Unter dem Mistelzweig von abranka (RWxSM) ================================================================================ Kapitel 3: III. --------------- Mitte Oktober war endlich das erste Hogsmeade-Wochenende. Rose und Izzie hatten sich schon drei Wochen zuvor darauf gefreut. Der Besuch in dem kleinen Dorf in der Nähe der Schule stellte immer eines der größeren Highlights dar. Die letzten Wochen über war es immer wieder zu kleineren Reibereien zwischen Rose und Scorpius gekommen. So war es eigentlich immer. Izzie verdrehte darüber oft genug die Augen, doch Rose konnte einfach nicht anders. Umso schlimmer wurde es nur dadurch, dass sich ihr Cousin Albus Severus, zweitgeborener Sohn des berühmten Harry Potter, mittlerweile erstaunlich gut mit Scorpius verstand. Rose behauptete immer, dass Albus dadurch, dass er kein Gryffindor, sondern ein Ravenclaw war, keine Ahnung von der traditionellen Feindschaft gegenüber den Slytherins hatte. Albus dagegen sagte immer, dass sie den berühmten Weasley-Dickschädel besaß. „Oh, da sind die Jungs“, sagte Izzie, während sie den Weg in Richtung Hogsmeade entlang gingen. In der Tat – da waren die Jungs. Albus schritt neben Scorpius, dahinter die zwei Slytherins Henry und Terry. Außerdem gehörten zu der Gruppe Casey McCollum und David Thomas, beide Gryffindors, außerdem der Hufflepuff Colin Goyle sowie die beiden Ravenclaws William Wood und Tim Davies. Wenn Rose ehrlich war, dann vereinte diese Gruppe vermutlich die coolsten Jungs ihres Jahrgangs. Sicher, sie konnten ja auch zu den Älteren schielen und mit Dean Finnigan gab es im siebten Jahr der Gryffindors noch den ganz großen Schulschwarm, aber da gab es ja auch noch die älteren Mädchen... „Wenn du ganz ehrlich bist, dann musst du zugeben, dass Scorpius eigentlich ziemlich heiß ist“, flüsterte ihr Izzie in diesem Augenblick zu. Rose starrte sie mit offenem Mund an und schaute dann noch einmal zu den neun Jungen hinüber. Was sollte an diesem Kerl denn bitte schön heiß sein? Er war bleich, hochnäsig,trug dieses grässliche Silber-Grün und... Rose schüttelte den Kopf. „Nein, eindeutig nicht.“ „Wer denn dann?“, fragte Izzie nach. „William vielleicht“, antwortete Rose nach kurzem Zögern. Sie mochte seine Ruhe. Ihre Familie neigte immer zu Dramatik und Hektik. Dagegen war Ruhe ein guter Gegenpol. Außerdem sah er ziemlich gut aus mit den hellbraunen Haaren und den dunklen Augen. „Okay... Dann sollten wir heute mal was dafür tun.“ Izzie grinste breit und hakte sich bei Rose unter. „Hey, hey, hey. Was soll das heißen?“ „Dass wir uns heute ein wenig mit den Jungs befassen. Wir beide sind schon lange genug Single.“ „So, und wen hast du bitte im Auge? Denn du bist darauf ja so scharf.“ Izzies Lächeln wurde verlegen. „Nun ja...“ „Schieß los.“ „Deinen Cousin Albus.“ Rose wollte schon etwas sagen, biss sich dann aber auf die Lippe – und lächelte. „Das gefällt mir. Ihr zwei wärt süß zusammen.“ „Aber sowas von.“ Izzie lachte. „Die Konkurrenz ist nur groß.“ Sie nickte mit dem Kopf zu einer Gruppe Mädchen ihres Jahrgangs, die sich den Jungen langsam näherte und ganz offenkundig auf der Jagd war. Rose stöhnte auf. „Du hast nicht wirklich vor, das jetzt auf einen Wettkampf hinauslaufen zu lassen, oder?