Last Desire 10 von Sky- ================================================================================ Kapitel 7: Zufall oder Illusion eines Zufalls --------------------------------------------- Beyond und L hatten sich nach einer ausgiebigen Dusche zu Nastasjas Zimmer begeben und bemerkten, dass sie gar nicht da war. Dafür aber standen einige Kisten herum. Kisten mit Sachen von Alice Wammy. Und das ließ nur einen Schluss zu, den Beyond auch direkt laut aussprach. „Scheint so, als würde sich deine Mutter mit Dathan irgendwo einen schönen Tag zu machen.“ L wurde ganz anders bei dem Gedanken, dass seine Mutter sich mit irgendeinem Fremden traf, den sie doch gar nicht kannte. Das war für ihn schon fast ein Grund, alles stehen und liegen zu lassen und seiner Mutter hinterher zu eilen. Doch so weit ließ es Beyond nicht kommen und hielt ihn am Kragen fest. „Diesen Blick kenne ich, L. Das ist derselbe Blick, den du schon bei Jeremiel hattest, nämlich der Ich-muss-sie-vor-einen-Riesenfehler-bewahren-Blick. Lass mich dir mal eines verklickern: Lass sie doch ihr eigenes Ding machen. Jeremiel ist dein älterer Bruder und hat seinen Standpunkt mehr als klar gemacht. Und Nastasja ist deine Mutter! Du kannst doch nicht deiner eigenen Mutter vorschreiben, mit wem sie zusammen zu sein hat. Jetzt überleg doch mal: sie ist Witwe und hat zwar die beiden Zwerge und Mahatma Gandhi 2.0 bei sich in der Hütte, aber auch eine Frau wie sie hat eben Bedürfnisse.“ „Hey, du sprichst immerhin von meiner Mutter.“ „Was kann ich denn dafür, dass du so verklemmt bist wie ein katholisches altes Mütterchen? Lass sie doch einfach mal machen. Sie wird schon wissen, was sie macht. Erstens ist sie erwachsen und zweitens ist sie männlicher als jeder andere Kerl, den ich kenne.“ Beyond und seine Argumente. Zwar hatte er nicht ganz Unrecht, aber L gab so etwas nicht gerne zu und vor allem machte er sich eben Sorgen um seine Mutter. Schlimm genug, dass Jeremiel schon an Liam geraten musste. Jetzt suchte sie sich auch noch so einen fragwürdigen Kerl aus, der eventuell sogar ein Unvergänglicher sein konnte. Da er immer noch sehr skeptisch war und seiner Mutter am liebsten hinterhergeeilt wäre um sie aufzuhalten, entschied sich Beyond eben für eine andere Taktik und legte seine Arme um den Detektiv. „Na komm schon, Pandabärchen. Jetzt entspann dich einfach mal. Wenn du willst, kann ich dich gleich noch auf ganz andere Gedanken bringen.“ Und schon wanderte seine Hand langsam L’s Rücken hinunter, doch weiter ließ es der Detektiv nicht kommen und hielt Beyonds Hand fest. Misstrauisch blickte er ihn an und schnaubte leise. „Langsam habe ich echt das Gefühl, du willst mich umbringen. Haben dir die drei Runden nicht vorhin schon gereicht? Mein Hintern ist eh schon ganz wund, ganz zu schweigen von den diversen Fesselspuren und den Knutschflecken, die du an den unmöglichsten Stellen hinterlässt!“ „Was denn? Das ist doch nur der Ausdruck meiner Liebe zu dir. Und ich liebe dich eben mit Haut und Haaren, was ich dich eben auch gerne spüren lasse. Ich liebe dich heiß und innig und das kann ich dir eben nie oft genug zeigen.“ „Du verwechselst „kann“ mit „will“. Du verdammter Nymphomane bist doch echt unersättlich. Dabei hab ich doch schon jeden Scheiß mit mir machen lassen. Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie du es nur geschafft hast, mich dazu zu überreden, es tatsächlich im Auto mit dir zu machen.