet, durch die halb geöffnete Tür zu ihnen sah. Der junge Waldelf war wenige Jahre nach ihrer Ankunft in Anidias Obhut gegeben worden und sie hatte sich ihm angenommen, um ihn groß zu ziehen. Er war ein paar Jahre älter als Sharrak und die beiden waren quasi als Freunde, beinahe wie Brüder groß geworden. „Was ist los?“, Anidia blickte fragend zu ihrem Cousin und der blauhaarige Elf lächelte zaghaft. „Wo ist Sharrak? Ich wollte mit ihm über seinen Traum.... seine Aufgabe reden, vielleicht kann ich etwas bewirken.“, nuschelte er und trat ein wenig in den Raum. Calaghar seufzte leise. „Er wird wohl da sein, wo du ihn immer findest, wenn er seine Ruhe möchte.“, meinte der Magier und zwinkerte Anirion ein wenig verschmitzt zu. Der Dunkelelf wurde nicht schlau aus diesem scheuen Wesen. Anidias Cousin war ein paar Jahre älter als Sharrak, zeigte allerdings nur selten Selbstbewusstsein. So lange er ihn kannte, war Anirion schüchtern, still und zurückhaltend gewesen. Der Waldelf lächelte leicht und nickte, bevor er den Raum wieder verließ und die Tür hinter sich schloss. Calaghar schmunzelte etwas vor sich hin. „Ob es jemals besser mit ihm wird?“, fragte er seine Frau und Anidia musste ebenfalls schmunzeln. „Wir werden sehen, vielleicht hilft ihm das hier etwas auf die Sprünge.“, sagte sie amüsiert, zwinkerte ihm zu und küsste ihn abermals… SHARRAK Der junge Dunkelelf lag immer noch an dem kleinen See und versuchte seine Gedanken über diese Angelegenheit unter Kontrolle zu bekommen, versuchte sich abzulenken, aber bisher hatte er wenig Erfolg dabei gehabt. Er wollte einfach nicht hinunter ins Unterreich, auch wenn er wusste, dass sicherlich kein Weg daran vorbei führte, nicht, wenn er nicht seinen Gott enttäuschen wollte. Seinen Bruder, Anidia... Anirion. Der junge Dunkelelf wusste selbst, dass es notwendig war. Er richtete sich wieder auf und betrachtete noch einmal die einladende Oberfläche des Sees. Sharrak beschloss eine Runde schwimmen zu gehen, vielleicht half ihm das einen klaren Kopf zu bekommen. Schnell streifte er die leichte Kleidung ab, die er trug und ging vorsichtig in das angenehm kühle Wasser. Es war wohltuend in der spätsommerlichen Hitze. Als er bis zu den Oberschenkeln im Wasser war sprang er mit einem Satz hinein. Sein Herz setzte wegen der Kälte einen Augenblick lang aus und ihm blieb die Luft weg, aber es war angenehm berauschend und je tiefer er tauchte kälter und betäubender. Still schwamm er wieder an der Oberfläche auf und atmete tief ein. Jetzt ging es ihm viel besser. Gedankenverloren ließ er sich im Wasser treiben, während sein Blick wieder nach oben zum Blätterdach wanderte und zu dem strahlend blauen Himmel. Das würde er vermissen. Seine langen Haare trieben in einem Fächer um sein Gesicht und bewegten sich wie von selbst. Er schloss seine Augen und genoss das leise Plätschern des Wassers, das Gefühl der Schwerelosigkeit und den lauen Wind, der über seine nasse Haut wehte. Das Rauschen der Bäume und das Zwitschern der Vögel beruhigten ihn noch mehr. Alle Sorgen fielen von ihm ab, zumindest für den Moment und er genoss einfach nur den Augenblick. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)