“ Izzies Grinsen wurde nur noch breiter. Nachdem sie eine Weile durch Hogsmeade geschlendert waren, taten sie es ihren Schulkameraden gleich und suchten die Drei Besen auf. Das Wirtshaus war brechend voll. „Komm, wir setzen uns einfach dazu“, sagte Izzie und steuerte den Tisch um Albus und Scorpius an. Mittlerweile hatten sich auch James Potter, Albus' älterer Bruder, sowie einige seiner Freunde zu der Gruppe gesellt. Der Tisch war groß, eh schon ziemlich voll besetzt, und Rose hatte keine Ahnung, wie sie dort noch Platz finden sollten. „Hi, rutscht mal“, sagte Izzie forsch und drängelte sich auch schon zwischen Albus und Scorpius auf eine Bank. Die beiden sahen sie perplex an, machten aber gehorsam Platz. Rose fühlte sich etwas verlegen, als sie sich neben Izzie und – wie sie viel zu spät sah – Scorpius quetschte. Dafür würde Izzie später zahlen müssen. Freundschaft hin oder her. Insbesondere, weil sich Izzie sofort in ein Gespräch mit Albus, Casey und Colin stürzte. Rose warf den dreien einen kurzen Blick zu. Na gut, ihr Cousin sah seinem Vater sehr ähnlich und besaß sogar dessen grüne Augen. Er war das, was viel ihrer Klassenkameradinnen immer wieder als gutaussehend bezeichneten. Casey dagegen war stämmig, hatte plattes, blondes Haar und eine dicke Nase. Colin war vielschrötig, besaß aber einen treuen Hundeblick, der so einige Mädchen schon schwach gemacht hatte. „Sieh an, Weedy. Dass du hier neben mir hockst, ist unerwartet“, sagte Scorpius trocken. „Nicht nur für dich, Moskitus“, erwiderte Rose trocken. „Manchmal ist das Schicksal aber auch einfach grausam zu einem.“ William, der ihr direkt gegenüber saß, musste lachen. Sie schaute ihn an und erwiderte sein Lächeln. Ihr Herz klopfte auf einmal etwas schneller, als seine warmen brauen Augen ihre trafen. Man sah ihm an, dass er viel Sport machte. In seiner Quidditchbegeisterung kam er ganz nach seinem Vater, dem berühmten Hüter von Puddlemere United. Gleichzeitig war er aber auch einer der besten Schüler. Meistens lag er direkt nach Rose und Scorpius auf Platz drei. „Ich würde sagen, in unserer Ecke versammeln sich gerade die Genies der sechsten Klasse.“ „Könnte man so sagen.“ Rose legte den Kopf schräg und blickte ihn unverwandt an. Sie zwang sich dazu, Scorpius komplett zu ignorieren, auch wenn ihr wenigstens ein Dutzend spitzer Bemerkungen auf der Zunge lagen. „Wie waren die Thestrale diese Woche für dich?“, fragte sie neugierig. „Hagrid hat sie uns vorgestern gezeigt, wenn man das so sagen kann. Wir haben fast alle nichts gesehen.“ „Das war toll. Ich konnte auch nichts sehen. Aber allein zu spüren, wie sie einem die Leckerchen aus der Hand gefressen habe und ihre eigenartige Haut zu fühlen – das war eindrucksvoll.“ Will beugte sich Rose entgegen und lächelte sie an. „Fast wünschte man sich, sie sehen zu können, oder?“ „Ja, wenn das nicht so traurig wäre...“, antwortete Rose, denn Thestrale konnte man bekanntlich nur sehen, wenn man zuvor den Tod beziehungsweise jemanden hatte sterben sehen. Aus dem Augenwinkel sah Rose, wie Scorpius die Augen verdrehte und sich dann zu Henry hinüber beugte. „Da hinten ist Magnolia“, sagte er leise. Aber nicht leise genug, denn Rose konnte es hören. Henry verdrehte sich sofort den Hals. Das war ja auch klar, war Magnolia Hewes aus dem sechsten Jahrgang von Ravenclaw doch dafür berüchtigt, in der schuluniformfreien Zeit die kürzesten Röcke der gesamten Schule zu tragen. So auch heute trotz des kalten Wetters. Ein pinker Schottenrock war es dieses Mal, dazu ein knallenges Oberteil und ihre blonden Locken wallten dramatisch über ihre Schultern. Rose hatte unwillkürlich zu ihr hinüberspähen müssen. Sie verspürte den Anflug eines Würgereizes. „Stimmt es, dass deine Eltern schon mal auf einem Thestral geflogen sind?