“ „Ich weiß eben zu überzeugen“, erklärte Beyond und mit einem selbstgefälligen Lächeln begann er nun mit seinen Zähnen an L’s Ohr zu spielen, während er eine Hand unter dessen Pullover schob und zärtlich über seine Brust strich. „Und seit ich endlich wieder Gefühl in meiner Haut habe, fühlt sich alles eben noch viel besser an und das will ich auch in vollen Zügen auskosten.“ L wäre fast wieder schwach geworden, doch er schaffte es dann doch, Beyond wieder loszuwerden und sich von ihm zu lösen. Oh Mann, manchmal konnte dieser Schwerenöter echt anstrengend sein. Aber leider hatte er immer so verdammt überzeugende „Argumente“ und wusste genau, wie er sein Opfer um den Finger wickeln konnte. Manchmal hasste er ihn schon fast dafür. Allein schon wenn er an diesen ganzen Schweinskram dachte, den sich dieser Perversling immer einfallen ließ. Die Fesselspiele und vor allem die Spielzeuge. Wenn seine Mutter nur wüsste, wie sehr dieser Dreckskerl ihn versaut hatte. In solchen Momenten konnte sich L kaum noch im Spiegel ansehen. „Beyond, lassen wir es für heute gut sein. Ich bin erledigt und du hattest heute deinen Spaß! Lass uns mal lieber nachschauen, ob wir irgendetwas Hilfreiches finden.“ Und damit begannen sie die Kisten zu durchstöbern und nach einer Weile fand Beyond eine Art Schmuckkästchen, welches mit einem Vorhängeschloss gesichert war. Für jemanden wie ihn problemlos zu knacken und was er fand, waren Briefe und Fotos. „Ich glaube, wir haben den Jackpot!“ rief er triumphierend und sah sich die Fotos an. Diese zeigten eine schwarzhaarige junge Frau mit leuchtend blauen Augen. Bei sich hatte sie einen Mann, der etwas älter war und offenbar zu den Bartträgern zählte. Er trug eine Brille, hatte sein dunkelblondes Haar zurückgekämmt und auch wenn er vielleicht ein klein wenig untersetzt war, so sah der Typ nicht mal so schlecht aus. Und das Gesicht kam ihm auch bekannt vor. Einige Ähnlichkeiten mit James Brown waren nicht zu übersehen. Also musste das wohl sein Vater Joseph Brown sein, den Frederica vor knapp elf Jahren kaltgemacht hatte. „Die beiden sehen echt verdammt glücklich zusammen aus. Kaum zu glauben, dass der Typ ein eiskalter Soziopath war, der Experimente an Menschen durchgeführt hat.“ „Anpassung ist eine extrem gefährliche Stärke von Soziopathen“, erklärte L und begann sich nun die Briefe durchzulesen. „Obwohl sie keine Gefühle empfinden und nicht die Spur von Empathie besitzen, können sie sie perfekt vorspielen und es ist bewiesen, dass sie sogar sehr viel Erfolg damit haben, weil die Menschen um sie herum denken, von ihnen würde etwas Besonderes ausgehen. Eine Art charismatische Ausstrahlung eben. Und wenn Alice ein eh schon emotional schwacher Mensch war, dann wäre es nur logisch, dass er sie ausgesucht hat, weil sie leicht zu manipulieren war.“ Doch Beyond hatte da so seine leichten Zweifel an der Theorie. Immerhin ging aus Alices Tagebuch hervor, dass Joseph offenbar sehr besorgt um sie war und auch versucht hatte, ihr zu helfen, indem er ihr anbot, im Institut zu arbeiten, weil er sie vor diesem Will Duncan beschützen wollte. „Also ich weiß nicht. Mag sein, dass dieser Joseph Brown ein Arschloch war, aber ich glaube, dass er Alice geliebt hat. Aber wenn sie gemerkt hat, was für ein Mensch er vielleicht wirklich war und sie Watari davon erzählen wollte, dann wäre es möglich, dass Joseph die Reißleine gezogen und diesen Unfall gebaut hat, um Alice zum Schweigen zu bringen.