“, fragte Will gerade und Rose widmete ihm schnell wieder ihre Aufmerksamkeit. „Oh ja. Sie haben mir davon erzählt. Zumindest Dad. Als Mum mal nicht aufgepasst hat, was er mir so über seine Schulzeit eigentlich erzählt.“ Sie grinste und berichtete dann, in einer Kurzfassung des vermutlich dramatisierten und ausgeschmückten Berichtes ihres Vaters, wie damals Harry Potter, Ron Weasley, Hermione Granger, Ginny Weasley, Luna Lovegood und Neville Longbottom in die Mysteriumsabteilung des Zaubereiministeriums eingedrungen waren und gegen Todesser gekämpft hatten. Mit einer gewissen Genugtuung merkte sie, dass Scorpius in seinem Gespräch mit Henry immer wieder den Faden verlor und stattdessen mehr ihr zuhörte. „Schon krass. Die waren fünfzehn damals, jünger als wir heute.“ Will blickte sie staunend an. Rose nickte. „Würdest du mit ihnen tauschen wollen?“ „Ich weiß nicht.“ Will hob die Schultern. „Du?“ „Es klingt abenteuerlich... Aber ich denke, wir haben es besser, hier so behütet aufwachsen und unsere Träume hegen zu dürfen, anstatt mit siebzehn in einer Zaubererschlacht kämpfen zu müssen“, meinte sie leise. „Da dürftest du Recht haben.“ Will nickte. Sie alle wussten aus Erfahrung und aus den ersten Unterrichtsstunden in jüngerer Geschichte der Zauberei, was geschehen war. Und sie wussten auch, dass man ohne Vorurteile und Vorwürfe leben musste, damit die Zaubereigesellschaft Bestand haben konnte. „Und manche Familien standen auf der Seite des Dunklen Lords...“, fügte sie mit einem knappen Seitenblick auf Scorpius hinzu. Dieser presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen und schaute sie nun direkt an. Ungerührt erwiderte sie seinen Blick. „Soweit ich mich entsinne, waren wir beide damals noch nicht geboren“, antwortete er kalt auf ihre Herausforderung. Brüsk stand er auf. „Und ich werde meine Zeit jetzt mit etwas Erfreulicherem verbringen.“ Er setzte ein strahlendes Lächeln auf und ging hinüber zu Magnolia Hewes und ihren Freundinnen. Angewidert verzog Rose das Gesicht, als sie sah, wie Magnolia ihre Hand auf Scorpius' Arm legte und mit einem übertriebenen Lachen den Kopf so in den Nacken warf, dass ihre blonden Locken eindrucksvoll wippten. „Das war nicht besonders nett“, stellte Will fest. „Vielleicht.“ Rose hob betont gleichmütig die Schultern, verspürte aber gleichzeitig einen Hauch von schlechtem Gewissen. „Aber im Endeffekt ist das etwas, war wir alle unterschwellig über verschiedene Leute denken, oder nicht?“ Will lächelte schwach. „Und es ist etwas, wofür sich vermutlich erst in Jahrzehnten eine Lösung finden lässt. Auch wenn wir hier etwas leben, was ein gutes Zeichen ist: Schüler von allen Häusern sitzen hier an einem Tisch und sie verstehen sich. Ich denke, das war in anderen Zeiten schwieriger. Wir sind zusammengerückt. Und das dürfte neben unserer Freiheit und der neuen Zeit ohne Angst mit das Beste sein, was wir in diesem Krieg gewonnen haben.“ Rose lächelte. „Wenn ich einen Becher hätte, würde ich darauf mit dir anstoßen.“ „Dann sollten wir daran etwas ändern.“ Will grinste sie an, stand auf und streckte ihr die Hand entgegen, damit sie sich auf dem Weg zur Theke in diesem Gedränge nicht verlieren konnten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)