“ Nachdem er sich die Fotos zu Genüge angesehen hatte, wandte auch er sich den Briefen zu und schnell stellte sich heraus, dass die beiden wohl so etwas wie Geliebte und auch Geschäftskollegen waren. So wie es aussah, hatte Alice zusammen mit Joseph Brown, der Neurologe und wie auch L’s Mutter Humanbiologe war, gemeinsam am Unborn-Phänomen geforscht. Wahrscheinlich war das der Beginn der Proxy-Experimente gewesen und damit wäre ja eigentlich fraglich, ob Alice sich von ihm abgewandt hatte, als sie von den Experimenten erfahren hatte, oder ob es einen anderen Beweggrund gab. Auf jeden Fall hatte sie ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, ihren Job als Chefärztin zu kündigen und mit ihm im Institut zu arbeiten. Die beiden hatten sogar schon Heirats- und Familienpläne. Schließlich wandte sich Beyond an L und sein Gesichtsausdruck wurde ernst. „Du sag mal L, kann es vielleicht möglich sein, dass Alice die Mutter von diesem James ist? Ich meine, bei manchen schwangeren Frauen sieht man das ja nicht so wirklich.“ „Das glaube ich nicht. Wo hätte sie das Kind denn damals verstecken sollen? Irgendwo hätte sie das Kind zur Welt bringen müssen, außerdem fällt es im Krankenhaus auf, wenn eine hochschwangere Chefärztin herumgelaufen wäre. Wahrscheinlich hatte Joseph eine Affäre oder das Kind stammt von einer Exfrau oder Exfreundin.“ „Ob das der Grund für den Streit gewesen war? Womöglich hat Alice ja erfahren, dass der saubere Joseph schon einen Sohn von einer anderen hatte und da war sie mit Sicherheit ziemlich enttäuscht deswegen.“ Ja, das wäre nachvollziehbar. Sie zogen noch mal das Tagebuch zu Rate, welches Alice aber nicht immer regelmäßig geführt hatte, weshalb an manchen Tagen die Einträge fehlten. Und von manchen waren die Seiten einfach rausgerissen worden, weshalb manchmal eine ganze Woche oder sogar ein Monat fehlte. Aber tatsächlich fanden sie schließlich den entsprechenden Eintrag: 18. November Ich fühle mich so verarscht. Erst heute habe ich rein zufällig von Joseph erfahren, dass er eine Ex-Freundin und einen Sohn hat! Wie kann er mir das nur antun? Ich dachte, er liebt mich und wir wollten zusammen heiraten. Für ihn wollte ich meinen Job als Chefärztin aufgeben und bei ihm im Institut arbeiten. Und nun erfahre ich, dass er die ganze Zeit Geheimnisse vor mir hatte. Ich kann es echt nicht fassen. Warum nur hat er mir nichts gesagt? Wieso hat er mich die ganze Zeit belogen? Joseph hat zwar versucht, das Ganze zu erklären, aber ich wollte ihn einfach nicht mehr sehen. Nachdem er mich so dermaßen enttäuscht hat, will ich ihn auch vorerst nicht heiraten. Wahrscheinlich hätte es eh nur Ärger mit Vater gegeben, denn der hält nicht viel von ihm, weil Joseph in seinen Augen nur ein Träumer ist, der irgendwelchen Fantasien nachjagt. Mit Sicherheit hätte er eh niemals seinen Segen gegeben, so wie ich ihn kenne. Wenn es nach ihm gehen würde, müsste ich Will heiraten. Bevor das geschieht, bringe ich mich lieber um! Anscheinend hatte Beyond mit seiner Vermutung richtig gelegen. Alice war wegen James wütend auf Joseph gewesen und hatte die Hochzeitspläne aufgegeben. Sie war einfach verletzt gewesen, dass er ihr seinen Sohn verschwiegen hatte. Der Serienmörder atmete tief aus und hob die Augenbrauen. „Mein lieber Scholli, da hatte die Ärmste aber ziemlich viel zu ertragen gehabt. Ihr Lover hatte einen Sohn, dann der ganze Erfolgsdruck, der Job, das Mobbing, die Medikamentenabhängigkeit… Also mit der will ich ganz sicher nicht tauschen.“ Ja, da hatte er irgendwie schon recht und L fragte sich auch so langsam, was wohl noch alles dazugekommen war. Und außerdem war ja noch fraglich, ob ihr Tod nun ein Unfall war oder nicht. Schließlich fanden sie noch alte Zeichnungen von Alice, als sie noch ein Kind gewesen war. Es zeigte bunte Landschaften und sie zusammen mit ihrem Vater. Doch selbst für ein Kind besaß sie bereits erstaunliches Talent. Und schließlich fanden sie ein altes Tagebuch, welches ihr gehörte, als sie noch sechs Jahre alt gewesen war. Wie sich herausstellte, konnte sie schon längst perfekt schreiben und sich auch gewählt ausdrücken. Ein deutliches Zeichen für einen überragenden Intellekt. Und so wie es schien, hatte Watari schon damals große Pläne mit ihr. „Wenn ich erwachsen bin, will ich Ärztin werden, damit Daddy stolz auf mich ist.“ Und was hatte sie geschrieben, als sie Ärztin geworden war? „Ich will alles daran setzen, um Chefärztin zu werden. Dad wünscht sich das so sehr für mich und ich will ihn stolz machen.“ Irgendwie konnte sich Beyond das sehr schön bildlich vorstellen. Kaum, dass Alice irgendein Ziel erreicht hatte, kam Watari an und sagte „Das hast du toll gemacht, aber ich weiß, dass du noch deutlich mehr schaffst.“ Und Alice hatte nicht den Mut aufgebracht, ihm die Wahrheit zu sagen. Und wahrscheinlich hätte der Alte selbst dann nicht aufgegeben, wenn sie es tatsächlich in den Vorstand geschafft hätte. Dann wäre er damit gekommen, dass sie doch genauso gut Professorin werden könnte und dass sie mal eine so herausragende Entdeckung machen würde, dass sie dafür den Nobelpreis bekam. Und als er eine Kinderzeichnung mit Alice sah, wo sie mit einer Art Pokal zu sehen war wo drauf stand „Ich krieg den Nobelpreis“, da sah er sich auch schon bestätigt. Irgendwie war Watari recht schnell zu durchschauen. „So langsam kann ich sie verstehen, dass sie durchgedreht ist. Bei ihr hätte das doch nie aufgehört und da war es doch nur vorauszusehen, dass er sie mit seinen hohen Erwartungen in irgendeine Krankheit treibt. Schon im Kindsalter hat er wohl erwartet, dass sie den Nobelpreis mit nach Hause bringt. Irgendwie erinnert mich das an diese amerikanischen Mütter, die selbst nie Schönheitskönigin geworden waren und das nun ihren dreijährigen Töchtern aufs Auge drücken und sie somit komplett verkorksen.“ Doch L schüttelte nur den Kopf und war da der anderen Meinung. „Also ich glaube nicht, dass Watari tatsächlich solche Sachen von ihr verlangt hat. Wahrscheinlich wollte er sie nur motivieren, damit sie sich Ziele setzt.“ „Ja aber hat er je nachgefragt, was sie will? Irgendwie scheint mit der Kommunikation so einiges schief gelaufen zu sein.“ „Wenn Alice nie über ihre Probleme geredet hat, wie hätte man ihr denn helfen sollen?“ „Mein Gott er war doch ihr Vater. Da hätte er doch merken müssen, dass etwas nicht mit ihr in Ordnung war. Und du vergisst außerdem, dass sie erpresst worden und medikamentenabhängig war und sie war mit dem Mann zusammen, den ihr Vater nicht wirklich leiden konnte. Watari hat doch regelrecht Hirnwäsche mit ihr betrieben. Vielleicht nicht böswillig, aber er hat sie so lang bequatscht, bis Alice sich selbst all diese Ansprüche gesetzt hat und nicht mehr in der Lage war zu erkennen, was sie denn nun selbst wollte, oder was Watari ihr aufs Auge gedrückt hat. Verstehst du, wie ich das meine? Oder war diese ganze Detektivnummer auch deine Idee?“ „Watari wollte, dass ich meine Fähigkeiten zu einem guten Zweck einsetze.“ „Aber es war nicht deine Idee gewesen!“ „Hätte ich es aber nicht gewollt, dann hätte ich es auch nicht gemacht!“ Sie beide waren immer lauter geworden und standen kurz vor einem heftigen Streit. Doch dann war es Beyond, der die angespannte Situation schnell wieder entschärfte. „Lass uns doch nicht wegen so einer alten Sache streiten. Es tut mir leid, vergiss es einfach.“ Und wieder legte er seine Arme um die des Detektivs und legte seinen Kopf auf dessen Schulter ab. „Ich mag mich eh nicht mit dir streiten.“ Damit küsste der Serienmörder ihn und als sie sich so in den Armen lagen und an nichts dachten, da rief plötzlich jemand „Hey ihr beiden!“ und sofort lösten sie sich voneinander. Es war Nastasja, die jemanden in Begleitung hatte. Es war Dathan, der seinen Mundschutz nicht trug, woraufhin man sein entstelltes Gesicht in allen Details erkennen konnte. Selten hatte L so einen furchtbaren Anblick bei einem Menschen gesehen. „Wenn ihr rumturteln wollt, geht bitte auf euer Zimmer.“ „Es ist nicht so wie du denkst, Mum!“ „Und ob es so ist…“ „Halt die Klappe, Beyond. Du bist auch nicht sehr hilfreich.“ „Hab ich das je behauptet?“ Zur Strafe zog der Detektiv ihn am Ohr und musste sich wirklich beherrschen, um ihm nicht noch den Hals umzudrehen. Dathan seinerseits sah die beiden abwechselnd an und fragte schließlich „Sind das deine Zwillingssöhne?“ „Nein, der mit den roten Augen ist sozusagen der Lebensgefährte meines Sohnes L. Mein älterer Sohn Jeremiel sieht rein äußerlich L überhaupt nicht ähnlich, aber du lernst ihn auch noch kennen.“ Damit wandte sie sich nun den anderen zu und klärte sie über die Situation auf. „So ihr beiden, ich habe Dathan die ganze Sache erklärt und ihm auch gesagt, was es mit uns auf sich hat und dass er vermutlich ein Unvergänglicher ist. Und wir haben inzwischen herausgefunden, dass Dathan Alice gekannt hat. Er war ihr Patient, nachdem er sie aus dem brennenden Restaurant gerettet hat.“ „Und wieder ein merkwürdiger Zufall“, bemerkte Beyond etwas nüchtern und kratzte sich am Kopf. „Also langsam werden mir das zu viel der Zufälle, wenn ihr mich fragt. Da ist doch eindeutig was faul.“ „Zufälle gibt es nicht, nur die Illusion des Zufalls“, sagte Dathan und trat etwas näher. „Das hat mir Lacie mal gesagt.“ Ja, an dieser Aussage war was dran. Seit sie mit den Eva-Experimenten zu tun hatten, gab es eigentlich keine Zufälle mehr. Selbst wie sie sich alle kennen gelernt hatten, beruhte auf Fredericas Berechnung, die damit beschäftigt gewesen war, Evas Willen zu erfüllen und ihre Familie wieder zusammenzuführen. Nichts hatte da auf einem Zufall beruht, also warum auf einmal jetzt? Eigentlich war es doch logischer, wenn sie wieder Teil eines Plans waren. Nur war es dieses Mal nicht Frederica, sondern jemand anderes. Nur stellte sich dann natürlich die Frage, wer denn dahintersteckte. Eva? Nun, das konnte durchaus sein. Aber wozu das denn alles? Wieso die Geheimnistuerei und der ganze Aufwand? Als er den anderen seinen Verdacht mitteilte, mussten sich Nastasja und L anschließen und zugeben, dass es tatsächlich möglich war, dass sie wieder mal die Schachfiguren im Spiel waren. Doch da stellte auch L die entscheidende Frage: „Wieso die Geheimniskrämerei und warum wird nicht direkt mit offenen Karten gespielt?“ Ganz überraschend hatte Dathan eine Idee und so erklärte er „Das ist eine bewährte Kriegsstrategie. Wenn die Soldaten im Unwissen über spezielle Operationen gelassen werden, kann der Feind sie nicht erfahren und gleichzeitig gibt es weniger Komplikationen, weil die Soldaten gezwungen sind, die Befehlskette einzuhalten und sich haargenau an die Anweisungen zu halten. So kann das Risiko eines Fehlschlags minimiert werden. Zumindest habe ich das in meinen Büchern so gelesen.“ „Du meinst also, dass Eva uns extra nichts sagt, weil sie Sorge hat, dass der Alpha-Proxy Wind bekommt und die Situation außer Kontrolle gerät?“ „Das wäre denkbar“, musste L zugeben. „Und strategisch gesehen auch sehr effektiv. Da wir kaum etwas wissen, müssen wir uns nach dem richten, was wir an Hinweisen bekommen und so auf die Antwort kommen. Als würden wir eine Geschichte nachleben, die bereits auf dem Papier abgedruckt ist. Wenn man diese Möglichkeit bedenkt, dann wäre es sogar denkbar, dass Eva eventuell schon die Identität des Alpha-Proxys kennt, ebenso wie seine Ziele und uns als Mittel benutzt, um ihn aufzuhalten, weil sie es nicht alleine kann. Das würde aber dem widersprechen, was wir über sie wissen, denn Eva ist eine Beschützernatur. Sie würde niemals ihre Familie einer Gefahr aussetzen, weil sie zu große Angst davor hat, sie wieder zu verlieren. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Eva gar nicht diejenige ist, die hinter diesen Plänen steckt, aber dennoch zum Teil mit involviert ist. Eine der Personen, die dafür in Frage kämen, wäre Lacie Dravis.“ „Und dieser Pfarrer“, ergänzte Beyond. „Es kann doch kein Zufall sein, dass Lacie Dathan ausgerechnet zu ihm bringt, obwohl sie den Ärmsten über den Haufen gefahren hat. Jeder normale Mensch hätte ihn ins Krankenhaus gebracht, es sei denn, Lacie hat gewusst, dass er ein Unvergänglicher ist. Der Pfarrer weiß es auch und bei den Sachen, die er sowieso schon angedeutet hat, würde es mich nicht wundern, wenn er bis zum Hals in der Sache drin hängt. Selbst wenn er und sein komischer Küster nur Menschen sind. Von Frederica wissen wir, dass es einen Unvergänglichen gibt, der hier in London lebt und andere Unvergängliche beschützt, die hier als Asylanten leben. Dieser Unvergängliche heißt Samajim. Keine Ahnung, wer das ist und was er für eine Verbindung zu Eva oder zu uns hat, aber vermutlich hängt dieser Kerl mit drin. Heißt also, dass der wohl wahrscheinlichste Kandidat dieser Samajim ist, der sowohl Eva als auch uns benutzt, weil er irgendetwas vorhat. Womöglich hat es mit dem Krieg der Unvergänglichen zu tun.“ Klang zwar interessant, aber L fand diese Theorie noch etwas weit hergeholt. Um das zu beweisen, brauchten sie mehr Informationen. Und vor allem mussten sie diesen Samajim finden und in Erfahrung bringen, wie all diese Puzzleteile zusammenhingen. Denn es fehlten noch einige, bis sich Verbindungen zwischen den einzelnen Punkten ergaben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)